Zweiter Teil.
Der Galoissche Zahlkörper.
10. Die Primideale des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper.
§ 36. Die eindeutige Zerlegung der Ideale des Galoisschen Körpers in Primideale.
Ein solcher Zahlkörper
, welcher mit den sämtlichen zu ihm konjugierten Körpern übereinstimmt, heißt ein Galoischer Körper. Ist
ein beliebiger Zahlkörper
-ten Grades, und sind
, …,
die zu
konjugierten Körper, so kann aus sämtlichen Zahlen der Körper
,
, …,
ein neuer Körper
zusammengesetzt werden; dieser Körper
ist dann notwendig ein Galoisscher Körper, welcher die Körper
,
, …,
als Unterkörper enthält. Ein jeder beliebige Körper
kann mithin stets als ein Körper aufgefaßt werden, welcher in einem Galoisschen Körper als Unterkörper enthalten ist. Infolge dieses Umstandes ist es keine wesentliche Einschränkung, wenn wir bei der Erforschung der Eigenschaften der algebraischen Zahlen von vornherein einen Galoisschen Körper zugrunde legen und dann entwickeln, in welcher Weise die Zerlegungsgesetze für die Ideale dieses Galoisschen Körpers sich auf einen beliebigen in ihm enthaltenen Unterkörper übertragen.
Was zunächst den Beweis für die eindeutige Zerlegung der Ideale in Primideale betrifft, so gestaltet sich derselbe für einen Galoisschen Körper außerordentlich einfach [Hilbert (2[1], 3[2].)]. Um dies einzusehen, setzen wir zunächst einige Bezeichnungen fest.
Der Galoissche Körper
vom
-ten Grade werde durch die gange Zahl
bestimmt;
genügt dann einer irreduziblen Gleichung
-ten Grades mit ganzen rationalen Koeffizienten. Die
Wurzeln dieser Gleichung seien
|
, , …, ,
|
wo
, …‚
rationale Funktionen von
mit rationalen Koeffizienten bedeuten. Werden
, …‚
als Substitutionen aufgefaßt, so bilden sie eine Gruppe
vom
-ten Grade, da ja die aufeinander folgende Anwendung irgend zweier von den Substitutionen
, …‚
wiederum eine dieser Substitutionen ergeben muß.
heiße die Gruppe des Galoisschen Körpers
. Ein Ideal
, welches ungeändert bleibt, wenn man die Zahlen desselben durch ihre Konjugierten ersetzt, d. h. wenn man sie einer der
Substitutionen
, …,
unterwirft, nenne ich ein invariantes Ideal. Ein invariantes Ideal
besitzt die folgende Eigenschaft:
Hilfssatz 11. Die
-te Potenz eines jeden invarianten Ideals
ist gleich einer ganzen rationalen Zahl.
Beweis. Es sei
eine Zahl des Ideals
, und
,
, …,
seien die
elementaren symmetrischen Funktionen von
,
, …,
. Den größten gemeinsamen Teiler der
ganzen rationalen Zahlen
, , …,
|
(18)
|
bezeichnen wir mit
. In gleicher Weise denken wir uns zu jeder anderen Zahl
,
, …[3] des Ideals
und ihren konjugierten die betreffenden elementaren symmetrischen Funktionen berechnet und die Teiler
,
, … in entsprechender Weise abgeleitet. Der größte gemeinsame Teiler aller möglichen dabei auftretenden Zahlen
,
,
, … werde mit
bezeichnet. Dann ist
. In der Tat: da die zu
konjugierten Zahlen ebenfalls Zahlen des Ideals
sind, so ist
, , , , …, , ;
|
|
und folglich sind die sämtlichen Zahlen (18) und mithin auch
nach
. Da das Gleiche auch von den Zahlen
,
, … gilt, so ist auch
nach
. Andererseits sind die Koeffizienten
,
, …,
der Gleichung
-ten Grades für
bezüglich durch
,
, …,
teilbar, und somit ist
selbst durch
teilbar. Da das nämliche von allen Zahlen
,
, … des Ideals
gilt, so ist
durch
teilbar.
Aus dem eben bewiesenen Hilfssatz 11 folgt unmittelbar die weitere Tatsache:
Satz 67. Zu einem jeden beliebigen Ideal
des Galoisschen Körpers
läßt sich stets ein Ideal
so finden, daß das Produkt
ein Hauptideal wird.
Beweis. Das Ideal
ist offenbar ein invariantes Ideal; es ist daher nach dem Hilfssatz 11 das Ideal
|
|
ein Ideal von der Art, wie es Satz 67 verlangt.
