Beschreibung des Oberamts Waiblingen/Kapitel A 6

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VI. Gesellschaftlicher Zustand.


1. Grundherrliche Verhältnisse.
A. Grundherren.
Grundherren im engern Sinne sind nicht vorhanden. Die Königl. Hofdomainenkammer aber hat bedeutende Rechte und Besitzungen, welche sie durch Vertrag mit der Staatsfinanzverwaltung vom 11. März 1807 erwarb, namentlich in Beinstein und Endersbach, in Winnenden, Baach, Birkmannsweiler, Breuningsweiler, Bretzenacker, Bürg, Buoch, Hahnweiler, Hertmannsweiler, Höfen, Leutenbach, Nellmersbach, Öschelbronn, Oppelsbom, Reichenbach, Rettersburg, Schwaickheim und Steinach. – Unter diesen | abgetretenen Rechten befanden sich auch solche, welche kurz zuvor durch die Auflösung der Pflege des Domcapitels Constanz in Schorndorf an den Staat übergegangen waren. Die Rechte und Gefälle, welche die Königl. Hofdomainenkammer in Beinstein und Endersbach besitzt, nebst ihren Weinbergen in Klein-Heppach und Neustadt, verwaltet das Hofcameralamt Stetten, indeß die übrigen Gefällorte unter der Verwaltung des Hofcameralamtes Winnenden stehen. Im Übrigen haben außer dem Staat nur einige Stiftungspflegen Frucht- und Geld-Gefälle zu beziehen. Eine Meierei des Staats, deren Güter übrigens nicht geschlossen sind, ist in Hochdorf.

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B. Leibeigenschafts- und Lehens-Wesen.

Personalleibeigenschaft bestand in Hochberg, auf der übrigens schon vor 1777 nicht mehr beharrt wurde; zur Anerkennung wurde eine „Mannssteuer“ von 4 kr. 2 Pf. von der Person erhoben. In Endersbach und Klein-Heppach wurden alle Mannspersonen als leibeigen behandelt, indem die Kellerei bei ihrem Absterben von jedem 100 Pfd. Heller ihrer Verlassenschaft einen Gulden als Hauptrecht erhob. Außerdem erhielt von den zu Endersbach verstorbenen Frauenspersonen der Schultheiß ihr bestes Oberkleid als Hauptrecht. Als Brautlauf wurde z. B. in Strümpfelbach eine Salzscheibe entrichtet, die ebenfalls dem Schultheißen gebührte.

Erblehen finden sich vor dem fünfzehnten Jahrhundert wenige. Lehengüter zu Strümpfelbach waren 1400 um die dritte, der Degenhof noch 1524 um die vierte Garbe verliehen; nur der Frohnhof in Endersbach ist schon 1400 Erblehen. Waiblinger und Winnender Kellereilehen treffen wir um 1500 mit gesetzten Laudemien. Der Bauhof in Waiblingen (153 Morgen groß), den bis dahin die Kellerei um die dritte Garbe verliehen hatte, wurde 1555 eigen gemacht gegen 1000 fl. baar und 100 fl. Zins, wovon die Hälfte ablöslich seyn sollte. Die Zertrümmerung | der Höfe und Lehen begann schon vor 1500, wo z. B. der Frohnhof in Endersbach schon in 16 Theile getheilt ist, und die geschlossenen Lehen, die bis zum dreißigjährigen Kriege sich erhalten hatten, wurden von da an allermeist aufgelöst. Die Lehen des Klosters Lorch waren schon 1540 in viele Theile getheilt und mit gesetzten Laudemien erblich. Jetzt bestehen keine Lehen mehr, da sie seit 1817 in freie Zinsgüter verwandelt worden sind.

