Der Sänger des Ziska

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Autor: L. O.
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Titel: Der Sänger des Ziska
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aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 68–71
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Alfred Meißner
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Der Sänger des Ziska.


Es war im Frühling 1845. Man kann gerade nicht behaupten, daß damals die deutsche Lyrik in ihrer höchsten Blüthe stand, aber es erschienen doch eine Menge Gedichte, von denen mir ein bekannter Sortimentsbuchhändler stets ganze Stöße „zur gefälligen Ansicht und Auswahl“ zusandte. Was hätte ein junges Mädchen, wie ich in jenen Tagen war, auch lieber thun sollen, als neue Gedichtsammlungen zu durchblättern? –

Da fiel mir zwischen all’ den goldbedruckten Ausgaben ein unscheinbares Bändchen in die Hände: „Gedichte von Alfred Meißner“, bei welchem es nicht bei dem Durchblättern blieb. Ich versenkte mich hinein, ich las sie wieder und wieder, ich lernte sie auswendig! Es war, als hätte ich ein Zauberbuch aufgeschlagen, ich konnt’ es nicht wieder schließen, nicht von mir lassen. Der Hauch eines Genius wehte mich daraus an, ein Hauch, der bis in die innersten Tiefen der Seele sympathisch drang und dort die verwandte Saite erklingen ließ. Es war nicht der Wohlklang, der Rhythmus der Verse, die schöne Form allein, was mich so mächtig erregte und anzog: es war die darin flammende Begeisterung für meine eigenen Ideale. Dichter für Freiheit und Menschenrechte waren viele aufgestanden – Meißner war aber auch zugleich ein Dichter für das Frauenrecht. Gedichte wie „An die Frauen“ und „Georges Sand“ mußten in mir ein jubelndes Echo finden. Dergleichen Gefühle manifestiren sich gern in einem Liede. Ich schrieb ein solches, als Erwiderung

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Alfred Meißner.

des ersterwähnten Gedichtes, „An Alfred Meißner“, und da ich damals im Beginn meiner literarischen Laufbahn und Mitarbeiterin an Herloßsohn’s „Komet“ war, so sandte ich es an diesen. Von da hatte es den Dichter gefunden, dem es galt und von dem ich nichts wußte, als was aus seinen Gedichten zu ersehen war.

Alfred Meißner hatte damals in der That noch nichts als das in Leipzig erschienene Bändchen Gedichte veröffentlicht und sein Name ward damit zuerst genannt – vielleicht war mein Gedicht das erste Lorbeerblatt aus „Deutschland“ zu dem Kranze, der ihm später geworden. Er schrieb darüber an mich u. A. unterm 14. Septbr. 1845 aus St. Wolfgang in Oberösterreich:

„Es giebt wohl keine größere Genugthuung, als sich aus voller Seele verstanden zu wissen und über Fernen hinaus mitklingende Saiten und edle Herzen zu wecken und über Berge hinüber von Gleichgesinnten einen Händedruck zu erhalten, für etwas, das man mit seinem besten Herzblut geschrieben. Diese Freude ist mir durch Sie geworden. Ihr Gedicht hat einen Menschen erhoben, der in seiner Stellung von allen Bewegungen, denen er seiner innern Natur nach angehört, abgeschnitten, nur gar zu oft gänzlichem und schmerzlichstem Verzagen anheimfällt.“

Diese Stelle ist charakteristisch. Alfred Meißner, ein Deutsch-Böhme, mußte die Absperrung Oesterreichs von der reicheren Lebensströmung, die „draußen in Deutschland“ in Literatur und Politik sich kund zu geben begann, auf das Schmerzlichste empfinden und sich in der eigenen Heimath, der doch auch wieder sein Herz angehörte, wie ein Verbannter erscheinen.

