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Camenzer Wochenschrift, 30. März 1848

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Textdaten
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Autor: Krausche, Carl Samuel
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Titel: Camenzer Wochenschrift, Nr. 15
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Erscheinungsdatum: 30. März 1848
Verlag: C. S. Krausche
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Erscheinungsort: Kamenz
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Quelle: Commons=Stadtarchiv Kamenz
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Kamenzer Wochenschrift
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Nr. 15.

Camenzer Wochenschrift.


Donnerstag, den 30. März 1848.



Mit heutiger Nr. der Camenzer Wochenschrift ist das 1. diesjährige Quartal geschlossen. Indem um Bezahlung des fälligen Quartalbetrags und etwaiger Reste ersucht wird, bitten wir zugleich, Bestellungen oder Abbestellungen mit heutiger Nummer zu bewirken. Ohne daß eine Preiserhöhung für die Abonnenten eintritt, erscheint dieselbe auch fernerhin 2 Mal wöchentlich, Sonntags und Donnerstags, und ist durch alle Postämter und Zeitungsexpeditionen für 7½ Ngr. vierteljährl. zu beziehen. Inserate, die gute Verbreitung finden, wolle man gefälligst bis Sonnabend Mittag und Dienstag Abend einsenden.

Aufsätze, die mit unserer Tendenz übereinstimmen, werden gern unentgeldlich aufgenommen.

Expedition der Camenzer Wochenschrift.

Zeitereignisse.

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Camenz. Es kann gewiß von Niemanden verkannt werden, daß die Männer des öffentlichen Vertrauens, welche das neue Ministerium bilden, ein großes Opfer durch Annahme dieser dornenvollen Posten dem Vaterlande gebracht haben, und daß es deshalb auch der kraftigsten Unterstützung dieses Ministerii Seiten jedes Vaterlandsfreundes und der Kundgebung solcher Gesinnungen bedarf. Aus diesem Grunde hatte es die hiesige Behörde für angemessen gehalten, in der Person des Bürgermeisters Haberkorn und des Stadtverordnetenvorstehers Tilly eine Deputation abzusenden und durch dieselbe diesen Gesinnungen Namens der Stadt, Worte geben zu lassen. Demgemäß verfügten sich beide Abgeordnete am 22. d. M. nach Dresden und erhielten bei den Herren Staatsministern Braun und Georgi Vortritt; die Deputation stattete denselben den Glückwunsch der Stadt ab, sprach sogleich aber auch die zuversichtliche Erwartung aus, daß ein fortdauernd volksfreundliches Regierungssystem der Herren Staatsminister Leitstern, dies aber die sicherste Bürgschaft der steten Liebe des Volks und der kräftigsten Unterstüßung aller Regierungsmaaßregeln, Seiten jedes Einzelnen aus dem Volke seyn werde. Die Herren Staatsminister dankten für den Ausdruck dieser Gesinnungen, wiesen zugleich aber auch auf die von ihnen in dem Programme enthaltenen Zusicherungen hin und sagten nicht nur deren gewissenhafteste Erfüllung zu, sondern erklärten auch noch: daß sie, so weit es zum Wohle des Vaterlands gereiche, noch mehr als sie versprochen, wirklich auszuführen fest entschlossen und Willens seyen. Darum alle Unterstützung dem neuen Ministerio, so lange es volksfreundlich bleibt, woran Niemand zweifelt. –

Inland. Unterm 23. März ist vom Gesammtministerium eine Verordnung, die Angelegenheiten der Presse betr., erschienen. Ferner eine dergl. vom Ministerium der Justiz und des Innern, wonach sämmtliche Untersuchungen in Preßsachen niedergeschlagen und die deshalb zuerkannten und noch nicht vollstreckten Strafen erlassen werden. Durch Verordnung des Finanzministeriums ist die Ausführung von Pferden in andere als Bundesstaaten verboten worden.

In Leipzig wurde am 25. d., dem aus der Gefangenschaft zurückkehrenden Kragrügge von Erfurt zu Ehren, ein Banket gehalten. Demselben ward ein Ehrengeschenk überreicht, worauf er die Rednerbühne bestieg und den gewaltigen Kontrast schilderte: das Zuchthaus