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C. Grundlasten und andere Leistungen.
Sämmtliche Orte entrichteten Kellereisteuern, Martinssteuer, gewöhnliche Steuer, oder Jörgensteuer. Waiblingen gab nicht nur 23 Pfund Heller Jörgensteuer und 115 Pfund Martinssteuer, sondern auch 10 Pfund 1 Schilling 3 Heller Wingartsteuer; Schwaickheim 15 Pfund Jörgensteuer und 20 Moden Roggen, genannt Steuerkorn. Die Volkhardtsmühle zahlte auf Georgi eine Weinsteuer. Beide Heppach gaben 17 und 13 Pfund Heller jährliche Steuer und je 1 Pfund 10 Schilling Küchengeld, heist Weidrind. Bittenfeld entrichtete 7 Pfund Heller Weidsteuer, 6 Pfund Heller Beed, auch 50 Scheffel Roggen Beedkorn, „und sollen die weren mit dem Haufmeß an Martini.“ Hohenacker gab 11 Moden Steuerkorn, Endersbach 4 Eimer 4 Imi, Strümpfelbach 5 Eimer 2 Imi 8 Maas Beedwein. Einige Kellereilehen zu Waiblingen gaben Gattergeld. Die Kellerei erhob 4–6 Heller vom Morgen Weinberg, in Endersbach, Korb, Strümpfelbach, Schwaickheim Gravenzins, in beiden Heppach Bergzins genannt. Rauchhaber, von jedem Haus, das Rauch hat zu Hohenacker, 2 Simri, Feuerhaber in Strümpfelbach 2 Simri von jedem Haus, Zollhaber in Beinstein und Korb 1–3 Simri vom Haus. Vogthaber war häufig. Groß-Heppach gab der Kellerei 28 Scheffel 2 Simri Vogt- und Lehen-Haber und 20 Moden Futterhaber. Im ganzen äußern Gericht wurde von jedem Wohnhaus eine Rauchhenne erhoben. Außerdem waren Fastnacht-, Martins-, Sommer- und Vogt-Hühner | sehr häufig. Gänse und Kapaunen fielen in Endersbach, Hegnach, Neckarrems etc. Öl in Schwaickheim, Winnenden, Klein-Heppach etc. Käse in Birkmannsweiler. Pfeffer gab ein Hof zu Neustadt (1 Pfund) und ein Lehen zu Birkmannsweiler (1/4 Pfund). Wachs gaben Lehen und einzelne Güter von Heiligen zu Waiblingen, Bittenfeld, Beinstein etc. Einige Kloben Flachs entrichteten Lehen zu Birkmannsweiler. Ein Lehen zu Winnenden gab der Kellerei Eier, Fleisch, ein halb Lamm, Gänse und Getreide nach Haufmeß. Die obere und untere Mühle zu Waiblingen entrichtete zur Kellerei Fruchtgilten, 5–7 Pfund Heller für Fleisch, 21–30 Schilling Wyssetgeld und 1 Maas Honig; auch hatten sie die Jagdhunde der Herrn von Württemberg, wenn diese in Waiblingen waren, zu verpflegen und zusammen einen Karren mit einem Knecht zu stellen, wenn der Herr von Württemberg selbst „in die Rais zeucht.“ Die Mühle zu Groß-Heppach gab der Kellerei 3 Pfund Heller für Fleisch und „soll ein Schwein haben von unser Frauentag bis an den heiligen Abend zu Wihnachten.“ – Zins- und Boden-Wein war sehr häufig. Ein Eimer ablösiger Zinswein zu Strümpfelbach konnte 1600 um 60 Pfund Heller Capital abgelöst werden. Landacht von Äckern, oder nach Zelgen, was der Halm trägt, kam gleichfalls häufig vor. Dasselbe war der Fall mit den Landgarben oder Theilgebühren. In Schwaickheim wurden 1/16 bis 1/5 vom dortigen Heiligen erhoben. Vor 1579 gab ein Acker zu Groß-Heppach der dortigen Frühmesse jährlich „den ein Wurf das Viertheil und dann den andern Wurf das Fünftheil,“ was später in eine feste Gilte verwandelt wurde. Landgärbige oder Theil-Weingart waren ebenfalls sehr häufig; 1/3 des Ertrags wurde in beiden Heppach, 1/4 ebenda, in Korb etc. 1/5, 1/6 ebenda und in Strümpfelbach erhoben etc. Den Pflichtigen zu Klein-Heppach hatte die Herrschaft das Düngerlohn zu entrichten; die ersteren hatten jährlich in jeden Morgen 200 Stöcke zu setzen und 10 Karren Mist zu führen.

