BLKÖ:Kreutzberg, Karl Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 13 (1865), ab Seite: 204. (Quelle)
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Kreutzberg, Karl Joseph (Statistiker, geb. zu Tachau in Böhmen 12. Mai 1802). In seinem Geburtsorte, einem böhmischen Grenzstädtchen, erhielt er den ersten Unterricht und wo die Lehrmittel überhaupt nicht langten, half ein aufgeklärter Franziskanermönch nach, der eine gewählte Büchersammlung besaß und sich des talentvollen Knaben theilnahmsvoll annahm. Sein Fortkommen suchte K. über der Grenze und nahm eine Erzieherstelle in Bayern an. Während er aber Andere bildete, bildete er auch sich selbst weiter fort und bereitete sich in soweit vor, daß er im Jahre 1818 die [205] Erlanger Hochschule beziehen konnte. Dort lehrten um jene Zeit Kanne, Schubert, Schelling; durch Kanne kam K. mit Jean Paul in Berührung, der ihn beredete, sich dem Erziehungsfache zuzuwenden. Eben im Begriffe, einen bestimmten Lebenslauf einzuschlagen, riefen ihn die Conscriptionsgesetze seines Vaterlandes in dasselbe zurück, wo er zwar der Militärstellung entging, aber die Erlaubniß, zur Fortsetzung seiner Studien in’s Ausland zurückzukehren, nicht erwirken konnte. Bei seinem nicht beendeten Bildungsgange trat nun K. in einen kaiserlichen Kanzleidienst und arbeitete mehrere Jahre bei dem Pilsner Kreisamte. Im Jahre 1828, ob in Folge seiner Geschicklichkeit oder sonstiger günstiger Umstände ist nicht festzusetzen, kam er zum Landesgubernium nach Prag, wo der damalige Oberstburggraf Karl Graf Chotek [Bd. II, S. 360] den jungen strebsamen Mann bald erkannte und dem alltäglichen geisttödtenden Manipulationsdienste entzog, um ihn bei edleren selbstständigen Arbeiten zu verwenden. K. wurde nun den Geschäften der damals eben im Zuge befindlichen Gewerbe-Ausstellung und des Gewerbevereins zugewiesen, und nachdem er sich mit dem Detail dieser Angelegenheit und mit der Bedeutsamkeit der damit verbundenen Zwecke vollkommen vertraut gemacht, veröffentlichte er die Schrift: „Der Verein zur Ermunterung des Erwerbsgeistes in Böhmen, seine Begründung und Wirksamkeit“ (Prag 1833). Nachdem K. ebenso im Geschäfte wie mit dieser Arbeit seine Befähigung vollkommen erprobt, wurde er von den Vorstehern des Vereins zu dessen Geschäftsführer ernannt und veröffentlichte den „Bericht über die böhmische Gewerbe-Ausstellung im Jahre 1831“ (Prag 1833), die erste Arbeit dieser Art im Kaiserstaate, da die böhmische Gewerbe-Ausstellung der allgemeinen ersten in Wien auch um volle vier Jahre vorangegangen war. Im Jahre 1834 begründete K. in den „Mittheilungen für Handel und Gewerbe“ ein eigenes Organ für die gewerblichen Interessen zunächst seines Heimatlandes, welches aber in Folge von Zerwürfnissen, in die er mit den Vorstehern des Vereins gerathen war, schon nach zwei Jahren zu erscheinen aufhörte. Aber auch den Staatsdienst, in welchem sich ihm unter den bestehenden Verhältnissen eben keine verlockenden Aussichten darboten, gab er auf und widmete sich fortan ausschließlich literarischen Arbeiten und der gewerblichen Chemie. Die nächstfolgende Arbeit, welche durch das Geschick in der Behandlung und das reiche statistische Material die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf sich zog, war die „Skizzirte Uebersicht des gegenwärtigen Standes und der Leistungen von Böhmens Gewerbs- und Fabriksindustrie in ihren vorzüglichsten Zweigen“ (Prag 1836); diese Arbeit fand auch im Auslande Anerkennung, und das ihm von der philosophischen Facultät in München zuerkannte Ehrendiplom eines Doctors war eine anerkennende Frucht derselben. Um diese Zeit vermälte er sich mit der Tochter eines in der industriellen Technik als Autorität geltenden hochgeschätzten Mannes, nämlich Wilhelm Heinrich von Kurrer’s, eines gebornen Schwarzwälders, der aber zu jener Zeit eben Director der Kattunfabrik der Gebrüder Porges in Prag war. Diese Verbindung hatte