David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 7.10

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7.9 Die Zahlringe des Körpers. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
7.10 Die Primideale des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper.
7.11 Die Differenten und Diskriminanten des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper.
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Zweiter Teil.
Der Galoissche Zahlkörper.
10. Die Primideale des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper.
§ 36. Die eindeutige Zerlegung der Ideale des Galoisschen Körpers in Primideale.

Ein solcher Zahlkörper , welcher mit den sämtlichen zu ihm konjugierten Körpern übereinstimmt, heißt ein Galoischer Körper. Ist ein beliebiger Zahlkörper -ten Grades, und sind , …, die zu konjugierten Körper, so kann aus sämtlichen Zahlen der Körper , , …, ein neuer Körper zusammengesetzt werden; dieser Körper ist dann notwendig ein Galoisscher Körper, welcher die Körper , , …, als Unterkörper enthält. Ein jeder beliebige Körper kann mithin stets als ein Körper aufgefaßt werden, welcher in einem Galoisschen Körper als Unterkörper enthalten ist. Infolge dieses Umstandes ist es keine wesentliche Einschränkung, wenn wir bei der Erforschung der Eigenschaften der algebraischen Zahlen von vornherein einen Galoisschen Körper zugrunde legen und dann entwickeln, in welcher Weise die Zerlegungsgesetze für die Ideale dieses Galoisschen Körpers sich auf einen beliebigen in ihm enthaltenen Unterkörper übertragen.

Was zunächst den Beweis für die eindeutige Zerlegung der Ideale in Primideale betrifft, so gestaltet sich derselbe für einen Galoisschen Körper außerordentlich einfach [Hilbert (2[1], 3[2].)]. Um dies einzusehen, setzen wir zunächst einige Bezeichnungen fest.

Der Galoissche Körper vom -ten Grade werde durch die gange Zahl bestimmt; genügt dann einer irreduziblen Gleichung -ten Grades mit ganzen rationalen Koeffizienten. Die Wurzeln dieser Gleichung seien

, , …, ,

wo , …‚ rationale Funktionen von mit rationalen Koeffizienten bedeuten. Werden , …‚ als Substitutionen aufgefaßt, so bilden sie eine Gruppe vom -ten Grade, da ja die aufeinander folgende Anwendung irgend zweier von den Substitutionen , …‚ wiederum eine dieser Substitutionen ergeben muß. heiße die Gruppe des Galoisschen Körpers . Ein Ideal , welches ungeändert bleibt, wenn man die Zahlen desselben durch ihre Konjugierten ersetzt, d. h. wenn man sie einer der Substitutionen , …, unterwirft, nenne ich ein invariantes Ideal. Ein invariantes Ideal besitzt die folgende Eigenschaft:

Hilfssatz 11. Die -te Potenz eines jeden invarianten Ideals ist gleich einer ganzen rationalen Zahl.

Beweis. Es sei eine Zahl des Ideals , und , , …, seien die elementaren symmetrischen Funktionen von , , …, . Den größten gemeinsamen Teiler der ganzen rationalen Zahlen

, , …, (18)

bezeichnen wir mit . In gleicher Weise denken wir uns zu jeder anderen Zahl , , …[3] des Ideals und ihren konjugierten die betreffenden elementaren symmetrischen Funktionen berechnet und die Teiler , , … in entsprechender Weise abgeleitet. Der größte gemeinsame Teiler aller möglichen dabei auftretenden Zahlen , , , … werde mit bezeichnet. Dann ist . In der Tat: da die zu konjugierten Zahlen ebenfalls Zahlen des Ideals sind, so ist

, , , , …, , ;

und folglich sind die sämtlichen Zahlen (18) und mithin auch nach . Da das Gleiche auch von den Zahlen , , … gilt, so ist auch nach . Andererseits sind die Koeffizienten , , …, der Gleichung -ten Grades für bezüglich durch , , …, teilbar, und somit ist selbst durch teilbar. Da das nämliche von allen Zahlen , , … des Ideals gilt, so ist durch teilbar.

Aus dem eben bewiesenen Hilfssatz 11 folgt unmittelbar die weitere Tatsache:

Satz 67. Zu einem jeden beliebigen Ideal des Galoisschen Körpers läßt sich stets ein Ideal so finden, daß das Produkt ein Hauptideal wird.