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| Als Gegenleistung ist die Verpflichtung zu erwähnen, wonach auf den Grund eines Vertrages vom Jahr 1620 die Commenthurei Winnenthal alljährlich den Geistlichen, dem Vogt, Bürgermeister und Gericht in Winnenden zwei Mahlzeiten im Ordenshaus zu halten oder Jedem 1 fl. 12 kr. zu bezahlen, auch jährlich an Martini den Geistlichen, dem Vogt, Bürgermeister und Stadtschreiber je 2, den übrigen Gerichts- und Raths-Personen und den Schuldienern aber je 1 Maas Wein in’s Haus zu schicken hatte; welchem gemäß noch jetzt das Hofcameralamt für die sogenannte „Hofzehrung“ 1 fl. 12 kr. und für eine Maas „Martinswein“ 24 kr. an die betreffenden Personen abzugeben hat.

Die steuerartigen und vogteilichen Abgaben sind 1836, die meisten andern Gilten vor und nachher zur Ablösung gekommen. Neben den von vormaligen Erblehen und Zinsgütern herrührenden Gefällen und fixirten Laudemien, die jedoch, soweit sie der Staat anzusprechen hat, meist abgelöst sind, kommen noch Theilgebühren von Weinbergen vor, die z. B. in Hertmannsweiler und Nellmersbach im neunten, eilften und zwölften Theil des Ertrages bestehen.

An Frohnen ist die Verbindlichkeit, für die Hofhaltung Brennholz herbeizuführen, zu erwähnen, welche Waiblingen, Beinstein, Bittenfeld, Hegnach, Hohenacker, Klein-Heppach, Korb, Neckarrems und Neustadt oblag, 1668 in ein Geldsurrogat von 140 fl. verwandelt und in Folge des Gesetzes von 1836 um 1400 fl. 30 kr. abgelöst worden ist. Auch die übrigen Frohnen sind nach diesem Gesetze zur Ablösung gekommen.

D. Zehenten.
Mit wenigen Ausnahmen stehen die Zehentrechte entweder dem Staat oder der Hofdomainenkammer zu. Die Zehenten sind jedoch beinahe alle an die Gemeinden auf mehrere Jahre um Geld verpachtet, von welchen ein Selbsteinzug | selten bewerkstelligt wird.[1] Überdieß haben die Gemeinden Waiblingen, Birkmannsweiler, Buoch, Hahnweiler, Höfen, Korb, Neustadt, Reichenbach, Steinach und Winnenden die Ablösung der ihnen obliegenden Zehentpflichten auf den Grund des neuesten Gesetzes angemeldet.

Der Capitalwerth der vom 1. Juli 1818 bis 1. Januar 1849 dem Staate abgekauften Frohnen, Zehenten und Grundlasten aller Art beläuft sich im Ganzen auf 108.207 fl.; der Capitalwerth der in demselben Zeitraum der Hofdomainenkammer abgekauften ähnlichen Rechte aber beträgt 57.165 fl. 58 kr.

Wie die Ortsbeschreibung des Näheren darthun wird, haben an Grundgefällen aller Art nach dem Stande vom 1. Januar 1849 noch zu beziehen: der Staat 2186 fl. in Geld und 2426 Scheffel Frucht nach Rauhem für große Zehenten, sowie 2737 fl. für kleine, 465 fl. für Heu-, 4918 fl. für Wein- und 531 fl. für Noval-Zehenten, ferner 848 fl. Surrogatgelder, 100 fl. 4 kr., 507 Scheffel 5 Simri Frucht jährliche Lehengefälle, 42 Scheffel 5 Simri Landachtfrüchte und 604 fl. 19 kr. für Bodenwein; und die Königl. Hofdomainenkammer, außer den Zehenten und Laudemien, 210 fl. 40 kr. Geld, 27 Eimer 2 Imi Bodenwein, 91 Scheffel 61/2 Simri Roggen, 156 Scheffel 7 Simri Dinkel und 212 Scheffel 71/2 Simri Haber.


2. Staats- und kirchliche Einrichtungen.
A. Eintheilung und Ämter.
a. Weltliche.
Der Oberamtsbezirk Waiblingen ist dem Neckarkreise zugetheilt. Die Behörden desselben sind das Oberamtsgericht | mit dem Gerichtsnotariat, das Oberamt, das Oberamtsphysicat, die Oberamtspflege und das Cameralamt, alle mit dem Sitze in Waiblingen. Ein Forstamt dagegen befindet sich nicht im Bezirke; vielmehr ist dieser unter die Forstämter Reichenberg und Schorndorf getheilt, so zwar, daß nach Schorndorf ein Theil von Waiblingen, Beinstein, Breuningsweiler, Buoch, Endersbach, Groß-Heppach, Klein-Heppach, Reichenbach, Steinach und Strümpfelbach, nach Reichenberg aber der andere Theil von Waiblingen mit den übrigen Gemeinden eingetheilt sind. Forstreviere sind 2 im Bezirke: Hochberg und Oppelsbom. Dem Oberamtsgerichte sind die zwei Amtsnotariate zu Winnenden und Groß-Heppach untergeordnet. Außer dem Oberamtswundarzt und dem Oberamtsthierarzt ist ein Bezirksarzt in Winnenden bestellt.

