Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten

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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1903, Nr. 27, Seite 225–232
Fassung vom: 26. Mai 1903
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 28. Mai 1903
Inkrafttreten:
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(Nr. 2969.) Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten. Vom 26. Mai 1903.

Auf Grund der §§ 120e und 139a der Gewerbeordnung hat der Bundesrat

über die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten

folgende Vorschriften erlassen:

§ 1.

Die nachstehenden Vorschriften finden Anwendung auf alle Anlagen, in denen Bleifarben oder andere chemische Bleiprodukte (Bleiweiß, Bleichromat, Massikot, Glätte, Mennige, Bleisuperoxyd, Pattinsonsches Bleiweiß, Casseler [226] Gelb, englisches Gelb, Neapel-Gelb, Jodblei, Bleizucker usw.) oder bleihaltige Farbengemische als Haupt- oder Nebenprodukt hergestellt werden.
Auf Bleihütten finden diese Vorschriften keine Anwendung, auch wenn darin Stoffe der im Abs. 1 bezeichneten Art hergestellt werden.
Ausgenommen bleiben ferner Anlagen, in denen nur im Zusammenhange mit einem anderen Gewerbebetriebe fertige Farbstoffe lediglich mit einander gemischt oder mit Öl oder Firnis angerieben werden.

§ 2.

Die Arbeitsräume, in denen die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Stoffe hergestellt oder verpackt werden, müssen geräumig, hoch und so eingerichtet sein, daß in ihnen ein ausreichender beständiger Luftwechsel stattfindet.
Sie müssen mit einem ebenen und festen Fußboden versehen sein, der eine leichte Beseitigung des Staubes auf feuchtem Wege gestattet. Der Fußboden ist, soweit er sich nicht infolge des Betriebs ständig in feuchtem Zustande befindet, mindestens einmal täglich feucht zu reinigen.
Die Wände müssen eine ebene Oberfläche haben und, soweit sie nicht mit einer abwaschbaren Bekleidung oder mit einem Ölfarbenanstriche versehen sind, mindestens einmal jährlich mit Kalkmilch angestrichen werden.

§ 3.

Das Eintreten bleihaltigen Staubes sowie bleihaltiger Gase und Dämpfe in die Arbeitsräume muß durch geeignete Vorrichtungen möglichst verhindert werden. Arbeitsräume, welche gegen das Eintreten bleihaltigen Staubes oder bleihaltiger Gase und Dämpfe nicht vollständig geschützt werden können, sind gegen andere Arbeitsräume so abzuschließen, daß in diese Staub, Gase oder Dämpfe nicht eintreten können.

§ 4.

Die Schmelzkessel für Blei sind mit gut ziehenden, ins Freie oder in einen Schornstein mündenden Abzugsvorrichtungen (Fangtrichtern) zu überdecken.

§ 5.

Die Innenflächen der Oxydierkammern müssen möglichst glatt und dicht hergestellt sein. Die Oxydierkammern und die in ihnen befindlichen Gerüste sind während des Behängens feucht zu erhalten. Die Oxydierkammern sind, bevor sie nach Beendigung des Oxydationsprozesses betreten werden, ausreichend abzukühlen und zu durchlüften sowie durch Einleiten von Wasserdampf gründlich zu durchfeuchten. Das Bleiweiß ist mittels eines kräftigen Wasserstrahls von den Latten oder Rundhölzern abzuspritzen. Die Oxydierkammern sind, solange in ihnen gearbeitet wird, genügend zu erhellen.
Die Rohbleiweißvorräte sind während der Überführung nach dem Schlämmeraum und solange sie in diesem lagern, feucht zu erhalten. [227]
Die Wände der Oxydierkammern sowie die darin befindlichen Gerüste, Latten und Rundhölzer sind jedesmal vor dem Behängen durch Abspritzen mit einem kräftigen Wasserstrahl oder durch Abwaschen von Bleiweiß gründlich zu reinigen.
Der Arbeitgeber hat einen mit diesen Vorschriften und den sonst erforderlichen Vorsichtsmaßregeln genau vertrauten Meister oder Vorarbeiter zu beauftragen, die bei Entleerung der Oxydierkammern vorkommenden Arbeiten unausgesetzt zu beaufsichtigen. Die zur Beaufsichtigung bestellte Person ist nach Maßgabe des § 151 der Gewerbeordnung für die Befolgung der Vorschriften und für die Anwendung der nötigen Vorsicht verantwortlich.

