Die königliche Erzgießerei in München
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In einer stillen, abgelegenen Ecke der Umgebung Münchens, unweit der Nymphenburger Straße, erhebt sich, aus der Mitte eines geschlossenen Hofraums, ein großes, massives, aber unscheinbares Gebäude, an dem einige schlechte Schuppen kleben. Schlacken- und Kohlenhaufen liegen umher zwischen Schutt von verfallenen Oefen und Haufen von Sand, Bausteinen, Mörtel und Scherben; gebrauchte, zerbrochene Formen aus Holz, Thon und Gyps lehnen an Wänden und in Winkeln, und die mancherlei Geräthe und Materialien und Werkzeuge zum Formen und Gießen, das rußige Aussehen der Mauern, Fenster und Thüren des Gebäudes, die langen, hagern, geschwärzten Kerle, die ab- und zugehen, oder Materialien, Erz, Gußtheile hin- und herkarren, die dicken, schweren Rauchwolken, welche
[83] unter Funkensprühen aus den Essen wirbeln und durch jede Dachluke das Freie suchen, das unheimliche Prasseln und Poltern im Innern des Hauses, der Feuerschein in jedem Fenster, – alles Dies läßt die Bestimmung des Gebäudes sogleich beim Eintritt in den Hof errathen. Metallene Kanonenläufe, die, theils ganz, theils zersägt, aufgeschichtet daliegen, und einzelne, unter Schuppen gelagerte, unvollendete, öfters kolossale Gußstücke, an welchen die Ciselirer hämmern und meißeln, feilen und raspeln, – entfernen auch den letzten Zweifel, daß man sich in der Erzgießerei befinde, in jener berühmten Anstalt, welche, was Vollkommenheit und Größe der Einrichtung und Meisterschaft in der Technik angeht, in der Welt ihres Gleichen nicht findet. Der Gedanke ist ergreifend und erhebend, daß man an der Stätte stehe, wo ein großer Theil jener bewunderten Denkmäler entstanden ist, welche die wahre oder lügnerische Größe von Menschen, Thaten und Reichen verherrlichen; Werke, welche Städte, Tempel und Paläste in allen Welttheilen schmücken, und wenn sie auch manche der Gefeierten in den Büchern der Geschichte nicht zu Ehren bringen können, doch von der Höhe und Trefflichkeit deutscher Kunst und Künstler dauerndes Zeugniß geben.
Die Erzgießerei ist unter die nützlichsten und gelungensten Anstalten zu zählen, welche König Ludwig I. in München dem Dienste der Kunst errichtete. Nachdem sie die nächstliegenden Zwecke erfüllt und Ludwigs großen Kunstschöpfungen den werthvollsten, bleibendsten Schmuck verliehen hatte, öffnete er, eingedenk, daß die Kunst der Welt gehöre, der Welt die Ateliers der Gießerei zur Benutzung, und seitdem hat die Anstalt ihr Wirken immer weiter ausgedehnt. Eine Menge der größten und herrlichsten Kunstwerke würde ohne sie gar nicht vorhanden seyn, oder doch nicht in der Vollkommenheit, in welcher sie aus einem Atelier hervorgegangen sind, das alle geistigen und technischen Mittel zu den höchsten Leistungen unter seinem Dache vereinigt. Keine Erzgießerei in der Welt ist, wie die Münchener, mit so vollkommenen Einrichtungen für kolossale Güsse versehen, und keine gebietet über solche künstlerische Kräfte und Erfahrungen. Stücke von 40,000 Pfund Gewicht können in einem Guß hergestellt werden. Der berühmte Erzgießer Stiglmayer hat die Ehre, der erste Einrichter und Vorstand dieser Anstalt zu seyn, und ihm verdankt die Gießkunst eine Menge der wichtigsten Verbesserungen. Stiglmayer starb im Jahre 1844 und fand in seinem Neffen und Schüler, dem jetzigen Inspektor Miller, einen würdigen Nachfolger. Miller ist der rechtmäßige Erbe von seines Onkels Ruhm. Er hat namentlich den Erzguß der größten Statuen zu einem Grade der Vollkommenheit gebracht, welche vor ihm unmöglich schien. Ich kenne nur einen deutschen Meister, welcher neben ihm genannt werden darf: der nürnberger Burgschmied.