Am 15. October 1822 zu Teplitz geboren, der einzige Sohn eines Arztes, welcher seit 1832 in Karlsbad lebte, war Alfred Meißner, der eine namentlich durch seine edle Mutter, eine Schottin, Karoline May von Invermay, geleitete sehr sorgfältige Erziehung erhalten hatte und sich selbst durch die eifrigste Leselust weiter bildete, nach dreijährigem Studium im Schlackenwerther Gymnasium in jenes der Altstadt in Prag übergegangen. Beim Uebertritt in die höheren Gymnasialclassen, die damals in Oesterreich „die philosophischen Jahrgänge“ hießen, erschloß sich für Meißner eine neue Welt. Er lebte hier im Verkehr mit den Böhmen Moritz Hartmann und L. Kompert, den Ungarn Fr. Szarvady und Max Schlesinger u. A. Gewillt in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, hatte er sich 1840 als Hörer der Medicin immatriculiren lassen, aber Geschichte, Politik, Staatswissenschaften und Poesie fesselten ihn mehr, als sein „Brodstudium“, obwohl Chemie und Physiologie ihm viel Anziehendes boten, wie denn auch seine Schriften, sogar seine Gedichte dies Studium durchblicken lassen.

1845 erschien jenes erwähnte Bändchen Gedichte in Leipzig und machte Aufsehen in den verschiedensten Kreisen. In Prag brachte es ihn unter polizeiliche Aufsicht. In Deutschland begrüßte man diese Liederstimme aus Oesterreich theils mit Verwunderung, theils mit Anerkennung, und Viele wußten nicht recht, zu welcher Partei der Dichter zu zählen sei. Die Liberalen trauten einer Freiheitsbegeisterung nicht, die, statt der gewohnten Phrasen, Wärme der Empfindung zeigte, und die Socialisten oder Communisten, [70] deren Periode damals begann, beeilten sich Meißner als Poeten des Socialismus auszurufen. Darüber schrieb er an mich – denn es hatte sich nach jenen ersten Zeilen ein Briefwechsel zwischen uns entsponnen, der viele Jahre währte – ein literarisch-politischer Briefwechsel, wie dergleichen in unserer immer schneller rauschenden, uns abhetzenden Zeit beinahe zu den Seltenheiten gehört:

„Ich bin von den meisten meiner Kritiker auf das Seltsamste mißverstanden worden. Wie ich dazu gekommen bin, ein socialer Poet zu heißen, ist mir unbegreiflich. Weil Einem die Noth der Erde in’s Herz schneidet, die Rechtlosigkeit und Verwahrlosung von Millionen Einem das Herz mit Erbitterung füllt, weil man den Druck der Reichen haßt, die Lügen der Pfaffen verachtet, ein Herz für’s Volk hat und Reformen wünscht: darum ist man noch kein Communist!“ –

1846 ward Meißner zum Doctor der Medicin promovirt, aber der poetische Drang leitete ihn auf eine andere Bahn. Er hatte sein treffliches Epos „Ziska“ ziemlich vollendet, und der Wunsch, es zu veröffentlichen, was unter österreichischer Censur nicht möglich gewesen wäre, führte ihn im Sommer desselben Jahres nach Sachsen. In Leipzig trafen viele österreichische Schriftsteller zusammen: Herloßsohn, Kuranda, Karl Beck, Moritz Hartmann, Johannes Nordmann, Hermann Rollett, Eduard Mautner u. A. Ein Verleger zu dem „Ziska“ und zur zweiten Auflage seiner Gedichte war schnell gefunden.

In dieser Zeit besuchte mich der Dichter in Meißen. Ich war gerade auch damit beschäftigt, meine Gedichte zu sammeln und sie als „Lieder eines deutschen Mädchens“ herauszugeben. Die persönliche Begegnung entsprach der vorhergegangenen in Briefen und Liedern: Meißner war auch nach Erscheinung und Umgangsform ein echter Poet. Mein Entschluß, ihm meine Gedichte zu widmen, ward damals gefaßt und im folgenden Jahre ausgeführt.