Der Satz 67 gestattet, die weiteren Teilbarkeitsgesetze für die Ideale des Galoisschen Körpers in derselben Weise zu entwickeln, wie dies in § 5 auf Grund des Satzes 8 für einen beliebigen Zahlkörper
geschehen ist.
Um dann aus den Teilbarkeitsgesetzen innerhalb des Galoisschen Körpers die Teilbarkeitsgesetze für einen beliebigen Körper
abzuleiten, beweise man entweder zunächst im Galoisschen Körper die Kroneckerschen Sätze 13 und 14 über Formen und schließe hieraus die Richtigkeit dieser Sätze für den Unterkörper
, oder man wende ein geeignetes direktes Übergangsverfahren an [Hilbert(3[2])].
§ 37. Die Elemente, die Differente und die Diskriminante des
Galoisschen Körpers.
Im Galoisschen Körper
erhalten manche der früher eingeführten Begriffe eine einfachere Bedeutung. So sind die Elemente eines Galoisschen Körpers stets Ideale in diesem Körper selbst, und zwar gelten die Tatsachen:
Satz 68. Die Elemente eines Galoisschen Körpers
vertauschen sich untereinander bei Anwendung einer der
Substitutionen
, …‚
. Die Differente
des Körpers
ist ein invariantes Ideal, und die Diskriminante
ist daher, als Ideal, die
-te Potenz der Differente
.
Beweis. Bezeichnen wir mit
, …‚
eine Basis des Körpers
, so sind die Elemente von
Ideale von der Gestalt:
|
|
Wenden wir irgendeine der Substitutionen
auf eines dieser Elemente
an und bedenken, daß die Zahlen
, …,
wiederum eine Basis des Körpers darstellen müssen, so folgt, wenn
gesetzt wird:
.
|
|
Die Invarianz der Körperdifferente folgt nunmehr aus ihrer Darstellung
.
§ 38. Die Unterkörper des Galoisschen Körpers.
Der Galoissche Körper gestattet ein sehr genaues Studium der Zerlegungsgesetze seiner Zahlen mit Rücksicht auf die in ihm enthaltenen Unterkörper, und die hierbei sich ergebenden Resultate sind vor allem für die Anwendung der allgemeinen Körpertheorie auf besondere Zahlkörper von Wichtigkeit [Hilbert(4[4])].
Um einen beliebigen Unterkörper des Galoissehen Körpers in einfacher Art zu charakterisieren, bedienen wir uns folgender Ausdrucksweise. Wenn
Substitutionen
,
, …,
der Gruppe
eine Untergruppe
vom
-ten Grade liefern, so bildet offenbar die Gesamtheit aller derjenigen Zahlen des
Körpers
‚ welche bei Anwendung einer jeden Substitution von
ungehindert bleiben, einen in
enthaltenen Körper
vom Grade
. Dieser Körper
heiße der zur Untergruppe
gehörige Unterkörper. Der Galoissche Körper selbst gehört zu der Gruppe, welche allein aus
besteht; zur Gruppe
aller
Substitutionen
gehört der Körper der rationalen Zahlen. Umgekehrt gehört ein jeder Unterkörper
des Galoisschen Körpers zu einer gewissen Untergruppe
der Gruppe
. Diese Gruppe
heiße die den Unterkörper
bestimmende Untergruppe.
§ 39.
Der Zerlegungskörper und der Trägheitskörper eines Primideals
.
Wählen wir nun ein bestimmtes Primideal
vom Grade
im Galoisschen Körper
aus, so gibt es eine ganz bestimmte Reihe ineinander geschachtelter Unterkörper von
, welche für das Primideal
charakteristisch sind, und deren merkwürdige Eigenschaften jetzt kurz entwickelt werden sollen.
Es sei
die durch
teilbare rationale Primzahl; ferner seien
,
,
, … diejenigen sämtlichen
Substitutionen der Gruppe
, welche das Primideal
ungeändert lassen; dieselben bilden eine Gruppe vom
-ten Grade, welche die Zerlegungsgruppe des Primideals
genannt und mit
bezeichnet werden soll. Der zur Zerlegungsgruppe
, gehörige Körper
, werde Zerlegungskörper des Primideals
genannt; derselbe ist vom Grade
.