§ 6.

Beim Transport und bei der Verarbeitung nasser Bleifarbenvorräte, namentlich beim Schlämmen und Naßmahlen, ist die Handarbeit durch Anwendung mechanischer Vorrichtungen soweit zu ersetzen, daß das Beschmutzen der Kleider und Hände der dabei beschäftigten Arbeiter auf das möglichst geringe Maß beschränkt wird.
Das Auspressen von Bleiweißschlamm darf nur vorgenommen werden, nachdem die darin enthaltenen löslichen Bleisalze vorher ausgefällt sind.

§ 7.

Die Innenflächen der Trockenkammern müssen möglichst glatt und dicht hergestellt sein.

§ 8.

Beim Mahlen, Sieben und Packen trockener, bleihaltiger Stoffe, beim Beschicken und Entleeren der Glätte- und Mennige-Öfen, beim Mennigebeuteln und bei sonstigen Verrichtungen, bei denen sich bleihaltiger Staub entwickelt, muß durch Absauge- und Abführungsvorkehrungen oder durch andere geeignete Vorrichtungen das Eintreten von Staub in die Arbeitsräume verhindert werden.
Für das Verpacken von Farben geringen Bleigehalts in unbedeutenden Mengen oder in kleinen, zum Vertrieb im Kleinhandel geeigneten Packungen, können auf Antrag durch die höhere Verwaltungsbehörde Ausnahmen von der Vorschrift des vorstehenden Absatzes zugelassen werden.

§ 9.

Apparate, welche bleihaltigen Staub entwickeln, müssen, insoweit nicht nach ihrer Einrichtung und Benutzungsart das Austreten von Staub wirksam verhütet wird, an allen Fugen durch dicke Lagen von Filz oder Wollenzeug oder durch Vorrichtungen von gleicher Wirkung so abgedichtet sein, daß das Eintreten des Staubes in den Arbeitsraum verhindert wird.
Apparate dieser Art müssen mit Einrichtungen versehen sein, welche eine Spannung der Luft in ihnen verhindern. Sie dürfen erst dann geöffnet werden, wenn der in ihnen entwickelte Staub sich abgesetzt hat und völlig abgekühlt ist. [228]

§ 10.

Arbeiterinnen dürfen in Fabriken der im § 1 bezeichneten Art nur insoweit zum Aufenthalt oder zur Beschäftigung zugelassen werden, als sie dabei der Einwirkung bleihaltigen Staubes oder bleihaltiger Gase und Dämpfe nicht ausgesetzt sind und mit bleihaltigen Stoffen nicht in Berührung kommen.
In Fabriken, welche ausschließlich oder vorwiegend der Herstellung von Bleifarben oder anderen chemischen Bleiprodukten dienen, darf jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung nicht gewährt und der Aufenthalt nicht gestattet werden. Auf die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern in anderen Fabriken der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Art finden die Bestimmungen im Abs. 1 entsprechende Anwendung.
Diese Bestimmungen haben bis zum 1. Juli 1913 Gültigkeit.

§ 11.

Der Arbeitgeber darf in Räumen, in denen die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Stoffe hergestellt oder verpackt werden, nur solche Personen zur Beschäftigung zulassen, welche eine Bescheinigung eines approbierten Arztes darüber beibringen, daß sie weder schwächlich, noch mit Lungen-, Nieren- oder Magenleiden oder mit Alkoholismus behaftet sind. Die Bescheinigungen sind zu sammeln, aufzubewahren und dem Gewerbe-Aufsichtsbeamten (§ 139b der Gewerbeordnung) sowie dem zuständigen Medizinalbeamten auf Verlangen vorzulegen.

