C. A. Preibisch, Reichenau, Mechanische Weberei, Färberei und Appretur und Westgarnspinnerei

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Titel: C. A. Preibisch, Reichenau, Mechanische Weberei, Färberei und Appretur und Westgarnspinnerei
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aus: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil, in: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild.
Herausgeber: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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C. A. PREIBISCH, REICHENAU I. SA.


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C. A. Preibisch, Reichenau
Mechanische Weberei, Färberei und Appretur und Westgarnspinnerei.

In den vierziger und fünfziger Jahren wurde in Reichenau – was die Textilbranche betrifft – in der Hauptsache die Fabrikation von rohen Kattunen betrieben, und zwar durch Handweberei, deren Produkte zumeist an Zittauer Handelshäuser zur Ablieferung gelangten, um von diesen für die Märkte hergerichtet und verkauft zu werden.

Mit dem Heranwachsen des Maschinenbetriebes zu jener Zeit bildete sich aber eine immer stärker werdende Konkurrenz, die in raschem Gange zur Unterdrückung dieser Kattun-Handweberei, sowie eines weiteren Aushilfsmittels: schwarze und couleurte Orleans in Lohn für Berliner Häuser auf Handstühlen zu produzieren, führte.

Dem damit gegebenen Impulse, sich der Herstellung eines günstigeren Artikels zuzuwenden, folgte der Gründer der Firma C. A. Preibisch, Herr Carl August Preibisch, im Jahre 1859, indem derselbe eine Mechanische Weberei von 40 Stühlen, nebst dazu unerläßlich nötigster kleiner Appretur- und Färberei-Anlage für die Fabrikation halbwollener Damen-Kleiderstoffe, vorerwähnter sogenannter Orleans, ins Leben rief, einer Webfachbranche, die bis dahin gewissermaßen Monopol der englischen Industrie gewesen und in Deutschland erst von zwei Firmen eingeführt war.

Der mit hoher Intelligenz und seltener Schaffenskraft gepaarten unermüdlichen Thätigkeit des Genannten gelang es, nach bewundernswürdiger Überwindung aller entgegenstehenden großen Schwierigkeiten nicht allein seinem Unternehmen einen gedeihlichen Aufschwung zu bereiten, sondern damit auch für Reichenau, welches gegenwärtig noch sieben gleichartige, geschlossene Etablissements mit Maschinenbetrieb besitzt, in segensreichster Weise eine Quelle reger Arbeit zu erschließen, die in all den Jahren daher, auch unter den erschwerendsten Zeitläufen, nie versagt hat.

In stetig erfreulichstem Wachstume ist die Firma C. A. Preibisch auf dem Wege der Entwicklung dieses für Reichenau neuen Erwerbszweiges würdig vorangegangen. Sie hat im Laufe der Jahre zu der Fabrikation halbwollener, ganzwollener, teilweise auch baumwollener [Ξ] Damen-Kleiderstoffe, von Geweben für Herren-Konfektionsartikel und in jüngster Zeit auch einiger Spezialitäten für Export – unter ausgiebigster Vergrößerung ihrer Appretur- und Färberei-­Anlagen – auch noch eine Westgarnspinnerei für den Bedarf der eigenen Webereien und eine zweite Fabrik im Oberdorfe errichtet, sowie ein Zweigetablissement im benachbarten Böhmen.

Die im Mitteldorfe gelegene Stammfabrik mit 40 Beamten und ca. 1000 Arbeitern enthält jetzt: eine Mechanische Weberei von 424 Stühlen, mit Garntreiberei, Ketten- Scheer- und Dressieranlage, die Westgarnspinnerei von 3300 Spindeln, mit allen erforderlichen Vorbereitungs-Einrichtungen, eine umfangreiche Appreturanstalt und Stück- und Wollgarnfärberei mit allem Zubehör, eine Maschinenbauwerkstätte, Tischler-, Schmiede-, Klempner- etc. Werkstätten, eine Anlage für elektrische Beleuchtung eines Teiles der Fabrik, sowie der herrschaftlichen Wohnhäuser und Kontore. Betrieb erfolgt durch 3 große und 9 kleine Dampfmotore von zusammen 270 Pferde­-Kräften und 5 Dampfkessel von zusammen 627 □m Heizfläche.

