Bilder aus dem Thiergarten (1)

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Autor: Alfred Brehm
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Titel: Bilder aus dem Thiergarten (1)
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1863
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Nr. 2, Unsere Bären folgt in Heft 1 des Jahrgangs 1864.
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[804]
Bilder aus dem Thiergarten.
Von Brehm.
1. Ein Gang durch den Thiergarten zu Hamburg.

Bevor ich beginne, Ihnen, mein lieber Keil, und den Lesern der Gartenlaube Einiges von dem Leben und Treiben der schon jetzt sehr namhaften und theilnahmswerten Gefangenen unseres Thiergartens zu erzählen, muß ich Sie wohl erst mit dem Garten selbst bekannt machen. Ich halte dies schon aus dem Grunde für nöthig, weil jede derartige Anstalt ihre Geschichte hat und ein kurzer Rückblick auf dieselbe zu Nutz und Frommen Anderer, welche sich an ähnlichen Anstalten betheiligen wollen, nicht unerwünscht sein kann.

Man rühmt den Hamburgern nach, und mit Recht, daß sie das, was sie ergreifen, mit Ernst und Eifer erfassen, und dieser Ruhm ist denn auch bei dem hiesigen Thiergarten (wie auch ich mit dem sogenannten gemeinen Manne Hamburgs anstatt „Zoologischer Garten“ sage) redlich verdient worden. Noch sind keine drei Jahre vergangen, seitdem der erste Gedanke zur Gründung gedachter Anstalt gefaßt worden war, und schon jetzt kann sie vielen anderen kühn zur Seite gestellt werden. Unser Thiergarten ist geworden, was er werden sollte, ein Lieblingsaufentalt der Bewohnerschaft Hamburgs ohne Unterschied.

Fast ergötzlich ist es, zu berichten, wie sich die herrschende

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Der Thiergarten in Hamburg. Nach der Natur aufgenommen von Zimmermann.

[806] Meinung in der kurzen Zeit von zwei Jahren zu Gunsten unseres Gartens geändert hat. Die Gesellschaft unternehmender Männer, welche ihn begründete, hat Schwierigkeiten zu überwinden gehabt, welche gegenwärtig Jedem ein Lächeln abnöthigen, zur bezüglichen Zeit aber als sehr ernste betrachtet wurden, ja Senat und Bürgerschaft, welche mit anerkennenswerther Freigebigkeit der Gesellschaft einen überaus günstig gelegenen Platz unter höchst vortheilhaften Bedingungen überlassen wollten, mußten mancherlei Anfechtungen erleiden, und die Gesellschaft, welche ihr Geld zu einem wirklich gemeinnützigen Unternehmen hergab, förmliche Schmähungen erdulden.

Dies Alles ist jetzt vorüber, und wohl für immer vorüber. Eine gerade entgegengesetzte Meinung hat in allen Schichten der Bevölkerung Platz gegriffen, und selbst die, welche früher schmähten, sind jetzt verstummt.

