Beschreibung des Oberamts Leonberg/Kapitel B 2

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Ditzingen,
Gemeinde II. Kl. mit 1462 Einw. a. Ditzingen, Pfarrdorf, 1439 Einw., wor. 1 Kath. b. Beutenmühle, 2 Einw. c. Zechlensmühle, 9 Einw. d. Thonmühle, 3 Einw. e. Öl- und Lohmühle, 9 Einw. – Ev. Pfarrei mit dem weiteren Filial: Fleischmühle (s. Leonberg); die Kath. sind nach Weil d. St. eingepfarrt.

Ditzingen ist ein großes stattliches Pfarrdorf mit Marktrecht, eine Stunde nordöstlich von der Oberamtsstadt, frei und gesund im Glemsthale und an den sanften Gehängen desselben gelegen. Die meist aus Holz erbauten Wohnungen tragen häufig das Gepräge ländlicher Wohlhabenheit; einzelne Häuser sind sogar in modernem Style erbaut und geben stellenweise dem Ort ein städtisches Aussehen. Von der Südostseite gewährt das Dorf mit seinen zwei Kirchen und dem am östlichen Ende desselben gelegenen Schloß eine recht freundliche, malerische Ansicht.

Vortreffliches Trinkwasser spenden vier laufende Brunnen; auch durchfließt den Ort die Glems, welche jedoch zuweilen durch ihr schnelles Austreten schadet.

Von den zwei Kirchen wird eine die Constanzer-, die andere die Speyrer-Kirchc genannt, weil vor der Reformation der auf der rechten Seite der Glems gelegene Theil des Orts dem Bisthum Constanz – der auf der linken Seite aber dem Bisthum Speyer zugetheilt war (siehe oben S. 77). Die Pfarrkirche (Constanzer-Kirche) liegt etwas erhaben am südöstlichen Ende des Dorfs; sie war früher mit einer sehr festen, hohen mit Umlauf versehenen Mauer umgeben, welche erst 1811 bis zu einer mäßigen Höhe abgetragen wurde. Die Kirche selbst ist ansehnlich, wohl erhalten, im einfachen germanischen (gothischen) Style erbaut, aber durch einzelne später eingebrochene oblonge Fenster etwas verunstaltet.

Das Innere ist geräumig und hell, übrigens durch Emporkirchen verbaut; einige alte, jedoch durch Kirchenstühle verdeckte Grabdenkmale und ein altes sehr gutes Glasgemälde, Christus am Kreuze vorstellend, sind bemerkenswerth. Von dem Langhause gelangt man durch einen spitzbogigen Triumphbogen in das mit einem halben Achteck schließende schöne Chor; die Decke bildet ein Netzgewölbe mit stark vorstehenden Gurten, an deren oberen Kreuzungen Schlußsteine angebracht sind, welche in der Richtung von Westen nach Osten folgende Bilder enthalten: 1) ein Christuskopf auf dem Schweißtuch; 2) die heilige Katharina; 3) Johannes den Täufer; 4) die Mutter Gottes mit dem Christuskinde, und 5) ein Wappenschild mit einem Steinmetzzeichen, ähnlich dem an der nordwestlichen Ecke der Kirche angebrachten. In dem durch die Orgel | gänzlich verbauten Chorraume stehen sehr alte, gut geschnittene Chorstühle; an einer Säule hängt eine hölzerne Tafel, auf der ein nicht mehr kenntliches Wappen gemalt und folgende Unterschrift angebracht ist: „anno dom: 1528 uf sant Pauls des heil. Bischofs Tag, starb der edel und vest Hans v. Steineck von Stauffenberg Kays. – – – zu Rom und Neapolis Hoptmann gewest, dem Gott der allmächtig gnedig und barmherzig sei.“

Der schlanke, viereckige Thurm, auf dem ein hohes spitzes Zeltdach sitzt, ist massiv, nur sein oberstes Stockwerk (Glockenhaus) besteht aus Holz; auf demselben hängen zwei Glocken, die größere von 1459, die kleinere von Gottlieb Jacob Rechlin in Stuttgart gegossen, vom Jahr 1743.