Die Fabrik im Oberdorfe mit ca. 200 Arbeitern umfaßt eine Mechanische Weberei von 114 Stühlen (dabei eine Anzahl Stühle für Lohnweberei halbseidener Waren), eine Anlage speziell für Baumwoll-Stranggarn- und Kettenfärberei und Stärkerei, sowie eine große Einrichtung zur Bereitung flüssiger Schmack- und Farbholzextrakte für eigenen Bedarf und Absatzgebiet in Deutschland und vollkommen trockener Extrakte für den Export nach Amerika. Betrieb vermitteln 2 große und 5 kleine Dampfmotore von zusammen 80 Pferdekräften und Dampfkessel von zusammen 350m Heizfläche.

Die Firma besitzt ferner: eine Steinkohlengasanstalt für eigene Zwecke in den Fabriken, sowie zur Beleuchtung eines Teiles des Dorfes und zur Abgabe an viele Private im Ort, mit 11 Chamotteretorten, 1 Dampfmaschine von 2 Pferdekräften und 1 Kessel von 4m Heizfläche; eine ca. 50 Arbeiter beschäftigende Ziegelei für Verblendsteine zu Rohbauten, mit 1 Dampfmaschine von 30 Pferdekräften und 1 Dampfkessel von 45m Heizfläche, mit einem Ringofen von 14 Kammern und mit einer Jahresproduktion von ca. 2½ Millionen Verblend-Steinen, die bisher, außer an verschiedenen sächsischen Plätzen, zumeist in Berlin für städtische und staatliche Bauten Verwendung fanden; eine zur Sicherung der Wasserrechte angekaufte Mühle im Oberdorfe, mit einer durch ca. 3-pferdige Wasserkraft getriebenen Farbholzraspelei und großem Mühlteiche; eine Ökonomie, 36 Arbeiter beschäftigend und 3 Bauergüter von zusammen 126½ Hektar Land mit Wohngebäuden und Scheunen umfassend, mit 2 Lokomobilen von je 10 Pferdekräften und 2 Dampfdreschmaschinen.

Außer mehreren herrschaftlichen Gespannen sind noch 18 Gespanne zur Herbeiführung des Fabrikenbedarfes von Kohlen und zum Dienste der Ökonomie vorhanden.

Eine Wasserleitung gußeiserner Rohre in Länge von ca. 12 000 Fuß, mit Hoch-­Reservoir von 40 000 □-Fuß Inhalt, versorgt aus einer ergiebigen Quelle in einer benachbarten böhmischen Waldung die Fabriken, sowie alle eigenen Wohngebäude und auch eine Anzahl Privathäuser im Dorfe mit gutem Trink- und Betriebswasser, und eine ähnliche Leitung gußeiserner Rohre von zusammen 5000 Fuß Länge führt das Wasser des Obermühlteiches ebenfalls nach den Fabriken.

Das Zweigetablissement der Firma für das Österreichische Geschäft,im benachbarten [Ξ] Dittersbach bei Friedland in Böhmen gelegen, enthält eine Mechanische Weberei von 326 Stühlen (darunter 36 schwere Lastingstühle), produziert dieselben Damenkleider- und Konfektionsstoffe, wie die Stammfabrik in Reichenau und pflegt besonders auch noch Lohn-­Färberei und Appretur, mit Spezialität der Ausführung von Anilinschwarz auf Oxydationsmaschinen eigenen Patentes für Baumwoll- und Halbwoll-Zanellas und Alpacca-Serges, Lastings etc. 2 große und 8 kleine Dampfmotore von zusammen 130 Pferdekräften und 6 Dampfkessel von zusammen 440m Heizfläche besorgen den Betrieb, 14 Beamte und 500 Arbeiter sind beschäftigt.

Im sächsischen Nachbardorfe Oppelsdorf betreibt die Firma mit 3 Beamten und 40 bis 50 Arbeitern ein Braunkohlenbergwerk (Johanneszeche), mit einer Fördermaschine und einer Dampfpumpe von ca. 26 Pferdekräften und 2 Dampfkesseln von zusammen 110m Heizfläche. Die geförderte Kohle kommt für den Bedarf der Fabriken nach Reichenau, wird aber auch zu besonders niedriggestelltem Preise an die Arbeiter der Firma abgegeben.

Sodann gehört der Firma noch eine mit den erprobt besten Einrichtungen versehene jetzt verpachtete Dampfmahlmühle im benachbarten sächsischen Orte Wald, mit einer Maschine von 25 Pferdekräften und einem Kessel von 40 □m Heizfläche, sowie nebenbei auch mit Wasserkraft.

