Die Vorgänge bei der Verbrennung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Fausten der Jüngere
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Vorgänge bei der Verbrennung
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 134–136
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[134]
Populäre Chemie für das praktische Leben.
In Briefen von Johann Fausten dem Jüngeren.
Zehnter Brief.
Die Vorgänge bei der Verbrennung.

Wir nennen die Verbrennung einen chemischen Prozeß (Vorgang), weil sie in der That auf nichts Anderem beruht als einer Verbindung des Sauerstoffes der Luft mit dem Kohlenstoff und Wasserstoff der Brennmaterialien. Bei einigen Körpern und unter gewissen Umständen ist die Einwirkung des Sauerstoffs so energisch, daß augenblicklich oder nach einiger Zeit schon bei gewöhnlicher Temperatur Feuer zum Vorschein kommt. Diese Erscheinungen sollen uns später Stoff zu einer besonderen Unterhaltung geben. Unsere gewöhnlichen Brennstoffe besitzen keine große Neigung, sich mit dem Sauerstoff zu verbinden, daher müssen wir hier den chemischen Vorgang einleiten und sein Fortschreiten unterstützen. Wir setzen das Holz, den Torf oder jedes andere Material in Brand, d. h. wir erhitzen es auf einen gewissen Grad und rufen dadurch die chemische Veränderung hervor. Ein jeder weiß, daß sich die verschiedenen Brennstoffe schwerer oder leichter entzünden lassen, selbst dann, wenn wir von dem Wassergehalt absehen und das eine Stück genau so groß ist und dieselbe Form besitzt wie das andere. Der Grund hiervon ist die größere oder geringere Dichte, mit der die einzelnen kleinsten Theilchen vereinigt sind, dann aber auch die chemische Zusammensetzung, der Gehalt [135] an Wasserstoff. Verstattet der letztere die Bildung von gasförmigen Verbindungen mit dem Kohlenstoff, so findet das Entzünden um so leichter statt, je mehr von diesen Gasen in gleicher Zeit gebildet werden. Von der Erhaltung der Wärme hängt die Fortdauer der Verbrennung ab oder auch umgekehrt die Verbrennung liefert die zu ihrer Erhaltung erforderliche Wärme.

Haben wir einmal den Brand entzündet, so schreitet er weiter fort, weil die Bedingungen zu seiner Unterhaltung sich von selbst regeln. Die durch das Feuer verzehrte Luft wird durch neue ersetzt, die von allen Seiten hinzuströmt, um das gestörte Gleichgewicht wieder zu ersetzen und die Hitze wirkt weiter auch auf die Theile des Brennstoffes, die gerade noch nicht brennen, bewirkt hier eine Zersetzung, d. h. Bildung von luftförmigen Verbindungen, die sich nun mit Leichtigkeit entzünden und den Brand weiter fortpflanzen. Verschwindet nun auch nach und nach das Holz, der Torf u. s. w. vor unsern Augen, und bleibt zuletzt nur ein kleines Häufchen Asche zurück, eben die mineralischen Bestandtheile, weil sie mit dem Sauerstoff keine flüchtigen Verbindungen eingehen, – so ist zwar die Form zerstört, nicht aber die Bestandtheile selbst; die Natur hält mit Allem, was sich in ihr findet, sparsam Haus; verloren geht nichts, daher auch nicht bei der Verbrennung. Anstatt die Produkte der Verbrennung – Kohlensäure und Wasser – in die Luft entweichen zu lassen, können wir sie auffangen und finden dann, daß in ihnen genau so viel Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten ist, als das Gewicht des Holzes oder eines jeden andern Brennstoffes betrug.