Die Speyrer Kirche liegt etwas erhöht auf dem Gottesacker am nördlichen Ende des Orts; in ihr wurden früher bei Leichenbegängnissen die Grabreden gehalten, in neuerer Zeit aber dient sie nur noch bei ungünstiger Witterung zu diesem Zwecke. Sie ist kleiner als die Pfarrkirche, dagegen in architektonischer Beziehung merkwürdiger und schöner. Ihre Bauweise ist die altgermanische; schöne spitzbogige Eingänge und Fenster, welch letztere in den Bogentheilen geschmackvoll gefüllt sind, zieren diesen Bau, der indessen bei fortgesetzter Vernachlässigung seinem Untergang schnell entgegengeht. Über dem westlichen Eingange ist eine Fensterrose angebracht, deren Füllung erst in neuester Zeit herausgebrochen wurde. Das schöne Chor schließt mit einem Achteck; an jeder Seite desselben befindet sich ein reich gefülltes Spitzbogenfenster und an jeder Ecke ein Strebepfeiler. Zwischen dem Chorschluß und dem Langhause steht eigenthümlicher Weise der Thurm, gleichsam ein auf dem vordern Theil des Chors sitzender sogenannter Dachreiter. Er besteht aus vier Stockwerken, drei steinernen und einem hölzernen, dem ein spitzes Zeltdach aufgesetzt ist; auf ihm hängen zwei Glocken, von denen die größere mit Namen der geistlichen und weltlichen Behörden, von Gottlieb Jacob Rechlin im Jahr 1743 gegossen ist; auf der kleineren stehen mit alter Mönchsschrift die vier Evangelistennamen. Im Innern ist die Kirche leider ruinirt und enthält nur noch einzelne Überreste ihrer früheren geschmackvollen Ausstattung; von diesen nennen wir: die hölzerne Brüstung der an der Westseite angebrachten Emporkirche, welche ganz im Styl der Kirche gehalten ist, ferner den nördlich von dem Triumphbogen stehenden steinernen Altarüberbau mit einem Netzgewölbe, an dessen Schlußstein das Brustbild eines Bischofs sich befindet. Auf der andern Seite des Triumphbogens stand ein ähnlicher Altarüberbau, der aber längst ein Opfer der Zerstörung wurde. Das Chor hat ein schön geflochtenes Netzgewölbe mit stark hervorstehenden Gurten; die Gewölbeconsolen bilden Fratzengesichter, mit Ausnahme der zwei östlichen, | an denen Schilde mit Steinmetzzeichen angebracht sind. Die beiden Schlußsteine enthalten den Erlöser nach der Kreuzigung und Maria mit dem Christuskinde. Um die Kirche liegt der ummauerte Begräbnißplatz, welcher 1845 namhaft vergrößert wurde. Die Unterhaltung der beiden Kirchen liegt der Stiftungspflege ob.

Der Pfarrhof mit gut erhaltenem Wohnhaus, Ökonomiegebäuden, Hof und Gärtchen stößt an die Pfarrkirche und an die Straße nach Ludwigsburg; die Unterhaltung desselben hat der Staat zu besorgen.

Das Rathhaus, auf einem freien Platze gelegen, wurde vor fünfzehn Jahren reparirt und befindet sich nun in gutem Zustande; nur durch eine Straße von diesem getrennt steht das Schulhaus mit Lehrerwohnung, ein gut erhaltenes Gebäude, welches 1820 vergrößert und verbessert wurde.

Das dem Freiherrn von Münchingen gehörige Schloß, welches auf der Stelle des ehemaligen Burgstalles erbaut wurde, ist im einfachen neueren Styl gehalten und hat nichts Bemerkenswerthes; hinter dem Schloß befindet sich ein geräumiger Hof mit einigen Ökonomiegebäuden. Um diesen Gebäudecomplex geht im Viereck eine Mauer und außerhalb derselben ein Wassergraben, über den eine auf steinernen Pfeilern ruhende Brücke führt, welche vermuthlich eine ehemalige Zugbrücke ersetzt. Zu dem Schloß gehört ein 6 Morgen großer Baum- und Gemüsegarten, der um dasselbe liegt und auf drei Seiten mit einer Mauer umfangen ist.

Im nördlichen Theil des Orts, nahe der Glems, liegen mehrere im mittelalterlichen Styl erbaute Gebäude, welche der Hirschauer Klosterkasten, zuweilen auch das Kloster genannt werden. Ohne Zweifel gehörten sie früher zu der im Ort bestandenen Hirschauer-Pflege.