Die vorbeschriebenen Besitztümer der Firma geben den besten Beweis, welch’ glücklichen Gedeihens dieselbe sich erfreut hat, und es sei nur erwähnt, daß auch niemals von ihr vergessen worden ist, alle ihre Beamte und Arbeiter dieses Segens in reichem Maße mit teilhaftig werden zu lassen.

Die Preibisch-Stiftung im Oberdorfe bietet 40 hilfsbedürftigen Kindern und alten Leuten in dem bestens dafür eingerichteten Geburtshause des Seniors der Firma Wohnung und Unterhalt, ein 1884 dazu gekommenes Krankenhaus, unter Leitung des ständigen Fabrikarztes und zweier Diakonissinnen, Hülfe und Pflege für 26–30 Kranke.

Seit 1866 besteht eine wohlbenutzte Fabriksparkasse.

Eine 1884, am Tage des 25-jährigen Fabrikjubiläums von den jetzigen Firmen­-Inhabern gemachte Stiftung von 25 000 Mark sichert treuverdienten Arbeiterinvaliden der Firma, nachdem die wohlunterhaltene Fabrikkrankenkasse ihre Verpflichtungen gegen sie erfüllt hat, schätzenswerte Pensionen.

Eine Häuserkolonie von sieben stattlichen Gebäuden, mit komfortablen Einrichtungen, in der Nähe der Stammfabrik, gewährt 37 Parteien, Beamten und Arbeitern, gegen billigen Mietzins vortreffliche Wohnungen.

Die mit der Gasanstalt verbundene Wannen-Badeanstalt ist den Arbeitern der Firma in geordnetem Turnus unentgeltlich zugängig.

In den Fabriken sind Speisesäle eingerichtet, damit die entfernt wohnenden Arbeiter ihr Mittagsbrot in Bequemlichkeit verzehren können, und in den Frühstück- und Vesper-Arbeitspausen gelangt gegen Selbstkostenpreis gutes Bier zum Ausschanke. Eine wohlequipierte und gut instruierte, 80 Mann starke Feuerwehr schützt nach besten Kräften die Fabriken und den Ort. Die Firma unterhält eine Fabrikschule und eine Kleinkinderschule in passenden Räumen.

An gebührender Anerkennung all dieses löblichen Strebens und Thuns seitens der hohen Staatsregierung hat es nicht gefehlt.

1869, nachdem kurz vorher Se. Majestät, der hochselige König Johann in Reichenau gewesen war und die Fabriken besucht hatte, wurde der Senior der Firma [Ξ] zum Königlichen Kommerzienrate ernannt und mit dem Albrechtsorden dekoriert. Leider entriß schon 1877 ein allzufrüher Tod Herrn Kommerzienrat Preibisch dem gesegneten Felde seines Schaffens und Wirkens und dem Kreise seiner Familie, zur herzlichsten Trauer aller derer, die sich des Glückes erfreut hatten, mit ihm verkehren zu können.

Seine beiden Söhne, die Herren Oskar Preibisch und Dr. Reinhard Preibisch, welche schon einige Jahre vorher in das Geschäft eingetreten und Prokuristen desselben geworden waren, übernahmen die Firma und sie haben es sehr wohl verstanden, dieselbe im Sinne und Geiste ihres seligen Herrn Vaters auf dem Wege des Gedeihens und stetiger Vergrößerung weiter zu führen.

Auch ihnen wandten sich bald und verdientermaßen staatliche und bürgerliche Auszeichnungen zu. Ihre Majestäten, König Albert nebst hoher Gemahlin, erfreuten Reichenau und die Fabriken mit höchstihrem Besuch. Herr Oskar Preibisch wurde zum Königlichen Kommerzienrat erhoben und gehört seit 1887 als Abgeordneter des ersten Wahlkreises der Sächsischen zweiten Kammer an.

Herr Dr. Reinhard Preibisch ward Ritter des Albrechtordens und Mitglied des Provinziallandtages der sächsischen Oberlausitz.

Bei den von der Firma beschickten Ausstellungen erhielt dieselbe 1867 in Paris und 1880 in Leipzig die silberne Medaille, 1873 in Wien die Fortschritts-Medaille.

Indem nun hierdurch in den Hauptzügen eine Beschreibung der bildlichen Darstellungen, sowie der Bedeutung der Firma Preibisch gegeben ist, erübrigt nur noch der Ausdruck des Wunsches und der Hoffnung, daß derselben in alle Zukunft das freundlichste Geschick bewahrt bleiben möge, zum Segen Reichenaus und des ganzen Bezirkes!