BLKÖ:Lange, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 97. (Quelle)
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Lange, Joseph[WS 1] (k. k. Hofschauspieler, geb. zu Würzburg April 1751, gest. zu Wien 18. September 1831). Verlor in jungen Jahren seinen Vater, der die Stelle eines Legations-Secretärs am fränkischen Kreise bekleidete. Ein Verwandter nahm sich der Familie an und L., der ein großes Talent zum Zeichnen besaß, kam zu einem geschickten Maler, der ihm Unterricht in der Kunst ertheilte. Als aber dieser Verwandte auch in ein paar Jahren starb, kam L. 1767 zu dessen Schwiegersohn, dem Hofrathe von Borie [Bd. II, S. 66] nach Wien, wo sich sein älterer Bruder bereits seit längerer Zeit befand. Als Borie bald darauf seine Bestimmung als Gesandter nach Regensburg erhielt, wünschte er seine beiden Schützlinge mitzunehmen. Da aber L., um sich für die Malerei auszubilden, bereits den Besuch der kaiserlichen Akademie der bildenden Künste begonnen und diesen Beruf vor der Hand nicht aufzugeben gedachte, blieb er mit seinem Bruder zugleich in Wien, der durch Borie’s Verwendung eine Anstellung bei dem ungarischen Taxamte erhalten hatte. Während L. eifrig malte und nicht gewöhnliche Fortschritte in der Kunst machte, brachte der öftere Besuch des Theaters ihn und seinen Bruder auf die Idee, ein Liebhaber-Theater zu errichten. Es fanden sich gleichgestimmte Freunde, und der Ruf dieser Hausbühne hatte sich bald so verbreitet, daß Hofrath von Sonnenfels Kenntniß davon erhielt und die Gesellschaft bat, in seinem Hause ein kleines Stück aufzuführen. Sonnenfels erkannte sogleich das ungewöhnliche Talent beider Brüder und [98] seiner Ueberredungskunst gelang es, beide für die Bühne zu gewinnen. Ohne Proberollen zu spielen, wurden beide Brüder im Jahre 1770 beim Hoftheater angestellt, dessen Leitung zu jener Zeit Graf Koháry führte. Lange’s Bruder, der in künstlerischer Bedeutenheit mit Joseph wetteiferte, starb aber schon im folgenden Jahre (29. Juli 1771) und L. hatte an ihm einen tüchtigen Mentor verloren, jedoch in Sonnenfels, der sich des talentvollen Jünglings mit Eifer annahm, einen neuen gefunden. Ueber vierzig Jahre, bis 1811, blieb L. an dieser Bühne thätig, spielte viele Jahre hindurch erste Heldenrollen und noch im höheren Alter, in welchem er Heldenväter spielte, mit fast ungeminderter Kraft und Leidenschaft. Seine Glanzrollen waren: Barnwell im „Kaufmann aus London“; – St. Albin in Diderot’s „Hausvater“; – Melac im „Kaufmann von Lyon“; – Guelfo in Klinger’s „Zwillinge“; – „Herzog Albrecht in „Agnes Bernauer“; – Rolla in „Die Sonnenjungfrauen“; – Czar Peter in „Die Strelitzen“; – Ludwig der Baier in „Fürstengröße“; – Coriolan und Balboa in Collin’s gleichnamigen Stücken; – Ezzelin in Collin’s „Bianca della Porta“; – Macbeth, – Hamlet, – Othello in Shakespeare’s gleichnamigen Stücken; – Odoardo in „Emilia Galotti“; – Zdenko von Borotin in der „Ahnfrau“; – Fiesco in Schiller’s gleichnamigem Trauerspiel. Künstlerfahrten hat L. eigentlich nur eine größere, nach Deutschland, unternommen, auf welcher er in Hamburg und in München auftrat und mit Klopstock, Ramler, Mendelssohn, Engel und anderen Gelehrten und Schriftstellern Bekanntschaft machte; im Jahre 1786 besuchte er Venedig und lernte das italienische Theater kennen; im Jahre 1789 aber machte er einen Ausflug nach Berlin, wo er mit Kotzebue bekannt wurde und von ihm das Stück „Menschenhaß und Reue“ für das Wiener Hoftheater erhielt. Neben diesem Berufe als dramatischer Künstler gab aber L. die Malerei nicht auf, obgleich er sie später mehr zu seinen Zwecken in der darstellenden Kunst, namentlich zu Costume- und Farbenstudien, diese letzteren wieder in nächster Beziehung auf die Bühne, benützte. L. malte besonders Bildnisse und zwar mit nicht gewöhnlichem Geschick, wagte sich auch an größere Werke, wie