Weiter seien
,
,
, … sämtliche unter den Substitutionen
der Gruppe
von der Beschaffenheit, daß für jede beliebige ganze Zahl
des Körpers
die Kongruenz
nach
erfüllt ist und
deren Anzahl; es folgt leicht, daß diese
Substitutionen eine Gruppe
-ten Grades bilden. Diese Gruppe werde die Trägheitsgruppe des Primideals
genannt und mit
bezeichnet. Der zur Trägheitsgruppe
gehörige Körper
werde Trägheitskörper des Primideals
genannt; derselbe ist vom Grade
.
Das Verhältnis der Trägheitsgruppe zur Zerlegungsgruppe wird durch folgende Tatsachen klargestellt:
Satz 69. Die Trägheitsgruppe
, des Primideals
ist eine invariante Untergruppe der Zerlegungsgruppe
. Man erhält alle Substitutionen der Zerlegungsgruppe und jede nur einmal, wenn man die Substitutionen der Trägheitsgruppe mit
,
,
, …‚
multipliziert, wo
eine geeignet gewählte Substitution der Zerlegungsgruppe ist.
Beweis. Es sei
eine beliebige Substitution in
und
eine durch
teilbare ganze Zahl des Körpers
. Setzen wir
, so ist infolge der Eigenschaft der Trägheitsgruppe
nach
, d. h.
nach
. Die Anwendung der Substitution
ergibt
nach dem Primideal
. Da diese Kongruenz für jede Zahl
des Primideals
gilt, so muß
durch
teilbar sein, und folglich ist
, d. h. die Trägheitsgruppe
ist eine Untergruppe der Zerlegungsgruppe
.
Um die übrigen Behauptungen des Satzes 69 zu beweisen, bestimmen wir eine Primitivzahl
des Primideals
, welche kongruent
nach allen zu
konjugierten und von
verschiedenen Primidealen ist. Die Möglichkeit der Bestimmung einer solchen Primitivzahl folgt aus Satz 25; dann bilden wir die ganzzahlige Funktion
-ten Grades von
.
|
|
Da
eine Wurzel der ganzzahligen Kongruenz
nach
ist, so genügt nach Satz 27 auch
der nämlichen Kongruenz, und hieraus folgt, daß es unter den
Substitutionen
, …,
notwendig eine Substitution
von der Art gibt, daß
nach
wird. Wäre nun
so bestände infolge der Wahl von
die Kongruenz
nach
‚ und folglich müßte
nach
sein, was der vorhin gefundenen Kongruenz widerspräche.
Wegen
gehört die Substitution
zur Zerlegungsgruppe. Wir setzen
. Die wiederholte Anwendung der Substitution
auf die Kongruenz
nach
liefert die weiteren Kongruenzen
,
, …,
nach
. Infolge der letzten Kongruenz ist
eine Substitution der Trägheitsgruppe. Denn jede beliebige ganze Zahl
des Körpers
kann in der Gestalt
oder
dargestellt werden, wo
eine ganze rationale Zahl und
eine durch
teilbare Zahl des Körpers bedeutet. Wegen
folgt daraus in der Tat
nach
.
Die Kongruenz
nach
lehrt, daß
nach
ist, wo
eine beliebige Substitution der Trägheitsgruppe
bedeutet. Setzen wir
und verstehen unter
eine beliebige ganze Zahl des Körpers
, so folgt, wenn
der Kongruenz
nach
genügt,
nach
, und desgleichen, wenn
nach
ist, d. h.
gehört der Trägheitsgruppe an.
Es sei nun
diejenige ganzzahlige Funktion
-ten Grades von
, welche
nach
ist; nach Satz 27 hat die Kongruenz
nach
die Wurzeln
,
, …,
, und nach Satz 26 besitzt sie keine anderen Kongruenzwurzeln.
Ist nun
eine beliebige Substitution der Zerlegungsgruppe, so folgt aus der Kongruenz
nach
notwendig
, und daher muß
nach
sein, wo
einen der
Werte
,
, …,
hat. Da andererseits
ist, so wird
nach
, und mithin ist
eine Substitution
der Trägheitsgruppe, d. h.
. In dieser letzteren Gestalt sind also sämtliche Substitutionen
,
,
, … der Zerlegungsgruppe darstellbar, und da auch umgekehrt
für
lauter von einander
verschiedene Substitutionen darstellt, so ist der letzte Teil des Satzes 69 bewiesen. Endlich erhellt jetzt auch die Invarianz der Trägheitsgruppe aus der oben bewiesenen Tatsache, daß
stets zu dieser Gruppe gehört.
Zugleich ergibt sich
.
§ 40. Ein Satz über den Zerlegungskörper.
