Briefwechsel über die Handlohnbarkeit der sogenannten Gemeind-Nutzungen, besonders wenn sie unter die Gemeindsleute einzeln vertheilt werden

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Autor: Johann Christian Rebmann
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Titel: Briefwechsel über die Handlohnbarkeit der sogenannten Gemeind-Nutzungen, besonders wenn sie unter die Gemeindsleute einzeln vertheilt werden
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aus: Journal von und für Franken, Band 5, S. 3–13
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
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Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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I.
Briefwechsel über die Handlohnbarkeit der sogenannten Gemeind-Nutzungen, besonders wenn sie unter die Gemeindsleute einzeln vertheilt werden.
a) Schreiben.

In dem hiesigen kleinen Fürstenthum, wie in den übrigen Theilen Teutschlandes, fangen die Gemeinden an, ihre entbehrliche Weid- und verödete Waldplätze urbar zu benutzen und in die Güter zu vertheilen.

 Sothane Bauerlehen- und Söldengüter sind der Commun-Nutzbarkeiten berechtigt und mehrentheils mit einem Handlohn bey vorgehenden Veränderungen des Besitzers behaftet.

 Nun wollen sich Zweifel anspinnen, ob die befragten Gemeindplätze in der Einschätzung zum Handlohn

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a) gar nicht absonderlich anzurechnen, oder
b) in besondern Anschlag zu bringen, oder im Gegentheil
c) von der Massa des ganzen Wehrts eines Gutes oder Sölden gar wiederum abzuziehen seyn möchten?

 Ich pflichte der ersten Meinung bey, weil

1) die handlohnbare Güter zu den Gemeindnutzungen vorhin berechtigt, folglich diese ein Appertinens reale von jenen gewesen, auch in dieser Eigenschaft

2) den Wehrt des Guts schon zu erhöhen geholfen haben, daß folglich

3) die Gemeindutilitäten entweder ad b) in zweyfachen Anschlag kämen, oder ad c) ein Appertinens reale von dem Gut unbilligst getrennt würde, endlich

4) weil dergleichen Gemeindgüter im wahren juristischen Sinn quoad dominium nicht singulis, sondern toti universitati zuständig, daher nicht verkäuflich, sondern nur der Gütermassa des gemeindsberechtigten Hofes anklebend sind.

 Der Satz ist augenfällig richtig, daß ein Bauernhof in einer Gemeinde, welche mit geraumigem Weidgang und schönen| Waldungen versehen, bey gleicher Gütermassa mehrere Kaufsliebhaber finden werde, als in einer Commun, wo dergleichen Nutzbarkeiten fehlen: mithin scheinet mir auch die Folge richtig zu seyn, daß letztere abgesonderter weder angeschlagen noch weniger abgezogen werden dürfen.

 Insgemein pflegt zu Gunsten der Handlohnsfreyheit vorgeschützt zu werden: „die Commun sey nicht laudemiabel; die Gemeindsgründe vorhin nicht handlohnbar gewesen; sie würden es aber werden, wenn die vertheilten Güter von der Taxation nicht decurtirt würden etc.“

 Ich glaube mit Bestand antworten zu dürfen: die Gemeinds-Nutzbarkeiten an Weide, Waldungen etc. sind vor der Vertheilung in einem abgesonderten Anschlag oder unmittelbar nicht, wohl aber im Ganzen und mittelbar laudemiabel gewesen, weil sie zur Vermehrung des Wehrts eines Hofgutes unwidersprechlich beygetragen haben.

 Würden aber die vertheilten Communplätze gar abgezogen, so würde der Lehenherr des vorhin genossenen Rechts und resultirenden höhern Wehrts offenbar verlustiget werden.

|  Ob nun meine Meinung irrig sey, oder Beyfall verdiene, darüber wünsche Dero Beurtheilungsgründe zu vernehmen, mit der weitern gefälligen Nachricht, wie es hierinn in Hochfürstl. Bambergisch. Wirzburgisch. und Bayreut. Landen gehalten zu werden pflege.

 Vielleicht sind Euer etc. besondere dahin abzielende Landes- oder Rechnungs-Ordnungen, oder einige cameralistische oder juridische Bücher bekannt, welche mir namhaft zu machen bitte, um solche anschaffen zu können. Was hierüber Lange ad Iodocum Beck de Laudemio und Struben de iure villicorum berührt haben, ist mir wohl bewußt.

