Bekanntmachung, betreffend Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. Vom 21. Februar 1904 / IV. Bekämpfung des Aussatzes (Lepra)

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Titel: Bekanntmachung, betreffend Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. IV. Bekämpfung des Aussatzes (Lepra).
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1904, Nr. 9, Seite 127 - 134
Fassung vom: 21. Februar 1904
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 27. Februar 1904
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IV. Bekämpfung des Aussatzes (Lepra).[Bearbeiten]

1. Zu § 12. Als ansteckungsverdächtig sind solche Personen zu betrachten, bei welchen Krankheitserscheinungen zwar nicht vorliegen, jedoch die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß sie den Ansteckungsstoff des Aussatzes aufgenommen haben. Insbesondere trifft dies zu bei solchen Personen, welche mit Aussätzigen in Wohnungsgemeinschaft leben oder gelebt haben.
Ansteckungsverdächtige Personen sind einer Beobachtung zu unterwerfen, welche nicht länger als fünf Jahre, gerechnet vom Tage der letzten Ansteckungsgelegenheit, dauern soll. Die Beobachtung hat darin zu bestehen, daß der beamtete Arzt von Zeit zu Zeit (in der Regel alle sechs Monate) in schonender Form, nötigenfalls durch Untersuchung den Gesundheitszustand der betreffenden Personen feststellt.
2. Zu § 14. Am Aussatz erkrankte oder krankheitsverdächtige Personen sind ohne Verzug unter Beobachtung der Bestimmungen im § 14 Abs. 2 und 3 des Gesetzes abzusondern. Als krankheitsverdächtig sind solche Personen zu betrachten, welche unter Erscheinungen erkrankt sind, die den Ausbruch des Aussatzes befürchten lassen.
Die Absonderung hat derart zu erfolgen, daß der am Aussatz Erkrankte oder Krankheitsverdächtige ein besonderes Schlafzimmer und ein besonderes Bett zur Verfügung hat, auch in Räumen wohnt, die nicht von anderen als den zum Umgange mit ihm zugelassenen Personen (Angehörigen, Pflegern) benutzt werden. Die Unterbringung mehrerer Aussätziger in einem Raume ist zulässig. Die dem Kranken oder Krankheitsverdächtigen zur Verfügung stehenden Gebrauchsgegenstände (Wäsche, Kleider, Schuhzeug, Wasch-, Rasier-, Eß- und Trinkgeschirr, Bücher, Musikalien usw.) dürfen nur von diesem allein benutzt werden und müssen als für den ausschließlichen Gebrauch des Kranken bestimmt kenntlich gemacht sein.
Aussätzigen und Krankheitsverdächtigen ist der Besuch von öffentlichen Badeanstalten, Barbier- und Frisiergeschäften, Schulen und dergleichen zu untersagen. Ferner ist solchen Aussätzigen, welche deutliche Zeichen des Leidens aufweisen, oder deren Absonderungen Leprabazillen enthalten, der Besuch von Wirtschaften, Theatern und dergleichen sowie die Benutzung der dem öffentlichen Verkehre dienenden Beförderungsmittel (Droschken, Straßenbahnwagen und dergleichen) zu verbieten.
Aussätzigen, welche nach der Art ihrer Krankheitserscheinungen als eine besondere Gefahr für die Weiterverbreitung des Aussatzes nach dem Gutachten des beamteten Arztes anzusehen sind, ist jeder Verkehr an öffentlichen Orten (Straßen usw.) zu untersagen.
Es ist Vorsorge zu treffen, daß Aussätzige und Krankheitsverdächtige keine Beschäftigung ausüben, bei welcher sie mit anderen nicht aussätzigen Personen [128] in unmittelbare Berührung kommen, zum Beispiel Wartung von Kindern, Bedienung anderer Personen.
Weitere, über die Bestimmungen der Abs. 2 bis 5 hinausgehende Beschränkungen können Aussätzigen und Krankheitsverdächtigen nur auferlegt werden, sofern der beamtete Arzt dies für zulässig erachtet.
Falls der beamtete Arzt es für erforderlich erklärt, ist darauf hinzuwirken, daß Kinder aussätziger Eltern aus der Wohnung der letzteren entfernt und in einer anderen Behausung untergebracht werden.