Der Künstler, dessen Griffel wir die Zeichnung zu unserm Stich verdanken, hatte bei der Aufnahme den glücklichen Moment getroffen, wo, nach gelungenem Guß des Haupttheils der kolossalen Bavaria, das Künstlerpersonal vor der Gießhütte auf Gerüsten beschäftigt war, das Gießstück zu reinigen und früher gegossenen Theilen anzupassen. [84] Er machte die lebensvolle Scene zur charakteristischen Staffage seines Bildes, und aus dem Munde eines der am Torso beschäftigten Künstlers erfuhr er über die Herstellung des Wunderwerks Folgendes.
Schwanthaler hatte ein Modell der Statue 1840 in dreifacher Lebensgröße vollendet. Der König kam, sah und war begeistert von seiner Schönheit. „Es soll Sie unsterblich machen“ – sagte er zum Meister, „wie die Pallas Athenä den Phidias“. – Und er verfügte, daß die Ausführung in Erz in derselben Größe geschehe, wie die jenes Kunstwunders der alten Welt.
Dem königlichen Wort folgte die That auf dem Fuße. Bei der Erzgießerei wurde ein 120 Fuß hoher Thurm aus Gebälk mit Breterverschlag errichtet und als Modellhaus ausgestattet mit Gerüsten, Gängen und Zugwerk. Man mauerte zum Postamente der Riesengestalt einen 10 Fuß hohen Sockel auf, 6000 Pfund Eisenstangen mit Schrauben und Muttern wurden zur innern Steifung, gleichsam zum Knochengerüst, zurecht gelegt, Thonmassen angefahren, hunderte von Gypsfässern herbeigeholt und aufgeschichtet. Aus dem Thon entstand unter der beständigen Aufsicht des Meisters zuerst die Gußhülse – die Masse der Gestalt – noch selbst gestaltlos. Darüber breiteten sich fußdicke Lagen, und nach und nach traten die Formen schwach und roh hervor. Bei dieser Arbeit vergingen mehre Monate. Weitere 6 Wochen kostete dem Meister das Studium der Gewandung. Ungeheuere Flächen und Laken aus gefeuchtetem Segeltuch hingen von den obern Gebälken des Modellhauses herab, und tagelang saß dort Schwanthaler, befehlend und korrigirend, auf einem Lehnstuhle, während seine Jünger den massenhaften Faltenwurf zurechtlegten. Nun erst folgte das eigentliche Formen der Reckin und ihres Beiwerks. Es dauerte vier Jahre, 1840–1844; denn in den Wintermonaten, in welchen man mit dem feuchten Material nicht arbeiten konnte, mußte das Formen ausgesetzt werden. Im Herbste 1841 wurde der Eichenkranz, den die Bavaria mit der linken Hand 9 Fuß über ihrem Haupte erhebt, fertig – das Urmodell selbst war vollendet. Das nächste Jahr verging in der Herstellung des Hülsengusses um das Modell für die einzelnen Stücke zum Bronzeguß: – lauter Arbeiten, bei denen viele, oft unüberwindlich scheinende Schwierigkeiten zu besiegen waren. Und immer mit und unter seinen Schülern war Schwanthaler selbst dabei anzutreffen, immer selbstthätig, dort leitend, da nachhelfend, hier ändernd, da bessernd; denn nur seine begeisterte Phantasie vermochte das Urbild vor seinem innern Auge, durch alle Einzelbildungen der Theile so fest zu halten, daß seinem Blicke keine Abweichung entgehen konnte.
Als nun endlich das Thonbild, das zuerst nakt modellirt worden war, von dem eisernen Knochengerüste im Innern fest zusammengehalten, als Gewandstatue fertig da stand, und, gleich einem Marmorbilde, auf das Genaueste überarbeitet worden war, begann man die äußere Gypsschale auf dasselbe aufzutragen. Nach Erstarrung dieser Form, wurde sie in Stücken abgenommen, und der Thon aus dem Innern entfernt. Währenddem wurde ein Gypskern von kleinerer Dimension innerhalb einer Breterverschalung gegossen, und um diesen wurden jene hohlen Formstücke von unten aufgebaut und zusammengefügt. Als dieses geschehen, und die Gypsform von [85] Außen gehörig gesteift und befestigt war, schritt man zum Ausguß des Raums zwischen der Gypsform und dem Kern, und nach Abnahme der Stückformen erhielt man so das erste vollendete Gypsbild der Statue zum Fertigmachen.
