Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken in Preußen, Baden und Elsaß-Lothringen

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Gesetzestext
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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken in Preußen, Baden und Elsaß-Lothringen.
Abkürzung:
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Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1903, Nr. 11, Seite 61 - 64
Fassung vom: 24. März 1903
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 26. März 1903
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
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(Nr. 2938.) Bekanntmachung, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken in Preußen, Baden und Elsaß-Lothringen. Vom 24. März 1903.

Auf Grund des § 139a der Gewerbeordnung hat der Bundesrat die nachstehenden

Bestimmungen, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken in Preußen, Baden und Elsaß-Lothringen,

erlassen:

I.[Bearbeiten]

In Preußen, Baden und Elsaß-Lothringen dürfen auf Steinkohlenbergwerken, deren Betrieb auf achtstündige Schichten eingerichtet ist, bei der Beschäftigung derjenigen jugendlichen Arbeiter männlichen Geschlechts über vierzehn Jahre, welche über Tage mit den unmittelbar mit der Förderung der Kohlen zusammenhängenden Arbeiten beschäftigt sind, die Beschränkungen des § 136 Abs. 1, 2 der Gewerbeordnung mit folgenden Maßgaben außer Anwendung bleiben:
1. Die Beschäftigung darf nicht vor fünf Uhr Morgens beginnen und, wo in zwei Tagesschichten gearbeitet wird, nicht nach elf Uhr Abends schließen; keine Schicht darf einschließlich der Pausen länger als acht Stunden dauern.
Die Beschäftigung darf am Tage vor Sonn- und Festtagen um vier Uhr Morgens beginnen und, wo in zwei Tagesschichten gearbeitet wird, am nächsten Werktag um ein Uhr Nachts schließen.
2. Zwischen zwei Arbeitsschichten muß den jugendlichen Arbeitern eine Ruhezeit von mindestens fünfzehn Stunden gewährt werden. Die den Arbeitsschichten an Tagen vor Sonn- und Festtagen vorausgehende und die den Arbeitsschichten an Tagen nach Sonn- und Festtagen folgende Ruhezeit muß mindestens dreizehn Stunden dauern. [62]
3. Zwischen den Arbeitsstunden müssen den jugendlichen Arbeitern an jedem Arbeitstag eine oder mehrere Pausen in der Gesamtdauer von mindestens einer Stunde gewährt werden; von diesen müssen zwei mindestens je eine Viertelstunde oder drei mindestens je zehn Minuten betragen. Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet werden.

II.[Bearbeiten]

Auf Steinkohlenbergwerken dürfen jugendliche Arbeiter männlichen Geschlechts über vierzehn Jahre in höchstens sechsstündigen Schichten unter Wegfall der im § 136 Abs. 1 Satz 3 der Gewerbeordnung vorgeschriebenen Pause mit ihren Kräften angemessenen Arbeiten über Tage beschäftigt werden, sofern die Art des Betriebs an sich Unterbrechungen der Beschäftigung mit sich bringt.
Wegen des Beginns und des Schlusses dieser Beschäftigung und wegen der zwischen zwei Arbeitsschichten zu gewährenden Ruhezeit gelten die Bestimmungen unter I Ziffer 1 und 2.

III.[Bearbeiten]

In der bei I und II bezeichneten Art dürfen jugendliche Arbeiter nur beschäftigt werden, wenn durch das Zeugnis eines von der höheren Verwaltungsbehörde zur Ausstellung solcher Zeugnisse ermächtigten Arztes nachgewiesen ist, daß die körperliche Entwickelung des Arbeiters die für denselben in Aussicht genommene und genau anzugebende Beschäftigung auf dem Werke ohne Gefahr für seine Gesundheit zuläßt. Das ärztliche Zeugnis ist vor Beginn der Beschäftigung dem Arbeitgeber auszuhändigen, welcher es zu verwahren, auf amtliches Verlangen vorzulegen und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem jugendlichen Arbeiter beziehungsweise dessen gesetzlichem Vertreter wieder auszuhändigen hat.

IV.[Bearbeiten]

Auf Arbeitsstellen, wo jugendliche Arbeiter nach Maßgabe der Vorschriften unter Nr. I, II und III beschäftigt werden, muß neben der nach § 138 Abs. 2 der Gewerbeordnung auszuhängenden Tafel eine zweite Tafel ausgehängt werden, welche in deutlicher Schrift die Bestimmungen unter I, II und III wiedergibt.
Die höhere Verwaltungsbehörde kann einzelne Betriebe, in denen jugendliche Arbeiter nach Maßgabe der Vorschriften unter I beschäftigt werden, auf Antrag von der Angabe des Beginns und Endes der Pausen in der nach § 138 der Gewerbeordnung zu erstattenden Anzeige und von der entsprechenden Angabe in dem Aushange für solche im einzelnen namhaft zu machende Beschäftigungszweige entbinden, bei denen nach der Art der Arbeit regelmäßig mindestens Arbeitsunterbrechungen von der unter I Ziffer 3 bestimmten Dauer eintreten. Diese schriftlich zu erteilende Genehmigung ist jederzeit widerruflich. [63]
Die höhere Verwaltungsbehörde hat über die Betriebe, die auf Grund der Bestimmung im vorstehenden Absätze von der Angabe des Beginns und Endes der Pausen in der nach § 138 der Gewerbeordnung zu erstattenden Anzeige und von der entsprechenden Angabe in dem Aushang entbunden worden sind, nach dem anliegenden Muster ein Verzeichnis zu führen. Ein Auszug aus diesem Verzeichnisse, der das abgelaufene Kalenderjahr umfaßt, ist bis zum 1. Februar jedes Jahres durch die Landes-Zentralbehörde dem Reichskanzler vorzulegen.

V.[Bearbeiten]

Die vorstehenden Bestimmungen haben für zehn Jahre Gültigkeit.
Sie treten am 1. April 1903 in Kraft und an Stelle der durch die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 1. Februar 1895 (Reichs-Gesetzbl. S. 5) verkündeten Bestimmungen.
Berlin, den 24. März 1903.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers.

Graf von Posadowsky.