David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie/Kapitel 7.11

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
7.10 Die Primideale des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper. David Hilbert Gesammelte Abhandlungen Erster Band – Zahlentheorie (1932) von David Hilbert
7.11 Die Differenten und Diskriminanten des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper.
7.12 Die Beziehung der arithmetischen zu algebraischen Eigenschaften des Galoisschen Körpers.
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
11. Die Differenten und Diskriminanten des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper.
§ 46. Die Differenten des Trägheitskörpers und der Verzweigungskörper.

Eine reiche Quelle neuer Wahrheiten entspringt, wenn wir die soeben gewonnenen Resultate mit denjenigen des Kapitels 5 in Zusammenhang bringen. So folgt unter Benutzung des Satzes 41 leicht ein Satz, welcher die wichtigste Eigenschaft des Trägheitskörpers aussagt; derselbe lautet:

Satz 76. Die Differente des zum Primideal gehörigen Trägheitskörpers ist nicht durch teilbar. Der Trägheitskörper umfaßt sämtliche in enthaltenen Unterkörper, deren Differenten nicht durch teilbar sind.

Betreffs der Differenten der Verzweigungskörper gelten folgende Sätze:

Satz 77. Die Relativdifferente des Verzweigungskörpers in bezug auf den Trägheitskörper ist durch und durch keine höhere Potenz von teilbar.

Beweis. Nach Satz 41 gilt , wo , , bez. die Relativdifferenten von in bezug auf , von in bezug auf und von in bezug auf sind. Wenn die Fundamentalform von ist, gilt also, daß der Inhalt der Form gleich dem Inhalt der Form mal ist; dabei durchläuft in dem ersten Produkt alle Substitutionen der Trägheitsgruppe, in dem zweiten Produkt alle Substitutionen der Verzweigungsgruppe. Sämtliche Faktoren treten auch unter den Faktoren auf, die übrigen sind nach der Definition der Verzweigungsgruppe durch aber durch keine höhere Potenz von teilbar. Aus

folgt dann die Behauptung. In ähnlicher Weise folgt die Tatsache:

Satz 78. Die Relativdifferente des einmal überstrichenen Verzweigungskörpers in bezug auf den Verzweigungskörper enthält genau die Potenz . Die Relativdifferente des zweimal überstrichenen Verzweigungskörpers in bezug auf enthält genau die Potenz usw.

§ 47. Die Teiler der Diskriminante des Galoisschen Körpers.

Satz 79. Der Exponent der Potenz, zu welcher die rationale Primzahl in der Diskriminante des Körpers als Faktor vorkommt, ist

.

Beweis. Der Satz 41 lehrt in Verbindung mit den oben ausgesprochenen Sätzen 76, 77 und 78, daß die Differente des Körpers das Primideal genau in der -ten Potenz enthält. Hieraus folgt nach Satz 68 die Richtigkeit der Behauptung.

Im Falle, daß keine überstrichenen Verzweigungskörper vorhanden sind, kommt bereits das Glied mit nicht mehr in Frage, und es folgt dann, daß der Exponent der in aufgehenden Potenz von den Wert besitzt. Nach dem Obigen tritt dieser Fall sicher dann ein, wenn der Grad zu prim ist. Man Vergleiche die Bemerkungen am Schluß des § 12.

Satz 80. Der Exponent der in der Diskriminante aufgehenden Potenz von der rationalen Primzahl überschreitet nicht eine gewisse Grenze, die nur vom Grade des Galoisschen Körpers abhängt.

Beweis. Alle Exponenten für ein Primideal liegen unter einer durch allein bestimmten Grenze. Um für eine solche Grenze aufzufinden, bezeichnen wir mit eine durch , aber nicht durch teilbare ganze Zahl in und wählen ein System von Substitutionen der Verzweigungsgruppe aus, welche durch Zusammensetzung mit diese Gruppe erzeugen. Die Zahl bleibt dann bei allen Substitutionen ungeändert und gehört daher dem Körper an. Andererseits ist nach und folglich nach . Wäre nun , so müßte nach aber nach sein. Setzen wir daher , wo ein zu primes Ideal des Zerlegungskörpers bedeutet, und bezeichnen mit eine durch teilbare und zu prime Zahl des Zerlegungskörpers, so ist eine ganze Zahl in ; dieselbe wäre durch , aber nicht durch teilbar, und mithin wäre im Widerspruch mit Satz 75 ein Ideal des Körpers . Da man in ähnlicher Weise auch für die übrigen Exponenten eine obere Grenze findet, so kann hiernach auch der in Satz 79 angegebene Exponent der in der Diskriminante aufgehenden Potenz von eine gewisse, nur vom Grade des Körpers abhängige Grenze nicht überschreiten.

Der Satz 80 ist besonders deshalb von Wichtigkeit, weil er die Möglichkeiten, die sich hinsichtlich der in aufgehenden Primzahlen bieten, von vornherein auf eine endliche Anzahl einschränkt. Rechnen wir alle diejenigen Körper vom Grade , bei welchen die Zerlegung der in aufgehenden Primzahlen für alle obigen Anzahlen die nämlichen Werte liefert, zu einem Typus, so folgt, daß es für einen gegebenen Grad nur eine endliche Anzahl von möglichen Körpertypen gibt. Als Beispiel für den Satz 80 diene der (im dritten Teil ausführlich behandelte) quadratische Körper, in dessen Diskriminante die ungeraden Primzahlen höchstens einfach und die Primzahl höchstens zur dritten Potenz aufgeht (vgl. § 59 Satz 95).



7.10 Die Primideale des Galoisschen Körpers und seiner Unterkörper. Nach oben 7.12 Die Beziehung der arithmetischen zu algebraischen Eigenschaften des Galoisschen Körpers.
{{{ANMERKUNG}}}