Die Vorbedeutung

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Autor: Johann Karl Wilhelm Geisheim
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Titel: Die Vorbedeutung
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aus: Gedichte, Zweites Bändchen,
S. 337–340
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Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: Josef Max und Komp.
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Erscheinungsort: Breslau
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Die Vorbedeutung.


Kryps erwacht, und nieset kräftig
Dreimal in den Tag hinein:
Heute ist mein Glück geschäftig,
Ein Geschenk wird, ruft er, mein!

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Fröhlich springt er aus dem Bette:

Heute schenkt gewiß, ich wette,
Röschen Kuß und Jawort mir:
Darum schleunigst hin zu ihr!

Schon im Traume krähte nächtlich

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Vorbedeutend mir der Hahn.

Ochsen stießen sich beträchtlich:
Das zeigt Gunst der Schönen an.
Hab’ die Maulschell’ auch empfangen,
Träumend auf die vollen Wangen:

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Dies ja Minneglück verheißt,

Wie das Traumbuch deutlich weist,

Kryps, damit er nichts verpasse,
Setzt den Rehfuß stracks in Lauf;
Doch, als Erstes auf der Gasse,

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Stößt ein altes Weib ihm auf.
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Diese Stunde ist mir feindlich,

Warnt er selbst sich; aber freundlich
Sieht gewiß die nächste aus,
Und er kehrt zurück in’s Haus.

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Seht! der Tag bleibt ihm gewogen:

Durch das offne Fenster kam
Bald ein Stieglitz eingeflogen,
Lieblich singend, sanft und zahm.
Kryps jetzt greift nach seinem Hute,

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Rennt mit hoffnungsreichem Muthe

Schnell zu Röschens Wohnungsort; –
Aber Röschen war nicht dort.

Nach dem nahen Rosengarten
Ging sie in dem Morgenthau.

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Dort ist’s klug, ihr aufzuwarten,

Meint der Glücksheld pfiffig, schau;
Über Feld führt ihn die Straße:
Husch! da laufet queer ein Hase
Über seines Zieles Bahn,

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Und er fängt zu schwanken an.


Schafe, die da kommen, weichen
Überdies zur linken Hand.
Bei dem zwiefach schlimmen Zeichen
Hat er flugs sich heimgewandt,

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Geht zu Röschens ihm bekannten

Und geneigten Anverwandten;
Höflich laden sie ihn ein,
Heut ihr Mittagsgast zu sein.

Da man Röschen auch erwartet,

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Wähnt er sich im Schooß des Glücks;

Hält das Ding für abgekartet,
Preist die Zeichen des Geschicks.
Doch um Mittag, welch ein Schrecken!
Siehet er die Tafel decken,

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Sieht, und glaubet zu vergehn,

Der Gedecke dreizehn stehn.

Dreizehn! Nein! hier kann die Myrthe
Mir nicht segensreich erblühn.
Er entschuldigt sich beim Wirthe,

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Eilt, den Zwölfen zu entfliehn,

Welche nun allmählig kamen,
Fröhlich Platz am Tische nahmen,
Röschen an des Nachbars Hand,
Der den Weg zum Herzen fand.

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Heute denkt Kryps an kein Essen,

Denket nur an sein Geschick;
Schreibt ein Briefchen unterdessen,
Bittet drinn um einen Blick;

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Wenn? soll Röschens Mund belieben.
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Röschen schreibt zurück: Um Sieben.

Sieben? Was? Das wäre schön!
Kryps beschließt, um Acht zu gehn.

Acht Uhr schlägt’s; da wird ihm endlich
Seines Tages Fatum wahr.

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Röschens Ohren legt verständlich

Kryps den Drang der Liebe dar.
Ach! zu spät, sprach sie; so eben
Hab’ ich Herz und Hand vegeben. –
Und so ward, des Niesens werth,

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Unserm Kryps ein – Korb beschert.