§ 12.

Der Arbeitgeber darf mit dem Beschicken und Entleeren der Oxydierkammern nur solche Personen beschäftigen, welche mit den Gefahren des Betriebs genau vertraut sind. Die Beschäftigung darf die Dauer von acht Stunden täglich nicht überschreiten. Sie muß bei einer Dauer von mehr als sechs Stunden mindestens durch drei einstündige Pausen unterbrochen werden. Bei kürzerer Dauer der Beschäftigung ist den Arbeitern nach je zwei Stunden Arbeitszeit eine einstündige Pause zu gewähren.
Mit dem Packen von Bleifarben, bleihaltigen Farbengemischen und anderen chemischen Bleiprodukten in trockenem Zustand und mit dem Schließen der damit gefüllten Fässer dürfen die Arbeiter nicht länger als acht Stunden täglich beschäftigt werden. Diese Bestimmung findet auf die Beschäftigung an Packmaschinen keine Anwendung, falls die Maschinen mit gut wirkenden Staubabsaugevorrichtungen versehen sind oder sonst nach ihrer Einrichtung und Benutzungsart das Austreten von Staub wirksam verhütet wird.
Personen unter achtzehn Jahren dürfen mit den in Abs. 1, 2 bezeichneten Arbeiten überhaupt nicht beschäftigt werden. Für die Beschäftigung mit dem Verpacken von Farben geringen Bleigehalts in unbedeutenden Mengen oder in kleinen, zum Vertrieb im Kleinhandel geeigneten Packungen können auf Antrag durch die höhere Verwaltungsbehörde Ausnahmen von dieser Vorschrift zugelassen werden. [229]
Im übrigen dürfen Arbeiter, welche bei ihrer Beschäftigung mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommen, innerhalb eines Zeitraums von vierundzwanzig Stunden ausschließlich der Pausen nicht länger als zehn Stunden beschäftigt werden.

§ 13.

Der Arbeitgeber hat alle mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommenden Arbeiter mit vollständig deckenden Arbeitsanzügen und einer Mütze, die mit dem Entleeren der Oxydierkammern beschäftigten Arbeiter auch mit geeigneter Fußbekleidung zu versehen.

§ 14.

Mit Staubentwickelung verbundene Arbeiten, bei denen der Staub nicht sofort und vollständig abgesaugt wird, darf der Arbeitgeber nur von Arbeitern ausführen lassen, welche Nase und Mund mit Respiratoren oder feuchten Schwämmen bedeckt haben.

§ 15.

Arbeiten, bei denen eine Berührung mit gelösten Bleisalzen stattfindet, darf der Arbeitgeber nur durch Arbeiter ausführen lassen, welche zuvor die Hände entweder eingefettet oder mit undurchlässigen Handschuhen versehen haben.

§ 16.

Die in den §§ 13, 14, 15 bezeichneten Arbeitskleider, Respiratoren, Schwämme und Handschuhe hat der Arbeitgeber jedem damit zu versehenden Arbeiter besonders in ausreichender Zahl und zweckentsprechender Beschaffenheit zu überweisen. Er hat dafür Sorge zu tragen, daß diese Gegenstände stets ihrer Bestimmung gemäß und nur von denjenigen Arbeitern benutzt werden, welchen sie zugewiesen sind, und daß sie in bestimmten Zwischenräumen, und zwar die Arbeitskleider mindestens jede Woche, die Respiratoren, Mundschwämme und Handschuhe vor jedem Gebrauche gereinigt und während der Zeit, wo sie sich nicht im Gebrauche befinden, an dem für jeden Gegenstand zu bestimmenden Platze aufbewahrt werden.

§ 17.