Der Cameralbezirk Waiblingen entspricht seit 1. Juli 1837 dem Oberamtsbezirke, nachdem durch Verordnung vom 26. September 1836 die bis dahin unter der Cameralverwaltung gestandenen Orte Öffingen und Neckargröningen an Canstatt und Ludwigsburg abgetreten und dagegen Ödernhardt mit Drexel-, Kiesel-, Spechts- und Plapp-Hof vom Cameralamt Schorndorf, und Groß-Heppach und Strümpfelbach vom aufgelösten Cameralamt Beutelsbach übernommen worden sind. In Beziehung auf Straßen- und Wasser-Bauwesen sowohl, als hinsichtlich der Hochbauten ist der Bezirk den Inspektionen in Ludwigsburg zugetheilt. Das Postamt Waiblingen und die Postexpedition ohne Stall in Winnenden sind dem Postamtsbezirke Stuttgart zugewiesen. Hinsichtlich der Verwaltung der Wirthschaftsabgaben gehört der Bezirk zu dem Umgeldscommissariate Schorndorf. Die Eintheilung der hofkammerlichen Orte ist S. 69 angegeben. – Politische Gemeinden zählt der Bezirk 33, wovon 10 der zweiten und 23 der dritten Klasse angehören, bestehend aus 2 Städten, 17 Pfarrdörfern und 14 Dörfern.

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b. Kirchliche.

Das evangelische Dekanatamt in Waiblingen steht unter der Generalsuperintendenz Ludwigsburg und begreift nicht nur fast den ganzen politischen Bezirk, sondern auch Theile der Oberämter Marbach und Schorndorf. Nur der Weiler Kirschenhardthof, Gemeindebezirks Hochberg, gehört einem andern Dekanatamte (Marbach, zur Generalsuperintendenz Heilbronn eingetheilt) an. Die Zahl der unter dem Dekanat Waiblingen stehenden, dem Oberamte angehörigen, Pfarreien ist 19 mit 22 Geistlichen. Katholische Pfarreien hat der Bezirk nicht; die in demselben wohnenden Katholiken sind nach Öffingen, Dekanats Stuttgart, und nach Ebersberg, Dekanats Gmünd, eingepfarrt. Die israelitische Kirchengemeinde Hochberg ist dem Rabbinatsbezirke Stuttgart zugetheilt.

B. Anstalten.
a. Schulen.

Im Oberamte befinden sich zwei lateinische Schulen in Waiblingen und Winnenden mit 3 Lehrern, und zwei Realschulen ebendaselbst mit 2 Lehrern. Die Zahl der evangelischen Volksschulen beträgt 31, mit 33 Schulmeistern, 6 Unterlehrern und 21 Lehrgehülfen und Hülfslehrern, in die Conferenzsprengel Neckarrems und Winnenden eingetheilt. Außerdem ist eine israelitische Volksschule in Hochberg. Einige Schulstellen sind sehr gut dotirt; mehrere andere ertragen 300 fl. und darüber; die meisten aber nur 250 fl. Seit 1836 wurden in Bittenfeld, Hegnach, Hochberg, Korb, Steinreinach, Öschelbronn, Rettersburg, Winnenden, Baach, Hahnweiler, Höfen und Nellmersbach neue Schulhäuser erbaut.

