Coscoletto, der Lazzarone
(Den Bühnen gegenüber als Manuscript gedruckt.)
Das Recht der Aufführung ist nach dem Gesetz vom 20. Februar 1864 vorbehalten.
Nuitter. Tréfeu. Offenbach.
Komische Operette in 2 Acten.
Nach dem Französischen des Nuitter u. Tréfeu.
Musik
von
J. Offenbach.
Ausschließliches Eigenthum von Ed. Bote und G. Bock.
(E. Bock),
Hof-Musikhandlung II. MM. des Königs und der Königin und Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen.
Frangipani, Maccaroni-Händler.
Marianna, seine Frau.
Polycarpo, Darmsaiten-Fabrikant.
Arsenico, Apotheker und Droguist.
Delfina, Blumen-Händlerin.
Coscoletto, Lazzarone.
Eine Nachbarin.
Lazzaroni, Fischer, Volk.
Ort der Handlung: Neapel.
(Eine Straße in Neapel. Aussicht auf den Vesuv. Links (vom Zuschauer aus) Delfina’s Blumenladen. Rechts der Laden des Maccaronihändlers Frangipani, neben dessen Eingangsthür befindet sich – gleichsam als Aushängeschild – ein großer Polichinell. Bei Aufrollen des Vorhangs sind die Läden geschlossen, da der Tag noch nicht angebrochen ist.)
Chor.
Wenn Alles im Schlummer sich wieget,
Hält der Lazzarone die Wacht
In stiller Nacht.
An den Fenstern der Schönen die Lieder erschall’n,
Die die Männer erzürnen und den Frauen gefall’n.
Coscoletto.
Bald wird der junge Tag erscheinen,
Bald tönt der Vögel Frühgesang
Sehnsüchtig bang.
Könnt ich mit ihnen mich vereinen,
Zu bringen Dir der Liebe Gruß,
Der Liebe Kuß!
Mein Sang, er soll zuerst im süßen
Morgenschlummer Dich begrüßen,
Vor Deiner Thüre will ich steh’n.
O höre meine Liebesklagen,
Die die Lüfte zu Dir tragen,
Laß mich nicht vergebens fleh’n!
Und wenn der Abend niedersinket,
Und am Himmel Venus blinket,
So schau ich bang empor zu Dir;
O höre Du auf meine Lieder,
Schaue freundlich auf mich nieder,
Wende Deinen Blick zu mir.
Laßt die Guitarren klingen,
Uns fröhlich weiter singen
Und allen Schönen bringen
Ein heit’res Morgenlied.
Chor.
Laßt die Guitarren klingen.
(Der Tag ist noch nicht angebrochen.)
Coscoletto.
(steht in der Mitte der Straße, spielt auf der Guitarre und blickt abwechselnd nach den Fenstern der Häuser links und rechts.)
Polycarpo (den Kopf aus der Coulisse hervorsteckend).
Pst! Pst!
Coscoletto.
Wer ruft?
Polycarpo (mit gedämpfter Stimme).
Ich bin es! – Ist Niemand da?
Coscoletto.
Niemand!
Polycarpo (näher kommend).
Ich habe einen Auftrag für dich! – Diesen Blumenstrauß sollst Du meiner Angebeteten, der schönen Maccaroni-Händlerin dort, zierlichst überreichen, sobald sie sich am Fenster zeigt.
Coscoletto (zögernd).
Wie? … Sie wollten …?
Polycarpo (einfallend).
Freilich! … Hier, von dieser Ecke aus, kann ich Alles beobachten!
Coscoletto (bei Seite).
Zum Teufel! … Das paßt mir eben nicht!
(laut) Horch!
Polycarpo.
Was giebt es?
Coscoletto (halblaut).
Mir war es, als hörte ich Geräusch! Vielleicht ist es der Ehemann Ihrer Angebeteten!
Polycarpo (ängstlich).
Der Ehemann? … Falls sich die Aussicht auf Prügel bietet, zieh’ ich es vor, daß er nur Dich hier findet. – – Glaubst Du wirklich, daß es der Ehemann ist?
Coscoletto (lauschend).
Ja! ich erkenne seine Stimme!
Polycarpo (hastig).
Dann verschwinde ich schnell! (links ab).
Coscoletto (allein).
(Laut lachend) Hahahaha!! Wie er läuft! Hahaha! … Das wollt’ ich eben! … – (Den Blumenstrauß betrachtend) Ein reizender Strauß! … Sollt’ ich ihn wirklich der Maccaronihändlerin zustellen? … Meiner Seel’ nein! Ich werde ihn der lieblichen Blumenhändlerin geben, meiner kleinen Delfina! (Er befestigt den Strauß an der Ladenthür links, – darauf kommt er nach vorn und sagt lachend) Mir ist es eigentlich recht spaßhaft ergangen! … Vor etwa vier Wochen ruft mich jener Signor Polycarpo, und sagt zu mir: „Höre Bursch’! willst Du täglich einen Scudo verdienen, so bringe jeden Morgen und jeden Abend unter dem Fenster der schönen Maccaroni-Händlerin – ein Ständchen!“ – Natürlich wurden wir Handels eins! – – Am ersten Morgen aber, als ich meiner Guitarre kaum einige Akkorde entlockt hatte, erscheint da am Fenster ihr häßlicher Mann, der mir zuruft: – „Frecher Schurke, wenn Du Dich unterstehst, unter dem Fenster meiner Frau ein Ständchen zu bringen, so werde ich den Takt dazu auf Deinen Rücken schlagen!“ – Als nun aber ein allerliebstes junges Mädchen ihr reizendes Näschen zu jenem Fenster dort hinausgesteckt (deutet nach links) fuhr mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. – „Signor!“ sagte ich zu dem erzürnten Maccaroni-Händler, – „nicht Ihrem Hause gilt mein Gesang, sondern dem gegenüberliegenden! Die Straße ist für Jedermann; Ihre Nachbarin dort drüben ist hübsch, und Sie können mich nicht hindern, ihr dies in jeder beliebigen Rede- oder Gesangsweise zu sagen!“ – Unverständliche Worte murmelnd, zog sich der Tropf zurück, während ich meinen Gesang täglich fortsetzte und mich nebenbei allen Ernstes in die hübsche Blumenhändlerin verliebt habe, denn sie wurde sehr bald aufmerksam auf mich und meinen Gesang. – Wenn ich erst ein Sümmchen beisammen habe, so erkläre ich ihr meine Liebe, … und sage mich alsdann los von dem Narren, der mir meine eigenen Ständchen bezahlt! – (Blickt nach dem Fenster links hinüber) Doch … sie erscheint noch immer nicht! (singt und begleitet den Gesang auf der Guitarre.)
Frangipani.
(Die Nachtmütze auf dem Kopf, erscheint am Fenster rechts und ruft unwillig:) Holla! … Taugenichts! Musikälischer Uebelthäter! … Wirst Du bald aufhören!?
Coscoletto (ohne sich daran zu kehren)
Schlafen Sie ruhig, Signor Frangipani! … Mein Gesang und mein Spiel gilt Ihnen ja nicht!
Frangipani.
Schlafen!? – als ob das möglich wäre bei solchem Höllenlärm! … Wart’ nur, wart’! … ich komme hinaus!
Coscoletto (lachend).
Bemühen Sie sich nicht! Ich bin gerade zu Ende. Doch heute Abend komme ich zurück, dann hoffe ich das Vergnügen zu haben, Sie wieder zu sehen!
Frangipani.
Frecher Bube! (Er wirft zornig mit seiner Nachtmütze nach Coscoletto’s Kopf.)
Coscoletto.
Ich danke bestens! (Greift lachend nach der Mütze und tanzt singend damit ab.)
(Frangipani hat sich zurückgezogen.)
Delfina.
Dort steigt schon die Morgensonne
Aus dem Meer empor,
Freudig grüßet sie voll Wonne
Rings der Vögel Chor.
Und leichte Wolken ziehen
Durch des Aethers Blau,
Und die Blumen neu erblühen
In dem Morgenthau.
Marianna (öffnet ihren Laden).
Doch jetzt die Thür geöffnet!
Delfina.
Bald naht die Kundschaft sich.
(Sie bemerkt den Blumenstrauß.)
Doch sieh hier
An der Thür
Ein Bouquet
So fein und nett!
(zu Marianna, die hinaus getreten).
Guten Morgen, liebe Nachbarin!
Marianna.
Guten Morgen!
Welch’ schöner Strauß, den Ihr da traget!
Delfina.
S’ist ein Geschenk, mir dargebracht.
Marianna.
Wer hat Euch dies Geschenk gemacht?
Ein Bouquet – der Blumenhändlerin?
Delfina.
Ich weiß es nicht, sonst sagt’ ich’s Euch.
Marianna.
Doch was seh’ ich, meine Liebe?
In dem Bouquet
Steckt ein Billet!
Delfina (den Brief erblickend).
Ein Briefchen ist’s! Ein Brief für mich!
Marianna.
Ein Brief fürwahr
Recht wunderbar –
In Blumen gar
Versteckt hier war.
Wie zart erdacht,
Wie fein gemacht!
Delfina.
Ein Brief fürwahr
Recht wunderbar –
In Blumen gar
Versteckt hier war.
Wie zart erdacht,
Wie fein gemacht!
Beide.
In solchem Scherz
Spricht manches Herz
Von seiner Hoffnung,
Seinem Schmerz.
Marianna (bei Seite).
Was mag nur in dem Briefchen stehen?
Sollt’ es von Coscoletto sein?
Delfina (bei Seite).
Könnt’ ich Geschriebenes nur lesen!
Marianna (zu ihr).
So öffnet doch, seht nach dem Namen,
Und leset, was darinnen steht.
Delfina.
Ich muß es Euch ganz offen sagen,
Daß mit dem Lesen schlecht es geht.
Marianna.
Wie Ihr könnt nicht lesen?
Delfina.
Ja wenig nur.
Drum bitt’ ich Euch sehr,
Les’t mir das Briefchen.
Werde herzlich Euch danken!
Marianna (lebhaft).
Von Herzen gern!
(Sie öffnet den Brief.)
Es ist ein Gedicht.
Delfina.
Der Schreiber heißt?
Marianna.
O wie schade, es fehlet der Name!
(Sie liest.)
„Geliebte meiner Seele
Im blonden Lockenhaar.“
Delfina (freudig).
Sagt, ist es wirklich wahr?
Marianna (fortfahrend).
„Mit Deinen schwarzen Augen,
So leuchtend, wunderbar.“
Delfina.
Er liebt mich, es ist klar!
Marianna (fortfahrend).
„Erhör’ mein banges Flehen,
Sieh’ meine Liebespein.“
Delfina.
Wie zärtlich und wie fein!
Marianna (lesend).
„Es ist um mich geschehen,
Wirst Du nicht endlich mein.“
Delfina (freudig).
Ist’s wahr?
Marianna (ihr den Brief hinhaltend).
So sehet selber.
Delfina.
Ja, es ist klar,
So steht es da!
Beide.
Ein Brief fürwahr.
In solchem Schmerz
Spricht oft das Herz
Im bittern Liebesschmerz.
Delfina (zu Marianna).
Ich bin Euch sehr verbunden!
Marianna (in den Brief blickend).
Halt! Das ist noch nicht Alles! Hier ist noch eine Nachschrift.
Delfina.
Auch in Versen?
Marianna. Gewiß! (Sie liest.)
„Sei nicht gefühllos gegen meine Liebe.
Es wär’ mein Tod, wenn unerhört sie bliebe!
Gieb mir, ich bitte, eine Stunde an,
Wo ich Dich ungestört besuchen kann!
In Deiner Hand liegt nun mein Leben,
Drum sende die Antwort mir schnell;
Du kannst auf den Buckel sie kleben
Des hölzernen Polichinell. –“
Delfina (lächelnd).
Ah! Sieh’ doch!
Marianna.