es ein Altarblatt „Verkündigung Mariens“ bezeugt, welches er für die Kirche zu Nikolsburg malte. Später noch warf er sich auf die Landschaftsmalerei, worin ihm der Maler Schönberger die Anleitung gab. Auch auf schriftstellerischem Gebiete hat sich L. – doch auf diesem letzteren eben nicht mit Erfolg – versucht. L. schrieb nämlich seine Selbstbiographie, aber in wenig anregender Weise und wenn man nicht seine Gedanken über Costume (S. 39–56) und seine Ansichten über Auffassung des Hamlet (S. 85), des Othello (S. 145) und über Macbeth (S. 235), welche sich eben durch ihre Schlichtheit und treffende Bemerkungen hervorthun, ausnimmt, so enthält dieselbe wenig Beachtenswerthes. In Kayser’s „Bücher-Lexikon“, Bd. III, S. 475, ist diese Selbstbiographie Lange’s unter dem Titel „Biographien“ angeführt, als ob Lange ein biographisches Werk, welches mehrere Lebensbeschreibungen enthält, geschrieben hätte. Es ist dieß ein Irrthum und es soll statt der vielfachen Zahl Biographien, die einfache, Biographie, stehen. Glücklicher war er in einer dritten Kunst, in der [99] Musik. Gerber bemerkt von ihm, daß er als dramatischer Componist nicht ohne Talent und Kenntnisse gewesen und seine 1796 geschriebene Operette: „Adelheid von Ponthien“ auf mehreren deutschen Bühnen gegeben und beifällig aufgenommen worden sei. Ueberdieß hat er auch mehrere Lieder- und Tanzweisen componirt und seine Beschäftigung mit der Malerei und Musik besonders dann fleißig fortgesetzt, als er in den Ruhestand übergetreten war und sich nach Gmunden zurückgezogen hatte, wo er ein am See anmuthig gelegenes Landhaus bewohnte. Das Urtheil über Lange als darstellenden Künstler ist einstimmig, daß er eine Zierde der deutschen Bühne gewesen, obwohl der deutsche Tourist K. R. in seinen „Briefen über Deutschland“ (1783) eben kein schmeichelhaftes Porträt von L. entwirft. Jedoch eine solche einzelne – wie es scheint – sehr befangene Stimme verhallt gegenüber dem allgemeinen Urtheile. Mit nicht gewöhnlichen äußeren Mitteln verband er eine tüchtige Schule und eine geniale Auffassung. Als Hamlet glänzte er in späteren Jahren noch. Dabei war er als Mensch bescheiden, liebenswürdig und in seltenem Grade achtungswerth. L. war zweimal verheirathet. Seine erste Frau war eine Tochter des Directors der kaiserlichen Porzellan-Manufactur Schindler, war gut im Gesange ausgebildet und bei der auf Befehl des Kaisers Joseph von dem Schauspieler Müllerdirigirten deutschen Oper angestellt. Aber schon nach kurzer Ehe, im Alter von erst 22 Jahren, starb sie im Jahre 1779. – Seine zweite Frau Luise Maria Antonia war eine geborne Weber und Schwägerin Mozarts. Aus Mannheim gebürtig, betrat sie im Jahre 1779 die Bühne, fand dann ein Engagement bei der Oper in Wien, wo Lange sie kennen lernte und heirathete. Als im October 1787 die deutsche Operngesellschaft aufgelöst wurde, wurde Lange’s Frau zwar bei der italienischen Oper zugetheilt, aber schon im October 1788 entlassen, indem man vorgab, sie habe die Stimme verloren. Darüber verfiel sie für längere Zeit in eine Schwermuth, welche sich nicht eher verlor, als bis es ihr gelang, ihr angefochtenes Talent wieder zur vollen Geltung zu bringen. Auf der schon in ihres Gatten Lebensskizze erwähnten größeren Kunstreise begleitete sie denselben und feierte in Berlin große Triumphe. Im Jahre 1796 begab sie sich mit ihrer Schwester Mozart nach Deutschland und sang einige Zeit in Hamburg auf dem von Schröder dirigirten Theater. 1798 begab sie sich zur deutschen Oper nach Amsterdam. Sie kehrte nicht mehr zu ihrem Gatten zurück, sondern wählte, nachdem sie die Bühne verlassen, Frankfurt am Main zu ihrem Wohnorte, wo sie auch im Jahre 1830 starb. Sie wird als eine ausgezeichnete Sängerin geschildert und das Wiener Jahrbuch der Tonkunst entwirft von ihrer Kunstfertigkeit eine begeisterte Schilderung.