Beweis. Das Ideal ist offenbar ein invariantes Ideal; es ist daher nach dem Hilfssatz 11 das Ideal

ein Ideal von der Art, wie es Satz 67 verlangt.

Der Satz 67 gestattet, die weiteren Teilbarkeitsgesetze für die Ideale des Galoisschen Körpers in derselben Weise zu entwickeln, wie dies in § 5 auf Grund des Satzes 8 für einen beliebigen Zahlkörper geschehen ist.

Um dann aus den Teilbarkeitsgesetzen innerhalb des Galoisschen Körpers die Teilbarkeitsgesetze für einen beliebigen Körper abzuleiten, beweise man entweder zunächst im Galoisschen Körper die Kroneckerschen Sätze 13 und 14 über Formen und schließe hieraus die Richtigkeit dieser Sätze für den Unterkörper , oder man wende ein geeignetes direktes Übergangsverfahren an [Hilbert(3[2])].

§ 37. Die Elemente, die Differente und die Diskriminante des Galoisschen Körpers.

Im Galoisschen Körper erhalten manche der früher eingeführten Begriffe eine einfachere Bedeutung. So sind die Elemente eines Galoisschen Körpers stets Ideale in diesem Körper selbst, und zwar gelten die Tatsachen:

Satz 68. Die Elemente eines Galoisschen Körpers vertauschen sich untereinander bei Anwendung einer der Substitutionen , …‚ . Die Differente des Körpers ist ein invariantes Ideal, und die Diskriminante ist daher, als Ideal, die -te Potenz der Differente .

Beweis. Bezeichnen wir mit , …‚ eine Basis des Körpers , so sind die Elemente von Ideale von der Gestalt:

Wenden wir irgendeine der Substitutionen auf eines dieser Elemente an und bedenken, daß die Zahlen , …, wiederum eine Basis des Körpers darstellen müssen, so folgt, wenn gesetzt wird:

.

Die Invarianz der Körperdifferente folgt nunmehr aus ihrer Darstellung .

§ 38. Die Unterkörper des Galoisschen Körpers.

Der Galoissche Körper gestattet ein sehr genaues Studium der Zerlegungsgesetze seiner Zahlen mit Rücksicht auf die in ihm enthaltenen Unterkörper, und die hierbei sich ergebenden Resultate sind vor allem für die Anwendung der allgemeinen Körpertheorie auf besondere Zahlkörper von Wichtigkeit [Hilbert(4[4])].

Um einen beliebigen Unterkörper des Galoissehen Körpers in einfacher Art zu charakterisieren, bedienen wir uns folgender Ausdrucksweise. Wenn Substitutionen , , …, der Gruppe eine Untergruppe vom -ten Grade liefern, so bildet offenbar die Gesamtheit aller derjenigen Zahlen des Körpers ‚ welche bei Anwendung einer jeden Substitution von ungehindert bleiben, einen in enthaltenen Körper vom Grade . Dieser Körper heiße der zur Untergruppe gehörige Unterkörper. Der Galoissche Körper selbst gehört zu der Gruppe, welche allein aus besteht; zur Gruppe aller Substitutionen gehört der Körper der rationalen Zahlen. Umgekehrt gehört ein jeder Unterkörper des Galoisschen Körpers zu einer gewissen Untergruppe der Gruppe . Diese Gruppe heiße die den Unterkörper bestimmende Untergruppe.

§ 39. Der Zerlegungskörper und der Trägheitskörper eines Primideals .

Wählen wir nun ein bestimmtes Primideal vom Grade im Galoisschen Körper aus, so gibt es eine ganz bestimmte Reihe ineinander geschachtelter Unterkörper von , welche für das Primideal charakteristisch sind, und deren merkwürdige Eigenschaften jetzt kurz entwickelt werden sollen.

Es sei die durch teilbare rationale Primzahl; ferner seien , , , … diejenigen sämtlichen Substitutionen der Gruppe , welche das Primideal ungeändert lassen; dieselben bilden eine Gruppe vom -ten Grade, welche die Zerlegungsgruppe des Primideals genannt und mit bezeichnet werden soll. Der zur Zerlegungsgruppe , gehörige Körper , werde Zerlegungskörper des Primideals genannt; derselbe ist vom Grade .