Wie? Unser Aushängeschild soll zu derartigen Unternehmungen mißbraucht werden!? (In den Brief blickend.) Ohne Namens-Unterschrift? … Unser Polichinell ist doch kein Briefkasten!
Delfina (zu ihr).
Nun, … und wenn er einmal dazu benutzt würde, … was schadete das?
Marianna.
Aber, Nachbarin, bedenket doch …!
Delfina (stehend).
Wenn ich Euch nun darum bitte, liebe Marianna …?
Marianna (lächelnd).
Ah! … Ich merke: Ihr liebt ihn! … Nun meinetwegen, ich bin nicht unerbittlich! Ich will die Antwort in Eurem Namen schreiben und an die verabredete Stelle befördern. – (Bei Seite.) Auf diese Weise erfahre ich genau, wer ihr Geliebter ist!!
Delfina (ihr die Hand reichend).
Habet Dank!
Marianna (zu ihr).
Was aber soll ich ihm schreiben?
Delfina (zögernd).
Ja, … was?
Marianna (nach kurzem Besinnen).
Ich werde schreiben: daß wenn ein Mann ein Mädchen ehrlich liebt, es seine erste Pflicht ist, sie zu heirathen!
Delfina (schnell).
Ja, so ist’s Recht! Heirathen ist die Hauptsache!
(Man hört Geräusch.)
Marianna (nach links blickend).
Sieh, … dort kommt schon einer unsrer Kunden! Ich muß nach meinen Maccaroni sehen.
Delfina.
Und ich gehe nach dem Markt, um neuen Vorrath an Blumen zu holen! (Sie nimmt einige leere Körbe.) Auf Wiedersehen, Nachbarin, … denkt auch an mich und an Euer Versprechen!
Marianna.
Verlaßt Euch ganz auf mich!
(Delfina geht durch die zweite Coulisse rechts ab.)
Arsenico (links nach der Coulisse zurücksprechend).
Was wollt Ihr denn noch weiter? – Ich habe bezahlt, … und damit ist die Sache abgemacht!
Marianna (ihn erkennend, für sich).
Ah, der Signor Arsenico! – Guten Morgen, Signor! … Was ist Ihnen denn begegnet?
Arsenico.
O, nichts von Bedeutung! – Sie wissen, daß ich in meiner Eigenschaft als Chemiker sehr tiefsinnige … (sich verbessernd) will sagen: sehr eingehende Studien über die verschiedenen Gift-Arten gemacht habe! – Als ich nun jetzt eben die Straße entlang gehe, nähert sich mir ein Hund, beschnuppert mich von allen Seiten und drängt sich endlich höchst verdächtig an mich an. – „Wer weiß,“ – so dachte ich bei mir, – „ob dieser Hund nicht toll ist?“ – und da ich gerade ein Fläschchen meines berühmten Giftes, genannt „die zwölfte Stunde, –“ bei mir trug, so konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, ein Experiment damit zu machen! – Eines einzigen Tropfens nur bedurfte es: – Klatsch! da lag der Hund – mausetodt!!
Marianna (bedauernd).
Das arme Thier!
Arsenico.
Nun aber erhob der Besitzer des Hundes ein gewaltiges Lamento, und verlangte das Thier von mir zurück; bald war ich von einer tobenden Menge umringt und bedroht! … Es blieb mir nichts übrig, als eine Entschädigungssumme zu zahlen!
Marianna.
Ihr Verfahren war aber auch in der That nicht zu billigen!
Arsenico.
Warum nicht? – Erstlich war mein Leben möglicherweise durch den Hund bedroht, … sodann aber – und das ist die Hauptsache – galt es: der Wissenschaft einen Dienst zu leisten, – und wenn es sich darum handelt, vermag ich nicht zu widerstehen! – Glauben Sie deshalb aber nicht, daß ich gefühllos bin. O nein, ich habe im Gegentheil ein sehr weiches Herz! (Blickt sie schmachtend an.)
Arsenico.
Ein Weiser,
Ein Weiser,
Und ganz Original
Kennt man mich überall.
Kein Rival
Macht mir Qual.
Mein Wissen, mein Wissen
Ist ganz pyramidal,
Und mein Verdienst
Ganz colossal,
Mein Herz sentimental.
Wollt Ihr, daß ich Euch enthülle
Manch Geheimniß meiner Kunst?
Auch weiß Geschichten ich in Fülle
Von Liebesglück und Frauengunst.
O, haltet mich für keinen Mucker,
Ich lieb’ die Weiber fabelhaft,
Doch meines Herzens wahrer Zucker
Das ist allein die Wissenschaft!
Ein Weiser, ein Weiser
Und ganz Original
etc. etc.
Der Natur geheimes Buch zu lesen
Mit des Weisen Blick,
Einzudringen in ihr tiefstes Wesen,
Welches Glück!
Herzen zu ergründen
Versteh’ ich meisterlich.
Alles aufzufinden
Weiß ich sicherlich.
Für mich giebt’s kein Geheimniß.
Ein Weiser, ein Weiser
Und ganz Original
Kennt man mich überall.
Mein Wissen, mein Wissen
Ist ganz pyramidal,
Mein Herz sentimental.
(Nach dem Gesange.)
Arsenico (zu Marianna).
Ist Freund Frangipani, Ihr Gatte, noch nicht sichtbar?
Marianna.
Behüte! Er schläft bis in den hellen Tag hinein, so wie gewöhnlich?
Arsenico (bei Seite).
Das wundert mich nicht!
Marianna.
Er überläßt mir allein die ganze Sorge für das Geschäft und für die Kundschaft!
Arsenico (galant).
Nun, darüber hat sich die Kundschaft eben nicht zu beklagen! (Süß.) Wie glücklich kann man sich schätzen, von Ihnen bedient zu werden! (Für sich.) Sie ist zu schön! Doch still, mein Herz! …
Marianna (fortfahrend).
Wenn mein Gatte noch wenigstens liebenswürdig gegen mich wäre, … aber nein, im Gegentheil! Er ist immerwährend mürrisch, argwöhnisch und eifersüchtig! … Sobald er aufwacht, zankt er mit mir und kaum hat er Abends seine Mahlzeit beendet, so lehnt er sich zurück und … schläft, wobei er überdies ganz unerträglich schnarcht! … Er schläft, anstatt wie andre Männer, mit seiner Frau zu plaudern und schön zu thun!
Arsenico (schnell).
Freilich! (Bei Seite.) Ein kleines, unschädliches Mittelchen würde des Ehemanns Schlaf noch fester machen und mir dadurch freien Spielraum seiner Frau gegenüber verschaffen!
Marianna (seufzend).
Wenn mancher Mann nicht eine so ehrbare und gewissenhafte Frau hätte! – Wer könnte mich hindern, Vergleiche anzustellen, zwischen ihm und anderen Männern, … die immer freundlich und heiter und höflich sind! … (Bei Seite.) Wie der hübsche Lazzarone, den ich täglich in der Nähe dieses Hauses erblicke! …
Arsenico (für sich).
Das zielt auf mich! … Sie hat mich dabei so eigenthümlich angesehen!
Marianna (laut).
Andere Männer schlafen nicht immerwährend.
Arsenico (selbstgefällig).
Nein! … o nein! … (pfiffig) Vielleicht ließe sich da ein Ausgleichungsmittel finden …
Marianna (aufhorchend).
Ein Mittel? (b. S.) Ja so! … als Apotheker kennt er ohne Zweifel ein Mittel gegen die Schlafsucht; nur müßte man der größten Verschwiegenheit gewiß sein …
Arsenico (schnell).
Auf die meinige können Sie unbedingt rechnen!
Marianna.
Gut! so möchte ich Sie bitten …
(Man vernimmt lautes Gespräch.)
Marianna (aufhorchend).
Dort kommen Leute! (zu Arsenico.) Wir sprechen später weiter darüber, … heute Abend vielleicht, wenn mein Mann ausgegangen ist …?
Arsenico (b. S., lächelnd).
Ei, ei! … Heute Abend? – Das ist ja ein förmliches Stelldichein! … Ich bin doch ein Tausendsasa! … und der glücklichste Droguist der Welt! (die Hand auf das Herz legend.) Sei ruhig, mein Herz!
Marianna (f. s.)
Nun will ich aber auch den Brief schreiben, um welchen Delfina mich gebeten hat. (Sie geht in das Haus.)
Polycarpo (v. l. auftretend, f. s.)
Meinen Brief muß sie in dem Blumenstrauß gefunden haben; … ich will doch nachsehen, ob die Antwort sich schon am Buckel des Polichinells befindet?! (Schleicht nach rechts hinüber, bei welcher Gelegenheit er Arsenico anläuft.) Au! Au!
Arsenico (gleichzeitig).
Oho! (ihn erkennend) Was seh’ ich? … Der Besitzer des Hundes!
Polycarpo (Arsenico erkennend, f. s.)
Der Giftmischer? (laut) Sie sind es, Signor? … Sie, der mir meinen guten, treuen Azor getödtet hat?!
Arsenico.
Trösten Sie sich! … Sie können ihn ja ausstopfen lassen und ihn unter einer Glasglocke aufbewahren! … Wollte der Himmel, der Mensch könnte Alles, was ihm einstmals lieb und theuer war, ausstopfen lassen!
Polycarpo (b. S.).
Dieses Mannes Philosophie ist im Grunde genommen so übel nicht, … indessen er selbst mißfällt mir! (laut.) Wenn Sie meinen Azor persönlich und genauer gekannt hätten, würden Sie meinen Schmerz zu würdigen wissen! (mit Rührung.) Ein solches Thier ist in der ganzen Welt nicht mehr zu finden!
Nie find’ ich ein schöneres Hündchen,
Als meinen geliebten Azor.
Wie manches einsame Stündchen
Ergötzt’ er mir Auge und Ohr.
Wie trug er stolz sein liebes Köpfchen,
Er war grau und weiß melirt,
Und auf der Stirn hatt’ er ein Schöpfchen,
So schön wart Ihr noch nie frisirt.
Wie bellte er so hell und rein,
Wie klaffte, blaffte er so fein.
Rrrr …! so murrrte er,
Rrrr …! so knurrte er
Wau, wau, rrrr …!
Seine Stimme tönt noch an mein Ohr.
Wau, wau, rrrr …,
Singen konnt’ er wie mancher Tenor.
Er war ein Pintsch, Gold jeder Zoll.
Wenn er Euch biß, so that es Euch wohl.
Wau, wau, rrrr.
Er war nicht im Thale geboren,
Man wußte nicht, woher er kam.
Er hatte gestutzte Ohren
Und ging auf dem Hinterfuß lahm.
Er apportirte gar so manierlich,
Sprang über’m Stock, es war eine Pracht,
Und gab das Pfötchen gar so possierlich,
So schön habt Ihr es noch nie gemacht.
Wie bellte er etc. etc.
Wau, wau, rrrr …
Wenn er heulte, da kam es mich an
Wau, wau, rrrr …
Als war er eigentlich Sopran.
Ach dieser Pintsch hat ein Talent
Wie Ihr es wohl nie besitzen könnt.
Wau, wau, rrrr …
(Nach dem Gesange verstohlen nach Marianna’s Laden blickend, f. s. indem er sich setzt.)
Ich täuschte mich nicht! Sie schreibt! … Ohne Zweifel ist das die Antwort auf meinen Brief! … Da will ich doch aufpassen!
Arsenico (b. S., sich ebenfalls an einen Tisch setzend).
Er scheint hier bleiben zu wollen? … Verdammt! (laut zu Polycarpo.) Signor! Ich begreife Ihren Schmerz, glaube aber daß meine Handlungsweise wohl zu entschuldigen ist. Wenn ich mich wirklich zu einer Uebereilung fortreißen ließ, so geschah es aus Liebe zur Wissenschaft! (f. s.) Wart’, Dich will ich schon entfernen! (laut.) Sie müssen nämlich wissen, daß ich mich seit vielen Jahren mit der Zusammensetzung von Giftarten beschäftige. – Eben jetzt glaube ich das Gift der Borgia’s entdeckt zu haben. (Er reicht ihm die Schnupftabacksdose hin.) Ist Ihnen gefällig?
