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Der Brennberger (erste Sage)

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Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Der Brennberger (erste Sage)
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 2, S. 207–210
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1818
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Commons,Google
Kurzbeschreibung:
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[207]
499.
Der Brennberger (erste Sage).
Ungedruckter Meistersang aus dem 15. Jahrh.


Der Brennberger, ein edler Ritter, war zu Wien an des Herzogs von Oestreich Hofe, und sah die auserwählte Herzogin an, ihre Wangen und ihren rothen Mund, die blühten gleich den Rosen. Da sang er Lieder zu ihrem Preis: wie seelig wäre, der sie küssen dürfe, und wie kein schöner Frauenbild auf Erden lebe, als die sein Herr besitze und der König von Frankreich; diesen beiden Weibern thue es keine gleich. Als die Herzogin von diesem Lobe vernahm, ließ sie den Ritter vor sich kommen und sprach: ach Brennberger, du allerliebster Diener mein, ist es dein Ernst oder Scherz, daß du mich so besingest? und wärst du nicht mein Diener, nähm ich dirs übel. „Ich rede ohne Scherz – sagte Brennberger – und in meinem Herzen seyd ihr die Schönste auf Erden; zwar spricht [208] man von der Königin zu Frankreich Schönheit, doch kann ichs nicht glauben.“ Da sprach die zarte Frau: Brennberger, allerliebster Diener mein, ich bin dir hold, und bitte dich sehr, nimm mein Gold und Silber und schaue die Königin, und sieh, welche die Schönste sey unter uns zweien; bringst du mir davon die Wahrheit, so erfreust du meinen Muth. „Ach edle Frau – sagte der Brennberger – ich fürchte die Müh und die lange Reise; und brächt ich das zurück, das ihr nicht gerne hörtet, so wär mein Herze schwer; bring ich euch aber gute Mähr, daß ihr euch freuetet, so geschäh’s auch mir zu Lieb, darum will ich die Reise wagen. Die Frau sprach: zeuch hin und laß dirs an nichts gebrechen, an Geschmeide noch an Gewändern.

Brennberger aber ließ sich ein Krämlein machen; darein that er, was Frauen gehöret, Gürtel und Spinnzeug, und wollte das als Krämerin feil tragen; und zog über Berg und Thal, im Dienste seiner Frauen, bis er hin gen Paris kam. Zu Paris nahm er Herberg bei einem auserwählten Wirth, der unten am Berge wohnte, der gab ihm Futter und Streu, Speise und Trank aufs Freundlichste. Brennberger hatte doch weder Ruh noch Rast, winkte dem Wirth und frug ihn um Rath, wie ers anfange, der Königin unter Augen zu kommen; denn um ihrentwillen habe ihn die Herzogin aus Oestreich hergesandt. Der Wirth sprach: stellt euch dahin, wo sie pflegt zur Kirche zu gehen, so sehet ihr sie sicherlich.

Da kleidete sich Brennberger fräulich an, nahm [209] seinen Kram und setzte sich vors Burgthor, hielt Spindel und Seide feil. Endlich kam auch die Königin gegangen, ihr Mund brann wie ein Feuer und eilf Jungfrauen traten ihr nach. Gott grüß dich Krämerin, sprach sie im Vorübergang; was Schönes hast du feil? Die Krämerin dankte tugendlich und sagte: hochgelobte Königin, gnadet’s anzuschauen und kauft von mir sammt euern Jungfrauen!

Abends spat sprach die edle Königin: nun hat sich die Krämerin vor dem Thore verspätet; laßt sie ein, fürwahr, sie mag heunt bei uns bleiben. Und die Krämerin saß mit den Frauen züchtiglich zu Tisch. Als das Mahl vollbracht war, sagte die Königin: bei wem wollt ihr schlafen. Die Krämerin wär’ gern daheim gewesen, antwortete: Gott Dank euch, edle Königin! geliebt’s euch, so laßt mich allein liegen. Das wäre schlechte Ehre – versetzte sie – wohlan, ich hab zwölf Jungfrauen hier, bei der jüngsten ziemt euch zu liegen, da ist euer Ehre gar wohl bewahrt. Also lag die Krämerin die lange Nacht bei der zarten Jungfrau, und hatte dreizehn Tage feil in der Burg, und jede Nacht schlief sie bei einer andern Jungfrau. Wie nun die letzte Nacht kam, sagte die Königin: hat sie euch allen beigelegen, was sollt ich’s denn entgelten? Da wurde dem Brennberger angst, daß es um sein Leben geschehen wäre, wenn er bei der Königin liegen müßte; und schlich sich des Abends von dannen zu seinem Wirth, setzte sich alsbald zu Pferd und ritt ohn Aufenthalt, bis er in die Stadt zu Wien kam. [210] Ach Brennberger, allerliebster Diener mein, wie ist es dir ergangen, was bringst du guter Mähre? Edle Frau – antwortete der Ritter – ich habe Lieb und Leid gehabt, wie man noch nie erhört. Dreizehn Tage hatte ich feil meinen Kram vor dem Burgthor; nun möget ihr Wunder hören, welches Heil mir widerfuhr; jeden Abend wurde ich eingelassen, und mußte bei jeder Jungfrau besonders liegen; ich furchte mich, es könnte nicht so lang verschwiegen bleiben, und die letzte Nacht wollte mich die Königin selber haben. – Weh mir, Brennberger, daß ich je geboren ward – sprach die Herzogin – daß ich dir je den Rath gab, die edle Frau zu kränken; nun sag mir aber, welche die Schönste sey unter uns zweien? – Frau, in Wahrheit, sie ist schön ohn Gleichen, nie sah ich ein schöner Weib auf Erden; ein lichter Schein brach von ihrem Angesicht, als sie das erste Mal vor meinen Kram ging, sonderliche Kraft empfing ich von ihrer Schöne. – Ach Brennberger, gefällt sie dir besser als ich, so sollst du auch ihr Diener seyn! – Nein, edle Frau, das sag ich nicht; ihr seyd die Schönste in meinem Herzen.– Nun sprachst du eben erst, kein schöner Weib habest du nie gesehen – Wißt Frau, sie hatte einen hohen Mund, darum seyd ihr schöner auch an Hals und Kinn; aber nach euch ist die Königin das schönste Weib, das ich je auf der Welt gesehen; das ist meine allergrößte Klage, ob ich einen unrechten Tod an ihr, verdient hätte!