b. Wohlthätige Anstalten.
Hospitäler sind keine im Bezirke. Armenhäuser finden sich in Waiblingen, Winnenden, Beinstein, Birkmannsweiler, Bittenfeld, Buoch, Endersbach, Korb, Neustadt, | Steinach und Strümpfelbach. Der Bezirksarmenverein hat in jüngster Zeit in Reichenbach, Breuningsweiler, Bürg, Klein-Heppach, Nellmersbach, Birkmannsweiler und Hegnach Localvereine in’s Leben gerufen, welche sich die Bestellung von Armenvätern zum Zweck setzten und die Vertheilung der Unterstützungen, sowie die Beschäftigung der Armen leiteten. In Waiblingen und Winnenden bestehen für den letzteren Zweck Privatvereine. Industrieschulen sind in allen Orten, mit Ausnahme von Bretzenacker, Hahnweiler, Ödernhardt, Öschelbronn, Oppelsbom und Rettersburg. Die Zahl ihrer Schüler bestand Ende 1848 in 33 Knaben und 974 Mädchen. Kleinkinderbewahranstalten sind in Waiblingen, Groß-Heppach, Hochberg, Korb, Reichenbach und Strümpfelbach. Der Königl. Heilanstalt in Winnenthal, der Erziehungsanstalt „Paulinenpflege“ in Winnenden und des Vereins für verwahrloste Kinder in Waiblingen wird in der Ortsbeschreibung nähere Erwähnung geschehen.
c. Landwirthschaftliche Anstalten.

Des landwirthschaftlichen Bezirksvereins ist bereits S. 49 gedacht. Ein Verein von Weingärtnern zu Hebung ihrer Erzeugnisse besteht in Waiblingen. Eine Beschälplatte ist nicht im Bezirke; derselbe ist in dieser Hinsicht dem Beschälerstalle im Kloster Weil zugetheilt. Der Königl. Holzgärten zu Waiblingen und Neckarrems ist schon oben gedacht worden.

d. Anstalten für Handel und Verkehr, Straßen etc.

Waiblingen hat ein Postamt mit Poststall, und in Winnenden ist eine Postexpedition ohne Stall. Die lebhafte Verbindung mit Hall und Ellwangen einerseits, und mit Stuttgart andererseits wird namentlich seit Eröffnung der durch die angrenzenden Oberämter Canstatt und Eßlingen sich hinziehenden Eisenbahn nicht nur durch tägliche Eilwagenfahrten, sondern auch durch zahlreiche Privatomnibuscurse u. dgl. erhalten.

| An Staatsstraßen sind im Oberamtsbezirke 1) die von Stuttgart herkommende sogenannte Nürnberger Route, welche durch das Remsthal über Schorndorf nach Ellwangen führt; und 2) die Haller Route, welche von Waiblingen aus über Winnenden und Backnang nach Hall führt. Beide haben durchschnittlich eine Breite von 28′. Die erstere enthält 3149, die letztere 4120 Decimalruthen. Die Unterhaltungskosten können zu 5700 fl. und 3000 fl. jährlich angenommen werden.

Die neue Steige von Waiblingen nach Winnenden mit 28′ Breite und einer nirgends 41/2 Procent übersteigenden Steigung wurde 1844/46 mit einem Aufwand von 98.000 fl. erbaut. Der Bau der neuen, im Interesse der Armenfürsorge 1847 angelegten, Steige von Waiblingen gegen Canstatt mit 28′ Breite und 4 Procent Steigung hat 21.000 fl. gekostet.

Sämmtliche Staatsstraßen werden mit Muschelkalksteinen unterhalten, ausgenommen die Strecken auf den Markungen Hertmannsweiler und Nellmersbach, wo quarzhaltiger Keuper angewandt wird.

Vicinalstraßen, wegen ihres Verkehres als Commercialstraßen zu betrachten, jedoch von den betreffenden Gemeinden zu unterhalten, sind:

a) Von Waiblingen nach Ludwigsburg. Auf Waiblinger Markung 618 Ruthen, auf Hegnacher Mark. 760 und auf Neckarremser Mark. 395 Ruthen.

b) Von Winnenden nach Ludwigsburg. Auf Winnender Mark. 455, Schwaickheimer 640 und Neckarremser Mark. 780 Ruthen.

c) Von Winnenden nach Schorndorf. Auf den Markungen Winnenden, Birkmannsweiler und Ödernhardt 2426 Ruth. – Diesen und einen weiteren Distrikt im Oberamtsbezirke Schorndorf hat die Stadt Winnenden, die früher hiefür vom Staat entschädigt worden, zu erhalten.

d) Von Winnenden gegen Kaisersbach, zu Vermittlung der Holzfuhren aus dem Welzheimer Wald. Auf Hertmannsweiler Mark. 190, Degenhofer 340, Bürger 300 und Öschelbronner Mark. 502 Ruth.

e) Die Weinsteige bei Strümpfelbach; gegen Schanbach. Sie wurde im Interesse der Gemeinde Strümpfelbach angelegt, und | diese hat sie daher selbst noch im Bezirke Eßlingen zu erhalten; auf die Strümpfelbacher Markung kommen 570 Ruthen. Auf dieser, leider schlecht angelegten, Straße gehen Wein, Trauben und Obst aller Art nach Ulm und Bayern ab.