Im Hause seines Oheims, des Herrn von Quandt in Dresden, vollendete Meißner seinen Ziska und erwartete das Erscheinen desselben. Der Erfolg war ein vollständiger, und es zeigte sich wieder einmal, wie der Genius ein leuchtender Stern ist, groß genug, am Dichterhimmel erblickt und bewundert zu werden, ohne daß es erst der geschärften Fernröhre der Reclame bedarf, und wie der echte Dichter, der sich ganz an seinen Stoff und seine Kunst dahingegeben, den Ruhm nicht sucht, sondern von ihm gefunden wird. Man konnte in jenen Tagen kein Journal zur Hand nehmen, in dem nicht von „Ziska“ die Rede gewesen wäre. Dieselbe Freiheitsbegeisterung, die damals eine politische Poesie schuf, in der nur zu oft die „Gesinnung“ die Dichtung retten mußte, – hier hatte sie sich am herrlichsten Stoff zu klaren Krystallen gestaltet; der Dichter bot nicht den mit Schlacken gemischten Gährungsproceß der Freiheitssehnsucht, er zeigte nur die aus solcher Gluth gewonnenen Diamanten – vor einer solchen politischen Poesie mußten selbst die Aesthetiker, die sonst den Stab über die ganze Gattung zu brechen pflegten, verstummen, ja sie als berechtigt constatiren, wenn auch nicht um ihres Inhaltes, so doch um ihrer Form willen.

Die spätere Kritik in ihrer engherzigen Nationalitätensucht mäkelte freilich daran, daß Meißner, ein Deutscher, die Kämpfe der Hussiten besungen. Aber die Principien jener Zeit, in der die Dichtung entstand, lebten ja noch in einer idealen Höhe, von der sie erst langsam herabgekommen. Die demokratische Partei, zu welcher der Dichter zählt, glaubte – und glaubt noch! – an die Wiedergeburt der Völker durch die Freiheit und schwärmte für sie. Die Eroberungs- und Unterdrückungskriege sollten aufhören, die Völker gegen einander gerecht werden; der heiligen Allianz der Fürsten wurde eine heiligere Allianz der Völker als Zweck und Ziel gegenübergestellt.

Wie zu erwarten stand, ward das Buch in Oesterreich verboten und die Auslieferung des Verfassers verlangt. Derselben zu entgehen, begab er sich nach Paris und verlebte dort fast das ganze Jahr 1847. Er trat dort zunächst in die freundlichsten Beziehungen zu Heinrich Heine, dem er nach dessen Tode in seinem Buch „Heinrich Heine“ ein so pietätvolles Denkmal gesetzt. Mit vielen Größen kam er in Berührung, hörte die national-ökonomischen Vorträge Michel Chevalier’s, Physiologie bei Magendie, Astronomie bei Arago, verkehrte mit der Rachel und Alboni, mit A. Weill, Gautier, Gerard de Nerval, Dumas, Balzac, Alfred de Vigny u. A. Dabei studirte er die Schriften A. Comte’s, Proudhon’s, Louis Blanc’s.

Aber trotz all’ dieser Anregungen fühlte Meißner Heimweh und kehrte in der Hoffnung, daß die drückenden Verhältnisse in Oesterreich nicht von Dauer sein könnten, im November 1847 in die Heimath zurück. Er schrieb mir von da:

„Sie werden sich wundern zu hören, daß ich wieder in Prag bin. Wieder im schwarzen, klösterlichen Prag nach einem reichen bewegten Leben im bunten Paris. Der Sprung ist gewaltig und auch nicht ohne Gefahr. Ich glaubte der Heimath für eine weit längere Zeit Ade gesagt zu haben, aber es giebt Verhältnisse, die stärker sind als Alles: ich konnte den Bitten meiner Mutter nicht widerstehen! Sie ist krank und hat vielleicht nur wenig Jahre vor sich; alle ihre Wünsche liefen darauf hinaus, mich bei sich zu sehen – und ich ging zurück. Wird mir etwas Erhebliches geschehen? ich weiß es nicht; vor der Hand bin ich ganz in der Stille hier und lebe auf Alles gefaßt.“