Diejenigen Personen, welche der Pflege und Wartung von Aussätzigen sich widmen oder sonst bei ihnen Dienste verrichten, sind zur Befolgung der Desinfektionsanweisung anzuhalten; auch ist ihnen die Einhaltung der sonstigen gegen eine Weiterverbreitung der Krankheit von dem beamteten Arzte für erforderlich erachteten Maßregeln zur Pflicht zu machen.
3. Zu § 16. Jugendliche Personen aus einem Haushalt, in dem ein Aussätziger sich befindet, müssen, soweit und solange nach dem Gutachten des beamteten Arztes eine Weiterverbreitung der Krankheit zu befürchten ist, vom Schulbesuche ferngehalten werden.
4. Zu § 19. In einem Hause, in welchem ein Aussätziger sich befindet oder befunden hat, sind die erforderlichen Maßnahmen zur Desinfektion der Ausscheidungen der Kranken sowie der mit dem Kranken oder Gestorbenen in Berührung gekommenen Gegenstände zu treffen. Ganz besondere Aufmerksamkeit ist der Desinfektion infizierter Räume sowie der Betten, der Leibwäsche und der Kleidungsstücke des Kranken oder Gestorbenen zuzuwenden. Fahrzeuge und andere Beförderungsmittel, welche ausnahmsweise zur Fortschaffung von solchen kranken oder krankheitsverdächtigen Personen gedient haben, denen gemäß Nr. 2 Abs. 3 dieser Bestimmungen die Benutzung der dem öffentlichen Verkehre dienenden Beförderungsmittel verboten ist, sind alsbald und vor anderweitiger Benutzung zu desinfizieren.
Die Desinfektionen sind nach Maßgabe der aus der Anlage ersichtlichen Anweisung zu bewirken.
5. Zu § 21. Die Leichen der an Aussatz Gestorbenen sind ohne vorheriges Waschen und Umkleiden in Tücher einzuhüllen, welche mit einer desinfizierenden Flüssigkeit getränkt sind. Sie sind alsdann in dichte Särge zu legen, welche am Boden mit einer reichlichen Schicht Sägemehl, Torfmull oder anderen aufsaugenden Stoffen bedeckt sind. Der Sarg ist alsbald zu schließen.
Soll mit Rücksicht auf religiöse Vorschriften das Waschen der Leiche ausnahmsweise stattfinden, so darf es nur unter den vom beamteten Arzte angeordneten Vorsichtsmaßregeln und nur mit desinfizierenden Flüssigkeiten ausgeführt werden.
Ist ein Leichenhaus vorhanden, so ist die eingesargte Leiche alsbald dahin überzuführen. Die Ausstellung der Leiche im Sterbehaus oder im offenen Sarge ist zu untersagen. [129]
Die Bestattung der Aussatzleichen ist tunlichst zu beschleunigen. Den bei der Einsargung beschäftigt gewesenen Personen ist die Einhaltung der von dem beamteten Arzte gegen eine Weiterverbreitung der Krankheit für erforderlich erachteten Maßregeln zur Pflicht zu machen.
6. Zu § 22. Die Aufhebung der zur Abwehr des Aussatzes getroffenen Anordnungen darf nur nach Anhörung des beamteten Arztes erfolgen.
7. Zu § 24. Fremdländischen Aussätzigen kann der Übertritt über die Grenze verboten werden.
8. Zu § 40. Aussätzige dürfen in der Regel nicht mittels der Eisenbahn befördert werden. Ausnahmen sind nur nach dem Gutachten des für die Abgangsstation zuständigen beamteten Arztes zulässig. In solchen Ausnahmefällen ist der Kranke in einem abgeschlossenen Wagenabteil mit getrenntem Aborte zu befördern; Wagenabteil und Abort sind alsbald und vor anderweitiger Benutzung zu desinfizieren.
9. Zu § 42. Ist in einer Ortschaft der Ausbruch des Aussatzes festgestellt, so ist das Kaiserliche Gesundheitsamt hiervon sofort zu benachrichtigen. Ebenso ist jeder weitere Fall dem Kaiserlichen Gesundheitsamte mitzuteilen.
Die Landesregierungen haben alljährlich bis spätestens den 1. Februar dem Kaiserlichen Gesundheitsamt über die in dem verflossenen Kalenderjahr in dem betreffenden Staatsgebiet eingetretene Zu- und Abnahme der Krankheitsfälle Mitteilung zu machen.

