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BLKÖ:Thalmann, Leopold Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Thalloczy, Ludwig von
Band: 44 (1882), ab Seite: 149. (Quelle)
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Thalmann, Leopold Freih. (Staatsmann, geb. zu Innichen im Pusterthale Tyrols, lebte im 18. Jahrhundert, Todesjahr unbekannt). Die bürgerliche Familie, welcher Freiherr Thalmann entstammt, existirt noch in mehreren Zweigen im Markte Innichen. Staffler in seinem unten angegebenen Werke weiß über Thalmann nur zu melden: „daß derselbe dem 18. Jahrhunderte angehört und sich so ausgezeichnete Verdienste um den Staat gesammelt hat, daß er nicht nur in den Adelstand erhoben, sondern auch mit dem ebenso ehrenvollen als wichtigen Amte eines kaiserlichen Gesandten bei der ottomanischen Pforte betraut wurde“. In der That befand sich Thalmann, über dessen Jugend- und Bildungsgang uns alle Nachrichten fehlen, im Jahre 1703 als Secretär bei der kaiserlich österreichischen Botschaft in Constantinopel zur Zeit, als Graf Oettingen als kaiserlicher Großbotschafter daselbst fungirte, und blieb nach dem Abgang desselben im genannten Jahre als Resident zurück. Zunächst erwirkte er die Entfernung Tököly’s von der Grenze und von Constantinopel nach Nikomedien, wo dieser Rebell außerhalb der Stadt in einem Maierhofe seinen Wohnsitz nahm. Auch wurde unter Thalmann die kaiserliche Abgrenzung zugleich mit der venetianischen an der dreifachen Grenze berichtigt. Als zu Beginn des Jahres 1711 die Pforte von einem Kriege mit Rußland bedroht wurde, bot Prinz Eugen in einem Schreiben an den Großvezir die Vermittlung des kaiserlichen Hofes zur Abwendung dieses Krieges an, und unser Resident erhielt die Weisung, bei der Pforte weder für noch gegen den König von Schweden zu sprechen, sondern nur nebenbei zu bemerken, daß es ein gelinderes Mitte denselben in seine Staaten zurückzubringen, gäbe, als mittels eines Heeres durch Polen, indem ihm der Weg durch die kaiserlichen Staaten offen stände. Nachdem Kaiser Joseph I. am 17. April 1711 an den Blattern gestorben, empfing Thalmann neue Beglaubigungsschreiben, um die Thronbesteigung, und 1712, um die Kaiserkrönung zu melden. Viele Jahre wirkte er als Resident in Constantinopel, bis er 1736 zum bevollmächtigten Botschafter ernannt wurde und am 18. September g. J. seine feierliche Antrittsaudienz beim Kaimakam erhielt. Als im genannten Jahre die Russen die Belagerung der türkischen Festung Azow begannen, wandte sich der Großvezir an die Botschafter der Seemächte und an den österreichischen Internuntius Thalmann, um hierüber Genugthuung oder doch Aufklärung zu verlangen, welche ihm dann von Rußland wurde, das nun alle seine Beschwerden wider die Pforte seit zwanzig Jahren her aufzählte und Fortsetzung des Krieges androhte, wenn kein gütliches Mittel verfange, zuletzt aber doch sich bereit zu Friedensunterhandlungen erklärte. Noch wirkte Thalmann bei den Verhandlungen über die Erneuerung des Karlowitzer [150] Friedens und die Zurückgabe Azows mit, bei welcher Gelegenheit er ein Schreiben des österreichischen Hofkriegsraths-Präsidenten Grafen von Königsegg [Bd. XII, S. 229] an den Großvezir eigenmächtig zurückbehielt. In demselben hatte Königsegg im Hinblick auf die Schwierigkeiten, welche die Pforte anläßlich der Friedensverhandlungen erhob, kategorisch einen letzten Termin angesetzt, für welchen das friedliche Einverständniß anberaumt werden sollte. Dieses Schreiben dem Großvezir vorenthalten zu dürfen, glaubte Thalmann auf sich nehmen zu können. Die Ursache, welche ihn dazu bewogen, können wir nicht errathen. Kurz, er that es mit der Ausrede, daß ihm damit ein Unglück zugestoßen, da es durch Zufall in Brand gerathen sei, und er nun um ein Duplicat geschrieben habe. Thalmann erhielt für diese wohlgemeinte und gewiß nur im Interesse seines Staates verübte Eigenmächtigkeit einen scharfen Verweis vom kaiserlichen Hofe, den dieser Vorgang des Internuntius um so unangenehmer berührte, als das Schreiben selbst bereits allen europäischen Mächten mitgetheilt worden war. Noch wirkte Thalmann bei den Verhandlungen der Bevollmächtigten zu Niemirow vom 16. bis 22. August 1737 mit, bei welchen österreichischerseits als Forderung die Erweiterung der Grenzen in der Moldau und Walachei bis an die Dumbowiza, in Serbien bis an den Lom mit Einschluß Widdins ausgesprochen wurde. Dagegen erhoben die Bevollmächtigten der Pforte großes Geschrei, wie sie es gethan, als die russischen Forderungen waren verkündet worden. Die Sprache der osmanischen Bevollmächtigten bei diesen Verhandlungen war eine neue, aus dem Munde derselben noch nicht gehörte, da sie außer dem Koran und der Ueberlieferung die Beweise ihres Rechtes aus dem Evangelium und Hugo Grotius beizubringen suchten. „Die Maßregeln der Höfe“, sagten sie, „gründen sich entweder blos auf die Religionsgesetze oder auf das Vernunftgesetz; Euer Verfahren ist aber sowohl den Grundsätzen des Evangeliums als denen des Grotius zuwider“. Thalmann scheint nun mit den österreichischen Bevollmächtigten, welche im November 1737 an ihren Hof zurückkehrten, gleichfalls Constantinopel verlassen zu haben, denn im October d. J. brach der erneuerte Krieg zwischen der Pforte und Rußland aus, und da Oesterreich es mit letzterem hielt, konnte wohl unser Internuntius in Constantinopel nicht länger verweilen. Von dieser Zeit verschwindet er auch vom öffentlichen Schauplatz. Wir wissen nur, daß er noch Hofkriegsrath gewesen und als solcher im Jahre 1735 in den erbländischen Freiherrnstand erhoben wurde.

Staffler (Johann Jacob). Das deutsche Tirol und Vorarlberg[WS 1], topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Fel. Rauch) Bd. II, S. 81. – Hammer (Joseph von). Geschichte des osmanischen Reichs größtentheils aus bisher unbenutzten Handschriften und Archiven. Zweite verbesserte Ausgabe (Pesth 1836, Hartleben, 8°.) Bd. IV, S. 50, 109, 237, 309, 321, 327–331.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Vorlberg.