27r Jahrgang. [2] und das Tribunal der öffentlichen Meinung. Weiter sprach Kragrügge: „wie er stets gestrebt habe, in alle Theile der Gemeindeverwaltung den Fortschritt einzuführen, weil ihm die Städteordnung mit ihren demokratischen Elementen stets als die Grundlage aller politischen Fortbildung erschienen sey. Ihre Gegner seyen nur die Gemächlichkeit, der Schlafrock und die Schreibstube. Er sey nicht wegen Beleidigung gegen das gräßliche Elternpaar, welches seine Tochter noch umgebracht hätte, wäre er nicht wie ein retten der Engel dazwischen getreten, nicht wegen der Injurie im Zuchthaus gewesen, (bekanntlich ward als Vorwand seiner Verhaftung angegeben, er habe den Hrn. v. Ehrenberg in Erfurt der unmenschlichen Mißhandlung seiner Tochter fälschlich beschuldigt, was jedoch leider nur zu wahr ist), sondern man habe das Gesetz bloß als Mittel benutzt, um seine Tendenzen zu knechten, denn es sey ihm Begnadigung versprochen worden, wenn er seine politischen Meinungen ändere.“ Beim Schluß des Festes ward eine Sammlung für die nach Frankfurt zu Constituirung eines deutschen Parlaments abzusendenden Männer: Blum, Todt und Biedermann, veranstaltet. Zu gleichem Zweck wird in vielen Städten Sachsens gesammelt, so auch bei uns in Camenz, und wünschen wir dazu guten Erfolg!

In der Sitzung der Stadtverordneten zu Zittau am 21. März ward der Beschluß gefaßt „auf sämmtlichen zu Zittau gehörigen Dorfschaften in diesem Jahre keinen Stuhlzins zu erheben, auch den Webern sämmtliche Reste (ungefähr 3000 Thlr.) zu erlassen.“ An demselben Tage ward noch in einer Sizzung des Stadtraths und der Stadtverordneten beschlossen, für alle Zukunft keinen Stuhlzins mehr zu fordern, welcher Beschluß auch vom Bürgerausschuß bestätigt ward. Dieser Stuhlzins hat jährlich 1400 Thlr. betragen und kann also das Kapital, was Zittau zum Besten der Weber hergab, auf mindestens 30,000 Thlr. veranschlagt werden. Ferner beschlossen sämmtliche Corporationen, daß künftig die Commun bei Ablösung der Lehnwaare sämmtlichen Verpflichteten zugestehen wolle, nur 2 Veränderungsfälle für das Jahrhundert zu berechnen, während früher die Stadtkommun auf 3 Veränderungen bestand. Dadurch werden Hunderte von Prozessen im Keime erstickt und den Landgemeinden die Möglichkeit gewährt, ohne commissarische Erörterungen und Kosten für ein sehr geringes Kapital von der jetzt so lastig erscheinenden Verpflichtung befreit zu werden. Der Kapitalwerth dieses Zugeständisses ist eben so hoch anzuschlagen, wie der obige. Die Stadt Zittau, eine der größten Rittergutsbesitzerinnen Sachſens, hat hierdurch thatsächlich bewiesen, daß sie schnell den Geist der Zeit aufzufassen verstand. – Uebrigens waren bis 26. März, wo ein Bataillon vom Regiment Mar eintraf, keine Unruhen vorgekommen und sind die Zittauer auf alle Fälle wohlgerüstet.

Deutschland. Der König von Preußen ist bekanntlich gezwungen worden, um den Thron zu retten, alle Forderungen des Volkes gut zu heißen, er will aber noch mehr thun: er will sich „zur Rettung Deutschlands an die Spitze des Gesammtvaterlands stellen,“ wie er in einer seiner aus schönen Worten zusammengesetzten Proklamationen sagt. Ferner eröffnet er in einer Rede an das Volk, wobei er mit den deutschen Farben geschmückt, erschien: „Ich trage Farben, die nicht mein sind, aber ich will damit Nichts usurpiren, ich will keine Krone, keine Herrschaft, ich will Deutschlands Freiheit, Deutschlands Einigkeit, ich will Ordnung, das schwöre ich zu Gott. Ich habe nur gethan, was in der deutschen Geschichte schon oft geschehen ist, daß mächtige Fürsten und Herzöge, wenn die Ordnung niedergetreten war, das Banner ergriffen und sich an die Spitze des ganzen Volkes gestellt haben, und ich glaube, daß die Herzen der Fürsten mir entgegenschlagen und der Wille des Volkes mich unterstützen werden.“ Die Presse hat seit Wochen den König von Preußen aufgefordert, diesen Schritt zu thun, es wurde mit Kartätschen geantwortet, nun wird es nicht Wunder nehmen, wenn diese an die verhängnißvollen Worte: Es ist zu spät! erinnert, und wenn die Berliner jauchzen, so theilt das übrige Deutschland keineswegs diese Begeisterung, die vor dem [3] Besiegten die Waffen streckt. Deutschland kann den König von Preußen mit seinen großmüthigen Anerbietungen nicht brauchen; das deutsche Volk wird sich sein Parlament selbst bilden, anstatt es von der Gnade eines Monarchen, der unter sein Volk mit Kartätschen schießen läßt, seßen zu lassen. – Die Berliner haben mit Recht den Namen „die guten Berliner,“ sie sind „zu gut,“ zu besorgt, denn kaum sind ein paar Tage vergangen, daß auf ihr Begehren die Truppen, durch welche so viele Hunderte hingemetzelt worden, die Stadt verlassen haben, so kommen sie schon wieder mit devoten Bitten zu ihrem großen König und begehren deren Zurückrufung. – Das Großherzogthum Posen ist von dem König von Preußen freigegeben worden. Möge diesem Beispiele bald der Kaiser von Oesterreich folgen! – Von Unruhen in Polen hört man nichts weiter.