Die Luft um Ditzingen ist rein und das Klima etwas milder als in dem benachbarten Leonberg; Hagelschlag kommt selten vor, da der gegen Süden liegende Höhenzug eine Wetterscheide bildet.

Die gesunden, kräftig gebauten Einwohner sind im Allgemeinen sehr fleißig, verständig und eingezogen; ihre Vermögensumstände gehören zu den besseren, obgleich die gegenwärtigen Verhältnisse auch schwer auf ihnen lasten und sie mehr zurück als vorwärts kommen. Die Haupterwerbsmittel sind Feldbau und Viehzucht.

In Ditzingen wurde geboren den 16. December 1786 Konrad Kocher, Stiftsorganist in Stuttgart, welcher sich um den Kirchengesang große Verdienste erworben hat.

Die Ortsmarkung, welche durchgängig aus Feldern besteht und der Waldungen ganz entbehrt, bildet mit Ausnahme der mäßig eingefurchten | Thälchen der Glems, des Beutenbachs, des Lochengrabens und einiger unbedeutenden Einteichungen, eine wellige Ebene. Der Boden besteht meist aus einem fruchtbaren Diluviallehm und wird nur an einzelnen Stellen thonig oder mergelig; er ist eher leicht als schwer zu nennen und hat theils Muschelkalkdolomit, theils die Mergel der Lettenkohlengruppe zur Unterlage.

Die Landwirthschaft wird umsichtig und mit vielem Eifer betrieben; zweckmäßige Neuerungen, wie verbesserte Pflüge, Düngerstätten, das Trocknen des Futters an Heinzen, die Abschaffung des Doppeljochs etc. haben Eingang gefunden. Im System der Dreifelderwirthschaft baut man im Winterfeld Dinkel, Roggen, Gerste und Weizen, im Sommerfeld Hafer, Wicken, Erbsen, Linsen, Ackerbohnen und Klee. Weil der Boden etwas leicht ist, so wird nur 1/3 der Brache eingebaut, und zwar mit Kartoffeln, Futterkräutern, Angersen, Welschkorn und Mohn. Die Aussaat beträgt per Morgen an Dinkel 6 Simri, an Roggen 3 Simri, an Hafer 3 Simri, und der durchschnittliche Ertrag wird zu 7-8-10 Scheffel Dinkel, 3 Scheffel Roggen und 4-5 Scheffel Hafer angegeben, Die Ackerpreise bewegen sich von 100-300 fl. per Morgen. Getreide und einige Bracherzeugnisse werden hauptsächlich nach Stuttgart abgesetzt.

Die Wiesen, welche durchgängig zweimädig sind und theilweise bewässert werden können, liefern im Durchschnitt per Morgen 24-30 Cent. Heu und 10—12 Cent. Öhmd. Ihre Preise sind 120-400-500 fl. per Morgen.

Der Weinbau ist unbedeutend und wurde erst in neuerer Zeit angefangen.

Die Obstzucht, welche sich hauptsächlich mit Mostsorten und etwas Zwetschgen beschäftigt, wird zunächst für den eigenen Bedarf des Orts betrieben.

Eigentliche Weiden sind nicht vorhanden, dagegen wird die Brach- und Stoppelweide mit etwa 500 den Ortsbürgern gehörigen Schafen beschlagen, was der Gemeinde nebst dem Pferchgeld jährlich etwa 1400 fl. einträgt.

Der Rindviehstand, ein guter Landschlag, ist bedeutend; er wird durch 5 Farren, zu deren Haltung die Widdummaier verpflichtet sind, erhalten. Mit Mastvieh treibt man einigen Handel, die Butter kommt nach Stuttgart zum Verkauf. Pferde werden nicht gezüchtet, jedoch ziemlich häufig gehalten. Die Schafzucht beschäftigt sich meist mit Bastarden, deren Wolle theils an Fabrikanten, theils auf Märkten abgesetzt wird.

Von mittelmäßiger Ausdehnung ist die Schweinezucht; es befinden sich ungefähr 24 Mutterschweine im Ort, die Eber haben die Widdummaier zu halten.

| Die Bienenzucht beschränkt sich etwa auf 20 Stöcke.