Es war im Herbst 1842. Jetzt handelte es sich um das Schwierigste, nämlich die letzte Ueberarbeitung des wegen der ungeheuern Dimensionen gar schwer zu übersehenden Ganzen, auf daß die Schönheiten der einzelnen Gliederformen in harmonischen Einklang gebracht würden zu einer einheitlichen, lebensvollen und plastischen Frauengestalt.
Das war nur möglich durch Anschauung und Studium in wohlbemessener Ferne. Es waren aber gar kalte stürmische Novembertage, in denen der schon kränkelnde Meister an diese mühselige, geistmarternde, – und doch für den Erfolg des so großen und gewagten Unternehmens entscheidende Arbeit geben mußte; denn Stiglmayer, der Erzgießer, hatte seine nicht minder kolossalen Vorarbeiten im Gießhause fast vollendet: er drängte und der König drängte mit. Der Breterverschlag wurde von den Seiten des Modellhauses abgenommen und durch eine weite, zeltartige Umhüllung von Segeltuch ersetzt. Zum Erstenmale erblickte des Meisters leibliches Auge die Bavaria frei, wie sie sein inneres Auge geschaut hatte. Er ward dadurch so ergriffen und aufgeregt, daß ihn ein Fieber packte und mehre Tage zu Hause gefangen hielt. Fortan war für ihn kein Rasten und Bleiben mehr. Stiglmayer erkrankte tödtlich, und Schwanthaler fühlte, daß seine eignen Tage gezählt seyen. Der Gedanke an die Möglichkeit, daß er sich von dem Werke seines ewigen Ruhms werde trennen müssen, ehe er ihm die letzte künstlerische Vollendung gegeben, quälte seine Seele beständig. Schwanthaler war Vor- und Nachmittag, selbst im schlechtesten Wetter, auf dem Platze, und wenn ihm sein fortschreitendes Siechthum das Gehen versagte, so ließ er sich hinaus fahren oder tragen. Da sah man ihn, in der Ecke seines Wagens sitzend, in Pelz und Decken gehüllt, um die Statue fahren, mit gewandtem Blicke wiegend und messend, während auf den Gerüsten die Gehülfen und Schüler seinen Winken und Worten lauschten, um darnach zu ändern und zu bessern. Wenn es nicht nach seinem Wunsche ging, da geschah es wohl manchmal, daß er, seine Kränklichkeit vergessend, ärgerlich aus dem Wagen sprang, und die Gänge und Gerüste im Flugwagen ereilend, selbst noch Abänderungen und Verbesserungen beschaffte. So traf ihn einst der König, wie er mitten unter seinen Gehülfen handthierte, die, hoch oben an der Riesin wie Schwalben klebend, sie mit Hammer, Meisel und Feile bearbeiteten, hier wie in einem Gypsbruche Klumpen abschlagend, dort tiefe Furchen eingrabend, dort Massen von nassem Gypsteich zulegend – ändernd, was von unten dem Auge des Layen der Abänderung gar nicht werth erschien, ja oft keinem Sinn bemerkbar war, als dem feinen, scharfen, denkenden Auge des Meisters allein. Da rief ihn der König und er stieg herab während der Sturm heulte und ihn Schneegestöber anwehte, denn ein Theil der leichten Zeltbedachung war indeß vom Winde weggetragen worden. Unten umarmte [86] ihn der König, hing dem vom Frost geschüttelten Meister seinen Pelz um und fuhr mit ihm nach Hause, während die Geschütze vom nahen Exercierplatze der Artillerie herüberdonnerten. „Wenn das Ehrensalven sind und sie Einem von uns Beiden gelten“, sagte der König, „so gelten sie Ihnen; denn jeder Tag Ihres Schaffens ist ein Ehrentag“.