Hart vor dem Dammthore, kaum zehn Minuten vom Jungfernstieg entfernt, lag noch vor zwei Jahren ein mit wenig Bäumen bepflanzter, sonst aber wüster Platz, auf der einen Seite begrenzt durch Kirchhöfe, auf der andern durch bis heutigen Tags noch unbenutzte Wiesen, nach der dritten Seite endlich in einen noch musterhafteren, die sogenannte Sternschanze, übergehend. Ein kleiner Teich und ein tiefer Graben, von wenig Gebüsch umstanden, unterbrach diese Wüstenei. Besagter Teich diente als Badeplatz der erfrischungsbedürftigen Jugend und wurde in den heißen Sommertagen zahlreich benutzt. Auf diesen Platz richtete die zoologische Gesellschaft ihr Augenmerk, obwohl sie die Schwierigkeiten, aus der Einöde eine parkähnliche Anlage zu schaffen, keineswegs unterschätzte. Der größte Theil der Hamburger Bevölkerung war sicherlich überzeugt, daß dieser Platz eine günstigere Umwandlung niemals würde erfahren können; einige Schreier und Unzufriedene, mit ihrem Jahrhundert Zerfallene, aber waren freilich anderer Meinung. In dem Wasser des Badeteiches hatte man Spuren von Eisen entdeckt und verwahrte sich nun gegen die Absicht, den Teich mit moorigem Alsterwasser zu vertauschen, während Andere in wirklich rührender Weise darauf hinwiesen, daß es der einzige Platz sei, wo die Kinder der Armen, sowie die Mittelclasse, ein Bad ohne Kosten nehmen könnten. Sie flehten „dringend und inständig, daß die Bürgerschaft nicht die Grausamkeit begehen möge, gedachten Badeplatz, der so manchem Tausend armer Kinder die Gesundheit gewähre, gedachten lieben Kindern zu nehmen,“ und Andere endlich befürchteten, daß die Hyänen, angelockt durch den zuweilen allerdings sehr bemerklichen Leichengeruch der Kirchhöfe ihre Käfige durchbrechen und auf den Friedhöfen, ihrer afrikanischen Natur getreu, allerhand Unfug stiften möchten. „Daß die Annehmlichkeit und jetzige Sicherheit der dortigen Gegend,“ sagt Einer, „durch die Nähe der wilden und zahmen Thiere dieser Menagerie nicht gerade gewinnen wird, ist wohl unzweifelhaft; mindestens wird man mit Sicherheit darauf rechnen können, daß der Miethbegehr nach Anlage und Vollendung des zoologischen Gartens sinken wird. Es ist doch immerhin möglich, wenn auch die Wahrscheinlichkeit nicht eine sehr große sein mag, daß durch Unvorsichtigkeit oder mangelhafte Einrichtung eine der Bestien sich veranlaßt fühlen möge, die Umgegend zu besuchen. Daß das aus einer Menagerie herrührende Geheul, das sich bekanntlich Nachts meist verstärkt und ohnedies dann empfindlich anzuhören ist, gerade keine Annehmlichkeit für die Bewohner der Umgegend ist, versteht sich von selbst.“ Von dem Nutzen, welchen ein zoologischer Garten bringt, schien man auch nicht gerade eine richtige Vorstellung gewonnen zu haben; wenigstens sagt Einer: „Von eigentlichem Nutzen kann doch durchaus nicht die Rede sein; denn einen Löwen von einem Tiger zu unterscheiden, weiß jeder Schulbube von sechs Jahren, da er so etwas aus Büchern, Menagerien u. dergl. längst gelernt hat.“ In dieser und ähnlicher Weise tummelte man sich auf dem in Hamburg keineswegs streng umschrankten Felde der Presse weidlich umher, und alle die angeregten Gründe schienen so wichtig, daß der von der Bürgerschaft zum Bericht niedergesetzte Ausschuß sie besonders widerlegen und u. A. ausdrücklich hervorheben zu müssen glaubte, daß außer den Hyänen und einigen Vögeln kein Raubthier Leichen frißt, und diese daher nicht durch Leichengeruch gereizt werden können.

Doch Senat und Bürgerschaft bewilligten das Gesuch der Gesellschaft, die Arbeiten konnten beginnen, und begannen auch mit einem Eifer, welcher selbst den Hamburger in Erstannen setzte. die Herren Ernst von Merck, A. Meyer, Schiller, Booth, de Craecker, Droege, Föhring, Hanbury, Lieben, Möbius, Nölting und Ruperti, welche am 20. Januar 1860 zuerst als vorläufiger Ausschuß zur Gründung eines Thiergartens zusammengetreten waren, wurden von der inzwischen gebildeten Gesellschaft zum Verwaltungsrath ernannt, die zunächst festgestellten 250,000 Mark Banco zusammen gebracht, die Baumeister erwählt und zunächst mit der Entwüstung und Bearbeitung des Grund und Boden begonnen,

Eine Menge von Geschenken flossen der Gesellschaft zu, mehrere Thierhäuser wurden von freigebigen Hamburgern erbaut und andere wenigstens durch reichliche Beiträge ermöglicht. Selbst die Damen sammelten eifrig Gelder ein und erreichten ihren Zweck, sodaß von ihren Beiträgen ein Thierhaus erbaut werden konnte. Schon im November 1862 war der größte Theil der begonnenen Bauten vollendet, zugleich aber auch das Geld ausgegeben. Der Verwaltungsrath sah sich deshalb genöthigt, in einer Versammlung der Actionäre neue 100,000 Mark Banco zu beanspruchen. Sein Gesuch fand fast einstimmige Annahme, und die betreffende Summe war innerhalb 24. Stunden gedeckt. Der gelinde Winter von 1862 zu 1863 förderte die Arbeit in unerwarteter Weise, und so konnte der Verwaltungsrath schon am 16. Mai dieses Jahres den festlich geschmückten Garten der Oeffentlichkeit übergeben. Von diesem Tage an sind die Arbeiten ohne Unterbrechung fortgeschritten, und gegenwärtig denkt man bereits wieder daran, neue Gelder herbei zu schaffen, um das Unternehmen so schleunig als möglich seiner Vollendung zuzuführen; daß auch diese dritte Forderung des Verwaltungsrathes bewilligt werden wird, unterliegt keinem Zweifel.