Polycarpo
(der ihm nur zerstreut zugehört und abwechselnd nach Marianna geblickt hat).
Gift? … Nimmermehr!
Arsenico (lächelnd).
Nicht doch, es ist vortrefflicher Schnupftaback!
Polycarpo.
Das ist etwas Anderes! (Er ergreift die Dose und nimmt eine Prise.)
Marianna
(kommt aus dem Laden, einen Brief in der Hand, den sie zu verbergen bemüht ist, für sich).
Ach; da sind Sie noch! (Wendet sich scheinbar gleichgültig zu dem Polichinell und befestigt den Brief an dessen Buckel.)
Polycarpo (der sie beobachtet, für sich).
Was seh’ ich? … Welches Glück! – Sie erfüllt meine Bitte! (Er springt auf, schleicht nach dem Polichinell hinüber und nimmt den Brief. Für sich) Ich habe ihn!
Marianna (die ihn beobachtete, für sich).
Ah! das also ist Delfina’s Anbeter? … Ich wußte wohl, daß es der hübsche Lazzarone nicht sein konnte!
(Polycarpo hat den Brief eingesteckt und will sich entfernen.)
Arsenico (dies bemerkend).
Wie er nimmt meine Tabaksdose mit? (Rufend.) Heda! Signore! … Besitzer des verstorbenen Azor!
Frangipani (Stimme).
Marianna! Marianna!
Marianna (unwillig).
Hier bin ich!
Polycarpo (für sich).
Es ist das Klügste, ich mache mich jetzt aus dem Staube!
(Eilig links ab.)
Frangipani
(kommt aus dem Laden und sagt zu Marianna).
Ah! finde ich Dich endlich? (Nach links deutend.) Wer ist der Mann dort, der bei meiner Ankunft so eilig entflieht?
Marianna.
Entflieht? Warum nicht gar? … Es ist einer unserer Kunden!
Frangipani (mißtrauisch).
Unserer Kunden? (Für sich.) Das ist nur eine Ausrede! (Laut.) Ist sonst Niemand hier gewesen?
Marianna.
Niemand, als Dein Freund Arsenico! (Sie deutet auf diesen.)
Frangipani (ihn bemerkend).
Ah! Guten Morgen, Gevatter! (Reicht ihm die Hand.)
Arsenico.
Guten Morgen! (Nachdem er Frangipani begrüßt, setzt er sich wieder.)
Frangipani (für sich).
Das ist auch so ein Verdächtiger! (Laut zu Marianna.) Hast Du nicht den jugendlichen Lazzarone bemerkt, dem ich schon mehrmals den Besuch meines Hauses verboten habe?
Marianna (ärgerlich).
Nein! … Was kümmert Dich das übrigens? Wenn Du so neugierig bist und Alles, was vorgeht, zu wissen wünschst, – – weshalb stehst Du nicht früher auf!
Frangipani.
Früher aufstehen soll ich? (Bei Seite.) Ich glaube allerdings, mein Schlaf wird täglich fester! … Das ist äußerst beunruhigend! (Sieht nach der Uhr und spricht laut.) Wirklich? Ich habe heute Morgen noch um 37 Minuten länger geschlafen als gestern! … Beim heiligen Januarius! – fast hätte ich vergessen, daß ich zu dieser Stunde beim Polizei-Richter erwartet werde! – Es handelt sich nämlich um einen Conflikt, in den ich vor einigen Tagen gerieth. Es war eigentlich nicht der Rede werth: ich warf einem meiner Gäste eine Schüssel mit Maccaroni an den Kopf!
Arsenico.
Alle Teufel! … Das muß unangenehm sein!
Frangipani.
Nun ja! Aber der Teufel mag sich da mäßigen! – Ich glaubte er hätte ein Auge auf meine Frau geworfen! — Hernach hat sich die Sache allerdings aufgeklärt und ich sah ein, daß ich mich geirrt! – Der Mensch schielte nämlich von Natur!
Arsenico (lachend).
Ah so!
Frangipani.
Doch jetzt habe ich keine Zeit, mich hierüber auszusprechen! Ich muß fort! … Arsenico! Ihr begleitet mich doch?!
Arsenico.
Ich? (Für sich.) Verdammt! … ich hoffte, er würde mich mit seiner Frau allein lassen!
Frangipani (ungeduldig).
Nun?
Arsenico (ist aufgestanden).
Ich komme! (Leise zu Marianna.) Wir setzen später unsere Unterhaltung fort!
Frangipani (der lauschte).
Was sprecht Ihr da?
Arsenico.
Nichts, nichts! Ich spreche der Signora nur meine schuldige Hochachtung aus!
Frangipani (kurz).
Laßt es gut sein! … Ich kann eine schuldige Hochachtung nicht leiden! Kommt! (Bei Seite.) Er hat stets etwas Heimliches! und die Heimlichen … das sind die Schlimmsten!
Arsenico (für sich).
Ich werde ihn schon zu entfernen wissen!
Frangipani (barsch).
Vorwärts! (Zieht Arsenico unsanft mit sich hinweg.)
Marianna.
Soweit ist es schon gekommen! … Welch’ entsetzliches Schicksal – an einen solchen Mann für’s ganze Leben gebunden zu sein! … O, wenn ich ihn mit anderen Männern vergleiche! …!
(Coscoletto kommt aus der dritten Coulisse rechts.)
Marianna (ihn erblickend, für sich).
Ha! … da ist der hübsche Lazzarone!
Coscoletto
(ist vorgekommen und blickt nach Delfina’s Laden, während er zu sich selbst sagt).
Sollte Delfina nicht zu Hause sein? (Für sich.) Es ist eigenthümlich! … Ich kenne mich selbst nicht mehr wieder! Ich, der sonst vor keiner Gefahr zurückschreckte, der – wenn es sein müßte – Neapel an allen vier Ecken in Brand gesteckt hätte, … ich zittre wie ein Kind, wenn ich an Delfina denke! …
Marianna (für sich).
So wär’ ich denn allein mit ihm. –
(Zu Coscoletto.)
Ihr eßt ja nicht?
Coscoletto (zerstreut).
Wahrhaftig nein –
Mich hungert nicht.
Man sollte meinen,
Es will mir scheinen,
Mein Freund, Ihr seid verliebt!
Coscoletto.
Ja, ja, ich lieb’ ein holdes Wesen.
Marianna (heftig).
O nennet ihren Namen nicht! –
Coscoletto.
So anmuthsvoll, so auserlesen.
Marianna.
Verschwiegenheit ist heil’ge Pflicht.
Doch ahne ich fast ihren Namen,
Sie wohnt nicht fern von hier?
Coscoletto.
Ja ganz recht, nur zwei Schritte von hier.
Nun wisset Ihr, was mich bedrückt.
Marianna.
Und kennt sie Eures Herzens Triebe?
Coscoletto.
Nein ich habe es noch nicht gewagt –
Marianna.
Wie, sie weiß nichts von Eurer Liebe?
Coscoletto.
Oft hat mein Lied es ihr gesagt.
Denn Tag und Nacht an ihrer Schwelle,
In sanftem Lied, in munt’rer Tarantelle,
Sing’ ich ihr meiner Liebe Lust und Leid.
Lustig ertönt die Tarantelle,
Hebt das Herz, entzückt das Ohr,
Auf des Aethers leichter Welle
Steigt ihr munt’rer Schall empor.
Marianna.
Lustig ertönt die Tarantelle.
etc. etc.
Auf des Aethers leichter Welle
Steigt ihr munt’rer Schall empor.
Marianna.
Doch wüßt’ ich besser Euch zu rathen –
Coscoletto.
O sagt, wie fang’ ich’s besser an?
Marianna.
So höret mich, es ist nicht schwer,
Gesteht ihr Eure Lieb’ noch heut,
Dann wißt Ihr gleich, woran Ihr seid.
Marianna.
Ihr müßt dreist es wagen,
Coscoletto.
– wagen.
Marianna.
Mit den Augen sagen,
Coscoletto.
– sagen.
Marianna.
Wie Ihr nach ihr schmachtet,
Coscoletto.
– schmachtet.
Marianna. <poem Nach ihrer Liebe trachtet,</poem>
Coscoletto.
– trachtet.
Marianna.
Aus dem Aug’ die Seele spricht.
Coscoletto.
Dazu fehlt der Muth mir nicht.
Marianna.
Auch würd’ es sich schicken –
– schicken.
Marianna.
Ihr die Hand zu drücken,
Coscoletto.
– drücken.
Marianna.
Auch ein Küßchen stehlen,
Coscoletto.
– stehlen.
Marianna.
Würde sich empfehlen.
Coscoletto.
– pfehlen.
Marianna.
Drum nur frisch und dreist gewagt –
Coscoletto.
Würd’ es niemals wagen,
Ihr zu rauben einen süßen Kuß,
Es würde nicht gelingen,
Marianna.
Wer waget, der gewinnet.
Coscoletto.
Will lieber vor der Thüre singen,
Lasse mein Lied erklingen
Wie bisher.
Marianna.
So hast du Furcht?
Coscoletto.
| Will lieber singen vor ihrer Thür: | |||
| Lustig ertönt die Tarantelle | |||
| Hebt das Herz, entzückt das Ohr, | |||
| Auf des Aethers leichter Welle | |||
| Steigt ihr Schall zu ihr empor. | |||
| Marianna. | |||
| Auf des Aethers leichter Welle | |||
| Steigt ihr munt’rer Schall empor. | |||
Delfina kommt von links, sie trägt auf dem Kopf einen mit Blumen gefüllten Korb, außerdem an jedem Arm einen solchen Korb und auch ihre Schürze ist mit Blumen angefüllt.
Delfina.
Kommt, ihr lieben Leute
Blumenmarkt ist heute.
Seht die bunte Pracht
Die hier ich heimgebracht.
Seht, wie frisch sie alle blüh’n,
Wie die Farben leuchten, glüh’n,
Und ihr süßer Duft
Erfüllet rings die Luft.
Kommt und kauft,
Kommt und kauft,
Rose, Nelk’ und Rosmarin,
Kommt und kauft,
Kommt und kauft,
Veilchen und Jasmin.
Coscoletto (bei Seite).
Sie ist da!
Delfina (bei Seite).
Er ist’s!
Marianna (zu Delfina).
Schon da! (Für sich.) o welche Pein!
Delfina (leise zu Marianna).
Nun, werthe Freundin, meine Antwort?
Marianna (ebenso zu ihr.)
Ich legte sie an jenen Ort,
(Auf den Polichinell deutend.)
Auch wurde gleich darauf sie fortgenommen.
Sogleich? – Habt Dank! –
Möchte bald in’s Haus sie gehen.
(Sie stellt ihre Blumen aus).
Coscoletto (bei Seite).
Ich verschlinge sie mit den Blicken,
Wie mir Marianna rieth.
Delfina (für sich).
Er kommt; jetzt wird er sich erklären.
Coscoletto (bei Seite).
Mit Zaubermacht zieht’s mich zu ihr,
Ich wag’ es kühn,
Die Liebe wird mir Worte leihn!
(Er nähert sich verlegen Delfina)
Welch’ herrliche Blumen Sie haben –
Delfina.
— Ja.
Coscoletto (zu ihr).
Es ist noch recht früh an der Zeit.
Delfina.
— Ja.
Coscoletto (auf die Blumen deutend).
Da werden die Bienen sich laben –
Delfina.
— Ja.
Coscoletto.
Ein prächtiges Wetter ist heut.
Delfina.
— Ja.
(Bei Seite.)
Weiter weiß er nichts zu sagen
Fades Zeug und ohne Sinn. –
Coscoletto (für sich).
Werd’ ich’s denn nicht endlich wagen?
Marianna (bei Seite).
