Das Hören durch die Zähne und das Audiphone

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Titel: Das Hören durch die Zähne und das Audiphone
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aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 284
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[284] Das Hören durch die Zähne und das Audiphon. Seit der Entdeckung von Telephon und Mikrophon wird häufig die Frage laut, ob denn diese Erfindungen nichts zur Milderung des schweren Gebrechens der Taubheit beitragen können? Man antwortet darauf am besten folgendermaßen: Wenn die Taubheit eine Folge der Arbeitseinstellung des Hörnerven und der inneren Organe ist, kann kein Mittel etwas helfen, während, wenn nur Verletzung des Trommelfells oder der äußern Gehörswerkzeuge vorliegt, der Fehler am besten durch mechanische Mittel (sogenannte künstliche Trommelfelle und dergleichen) vermindert werden kann. Die Natur des vorliegenden Uebels und das beste Mittel zur Abhülfe kann aber stets nur der Ohrenarzt angeben. Auf ein sehr eigenthümliches Mittel für diejenigen nicht seltenen Fälle, in denen blos Trommelfell und Gehörknöchelchen nicht in Ordnung sind, ist man schon seit längerer Zeit aufmerksam geworden: das Mittel besteht nämlich darin, daß die Schallschwingungen durch Mund, Zähne und Kopfknochen zu dem Hörnerven geleitet werden – ist es doch bekannt, daß manche schwerhörige Personen den Mund öffnen, um besser zu hören. Ein sehr gutes Mittel ist in dieser Richtung das seit langer Zeit bekannte Straßentelephon, ein Holz- oder Pappcylinder, dessen eine Oeffnung mit einer straffen Leder- oder Gummimembran bespannt ist; ein von der Mitte der letzteren ausgehender Fäden leitet den Schall. Wenn ein Schwerhöriger, dessen innere Gehörswerkzeuge noch thätig sind, das Ende dieses Fadens zwischen den Zähnen faßt, so wird er noch in ziemlicher Entfernung verstehen, was Jemand in diesen ureinfachen Apparat hineinspricht, der vielen Schwerhörigen bessere Dienste leisten wird, als das Hörrohr.

Auf ähnlichen Grundsätzen beruht auch ein neu empfohlener Apparat, den R. G. Rhodes in Chicago kürzlich erdacht und „Audiphon“ genannt hat. Derselbe besteht aus einem dünnen, etwas über handlangen und breiten Hartgummi-Blatt, welches wie ein Palmenblattfächer auf einem Handgriff befestigt ist und durch einige Fäden bogenförmig gespannt wird. Wenn man die Spitze dieses Fächers an die obere Kinnlade lehnt, so soll man, die gewölbte Seite nach außen gekehrt, unter den eben erwähnten Verhältnissen sehr viel besser hören als sonst.

Professor Colladon in Genf hat gefunden, daß dieses Instrument sehr vortheilhaft durch ein gleichschenkliges Dreieck von achtzehn Zoll Höhe bei zehn Zoll Grundlinie aus der elastischen, zur Appretur der Seiden- und Wollenwaaren gebrauchten Glanzpappe ersetzt wird, welches Dreieck sich Jeder für ein paar Pfennig herstellen kann. Wenn man dieses Pappdreieck an der Basis mit der Hand erfaßt und seine gefirnißte Spitze so gegen die Zähne stemmt (respective mit denselben festhält), daß ein gegen die Schallquelle gerichteter Bogen entsteht, so hört man; bei nicht völliger Vernichtung des innern Organs unter allen Umständen besser. Professor Colladon hat in Taubstummenhäusern sehr günstige Resultate von dieser höchst einfachen Vorrichtung beobachtet, welche letztere wenn schwarz lackirt, sehr wenig von dunkler Kleidung absticht und sowohl Musik wie Sprache selbst beinahe tauben Personen zugänglich machte. Es ist ein künstliches, vor dem Munde aufgespanntes Trommelfell, dessen Gehörknöchelchen, hier die Zähne, die von ihm mit breiter Fläche aufgefangene Schallerschütterung zu dem „innern Ohr“ leiten.