 Herr von Pfeifer unterstellet wegen Besteurung der Commungüter und Viehes fast gleiche Grundsätze, welche mir gar nicht entgegen sind. Sonst ist mir über diesen Gegenstand keine besondere Abhandlung zu Handen gekommen. Die Fürstl. Bayreut. Handlohnsordnung lese in mehrern Büchern angezogen und gerühmt, ich besitze aber solche nicht, weiß auch nicht, ob sie gedruckt sey. Vielleicht enthält sie| etwas von dem Handlohn der Gemeindnutzungen.

 Ich verharre etc. etc.


b) Antwort hierauf von dem Reichsritterschaftl. Steigerwaldisch. Cassierer Rebmann.

 Je mehr ich mich durch Euer etc. Schreiben vom 15 dieses Monats, in Betreff des Handlohns von Gemeindstücken, welche eine Dorfsgemeinde bisher gemeinschaftlich genossen hat, jetzt aber an ihre einzelne Mitglieder zur Urbarmachung vertheilet, beehrt finde, um desto mehr wünsche ich, daß meine gegenwärtige Antwort Ihrer Erwartung ein vollständiges Genügen leisten möge.

 Allgemein ist bekannt, daß das Handlohnsgefäll nicht nur in jedem Land, sondern oft auch in jedem Dorf nach einer besondern Observanz erhoben werde, ja oft findet sich in einem einzigen Dorf drey und mehrerley Herkommen. Es folgt daraus, daß man sich der Billigkeit gemäß nach jedem einzelnen Herkommen richten müsse, und dann erst nach allgemeinen Grundsätzen verfahren könne, wenn jenes nichts entscheidet.

 Eine von den allgemeinen und gewiß von Niemand widersprochenen Regeln ist| wohl diese, daß daß nur der Dominus directus von den lehenbaren Gütern Handlohn zu erheben befugt sey. Nun kann sich aber in einem vermischten Dorfe ein einzelner Vogteyherr der Lehensherrlichkeit über die der Gemeinde zuständige Almends-Güter gewiß nicht anmassen, wenn schon seine einzelne Unterthanen an der Abnutzung derselben Antheil nehmen. Er ist also auch nach allgemeinen Gründen nicht befugt, ein Handlohn davon zu verlangen, es mag sein Unterthan im Allgemeinen einen Nutzen davon haben, oder es mag ihm sein Antheil zur besondern Bebauung und Nutznießung zugetheilt werden. Wirklich habe ich daher auch gefunden, daß die Freyherrl. F. ... Unterthanen in dem Wirzburgl. Ort D – im Amt G. ... diese Freyheit genießen, dergestalt daß entweder von dem bedungenen Kaufschilling oder dem Schätzungs-Betrag eines Guts allezeit ein vestgesetztes Quantum für die Gemeind-Nutzungen abgezogen und handlohnfrey passirt wird. Würden hier die Gemeindgründe vertheilt, und jedem Inwohner, was ihn betrifft, einzeln eingeräumet, so ist wohl kein Zweifel, daß die Freyherrl. F. ... Familie kein Handlohn davon erheben oder verlangen| könnte. Allein dieses ist der einzige Ort, wo ich ein solches Herkommen wahrgenommen habe, sonst aber ist unter so vielerley Herrschaften, deren Rechnungen ich dem hundert nach eingesehen und revidirt habe, allgemein, sowohl in vermischten als unvermischten Ortschaften, gewöhnlich, daß, wenn ein Gut, Sölde oder Haus mit allen Rechten, Ein- und Zugehörungen, folglich auch mit dem darunter begriffenen Gemeindrecht an Hut, Weide, Abnutzung der Gemeindwaldungen etc. verkauft, oder in dazu geeigneten Fällen eingeschätzt wird, das Handlohn von dem ganzen Kaufschilling oder Schätzungswehrt erhoben – und für das Gemeindrecht nichts abgezogen, oder handlohnfrey passirt wird: denn der Lehen- oder Eigenthumsherr reichet dem Lehenmann nicht bloß die zu dem Lehengut gehörige Gründe, sondern auch das demselben anklebende Recht zu der Gemeindnutzung zum Lehen. Wenn ein Gut nicht überhaupt, sondern nach seinen abgesonderten Theilen eingeschätzt wird, pflegt man das Gemeindrecht besonders zu würdigen und zum handlohnbaren Anschlag zu rechnen. Ja ich habe mehr als dreyßig Fälle sowohl bey Güterzerschlagungen als andern Veranlassungen| in Rechnungen gefunden, wo das Recht an den unvertheilten Gemeindnutzungen Antheil zu nehmen, von einem Besitzer an den andern besonders verkauft und allemahl das Handlohn ohne Widerrede dem Lehenherrn des Unterthans entrichtet worden.