Außerdem ist, wie die Karte zeigt, so weit es nur immer das Interesse erheischt, ein Ort mit dem andern durch Straßen verbunden, welche kunstgerecht angelegt und meist gut erhalten sind. In richtiger Würdigung dieses Verbindungsmittels beschloß 1846 die Amtsversammlung die Übernahme der Wegknechtsgehalte und eines Dritttheils der Unterhaltungskosten auf die Amtskörperschaft; der Beschluß ist aber noch durch Widerspruch einiger Gemeinden in Frage gestellt.

Weitere Steigen sind: die bei Neckarrems gegen Waiblingen und gegen Hochberg; bei Hochberg gegen Poppenweiler und gegen Hochdorf; von Neustadt nach Hohenacker; von Steinreinach gegen Buoch; von Hertmannsweiler gegen Stöckenhof; von Baach nach Bürg und von Rettersburg nach Öschelbronn. Die hier genannten Steigen sind nicht eben gefährlich, aber allermeist beschwerlich.

Die Mehrzahl der Vicinalstraßen wird mit Kalksteinen, die ungleich kleinere Zahl mit quarzhaltigem Keuper unterhalten.

Steinerne Brücken sind 13, davon 5 an der Rems, Stege etwa 20 vorhanden. Nur in Neckarrems wird noch ein Brückengeld erhoben.


3. Oberamts- und Gemeinde-Haushalt.
A. Oberamtspflege.

Nach der Rechnung von 1846/47 beliefen sich:

a) Das Vermögen der Oberamtspflege
an Grundeigenthum auf ‒ fl. 00/0 kr.
an Aktivkapitalien auf 7910 fl. 00/0 kr.
an Ausständen auf 3707 fl. 591/2 kr.
11.707 fl. 591/2 kr.
b) Die Schulden derselben betrugen 2858 fl. 0‒ kr.
c) Die Jahreseinnahmen (nebst Steuern) 71.736 fl. 49 kr.
d) Die Jahresausgaben (nebst Steuern) 70.829 fl. 51 kr.
e) Die Amtsschadensumlage 4979 fl. 0‒ kr.
f) Die Amtsvergleichungskosten 52 fl. 43 kr.
Im Jahr 1816/17 bestand das verzinsliche Vermögen in 40.363 fl., | 1822/23 in 26.568 fl., 1840/41 in 1960 fl. Die Amtsschadensumlage nebst Amtsvergleichungskosten betrugen 1816/17 9382 fl., 1822/23 13.418 fl., 1840/41 3796 fl.

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B. Gemeindepflegen.

Nach den Rechnungen von 1846/47 betrugen:

a) Das Vermögen der Gemeinden, neben 54767/8 Mrg. Grundeigenthum,
an verzinslichen Capitalien 102.745 fl.
an sonstigen Forderungen 36.186 fl.
zusammen
138.931 fl.
b) die Schulden, an verzinslichen Capitalien 54.207 fl.
die Schulden, an sonstigen Schulden 7259 fl.
zusammen
61.466 fl.
c) die Einkünfte (ohne die Gemeindeumlagen) 91.601 fl.
d) die Ausgaben 114.788 fl.
e) die Gemeindeumlagen 33.129 fl.

Wie Tabelle IV. noch weiter zeigt, ist das Vermögen der Gemeinden am Bedeutendsten: an Grundeigenthum in Waiblingen und Winnenden; an Capitalien in Neckarrems und Winnenden. Kein Grundeigenthum besitzt die Gemeinde Hahnweiler; am Wenigsten hieran: Hochdorf, Breuningsweiler und Höfen. Keine Capitalien besitzen Baach, Breuningsweiler, Bürg, Hahnweiler, Hertmannsweiler, Höfen, Neustadt, Öschelbronn und Steinach. Die meisten Schulden haben Winnenden, Waiblingen und Bittenfeld. Gemeindeumlagen müssen überall gemacht werden mit Ausnahme von Bittenfeld und Neckarrems. Am Größten sind die Gemeindeumlagen in Waiblingen, Winnenden und Korb; am Kleinsten in Buoch und Rettersburg. Der Gesammtbetrag der Gemeindeumlagen ist größer als der Gesammtbetrag der ordentlichen direkten Staatssteuer (1846/47 32.603 fl. 38 kr., 1847/48 27.484 fl.). Gegenüber der Staatssteuer von 1846/47 sind die Gemeindeumlagen kleiner in Groß-Heppach, Hohenacker, Leutenbach, Rettersburg und Schwaickheim; größer sind sie, und zwar dreimal und mehr, in Hahnweiler, Höfen, Baach und Ödernhardt; zweimal und mehr in Breuningsweiler, Bretzenacker, Hegnach, Korb und Oppelsbom.

