Bekanntmachung, betreffend die Befreiung von der Versicherungspflicht auf Grund des §. 6 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes

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Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Befreiung von der Versicherungspflicht auf Grund des §. 6 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1899, Nr. 52, Seite 721 - 723
Fassung vom: 24. Dezember 1899
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 30. Dezember 1899
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
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(Nr. 2637.) Bekanntmachung, betreffend die Befreiung von der Versicherungspflicht auf Grund des §. 6 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes. Vom 24. Dezember 1899.

Auf Grund des §. 6 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. S. 463) hat der Bundesrath über die Befreiung von der Versicherungspflicht nachstehende Bestimmungen erlassen:

1. Ueber Anträge auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß §. 6 Abs. 2 des Invalidenversicherungsgesetzes entscheidet die für den Wohnort des Antragstellers und, sofern dieser im Inlande keinen Wohnort hat, die für seinen dauernden Aufenthaltsort zuständige untere Verwaltungsbebörde.
2. Dem Antrag ist nur stattzugeben, wenn folgende Voraussetzungen zusammentreffen:
a) es muß amtlich bekannt oder glaubhaft nachgewiesen sein, daß der Antragsteller in der Hauptsache seinen Lebensunterhalt als Betriebsunternehmer oder anderweit selbständig erwirbt oder ohne Lohn oder Gehalt thätig ist;
b) es muß feststehen, daß für denselben nicht bereits einhundert Wochenbeiträge entrichtet sind oder zu entrichten gewesen wären, wobei Krankheitswochen oder militärische Dienstleistungen (§. 30 Abs. 2) einzurechnen sind;
c) die untere Verwaltungsbehörde muß unter Berücksichtigung der wirthschaftlichen Lage des Antragstellers und der örtlichen Verhältnisse pflichtmäßig zu der Ueberzeugung gelangt sein, daß der Antragsteller in demjenigen Kalenderjahre, für dessen Dauer die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt wird, entweder nur zu bestimmten Jahreszeiten in nicht mehr als zwölf Wochen, oder zwar zu beliebigen [722] Jahreszeiten, aber insgesammt an nicht mehr als fünfzig einzelnen Tagen Lohnarbeit übernehmen wird.
Minderjährige bedürfen der Genehmigung des Antrags durch ihren gesetzlichen Vertreter.
3. Ueber die Befreiung ist dem Antragsteller eine Versicherungsfreikarte in grüner Farbe in der halben Größe der Quittungskarte nach dem anliegenden Muster auszustellen. Für die Ausstellung der Karte kann eine Gebühr von fünf Pfennig erhoben werden.
Die Befreiung gilt für die Dauer des Kalenderjahrs und für den Umfang des Reichs.
Die Versicherungsfreikarte ist dem Arbeitgeber bei der Lohnzahlung, im Falle des Einzugsverfahrens (§. 148) aber binnen der zur Anmeldung bei der Einzugsstelle vorgesehenen Frist, vorzuzeigen. Geschieht dies nicht, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, die fälligen Beiträge zu entrichten und der Arbeiter hat sich den entsprechenden Lohnabzug gefallen zu lassen. Dabei finden die Bestimmungen des §. 131 Abs. 2 Anwendung.
4. Die Befreiung ist von der Behörde, welche sie bewilligt hat, zurückzunehmen, wenn die befreite Person dies beantragt.
Die Befreiung muß von dieser Behörde (Abs. 1) widerrufen werden, wenn sich ergiebt, daß eine der in Ziffer 2 unter a und b vorgesehenen Voraussetzungen für deren Bewilligung schon bei der Ausstellung der Versicherungsfreikarte gefehlt hat oder daß eine dieser Voraussetzungen nachträglich in Fortfall gekommen ist.
Ergiebt sich, daß die Lohnarbeit des Befreiten während der Geltungsdauer der Versicherungsfreikarte die in Ziffer 2 unter c vorgesehene Dauer wesentlich überschritten hat, so ist die Befreiung für den Rest des Kalenderjahrs von der für die Ausstellung der Versicherungsfreikarte oder für den Beschäftigungsort zuständigen unteren Verwaltungsbehörde zu widerrufen. Ergeht der Widerruf von einer anderen als derjenigen Behörde, welche die Versicherungsfreikarte ausgestellt hat, so ist der letzteren Behörde unter Darlegung der für den Widerruf maßgebend gewesenen Thatsachen hiervon Mittheilung zu machen.
Die Versicherungsanstalt ist befugt, den Widerruf der Befreiung zu beantragen.
5. Gegen die Versagung und den Widerruf der Befreiung sowie gegen die Ablehnung des Antrags auf Widerruf ist Beschwerde an die zunächst vorgesetzte Behörde zulässig, welche endgültig entscheidet.
6. In dem Falle der Zurücknahme oder des Widerrufs der Befreiung ist die Versicherungsfreikarte durch die untere Verwaltungsbehörde des Wohnorts oder dauernden Aufenthaltsorts oder des Beschäftigungsorts wieder einzuziehen. [723]
7. Durch die Landes-Zentralbehörde wird bestimmt, von welchen Staats- oder Gemeindebehörden die in Ziffer 1 bis 4 und 6 den unteren Verwaltungsbehörden zugewiesenen Verrichtungen wahrzunehmen sind.
8. Auf vorübergehende Dienstleistungen, für welche der Bundesrath gemäß §. 4 Abs. 1 die Versicherungspflicht allgemein ausgeschlossen hat, finden diese Bestimmungen keine Anwendung.
Berlin, den 24. Dezember 1899.
Der Reichskanzler.

In Vertretung:
Graf von Posadowsky.