Die wichtigste Eigenschaft des Zerlegungskörpers findet in folgendem Satze ihren Ausdruck:
Satz 70. Das Ideal
liegt im Zerlegungskörper
und ist in diesem ein Primideal ersten Grades. Im Zerlegungskörper
wird
, wo
ein zu
primes Ideal ist.
Beweis. Die Relativnorm des Primideals
in bezug auf den Körper
ist
. Um nun die niedrigste in
liegende Potenz des Primideals
zu ermitteln, denken wir uns den größten gemeinsamen Teiler aller derjenigen ganzen Zahlen des Körpers
bestimmt, welche durch
teilbar sind. Dieser Teiler ist notwendig im Körper
ein Primideal
, und, da
in
liegt, so ist
jedenfalls eine Potenz von
; wir setzen
. Zur Bestimmung des Exponenten
dient die folgende Betrachtung. Soll eine durch
nicht teilbare Zahl
des Körpers
der Kongruenz
nach
genügen, und ist etwa
nach
, so muß notwendig
nach
und folglich
eine durch
teilbare Zahl sein, d. h. es gibt nur
einander nach
inkongruente Zahlen von der gewünschten Beschaffenheit, und es wird daher
nach
, wo
eine ganze rationale Zahl bedeutet. Aus dieser Betrachtung folgt insbesondere, daß jede Zahl
des Körpers
einer rationalen Zahl
nach
und mithin auch nach
kongruent ist, d. h.
ist im Körper
ein Primideal ersten Grades, und die Norm
im Körper
ist folglich gleich
. Andererseits ist die Norm von
im Körper
durch die Formel
gegeben, und wegen
und
folgt somit
, d. h.
.
Aus der Definition der Zerlegungsgruppe ergibt sich
, wo
ein zu
primes Ideal bedeutet. Setzen wir
, so wird
und folglich
, womit auch der letzte Teil des Satzes 70 bewiesen ist.
§ 41.
Der Verzweigungskörper eines Primideals
.
Um den Bau der Trägheitsgruppe näher zu erforschen, bezeichnen wir jetzt mit
eine feste durch
, aber nicht durch
teilbare Zahl des Körpers
und ermitteln für alle Substitutionen
,
,
, … der Trägheitsgruppe die Kongruenzen
|
|
wo
,
,
, … Zahlen aus der Reihe
,
,
, …‚
bedeuten. Diejenigen unter den Substitutionen
,
,
, …‚ für welche die betreffenden Exponenten
,
,
, … den Wert
haben, mögen mit
,
,
, … bezeichnet werden; ihre Anzahl sei
; sie bilden, wie leicht ersichtlich, eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe. Diese Untergruppe
-ten Grades werde die Verzweigungsgruppe des Primideals
genannt und mit
bezeichnet. Der zu
gehörige Körper
heiße der Verzweigungskörper des Primideals
. Das Verhältnis der Verzweigungsgruppe zur Trägheitsgruppe wird genauer durch folgenden Satz charakterisiert:
Satz 71. Die Verzweigungsgruppe
ist eine invariante Untergruppe der Trägheitsgruppe; der Grad
derselben ist eine Potenz von
, etwa
. Man erhält alle Substitutionen der Trägheitsgruppe und jede nur einmal, indem man die Substitutionen der Verzweigungsgruppe mit
,
,
, …,
multipliziert, wo
und
eine geeignet gewählte Substitution der Trägheitsgruppe ist. Die Zahl
ist ein Teiler von
.
Beweis. Es sei
eine so hohe Potenz von
, daß für jede von
verschiedene Substitution
der Verzweigungsgruppe die Inkongruenz
nach
gilt. Setzen wir nun
nach
, wo
eine ganze Zahl in
bedeutet, so folgt leicht
nach
und hieraus in entsprechender Weise
nach
usw., endlich
nach
. Demnach ist
, d. h. der Grad
der Verzweigungsgruppe ist gleich einer Potenz von
; wir setzen
.
Es sei nun
der kleinste von
verschiedene unter den Exponenten
,
,
, …, und es gebe im ganzen
verschiedene Zahlen unter diesen Exponenten. Dann sind diese Zahlen notwendig Vielfache von
und stimmen mit den Zahlen
,
,
, …‚
überein; es ist ferner
. Zugleich erkennen wir, daß alle Substitutionen der Trägheitsgruppe in die Gestalt
gebracht werden können, wo
die Werte
,
, …‚
annimmt und
alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe
durchläuft. Es ist folglich
.