Leider aber ist die Freude an dem Gedeihen und Blühen des Gartens keine ungetrübte. Auch unsere Anstalt erlitt durch das am 6. Juli erfolgte Hinscheiden des Freiherrn Ernst v. Merck einen überaus schweren Verlust. Die Beliebtheit dieses allverehrten Mannes, sein ewig reger Feuergeist und seine gewinnende Liebenswürdigkeit haben dem Garten unberechenbar genützt. Wie allgemein dies anerkannt wird, geht daraus hervor, daß man beabsichtigt, das dem Andenken Merck’s gewidmete Denkmal gerade im Garten, seiner liebsten Schöpfung, und zwar in Gestalt eines großen Gebäudes auszuführen.

Auf der Karte nimmt sich der Grundriß des Hamburger Thiergartens ziemlich sonderbar aus. Der Platz, welcher, beiläufig bemerkt, über 1 ½ Million Geviertfuß enthält, ist so unregelmäßig, als möglich, und namentlich durch eine sehr auffallende Verengung im ersten Drittheil seiner Länge unerquicklich eingeschnürt. Der Gartenbaumeister Jürgens aber hat es verstanden, demungeachtet eine höchst anziehende Anlage zu schaffen, und die beiden Baukünstler Meuron und Haller haben das Ihrige redlich gethan, durch passende Gebäude diese Anlage zu schmücken. Aus der früheren Ebene ist jetzt ein mannigfach bewegter Boden geworden. Das Erdreich, welches in und neben dem früheren Badeteiche lag, bildet jetzt einen Hügel, welchen man mit gleichem Rechte, wie viele andere unbedeutende Erhöhungen in der norddeutschen Ebene, „Berg“ nennen kann. Man hat künstliche Wasserläufe, selbst Wasserfälle geschaffen, Grotten erbaut und Felsen aufgethürmt, das landschaftliche Gepräge überhaupt so viel als möglich festgehalten und gerade hierdurch das Eine erreicht, jeden Besucher des Gartens zu befriedigen. Mit vieler Mühe und großem Kostenaufwand sind überall Bäume und Gesträuche gepflanzt worden, und wenn es auch bis jetzt noch sehr an Schatten fehlt, so wird diesem Mangel doch sicherlich abgeholfen werden, eher, als man denkt. Die Zahl der Gebäude ist bereits eine sehr namhafte, und die meisten sind bei aller Einfachheit höchst geschmackvoll ausgeführt. Dabei hat man das Wesen und die Eigenthümlichkeiten der Thiere so viel als möglich in Betracht gezogen und mit größter Sorgfalt für jedes einzelne Thierhaus die geeignetste Stelle herausgesucht.

In dem vordern Theil des Gartens, zu dem man durch ein einfaches, aber hübsches Thor gelangt, herbergen die Hirsche, Raubvögel, Hühner und eins der sonderbarsten und unschönsten Beutelthiere, der Wombat, welcher zur Bestätigung des oft gehörten Ausspruches, daß die Gegensätze sich berühren, in einem äußerst niedlichen Häuschen wohnt. An der schmalsten Stelle des Gartens steht das Affen- und Eichhörnchenhaus und das Maschinengebäude, welches die Anlagen mit Wasser zu versorgen hat. Unmittelbar neben dem Maschinengebäude beginnt oder endet der Wasserlauf. Man geht zuerst an einem längeren, bachartigen, [807] durch Anlagen und kleine Thierbehausungen mannigfach verzierten Graben dahin und gelangt sodann zu dem größten Teich des Gartens, auf welchem sich eine namhafte Zahl von Schwimmvögeln in größerer Freiheit als irgend wo anders umhertreibt. Links vom Wege ab liegt die Wolfsschlucht, ein höchst gelungener und durchaus eigenthümlicher Bau, welcher dem Wesen des Wolfes entspricht und der Phantasie des Beschauers den weitesten Spielraum läßt. Weiter nach Südwest hin erhebt sich der bereits genannte Hügel, den später eine Ruine krönen soll. An seinen Gehängen liegen die Behausung der Schafe, der kleinen Raubthiere, der Schweine und das Gehege der Waldhühner. Am oberen Ende des Teichs hausen die Bisons und asiatischen Büffel, die Tapire, das Wasserschwein, die Bisamschweine, der Fischotter und die Rohrdommeln, neben dem obern Wasserlauf, der einen Gebirgsbach darstellt, die Kraniche, Marabus, Flamingos, Ibisse und ähnliche Stelzvögel.

