Bekanntmachung, betreffend die Erstreckung der Versicherungspflicht nach dem Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetze auf die Hausgewerbetreibenden der Tabackfabrikation

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gesetzestext
fertig
Titel: Bekanntmachung, betreffend die Erstreckung der Versicherungspflicht nach dem Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetze auf die Hausgewerbetreibenden der Tabackfabrikation.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1891, Nr. 30, Seite 395–398
Fassung vom: 16. Dezember 1891
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 17. Dezember 1891
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
aus: {{{HERKUNFT}}}
Quelle: Scan auf Commons
Editionsrichtlinien zum Projekt
Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia
Bild
[[Bild:{{{BILD}}}|200px]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[Index:|Indexseite]]


[395]

(Nr. 1979.) Bekanntmachung, betreffend die Erstreckung der Versicherungspflicht nach dem Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetze auf die Hausgewerbetreibenden der Tabackfabrikation. Vom 16. Dezember 1891.

Auf Grund der §§. 2, 109 und 110 des Gesetzes, betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung, vom 22. Juni 1889 (Reichs-Gesetzbl. S. 97) hat der Bundesrath beschlossen, was folgt:

1.

Die Versicherungspflicht nach §. 1 des Gesetzes, betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung, vom 22. Juni 1889 (Reichs-Gesetzbl. S. 97) wird auf solche selbständige Gewerbetreibende (Hausgewerbetreibende) erstreckt, welche in eigenen Betriebsstätten im Auftrage und für Rechnung anderer Gewerbetreibenden (Fabrikanten, Fabrikkaufleute, Handelsleute) mit der Herstellung oder Bearbeitung von Cigarren oder anderen Tabackfabrikaten beschäftigt werden, und zwar auch dann, wenn diese Hausgewerbetreibenden die Roh- oder Hülfsstoffe selbst beschaffen, und auch für die Zeit, während welcher sie vorübergehend für eigene Rechnung arbeiten.
Vorstehende Bestimmung findet keine Anwendung auf solche Hausgewerbetreibende, welche das Geschäft regelmäßig für eigene Rechnung betreiben und nur gelegentlich von anderen Gewerbetreibenden für deren Rechnung beschäftigt werden.

2.

Die Versicherung erfolgt bei derjenigen Versicherungsanstalt, in deren Bezirk sich der Betriebssitz des Hausgewerbetreibenden befindet. Die Lohnklasse, in welcher die Versicherung erfolgt, bestimmt sich nach den Vorschriften des §. 22 des Gesetzes. Dies gilt auch für diejenige Zeit, während welcher die Hausgewerbetreibenden für eigene Rechnung arbeiten. [396]

3.

Die Hausgewerbetreibenden haben die Beiträge für ihre eigene Versicherung selbst dadurch zu entrichten, daß sie die den schuldigen Beiträgen entsprechenden Marken in ihre Quittungskarten einkleben.
Für jede volle oder angefangene Kalenderwoche sind die Beiträge spätestens an demjenigen Tage zu entrichten, an welchem die Abrechnung mit dem Fabrikanten oder, wenn die Beschäftigung für mehrere Fabrikanten stattfindet, mit einem derselben erfolgt.
Die Hausgewerbetreibenden, welche es unterlassen, die Beiträge für ihre Versicherung gemäß vorstehender Vorschrift zu entrichten, unterliegen der Strafbestimmung des §. 143 des Gesetzes.
Die Versicherungspflichtigen Hausgewerbetreibenden haben auch für diejenige Zeit, während welcher sie das Geschäft auf eigene Rechnung betreiben, für ihre eigene Versicherung Zusatzmarken nicht beizubringen.
Bezüglich der Beiträge der Hausgewerbetreibenden für ihr Hülfspersonal (Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge) hat es bei den bestehenden allgemeinen Vorschriften sein Bewenden.

4.

Die von den Hausgewerbetreibenden für sich und ihr Hülfspersonal verwendeten Marken sind sofort nach erfolgter Einklebung nach den hierfür geltenden allgemeinen Bestimmungen zu entwerthen.

5.

Auf dem im §. 112 des Gesetzes vorgesehenen Wege kann angeordnet werden, daß die Beiträge für die Hausgewerbetreibenden von diesen zum Einzug gebracht werden. In diesem Falle finden die Bestimmungen der Ziffer 3 Absatz 1 bis 3 keine Anwendung.

6.