In einem staubfreien Teile der Anlage muß für die mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommenden Arbeiter ein Wasch- und Ankleideraum und getrennt davon ein Speiseraum vorhanden sein. Beide Räume müssen sauber und staubfrei gehalten und während der kalten Jahreszeit geheizt werden. In dem Speiseraum oder an einer anderen geeigneten Stelle müssen sich Vorrichtungen zum Erwärmen der Speisen befinden.
In dem Wasch- und Ankleideraume müssen Wasser, Gefäße zum Mundspülen, zum Reinigen der Hände und Nägel geeignete Bürsten, Seife und Handtücher sowie Einrichtungen zur getrennten Verwahrung der Arbeitskleider und derjenigen Kleidungsstücke, welche vor Beginn der Arbeit abgelegt werden, in ausreichender Menge vorhanden sein. [230]
Der Arbeitgeber hat den mit dem Entleeren der Oxydierkammern beschäftigten Arbeitern täglich nach Beendigung dieser Arbeit, den übrigen mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommenden Arbeitern zweimal wöchentlich während der Arbeitszeit Gelegenheit zu geben, in einem geeigneten, während der kalten Jahreszeit geheizten Raume innerhalb der Betriebsanlage ein warmes Bad zu nehmen.

§ 18.

Der Arbeitgeber hat die Überwachung des Gesundheitszustandes der mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommenden Arbeiter einem dem Gewerbe-Aufsichtsbeamten (§ 139b der Gewerbeordnung) sowie dem zuständigen Medizinalbeamten namhaft zu machenden approbierten Arzte zu übertragen, der mindestens zweimal monatlich die Arbeiter im Betrieb auf die Anzeichen etwa vorhandener Bleierkrankung zu untersuchen hat.
Der Arbeitgeber darf Arbeiter, die einer Bleierkrankung verdächtig sind, zu Beschäftigungen, bei welchen sie mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommen, bis zu ihrer völligen Genesung nicht zulassen; solche Arbeiter aber, die sich den Einwirkungen des Bleies und bleihaltiger Stoffe gegenüber besonders empfindlich erweisen, sind dauernd von der Beschäftigung auszuschließen.

§ 19.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zur Kontrolle über den Wechsel und Bestand sowie über den Gesundheitszustand der mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommenden Arbeiter ein Buch zu führen oder durch einen Betriebsbeamten führen zu lassen. Er ist für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Eintragungen, soweit sie nicht vom Arzte bewirkt werden, verantwortlich.
Dieses Kontrollbuch muß enthalten:
1. den Namen dessen, welcher das Buch führt,
2. den Namen des mit der Überwachung des Gesundheitszustandes der Arbeiter beauftragten Arztes,
3. Vor- und Zunamen, Alter, Wohnort, Tag des Eintritts und des Austritts eines jeden der im Abs. 1 bezeichneten Arbeiter sowie die Art seiner Beschäftigung,
4. den Tag und die Art der Erkrankung eines Arbeiters,
5. den Tag der Genesung,
6. die Tage und Ergebnisse der im § 18 vorgeschriebenen allgemeinen ärztlichen Untersuchungen.
Das Krankenbuch ist dem Gewerbe-Aufsichtsbeamten (§ 139b der Gewerbeordnung) sowie dem zuständigen Medizinalbeamten auf Verlangen vorzulegen.

§ 20.