Weiter seien , , , … sämtliche unter den Substitutionen der Gruppe von der Beschaffenheit, daß für jede beliebige ganze Zahl des Körpers die Kongruenz nach erfüllt ist und deren Anzahl; es folgt leicht, daß diese Substitutionen eine Gruppe -ten Grades bilden. Diese Gruppe werde die Trägheitsgruppe des Primideals genannt und mit bezeichnet. Der zur Trägheitsgruppe gehörige Körper werde Trägheitskörper des Primideals genannt; derselbe ist vom Grade .

Das Verhältnis der Trägheitsgruppe zur Zerlegungsgruppe wird durch folgende Tatsachen klargestellt:

Satz 69. Die Trägheitsgruppe , des Primideals ist eine invariante Untergruppe der Zerlegungsgruppe . Man erhält alle Substitutionen der Zerlegungsgruppe und jede nur einmal, wenn man die Substitutionen der Trägheitsgruppe mit , , , …‚ multipliziert, wo eine geeignet gewählte Substitution der Zerlegungsgruppe ist.

Beweis. Es sei eine beliebige Substitution in und eine durch teilbare ganze Zahl des Körpers . Setzen wir , so ist infolge der Eigenschaft der Trägheitsgruppe nach , d. h. nach . Die Anwendung der Substitution ergibt nach dem Primideal . Da diese Kongruenz für jede Zahl des Primideals gilt, so muß durch teilbar sein, und folglich ist , d. h. die Trägheitsgruppe ist eine Untergruppe der Zerlegungsgruppe .

Um die übrigen Behauptungen des Satzes 69 zu beweisen, bestimmen wir eine Primitivzahl des Primideals , welche kongruent nach allen zu konjugierten und von verschiedenen Primidealen ist. Die Möglichkeit der Bestimmung einer solchen Primitivzahl folgt aus Satz 25; dann bilden wir die ganzzahlige Funktion -ten Grades von

.

Da eine Wurzel der ganzzahligen Kongruenz nach ist, so genügt nach Satz 27 auch der nämlichen Kongruenz, und hieraus folgt, daß es unter den Substitutionen , …, notwendig eine Substitution von der Art gibt, daß nach wird. Wäre nun so bestände infolge der Wahl von die Kongruenz nach ‚ und folglich müßte nach sein, was der vorhin gefundenen Kongruenz widerspräche.

Wegen gehört die Substitution zur Zerlegungsgruppe. Wir setzen . Die wiederholte Anwendung der Substitution auf die Kongruenz nach liefert die weiteren Kongruenzen , , …, nach . Infolge der letzten Kongruenz ist eine Substitution der Trägheitsgruppe. Denn jede beliebige ganze Zahl des Körpers kann in der Gestalt oder dargestellt werden, wo eine ganze rationale Zahl und eine durch teilbare Zahl des Körpers bedeutet. Wegen folgt daraus in der Tat nach .

Die Kongruenz nach lehrt, daß nach ist, wo eine beliebige Substitution der Trägheitsgruppe bedeutet. Setzen wir und verstehen unter eine beliebige ganze Zahl des Körpers , so folgt, wenn der Kongruenz nach genügt, nach , und desgleichen, wenn nach ist, d. h. gehört der Trägheitsgruppe an.

Es sei nun diejenige ganzzahlige Funktion -ten Grades von , welche nach ist; nach Satz 27 hat die Kongruenz nach die Wurzeln , , …, , und nach Satz 26 besitzt sie keine anderen Kongruenzwurzeln.

Ist nun eine beliebige Substitution der Zerlegungsgruppe, so folgt aus der Kongruenz nach notwendig , und daher muß nach sein, wo einen der Werte , , …, hat. Da andererseits ist, so wird nach , und mithin ist eine Substitution der Trägheitsgruppe, d. h. . In dieser letzteren Gestalt sind also sämtliche Substitutionen , , , … der Zerlegungsgruppe darstellbar, und da auch umgekehrt für lauter von einander verschiedene Substitutionen darstellt, so ist der letzte Teil des Satzes 69 bewiesen. Endlich erhellt jetzt auch die Invarianz der Trägheitsgruppe aus der oben bewiesenen Tatsache, daß stets zu dieser Gruppe gehört.

Zugleich ergibt sich .

§ 40. Ein Satz über den Zerlegungskörper.

Die wichtigste Eigenschaft des Zerlegungskörpers findet in folgendem Satze ihren Ausdruck:

Satz 70. Das Ideal liegt im Zerlegungskörper und ist in diesem ein Primideal ersten Grades. Im Zerlegungskörper wird , wo ein zu primes Ideal ist.