§ 42. Ein Satz über den Trägheitskörper.
Über das Verhalten der Ideale
und
im Körper
gibt der folgende Satz Aufschluß:
Satz 72. Jede Zahl des Körpers K ist nach
einer Zahl des Trägheitskörpers kongruent. Der Trägheitskörper bewirkt keine Zerlegung des Ideals
, sondern nur eine Graderhöhung desselben, insofern
beim Übergang vom Körper
in den oberen Körper
aus einem Primideal ersten Grades sich in ein Primideal
-ten Grades verwandelt.
Beweis. Wir setzen
|
|
unter
wieder eine Primitivzahl nach
und unter
die Substitution aus Satz 71 verstanden; die Zahl
liegt im Körper
und die Zahl
im Körper
. Um letzteres zu beweisen, bedenke man, daß die Zahl
bei Anwendung der Substitution
ungeändert bleibt, weil
zu
, gehört, und daß die Zahlen
,
,
, …,
bei Anwendung einer Substitution aus
ungeändert bleiben. Diese Zahlen
und
sind, wie man leicht einsieht, beide nach dem Primideal
der Primitivzahl
kongruent. Da es folglich im Körper
genau
nach
inkongruente Zahlen gibt, so ist notwendigerweise
im Körper
unzerlegbar und wird in demselben ein Primideal
-ten Grades.
§ 43. Sätze über die Verzweigungsgruppe und den Verzweigungskörper.
Es ist nun leicht, die charakteristische Eigenschaft der Verzweigungsgruppe zu erkennen; dieselbe ist folgende:
Satz 73. Zur Verzweigungsgruppe
gehören alle und nur solche Substitutionen
, bei deren Anwendung für sämtliche ganze Zahlen
des Körpers
die Kongruenz
nach
besteht.
Beweis. Es sei die beliebige Zahl
in
der Zahl
des Trägheitskörpers nach
kongruent, und dementsprechend werde
nach
gesetzt, wo
die Bedeutung wie in § 41 hat und
eine geeignete ganze Zahl in
ist. Durch die Anwendung einer Substitution
des Verzweigungskörpers ergibt sich
‚ d. h.
nach
.
Zugleich erkennen wir leicht den folgenden weiteren Satz über den Verzweigungskörper:
Satz 74. Das Ideal
liegt im Verzweigungskörper und ist in demselben ein Primideal
-ten Grades: es findet somit im Verzweigungskörper die Spaltung des Ideals
in
gleiche Primfaktoren statt.
§ 44.
Die überstrichenen Verzweigungskörper eines Primideals
.
Unsere nächste Aufgabe besteht darin, weiter die Spaltung des Ideals
in gleiche Faktoren zu verfolgen. Zu dem Zweck nehmen wir an, es sei
der höchste Exponent von der Art, daß für eine jede Substitution
der Verzweigungsgruppe die sämtlichen ganzen Zahlen des Körpers
der Kongruenz
nach
genügen, und bestimmen dann alle Substitutionen
der Verzweigungsgruppe, für welche
nach
wird; dieselben bilden eine Untergruppe
der Verzweigungsgruppe, die wir die einmal überstrichene Verzweigungsgruppe des Primideals
nennen. Der zu
gehörige Körper
heiße der einmal überstrichene Verzweigungskörper des Primideals. Die wichtigsten Eigenschaften dieses Körpers sind folgende:
Satz 75. Die einmal überstrichene Verzweigungsgmppe
ist eine invariante Untergruppe der Verzweigungsgruppe
. Der Grad von
sei
. Man erhält alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe
und jede nur einmal, indem man die Substitutionen der einmal überstrichenen Verzweigungsgruppe
mit gewissen
Substitutionen
, …,
der Verzweigungsgruppe
multipliziert; dabei haben diese
Substitutionen die Besonderheit, daß für irgend zwei derselben
und
stets eine Relation von der Gestalt
besteht, wo
eine Substitution in
ist. Das Ideal
ist Primideal in
: es findet somit in
die Spaltung des Ideals
in
gleiche Primfaktoren statt; dabei ist der Exponent
eine Zahl, die den Grad
des Primideals
nicht überschreitet.
