Constitution vom 28. Dec. 1810

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Autor: August Christian (Anhalt-Köthen)
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Titel: Constitution vom 28. Dec. 1810
Untertitel:
aus: Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren, Band 2, S. 260–262
Herausgeber: Karl Heinrich Ludwig Pölitz
Auflage:
Entstehungsdatum: 1810
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig und Altenburg
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[260]
a) Constitution vom 28. Dec. 1810.

Wir August Christian Friedrich, von Gottes Gnaden souverainer Herzog zu Anhalt etc. etc.

In Erwägung, daß die bisherige Verfassung und Civilgesetzgebung Unsers Landes nach Auflösung der teutschen Reichsconstitution in mehrern Puncten durchaus nicht mehr passend ist, und beseelt von dem Wunsche, das Glück Unsrer Unterthanen nach Kräften zu befördern, glauben Wir denselben keine Heilbringendere Constitution geben zu können, als diejenige, welche der größte Gesetzgeber der Welt, Napoleon der Große, seinen Völkern, welche er als Vater liebt, gegeben hat.

Wir haben daher beschlossen und beschließen hiermit, in Unsern Landen das nämliche Gesetzbuch einzuführen, welches Unser erhabenster Protector als das angemessenste befunden hat; haben decretirt, und decretiren, wie folgt:

Art. 1. Der Code Napoleon erhält in Unsern Staaten gesetzliche Kraft vom ersten März künftigen Jahres an, und ist alleiniges Gesetzbuch; so wie der Code de procédure die Bestimmungen für die Proceßordnung giebt.

Die wenigen Erläuterungen, welche Wir dabei für nöthig [261] erachten, werden Wir durch ein besondres Rescript noch bekannt machen.

Art. 2. In Betreff der nach dem Code Napoleon erforderlichen Institute wird es wie im Königreiche Westphalen gehalten.

Art. 3. Die Justiz wird in der ersten Instanz durch ein Civiltribunal verwaltet, jedoch werden zur Entscheidung gewisser Streitigkeiten und zur gütlichen Vermittlung der Processe, nach dem Beispiele von Frankreich, Friedensgerichte angeordnet.

Art. 4. Unsre bisherige Landesregierung wird aufgelöset und das Personale derselben beim Civiltribunal angestellt werden.

Art. 5. Das Appellationsgericht wird seinen Sitz in der Stadt Nienburg haben, und werden Wir, um Unsern Unterthanen allen Kostenaufwand so viel möglich zu ersparen, demselben Unser Schloß zu den Sitzungen einräumen.

Art. 6. Der Kassationshof soll mit dem Staatsrathe vereinigt seyn.

Art. 7. Wir werden das Nähere wegen der Justizverwaltung und sämmtlicher dazu dienenden Personen noch besonders festsetzen.

Art. 8. Alle Unsre Unterthanen sind vor dem Gesetze gleich.

Art. 9. Der Adel besteht fernerhin fort, hat jedoch auf Staats- und Hofchargen kein ausschließliches Recht, da nur das Verdienst hierauf Anspruch hat.

Art. 10. Alle Patrimonialgerichtsbarkeiten, als unvereinbarlich mit dem neuen Gesetzbuche, hören mit dem zur Einführung desselben festgesetzten Zeitpuncte gänzlich auf. Die Patrimonialgerichtshalter dürfen nach dieser Zeit keine Handlungen der Gerichtsbarkeit mehr verrichten, noch Unsre Unterthanen solche anerkennen.

Art. 11. Was die verschiedenen Dienste betrifft, welche auf Grundbesitzungen haften; so können solche eben so, wie im Königreiche Westphalen, abgelöst werden.

Art. 12. Das Verhältniß der Lehne in Unserm Lande bleibt ferner bestehen; jedoch werden Wir auf einzelne Allodificationsgesuche nach Umständen Rücksicht zu nehmen nicht unterlassen.

[262] Art. 13. Auch auf Unsre Unterthanen jüdischer Religion findet Art. 8. Anwendung; jedoch haben dieselben alle bürgerlichen Verpflichtungen zu übernehmen, und sind, wie alle Unsre Unterthanen, der allgemeinen Conscription unterworfen.

Art. 14. Alle Corporationen und Privilegien hören vom Tage der Einführung an auf.

Art. 15. Wir werden jedoch diejenigen Innungen, welche dem allgemeinen Besten nicht nachtheilig sind, fort bestehen lassen.

Art. 16. Es wird sofort eine allgemeine Conscription vom 1. Januar 1811 an gültig, so wie demnächst auch ein neues auf Grundsätzen der allgemeinen Gleichheit beruhendes Steuersystem eingeführt und bekannt gemacht werden.

Art. 17. Unser Land soll in zwei Departements, jedes zu zwei Districten, eingetheilt werden.

Art. 18. Die Landesverwaltung wird unter Unserm Vorsitze vom Staatsrathe dirigirt.

Art. 19. Die bisherige Ritterschaft, als unvereinbarlich mit der neuen Constitution, hört mit dem Tage der Unterschrift dieses Edicts auf, und werden an die Stelle derselben die Landstände treten.

Die Landstände bestehen aus zwölf Mitgliedern, deren

achte aus der Klasse der Ackerbautreibenden Unterthanen,
zweie aus der des Handelsstandes, und
zweie aus der des gelehrten Standes

genommen werden.

Sie sollen in den wichtigern Angelegenheiten Unsers Landes das Organ Unsrer getreuen Unterthanen seyn, und Wir behalten Uns vor, wegen des Umfangs ihrer Wirksamkeit, so wie wegen ihrer Wahl, das Nähere mittelst eines besondern Rescripts zu bestimmen.

Wir befehlen Unserm Staatsrathe nicht nur die öffentliche Bekanntmachung dieses Edicts zu verfügen, sondern auch die weitern Vorbereitungen und Einrichtungen zu dessen genauester Vollstreckung zu treffen.

Gegeben Köthen den 28. Dec. 1810.

(L. S.) August Christian Friedrich,
Herzog zu Anhalt.