BLKÖ:Pretsch, Paul

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 23 (1872), ab Seite: 280. (Quelle)
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Pretsch, Paul (Typograph, geb. zu Wien im Jahre 1808). Sein Vater war Bürger, Gold- und Silberarbeiter in Wien; auch die Mutter, des bürgl. Silberarbeiters Würth Tochter, war geboren zu Wien. Der Sohn lernte die Buchdruckerei und unternahm Reisen nach den deutschen Bundesstaaten und nach Belgien, von welchen er nach mehr als zwei Jahren zurückkehrte, hierauf verblieb er mehrere Jahre in Wien, verfügte sich dann nach Jassy in der Moldau, wo er ungefähr ein Jahr blieb, und von da zurückgekehrt, trat er in die k. k. Hof- und Staatsdruckerei, wo er nach weniger als einem Jahre eine Factorsstelle erhielt. Nach vieljährigem Wirken wurde er zweimal: in den Jahren 1849 und 1850, nach England gesendet, um unter Herrn Köpp von Felsenthal als Zeuge in den vor englischen Gerichten anhängigen Processen verwendet zu werden. Im J. 1851 wurde er beauftragt, die Leitung der Staatsdruckerei-Angelegenheiten während der großen ersten Welt-Ausstellung zu übernehmen. Nach ungefähr neun Monaten kehrte er nach Wien zurück. Er hatte damals mit Bewilligung der Direction seine Photographien ausgestellt, welche mit der Medaille ausgezeichnet wurden. Nun erwachten in ihm Wunsch und Gedanke, die Photographien zu drucken. Im Spätherbste des Jahres 1854 verließ er das feste Engagement an der hiesigen Staatsdruckerei und begab sich abermals nach England, wo er durch neun Jahre verblieb und seine Ideen für die Drucklegung von Photographien auch durchführte. Er ist der Erfinder dieser Methode und hat dieselbe Photo-Galvanographie[1] genannt. Es ward in London, 8, Holloway Place, Holloway Road, Islington, ein Compagniegeschäft unter dem Titel: Patent-Photo-Galvanografic Company begründet. Diese Gesellschaft gab im Jahre 1856 heftweise ein Werk unter dem Titel: „Photographic Art Treasures“ in Großfolio heraus, wovon 5 Hefte à 4 Blätter erschienen sind. Nebstdem veröffentlichte dieselbe viele noch größere und auch kleinere Blätter. Nach etwa zweijährigem Bestehen löste sich die Gesellschaft wieder auf und P. blieb mit seiner Erfindung allein zurück. Herr Fox Talbot hatte jedoch ein Patent auf eine Erfindung, photographische Bilder zu [281] ätzen, und nahm keinen Anstand, P. auf Grund seines Patentes gerichtlich zu verfolgen. Das Verfahren aber, welches P. anwendet, dessen Darlegung jedoch außerhalb der diesem Werke gesteckten Grenzen liegt, hat mit einer Aetzmethode nichts gemein, nur erzielt P. mittelst dessen Bilder von großer Schönheit und Vollendung. Von seinen Proben, gedruckt auf gewöhnlicher Kupferdruckpresse, sind einige nach Originalzeichnungen von Albrecht Dürer, Richmond und Raphael besonders hervorzuheben. Nach der großen Welt-Ausstellung von 1862, wo P. mit seinen Leistungen stark vertreten war, kehrte er im darauffolgenden Jahre nach Wien zurück, wo er längere Zeit schwer leidend darniederlag. Mehrere Jahre verlautete über P. und seine Erfindung nichts Näheres. Erst im Jahre 1866 berichteten zwei Journale, nämlich „Die ungarischen Nachrichten“ und „Die neue freie Presse“, nachdem sie irrig P.’s Tod[2] gemeldet – denn der Künstler lebt zur Stunde noch – daß es P. nach mannigfachen und mühevollen Versuchen gelungen war, im Jahre 1864 eine Methode zu erfinden: Photographien auf Kupferplatten für die Buchdruckpresse zu erzeugen und davon Abdrücke zu erzielen, welche in ihrer Wirkung den geschabten Blättern zunächst stehen. Wenn auch in vielen Einzelnheiten der ersterwähnten Methode ähnlich, unterscheidet sich diejenige für den Buchdruck durch die ungeheure Menge ihrer Abdrücke und durch die größere Billigkeit derselben. P. hat also zwei Erfindungen gemacht, die erste für den Kupferdruck, die andere für den Buchdruck. P. erhielt sofort in Rücksicht auf die Wichtigkeit seiner Erfindung von dem damaligen Staatsministerium (Schmerling) einen Unterstützungsbeitrag, der ihn in den Stand setzen sollte, seine Versuche zur Vervollkommnung seiner Erfindung fortzusetzen. Auch wurde dieselbe jenen größern Instituten, deren Publicationen mit artistischen Beilagen verbunden sind, zur versuchsweisen Anwendung empfohlen. Er ist jetzt an dem k. k. geo-graphischen Institute mit Versuchen beschäftigt, Landkarten mittelst der Buchdruckerpresse zu vervielfältigen. Das Schicksal aber, welches Ressel mit seiner Erfindung der „Schiffsschraube“ erfahren hat, veranlaßt den Herausgeber dieses Lexikons, von Pretsch’s Erfindung Act zu nehmen, damit demselben, falls ein englischer oder nordamerikanischer Nach-Erfinder auftreten sollte, die Priorität gesichert bleibe.

Gartenlaube (Leipzig, herausg. von Ernst Keil, 4°.) Jahrg. 1856, S. 659: „Photo-Galvanographie. Die neue Erfindung von P. Pretsch in London“. – Neue freie Presse 1865, Nr. 266. – Ungarische Nachrichten (Pesther polit. Bl.) 1864, Nr. 104. – Illustrated London News, Juni 1857, S. 641.

  1. Nebenbei sei hier bemerkt, daß Herausgeber dieses Lexikons, der sich während seines Aufenthaltes in Lemberg (1844–1848) mehrere Jahre hindurch mit der Daguerotypie aus Interesse für diese so merkwürdige Erfindung beschäftigte, lange vor Pretsch – 1845 – die Vervielfältigung der Daguerotypen im galvanischen Wege, also Uebertragungen der Daguerotypen auf Kupfer, ausgeführt und mehrere sehr gelungene Proben davon an die Redaction der „Sonntagsblätter“ in Wien zu Händen des Dr. Ludwig August Frankl geschickt hat, welcher auch dieselben zur beliebigen Ansicht in der Redaction aufliegen ließ. Von meiner Zusendung, gaben die „Sonntagsblätter“ 1845 in der Beilage Nr. 35 unter der Rubrik „Kunstbericht“ nähere Nachricht.
  2. Wahrscheinlich ist diese Todesnachricht durch das zu derselben Zeit erfolgte Ableben seines Bruders veranlaßt worden.