Beweis. Die Relativnorm des Primideals in bezug auf den Körper ist . Um nun die niedrigste in liegende Potenz des Primideals zu ermitteln, denken wir uns den größten gemeinsamen Teiler aller derjenigen ganzen Zahlen des Körpers bestimmt, welche durch teilbar sind. Dieser Teiler ist notwendig im Körper ein Primideal , und, da in liegt, so ist jedenfalls eine Potenz von ; wir setzen . Zur Bestimmung des Exponenten dient die folgende Betrachtung. Soll eine durch nicht teilbare Zahl des Körpers der Kongruenz nach genügen, und ist etwa nach , so muß notwendig nach und folglich eine durch teilbare Zahl sein, d. h. es gibt nur einander nach inkongruente Zahlen von der gewünschten Beschaffenheit, und es wird daher nach , wo eine ganze rationale Zahl bedeutet. Aus dieser Betrachtung folgt insbesondere, daß jede Zahl des Körpers einer rationalen Zahl nach und mithin auch nach kongruent ist, d. h. ist im Körper ein Primideal ersten Grades, und die Norm im Körper ist folglich gleich . Andererseits ist die Norm von im Körper durch die Formel gegeben, und wegen und folgt somit , d. h. .

Aus der Definition der Zerlegungsgruppe ergibt sich , wo ein zu primes Ideal bedeutet. Setzen wir , so wird und folglich , womit auch der letzte Teil des Satzes 70 bewiesen ist.

§ 41. Der Verzweigungskörper eines Primideals .

Um den Bau der Trägheitsgruppe näher zu erforschen, bezeichnen wir jetzt mit eine feste durch , aber nicht durch teilbare Zahl des Körpers und ermitteln für alle Substitutionen , , , … der Trägheitsgruppe die Kongruenzen

wo , , , … Zahlen aus der Reihe , , , …‚ bedeuten. Diejenigen unter den Substitutionen , , , …‚ für welche die betreffenden Exponenten , , , … den Wert haben, mögen mit , , , … bezeichnet werden; ihre Anzahl sei ; sie bilden, wie leicht ersichtlich, eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe. Diese Untergruppe -ten Grades werde die Verzweigungsgruppe des Primideals genannt und mit bezeichnet. Der zu gehörige Körper heiße der Verzweigungskörper des Primideals . Das Verhältnis der Verzweigungsgruppe zur Trägheitsgruppe wird genauer durch folgenden Satz charakterisiert:

Satz 71. Die Verzweigungsgruppe ist eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe; der Grad derselben ist eine Potenz von , etwa . Man erhält alle Substitutionen der Trägheitsgruppe und jede nur einmal, indem man die Substitutionen der Verzweigungsgruppe mit , , , …, multipliziert, wo und eine geeignet gewählte Substitution der Trägheitsgruppe ist. Die Zahl ist ein Teiler von .

Beweis. Es sei eine so hohe Potenz von , daß für jede von verschiedene Substitution der Verzweigungsgruppe die Inkongruenz nach gilt. Setzen wir nun nach , wo eine ganze Zahl in bedeutet, so folgt leicht nach und hieraus in entsprechender Weise nach usw., endlich nach . Demnach ist , d. h. der Grad der Verzweigungsgruppe ist gleich einer Potenz von ; wir setzen .

Es sei nun der kleinste von verschiedene unter den Exponenten , , , …, und es gebe im ganzen verschiedene Zahlen unter diesen Exponenten. Dann sind diese Zahlen notwendig Vielfache von und stimmen mit den Zahlen , , , …‚ überein; es ist ferner . Zugleich erkennen wir, daß alle Substitutionen der Trägheitsgruppe in die Gestalt gebracht werden können, wo die Werte , , …‚ annimmt und alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe durchläuft. Es ist folglich .

§ 42. Ein Satz über den Trägheitskörper.

Über das Verhalten der Ideale und im Körper gibt der folgende Satz Aufschluß:

Satz 72. Jede Zahl des Körpers K ist nach einer Zahl des Trägheitskörpers kongruent. Der Trägheitskörper bewirkt keine Zerlegung des Ideals , sondern nur eine Graderhöhung desselben, insofern beim Übergang vom Körper in den oberen Körper aus einem Primideal ersten Grades sich in ein Primideal -ten Grades verwandelt.