Ueber denselben Gegenstand berichtete er im Januar 1848: „Mir und Moritz Hartmann wird nebenher der Proceß gemacht, aber das bringt uns nicht aus der glücklichen Ruhe, in der wir leben. Die Sache scheint sehr milde vorgenommen zu werden; auf ein erstes Verhör ist weiter kein zweites und auch noch kein Urtheil erfolgt. Unsre Aussagen waren gleichlautend und liefen auf das alte ‚Gott helfe mir, ich kann nicht anders!‘ hinaus, und daß man unter österreichischer Censur nicht schreiben könne.“

Und nun brach sie an, die Zeit, welche die Jahreszahl 1848 so groß gemacht hat, die Zeit die man erlebt haben muß, wie wir Alle, die wir damals in Jugend und Begeisterung auf sie gehofft, von ihr gesungen und doch ihre Nähe nicht geglaubt hatten – man muß sie mitgelebt haben, um zu wissen, wie Einem zu Muthe war bei all’ den hereinbrechenden Ereignissen! – Meißner schrieb mir Anfang März:

„Was sagen Sie zu der Zeit, in der wir leben? Was sagen Sie zu Frankreich? Seit acht Tagen komme ich nicht zu mir vor Bewunderung dieses Volks, das eine Revolution gemacht hat, so ideal, so schön, wie sie der beste Poet nicht schöner hätte träumen können. Der wäre ein schlechter Mensch, der jetzt ruhig fortschreiben könnte an Büchern, die der Zeit fern liegen. Seit ich die ersten Nachrichten von Frankreich erhalten, sind mir die Finger wie gelähmt zu aller Arbeit.“

Nur wenige Tage noch und die Revolution hielt ihren Siegeseinzug auch in Deutschland, auch in Oesterreich. – Meißner ward in Prag – wo sein Proceß nun natürlich vergessen war – in den böhmischen Nationalausschuß gewählt, verzichtete jedoch im Mai auf seinen Platz darin, begab sich nach Frankfurt a. M., wo er publicistisch thätig war, und stand in engen persönlichen Beziehungen zur demokratischen Partei, dem Club der sogenannten äußersten Linken, bis das große parlamentarische Gebäude in Trümmer ging und er wieder in die Heimath zurückkehrte.

Tieferschüttert durch alle Ereignisse, zunächst durch die Verurtheilung seines Freundes Trützschler, schrieb er mir aus Karlsbad 1849 mit seinem trefflichen Werke „Revolutionäre Studien aus Paris“, der Frucht seines dortigen Aufenthaltes (er war Weihnacht 1848 zum zweiten Male dahin gegangen): „Knüpft sich wirklich noch ein Werth an das geschriebene Wort und ist nicht alles Eitelkeit und Feigheit, was nicht That und praktischer Versuch ist? Ist es nicht beinah Ironie, das Wesen der Revolution darlegen zu wollen, wenn sie verröchelnd sich am Boden windet?“ –

Das ist die Stimmung, in der wir Alle waren, die wir uns in den Dienst der heiligen Sache der Freiheit gegeben – man mußte den Glauben an sie und an sich selbst retten, so gut man konnte. – Meißner schrieb das satirische Gedicht „Der Sohn des Atta Troll“ in schmerzlichem Verzweifeln. 1850 ging er auf einige Zeit nach London und lebte im Hause des Lord Russell, mit dessen Neffen innig befreundet. Hier sammelte er sich wieder zum objectiven Schaffen. Er schrieb das Drama „Das Weib des Urias“ in Opposition zu der hergebrachten Anschauung dieses Stoffes. Es hatte einen starken Reiz für ihn, den heiligen König David so darzustellen, wie er jedem gesunden Auge erscheint, das sich durch die später aufgetragenen Lasuren der Zusammensteller des alten Testaments nicht beirren läßt. Eben deshalb war das Stück nicht aufführbar. Ein zweites Drama „Reginald Armstrong“ oder „die Welt des Geldes“ ward in [71] Prag mit großem Erfolg aufgeführt, Friedrich Haase spielte den „Glendower“ darin, in Wien gefiel es jedoch nicht. Noch weniger Glück machte sein drittes Drama: „Der Prätendent von York“.