Anlage. Desinfektionsanweisung bei Aussatz (Lepra).[Bearbeiten]

I. Desinfektionsmittel.[Bearbeiten]

a. Kresol, Karbolsäure.[Bearbeiten]

1. Verdünntes Kresolwasser. Zur Herstellung wird 1 Gewichtsteil Kresolseifenlösung (Liquor Cresoli saponatus des Arzneibuchs für das Deutsche Reich) mit 19 Gewichtsteilen Wasser gemischt. 100 Teile enthalten annähernd 2,5 Teile rohes Kresol. Das Kresolwasser (Aqua cresolica des Arzneibuchs für das Deutsche Reich) enthält in 100 Teilen 5 Teile rohes Kresol, ist also vor dem Gebrauche mit gleichen Teilen Wasser zu verdünnen.
2. Karbolsäurelösung. 1 Gewichtsteil verflüssigte Karbolsäure (Acidum carbolicum liquefactum ) wird mit 30 Gewichtsteilen Wasser gemischt. [130]

b. Chlorkalk.[Bearbeiten]

Der Chlorkalk hat nur dann eine ausreichende desinfizierende Wirkung, wenn er frisch bereitet und in wohlverschlossenen Gefäßen aufbewahrt ist; er muß stark nach Chlor riechen. Er wird in Mischung von 1:50 Gewichtsteilen Wasser verwendet.

c. Kalk, und zwar:[Bearbeiten]

1. Kalkmilch. Zur Herstellung wird 1 Liter zerkleinerter reiner gebrannter Kalk, sogenannter Fettkalk, mit 4 Liter Wasser gemischt, und zwar in folgender Weise:
Es wird von dem Wasser etwa ¾ Liter in das zum Mischen bestimmte Gefäß gegossen und dann der Kalk hineingelegt. Nachdem der Kalk das Wasser aufgesogen hat und dabei zu Pulver zerfallen ist, wird er mit dem übrigen Wasser zu Kalkmilch verrührt.
2. Kalkbrühe, welche durch Verdünnung von 1 Teile Kalkmilch mit 9 Teilen Wasser frisch bereitet wird.

d. Kaliseife.[Bearbeiten]

3 Gewichtsteile Kaliseife (sogenannte Schmierseife oder grüne Seife oder schwarze Seife) werden in 100 Gewichtsteilen siedend heißem Wasser gelöst (zum Beispiel ½ Kilogramm Seife in 17 Liter Wasser).
Diese Lösung ist heiß zu verwenden.

e. Formaldehyd.[Bearbeiten]

Der Formaldehyd ist ein stark riechendes, auf die Schleimhäute der Luftwege, der Nase, der Augen reizend wirkendes Gas, das aus einer im Handel vorkommenden, etwa 35prozentigen wässerigen Lösung des Formaldehyds (Formaldehydum solutum des Arzneibuchs) durch Kochen oder Zerstäubung mit Wasserdampf oder Erhitzen sich entwickeln läßt. Die Formaldehydlösung ist bis zur Benutzung gut verschlossen und vor Licht geschützt aufzubewahren.
Der Formaldehyd in Gasform ist für die Desinfektion geschlossener oder allseitig gut abschließbarer Räume verwendbar und eignet sich zur Vernichtung von Krankheitskeimen, die an freiliegenden Flächen oberflächlich oder doch nur in geringer Tiefe haften. Zum Zustandekommen der desinfizierenden Wirkung sind erforderlich:
vorgängiger allseitig dichter Abschluß des zu desinfizierenden Raumes durch Verklebung, Verkittung aller Undichtigkeiten der Fenster und Türen, der Ventilationsöffnungen und dergleichen;
Entwicklung von Formaldehyd in einem Mengenverhältnisse von wenigstens 5 Gramm auf je 1 Kubikmeter Luftraum; [131]
gleichzeitige Entwickelung von Wasserdampf bis zu einer vollständigen Sättigung der Luft des zu desinfizierenden Raumes (auf 100 Kubikmeter Raum sind 3 Liter Wasser zu verdampfen);
wenigstens 7 Stunden andauerndes ununterbrochenes Verschlossenbleiben des mit Formaldehyd und Wasserdampf erfüllten Raumes; diese Zeit kann bei Entwickelung doppelt großer Mengen von Formaldehyd auf die Hälfte abgekürzt werden.
Formaldehyd kann in Verbindung mit Wasserdampf von außen her durch Schlüssellöcher, durch kleine in die Tür gebohrte Öffnungen und dergleichen in den zu desinfizierenden Raum geleitet werden. Werden Türen und Fenster geschlossen vorgefunden und sind keine anderen Öffnungen (zum Beispiel für Ventilation, offene Ofentüren) vorhanden, so empfiehlt es sich, die Desinfektion mittels Formaldehyds auszuführen, ohne vorher das Zimmer zu betreten, beziehungsweise ohne die vorherigen Abdichtungen vorzunehmen; für diesen Fall ist die Entwickelung wenigstens viermal größerer Mengen Formaldehyds, als sie für die Desinfektion nach geschehener Abdichtung angegeben sind, erforderlich.
Die Desinfektion mittels Formaldehyds darf nur nach bewährten Methoden ausgeübt und nur geübten Desinfektoren anvertraut werden, die für jeden einzelnen Fall mit genauer Anweisung zu versehen sind. Nach Beendigung der Desinfektion empfiehlt es sich, zur Beseitigung des den Räumen noch anhaftenden Formaldehydgeruchs Ammoniakgas einzuleiten.