Beweis. Es sei
eine durch
, aber nicht durch
teilbare ganze Zahl des Körpers
; wir bestimmen dann ein System von Substitutionen
, …,
der Verzweigungsgruppe von der Art, daß, wenn
|
|
gesetzt wird, die ganzen Zahlen
, …,
sämtlich einander nach
inkongruent sind und auch keine Substitution von
zu diesem Systeme
, …,
hinzugefügt werden kann, ohne der letzteren Forderung zu widersprechen. Wählen wir dann eine beliebige Substitution
der Verzweigungsgruppe
und setzen
nach
, so muß
einer der Zahlen
‚ …,
nach
kongruent sein; ist etwa
nach
, so folgt
nach
. Aus Satz 72 folgt, daß jede ganze Zahl
in
einem Ausdrucke
nach
kongruent ist, wo
,
, …‚
ganze Zahlen des Trägheitskörpers sind, und hieraus ergibt sich für
die Kongruenz
nach
, d. h. es ist
oder
. Diese Gleichung beweist die im Satze 75 behauptete Struktur der Gruppe
.
Wir setzen
und
.
Es ist nunmehr ersichtlich, in welcher Weise das eingeschlagene Verfahren fortzusetzen ist. Bedeutet
den höchsten Exponenten von der Art, daß für jede Substitution
die sämtlichen Zahlen des Körpers
der Kongruenz
nach
genügen, so bestimmen wir alle die Substitutionen
, für welche beständig
nach
wird. Dieselben bilden eine invariante Untergruppe
der Gruppe
: die zweimal überstrichene Verzweigungsgruppe des Primideals
; ihr Grad sei
; wir setzen
. Es wird
, wo
ein Primideal des zu
gehörigen Körpers
ist.
So fortfahrend, gelangen wir zur dreimal überstrichenen Verzweigungsgruppe
usw. Ist etwa die
-mal überstrichene Verzweigungsgruppe des Primideals
diejenige, welche lediglich aus der Substitution
besteht, so ist der
-mal überstrichene Verzweigungskörper des Primideals
der Körper
selbst und die Struktur der Verzweigungsgruppe
ist dann genau bekannt. Es leuchtet ein, daß für das Primideal
überstrichene Verzweigungskörper nur dann vorhanden sein können, wenn der Grad
des Körpers
durch
teilbar ist.
§ 45.
Kurze Zusammenfassung der Sätze über die Zerlegung einer rationalen Primzahl
im Galoisschen Körper.
Durch die in § 39-44 entwickelten Sätze erlangen wir einen vollständigen Einblick in die bei der Zerlegung einer rationalen Primzahl
in einem Galoisschen Körper sich abspielenden Vorgänge:
Es handle sich um einen bestimmten Primfaktor
von
, so wird
zunächst im Zerlegungskörper von
in der Form
zerlegt, wo
ein Primideal ersten Grades und
ein durch
nicht teilbares Ideal des Zerlegungskörpers ist. Der Zerlegungskörper von
ist als Unterkörper in dem Trägheitskörper von
enthalten, welcher seinerseits keine weitere Zerlegung von
bewirkt, sondern lediglich dieses Ideal
zu einem Primideal
-ten Grades erweitert. Ist der Körper
selbst der Zerlegungskörper oder der Trägheitskörper, so ist nach diesem ersten Schritte die Zerlegung bereits abgeschlossen. Im anderen Falle läßt sich
für
noch in gleiche Faktoren spalten, und zwar wird
zunächst im Verzweigungskörper die Potenz eines Primideals
, wobei der Exponent in
aufgeht und folglich nicht durch
teilbar ist. Die Spaltung von
ist mit diesem zweiten Schritte notwendig dann und nur dann abgeschlossen, wenn
im Grade der Trägheitsgruppe nicht aufgeht und mithin der Körper
selbst der Verzweigungskörper ist. In den nun folgenden überstrichenen Verzweigungskörpern schreitet die Spaltung ohne Aussetzen fort, und zwar sind die bezüglichen Potenzexponenten Zahlen von der Gestalt
,
, …, wo keiner der Exponenten
,
, … den Grad
des Primideals
überschreitet.
Die Übersicht über die entwickelten Resultate wird durch die folgende Tabelle erleichtert, in deren Zeilen der Reihe nach die betreffenden Körper, die
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Grade der zugehörigen Gruppen, die Grade der Körper, ihre Relativgrade in bezug auf den nächst niederen Körper, dann die Primideale der Körper und ihre Darstellung als Potenzen von
sich angegeben finden. Der Körper
ist dabei als ein dreimal überstrichener Verzweigungskörper angenommen. Die sämtlichen in der Tabelle vorkommenden Gradzahlen und Exponenten haben für jedes in
aufgehende Primideal des Körpers
die gleichen Werte wie für
und sind daher durch die Primzahl
allein völlig bestimmt.