Jetzt begab sich Meißner auf das Gebiet des Romans und es erschienen 1855 „Zwischen Fürst und Volk,“ drei Bände, drei Jahre später „Die Sansara“, 1860 „Neuer Adel“ und „Zur Ehre Gottes“. Nebenher gab er kleinere Arbeiten und Sammlungen heraus, Reiseeindrücke, da jetzt sein Aufenthalt oft wechselte und Thüringen, Tirol, Italien ihm die mannigfachsten Anregungen boten, so: „Am Stein“, „Durch Sardinien“, „Seltsame Geschichten“, „Charaktermenschen“ u. a. Sein großer und neuester Roman „Schwarzgelb“, der die kaum abgelaufene Reactionsepoche seines Vaterlandes in den treuesten Zügen vorführt, ist das umfassendste Gemälde, welches davon gegeben werden konnte. Aber es ist hier nicht der Ort, eine Kritik oder ein Inhaltsresumé dieser Werke zu geben, sie sind in den Händen der deutschen Lesewelt und diese hat es längst festgestellt, daß Alfred Meißner auch als Romanschriftsteller so gut wie als Lyriker zu den Ersten der Gegenwart gehört. Ueberflüssig zumal wäre es hier vor den Lesern der Gartenlaube, zu deren Mitarbeitern er ja zählt, die poetische Schönheit und Klarheit seines Styls, die Tiefe seiner Empfindung, die Lebenswahrheit, die er seinen Gestalten, das durchsichtige und naturgetreue Colorit, welches er seinen landschaftlichen Schilderungen zu geben weiß, noch hervorheben zu wollen.

Was ihn uns aber besonders werth und zu einer Zierde unserer Nation macht, das ist die Ueberzeugungstreue, die durch sein ganzes Leben geht, daneben zugleich dies rastlose Streben und Ringen einer echten Künstlernatur nach der Lösung immer neuer Aufgaben, nach immer größerer Vervollkommnung – der Ernst des Schaffens, den er sich bewahrt, die Höhe des Ideals, zu der er klimmt. Es giebt für ihn kein bequemes Ruhen auf leicht errungenen Lorbeeren, kein Sichgenugthun auf irgend einem Gebiet der Literatur, kein leichtsinniges Produciren, keine eitle Selbstüberschätzung. Er hat im Kampfe dieser Zeit, in den sich die ganze begeisterungsfähige Jugend opferfreudig stürzte, redlich mitgekämpft und wo Andere unterlagen, die einstigen Ideale verleugneten, verriethen, sich selbst und ihrem Volke untreu wurden –, da ist Alfred Meißner auf der Bahn geblieben, welche vorwärts führt. Aber es ist ein Vorwärts, das nicht mehr im unklaren Drange auf die gewaltsame Umgestaltung aller Verhältnisse gerichtet ist – es ist ein Vorwärts, das er sich selbst zuruft, indem er immer gediegenere vollendetere Werke schafft, welche der Nation einen Spiegel vorhalten und sie unmerklich an der Hand der poetischen Unterhaltung zwingen sich selbst zu betrachten und selbst muthig vorwärts zu schreiten, trotz aller Hemmnisse der Gegenwart, in eine bessere Zukunft. Für diese zu leben und zu wirken ist unser Aller Aufgabe, aber würdig gelöst wird sie nur von Denen, die nicht müde werden an sich selbst zu arbeiten, ob sie auch noch so begabt sind – Alfred Meißner ist solch’ ein Reichbegabter, allein auch solch’ ein Unermüdlicher!

L. O.