 Da nun bey diesem Herkommen die Gemeindnutzung handlohnbar ist; so würde allerdings der Lehenherr seines ausgeübten und hergebrachten Rechts entsetzet werden, wenn nach Aufhebung der Gemeinschaft jeder Gemeindsmann seinen Antheil besonders benutzen, und solchen nicht mehr verhandlohnen wollte. Des letzten Vortheil würde dadurch sehr vergrößert; denn eines theils kann er den auf ihn fallenden Antheil besser als vorhin benutzen, und andern theils entledigte er sich dadurch des bisher aufgehabten Handlohns; der Lehenherr würde aber dabey sehr einbüßen, weil ein Hof, Gut, Sölde oder Haus natürlicher Weise nach Absonderung des Gemeindrechts nicht mehr so viel als vorhin wehrt ist, folglich auch nicht mehr so viel Handlohn gibt.

 Euer etc. mir geneigtest überschriebene Meinung ist also der allgemeinen Observanz und der Billigkeit gemäß, so daß meines geringen Erachtens kein Unterschied ist, ob a)| die Gemeindgüter gemeinschaftlich oder b) vertheilter genossen, und ob sie c) bey einem Gut als dessen Zugehörungen oder d) abgesondert verkauft- oder eingeschätzt werden. Allemahl bleiben sie dem Handlohn unterworfen, wenn sie bisher auf obige Art damit belegt gewesen sind.

 In einem unvermischten oder alleinherrischen Ort, wo Grund und Boden vor der Anbauung dem Ortsherrn zuständig war, findet sich gar kein Anstand bey der Sache; denn das Ganze gehört dem Herrn. Was der Gemeinde zur Hutweide oder zur Behölzung verwilligt war, kann sie ohne desselben Vergünstigung nicht verändern. Mir sind daher sehr viele Fälle bekannt, wo man öde oder zur Hut bestimmte Plätze nicht anders urbar machen und unter die Gemeindsleute vertheilen ließ, als daß sie, wie einzelne fliegende Lehen, nicht nur mit dem Handlohn, sondern auch mit einem proportionirten Grundzins belegt worden, und kein einziger Unterthan hat es anders verlangt oder etwas darwider einzuwenden begehrt.

 In gemeinschaftl. Orten wird dieses Recht billig auch gemeinschaftlich ausgeübt, so daß jeder Herr nach der Anzahl seiner darin habenden Unterthanen daran Theil nimmt.

|  Wenn aber in einem vermischten Ort ein Herr allein die Dorfsherrschaft hergebracht hätte, scheint es, als ob die Gemeindrechte von ihm allein abhingen, und aus diesem Grund mag die oben angeführte Observanz zu D – – – herrühren. Allein er ist doch nicht Eigenthums- oder Lehenherr über die Gemeindgüter eines vermischten Orts, und kann also von Rechtswegen über die Antheile der darin befindlichen fremdherrschaftl. Unterthanen nichts verfügen, noch weniger ihre reichsunmittelbaren Lehenherren des bisher unter dem ganzen Kaufswehrt erhobenen Handlohns entsetzen.

 Die Hochfürstl. Brandenburg-Bayreut. Handlohnsordnung ist niemahls gedruckt worden. Sie entscheidet vom gegenwärtigen Fall gar nichts, man müßte denn daraus, daß unter den handlohnfreyen Dreingaben die Antheile der Unterthanen an den Gemeindgütern nicht benennt sind, argumentiren, daß sie also als handlohnbar angesehen werden, und so wird es auch meines Wissens in praxi beobachtet. Gleiches kann ich auch von Anspach. Ämtern versichern.

 Mit einem Wort, niemahls habe ich, ausser zu D – – – gefunden, daß die| Gemeindgüter-Antheile handlohnfrey gelassen worden sind.

 Ein anderes Verhältniß hat es aber mit solchen einer Dorfsgemeinde zuständigen Grundstücken, welche bereits urbar gemacht sind; die zum Besten des gemeinen Seckels verpachtet werden, und wovon Singuli nichts genießen. Wenn diese bisher zins- gült- und handlohnfrey gewesen, so können sie auch neuerlich nicht damit belegt werden, wenn sie schon, wie nicht zu vermuthen ist, unter die einzelnen Gemeinsgenossen vertheilt werden sollten.

 Von einem andern Autor, als denen, die Euer etc. schon angeführet haben, ist mir über diesen Gegenstand nichts bekannt.

Ich empfehle mich etc. etc. 
Erlang den 21. Julii 1791.