Die Bewilligungen des Königs von Hannover genügen dem Volke nicht, man verlangt mehr; bei dem Starrkopfe desselben kann man an fernerer Nachgiebigkeit zweifeln und eher glauben, daß er bei größerer Bedrängniß, wie der König von Baiern, abdanken werde.

Der Herzog von Braunschweig stellt dem deutschen Bunde seine Souveränitát zur Verfügung, er will als Deutscher in den Reihen der Krieger kämpfen.

In Schleswig-Holstein hat man sich auch geregt, die alte dänische Regierung vertrieben und eine provisorische gebildet, an deren Spizze Beseler, Prinz Friedrich von Augustenburg, Reventlow, Schmidt und Adv. Bremer stehen. Man will die Herzogthümer in ihrem Anschlusse an Deutschland und in ihren Rechten wahren und den König-Herzog, der sein bisheriges Ministerum (veranlaßt durch eine Deputation von 15,000 Personen) hat auflösen müssen, gegen die Uebergriffe und Forderungen der Dänen schützen. Allgemeine Volksbewaffnung wird sofort ins Leben treten und bereits haben in Kiel, wo der Magistrat zur Bewaffnung 7000 Thlr. verwilligt, sehr zahlreiche Unterzeichnungen dazu stattgehabt. Ein Gleiches ist auch in vielen andern Städten geschehen. Zur Einübung der Mannschaften will man deutsche Offiziere. Die in Schleswig liegenden Truppen werden das Volk ebenfalls unterstützen, denn sie sind Deutschlands Söhne und nicht Soldlinge und Knechte der Dänen. – Auf der Kieler Eisenbahn sollen, sobald als dänische Soldaten landen, auf Befehl der provisorischen Regierung die Schienen aufgerissen werden, damit diese nicht weiter zu befördern sind. – Uebrigens hat der. König von Preußen die provisorische Regierung für die Herzogthümer bestätigt und versichert, daß er dieselben in Wahrung ihrer Deutschthümlichkeit unterstützen werde.

Italien. Durch die Zeitverhältnisse und durch Pius IX. Beharrlichkeit ist endlich gelungen, was unglaublich schien. Die Jesuiten sind aus Rom verwiesen und haben es bereits verlassen. Auch aus dem Königr. Neapel ist dieser Orden vertrieben worden, so daß ihm nun ganz Italien verschlossen ist. – Endlich hat der König von Neapel alle Forderungen der Sicilianer bewilligt und die Citadelle von Messina von den Truppen räumen lassen, jedoch sind die Sicilianer damit nicht mehr zufrieden, und es versammelt sich das sicilische Parlament, um ohne weitere Rücksichtnahme auf den König über das Wohl Siciliens zu berathen. – In Mailand ist der Aufstand gleichzeitig mit Berlin ausgebrochen, am 18., und soll der Vicekönig vom Volke gefangen seyn. In der ganzen Lombardei wüthet der Aufstand ebenfalls und Alles erklärt sich für den Anschluß an Sardinien. Auch hierher kam die Nachricht von den Concessionen des Kaisers zu spät! nicht so in Venedig, wo die Wiener Nachrichten allgemeine Freude erregten.


Ein Herzenswunsch. Der gleiche Wunsch durchglühet ohne Zweifel das Herz jedes Sachsen, nämlich der Wunsch: das Königshaus wieder der dessen Anherr Kurfürst August im Jahre 1697 unprotestantischen Kirche zugewendet zu sehen, welcher treu geworden, um dadurch seine Ansprüche auf den Thron Polens zu unterstüßen. – Fern von aller religiösen Unduldsamkeit, im Gegentheil die Gewissensfreiheit und die Wahl der Confessionen in gleichem Maaße für die Königsfamilie wie für den geringsten Staatsangehörigen in Anspruch nehmend, kann es meine Absicht nicht seyn, irgend ein Mitglied der Königsfamilie zum Abfall von ihrem Glauben veranlassen zu wollen, wenn nicht freie Wahl und innige Ueberzeugung sie selbst dazu treiben sollten. Der Glaube ist Sache des Herzens und tief [4] Seite:Camenzer Wochenschrift 1848-03-30.pdf/4 [5] Seite:Camenzer Wochenschrift 1848-03-30.pdf/5 [6] Seite:Camenzer Wochenschrift 1848-03-30.pdf/6