Eine jede chemische Verbindung findet nach bestimmten, unabänderlichen Gewichtsverhältnissen statt und daher können wir, sobald uns die Zusammensetzung des Brennstoffes bekannt ist, genau berechnen, wie viel Sauerstoff zu seiner vollständigen Verbrennung erforderlich ist und damit ist zugleich auch die Wärmemenge gegeben, die bei der Verbrennung eben dieses Brennstoffes entwickelt wird, da diese abhängt von der verzehrten Sauerstoffmenge. Daraus wird klar, daß unsere gewöhnlichen Brennstoffe nicht ganz als solche verwerthet werden, da sie alle schon Sauerstoff enthalten, der mit einem Theile der beiden übrigen, die Wärme erzeugenden Bestandtheile bereits verbunden ist. Die dieser Menge entsprechende Wärme ist für unsere Zwecke verloren. Aber wir erleiden noch weitere Verluste, die in der natürlichen Beschaffenheit unserer Brennstoffe und der Luft begründet sind. Ein nicht unbedeutender Theil der Wärme wird zur Verdampfung des Wassers verwendet, das, wie wir gesehen haben, stets in den Brennstoffen enthalten ist. Daher unterwirft man diese einer künstlichen Austrockung, wenn es sich bei verschiedenen gewerblichen Verrichtungen darum handelt, eine möglichst hohe Temperatur zu erzielen; ja die Wärme wird bei der Austrocknung – dem Darren – oft so gesteigert, daß sie eine anfangende Zersetzung des Brennstoffs bewirkt. Ein weiterer Verlust an Wärme wird dadurch bedingt, daß nicht alle Luft, sondern nur der kleinste Theil bei der Verbrennung verzehrt wird. Bekanntlich enthält die atmosphärische Luft in fünf Raumtheilen nur einen Theil Sauerstoff; die vier Raumtheile Stickstoff haben keinen Theil an der Verbrennung. Sie entweichen und nehmen hierbei einen großen Theil der Wärme mit fort; eben so die luftförmigen Verbrennungsprodukte – die Kohlensäure und das Wasser. Noch andere Verluste werden wir bei der Betrachtung der Feueranlagen kennen lernen.

Der Grad der Hitze, welchen die Brennstoffe entwickeln, hängt aber nicht allein von der Menge des verzehrten Sauerstoffs ab, sondern auch von der Zeit, während welcher dies stattfindet. Ein jedes Pfund Wasserstoff verbindet sich stets mit 8 Pfund Sauerstoff zu 9 Pfund Wasser und jedes Pfund Kohlenstoff mit 22/3 Pfund Sauerstoff zu 32/3 Pfund Kohlensäure; in dem ersteren Fall der Verbrennung werden stets 236 Pfund Wasser, in dem letzteren nur 78 Pfund von 0° auf 100° erwärmt. Die Wärmemengen, welche bestimmte Stoffe bei ihrer Verbrennung entwickeln, sind stets gleich, aber nicht der Grad der Hitze. Es leuchtet ein, daß dieser ein größerer sein muß, wenn die Wärme einer bestimmten Menge Brennstoff in einer halben Stunde abgegeben wird, als wenn dies erst in einer, oder gar in zwei Stunden erfolgt. Mit anderen Worten: die Hitze ist um so stärker, je mehr Brennstoff in einer bestimmten Zeit verzehrt wird, je rascher also die Verbrennung erfolgt und um so geringer, je langsamer die Verbrennung fortschreitet. Und wiederum hängt auch dies Verhältniß von dem Zutritt des Sauerstoffs ab. Findet der Austausch der verbrannten Luft gegen frische nur langsam statt, so können selbst leicht brennende Körper langsam, und daher wenig Hitze gebend, verbrennen, während doch sonst gerade diese, wie z. B. Stroh, Reisig u. s. w., freilich nur auf kurze Zeit, die stärkste Hitze hervorbringen; hinwiederum geben gerade die dichtesten Körper, die sonst sehr schwer verbrennen, eine sehr große Hitze, sobald wir nur den Zutritt des Sauerstoffs beschleunigen. Daher verwandeln wir ja das Holz, den Torf, die Braun- und Steinkohle in Kohle – bei letzterer Koak genannt. Der Zweck ist hierbei, das Wasser und den schon gebundenen Sauerstoff und mit ihm den Theil der übrigen Bestandtheile fortzuschaffen, die beim Verbrennen keine Hitze entwickeln. Dies geht nicht an, ohne auch einen Theil der noch zu verwerthenden Bestandtheile – den Wasserstoff und einen dieser Menge entsprechenden Antheil Kohlenstoff – zu verlieren und nichts desto weniger ist der Rückstand dennoch ein besseres Brennmaterial als vorher, weil es dichter ist: also in dem kleinsten Raume die größte Menge Brennstoff enthält und daher gestattet, in gleicher Zeit bei gehörigem Zutritt der Luft größere Massen zu verbrennen, also auch eine größere Hitze zu entwickeln. Bei dem Torf, den Braun- und Steinkohlen erreicht man bei der Verkohlung noch den Vortheil, daß man zugleich den schädlichen Schwefel austreibt.