Ach, ich bau’ so fest auf ihn!
| Coscoletto. | ||
| So kalt und so spröde | ||
| Stößt sie mich zurück | ||
| Und ich bin so blöde | ||
| Mich meidet das Glück. | ||
| Delfina. | ||
| Wie ist er so blöde | ||
| Im Wort und im Blick, | ||
| Er glaubt mich so spröde, | ||
| Er kennt nicht sein Glück. | ||
| Marianna. | ||
| Wie ist er so blöde | ||
| Im Wort und im Blick, | ||
| Er glaubt mich so spröde | ||
| Er kennt nicht sein Glück. |
Coscoletto (bei Seite).
Das hab’ ich wohl recht dumm gemacht –
Doch gleich noch einmal sei’s gewagt!
(Noch verlegener zu Delfina).
Gehn Sie nicht ein Wenig spazieren?
Delfina.
– Nein!
Coscoletto.
Wird man Sie im Prado heut sehn?
Delfina.
Nein, nein!
Coscoletto.
So woll’n Sie heut nicht promeniren?
Delfina.
Nein, nein, nein.
| Coscoletto. | ||
| Mein Gott, was ist Ihnen geschehn? | ||
| So kalt und so spröde etc. | ||
| Delfina. | ||
| Wie ist er so blöde etc. | ||
| Marianna. | ||
| Wie ist er so blöde etc. |
(Delfina läuft nach ihrem Laden, tritt ein und wirft die Thür geräuschvoll in’s Schloß.) Coscoletto
(ist ihr gefolgt und bleibt verblüfft vor der geschlossenen Thür stehen).
Wie! Sie geht fort? – Wer giebt mir einen Rath, was ich jetzt thun soll? (Zu Marianna hinübergehend) O Marianna, meine gute Marianna! – ich habe mit Ihnen zu reden!
Marianna.
Jetzt geht es nicht! (für sich) Mein Mann kann jeden Augenblick kommen!
Coscoletto.
Aber heute Abend? … dort drinnen bei Ihnen …? Nicht wahr, Sie erfüllen meine Bitte! — Geben Sie mir ein Zeichen durch das Fenster, wenn Sie allein sind, … dann komme ich hinauf!
Marianna (schnell).
In mein Zimmer? Nimmermehr! Das Aeußerste, was ich thun könnte, wäre, daß ich Sie in die Küche einließe, zur Zeit, wenn ich das Abendessen bereite.
Coscoletto.
Gut! Abgemacht, … und wenn …
Marianna (ihn unterbrechend).
Still! … Es kommt Jemand! (eilt in’s Haus).
Coscoletto (für sich).
Weshalb thut sie so geheimnißvoll? …
Polycarpo
(kommt eilig von links und umarmt Coscoletto stürmisch).
Finde ich Dich endlich? … Mein Freund! mein Wohlthäter! …
Coscoletto (schreiend).
Au, au! … Sie erwürgen mich ja! Lassen Sie los! … Was ist denn geschehen?
Polycarpo.
O, ich bin der glücklichste Mensch! … Sie hat mir geantwortet, sie, die ich anbete! Die schöne Macaroni-Händlerin!
Coscoletto.
Das begreife ich nicht!
Polycarpo (ohne darauf zu hören).
Jetzt kommt es nur noch darauf an, ihren Mann zu entfernen, … und zu diesem Zweck habe ich bereits einen ganz vortrefflichen Plan entworfen. – Die Fischer beabsichtigen nämlich heute einen Fischzug bei Fackelschein, und hierzu habe ich Frangipani durch einen der Fischer, der ihm stets seinen Bedarf an Fischen liefert, einladen lassen.
Coscoletto (bedenklich).
Es fragt sich aber, ob …
Polycarpo (einfallend).
Du mußt nun den Fischern ein Zeichen geben und sie hierher führen, sobald der Ehemann da ist.
Frangipani
(kommt aus dem Hintergrund rechts und bleibt, als er die Anwesenden bemerkt, lauschend stehen, indem er zu sich selbst spricht).
Man spricht von einem Ehemann?
Coscoletto (zu Polycarpo).
Sind Sie aber auch sicher, daß Sie sich nicht täuschen?
Polycarpo (ungeduldig).
Wenn ich Dir doch sage, daß sie mir geantwortet hat!
Coscoletto (für sich).
Wie ist das möglich? Da sie doch nichts erhalten hat!
Polycarpo (einen Brief hervornehmend).
Sieh, hier ist ihr Brief!
Coscoletto.
Von der schönen Marianna?
Frangipani (schnell, für sich).
Was höre ich?
Polycarpo (zu Coscoletto).
Allerdings! … Ich kenne ihre Handschrift ganz genau aus den Rechnungen, welche ich von ihr erhalten.
Coscoletto.
Und was schreibt sie Euch?
Polycarpo.
Hör’ zu!
Frangipani (für sich).
Ich höre!
Polycarpo (liest).
„Ich habe Ihre Erklärung erhalten und verberge Ihnen nicht, daß mir dieselbe nicht unangenehm ist …“
Frangipani (halblaut).
Teufel!
Polycarpo (aufblickend, zu Coscoletto.)
Wie?
Coscoletto.
Ich sagte Nichts! Fahren Sie fort!
Polycarpo (liest).
„Doch vor Allem muß ich wissen, ob Sie mich auch zu heirathen gedenken? Nur dann kann ich gestatten, daß Sie mich besuchen, wenn Sie schwören, sobald als irgend möglich mein Gatte werden zu wollen! –“
Frangipani (für sich).
Was? der Gatte meiner Frau? Da müßte sie ja zuvor erst Wittwe werden! … O, welche Schmach!
Polycarpo (liest).
„Sollten der Ausführung dieser Absicht Hindernisse im Wege stehen, so werden sich Mittel finden lassen, diese zu beseitigen!“
Frangipani (halblaut).
Zu beseitigen? … Das ist zu arg!
Polycarpo (zu Coscoletto).
Wie es scheint, will sie sich ihres Mannes entledigen! Welches Mittel will sie dazu anwenden? Sie liebt mich leidenschaftlich, sowie auch ich sie leidenschaftlich liebe! Was kommt es im Grunde auf einen Macaroni-Händler mehr oder weniger an?! Bist Du nicht auch meiner Meinung?
Coscoletto.
Vollkommen! (für sich) Meiner Treu’, ich begreife nichts von Alledem!
Frangipani (für sich).
Ueber diese Hallunken! … Meuchlings wollen sie mich umbringen.
Polycarpo (zu Coscoletto).
Nun aber beeile Dich und suche die Fischer auf!
Coscoletto.
Ich eile! (schnell ab nach rechts.)
(Frangipani ist vorgekommen.) Polycarpo (ihn bemerkend, für sich).
Da ist ja der Ehemann! Er kommt mir eben recht, ich weiß jetzt ein Mittel, ihn zu entfernen. (Auf Frangipani zugehend und ihn begrüßend.) Sieh da, Freund Frangipani! … Ohne Zweifel wißt ihr von der Festlichkeit, welche zu heute Abend vorbereitet wird?
Frangipani (mit Beziehung).
Also … heute Abend schon soll es stattfinden?
Polycorpo.
Eine Spazierfahrt auf dem Golf! … Ihr werdet doch auch dabei sein?
Frangipani.
Ich danke, Freund! ich danke! (bei Seite) Er will mich bei dieser Gelegenheit in’s Meer stürzen und mich ertränken! … (laut) Ich danke!
Arsenico (eilig von rechts kommend, zu Frangipani).
Gevatter! … Lieber Gewatter! – Eine große, eine wichtige Neuigkeit! Der wissenschaftliche Verein, Chemiker und Droguisten, erhielt so eben die Nachricht, daß ein Ausbruch des Vesuvs bevorsteht!
Frangipani (spöttisch).
Für heute Abend, nicht wahr?
Arsenico.
Ganz recht, für heute Abend! … Da ich glaubte, Euch damit einen Gefallen zu erweisen, ließ ich für Euch einen Platz reserviren, dicht am Rande des Kraters!
Frangipani (wie oben).
Wirklich? Ihr seid zu gütig! (bei Seite) Der will mich gar braten lassen! … Dieser Mordbrenner! (Er läuft umher.)
Chor (in der Entfernung).
Der Vulcan ruft uns zur Stelle,
Hoch schlägt die Flamme auf
Feurig fließt der Lava Welle.
Fort von hier! Schnell hinauf!
Polycarpo.
Hört Ihr von fern die Freunde singen?
Arsenico.
Wir wollen auch mit ihnen gehn.
Frangipani.
Wie so? Warum?
Polycarpo.
Die Fischer sind’s, sie eilen
Zum Vulcan, wir schließen uns an.
(Die Fischer treten auf.)
Frangipani.
Nein nein, ich werde hier verweilen.
Arsenico (zu ihm).
Laßt lieber zum Vulcan uns eilen.
Frangipani.
Laßt mich gehn!
Was geht der Berg mich an?
Alle.
Sie sind’s, Mann für Mann,
Sie eilen zum Vulcan.
Coscoletto (in die Ferne deutend).
Hört Ihr ihn brausen?
Alle.
– brausen, brausen, brausen.
Coscoletto.
Welch’ ein Schauspiel wunderbar!
Ha, welch’ ein Grausen.
Alle.
– grausen, grausen, grausen.
Trotzen muthig der Gefahr.
Die Lava sie glühet, sie fließ’t herab
Ein Feuermeer!
Schon füllt sie die Thäler
Verheerend Alles umher.
Es ist ein Anblick wunderbar.
Wer lärmt hier so?
Marianna (desgleichen).
Was ist geschehn?
Frangipani (zu seiner Frau).
Zum Vesuv ziehn sie mich fort!
Arsenico (leise zu Marianna).
Wir möchten ihn gern weg spediren. –
Polycarpo (ebenso zu ihr).
So werden wir ihn endlich los.
Polycarpo (zu Frangipani).
Wir gehen Alle zum Vulcan.
Frangipani.
Ihr müßt für heut mich excusiren.
Arsenico.
Die Zeit enteilt.
Polycarpo.
Die Zeit enteilt –
Arsenico.
Seht dort!
Polycarpo.
Nicht mehr geweilt — Ihr müsset fort!
(Die Lazzaroni treten auf.)
Marianna (zu Frangipani).
Mein lieber Mann
Sieh’ den Vulcan!
Coscoletto.
Hört Ihr ihn brausen —
Alle.
– brausen, brausen, brausen etc. etc.
Marianna.
Nun fort!
Frangipani.
Warum?
’s ist Zeit
(Bei Seite).
O wär’ ich endlich doch allein!
Frangipani.
Warum soll fort ich gerade heut?
Polycarpo (bei Seite).
Er gehet fort – ich bleib am Ort.
Marianna (leise zu Coscoletto).
Ihr wolltet gern allein mich sprechen.
Coscoletto.
Ich?
Marianna.
Ja.
Heut Abend sollet Ihr mich treffen.
Coscoletto.
Wo?
Marianna.
Da!
Frangipani.
Was?
Marianna.
Nichts! –
Dort in der Küche stellt Euch ein.
Coscoletto.
Ich stell’ mich ein.
Frangipani und Delfina (haben gelauscht).
Da werd’ ich sein.
Polycarpo.
Ich stell’ mich ein!
Alle.
Da finden wir uns ein
Zum schönen Stelldichein,
Heut Abend, heut Abend,
Zum schönen Stelldichein.
Arsenico (zu Frangipani).
Jetzt aber laßt uns zieh’n.
Umsonst ist Dein Bemüh’n.
Polycarpo.
Was nützet das Plaudern,
Schleppt ihn fort ohne Zaudern!
Alle.
Schleppt ihn fort, schleppt ihn fort
Zum Vulkan!
(Die Lazzaroni schleppen Frangipani fort.)
Schlußchor.
Hört Ihr ihn brausen, brausen, brausen,
Welch’ ein Schauspiel, wunderbar!
Ha, welch’ ein grausen, grausen,
Trotzet muthig der Gefahr.
Die Lava, sie glühet,
Sie fließt herab, ein Feuermeer,
Sie füllet die Thäler,
Verheerend Alles rings umher.
