Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung/Teil 1 Kapitel 41

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Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung
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TITULVS. XLI.
Von Execution und Vollnziehung der ausgesprochenen Urtheil:
ARTICULUS 1.

Dieweil ein jedes Urtheil / so das nicht gebührlich exequirt und vollnstrecket wird / weinig Frucht bringet / und die Executio das fürnehmste Stück der Justicien ist: So wollen Wir hinfüro in Schuldsachen / die sich nicht über ein tausend Reichsthaler an Häuptstuel erstrecken / entweder in dem Urtheil / oder auff Anruffung des gewinnenden Theils / der verlustigen Parthey auferlegen und Tagdingen / innerhalb viertzehen Tagen: In Sachen aber ein tausend Reichsthaler übertreffent / und wie hoch dieselbe sich belauffen / in vier Wochen dem gesprochenen Urtheil / in aller massen wie dasselbe mit sich bringet / zu pariren und folge zu leisten.

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2.

Da dann von solchem Urtheil / wie sich gebührt / nicht appellirt wird / oder auch / vermöge des obangezogenen Käyserlichen Privilegii de non appellando, nicht appellirt werden mag: So sol das außgesprochene Urtheil / nach verfliessung des angesetzten termini, als hernach folgt exequirt und vollnzogen werden.

3.

Und ob wol hiebevor zweiffelhafftig gewesen / ob die Tagdingung / das ist / die in dem Urtheil zu der parition angesetzte Zeit / vor der wircklichen Execution, im Niedern-Gericht zu dreyen Gerichts-Tagen sol affterfolget und belegt werden: Dieweil Wir aber spüren / das solches kein Nutz hat / sondern vielmehr zu gefährlichem Verzug der Execution gereicht / bevorab wann die Rechtschliessung einfallen: So sol hinfüro solche affterfolgung der Tagdingung in den gesprochenen Urtheiln / abgeschaffet seyn (sonsten aber in den Wilkühren / verfolgung der Erbe / und der Arresten / gehalten werden) und nach verfliessung dero in dem Urtheil angesetzter / oder auff Anruffung der Parthey benandter Zeit / mit der Execution und Vollnziehung der Urtheil / inmassen wie folget / verfahren werden.

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4.

Wann der Kläger auff ein Hauß / Garten / Acker / oder andere liegende Gründe / die noch verhanden / geklagt / und das Eigenthum mit Urtheil erhalten hat / in solchem fall kan der verlustige Theil sich mit Gelde / Bürgen oder Pfanden nicht entsetzen / sondern ist schüldig / nach verlauff dero in dem Urtheil benandter Zeit / dieselben abzutreten / oder Wir wollen den Kläger in das geklagte Gut durch den Voigt immittiren lassen.

5.

Ist aber auff Schuldtstandt geklagt / und in dem Urtheil angesetzte Zeit verflossen / sol aus Unserm / oder der Gerichts-Verwaltere Befehl / der Voigt den verlustigen Theil ermahnen / das er mit Erlegung der erkandten Geld-Summen / dem Urtheil ein Gnügen thue / dann da derselbe säumig seyn würde / und kein baar Geld verhanden / sol die Hülffe und Execution in den beweglichen Gütern des verlustigen Theils geschehen / und hierin fürnemlich in Acht genommen werden / welches Gut zum füglichsten kan verkaufft / und der Kläger zum schleunigsten zur Bezahlung verholffen werden. Und was also gepfändet / sol durch den Gerichts-Voigt getreulich verzeichnet / und dem Kläger alsbald / neben der Verzeichnuß / eingelieffert werden.

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6.

Könte aber der Kläger aus den beweglichen Gütern nicht vergnüget werden / und der Beklagte auff des Klägers Anforderung / mit seinem leiblichen Eyde erhalten würde / das er weder baar Geld / noch Kistenpfand / oder ander bewegliche Gut hätte: So sol zu den liegenden Gütern geschritten werden / derogestalt und also / da der Rath / nach erlangter glaubwürdiger Kundschafft befinden würde / das des Beklagten Erbe / über die im Stadt-Buch auffgesuchte Beschwerung / mehr als die zuerkandte Schuld / werth were: So sol der Beklagte Klägern die Schuld im Stad-Buch versichern lassen / und jedes hundert ein Jahr mit sechsen Verzinsen / solche Schuld aber ist der Kläger länger dann ein Jahr unabgelöset stehende zulassen nicht schüldig / sondern Beklagter ist nach Außgang des Jahrs dieselbe abzulösen verpflichtet / und in Verbleibung der Bezahlung / mag der Kläger mit Verfolgung des Erbes verfahren / wie in nechstfolgendem 42 Titul im andern Articul / ferner disponirt ist. Da aber der Beklagte die Verlassung in sein Erbe zuthunde säumig seyn würde / oder auch das Erbe so hoch mit Hauptstuel im Stadt-Buch beschweret were / das es die zuerkandte Schuld nicht ertragen könte: So sol aus Unserm Befehl der Voigt mit dem Kläger auff die Mahlstette / das des Beklagten Erbe allhie in der Stadt belegen / sich verfügen / den Rinck des Erbes angreiffen / und in gegenwärtigkeit [138] zweyer glaubwürdigen Erbgesessenen Bürger / dem Kläger den Rinck des Erbes liefferen / solches auch alsbald zu Buche verzeichnen / und dem Kläger unter seiner Hand der beschehenen Uberliefferung / einen Schein mittheilen / und mag der Kläger ferner verfahren / wie in nechstfolgendem 42. Titul im andern und dritten Articul / verordnet ist.