Während man im gewöhnlichen Leben, namentlich in der Haushaltung, dem harten Holze, dem von Eichen, Buchen, Birken und Erlen, bei welchem die einzelnen Theilchen, welche das Holz bilden, dichter aneinander liegen, so daß hier der gleiche Raum mehr Holzmasse einschließt, – den Vorzug giebt, lehrt uns die Wissenschaft, daß gerade das weiche Holz, vornämlich das der Fichte und Tanne, mehr Wärme entwickelt. Nach dem vorher Erörtertem wird es uns leicht, diesen scheinbaren grellen Widerspruch zu versöhnen. Die Feueranlagen der Haushaltung, namentlich die Vorrichtungen zum Heizen, bringen es mit sich, daß die Verbrennung nur langsam fortschreiten darf, damit der Ofen Zeit hat, die entwickelte Wärme in sich aufzunehmen: man verlangt hier eine gleichmäßige, andauernde Erwärmung, und daher giebt man dem harten Holze den Vorzug. Bei einer raschen Verbrennung, wie sie dem weichen Holze eigen, ist der Wärmeverlust bedeutend, weil unsere gewöhnlichen Heizvorrichtungen nicht der Art sind, um die in kurzer Zeit entwickelte Wärme schnell in sich aufzunehmen. Handelte es sich aber darum, bedeutende Hitzegrade hervorzubringen, wie dies bei manchen gewerblichen Vorrichtungen gefordert wird, so giebt man unbedingt dem weichen Holze den Vorzug.

Ein jedes Holz enthält einen Ueberschuß an Wasserstoff, d. h. mehr als der vorhandene Sauerstoff zur Bildung von Wasser in Anspruch nimmt. Dieser Ueberschuß ist bei dem weichen Holze größer und daher auch die Menge der gasförmigen Produkte, die durch die Einwirkung der Wärme entstehen, größer. Gerade diese Gase sind es, die mit Leichtigkeit brennen, so daß die Verbrennung rasch fortschreitet und da der Wasserstoff drei Mal so viel Sauerstoff bindet als der Kohlenstoff, so muß auch mehr Wärme entwickelt werden. Ueberall da, wo sich diese gasförmigen Verbindungen bilden, geschieht die Verbrennung mit Flamme, wo ersteres nicht der Fall ist, wie z. B. bei der Kohle und der Koaks, beobachten wir nur ein Glühen. Die Kohle für sich ist nicht flüchtig und daher fehlt die Flamme, freilich nie ganz, weil die Kohle nie reiner Kohlenstoff ist, sondern auch noch geringere Mengen von Wasserstoff enthält. Noch aus einem anderen Grunde sehen wir beim Verbrennen von Kohle eine Flamme auftreten und zwar von blauer Farbe, die man im alltäglichen Leben fälschlich einem Gehalt von Schwefel zuschreibt, während in der Holzkohle keine Spur von Schwefel enthalten ist. Der Grund ist hier ein ganz anderer. Tritt nämlich bei Kohlenfeuerung die Luft von unten herzu, so verbrennt hier die Kohle zu Kohlensäure; diese, ein Gas, steigt durch den Haufen der glühenden Kohlen hindurch, nimmt auf diesem Wege eben so viel Kohle auf, als sie schon enthält und wird dadurch zu Kohlenoxyd. Während die Kohlensäure weder die Verbrennung zu unterhalten im Stande ist, noch selbst brennt, ist das Kohlenoxyd ein brennbares Gas. Tritt letztere daher an der Oberfläche der glühenden Kohlen mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung, so entzündet es sich und verbrennt mit blauer Flamme, die allerdings große Aehnlichkeit mit der des Schwefels hat, zu Kohlensäure.

