Die Naphthastadt Baku

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Titel: Die Naphthastadt Baku
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 304
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[304] Die Naphthastadt Baku. Große Dinge begeben sich in Centralasien, ohne daß die europäischen Zeitungen eingehend davon Notiz nehmen. Rußland arbeitet daran, den Ueberlandweg nach Indien sich zu bahnen, und vollendet in aller Stille eine Etappe nach der andern. Im December 1886 wurde mit großer Feierlichkeit die Kaspibahn bis Tschardui[WS 1] eröffnet, wenige Tage darauf wurden auf dem Amu-Darja zwei Kriegsschiffe vom Stapel gelassen. Mit der Kaspibahn hat Rußland allen andern Nationen in Bezug auf den Ueberlandweg nach Indien den Rang abgelaufen. Den Mittelpunkt für diese ganze neue Handelsbewegung wird die alte Parsenstadt Baku am Ufer des Kaspischen Meeres bilden; sie hat Aussicht, die größte Handelsstadt des Ostens zu werden; sie beherrscht alle Verkehrswege nach Nord und Süd, nach Ost und West. Terrassenartig am hohen Westufer des Kaspischen Meeres auf der Halbinsel Apscheron gelegen, gewährt sie vom Meere aus gesehen einen großartigen Anblick: auf der einen Seite zeigen sich die stattlichen Gebäude der Marinestation, auf der andern die hohen Schornsteine und rauchenden Fabriken der Naphtha-Industrie; im Hintergrund ein steiler Berg mit einem Doppelgipfel. Das alte persische Khanschloß, einige Minarets und Kirchen heben sich aus den Häusergruppen hervor; dicht am Ufer überragt der cyklopisch gebaute Mägdethurm das Häusergewirr. Ein buntes Treiben belebt den Hafen und die Straßen: russische Dampfer und Kriegsbarkassen, turkmenische Barken, persische Schiffe liegen dort vor Anker; hier begegnet man Kaufleuten aus allen europäischen Ländern, russischen Beamten und Soldaten, persischen Juwelenhändlern, armenischen Lastträgern, tatarischen Kameltreibern und Eselkarawanenführern.

Um das Zehnfache schon hat sich jetzt Baku’s Bedeutung gesteigert, seitdem es durch die Eisenbahn mit Tiflis und Batum und dem Schwarzen Meere verbunden ist – und eine gleiche Steigerung steht jetzt nach Eröffnung der Kaspibahn in Aussicht.

Den Reichthum Baku’s bilden seine unerschöpflichen Steinölquellen. Weithin versendet es jetzt schon Brenn- und Heizmaterial; neue Industrien, neue Erfindungen werden in der Zukunft diesen Handel heben. Hat doch ein Amerikaner Tweddle bereits die kühne Idee gehabt, das Petroleum in gewaltigen Eisenröhren nach dem Ufer des Schwarzen Meeres zu pumpen und zu leiten. Von Tag zu Tag wird die naphthahaltige Erde in immer neuer rationeller Weise zur Herausgabe ihrer Schätze genöthigt. Dies Baku ist eine echte Naphthastadt; denn selbst die heißen staubigen Straßen werden mit Naphtha statt mit Wasser besprengt.

Auf der Halbinsel Apscheron, in der Nähe der jetzigen Fabrikstadt, stand der alte Feuertempel. Die Zeit ist vorüber, wo hier die frommen Anbeter des aus der Erde quellenden Elementes dem Feuergotte huldigten. Jetzt aber ist der Kultus desselben ein gewinnbringender geworden, und wo einst die Feueranbeter in ihren Hütten wohnten, da bauen sich jetzt die neuen Tempelhüter mit Hilfe des freundlichen Elementes stolze Paläste.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. seit 1999 Türkmenabat