f. Dampfapparate.[Bearbeiten]

Als geeignet können nur solche Apparate und Einrichtungen angesehen werden, welche von Sachverständigen geprüft sind.
Auch Notbehelfseinrichtungen können unter Umständen ausreichen.
Die Prüfung derartiger Apparate und Einrichtungen hat sich zu erstrecken namentlich auf die Anordnung der Dampfzuleitung und -ableitung, auf die Handhabungsweise und die für eine gründliche Desinfektion erforderliche Dauer der Dampfeinwirkung.
Die Bedienung der Apparate usw. ist, wenn irgend angängig, wohlunterrichteten Desinfektoren zu übertragen.

g. Siedehitze.[Bearbeiten]

Auskochen in Wasser, Salzwasser oder Lauge wirkt desinfizierend. Die Flüssigkeit muß die Gegenstände vollständig bedecken und mindestens 10 Minuten lang im Sieden gehalten werden.
Unter den angeführten Desinfektionsmitteln ist die Auswahl nach Lage der Umstände zu treffen. Es ist zulässig, daß seitens der beamteten Ärzte unter Umständen auch andere in bezug auf ihre desinfizierende Wirksamkeit erprobte Mittel angewendet werden; die Mischungs- beziehungsweise Lösungsverhältnisse [132] sowie die Verwendungsweise solcher Mittel sind so zu wählen, daß der Erfolg der Desinfektion nicht nachsteht einer mit den unter a bis g bezeichneten Mitteln ausgeführten Desinfektion.

