Blühende Dornen
Blühende Dornen.
Am Wege steht ein Strauch,
Dem Dornen nur beschieden,
Weßhalb er in der Welt
Verlassen und gemieden.
Des Vogels Fittig eilt,
An ihm vorbei zu schweifen,
Damit die Aeste nicht
Den Glanz der Federn streifen.
Es rauscht an ihm dahin
So kalt des Baches Welle;
Zum Ort der Ruhe wählt
Kein Wand’rer diese Stelle.
So steht er lange Zeit,
Von Trauer übergossen;
Da ist ihm über Nacht
Ein Blüthenmeer entsprossen.
Noch mahnt des Winters Spur
An Welken und Verblühen,
Indeß schon hell an ihm
Des Lenzes Herzen glühen.
Was giebt’s, das seiner Pracht,
Dem Schmelz der Blüthen gleiche?
Ein König, steht er da
Im großen Schöpfungsreiche.
Es strömt sein Wohlgeruch
Empor gleich Opferdüften;
Der Lerche Morgenpsalm
Erklingt ihm aus den Lüften.
So ist der Dornenstrauch
Zuerst bestimmt auf Erden,
Im weiten Frühlingsdom
Altar des Herrn zu werden.
Karl Schäfer.