Von den Gewerben sind hauptsächlich die Mühlen zu nennen, von denen die Rothen- und die Schloß-Mühle innerhalb des Orts liegen. Außer einer Ziegelhütte, einer Färberei und einer Seifensiederei sind die gewöhnlichen Handwerker vertreten, welche übrigens meist nur den örtlichen Bedürfnissen dienen. Es bestehen 3 Schildwirthschaften, von denen eine zugleich Bierbrauerei ist. Auch sind mehrere Kaufleute und Krämer, sowie ein Conditor im Ort angesessen.

Bei der Thonmühle befindet sich ein Muschelkalksteinbruch, aus dem Straßenmaterial genommen wird; Bau- und Werksteine bezieht man von Gerlingen; Töpfererde kommt auf der Markung vor, und der Lehm für die Ziegelei wird in der Nähe derselben gegraben.

Der Ort ist Sitz eines Amtsnotars, hat eine Volksschule, an der 1 Lehrer, 1 Unterlehrer und ein Lehrgehilfe unterrichten; auch eine Industrieschule. Ein Gemeinde-Backhaus wurde 1847 erbaut und ein öffentliches Waschhaus ist schon längst vorhanden. Anstalten für den Verkehr sind: die durch den Ort führende Poststraße von Stuttgart nach Leonberg, ferner Vicinalstraßen nach Hirschlanden, Höfingen und Münchingen. Auf der Markung befinden sich 3 steinerne Brücken, worunter eine schöne neu erbaute im Ort selbst, und 6 hölzerne Brücken und Stege.

Die Gemeindepflege hat weder Grundeigenthum noch Kapitalvermögen, dagegen aber etwa 5000 fl. Schulden. Außer der Stiftungspflege, die etwa 10.000 fl. Vermögen besitzt, sind noch 11 kleinere Stiftungen mit einem Capital von 719 fl. vorhanden, deren Zinse jährlich theils in Geld, theils in Brod unter die Ortsarmen vertheilt werden.

Neben dem Staate als Grundherren des Orts waren bisher auch die Stiftungspflege und die Pfarrei Gefällberechtigte.

Den großen Zehnten der Markung bezog ebenfalls der Staat, den kleinen, mit Ausnahme des hälftigen Rüben-, Klee- und Wickenzehnten, welcher dem Cameralamt zustand, die Pfarrei. Der Heuzehnte (Öhmdzehnte wird nicht gereicht) gehörte zu 3/4 dem Staat, zu 1/4 dem Besitzer des Eberwittum-Hofs. Einzelne Distrikte waren aber theils dem genannten Hof, theils der Pfarrei, andere dem Eberhof und der Pfarrei gemeinschaftlich, wieder andere dem Cameralamt ausschließlich zehentpflichtig.

Die Pfarrei wurde früher von dem Kloster Hirschau besetzt, welches auch das Pfarrhaus baute (s. Binder, Württembergs Kirchen und Lehrämter, 2. Th., 2. Absch. S. 938). Gegenwärtig hat die Krone das Patronat und Nominationsrecht.

Auf der Orts-Markung befinden sich folgende einzelne Wohnsitze:

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a) Die Beuten-Mühle liegt südöstlich vom Ort am Beutenbach.
b) Die Zechlens-Mühle 1/4 Stunde südwestlich von Ditzingen an der Glems gelegen.
c) Die Thon-Mühle liegt 1/4 Stunde oberhalb der Zechlens-Mühle. Sämmtliche Mahl-Mühlen haben je 3 Mahlgänge und 1 Gerbgang.
d) Die Öl-Mühle und Hanfreibe wurde in neuerer Zeit erbaut; sie liegt an der Glems unterhalb des Orts.
e) Die Öl- und Loh-Mühle (Welschkorn-Mühle) hat ihre Lage nördlich vom Ort an dem Beutenbach.

Über die bei Ditzingen aufgefundenen römischen Alterthümer s. den allgemeinen Theil.

Außer den Überresten aus der Römerzeit fand man schon in der Lehmgrube mehrere Gräber mit menschlichen Gerippen und Waffen aus der früh alemannischen Periode.

Der sog. Ditzenbrunnen 1/4 Stunde nordwestlich vom Dorf wird mit der Entstehung des Ortsnamens im Zusammenhang stehen.