Nun fort und fort und zögert nicht,
Der Vulkan wartet nicht.
(Feuer speit aus dem Vulcan.)
Das Innere von Frangipanis Küche. Eine Mittelthür. Links und rechts Seitenthüren. – Links, etwas zurück, ein großer Kochheerd, der, dem Zuschauer sichtbar, zwei große Oeffnungen hat, darauf viele Kasserollen, Pfannen und andere Geräthschaften; – unweit des Heerdes, ein breiter, aber niedriger Schrank: ein praktikables Fenster, durch welches man auf einen Hof sieht. – Ein großer Tisch. Mehrere Stühle. Es ist Abend, auf dem Tische steht ein Leuchter mit angezündetem Lichte.
Marianna (von rechts).
So nun bin ich allein! Auch die Küchenjungen habe ich fortgeschickt, – wenn Coscoletto jetzt kommt, kann ihn Niemand bemerken. – Ich bin so unruhig! … Was kann er mir Wichtiges mitzutheilen haben? … Ich weiß es nicht, … oder vielmehr ja, ich ahne so Etwas, … und daher eben kommt meine Unruhe! (Es klopft.) Ha! man klopft! Das wird er sein! (Sie geht zur Mittelthür und öffnet.) Ja, richtig!
Coscoletto (tritt ein).
Da bin ich!
Marianna (hastig und halblaut).
St! … nicht so laut!
Coscoletto (vorkommend).
Es ist ja Niemand da … Ihr Gatte klettert auf dem Vesuv umher, … und Ihre Küchenjungen?
Marianna (einfallend).
… Sind sämmtlich ausgegangen.
Coscoletto.
Nun also! Dann sind wir ja ganz allein!
Marianna.
Wenn aber Jemand käme …!
Coscoletto.
Wer sollte jetzt kommen?! – Man sagt ja immer, „die Liebenden beschützt Gott. –“ Nun wohl, wenn dem so ist, so glaube ich ein ganz besonderes Anrecht auf seinen Schutz zu haben, denn es kann auf der ganzen weiten Gotteswelt keinen verliebteren Menschen geben, als mich!
Coscoletto.
Du meines Herzens Königin
O hör’ auf meinen Sang,
Zu Dir treibt mich die Sehnsucht hin,
Des Herzens heißer Drang.
Dir bringe ich, von Lieb’ erfüllt
Mein Lied, es grüßt Dich zart und mild.
O laß mich nicht vergebens fleh’n,
Sieh meinen Liebesschmerz,
Läßt Du mich trostlos von Dir geh’n,
So bricht dies arme Herz.
Es schlägt nur Dir, nur Dir allein,
Wird immerdar Dein eigen sein.
Marianna (zu ihm).
Sie sind so freudig, … so …
Coscoletto (einfallend).
Meine gute Marianna, … Wenn Sie sich nicht meiner erbarmen, so bin ich der unglücklichste Mensch der Welt! (Ihre beiden Hände ergreifend.) Sehen Sie, Marianna, ich weiß nicht, wie ich eine Liebes-Erklärung anfangen soll.
Marianna (bei Seite lächelnd).
Nun, mir scheint, er fängt sie nicht schlecht an!
Coscoletto (ihre Hand feurig drückend).
Ich bin so schüchtern …!
Marianna (bei Seite).
Das finde ich eben nicht! (Es klopft! Marianna schnell sich umwendend). Horch! … Es klopft! … Himmel, wenn es mein Mann wäre! …
Coscoletto (besorgt).
Er wird doch nicht …! (Es klopft wieder.)
Marianna (eifrig).
Sie müssen sich verbergen! Treten Sie schnell dort hinein! (Öffnet eine kleine Thür von links.)
Coscoletto (im Abgehen).
Hernach müssen Sie mir aber sagen …
Marianna (schnell einfallend).
Alles was Sie wünschen! Jetzt aber beschwöre ich Sie, sich zu verbergen! (Schiebt ihn zur Thür hinaus, schliesst hinter ihm zu und geht zur Mittelthür.)
Marianna (indem sie öffnet).
Wer ist denn da?
Polycarpo (eintretend, mit süßlicher Miene).
Ich bin es!
Marianna (für sich).
Delfina’s Anbeter? (Laut.) Was wünschen Sie?
Polycarpo (wie vorher).
O, göttliche Marianna! Sie sehen den glücklichsten Liebenden vor sich!
Marianna.
Wirklich!
Polycarpo (betheuernd).
Ja wahrlich! – Als ich das Antwortschreiben auf dem Buckel des Polichinel fand, … von Ihrer Hand geschrieben …
Marianna (überrascht).
Hat Ihnen Delfina das gesagt? …
Polycarpo (ohne darauf zu hören).
O der Inhalt dieses Briefes gab meinem gefolterten Herzen die Ruhe wieder, … Marianna! mein Herz war in einer eben solchen Aufregung … wie … wie eine Mehlsuppe auf dem Feuer, wenn Sie mit dem Kochlöffel darin rühren!
Marianna (ihn verwundert anblickend).
So sagen Sie endlich, was Sie von mir wollen.
Polycarpo.
Was ich von Ihnen will? Das fragen Sie noch? (Laut, indem er sich ihr zu Füßen wirft.) Ideal meiner Träume.
Marianna (zurücktretend).
Was fällt Ihnen ein?
Polycarpo.
Gegenstand meiner glühendsten Liebe.
Marianna.
Sind Sie von Sinnen?
Polycarpo.
Nein, im Gegentheil! … (sich verbessernd) das heißt vielleicht doch! … Ich weiß es selbst nicht genau! … So viel aber weiß ich gewiß, daß ich ohne Dich nicht leben kann, … und daß – wenn Du mich nicht erhörst – ich mir hier zu Deinen Füßen den Tod gebe!
Marianna (immer zurückweichend, für sich).
Er ist verrückt!
Polycarpo (bei Seite).
Nun, wenn ihr das noch nicht leidenschaftlich genug ist! (Laut.) Glaube nicht etwa, daß dieß eine leere Drohung ist! … Bestimme selbst, auf welche Art ich mich um’s Leben bringen soll! (Er springt auf und nimmt aus der Tasche nach einander eine lange, mehrfach geknotene Baßsaite, einen Dolch und eine Pistole hervor, welche Gegenstände er einzeln, indem er Marianna verfolgt, welche immerwährend vor ihm flieht, auf verschiedene Möbelstücke legt). Soll ich mich erwürgen? … Hier ist ein Strang! … Oder erstechen? … (Sieh diesen Dolch! … Oder erschießen? Da ist auch eine Pistole! … Nun wähle!
Marianna (angstvoll für sich).
Allmächtiger Gott! … ich fange an mich vor ihm zu fürchten! (Laut.) Ich habe ja gar nicht an Sie geschrieben!
Polycarpo.
O leugne nicht! … ich habe es mit eignen Augen gesehen! Ich sandte Dir ja jenen Blumenstrauß.
Marianna (schnell).
Mir? Ich habe keinen erhalten.
Polycarpo (für sich).
Sollte sie fürchten, daß uns Jemand belauscht? — und giebt sie sich deshalb den Anschein, als wüßte sie nicht, was ich meine …!? (Es klopft.)
Marianna (aufhorchend).
Es klopft schon wieder!
Polycarpo (ängstlich).
So scheint es! … Wer kann das sein?
Marianna.
Vielleicht mein Gatte …
Polycarpo (erschrocken).
Alle Wetter.
Marianna.
Wenn er Sie hier findet, so ist es um Sie geschehen. – Verstecken Sie sich!
Polycarpo (höchst ängstlich).
Von Herzen gern! (Läuft nach der Thür, durch welche Coscoletto abgegangen ist).
Marianna (hastig).
Dort nicht! …
Polycarpo (zurückprallend).
Wo denn sonst?
Marianna.
Hier! (Sie führt ihn nach der ersten Thür rechts).
Polycarpo.
Meinetwegen, – mir gilt es gleich! (verschwindet).
Marianna (schließt die Thür).
So! … das wäre der zweite!
(Es klopft stärker als zuvor).
(Zur Mittelthür eilend).
Ja doch, ich komme! (Sie öffnet).
Arsenico tritt ein.
Marianna (erstaunt).
Sie sind es?
Arsenico (vorkommend).
Ja, schöne Marianna! Da ich gerade hier bei Ihrem Hause vorüber ging, konnte ich mir nicht versagen, einzutreten, … um (sich fassend). … um Ihnen das Bewußte zu überbringen!
Marianna.
Das Bewußte? Was denn?
Arsenico.
Jenes Mittel, um die Schlafsucht Ihres Gatten zu beseitigen!
Marianna.
Ah, ganz recht! … Ich besinne mich!
Arsenico
(bei Seite, indem er in seinen Taschen sucht).
Statt den Schlaf zu verscheuchen, befördert ihn mein Mittel im Gegentheil, so daß der Ehemann auf längere Zeit unschädlich gemacht wird. (Reicht ihr zwei kleine Flaschen hin). Es bedarf jedes Mal nur eines einzigen Tropfens!
Marianna.
Gut, … geben Sie her! (Greift nach einer der beiden Flaschen, welche Arsenico ihr hinhält).
Arsenico (hastig).
Nein! … Dieses Fläschchen nicht! Um Gottes willen es enthält ein äußerst scharfes Gift, … den von mir erfundenen Extract, genannt „die zwölfte Stunde,“ … mit welchem ich bereits heute Morgen jenes Experiment an dem (er ahmt das Bellen eines Hundes nach). — Vau! Vau! — machte, … ein Experiment, welches ich noch heute Abend bei den Apothekern, … (sich verbessernd) d. h. nicht an diesem selbst, sondern in deren Verein erneuern werde.
Marianna (freudig).
Mithin werden Sie dort gewiß schon mit Ungeduld erwartet…!
Arsenico (einfallend).
Kann sein! Ehe ich aber gehe, habe ich Ihnen noch etwas mitzutheilen …
Marianna (ungeduldig).
So sprechen Sie! (Für sich). Wenn er doch endlich ginge.
Arsenico (blickt sie schmachtend und seufzend an).
Ach! (Er will eine Hand bedeutend auf sein Herz legen, da bemerkt er, daß die in der Brusttasche befindlichen Fläschchen, die er aus Zerstreuung wieder eingesteckt hat, ihm hinderlich sind, weshalb er beide vorsichtig in seinen Hut legt, der auf dem Schrank steht).
Marianna (wie oben).
Nun, was haben Sie mir mitzutheilen?
Arsenico.
O, Marianna! Zum ersten Male befinde ich mich ganz allein Ihnen gegenüber! Dieses Halbdunkel, die Stille, … diese Küche, … die Kasserollen, … Alles athmet hier Liebe! … Alles spricht hier zum Herzen und entlockt mir ein Geständniß, welches ich schon allzulange mit mir herumgetragen, … (schwärmerisch.) Marianna! … Ich liebe Sie! (Wirft sich auf die Knie).
Marianna (losplatzend).
Noch Einer? (Für sich.) Der Dritte! (laut) Ich glaube Tritte zu vernehmen, (für sich) es wird doch nicht etwa gar noch ein Vierter kommen?!
Arsenico (wie oben).
Sollte es Ihr Mann sein …?
Marianna.
Das ist leicht möglich! (lauschend.) Ja! er ist es!
Arsenico.
Großer Gott! Wo verberge ich mich? (Läuft nach der ersten Thür rechts.) Hier? …
Marianna (hastig).
Nein! nein!
Arsenico (nach links laufend).
Oder dort?
Marianna (ihn zurückhaltend).
Nicht doch!
Arsenico
(nach der zweiten Seitenthür rechts laufend).
Dann also hier?
Marianna
(sich vor die Thür stellend und ihm den Eintritt verwehrend).
Halt! Das ist mein Schlafzimmer!
Arsenico.
Da wäre ich ja gerade am besten aufgehoben!
Marianna.