Der Arbeitgeber hat Vorschriften zu erlassen, welche außer einer Anweisung hinsichtlich des Gebrauchs der in den §§ 13, 14, 15 bezeichneten Gegenstände [231] folgende Bestimmungen für die mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommenden Arbeiter enthalten müssen:
1. die Arbeiter dürfen Branntwein, Bier und andere geistige Getränke nicht mit in die Anlage bringen;
2. die Arbeiter dürfen Nahrungsmittel nicht in die Arbeitsräume mitnehmen. Das Einnehmen der Mahlzeiten ist ihnen, sofern es nicht außerhalb der Anlage stattfindet, nur im Speiseraume (§ 17) gestattet;
3. die Arbeiter dürfen erst dann den Speiseraum betreten, Mahlzeiten einnehmen oder die Fabrik verlassen, wenn sie zuvor die Arbeitskleider abgelegt, die Haare vom Staube gereinigt, Hände und Gesicht sorgfältig gewaschen, die Nase gereinigt und den Mund ausgespült haben;
4. die Arbeiter haben die Arbeitskleider, Respiratoren, Mundschwämme und Handschuhe in denjenigen Arbeitsräumen und bei denjenigen Arbeiten, für welche es von dem Arbeitgeber vorgeschrieben ist, zu benutzen;
5. das Rauchen, Schnupfen und Kauen von Tabak während der Arbeit ist verboten;
6. die in der Anlage vorhandene Badeeinrichtung ist von den mit dem Entleeren der Oxydierkammern beschäftigten Arbeitern täglich nach Beendigung dieser Arbeit, von den übrigen mit Blei oder bleihaltigen Stoffen in Berührung kommenden Arbeitern zweimal wöchentlich zu benutzen.
Außerdem ist in den zu erlassenden Vorschriften vorzusehen, daß Arbeiter, welche trotz wiederholter Warnung den vorstehend bezeichneten Vorschriften zuwiderhandeln, vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung entlassen werden können.
Ist für einen Betrieb eine Arbeitsordnung erlassen (§ 134a der Gewerbeordnung), so sind die vorstehend bezeichneten Bestimmungen in die Arbeitsordnung aufzunehmen.

§ 21.

In jedem Arbeitsraume sowie in dem Ankleide- und dem Speiseraume muß eine Abschrift oder ein Abdruck der §§ 1 bis 20 dieser Vorschriften und der gemäß § 20 vom Arbeitgeber erlassenen Vorschriften an einer in die Augen fallenden Stelle aushängen.
Der Arbeitgeber ist für die Handhabung der im § 20 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften verantwortlich. Er hat einen Meister oder Vorarbeiter zu beauftragen, die genaue Befolgung der im § 20 Abs. 1 unter Nr. 3 und 6 vorgesehenen Bestimmungen ständig zu überwachen. Die zur Überwachung bestellte Person ist nach Maßgabe des § 151 der Gewerbeordnung für die Befolgung der Vorschriften und für die Anwendung der nötigen Vorsicht verantwortlich. [232] Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeiter, welche den auf Grund des § 20 Abs. 1 von ihm erlassenen Vorschriften trotz wiederholter Warnung zuwiderhandeln, aus der Arbeit zu entlassen.

§ 22.

Neue Anlagen, welche der Herstellung der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Stoffe dienen sollen, dürfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem ihre Errichtung dem zuständigen Gewerbe-Aufsichtsbeamten (§ 139b der Gewerbeordnung) angezeigt ist. Dieser hat nach Empfang der Anzeige durch persönliche Revision festzustellen, ob die Einrichtung der Anlage den erlassenen Vorschriften entspricht.

§ 23.

Die vorstehenden Bestimmungen treten für diejenigen Anlagen, auf welche im gegenwärtigen Zeitpunkte die durch die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 8. Juli 1893 (Reichs-Gesetzbl. S. 213) verkündeten Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken Anwendung finden, am 1. Juli 1903, für die übrigen im § 1 Abs. 1 bezeichneten Anlagen am 1. Juli 1904 in Kraft. Für die erstgenannten Anlagen können, soweit zur Durchführung der Vorschriften der §§ 2, 4, 5, 8, 17 die Vornahme baulicher Veränderungen oder die Beschaffung neuer Einrichtungen erforderlich ist, hierzu von der höheren Verwaltungsbehörde Fristen bis höchstens zum 1. Juli 1904 bewilligt werden.
Die durch die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 8. Juli 1893 (Reichs-Gesetzbl. S. 213) verkündeten Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken treten am 1. Juli 1903 außer Kraft.
Berlin, den 26. Mai 1903.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers.

Graf von Posadowsky.