BLKÖ:Rothschild, Lionel Freiherr von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 27 (1874), ab Seite: 131. (Quelle)
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11. Lionel Freiherr von Rothschild (geb. 22. November 1808), ein Sohn Nathan Maier’s Freiherrn von Rothschild [Nr. 15], dritten Sohnes des Maier Anselm [Nr. 13], und gegenwärtig Chef des Londoner Bankhauses Rothschild. Lionel vollendete seine Studien in Göttingen und trat, nachdem sein Vater im Jahre 1836 gestorben, an dessen Stelle. Seine beiden jüngeren Brüder unterstützen ihn in der Leitung des großen Geschäftes. Im Jahre 1847 wurde er von den Wählern der City zu ihrem Vertreter im Unterhause erwählt, da er sich aber – als Israelit – weigerte, den Eid auf das Evangelium zu leisten, so konnte er seinen Platz im Parlamente nicht einnehmen. Derselbe Fall fand in den Jahren 1849 und 1852 Statt, in welchen er wieder gewählt worden war. Endlich, als im Jahre 1858 die Emancipation der Juden im englischen Parlamente durchging, fand sich Baron Lionel auf seinem Platze ein und ward ein eifriges Mitglied der liberalen Partei. Die Israeliten Londons überreichten ihm als erstem israelitischen Parlamentsmitgliede ein ungemein kostbares Album mit verfolgenden Aufschrift: Lionel Rothschild | Civis Anglus senator | – Senatus populusque britannicus | Variis longe oppressi | Machinationibus | Judaeos et alios aliae tidei | Diu a suis excludentes consiliis | Demum justitia et libertate | praevalente; | Sanctitate aequalitateque omnis | Rite recognita religionis; | Fraternitatem et concordiam omnium | Solemniter ciium declaravnt | Totius terrae Anglicanae. Freiherr Lionel bekleidet in London auch die Stelle eines kaiserlich österreichischen General-Consuls und hat neben seinen großen Geldgeschäften im Jahre 1852 die österreichische Anleihe in London unterbringen helfen. Lionel’s Familie in London [132] zählt zu den angesehensten und beliebtesten, und steht mit dem höchsten Adel des Landes auf freundschaftlichstem Fuße. Am glänzendsten zeigte sich dieser Umstand bei den nach jüdischem Ritus vollzogenen Heirathen seiner beiden Töchter Leonore und Eveline, deren erstere sich mit dem Sohne Maier Alphons des Pariser Rothschild James Maier, und letztere mit Ferdinand, dem Sohne des Wiener Rothschild Anselm, vermälte, bei welchen Gelegenheiten die illustrirten Blätter Englands, Frankreichs und Deutschlands und auch andere Journale ausführliche Beschreibungen, begleitet mitunter von bildlichen Darstellungen der Hochzeitsfeierlichkeiten und des Schmuckes der Bräute brachten. Bei beiden Festen fand sich der höchste englische Adel aller Parteischattirungen ein und unter den Hochzeitsfunctionären der Braut und des Bräutigams als Brautjungfern und Brautführer glänzten Männer und Mißes der höchsten englischen Aristokratie. – Als eines Curiosums sei hier nur noch der Verse gedacht, welche Heinrich Heine über Baron Lionel’s Aufforderung, ihm ein Autograph zu senden, auf das ihm zugedachte Blatt geschrieben: „Hast du viel, dann wirst du bald | nochvielmehr dazu bekommen, | doch wer wenig hat, dem wird | selbst das Wen’ge noch genommen. | Wenn du aber gar nichts hast. | Ach, dann lasse dich begraben. | Denn ein Recht zum Leben, Lump, | Haben die nur, die was haben.“ Eine wenig tröstliche, auch nicht mit Heine’scher Grazie ausgesprochene, aber leider unumstößliche Wahrheit. [Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1862, Nr. 316: „Wie sich ein Rothschild rächt“. – The illustrated London News 1857, March 7, p. 209: „Marriage in the Rothschild’s Family“. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 1857, Nr. 720 vom 18. April, S. 327: „Eine Vermälung in der Familie Rothschild“ (mit Illustration des Trauungsactes und Abbildungen des Brautschmuckes). – Ostdeutsche Post (Wiener polit. Blatt) 1857, Nr. 56, im Feuilleton: „Ein Hochzeitsfest der Familie Rothschild“ (betrifft die Vermälung Leonorens, Tochter des Freiherrn Lionnel von Rothschild, mit Maier Alphons Freiherrn v. Rothschild, einem Vetter des Freiherrn Lionel). – Presse (Wiener polit. Blatt, kl. Fol.) 1865, Nr. 160: „Die Hochzeit im Hause Rothschild“. – Siebenbürger Bote (Hermannstadt, 4°.) 1858, Nr. 177, in der „Mosaik“ (über das Album, das die Londoner Israeliten dem Baron Lionel R. als erstem jüdischem Parlamentsmitgliede verehrten). – Porträte. Holzschnitt mit der Unterschrift: „Baron Lionel Rothschild, Parlamentsmitglied für die City seit 1817“, S. 584 des Werkes von Franz Otto: „Das Buch berühmter Kaufleute oder der Kaufmann zu allen Zeiten“ (Leipzig und Berlin, zweiter u. verm. Abdruck 1870, Otto Spamer, gr. 8°.); – auch die „Illustrated London News“ brachten, wenn ich nicht irre, im Jahre 1862 das ungemein charakteristische Bildniß Lionel’s im Holzschnitte, das allen späteren, irgendwo erschienenen als Folie diente.]