nicht geringen Einfluß auf K.’s spätere Lebensstellung. Seine umfassende Kenntniß der Industrie seines Vaterlandes, seine Vertrautheit mit den allgemeinen für dieselbe giltigen Principien und Forderungen, wie mit den jeweiligen Verhältnissen im Einzelnen, seine schriftstellerische Gewandtheit in Behandlung [206] industrieller Fragen überhaupt, alles dieß zusammengenommen eröffnete ihm einen ebenso umfassenden als wichtigen und interessanten Wirkungskreis. Dazu kamen Reisen im Kaiserstaate, den er nach allen seinen Richtungen kennen lernte, in Deutschland, in Rußland, wo er überall die gewerblichen Verhältnisse in’s einzelne Detail studirte und praktisch zu verwerthen verstand. Auch die schriftstellerische Thätigkeit K.’s auf einem damals nach dieser Seite in Oesterreich brachliegenden Gebiete verdient nähere Würdigung. Die besten Journale und periodischen Fachwerke, wie die Hallischen Jahrbücher, die (Augsburger) Allgemeine Zeitung, die Kölnische Zeitung, als sie noch nicht an Frankreich und Italien verschachert war, um sich durch Oesterreichs Verrath dreißig Silberlinge zu verdienen, Friedrich List’s Zollvereinsblatt, Kuranda’s Grenzboten, das Brockhaus’sche Conversations-Lexikon, zählten K. in nationalökonomischen, handelspolitischen und industriell technischen Fragen zu ihrem ständigen, wenngleich – in Rücksicht der damaligen Censurverhältnisse – ungenannten Mitarbeiter und Correspondenten. Von K.’s größeren Schriften auf diesem Gebiete sind aber anzuführen: „Ideen über die Nothwendigkeit einer gründlichen, mehr wissenschaftlichen Berufsbildung der Gewerbetreibenden und über die Mittel, ihnen diese gewähren“ (Prag 1838), welche Schrift auch als erstes Heft der „Beiträge zur Cultur der Gewerbe“ erschien; – „Beiträge zur Würdigung der Industrie und der Industriellen Oesterreichs. Begonnen zur allgemeinen deutschen Industrie-Ausstellung zu München“ (Prag 1854 und 1855, gr. 8°.), wovon drei Hefte erschienen sind und deren erstes die Etablissements von Gottlieb Haase Söhne in Prag, das zweite die Stark’schen Berg- und Mineralwerke sammt Fabriken, das dritte die Etablissements von |Robert u. Comp. in Wien schildert. Auch leistete er Beiträge zur ersten und zur neuen vermehrten und umgearbeiteten Auflage der von seinem Schwiegervater Kurrer verfaßten „Geschichte der Zeugdruckerei, der dazu gehörigen Maschinen und Hilfswerkzeuge“ u. s. w. (Nürnberg 1840, neue Aufl. 1844, gr. 8°.). Mehrere Jahre arbeitete K. an einer statistisch-technologischen Darstellung des Hütten- und Bergwesens in Oesterreich. Ob er dieselbe vollendet oder aber aufgegeben, ist dem Herausgeber dieses Lexikons nicht bekannt. K. ist auf industriell technischem Gebiete eine Specialität und hat für Förderung nach dieser Seite hin trotz der vielen Hindernisse, die eben in dieser Richtung bei den obwaltenden engherzigen Anschauungen sich aufthürmen, viel und Ersprießliches gewirkt; aber auch bei ihm wie bei so manchem anderen gilt der Ausspruch, er ist um etwa drei Jahrzehende zu früh gekommen; denn die Industriellen seiner Zeit waren mit nur wenigen Ausnahmen nicht darnach angethan, ihre zünftigen Anschauungen durch die freisinnigen Ansichten des gebildeten und denkenden Mannes nur berichtigen, geschweige erst verdrängen zu lassen. Mehrere gewerbliche und industrielle Vereine des In- und Auslandes haben K. zum correspondirenden und Ehrenmitgliede gewählt.

Oesterreichischer Zuschauer, herausgegeben von Ebersberg (Wien, 8°.) Jahrgang 1838, Bd. II, S. 572 [nach diesem heißt er irrig J. B. Kreutzberg]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, Suppl, S. 520. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliograph. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 1, S. 137. – Slovník naučný. Redaktor [207] Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. IV, S. 993. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig, Otto Wigand, gr. 8°.) Bd. VII, S. 697.