7.

Da auch die bewegliche und unbewegliche / in dieser Stadt verhandene und gelegene Güter / zu Vollnstreckung der Urtheil nicht zureichen könten / sol die Execution in denen / in dieser Stadt Jurisdiction belegenen Landgütern und Höfften / vorgenommen / und der Kläger / wie Landsittlich / in dieselbe immittirt und gewäldiget werden.

8.

Hätte auch der Beklagte Güter unter frembder Jurisdiction belegen / wollen Wir durch Bitte-Brieffe / oder literas mutui compassus, bey der frembden Obrigkeit die Execution Unser ausgesprochenen Urtheil zu beschaffen / bitten und anhalten.

9.

Wann bewegliche und unbewegliche Güter mangelen / so wird die Executio verstattet zu gewissen [139] außstehenden Schülden und andern Gerechtigkeiten. Und wo Debitorn vorhanden / die der Schuld geständig / werden die an den Kläger / für seine erlangte Schuld-Summa / mit der Bezahlung geweiset.

10.

Da dann dieser vorangezogenen Güter keine / oder nicht so viel / das der Kläger daraus bezahlt werden mag / vorhanden: So wird endlich der Debitorn Harnisch / Büchsen / oder andere Kriegswehren / damit sie zu Walle erscheinen und stehen sollen / dann auch der Handwercks- und Arbeitsleute Werckzeug und Instrumenta, damit sie ihre Nahrung täglich gewinnen müssen / imgleichen auff dem Lande der Bauren oder Haußleute Ochsen / Pferde / und was sie sonst zum Ackerbau benöthigt / angegriffen und gepfändet.

11.

Könte der Kläger aus vorangedeuteten Gütern nicht bezahlt noch vergnüget werden / der Beklagte auch keine Bürgen stellen kan: So mag der Kläger wegen der restirenden und nachstehenden Schuld / den Debitorn verfolgen / welcher / wann er in dieser Stadt oder derselben Jurisdiction betreten wird / auff des Klägers Begehr in Verhafftung genommen / und auff dem Winserbaum[1] verwahrlich enthalten werden sol / und ist der Kläger [140] zu desselbigen Unterhaltung nicht mehr dann täglich einen Schilling Lübisch zu geben schüldig.

12.

Und so die Schuld nicht ein tausend Marck Lübisch übertrifft / sol er ein Jahr lang / da sich aber die Schuld höher erstrecket / sol er so viel Jahr auff dem Winserbaum sitzen / so viel tausend Marck er schüldig bleibt / und nach Außgang solcher Jahre der Verhafftung erlassen / und der Schulden halben gefreyet seyn.

13.

Würde aber der Gläubiger den Schüldiger in Verhafftung zunehmen nicht begehren / noch / wie vorgesetzt / Unterhalten wollen / sondern andere Mittel gegen ihn vorzunehmen bitten: So sol / auff des Klägers Anforderung / der Beklagte den Eyd der Armuth in dem Niedern-Gericht zu schweren / und sich dieser Stadt und Gebiethe so lange zu enthalten schüldig seyn / biß er den Kläger befriedigt / oder sich mit ihm verglichen / und sol ihn davon die cessio bonorum[2], oder Abtrettung seiner Güter / nicht entledigen oder befreyen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Bürgergewahrsam für mutwillige Bankrottierer und Bürger, deren Verbrechen noch nicht erwiesen war, befand sich in der Stadtbefestigung an der Straße nach Lüneburg, siehe auch Strafvollzug in Hamburg in früherer Zeit (PDF)
  2. Abtretung des gesamten Vermögens des Schuldners an den Gläubiger