BLKÖ:Koller, Joseph (I.)

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 12 (1864), ab Seite: 344. (Quelle)
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Koller, Joseph (I.) (Kirchenhistoriker, geb. zu Huszt im Marmaroscher Comitate Ungarns 16. December 1745, gest. zu Fünfkirchen 11. September 1832). Gehört zur Familie der Koller von Nagy-Mánya, aus welcher Franz Xaver [s. d. S. 349, Nr. 4] für seine Verdienste um den Staat in den Freiherrnstand erhoben wurde. Joseph beendete in Preßburg, wo sein Vater Anton Rath bei der königlichen Kammer war, und dann in Tyrnau die philosophischen und theologischen Studien. Im Jahre 1762 trat er zu Fünfkirchen in’s bischöfliche Seminar (nach Stoeger wäre er 1795 – soll wohl heißen 1765 – in den Orden der Gesellschaft Jesu getreten; überhaupt weichen die Lebensdaten Stoeger’s von den obigen so bedeutend ab, daß eine Identität seines Jesuiten mit unserem Domherrn nicht leicht anzunehmen ist). Zu jung, um die h. Weihen empfangen zu können, schickte ihn der Bischof von Fünfkirchen Georg Klimo [s. d. S. 99] nach Wien, mit dem Auftrage, in der Hofbibliothek die auf die Fünfkirchner Diöcese sich beziehenden Schriften und Urkunden aufzusuchen und zu verzeichnen, kurz die Materialien zu einer Geschichte des Fünfkirchner Bisthums zu sammeln. Von Wien begab sich K. nach Rom, hielt sich aber auf der Reise dahin in Pisa auf, wo er im October 1766 die theologische Doctorwürde erlangte. In Rom setzte er seine Arbeit bezüglich des Fünfkirchner Bisthums fort und fand reiche Materialien. Im November 1767 kehrte er in sein Vaterland zurück, erhielt sogleich eine Pfarre und versah die Seelsorge bis zum Jahre 1772. Im letztgenannten Jahre berief ihn der Bischof in seine Nähe, übertrug ihm ein Lehramt in seinem Seminar, und zugleich die [345] Aufsicht über die von ihm mit großem Kostenaufwande begründete bischöfliche Bibliothek. In wenigen Jahren wurde K. Domherr an der Fünfkirchner Kathedrale und später Propst ebenda. Zu wiederholten Malen fungirte er als bischöflicher Stellvertreter, und auf dem Landtage von 1792–1811 als Abgeordneter des Capitels. K. hat als Gelehrter und Menschenfreund ein bleibendes Andenken hinterlassen. Die Zahl seiner Werke ist nicht groß; aber was er gearbeitet, ist gediegen. Sein Hauptwerk bleibt die: „Historia Episcopatus Quinque Ecclesiarum“, 8 Bde. (Posonii 1782–1812, 4°.), woran zwar auch Bischof Klimo seinen Antheil hat, indem er den Gedanken zu diesem Werke gefaßt, K. in die Lage gesetzt, das erforderliche Material zu sammeln und ihn überhaupt in der Arbeit mit dem ganzen Eifer eines für Wissenschaft begeisterten Kirchenfürsten gefördert hat. Noch gab Koller heraus: „De S. Regni Hungariae Corona commentarius“ (Quinque Ecclesiis 1803, 4°.) und „De ritibus et ceremoniis in SS. Missae sacrificio“. Kleinere historische Abhandlungen und eine Sammlung seiner lateinischen Predigten haben sich im Nachlasse vorgefunden, wo auch ein Manuscript, betitelt: „Georgii Klimo Quinqueeccl. Episcopi de jure dioecesano Ecclesiae suae in regionem ultra Dravum flumen sitam historico-diplomatica demonstratio“, sich vorfand, welches zwar Klimo’s Werk zu sein schien, aber von Koller an vielen Stellen glossirt, berichtigt, in manchen Partien sogar ganz von ihm bearbeitet war. Danielik in seiner Biographie Koller’s meldet auch, aber in etwas geheimnißvoller Weise, von einem Processe desselben, aus welchem K. jedoch siegreich hervorgegangen. Die Verhandlungen dieses Processes, der bis vor die römische Curie gebracht wurde, hat K. sorgfältig gesammelt und das mächtige Convolut einem seiner Freunde übergeben. K. war ein tüchtiger Büchermann: so hat er die Bibliothek des Fünfkirchner Capitels allein vollständig beschrieben; hat nicht minder fleißig an der Ordnung der Bibliothek seines Mäcens, des Bischofs Klimo, gearbeitet und auch selbst einen ansehnlichen Bücherschatz während seines langen Lebens gesammelt, welchen er noch bei Lebzeiten der bischöflichen Bibliothek einverleibt hat. Sein Vermögen, mit Ausnahme der liegenden Güter, welche er seinen Verwandten noch bei Lebzeiten übergeben hatte, verschrieb er den Armen. So lange er aber lebte, unterstützte er aus eigenen Mitteln jährlich zwölf würdige Schüler, ohne daß diese gehalten waren, den geistlichen Stand zu erwählen; vielmehr blieb ihnen die Standeswahl frei, und manche von ihnen erreichten ansehnliche kirchliche und weltliche Würden.

Wallaszky (Paulus), Conspectus reipublicae litterariae in Hungaria ab initiis ad nostra usque tempora delineatus (Posonii et Lipsiae 1785, Loewe, 8°.) p. 240. – Horányi (Alexius), Memoria Hungarorum et Provincialium scriptis editis notorum (Viennae 1776, Loewe, 8°.) Tom. II, p. 412. – Stoeger (Joh. Nep.), Scriptores Provinciae Austriacae Societatis Jesu (Viennae 1855, Lex. 8°.) p. 192. – Danielik (József), Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Második az elsőt kiegészítő kötet, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Zweiter, den ersten ergänzender Theil (Pesth 1858, Gyurian, 8°.).