Die Hausgewerbetreibenden sind verpflichtet, über die von ihnen im Gewerbebetriebe beschäftigten versicherungspflichtigen Hülfspersonen Verzeichnisse zu führen, aus welchen sich insbesondere die Dauer der Beschäftigung der letzteren ergiebt. Sie haben diese Verzeichnisse den sie beschäftigenden Fabrikanten etc. auf Verlangen zur Prüfung vorzulegen. Die für den Betriebssitz des Hausgewerbetreibenden zuständige untere Verwaltungsbehörde ist befugt, Vorschriften über die Führung dieser Verzeichnisse zu erlassen und die ordnungsmäßige Führung sowie die Vorlegung der Verzeichnisse durch Geldstrafen bis zu fünfzig Mark zu erzwingen.

7.

Die Fabrikanten etc. sind verpflichtet, den für ihre Rechnung arbeitenden Hausgewerbetreibenden bei der Abrechnung die Hälfte derjenigen Beiträge zu [397] erstatten, welche die letzteren für sich und für die von ihnen beschäftigten versicherungspflichtigen Hülfspersonen entrichtet haben.
Sind die Beiträge ohne Zustimmung des Fabrikanten in einer höheren als der gesetzlich vorgeschriebenen Lohnklasse entrichtet, so bemißt sich der Erstattungsanspruch nur nach letzterer Lohnklasse. Der Anspruch erstreckt sich höchstens auf die für die beiden letzten Abrechnungsperioden entrichteten beziehungsweise fällig gewordenen Beiträge.
Für die Dauer vorübergehender Beschäftigung für eigene Rechnung hat der Hausgewerbetreibende den vollen Beitrag für seine Person, beziehungsweise den halben Beitrag für seine Hülfspersonen selbst zu tragen.
Die Vorschriften der §§. 147 und 148 des Gesetzes finden auf die Fabrikanten etc. in ihrem Verhältniß zu den Hausgewerbetreibenden entsprechende Anwendung.

8.

Waren die Hausgewerbetreibenden während der Beitragsperiode für mehrere Fabrikanten etc. oder für eigene Rechnung und einen oder mehrere Fabrikanten beschäftigt, so ist die dem Arbeitgeber zur Last fallende Hälfte der Beiträge vorbehaltlich anderweiter Vereinbarung auf die sämmtlichen betheiligten Fabrikanten oder zutreffendenfalls auf diese und den Hausgewerbetreibenden nach Verhältniß der für die Herstellung oder Bearbeitung der Fabrikate erforderlich gewesenen oder für erforderlich zu erachtenden Zeit zu vertheilen.

9.

Die Fabrikanten etc. sind berechtigt, die Verpflichtungen des Arbeitgebers für ihre Hausgewerbetreibenden und deren Hülfspersonen ganz oder zum Theil selbst zu übernehmen.
Von der erfolgten Uebernahme hat der Fabrikant der unteren Verwaltungsbehörde Kenntniß zu geben, welche dem zuständigen Organe der Versicherungsanstalt und in den Fällen des §. 112 des Gesetzes den mit der Einziehung der Beiträge und der Entgegennahme der Meldungen betrauten Stellen Nachricht giebt.
Soweit es sich um die Entrichtung der Beiträge für die Hausgewerbetreibenden selbst handelt, können den Fabrikanten die Verpflichtungen der Arbeitgeber von der für ihren Betriebssitz zuständigen unteren Verwaltungsbehörde auferlegt werden. Sofern letzteres geschieht, findet binnen zwei Wochen nach der Zustellung der die Verpflichtung aussprechenden Verfügung die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde statt; dieselbe entscheidet endgültig.

10.

Streitigkeiten, welche aus Anlaß vorstehender Bestimmungen zwischen den Organen der Versicherungsanstalten einerseits und den Fabrikanten, Hausgewerbetreibenden oder deren Hülfspersonen andererseits oder zwischen den Fabrikanten und den Hausgewerbetreibenden darüber, ob und welche Beiträge zu entrichten [398] sind, entstehen, werden nach §. 122, Streitigkeiten über Berechnung und Anrechnung der für Hausgewerbetreibende oder deren Hülfspersonen zu entrichtenden Beiträge nach §. 124 des Gesetzes entschieden.

11.

Soweit im Vorstehenden keine besonderen Bestimmungen getroffen sind, erfolgt die Erhebung der Beiträge für die Hausgewerbetreibenden nach den für die Durchführung der Invaliditäts- und Altersversicherung erlassenen allgemeinen Vorschriften.

12.

Die vorstehenden Bestimmungen treten am 4. Januar 1892 in Kraft.
Berlin, den 16. Dezember 1891.
Der Reichskanzler.

In Vertretung:
von Boetticher.