Ein anderer Weg führt von hier aus an dem sogenannten Oekonomieschuppen vorüber, in welchem vorläufig noch die Raubthiere untergebracht sind, zur Wohnung des Inspectors, zum Straußenhause, dem innerafrikanische Hütten zum Muster gedient haben, dem Spechtkäfig und endlich zu dem Bärenzwinger, bis jetzt eins der großartigsten Gebäude des Gartens. Nördlich von ihm breitet ein zweiter Teich sich aus, welcher sein Wasser von einem versteckten, durch die Maschine gefüllten Becken empfängt, nachdem es eine in Tuffstein ausgeführte Grotte durchflossen hat und ungefähr zwanzig Fuß über Felsen hinabgestürzt ist. Der weitere Weg führt von hier aus zwischen den Lamas und Kameelen hindurch zu den Kängurus und von hier aus durch eine Baumallee, in welcher bei gutem Wetter Ara’s und Papageien ihr Wesen treiben, zu den Gemsen und Mufflons, welche ein sehr nettes Schweizerhäuschen bewohnen, das auf einer zweiten Grotte errichtet ist. Nunmehr wendet man sich wieder rückwärts und kommt zunächst zu dem vorläufigen Erfrischungsgebäude, dem Gehege der Stachelschweine und Agutis, dem Becken der Seehunde, dem Blockhause, in welchem Zebus, Antilopen und Wildesel wohnen, und endlich, entweder längs des Teiches fortschreitend, oder mehr an der nördlichen Grenze dahingehend, auf den Mittelweg des Gartens zurück. Ungefähr ein Viertheil des gesammten Raumes ist gegenwärtig durch eine Umplankung von dem übrigen getrennt. Dieser Theil wird enthalten das bereits vollendete Aquarium, das großartigste, welches es giebt, das Raubthierhaus und ein großes Wintergebäude, in welchem Vögel und Lurche zugleich mit untergebracht werden sollen, während der Mittelbau bestimmt ist, dem Andenken Merck’s gewidmet zu werden. Für Erhaltung größerer Plätze, welche später Antilopen, Giraffen, Elephanten, Nilpferden und dergleichen raumbedürftigen Thieren zum Aufenthalt gegeben werden sollen, ist Sorge getragen worden, und außerdem Hoffnung vorhanden, daß durch die zu erbauende Verbindungsbahn zwischen Hamburg und Altona möglicherweise noch ein etwaiger Zuwachs an Grund und Boden entstehen kann.

Schon gegenwärtig bietet die Bevölkerung des Gartens des Anziehenden und Unterhaltenden genug. Wir sind von dem Grundsatze ausgegangen, zunächst wenigstens gewisse Familien so vollständig als möglich zusammenzubringen, zumal solche, deren Mitglieder gern zu Geschenken benutzt werden. Und Geschenke erhält der Hamburger Garten mehr als jeder andere. Es verdient hervorgehoben zu werden, wie sehr jeder Hamburger, der in der Fremde lebt oder dort auch nur Verbindungen hat, bestrebt ist, dem Garten irgend ein Thier von fern her zuzuführen. Fast jedes Hamburger Schiff, welches von einer weiten Reise zur Heimath kehrt, hat für uns etwas an Bord. Wir dürfen ohne Uebertreibung behaupten, daß fast jeder Tag uns ein Geschenk bringt, durchschnittlich gewiß.

