BLKÖ:Hertelendy, Gabriel (II.) von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 8 (1862), ab Seite: 403. (Quelle)
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Hertelendy, Gabriel (II.) von (erblindeter Dichter, geb. in Ungarn im Jahre 1800). Sohn eines Advocaten, der zu Pesth lebte, besuchte das Gymnasium daselbst, als er von einer Kopfkrankheit befallen, das Unglück hatte, an beiden Augen zu erblinden. 1814 kam er in’s Blindeninstitut nach Wien, wo er bis 1820 blieb. Daselbst machte er gute Fortschritte in den eingeführten Lehrgegenständen und in mechanischen Arbeiten. Nach seinem Austritte beschäftigte er sich mit letzteren und ertheilte Unterricht den Blinden in der Umgebung seines Wohnortes. Im Jahre 1825 folgte er dem Rufe als Lehrer an das in Preßburg gegründete, später nach Pesth übertragene Blindeninstitut; acht Jahre ertheilte er in demselben aus verschiedenen Lehrgegenständen und in mechanischen Arbeiten Unterricht. 1832 legte er, nachdem er sich mit seinen Lehrern entzweit, seine Stelle nieder und lebte von einem kleinen Vermögen, das er besaß, und dem Erlös seiner Arbeiten für sich allein. Um diese Zeit veröffentlichte er ein Bändchen ungarischer Gedichte, welche eine freundliche Aufnahme fanden, und da er sich auch die [404] Kenntniß des Griechischen angeeignet, begann er eine Uebersetzung des Homer in’s Ungarische. Zu diesem Behufe ließ er sich die Odyssee und Iliade vorlesen, schrieb sie dann mit eigens von ihm verfertigten Buchstaben zum Durchstechen für das Gefühl, in griechischer Sprache auf, und nachdem er diese Abschrift in zwei großen Quartbänden vollendet, begann er die Uebersetzung. 1835 erschien davon eine Probe, „Der Zorn des Achilles“, zu Pesth im Drucke. Später unterbrach er diese Arbeit. Zugleich setzte er seine mechanische Beschäftigung fort, er fand eine Maschine zur Bohrung artesischer Brunnen, dessen Modell, der Landwirthschaftgesellschaft in Wien vorgelegt, eine beifällige Aufnahme fand, jedoch im Großen nicht ausgeführt wurde. Bemerkenswerth ist, daß er ungeachtet seiner Blindheit allein ausging, nur sein Stock und ein in ungewöhnlicher Weise verfeinertes Gefühl dienten ihm zum Wegweiser. Bei seiner großen Lebhaftigkeit und Unruhe litt es ihn nicht länger in der Heimat und er wollte das Ausland, wenn nicht sehen, so doch besuchen. So begab er sich 1836 über Wien nach Triest, ohne andere Begleitung, als er eben im Postwagen fand. Er bereiste Italien, arbeitete in mehreren Städten, sich mit der Ausbesserung von Uhren und Maschinen beschäftigend. 1838 wurde er Lehrer an einer Privat-Blindenanstalt in Padua, kehrte aber schon im folgenden Jahre nach Wien zurück, wo er nunmehr seine sämmtlichen Bücher und Geräthschaften verkaufte, sein Geld aus der Sparcasse nahm und Anstalten traf zu einer größeren Reise in die Fremde. Den Winter 1839/1840 verlebte er noch bei seinen Verwandten in Oedenburg, und nahm dann im Frühjahr 1840 ein Paß in’s Ausland, mit welchem er über Deutschland nach Frankreich reiste. Einige Zeit hielt er sich in Hannover auf, von dort begab er sich dann unmittelbar nach Paris, wo er alsbald eine Lehrerstelle im dortigen Blindeninstitute erhielt. Ueber seine weiteren Lebensverhältnisse ist nichts bekannt geworden.

Frankl (L. A.), Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 855: „Ein blinder ungarischer Dichter“.