Ditzingen ist ein sehr alter Ort; es erscheint als villa Tizingen, Ticingen, in den Jahren 769, 772, 773, 775, 786, 794 in Urkunden des Klosters Lorsch an der Bergstraße, welches hienach schon sehr frühe hier ansehnliche Güter erhielt; im erstgenannten Jahre wird es bezeichnet als in pago Glemisgowe, im letztgenannten als in ducatu Francorum gelegen.

Das Dorf war der Sitz eines Adelsgeschlechts. Ein altes hiesiges Schloß wurde schon am 15. März 1440 an das Kloster Hirschau verkauft (s. unten). Der früheste Herr von Ditzingen, welchen man kennt, ist Konrad, als einer der Räthe Graf Wilhelms von Tübingen in einer Urkunde vom 9. Juni 1236 genannt (Stälin, Wirt. Gesch. 2, 446); ein jüngerer Konrad erscheint am 13. Dec. 1318 als Zeuge (Stuttgarter Staatsarch.). Im Jahr 1283, Oct. 25, tritt urkundlich auf Johann Ritter zu Ditzingen und 1295 Oct., 5, Balsam I. Ritter zu Ditzingen mit seinen Söhnen Balsam II., Reinhart und Wigant. Johann traf den 18. Jan. 1295 und Balsam I. nebst seinen Söhnen am 5. Oct. 1295 mit dem Priorat Reichenbach eine Übereinkunft über die Abgaben, welche letzteres ihnen von dem hiesigen Klosterhof zu Vogtrecht leisten sollte. (Gerbert, Hist. nigr. silv. 3, 232-6). Im 14. Jahrhundert blüheten die Ritter: Bartel und sein Sohn Reinhard, Heinrich, Wolfram, Johann Vater und Sohn. Der letzte dieses Geschlechts ist Konrad, dessen Gemahlin im Jahr 1465 als Wittwe vorkommt.

Neben und nach diesen Herren erscheinen von benachbarten Adeligen noch folgende im Besitz von Gütern und Rechten: 1) Die Herren von Bernhausen hatten vor der Mitte des 12. Jahrhunderts Antheil an der Kirche (s. unten). 2) Die Herren von Münchingen, bereits vor 1376. | 3) Die Herren von Frauenberg; mit dem sog. Frauenberger Hof wurde von Württemberg belehnt am 6. Mai 1392 Wolf von Frauenberg und am 13. D«. 1399 dessen Tochtermann, Burkhart von Hölnstein. 4) Die Herren von Gültlingen; Hans von Gültlingen zu Ditzingen kommt vor im Jahr 1402 (Reichsstädt. Arch. Urk. 1, 215). 5) Die Herren von Nippenburg (s. unten).

In dieser fruchtbaren Gegend kam auch mancher Besitz an geistliche Hände; in frühester Zeit, wie bereits erwähnt, an das Kloster Lorsch. Dieses vertauschte indeß schon im Jahr 902 seine hiesigen Güter gegen näher gelegene an einen gewissen Reginbodo (Cod. Laur. Nr. 56). Das Kloster Hirschau erhielt hier mehrere Güter und um 1140 von Wolfram von Bernhausen den vierten Theil der Kirche. Dieser ältere Besitz kam von ihm nachher zeitweise an das Priorat Reichenbach (Cod. Hirs. 66. 95.); doch machte es wieder neue Erwerbungen, im Jahr 1382 erkaufte es einzelne münchingische Güter, 1436 Nov. 11. von Wilhelm von Giltlingen den halben großen und kleinen Zehenten für 2600 fl. Rh., 1438 ertauschte es von Württemberg noch einen Theil des Zehenten, 1440 März 15. erkaufte es von Hans von Nippenburg dem ältern den hiesigen Burgstall sammt Zugehörungen für 140 fl. Rh., 1491 von Wilhelm von Münchingen Korngilten für 200 fl. und so noch mehrere Besitzungen. Am 27. Nov. 1486 erhielt es von Graf Eberhard im Bart für einen hiesigen Hof Befreiung von aller Steuer.