Biographie des Joseph Lange, K. K. Hofschauspielers (Wien 1808, Pet. Rehm’s sel. Witwe, 8°. mit K.). – Frankl (L. A.) Dr.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.) II. Jahrgang (1843), S. 546; V. Jahrg. (1846), S. 916. – Wiener allgemeine Musik-Zeitung 1846, Nr. 65 u. 66, S. 258: „Skizzen-Cyklus von Biographien einiger, eben als Musiker weniger bekannter Männer von Friedr. Wilh. Arming. III. Joseph Lange“. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, Anton Strauß, 4°.) Jahrg. 1811, S. 31: „Ruhestands-Decret Lange’s“. – Gerber (Ernst Ludw.), Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1813, A. Kühnel, gr. 8°.) Bd. I, Sp. 171. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1778, v. Trattnern, 8°.) I. Bds. 2. Stück, S. 374. – Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von J. S. Ebersberg [100] (Wien, gr. 8°.) Jahrgang 1837, Bd. II, S. 412. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1823, S. 81. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig, O. Wigand, gr. 8°.) Bd. VII, S. 902. – Brockhaus’ Conversations-Lexikon, 10. Auflage, Bd. IX, S. 378. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 1, S. 988. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden 1857, R. Schäfer, gr. 8°.) Bd. II, S. 716 [nach diesem wäre Lange bereits im Jahre 1827 gestorben; obige Angabe des Todesdatums: 18. September 1831, ist Oettinger’s „Bibliographie biographique“ (Bruxelles, Stiènon) entnommen]. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1838, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. VII, S. 284. – Monatschrift für Theater und Musik. Herausgegeben von Joseph Klemm (Wien, 4°.) II. Jahrg. (1856), S. 523 [nach diesem gest. im Jahre 1821]. – Porträte. I. Von Joseph Lange: 1) Unterschrift: Joseph Lange, k. k. Hofschauspieler. F. Lieder pinx. 1808, F. John sc. (8°.); – 2) D. Berger sc., im Costume als Hamlet, Kniestück, 1785 (12°.); – 3) Hickel pinx., Pfeiffer sc. 1795; – 4) von ihm selber gemalt, von C. Pfeiffer gest. (4°.); – 5) J. Wolff p., C. Pfeiffer sc. 1795 (gr. Fol.), in ganzer Figur, als Herzog Albrecht in „Agnes Bernauerin“; – 6) mit seiner Gattin. Ipsc. del., D. Berger sc. (8°.); – 7) Costumebild als Herzog von Oranien im Trauerspiele „Egmont“. – In der von Kaiser Joseph gegründeten Schauspieler-Gallerie des Hofburg-Theaters befindet sich sein Bildniß in ganzer Figur als Hamlet. – II. Von seiner zweiten Frau: 1) D. Berger sc. 1786 (kl. 8°.); – 2) Nilson sc. (Prag 1794).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Zu dieser Person gibt es S. 94 einen zweiten Artikel und S. 95 einen dritten Artikel.