Beweis. Wir setzen

unter wieder eine Primitivzahl nach und unter die Substitution aus Satz 71 verstanden; die Zahl liegt im Körper und die Zahl im Körper . Um letzteres zu beweisen, bedenke man, daß die Zahl bei Anwendung der Substitution ungeändert bleibt, weil zu , gehört, und daß die Zahlen , , , …, bei Anwendung einer Substitution aus ungeändert bleiben. Diese Zahlen und sind, wie man leicht einsieht, beide nach dem Primideal der Primitivzahl kongruent. Da es folglich im Körper genau nach inkongruente Zahlen gibt, so ist notwendigerweise im Körper unzerlegbar und wird in demselben ein Primideal -ten Grades.

§ 43. Sätze über die Verzweigungsgruppe und den Verzweigungskörper.

Es ist nun leicht, die charakteristische Eigenschaft der Verzweigungsgruppe zu erkennen; dieselbe ist folgende:

Satz 73. Zur Verzweigungsgruppe gehören alle und nur solche Substitutionen , bei deren Anwendung für sämtliche ganze Zahlen des Körpers die Kongruenz nach besteht.

Beweis. Es sei die beliebige Zahl in der Zahl des Trägheitskörpers nach kongruent, und dementsprechend werde nach gesetzt, wo die Bedeutung wie in § 41 hat und eine geeignete ganze Zahl in ist. Durch die Anwendung einer Substitution des Verzweigungskörpers ergibt sich ‚ d. h. nach .

Zugleich erkennen wir leicht den folgenden weiteren Satz über den Verzweigungskörper:

Satz 74. Das Ideal liegt im Verzweigungskörper und ist in demselben ein Primideal -ten Grades: es findet somit im Verzweigungskörper die Spaltung des Ideals in gleiche Primfaktoren statt.

§ 44. Die überstrichenen Verzweigungskörper eines Primideals .

Unsere nächste Aufgabe besteht darin, weiter die Spaltung des Ideals in gleiche Faktoren zu verfolgen. Zu dem Zweck nehmen wir an, es sei der höchste Exponent von der Art, daß für eine jede Substitution der Verzweigungsgruppe die sämtlichen ganzen Zahlen des Körpers der Kongruenz nach genügen, und bestimmen dann alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe, für welche nach wird; dieselben bilden eine Untergruppe der Verzweigungsgruppe, die wir die einmal überstrichene Verzweigungsgruppe des Primideals nennen. Der zu gehörige Körper heiße der einmal überstrichene Verzweigungskörper des Primideals. Die wichtigsten Eigenschaften dieses Körpers sind folgende:

Satz 75. Die einmal überstrichene Verzweigungsgmppe ist eine invariante Untergruppe der Verzweigungsgruppe . Der Grad von sei . Man erhält alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe und jede nur einmal, indem man die Substitutionen der einmal überstrichenen Verzweigungsgruppe mit gewissen Substitutionen , …, der Verzweigungsgruppe multipliziert; dabei haben diese Substitutionen die Besonderheit, daß für irgend zwei derselben und stets eine Relation von der Gestalt besteht, wo eine Substitution in ist. Das Ideal ist Primideal in : es findet somit in die Spaltung des Ideals in gleiche Primfaktoren statt; dabei ist der Exponent eine Zahl, die den Grad des Primideals nicht überschreitet.

Beweis. Es sei eine durch , aber nicht durch teilbare ganze Zahl des Körpers ; wir bestimmen dann ein System von Substitutionen , …, der Verzweigungsgruppe von der Art, daß, wenn

gesetzt wird, die ganzen Zahlen , …, sämtlich einander nach inkongruent sind und auch keine Substitution von zu diesem Systeme , …, hinzugefügt werden kann, ohne der letzteren Forderung zu widersprechen. Wählen wir dann eine beliebige Substitution der Verzweigungsgruppe und setzen nach , so muß einer der Zahlen ‚ …, nach kongruent sein; ist etwa nach , so folgt nach . Aus Satz 72 folgt, daß jede ganze Zahl in einem Ausdrucke nach kongruent ist, wo , , …‚ ganze Zahlen des Trägheitskörpers sind, und hieraus ergibt sich für die Kongruenz nach , d. h. es ist oder . Diese Gleichung beweist die im Satze 75 behauptete Struktur der Gruppe .