II. Anwendung der Desinfektionsmittel im einzelnen.[1][Bearbeiten]

1. Alle Ausscheidungen der Kranken (Wund- und Geschwürsausscheidungen, Auswurf und Nasenschleim, etwaige bei Sterbenden aus Mund und Nase hervorgequollene schaumige Flüssigkeit, Blut und Urin, Erbrochenes und Stuhlgang) sind mit dem unter Ia beschriebenen verdünnten Kresolwasser oder durch Siedehitze (Ig) zu desinfizieren. Es empfiehlt sich, solche Ausscheidungen unmittelbar in Gefäßen aufzufangen, welche die Desinfektionsflüssigkeit in mindestens gleicher Menge enthalten, und sie hiermit gründlich zu verrühren. Verbandgegenstände und Läppchen, welche zweckmäßig anstelle von Taschentüchern zur Reinigung von Mund und Nase der Kranken verwendet werden, sind, wenn das Verbrennen derselben (vergleiche Ziffer 9) nicht angängig ist, unmittelbar nach dem Gebrauch ebenfalls in solche mit verdünntem Kresolwasser (Ia) beschickte Gefäße zu legen, so daß sie von der Flüssigkeit vollständig bedeckt sind.
Die Gemische sollen mindestens zwei Stunden stehen bleiben und dürfen erst dann beseitigt werden.
Schmutzwässer sind mit Chlorkalk oder Kalkmilch zu desinfizieren, und zwar ist vom Chlorkalke so viel zuzusetzen, bis die Flüssigkeit stark nach Chlor riecht, von Kalkmilch so viel, daß das Gemisch rotes Lackmuspapier stark und dauernd blau färbt. In allen Fällen darf die Flüssigkeit erst nach zwei Stunden abgegossen werden. Badewässer sind wie Schmutzwässer zu behandeln. Der Kehricht des Krankenzimmers ist mittels verdünnten Kresolwassers (Ia) zu desinfizieren oder zu verbrennen.
2. Hände und sonstige Körperteile müssen jedesmal, wenn sie mit infizierten Dingen (Ausscheidungen der Kranken, beschmutzter Wäsche usw.) in Berührung gekommen sind, durch gründliches Waschen mit verdünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (Ia) desinfiziert werden.
3. Bett- und Leibwäsche sowie waschbare Kleidungsstücke und dergleichen sind entweder auszukochen (Ig) oder in ein Gefäß mit verdünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (Ia) zu stecken. Die Flüssigkeit muß in den Gefäßen die eingetauchten Gegenstände vollständig bedecken. In dem Kresolwasser oder der Karbolsäurelösung bleiben die Gegenstände wenigstens zwei Stunden. Dann werden sie mit Wasser gespült und weiter gereinigt. Das dabei ablaufende Wasser kann als unverdächtig behandelt werden.
4. Kleidungsstücke, die nicht gewaschen werden können, Matratzen, Teppiche und alles, was sich zur Dampfdesinfektion eignet, sind in Dampfapparaten zu desinfizieren (If).[133]
5. Alle diese zu desinfizierenden Gegenstände sind beim Zusammenpacken und bevor sie nach den Desinfektionsanstalten oder -apparaten geschafft werden, in Tücher, welche mit Karbolsäurelösung (Ia) angefeuchtet sind, einzuschlagen und, wenn möglich, in gut schließenden Gefäßen zu verwahren.
Wer solche Wäsche usw. vor der Desinfektion angefaßt hat, muß seine Hände in der unter Ziffer 2 angegebenen Weise desinfizieren.
6. Zur Desinfektion infizierter oder der Infektion verdächtiger Räume, namentlich solcher, in denen Kranke sich aufgehalten haben, sind zunächst die Lagerstellen, Gerätschaften und dergleichen, ferner die Wände und der Fußboden, unter Umständen auch die Decke mittels Lappen, die mit verdünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (Ia) getränkt sind, gründlich abzuwaschen; besonders ist darauf zu achten, daß diese Lösungen auch in alle Spalten, Risse und Fugen eindringen.
Die Lagerstellen von Kranken oder von Verstorbenen und die in der Umgebung auf wenigstens 2 Meter Entfernung befindlichen Gerätschaften, Wand- und Fußbodenflächen sind bei dieser Desinfektion besonders zu berücksichtigen.
Alsdann sind die Räumlichkeiten und Gerätschaften mit einer reichlichen Menge Wasser oder Kaliseifenlösung (Id) zu spülen. Nach ausgeführter Desinfektion ist gründlich zu lüften.
7. Die Anwendung des Formaldehyds empfiehlt sich besonders zur sogenannten Oberflächendesinfektion (vergleiche Ie Abs. 3).
Nach voraufgegangener Desinfektion mittels Formaldehyds können nur die Wände, die Zimmerdecke, die freien glatten Flächen der Gerätschaften als desinfiziert gelten. Alles übrige, namentlich alle diejenigen Teile, welche Risse und Fugen aufweisen, sind gemäß den vorstehend gegebenen Vorschriften zu desinfizieren.
Einer Voreinleitung der Formaldehydgase in das Zimmer bedarf es bei Desinfektionen anläßlich des Aussatzes nicht.
8. Gegenstände aus Leder, Holz- und Metallteile von Möbeln sowie ähnliche Gegenstände werden sorgfältig und wiederholt mit Lappen abgerieben, die mit verdünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (Ia) befeuchtet sind. Die gebrauchten Lappen sind zu verbrennen.
Pelzwerk wird auf der Haarseite bis auf die Haarwurzel mit verdünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (Ia) durchweicht. Nach zwölfstündiger Einwirkung der Desinfektionsflüssigkeit darf es ausgewaschen und weiter gereinigt weiden.
Plüsch- und ähnliche Möbelbezüge werden nach Ziffer 3 und 4 desinfiziert oder mit verdünntem Kresolwasser oder Karbolsäurelösung (Ia) durchfeuchtet, feucht gebürstet und mehrere Tage hintereinander gelüftet und dem Sonnenlicht ausgesetzt.
Eß- und Trinkgeschirre sind in siedendem Wasser auszukochen.
9. Gegenstände von geringem Werte (Inhalt von Strohsäcken, gebrauchte Lappen und dergleichen) sind zu verbrennen. [134]
10. Soll sich die Desinfektion auch auf Personen erstrecken, so ist dafür Sorge zu tragen, daß sie ihren ganzen Körper mit Seife abwaschen und ein vollständiges Bad nehmen. Ihre Kleider und Effekten sind nach Ziffer 3 und 4 zu behandeln, das Badewasser nach Ziffer 1.
11. Die Leichen der Gestorbenen sind in Tücher zu hüllen, welche mit einer der unter Ia aufgeführten desinfizierenden Flüssigkeit getränkt sind, und alsdann in dichte Särge zu legen, welche am Boden mit einer reichlichen Schicht Sägemehl, Torfmull oder anderen aufsaugenden Stoffen bedeckt sind.
12. Abweichungen von den Vorschriften unter Ziffer 1 bis 11 sind zulässig, soweit nach dem Gutachten des beamteten Arztes die Wirkung der Desinfektion gesichert ist.

  1. Die Personen und Gegenstände, auf welche die Desinfektion bei Aussatz (Lepra) sich zu erstrecken hat, sind in Nr. 2 letzter Absatz, Nr. 4, 5 und 8 der Ausführungsbestimmungen bezeichnet.