Das bereits erwähnte Priorat Reichenbach erfreute sich schon seit dem 11. Jahrhundert ansehnlicher Besitzungen an diesem Orte (Trad. Reichenb. bei Kuen Coll. 2, 55. 58. 59. 67.); es gerieth hiedurch schon vor 1295 in Reibungen mit den Rittern von Ditzingen, mit denen es sodann, wie oben erwähnt, einen Vergleich schloß.

Die zum Constanzer Sprengel gehörige Kirche, an welcher nach Obigem das Kloster Hirschau bereits um 1140 einen Antheil erhalten hatte, kam nach Unterbrechung dieses Besitzes zuletzt noch ganz an dieses Kloster, und wurde ihm am 11. Juli 1399 durch P. Bonifaz IX. sogar incorporirt. Die Vollziehung dieser Einverleibung beurkundete Bischof Albrecht von Constanz am 5. März 1410, und noch am 20. Juni 1481 stellte Bischof Otto von Constanz eine Incorporationsurkunde aus. In diese Kirche stiftete Hans von Gültlingen am 26. Jan. 1384 eine Frühmeß zur h. Katharina, über deren Besetzung am 24. Mai 1416 der Abt Friedrich von Hirschau und Wilhelm von Gültlingen einen Vergleich trafen. Die Lehenschaft der Pfarrei und der Pfründen ertauschte am 2. Jun. 1469 von dem Kloster Hirschau die Erzherzogin Mechthild, in früherer Ehe Gemahlin Graf Ludwigs von Württemberg, wodurch sie an Württemberg gelangte. – Die Speyrer Kirche dagegen gehörte vor der Reformation | dem Frauenkloster zu Pforzheim, welchem sie im Jahr 1347 einverleibt wurde.

Württemberg, welches die Lehensoberherrlichkeit über Ditzingen schon frühe besaß, erwarb zu verschiedenen Zeiten einzelne Rechte und Güter, namentlich im Jahr 1356 den 12. Theil der Vogtei, welchen Erlika, Wolframs von Ditzingen Tochter, mit Beistand Renhards von Ditzingen, eines Edelknechts, verkaufte (Sattler, Grafen 1, 168); im Jahr 1365 Mai 20 ein Sechstel der Vogtei und des Gerichts, welches Hans von Ditzingen gegen Eignung von 13 Morgen Ackers überließ; im Jahr 1376 einen weitern Theil der Vogtei, des Gerichts, ferner Leibeigene, Güter, Wald und Gülten um 400 fl. von Wilhelm von Münchingen, im Jahr 1437 Rechte, Gülten, Ungeld und Frevel um 260 Pf. Heller von Wilhelm und Balthasar von Gültlingen, im Jahr 1442 Nov. 11 Leibeigene von Burkhard von Nippenburg, im Jahr 1565 Juli 18 die Speyrer Pfarrei zu St. Margaretha sammt Kirchenlehen, Meßneramt, Zehenten und Gefällen durch Vergleich Herzog Christophs von Württemberg mit dem Markgrafen Karl von Baden, als Rechtsnachfolger des Frauenklosters zu Pforzheim. (Sattler, Herzoge 4, 216; Stuttg. Staats-Arch. unter Baden.)

Von der Herrschaft Württemberg trug das Rittergut zu Lehen im 16. und im Anfang des 17. Jahrhunderts die Familie von Janowitz,[1] namentlich Hermann von Janowitz zu Ditzingen, genannt Böhm, württ. Haushofmeister und Obervogt zu Gröningen, Bietigheim, Sachsenheim, geb. 1544, gest. 19. Mai 1590, und sein Sohn Ludwig von Janowitz zu Ditzingen, württ. Oberrath und Obervogt zu Kirchheim, Gesandter zu Regensburg, geb. 20. April 1583, gest. 31. Mai 1641 zu Regensburg. Durch Herzog Eberhard III. wurde die Familie von Münchingen damit belehnt, zuerst der im Jahr 1671 verstorbene Oberstallmeister von Münchingen (s. dessen in Folio gedruckte Funeralien), dessen Nachkommen es noch besitzen.



  1. Zu dieser Familie gehörte auch der Stallmeister des Herzogs von Guyse, welcher am 24. Aug. 1572 den Admiral Coligny ermordete und im J. 1575 erschossen wurde. In Vie de Gasp. de Coligny S. 129 steht: Besme natif du duché de Wirtemberg et fils comme l’on dict d’un qui avoit eu la charge d’artillerie.
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