Nein! – Es giebt nur einen Ausweg! Sie müssen dort zum Fenster hinaus springen.
Arsenico (zurückprallend).
Was? … Zum Fenster hinaus?
Marianna.
Es führt nach dem Hof hinaus, ist nicht hoch vom Fußboden ab, und überdies liegt unten … ein Strohhaufen.
Arsenico (überlegend).
Ein Strohhaufen? … Ist es auch wirklich Stroh?
Marianna.
Gewiß! (dringend.) Also springen Sie!
Arsenico (seufzend).
Nun meinetwegen! … O Himmel, gieb, daß recht viel Stroh dort unten liegt! (Springt hinaus, gleich darauf hört man ihn außerhalb schreien.) Oh! Oh!
Marianna (sich hinausbeugend).
Still doch! … Haben Sie sich denn weh gethan?
Arsenico (kläglich).
Nein, das nicht! … Ich liege ganz weich! fast zu weich! … Aber ich habe meinen Hut vergessen!
Marianna
(sucht nach seinen Hut, ergreift aus Versehen Polycarpo’s Hut und wirft diesen zum Fenster hinaus).
Hier ist er! Nun verhalten Sie sich aber still! (Sie tritt vom Fenster zurück, löscht das Licht aus und läuft eilig und geräuschlos durch die zweite Thür rechts ab).
(Man hört die Mitteltür schließen).
Frangipani
(eine kleine Laterne in der Hand haltend, tritt durch die Mittelthür ein und blickt suchend umher.)
Es ist ja Niemand hier!
Delfina (welche dicht hinter ihm eintrat).
Gleichviel, Signor Frangipani! … Wie ich Ihnen sage: Sie werden hintergangen, betrogen und belogen!
Frangipani (seufzend).
Ich habe es wohl geahnt! (Für sich, auf Delfina deutend.) Welche Theilnahme das liebe Kind für mich an den Tag legt.
Delfina (eifrig).
Aus meinem Fenster, welches hier gerade gegenüber liegt, habe ich Alles beobachtet, … und erwartete mit Ungeduld Ihre Rückkehr, um Sie von dem Vorgefallenen zu unterrichten.
Frangipani (sie in die Wange kneifend).
Du gutes Kind!
Delfina.
Ich will mich rächen!
Frangipani.
Ich desgleichen!
Delfina.
So war denn Alles Lüge nur!
Frangipani.
Ja meiner Frau macht er die Cour.
Delfina.
Wie sollt’ ich da nicht trostlos sein?
Frangipani.
So schenk’st Du Dein liebend Herze,
Unselig Kind, dem Polycarpo.
Delfina (erstaunt).
Dem Polycarpo?
Frangipani.
Dem also nicht. — Ei, ei, so war’s — (sinnend)
Arsenico!
Delfina.
Nein, nein — der Coscoletto war’s!
Frangipani (höchst überrascht).
Wie, Coscoletto? — Noch Einer mehr?
Es ist zum rasend werden,
Ich bin der ärmste Mensch auf Erden!
Delfina.
Coscoletto, schwarzer Missethäter
’s ist vorbei,
Mir bricht das Herz entzwei.
Frangipani.
Verrätherei!
Beide.
Coscoletto, elender Verräther!
Furchtbar uns’re Rache sei!
Frangipani.
Der jeden Tag hier fistulirte,
Die Guitarre maltraitirte,
Uns annuyirte täglich neu
Mit seiner dummen Dudelei!
Delfina.
Ach, der schändliche Verräther
Brach mein Herz entzwei.
Frangipani.
Ja der Verräther soll es büßen,
Ich will ihn seh’n zu meinen Füßen.
Beide.
Coscoletto, schwarzer Missethäter
etc. etc.
Frangipani (wehmüthig).
Also sind es gar ihrer Drei! … Arsenico behauptet, das Gift der Borgia’s entdeckt zu haben, … und ich habe, wie es scheint, ein Mitglied dieser liebenswürdigen Giftmischer-Familie zur Frau! … (zu Delfina) Bist Du auch Deiner Sache ganz gewiß?
Delfina.
Wie ich Ihnen sage: — ich habe sie selbst hier eintreten sehen! Es kamen zwei Ihrer Freunde! Der Droguist und der Darmsaiten-Fabrikant!
Frangipani.
Polycarpo? … der meine Wittwe heirathen will? – O heiliger Januarius! O meine Ahnung! (sinkt auf einen Stuhl, springt aber sogleich wieder in die Höhe) Au! Au! Was ist das? (Nimmt die Pistole, welche Polycarpo liegen gelassen, vom Stuhle auf.) Eine Schußwaffe!
Delfina.
(Von einem andern Stuhle den dort liegenden Dolch aufhebend.)
Und hier ein Dolch!?
Frangipani (die Baßsaiteerblickend).
Und diese, — einen Strang gleichende Darmsaite! … Alle nur erdenklichen Mord-Instrumente finden sich in meiner Behausung vereint! — ich bin den Mördern auf Gnade und Ungnade preisgegeben! (läuft umher) Von den Küchenjungen scheint auch keiner im Hause zu sein! … Was ist da zu thun? Wie soll ich mich vor meinen Feinden schützen? Geh, Delfina! ich beschwöre dich – hole Hülfe herbei! Rufe die Lazzaroni, oder wen Du sonst antriffst! – Eile! … ich werde inzwischen hier auf der Lauer liegen! … Hier hast Du meinen Schlüssel; … schließ’ mich selbst hier ein, damit Niemand entkommen kann!
Delfina.
Gut, ich gehe! … Nicht wahr? wir werden uns rächen?! (Wendet sich zum Gehen.)
Frangipani (indem er sie bis zur Mittelthür geleitet).
Gewiß! … Furchtbar werden wir uns rächen!
(Delfina ab.)
Frangipani (vorkommend, für sich).
O über die Treulosigkeit der Weiber! und die Falschheit der Freunde!
Frangipani (vorsichtig umherblickend).
Wer weiß, ob der Fußboden nicht unterminirt, und ich plötzlich in die Luft geschleudert werde!? – Das wäre entsetzlich!
Polycarpo.
(Als Küchenjunge gekleidet, kommt leise aus der Seitenthür rechts und spricht für sich.)
Ich hörte Tritte und eine männliche Stimme, es scheint mir daher rathsam, mich aus dem Staube zu machen. Unter dieser Verkleidung hoffe ich unerkannt zu entkommen! (Wendet sich nach dem Hintergrunde zu, da erblickt er Frangipani und ruft halblaut.) Ha! … der Ehemann?! Ich bin verloren! (Wendet ihm hastig den Rücken zu, tritt an den Herd und beschäftigt sich dort scheinbar sehr emsig mit den Kochgeräthen.)
Frangipani.
(der ihn beim unsicheren Schein der kleinen Laterne von der Seite betrachtet.)
Ah, Du bist es, Pancrazio? … So bleibt mir denn also in meinem Unglück doch wenigstens eine treue Seele!
Polycarpo (bei Seite).
Er hält mich für seinen Küchenjungen! Diesen Irrthum muß ich mir zu Nutze machen!
Frangipani (vertraulich).
Sage mir, Pancrazio, hast Du nichts bemerkt?
Polycarpo (mit verstellter Stimme).
Nein! (Rührt immerwährend mit einem Löffel in einer Kasserolle.)
Frangipani.
Es bereitet sich hier ein schauerliches Verbrechen vor: – … mein Weib und Polycarpo wollen mich aus dem Wege schaffen!
Polycarpo (wie oben).
Oho!
Frangipani.
Ja, das weiß ich ganz sicher! – Du kennst doch Polycarpo, den Dummkopf, den Darmsaiten-Fabrikanten!? …
Polycarpo.
Hm, Hm! (bei Seite) Ich danke!
Frangipani (immer geheimnißvoll).
Jetzt kommt es darauf an, zu erfahren, auf welche Weise sie mich umbringen wollen, – ob durch den Strang, oder die Pistole, oder den Dolch? … Vielleicht aber auch wollen sie mich vergiften? … Ja, das ist das Wahrscheinlichste! Ich habe entsetzlichsten Hunger und möchte zu Abend speisen! Darf ich es aber wagen? – muß ich nicht bei jedem Bissen fürchten, er sei vergiftet? … Doch da fällt mir ein: Du kannst mich ja bedienen! (für sich) Er wird doch nicht mit zur Verschwörung gehören? (zu Polycarpo) Bereite mir ein gutes Gericht Maccaroni, – das wird mir die nöthige Kraft verleihen zur Ausführung meiner Rache!
Polycarpo (bei Seite).
O weh! … Das wird schön werden! (Stellt eine Kasserolle auf das Feuer des Heerdes, ergreift eins der Fläschchen, welche Arsenico liegen ließ, gießt den Inhalt in die Kasserolle hinein und sagt für sich.) Was ist denn das für ein eigenthümlicher Geruch? Sollte ich mich vergriffen haben? Ich darf mich nicht verrathen, … drum fort damit! (Nachdem er sich scheu nach Frangipani umgesehen hat, – der inzwischen den Küchenraum vorsichtig durchforscht und an allen Thüren lauscht, – wirft er die Kasserolle, sammt Inhalt, hastig zum Fenster hinaus.) So, nun fange ich lieber noch einmal an! (Er hat eine andere Kasserolle auf den Heerd gestellt und gießt den Inhalt des anderen Fläschchens hinein.) Dies wird besser sein, denke ich!
Frangipani (sich zu ihm wendend).
Was machst Du denn?
Polycarpo (mit verstellter Stimme).
Nichts! … Ich rühre! (rührt heftig.)
Frangipani.
Recht so, rühre immer zu! Du bist ein guter treuer Bursche. O es thut wohl, unter lauter Verräthern wenigstens einen ehrlichen Menschen zu finden! Du bist unter Larven die einzige fühlende Brust!
O trauriges Geschick, dem ich zum Opfer falle,
Tod überall vor meinem Blick.
Diese friedliche Küche, einst meiner Ahnen Asyl,
Soll jetzt der Schauplatz sein des Mordes und Verbrechens.
Ueb’rall, wo mein Aug’ hinblickt,
Seh’ Dolche ich auf mich gezückt,
Donnerbüchsen, Espingolen,
Aexte, Schwerter und Pistolen.
Seh’ gezogene Kanonen,
Bomben, Mörser, blaue Bohnen,
Gift’ge Pfeile, Donnerkeile – ach!
Ist’s Fantasie nur, die mich neckt?
Sind Mörder wirklich hier versteckt?
Wollt Ihr mein Blut? – So redet!
Wie auf düst’ren Waldesstrecken
Hex’ und Kobold lauernd steh’n,
Glotzend so aus allen Ecken
Ekle Fratzen auf mich seh’n.
Und mit dürren Knochenarmen
Nahen sie im grausen Chor,
Greifen, kneifen sie mich Armen,
Packen, zerren ohn’ Erbarmen
Mich hinab zum Höllenthor.
Hörst Du sie?
Polycarpo.
Hi, hi, hi, hi!
Frangipani (horchend).
Hörst Du sie?
Ich bin perdu!
Wo mein Auge hin auch blickt,
Seh’ Dolche ich auf mich gezückt,
etc. etc.
Bombenmörser, blaue Bohnen!
Der ich stets so friedlich lebe,
Niemand Grund zur Feindschaft gebe,
Mir muß so ’was just passir’n,
Könnte gleich den Kopf verlier’n!
Nein das überleb’ ich nicht,
Nein das überleb’ ich nicht!
Frangipani (überlegend).
Auf welche Weise könnte man ihre finsteren Pläne vereiteln? … Man müßte sich hier verstecken und die Verschwörer beobachten! … Halt, da kommt mir ein Gedanke! (Er legt die Hand auf Polycarpo’s Schulter.) Pancrazio!
Polycarpo (erschrocken).
Ha!
Frangipani.
Gieb mir einen Beweis Deiner Anhänglichkeit.
Polycarpo (immer mit verstellter Stimme).