Für den Kundigen ist es ein Genuß, unsere fast überfüllten Gehege zu betrachten, und selbst der Laie, welcher sich mühen muß, ein Thier von dem andern zu unterscheiden, lernt staunen über die Mannigfaltigkeit, welche wir schon jetzt dem Beschauer bieten können. Funfzehn Arten von Hirschen bevölkern den Vordertheil des Gartens, und gar stolze und stattliche sind darunter! Der Norden und Süden hat sie geliefert: das nordische Elch fehlt ebensowenig, als der amerikanische Wapiti. Neben dem seltenen Barasingahirsch steht der zierliche Spießhirsch aus Amerika, neben dem Pampashirsch der stolze Mähnenhirsch. Das große Raubvögelgebauer ist jetzt schon zu klein und bereits so überfüllt, daß viele gleich starke Arten untereinander leben müssen. Raubvögel aus Amerika, welche noch niemals lebend in Europa gezeigt wurden, zählen wir mit Stolz zu der Einwohnerschaft unseres Gartens. Das Gleiche gilt von unserm Hühnerhaus, in welchem zur Zeit noch eine sehr gemischte, aber der Beachtung im höchsten Grade würdige Gesellschaft lebt. Für dieses Haus brachte uns von der Decken aus Mittelafrika ein lebendes Perlhuhn mit, von welchem man bis jetzt nur einen einzigen Balg nach Europa gesandt hatte. Daß die Steppenhühner aus der Mongolei, welche in diesem Jahre schaarenweise Deutschland besuchten und mir zu ausführlicherer Beschreibung Veranlassung gegeben haben, uns nicht fehlen, will ich besonders hervorheben. Ein kleines Rindenhäuschen beherbergt Eichhörnchen und Aeffchen, ein anderer Käfig, welchen die Zweige einer Traueresche ganz umhüllen, eine Gesellschaft von Nachtreihern, so natürlich als möglich, und auf dem Teiche tummelt sich in buntem Gemisch eine zahlreiche Gesellschaft von Möven, Gänsen, Enten und Schwänen umher. Gerade dieser Teich pflegt die Beschauer besonders anzuziehen, und in der That bietet er ihnen ein Schauspiel, wie man es so leicht nicht wieder haben kann. Ich bin von dem Grundsatze ausgegangen, unsern Thieren so viel Freiheit als möglich zu gewähren. Diejenigen, welche leicht wieder zu erlangen sind, habe ich gar nicht in ihrem Treiben behindert. Möven und Enten, welche wir jung erhielten und bezüglich ausbrüten ließen, sind anfangs mit großer Vorsorge gepflegt worden und haben in unserm Garten wirklich ihre Heimath gefunden. Das Jägerauge blickt verwundert auf die Wildenten der verschiedensten Art, welche vom Wasser sich erheben, hoch auf in die Luft steigen, oft halbe Stunden lang aus dem Garten sich entfernen und doch regelmäßig wieder auf dem See desselben einfallen. Mehr als hundert kleine Möven führen alltäglich prächtige Flugspiele über dem Wasser auf, die schwarzen Störche fliegen nach ihrem Belieben aus und ein. Gar oft kommt es vor, daß diese Halbwilden von der Elbe und Alster oder sonst woher Gäste mitbringen, und manchmal haben wir Hunderte von ihnen zu bewirthen. Wie sehr ein Garten durch diese Bewohnerschaft belebt wird, vermag sich nur Der vorzustellen, welcher wirklich unsere munteren Schaaren selbst gesehen hat.

Ueber unsere kleinen und großen Raubthiere kann ich mich hier nicht verbreiten. Gerade unter ihnen finden sich so viel theilnahmswerthe Gesellen, daß ich mir nicht vorgreifen, sondern sie mir lieber zu ausführlicher Schilderung an diesem Orte aufbewahren will. Dann verdienen noch unsere Kängurus einer besondern Erwähnung; denn gerade diese merkwürdige Familie besitzen wir in ziemlicher Vollständigkeit. Arm sind wir zur Zeit noch an Affen und an Schmuckvögeln, deren Behausungen entweder noch im Bau begriffen sind oder erst gebaut werden sollen. Immerhin aber beherbergt unser Garten schon jetzt 1200 Thiere in fast 300 Arten.

Es ist erfreulich, zu melden, daß der Besuch unsers Gartens die Anstrengungen, welche die Gesellschaft gemacht hat, über Erwarten belohnt. In den seit Eröffnung verflossenen fünf Monaten haben fast eine Viertelmillion (212,000) Personen den Garten besucht, Actionäre, Abonnenten und Frei- oder Armenschüler ungerechnet. An einem einzigen Sonntage wurden bei ermäßigtem Eintrittsgelde 38,285 Karten ausgegeben. Die Einnahmen sind dem entsprechend ganz ausgezeichnet gewesen und haben die Lebensfähigkeit der jugendlichen Anstalt zur Genüge bewiesen.