Der Regent des Herzogthums Braunschweig

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Autor: Siegfried
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Titel: Der Regent des Herzogthums Braunschweig
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 751
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Der Regent des Herzogthums Braunschweig.

Am 21. Oktober prangte die alte Stadt Braunschweig im festlichen Flaggenschmuck, der den sichtbaren Ausdruck einer freudigen, alle Herzen bewegenden Stimmung bildete. An jenem Tage wurde die Bevölkerung des Landes, Tausende deutscher Bürger, von dem lästigen Alp der Ungewißheit befreit, die seit Herzog Wilhelm’s Tode über der Zukunft des Herzogthums schwebte. Im Hause der Abgeordneten wurde jener Beschluß gefaßt, wie er „wichtiger und folgenschwerer“ von der braunschweigischen Landesvertretung noch niemals gefaßt worden war: auf den verwaisten Thron der Welfen beriefen die Abgeordneten des Volkes einstimmig den Prinzen Albrecht von Preußen zum rechtmäßigen Regenten des durch Fleiß und Gewerbe blühenden Landes. Trübe Aussichten wurden durch diese Wahl verscheucht und dem Herzogthume wurde der ibm gebührende Platz unter den Bundesstaaten des deutschen Reiches dauernd gesichert.

Prinz Albrecht von Preußen dürfte in der Regierung Braunschweigs ein würdiger Nachfolger jener Herzöge sein, die einst durch kriegerische Thaten sich unsterblichen Lorbeer erwarben. Geboren am 8. Mai 1837, steht er heute auf jener Stufe des alters, in welcher die Vorzüge des männlichen Charakters und der geistigen Schaffenskraft zum vollendetsten Ausdruck gelangen. In der kleidsamen Reiteruniform bietet er eine echt ritterliche Erscheinung, wie wir sie in dem kriegsgewaltigen Hause der Hohenzollern so oft zu schauen gewohnt sind, und, dank seinem sicheren Auftreten, war er von seinem kaiserlichen Oheim oft mit Missionen beauftragt worden, in denen es schon auf die äußere Erscheinung des Mannes ankam.

Frühzeitig, im Jahre 1847, trat er wie die meisten Prinzen des preußischen Königshauses in die Armee ein, stieg hier zu hohen Stellungen empor, und an allen Kriegen, die in den letzten Jahrzehnten die preußischen und deutschen Waffen mit Ruhm bedeckten, hat er ehrenvollen Antheil genommen.

Prinz Albrecht von Preußen.
Nach einer Photographie von W. Höffert, Hofphotograph in Hannover.

So stand er 1864 in Schleswig im Hauptquartier des Prinzen Friedrich Karl, kämpfte zwei Jahre später in den Schlachten von Skalitz, Schweinschädel und Königgrätz und führte im deutsch-französischen Kriege, gleich seinem 1872 verstorbenen Vater, deutsche Kavallerieregimenter zu Kampf und Sieg. Auf dem blutigen Schlachtfelde von Gravelotte und in den großen Kämpfen um Sedan that sich der kühne Reitergeneral besonders hervor. Auch im Frieden wußte er sich dem Vaterlande nützlich zu machen und wirkte durch eine Reihe von Jahren als Kommandeur der 20. Division in Hannover.

Das rauhe Kriegshandwerk allein konnte jedoch alle Wünsche seines Geistes und Herzens nicht befriedigen. In Wissenschaften und schönen Künsten pflegte er von Zeit zu Zeit Erholung und Erhebung zu suchen, und eignete sich hierdurch jene reichen Kenntnisse an, die ihm jetzt als dem Regenten einer strebsamen und kunstbeflissenen Bevölkerung zum hohen Nutzen gereichen werden. Nicht unbekannt ist es auch in weiteren Kreisen geblieben, daß Prinz Albrecht auf dem Gebiete der Musik selbstschöpferisch thätig war.

Glückliche Tage mochte er in dieser Weise mit seiner feingebildeten, durch Anmuth und Herzensgüte ausgezeichneten Gemahlin auf seinem prachtvollen Schlosse Kamenz verlebt haben. Der Strom der Touristen Süd- und Westdeutschlands berührt nur äußerst selten die Grafschaft Glatz, wo auf dem Wege nach dem berühmten Bade Landeck, am Fuße des gleichnamigen Klosters, terrassenförmig der bewaldete Berg aufsteigt, dessen Spitze das Schloß Kamenz krönt. Es ist ein stolzer sehenswerther Bau, der nach dem Muster der angelsächsischen Burg des Grafen Ripon an der schottischen Grenze und nach dem Plane Schinkel’s im Jahre 1838 aufgeführt wurde. Einhundert Zimmer und Säle bieten hier heimische Unterkunft, und zehn Thürme schauen von der Höhe weit in die schlesischen Lande hinein, wo im Norden an dem fernen Horizont sich die zahllosen Städte und Dörfer der Ebene im blauen Dunstschleier verlieren und im Süden die dunklen Gebirgszüge lachende Fluren begrenzen.

In diesem romantischen, echt fürstlichen Sitze suchten am 24. Oktober die Gesandten Braunschweigs den Prinzen Albrecht auf, und hier haben sie von ihm die Zusage erhalten, daß er zum Wohl des Landes die ihm angetragene Regentschaft des Herzogthums übernehmen werde. Siegfried.