Hm! (für sich) Es ist um mich geschehen!
Frangipani.
Verstecke Dich!
Polycarpo (schnell).
Recht gern!
Frangipani (auf den Heerd deutend).
Kriech’ dort hinein! Von da aus kannst Du Alles beobachten, was hier vorgeht, und mir hernach Bericht darüber erstatten.
Polycarpo.
Gut! (für sich) Sobald er sich entfernt, mache ich mich auf und davon! (Kriecht unter den Heerd.)
Frangipani (der ihm den Rücken zuwandte).
Und hernach … (sich umsehend) Nun? wo ist er denn geblieben? (Bemerkt Polycarpo’s Beine, die noch unter dem Heerd hervorsehen.) Ach, er steckt schon drinnen! (Er geht zum Heerd und bückt sich zu Polycarpo nieder.) Dort bleibst Du! was auch geschehen möge, … selbst wenn sie Alles in Brand stecken sollten!
(Polycarpo macht im Innern des Heerdes eine heftige Bewegung und stößt unverstandliche Laute aus.)
(Frangipani zu ihm gewandt.)
Keine Widerrede! Ein guter Küchenjunge muß, gleich einem Soldaten, muthig in’s Feuer gehen! (Entfernt sich von dem Heerde.) Was mich betrifft, so werde ich in jenes Zimmer gehen! (Geht zur ersten Seitenthür links und will sie öffnen.) Was ist das? … Die Thür ist verschlossen?
Coscoletto (Stimme von Innen).
Sind Sie es?
Frangipani (zurückprallend).
Ha! da ist einer d’rin! (Mit gedämpfter Stimme.) Still! ganz still! damit sie nicht aufmerksam werden! (Geht nach der ersten Seitenthür rechts und bemerkt den dort auf dem Fußboden liegenden Hut Arsenico’s, den Polycarpo, nachdem er die Fläschchen herausgenommen, aus Versehen hinuntergeworfen hatte.) Ein Hut? (Hebt ihn auf.) Das ist Arsenico’s Hut, ich kenne ihn genau! … Mithin ist Arsenico hier in diesem Zimmer! (Deutet auf die Seitenthür rechts, und geht darauf zur zweiten Thür rechts, dort bleibt er lauschend stehen.) Es kommt Jemand! Gewiß meine Frau! … Wo verberge ich mich nur? … Ah, dort! in der zweiten Abtheilung des Heerdes! (Kriecht eilig von der anderen Seite unter den Heerd, der zwei von einander getrennte Abtheilungen enthält.)
Marianna.
(Durch die zweite Thür links eintretend und vorsichtig lauschend.)
Es ist Niemand hier!? … Sollte mein Gatte noch einmal ausgegangen sein? … oder habe ich mich überhaupt getäuscht, als ich seine Stimme zu hören glaubte? … jebenfalls will ich Coscoletto eiligst befreien! (Sie geht zur ersten Seitenthüre links und öffnet diese.)
Frangipani.
(Den Kopf aus dem Heerd hervorsteckend, für sich.) Von hier aus entgeht mir Nichts!
Marianna (mit gedämpfter Stimme).
Kommen Sie schnell heraus!
Coscoletto (heraustretend).
Endlich! … Ich glaubte schon, Sie hätten mich vergessen.
Marianna.
Wie wäre das möglich?
Polycarpo.
(Den Kopf hervorsteckend und Coscoletto erkennend.)
Sieh’ doch! Coscoletto!? Was thut der Schlingel hier!
Coscoletto (zu Marianna).
Darf ich jetzt endlich mit Ihnen über meine Liebe reden?
Marianna (unruhig).
In diesem Augenblick nicht! Bedenken Sie, daß man uns überraschen könnte! … Mein Mann kann jeden Augenblick zurückkehren! …
Coscoletto.
Was schadet das? … Wenn man ihm die Sachlage auseinandersetzte, … würde er gewiß nichts dagegen einzuwenden haben!
Marianna (erstaunt).
Was fällt Ihnen ein? …
Frangipani (entrüstet).
Die Frechheit geht doch zu weit!
Marianna (fortfahrend).
Nein, nein! … wir dürfen keinen Augenblick verlieren! … Entfernen Sie sich eiligst, damit Sie Niemand sieht! (Drängt ihn zur Mittelthür, durch welche Delfina im denselben Augenblick eintritt.) Ha! – zu spät!
Delfina (in der Thür).
Habe ich Euch endlich ertappt?
Marianna (zurücktretend, für sich).
Was führt diese hierher?
Coscoletto (gleichzeitig, für sich).
Was meint sie damit?
Delfina.
(In höchster Aufregung, vorkommend und rufend.)
Signor Frangipani? … Signor Frangipani!
Marianna (zu ihr).
Was soll das heißen?
Delfina.
Ich will Euch entlarven!
Marianna (zu ihr).
Schweigen Sie doch!
Coscoletto (gleichzeitig).
Meine theure Delfina!
Delfina (aufgebracht, zu ihm).
Ich bin nicht Ihre theure Delfina! … Wie können Sie es wagen, mich so zu nennen, … nach Ihrem Verrath!?
Coscoletto.
Verrath?
Delfina (weinerlich).
Pfui! Sie sollten sich schämen!
Coscoletto (flehend).
Aber so beruhigen Sie sich doch …!
Delfina (heftig).
Nein, ich will mich nicht beruhigen! – Mein Vertrauen so zu mißbrauchen! (Zu Marianna gewendet.) Haben Sie den Brief geschrieben?
Marianna.
Allerdings!
Frangipani (den Kopf hervorsteckend).
Sie gesteht es ein?!
Delfina (fortfahrend zu Marianna).
Sie sagten mir, daß er richtig abgeholt worden sei …!
Marianna.
Weil ich glaubte, es handle sich um Polycarpo …!
Polycarpo (wie oben).
Von mir ist die Rede!
Delfina (ärgerlich).
Polycarpo? … Was kümmert mich der Narr?
Polycarpo (sich vergessend, halblaut).
Ich danke!
Frangipani.
(Der gleichzeitig von der anderen Seite hervorblickte, erkennt Polycarpo und sagt halblaut.)
Was seh’ ich? … Polycarpo in dem Anzuge meines Küchenjungen? … Mithin gehört er auch zu den Verschwörern! (Will nach ihm schlagen.) Wart! Das sollst Du mir büßen!
Polycarpo.
Ha! Ich bin erkannt!
(Er schleicht hervor, entledigt sich der Küchenschürze, sowie der Jacke, und wendet sich zur Mittelthür. In demselben Augenblick tritt Arsenico durch dieselbe ein.)
Arsenico (im Eintreten).
Ich habe einen unrechten Hut! (Bleibt beim Anblick der Anwesenden überrascht stehen.)
Frangipani (für sich).
Nun sind sie Alle versammelt! Jetzt kann ich meinen Plan zur Ausführung bringen! (Ruft sehr laut.) Freunde und Nachbarn!
Alle (höchst überrascht durcheinander).
Wie? Was? … Wer ruft? (Sie blicken Alle mit Ausdruck der größten Verwunderung auf Frangipani.) Ha! Frangipani?!
Frangipani.
(Immer in seiner bisherigen Stellung verharrend.)
Lieben Freunde und Nachbarn! … wollt Ihr mir das Vergnügen bereiten, bei mir zu Abend zu speisen?
Alle (durcheinander).
Was soll das heißen? … Wie kommt er dazu? … Was beabsichtigt er?
Frangipani (aus seinem Versteck hervorkommend).
Ihr werdet entschuldigen, daß ich diese Einladung so plötzlich an Euch ergehen lasse …!
| Polycarpo. | (zugleich.) |
| Bitte, bitte! | |
| Arsenico. | |
| Ohne Umstände! |
Frangipani.
(Zu Coscoletto, indem er ihm die Hand unsanft auf die Schulter legt.)
Junger Mann! …
Coscoletto (fährt erschrocken zusammen).
Was beliebt?
Frangipani (fortfahrend).
Sie haben eine hübsche Stimme; … Sie müssen uns zum Nachtisch ein Liedchen singen!
Coscoletto.
Wie? … Sie laden auch mich ein? …
Frangipani (mit angenommener Heiterkeit).
Freilich! … Es wird mir ein ganz besonderes Vergnügen bereiten, Sie an meinem Tische zu sehen!
Coscoletto (sich verbeugend).
Sehr schmeichelhaft für mich! (bei Seite) Er ist bei guter Laune, wie es scheint!
Frangipani (zu Marianna).
Willst Du nicht die Güte haben, den Tisch decken? … Unsere Freunde werden gewiß behüflich sein!
Arsenico und Polycarpo (zugleich).
Von Herzen gern!
Arsenico (bei Seite).
Wenn ich nur wüßte, was aus meinem Hut geworden, … und aus den Fläschchen, die ich hineingelegt hatte? … (Er blickt suchend umher.)
(Marianna hat mit Polycarpo’s Hülfe einen Tisch in die Mitte der Bühne gerückt, den sie im Laufe der Scene deckt und anrichtet)
Delfina (leise zu Frangipani).
Was haben Sie vor?
Frangipani (ebenso zu ihr).
St! … Ich will sie durch ein scheinbares Vertrauen sicher machen! … Du hast doch meinen Auftrag ausgeführt?
Delfina (wie vorher).
Gewiß! … Sie werden bald kommen!
Frangipani.
Gut! (laut zu den Uebrigen.) Nun, Freunde! laßt uns ohne Zögern die Vorbereitungen zu unserm fröhlichen Mahle treffen!
Coscoletto (für sich).
Mir ist das Ganze unerklärlich!
(Alle, mit Ausnahme von Frangipani, gehen durch die zweite Seitenthür links ab, Marianna voran.)
Frangipani (allein).
Das habe ich verdammt schlau angefangen! … Obgleich ich vor Hunger fast vergehe, wage ich doch nicht zu essen, aus Furcht, die Speisen möchten vergiftet sein, … deshalb habe ich sie nun Alle zu Tische geladen, und werde nicht eher Etwas genießen, als bis alle Andern gegessen haben! – Dadurch allein kann ich mich sicher stellen! … –Sie kommen! Ja, wartet nur! … Ihr sollt mir büßen für Eure verbrecherische Absicht!
(kommen Einer hinter dem Andern aus der Seitenthür links, sie tragen Teller, Schüsseln, Flaschen, Gläser und sonstiges Geräth, welches sie auf den Tisch setzen und dort arangiren. Alsdann stellen sie Stühle um den Tisch herum und setzen sich nieder.)
Frangipani.
Werthe Freunde und Freundinnen! … Thut Euch gütlich! … Esset und trinket so viel, als Ihr möget! Esset heute, … denn (feierlich) wer weiß, ob Ihr morgen noch im Stande seid zu essen!
Polycarpo.
Das klingt ja fast wie eine Predigt! …
Frangipani (kurz).
Kümmert Euch nicht weiter darum, sondern (gebietend) esset!
Polycarpo.
Ja doch!
(Alle mit Ausnahme Frangipani essen.)
Coscoletto (zu diesem).
Nun, Signor? … und Ihr?
Frangipani (Alle beobachtend).
Ich? … Ich sehe zu, und freue mich, daß Euch das Essen so mundet! (für sich) Ich sterbe fast vor Hunger! (laut zu Arsenico.) Nun, Freund, wie schmeckt es Euch?
Arsenico (essend).
Die Maccaroni sind ganz vortrefflich:
Frangipani (lüstern).
In der That?
Coscoletto.
Ich finde, daß sie einen eigenthümlichen Nebengeschmack haben! …
Frangipani (schnell).
Finden Sie? –
Polycarpo (eifrig essend).
Mir schmeckt es deshalb nur um so besser!
Alle (essend).
Ja, ja! es schmeckt vortrefflich!
Frangipani (für sich).
Sie essen Alle, … und ohne Beschwerden davon zu haben! … Wie, – wenn ich es auch versuchte? – (Er nimmt Arsenico’s Teller.) Erlaubt, Gevatter!