Die Verbrennung des Sauerstoffes in der Luft durch den Sauerstoff, der die Einwirkung des erstern mäßigt, nöthigt uns [136] dafür zu sorgen, daß das Brennmaterial der Luft möglichst viele Berührungspunkte darbietet. Darum spalten wir das Holz, geben dem Torf und der erdigen Braunkohle eine bestimmte Form und zerkleinern die großen Steinkohlenstücken, um so die Verbrennung zu beschleunigen. Diese Zerkleinerung richtet sich nach dem Zweck, den wir erreichen wollen. Bei der Heizung verwenden wir größere Stücke, die sich nur langsam verzehren und so für Stunden eine hinreichende Wärme ausgeben; beim Kochen verlangen wir ein lebhaftes Feuer, und daher sind hier die Stücke kleiner. Zudem werden sie so aufgebaut, daß sie zwischen sich bedeutende leere Räume lassen, damit die Luft überall leicht hinzutreten kann. Eine gewisse Grenze dürfen wir bei der Zerkleinerung nicht überschreiten, denn sonst tritt gerade das Gegentheil ein von dem, was wir erzielen wollen. So z. B. hören Sägespähne, der Staub von Kohlen und Torf ganz auf Brennmaterialien zu sein; obgleich gerade sie am Weitesten zerkleinert sind, so bieten sie der Luft verhältnißmäßig doch nur sehr wenig Berührungspunkte dar, weil sich die einzelnen Theilchen so dicht an einander legen, daß die Luft keinen Raum zum Durchzuge findet. Daher haben auch diejenigen Steinkohlen wenig Werth, die in der Hitze zu einem feinen Pulver zerfallen. Aus dem Abfall der brennenden Steinkohlen dagegen kann man sehr werthvolle Koaks bereiten, da dieser in der Hitze zu größeren Stücken zusammen schmilzt. Desselben kann man sich auch als Bindemittel bedienen, um die Abfälle von Holz und Torf wieder zur Verbrennung geschickt zu machen dadurch, daß man mit seiner Hülfe Ziegel daraus fertigt; das Gleiche geschieht durch einen Zusatz von Thon, der in Wasser aufgeweicht wird. Bei erdigen Braunkohlen, die an sich schon thonige Bestandtheile enthalten, genügt einfach ein Zusatz von Wasser.

Die Betrachtungen über die Verbrennung führen uns zu der Erkenntniß, daß es für den Käufer von Brennstoffen besser wäre, wenn der Verkauf dem Gewichte nach, und nicht, wie es jetzt allgemein üblich, dem Maaße nach geschähe. Im ersteren Falle wäre er sicher, jedes Mal für sein Geld dieselbe Masse zu erhalten. Das Maaß ist zwar auch stets gleich, aber nicht die Masse, die darin enthalten ist; je nach der Form der Scheite und nach der Aufpackung derselben können hier, wegen der leeren Zwischenräume[WS 1], deren Betrag sehr veränderlich ist, sehr bedeutende Differenzen vorkommen. Ueberhaupt kauft man hier mehr oder weniger stets, wie man zu sagen pflegt, „die Katze im Sack.“ Beim Holz allerdings findet, wenn man von dem Wassergehalt absieht, in den Bestandtheilen nur ein geringes Schwanken statt, um so größer ist dies aber beim Torf, den Braun- und Steinkohlen. Von einer chemischen Analyse, die Aufschluß gäbe über den Werth der letzteren, ist selten die Rede; ja die Verkäufer scheinen diese zu fürchten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Zwischeräume