Wir setzen und .

Es ist nunmehr ersichtlich, in welcher Weise das eingeschlagene Verfahren fortzusetzen ist. Bedeutet den höchsten Exponenten von der Art, daß für jede Substitution die sämtlichen Zahlen des Körpers der Kongruenz nach genügen, so bestimmen wir alle die Substitutionen , für welche beständig nach wird. Dieselben bilden eine invariante Untergruppe der Gruppe : die zweimal überstrichene Verzweigungsgruppe des Primideals ; ihr Grad sei ; wir setzen . Es wird , wo ein Primideal des zu gehörigen Körpers ist.

So fortfahrend, gelangen wir zur dreimal überstrichenen Verzweigungsgruppe usw. Ist etwa die -mal überstrichene Verzweigungsgruppe des Primideals diejenige, welche lediglich aus der Substitution besteht, so ist der -mal überstrichene Verzweigungskörper des Primideals der Körper selbst und die Struktur der Verzweigungsgruppe ist dann genau bekannt. Es leuchtet ein, daß für das Primideal überstrichene Verzweigungskörper nur dann vorhanden sein können, wenn der Grad des Körpers durch teilbar ist.

§ 45. Kurze Zusammenfassung der Sätze über die Zerlegung einer rationalen Primzahl im Galoisschen Körper.

Durch die in § 39-44 entwickelten Sätze erlangen wir einen vollständigen Einblick in die bei der Zerlegung einer rationalen Primzahl in einem Galoisschen Körper sich abspielenden Vorgänge:

Es handle sich um einen bestimmten Primfaktor von , so wird zunächst im Zerlegungskörper von in der Form zerlegt, wo ein Primideal ersten Grades und ein durch nicht teilbares Ideal des Zerlegungskörpers ist. Der Zerlegungskörper von ist als Unterkörper in dem Trägheitskörper von enthalten, welcher seinerseits keine weitere Zerlegung von bewirkt, sondern lediglich dieses Ideal zu einem Primideal -ten Grades erweitert. Ist der Körper selbst der Zerlegungskörper oder der Trägheitskörper, so ist nach diesem ersten Schritte die Zerlegung bereits abgeschlossen. Im anderen Falle läßt sich für noch in gleiche Faktoren spalten, und zwar wird zunächst im Verzweigungskörper die Potenz eines Primideals , wobei der Exponent in aufgeht und folglich nicht durch teilbar ist. Die Spaltung von ist mit diesem zweiten Schritte notwendig dann und nur dann abgeschlossen, wenn im Grade der Trägheitsgruppe nicht aufgeht und mithin der Körper selbst der Verzweigungskörper ist. In den nun folgenden überstrichenen Verzweigungskörpern schreitet die Spaltung ohne Aussetzen fort, und zwar sind die bezüglichen Potenzexponenten Zahlen von der Gestalt , , …, wo keiner der Exponenten , , … den Grad des Primideals überschreitet.

Die Übersicht über die entwickelten Resultate wird durch die folgende Tabelle erleichtert, in deren Zeilen der Reihe nach die betreffenden Körper, die



Grade der zugehörigen Gruppen, die Grade der Körper, ihre Relativgrade in bezug auf den nächst niederen Körper, dann die Primideale der Körper und ihre Darstellung als Potenzen von sich angegeben finden. Der Körper ist dabei als ein dreimal überstrichener Verzweigungskörper angenommen. Die sämtlichen in der Tabelle vorkommenden Gradzahlen und Exponenten haben für jedes in aufgehende Primideal des Körpers die gleichen Werte wie für und sind daher durch die Primzahl allein völlig bestimmt.


  1. [358] Zwei neue Beweise für die Zerlegbarkeit der Zahlen eines Körpers in Primideale. Jber. Dtsch. Mathem.-Verein. 3 (1893).
  2. a b [358] Über die Zerlegung der Ideale eines Zahlkörpers in Primideale. Math. Ann. 44 (1894).
  3. vorlage: . …
  4. [358] Grundzüge einer Theorie des Galoisschen Zahlkörpers. Nachr. K. Ges. Wiss. Göttingen 1894.[WS 1]

Anmerkungen (Wikisource)


7.9 Die Zahlringe des Körpers. Nach oben 7.11 Die Differenten und Diskriminanten des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper.
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