Arsenico (überrascht).
Mit Vergnügen!
Frangipani (essend).
Ja, … die Macaroni haben einen sehr guten Geschmack! (Er hat inzwischen den Teller geleert, stellt ihn wieder vor Arsenico hin und greift nun nach Polycarpo’s Teller.) Entschuldigen Sie!
Polycarpo (zurückprallend).
Bitte sehr!
(Alle blicken einander verwundert an.)
Frangipani.
Aber, Freunde, Ihr trinkt ja nicht! – So trinkt doch!
Coscoletto (will Frangipani’s Glas füllen).
Ihr Glas ist ja noch leer, Signore!
Frangipani (ihn hastig daran hindernd).
Nicht doch! … Ich trinke erst später!
(Alle trinken.)
Frangipani (Alle der Reihe nach beobachtend).
Sie trinken? … und es schadet ihnen nicht? (Er greift nach Arsenico’s Glas, als dieser es eben zum zweiten Male an den Mund setzt.) Erlaubt, Gevatter!
Arsenico (erschrocken stammelnd).
Mit Vergnügen!
Alle (blicken Frangipani an).
Was ist das?
Frangipani (nachdem er getrunken).
Das ist so eine Angewohnheit aus meiner Kindheit her! (Hat das Glas ausgetrunken.) Ein schöner Wein, nicht wahr?
Arsenico.
Gewiß!
Frangipani (Polycarpo’s Glas nehmend).
Entschuldigen Sie!
Polycarpo.
Bitte sehr!
Frangipani.
Es geschieht aus reiner Freundschaft (trinkt) Ach! das schmeckt! (Bei Seite) Es war die höchste Zeit, daß ich etwas genoß! (Laut und heiter.) Nun laßt uns fröhlich sein, Freunde! … (Zu Coscoletto.) Und Sie, junger Mann, singen Sie uns jetzt das Macaroni-Lied!
Coscoletto.
Was kann es Schöneres wohl geben,
Mehr noch erfreuen Herz und Sinn?
Der Lazzarone giebt sein Leben
Für Maccaroni freudig hin.
Nehmt uns’re marmornen Paläste,
Nehmt uns’re ewig sonn’ge Flur,
Nehmt uns’re Heil’gen, uns’re Feste,
Laßt ihr uns Maccaroni nur!
Uf! Mannaggia!
Heil’ger Januarius
Nimm des inn’gen Dankes Gruß!
Doch sagte einst im Zorne er:
„’s giebt keine Maccaroni mehr!“
O Heil’ger, Deine Gnad’ ist groß,
Das wär’ für uns der Todesstoß!
Alle.
Hi, hi, hi, hi, Deine Gnad’ ist groß,
Das wär’ für uns der Todesstoß!
Wie einst den Hungernden zur Speise
Manna vom Himmel fiel herab,
So half uns Gott auf gleiche Weise,
Als er uns Maccaroni gab.
Schon der Geruch kann uns entzücken,
Zieht er von ferne durch die Luft,
Herz und Sinn kann er berücken
Der balsamisch süße Duft.
Uf! Managgia!
Heil’ger Januarius etc. etc.
Coscoletto.
Sanct Januar, der wird uns stützen,
Der soviel Huld uns zugewandt,
Er wird sein treues Volk beschützen
Fort und fort mit starker Hand.
Blühe, blühe und gedeihe
Maccaroni immerdar!
Alle.
Blühe, blühe und gedeihe
Maccaroni immerdar!
Frangipani.
Das war ein Mahl!
Marianna.
Das war ein Mahl!
Coscoletto.
Wir haben ganz famos gespeist.
Arsenico.
Ich fühle mich wie neu belebt.
Polycarpo.
Und ich, ich hab’ ’nen kleinen Spitz!
Coscoletto (zu Frangipani).
Ein seltsamer Geschmack!
Was thatet Ihr hinein?
Frangipani.
Ich? – Nichts?
Coscoletto.
War’s nicht Orange?
Polycarpo.
Ich fürchtete, entdeckt zu sein,
D’rum schlüpft’ ich in des Kochs Kostüm hinein.
Da sah’ auf jenem Tisch ich stehn
Ein Fläschchen, zierlich anzuseh’n;
So appetitlich schien’s zu sein,
D’rum goß den Inhalt ich hinein.
Frangipani.
Ein Fläschchen?
Arsenico (erschrocken).
Ein Fläschchen?
Polycarpo (besorgt).
Nun ja, ein kleines Fläschchen.
Arsenico (hastig).
Wo ist die Flasche!
Polycarpo (suchend).
Wo hab’ ich sie nur hingethan? –
Ah dort, dort neben der Casserolle.
Arsenico (bestürzt).
Großer Gott!
Alle.
Was giebt’s?
Arsenico (entsetzt).
Das gossest wirklich Du hinein?
Polycarpo.
Meiner Treu’!
Arsenico.
Du Unglücksmensch! Es war ja Gift!
Alle (höchst bestürzt).
Wir haben Gift? O Angst und Qual!
Des Todes sind wir allzumal!
Frangipani.
Bringt warme Milch, Camillenthee!
Polycarpo.
Daß Einer schnell zum Arzt, zur Apotheke geh’.
Arsenico (vernichtet).
Ach – alle Mühe ist vergebens!
Es war Sanct Januar’s Gebot.
Gebrochen ist die Kraft des Lebens,
Es naht der Tod –
Polycarpo.
– Der Tod!
Frangipani.
– Der Tod!
Alle.
Es naht der Tod, der Tod!
Frangipani.
O welch’ Geschick!
Vergiftet sind wir Alle hier –
Coscoletto.
O welche Qual!
Delfina und Marianna.
– Vergiftet!
Coscoletto (zu Delfina).
Delfina, Theure, glaube mir,
Mein ganzes Herz gehörte Dir!
Verzeih’, wenn ich Dich je betrübt,
Die ich so treu, so heiß geliebt.
Delfina.
Gern will ich Deinem Worte trau’n,
Doch wirst Du selbst auch mir verzeih’n!
Marianna (zu Frangipani).
Und ich, die beste aller Frauen
Sollt’ meinem Gatten treulos sein?
Verzeihe mir!
Frangipani (jammernd).
Vergiftet sind wir Alle hier.
etc. etc.
(Alle sinken völlig vernichtet in die Sessel.)
Arsenico (zu Frangipani).
O Freund, vor uns’rer letzten Reise
Will mein Verbrechen ich gesteh’n,
’Goß täglich Opium in die Speise,
Um besser Euch zu hintergeh’n.
Polycarpo.
Auch ich muß schweigend mich ergeben,
Schon wühlt das Gift im Leib’ herum.
Frangipani.
Ach, hätt’ ich länger nur zu leben,
Ich brächt’ Euch alle Beide um! Doch –
Vergiftet sind wir alle hier.
etc. etc.
(Man vernimmt von Außen sehr lautes Hühner-Geschrei.)
Frangipani (lauschend).
Ich höre Stimmen von ferne –
Marianna (ebenso).
Vom Hühnerhofe kommt es her –
Arsenico.
Nein, nein, es ist nur Sinnestäuschung,
Das Gift macht uns den Kopf so schwer.
Chor der Nachbarn und Nachbarinnen (außerhalb).
Wir werden hart ihn strafen
Für seine Missethat,
Der uns’re armen Hühner
Grausam vergiftet hat.
Er steckt in diesem Haus,
Hier goß das Gift er aus.
Den schnöden Hühnermörder,
Gebt ihn heraus, heraus!
Die Andern.
Uns faßt des Todes bitt’re Qual!
(Nachbarn und Nachbarinnen treten ein, todte Hühner in den Händen haltend.)
(Lazzaroni und Fischer folgen.)
Chor.
Wir werden ihn bestrafen
Für seine Missethat,
Der uns’re armen Hühner
Grausam ermordet hat.
Er steckt in diesem Haus,
Dort goß das Gift er aus.
(Auf das Fenster deutend.)
Coscoletto.
Er goß es aus dem Fenster?
Arsenico.
Dort goß das Gift er aus.?
Polycarpo.
Er goß es aus dem Fenster?
Alle.
Dort goß das Gift er aus?
(Alle Anwesenden sind inzwischen aufgestanden.)
(Nach dem Gesange.)
Frangipani (zu einer Nachbarin).
Was soll Euer Lamento bedeuten? Erklärt Euch deutlicher!
Arsenico (zu ihr).
Ja! Erklärt uns, wie es gekommen, daß alle diese Hühner getödtet worden sind!?
Die Nachbarin.
Wie es gekommen? — Nun, diese Kasserolle, deren Inhalt vergiftet gewesen sein muß, ist den armen Thieren durch jenes Fenster zugeworfen worden!
Frangipani.
Diese Kasserolle gehört ja mir!
Polycarpo.
Ah! jetzt entsinne ich mich! – Bei Zubereitung des ersten Gerichtes hatte ich eins der Fläschchen genommen, die dort auf dem Schranke standen, es waren zwei Fläschchen: ein gelbes und ein weißes. – Da die Macaroni dadurch aber einen so eigenthümlichen Geschmack erhielten, so warf ich die ganze Kasserolle zum Fenster hinaus.
Arsenico (jubelnd).
Mithin ist zu den von uns genossenen Macaroni der Inhalt des weißen Fläschchens gegossen worden!? Trallerallalla! (Er tanzt singend umher.)
Frangipani.
Was sagt Ihr?
Arsenico (immer tanzend).
Tralleralla!
(Alle blicken erwartungsvoll auf Arsenico.)
Polycarpo (versucht ihn anzuhalten).
So redet doch!
Arsenico (tanzend).
Tralleralla!
Alle (umzingeln ihn).
Redet! (Sie halten ihn fest.)
Arsenico (sehr laut).
Nun, Ihr hört es ja! … Wir sind gerettet! … In jenem Fläschchen befand sich keine schädliche Substanz!
Alle (durcheinander).
Gerettet? … Wir sind nicht vergiftet!? (Sie fangen sämmtlich an zu tanzen und zu singen.) Trallerallalla! (Frangipani umarmt Delfina, Coscoletto umarmt Marianna und Polycarpo umarmt Arsenico.)
Frangipani (aufathmend).
Nun, Gottlob! … dann bin ich beruhigt! – … Oder vielmehr: nein! … ich bin keineswegs beruhigt! (sich ereifernd.) Ich bin ungeheuer wüthend! … ich muß ja wüthend sein, … denn Ihr seid Alle Verräther … und habt mich abscheulich betrogen.
Coscoletto.
Nicht doch! Ihr seid von Niemand betrogen! Ihr so wenig, als Delfina! Nur Einer ist betrogen.
Alle.
Wer?
Coscoletto.
Signor Polycarpo!
Polycarpo.
Ich?
Coscoletto (fortfahrend).
Und zwar durch mich! … Seinen Blumenstrauß und die von ihm bestellten Ständchen brachte ich Delfina!
Polycarpo.
Wirklich? (Bei Seite.) Diese Lüge ist von dem Burschen sehr schlau erfunden! – Auf diese Weise bin ich dem Ehemann nicht mehr verdächtig!
Frangipani.
Wie verhält es sich aber mit dem von meiner Frau geschriebenen Brief?
Delfina (schnell).
Sie schrieb ihn in meinem Namen!
Frangipani.
Mithin sind alle Mißverständnisse aufgeklärt!
(Wiederholung des Macaroni-Liedes).
Coscoletto.
Was kann es Schöneres wohl geben,
Mehr noch erfreuen Herz und Sinn,
Der Lazzaroni giebt sein Leben
Für Maccaroni giebt er’s hin.
Sanct Januar, der wird uns stützen,
Der so viel Huld uns zugewandt,
Er wird sein treues Volk beschützen
Fort und fort mit starker Hand.
Alle.
Blühe, blühe und gedeihe
Maccaroni, immerdar!
(Während des ganzen Schlußgesanges allgemeiner Tanz.)
(Gruppe.)
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Diese Arie kann auch fortfallen.