| Blicken wir bis zum Anfang der jetzigen Regierung zurück, so finden wir, daß das Capitalvermögen der Gemeinden 1816/17 99.501 fl., 1822/23 74.796 fl., 1840/41 109.611 fl.; die verzinslichen Schulden 1816/17 115.623 fl., 1822/23 99.099 fl., 1840/41 11.904 fl.; die Rückstände bei den Steuerpflichtigen 1816/17 164.200 fl., 1822/23 186.962 fl., 1840/41 638 fl., und die Gemeindeumlagen 1816/17 19.846 fl., 1822/23 10.786 fl., 1840/41 20.588 fl. betragen haben.

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C. Stiftungspflegen.

Im Jahr 1846/47 betrugen:

a) Das Vermögen an Grundeigenthum      11 Morgen.
Das Vermögen an Geld 84.496 fl.
b) der Passivstand 3000 fl.
c) die Einkünfte 17.347 fl.
d) die Ausgaben 17.272 fl.

Das größte Capitalvermögen haben Waiblingen, Strümpfelbach und Groß-Heppach; das kleinste Baach und Klein-Heppach. Keine Stiftungen haben die Gemeinden Breuningsweiler, Bretzenacker, Hahnweiler, Höfen, Nellmersbach, Ödernhardt, Öschelbronn, Reichenbach und Rettersburg.


4. Cataster und Steuern.

Mit Einschluß der Grundherren beträgt das Cataster des Oberamts:

vom Grundeigenthum 236.627 fl. 29 kr.
von Gefällen 13.129 fl. 42 kr.
von Gebäuden 2.522.934 fl. 0‒ kr.
von Gewerben 4602 fl. 48 kr.

Die direkte, ordentliche Staatssteuer betrug für 1847/48 an 2.000.000 fl.

Grundsteuer   19.764 fl.
Gefällsteuer 116 fl.
Gebäudesteuer 4738 fl.
Gewerbesteuer 2866 fl.
27.484 fl.
Es kommt somit hiervon in diesem Bezirke auf eine Quadratmeile 10.583 fl. und auf einen Einwohner 58 kr. | Nach Tabelle IV. hat die höchste Grundsteuer die Gemeinde Waiblingen, die niedrigste Hahnweiler zu bezahlen. Der höchste Betrag an Gebäudesteuer wird von Waiblingen, der niedrigste von Ödernhardt erhoben. Die höchste Gewerbesteuer trifft Winnenden, die niedrigste Baach.

Von indirekten Abgaben wurden in unserem Bezirke im Durchschnitt der Jahre 1846/47 erhoben:

1. an Wirthschaftsabgaben 1846/47 erhoben
a) vom Wein und Obstmost 25.452 fl. 39 kr.
b) Malzsteuer 6312 fl. 55 kr.
c) Branntweinfabrikationsabgaben 288 fl. 29 kr.
d) Branntweinausschanksabgaben 2252 fl. 53 kr.
e) Essigausschanksabgaben 271 fl. 27 kr.
2. an Accise:
a) von Güterveräußerungen 3850 fl. 29 kr.
b) von Lotterien u. s. w. 15 fl. 26 kr.
c) von Markt- und Handelswaaren 11 fl. 50 kr.
3. an Hundeauflage, einschließlich des Antheils
der Ortsarmenkassen
358 fl. 20 kr.

  1. Anstatt des Verzeichnisses über die noch bestehenden Grundlasten, welches nach dem bisherigen Plane hier folgen würde, sind die letzteren, so weit sie dem Staat und der Hofdomänenkammer zugehören, bei den einzelnen Orten angegeben.
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