Aber der Meister siechte mehr und mehr hin, und je näher seines Werkes Vollendung, je mehr drängte es ihn, sie zu beschleunigen. Endlich hatte im Herbste 1844 das Werk von seiner Hand die Vollkommenheit erhalten, die er geben konnte – und feierlich überantwortete er es nun seinem Freunde Miller, Stiglmayers Nachfolger, zur Metamorphose in Erz. Die leichte Hülle wurde entfernt – und als ob die Schönheit kubischer Multiplikation fähig wäre unter der Hand eines solchen Meisters – so stellte sich das Modell der Bavaria den bewundernden Augen der Kennerschaar dar.
Und wie der Koloß aufgestiegen war, so wurde er nun wieder abgebrochen unter Millers Leitung und stückweise ins Gießhaus gebracht, so daß die ganze Gestalt in sieben Theile zerfiel.
Die Kunst des Erzgießers beginnt bekanntlich mit dem Formen, und von diesem Arbeitsprozeß ist das Gelingen des Gusses selbst großentheils abhängig. Deshalb verlangt er die äußerste Sorgfalt. Die Stückformen des Modells werden zuerst um einen feuerfesten Kern in der Gießgrube aufgebaut, so daß zwischen beiden ein hohler Raum übrig bleibt, der beim Guß sich mit der Erzschale ausfüllt. Die ganze Gußform wird zuletzt mit Eisenklammern und Reifen in der Gießgrube verbunden und dann durch, um und unter der Form angebrachte, Feuerung trocken gebrannt. Die geringste Feuchtigkeit, die in der Masse zurückbleiben würde, würde den Guß, die Gießer, das Gießhaus selbst verderben. Unter den fürchterlichsten Detonationen würde die Form zerplatzen und das geschmolzene, feuerflüssige Erz zerstörend und zündend nach allen Richtungen hin geschleudert werden.
Schauerlich schön ist der Gießprozeß selbst bei so schweren Stücken, we hunderte von Centnern des flüssigen Erzes aus dem Flammofen wie ein glühender, sprühender Bach der Form zuströmen. – Der Ofen glüht – das Gebläse stößt keuchend die Luftmassen in den Feuerheerd, – die Lohe steigt prasselnd und flackernd mit grünen und blauen Flammen die Esse empor; der Meister geht ab und zu und befiehlt den Schürleuten; alle andern Hände sind leblos – jede an ihren Posten. Die Gießgrube ist überdeckt mit Gebälk und Bohlen. Ueber ihr schwebt des Krahnens langer Riesenarm mit Ketten und Haken. Die Leitungskanäle aus Lehm für das flüssige Erz sind in Bereitschaft. Aus der Höhe des Gießhauses hängen die Ketten, welche die lange eiserne Stange zum Ausstoßen des Zapfens an der Ofenmündung in der Schwebe tragen, und zehn Männer haben sie gefaßt, gewärtig des Meisters Commando. Im Flammofen rollt’s und zischt’s, wie im Bauche eines Vulkans; man hört das Erzmeer wogen. Alles ist Spannung und Erwartung. Tiefer Ernst, der Gefahr sich bewußt, aber entschlossen ihr entgegenzutreten, – ruht [87] auf allen Gesichtern. Schweigen schließt jeden Mund. Der Meister prüft zum legten Male die Erzmasse mit einem langen Metallstabe – alle Hände ziehen sich krampfhaft zusammen – da fällt das Zeichen: – ein Ruck der zwanzig Hände, und in gewaltigem Schwunge stößt die schwere Eisenstange gegen den Zapfen – einmal, zweimal, dreimal und – heraus fährt der Feuerstrom mit unsaglicher Gewalt und gießt seine Wogen in weitem Bogen, leuchtend, Flammen von sich werfend, in eine Höhlung am Boden, – von der sie durch die Lehmkanäle den Oeffnungen der Gießform zufließt. Pfeifend und heulend entweicht vor dem einströmenden Erze die Luft durch die an verschiedenen Stellen angebrachten Röhren, – der Meister lauscht, in der heftigsten Spannung, auf jedes Geräusch – da tritt das geschmolzene Erz in den Gießröhren leuchtend empor: es ist das ersehnte Merkmal des Gelingens und ein freudiges „Hurrah“ erschüttert das ganze Haus. Das Werk ist gethan und es ist gerathen. – Die Dicke der Erzschale der Bavaria beträgt kaum einen halben Zoll, und doch gehörten zu den größten Gußstücken 40,000 Pfund Metall. Der ganze Koloß wiegt 1560 Centner. Bei der Bavaria mußte sich die eben beschriebene Gußoperation nicht weniger als siebenmal wiederholen – denn in sieben Stücken wurde sie gegossen. Als die schwierigste Parthie erwies sich die Herstellung des Bruststücks. Es handelte sich nämlich um die Verschmelzung von etwa 400 Centner Erz mit einem Male, d. h. um 100 Centner mehr, als je vorher der Flammofen eingenommen hatte. Schon war die Schmelzung weit vorgeschritten, da begann sie zu stocken. Es hing von dem rechtzeitigen Guß Vieles ab – nicht nur ein Werth von vielen Tausenden, auch eine Monate lange Arbeit stand auf den Spiele. Vergeblich waren alle sonst wirksamen Hülfen des erfahrenen Meisters; die äußere Atmosphäre, bei der drückendsten Sonnenschwüle, war dem Prozeß so entschieden hinderlich, daß nach 36stündigen Versuchen, das Erz in vollen Guß zu bringen, die Gehülfen den Muth sinken ließen und die Sache für verloren ansahen. Nur der Meister verlor den Kopf nicht. Seit 4 Tagen und Nächten war er nicht aus den Kleidern gekommen; – seine Körperkräfte waren ganz erschöpft, er befahl: „Gebt beständig Kohlen auf, so viel als nur der Ofen fassen kann, und feuert so fort, bis ich erwache“. Und er schlich in sein Kämmerlein, sank auf’s Bett und schlief ein. Seine Gattin war in den letzten 24 Stunden nicht von seiner Seite gewichen; sie theilte seine Aengsten und Sorgen; sie wachte auch jetzt an seinem Lager. Da hört sie Feuerruf – „die Gießerei brennt!“ meldet ein Arbeiter in Bestürzung. Die allzugroße Feuerung hatte das Balkenwerk des Dachstuhls entzündet. Miller springt auf. „Um Gottes willen nur kein Tropfen Wasser!“ schreit er, ergreift einen Arm voll angefeuchtete Tücher, klettert in den brennenden Dachstuhl – umschlingt die Balken mit den nassen Tüchern – die Arbeiter thun das Nämliche, – und während die Hälfte des Personals fortfährt, auf diese Art dem Brande Einhalt zu thun – untersucht er die Erzmasse im Ofen. Er findet sie gar und gut. Galt’s vorher die höchste Geistesgegenwart, so galt’s jetzt das kälteste Blut. Eine einzige Hand voll Wasser aus zu feuchten Tüchern zufällig in den Ofen träufelnd hätte unfehlbar die Zerstörung [88] des Hauses und den Tod der Menschen drinnen durch Explosion zur Folge gehabt. Während die Arbeiter oben fort und fort um das brennende Gebälk angefeuchtete Tücher schlugen, traf der Meister besonnen und ruhig die Anstalten, um mit der andern Hälfte des Personals den schwersten aller Güsse zu Stande zu bringen. Seine Anordnungen sind geschehen, jeder harrt des Zeichens – da schlägt die Thurmglocke die Mitternachtsstunde, und als der zwölfte Schlag verklungen ist, ruft der Meister mit feierlicher Stimme:
„Stoßt den Zapfen aus!
Gott bewahr das Haus!“
Und –
„Kochend in des Henkels Bogen
Schießt’s mit feuerrothen Wogen“.
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In die Erd’ ist’s aufgenommen,
Glücklich ist die Form gefüllt;
Wird’s auch schön zu Tage kommen,
Daß es Fleiß und Kunst vergilt?
Wenn der Guß mißlang?
Wenn die Form zersprang?
Aber gelungen war der schwere Guß in wunderbarer Vollkommenheit, wie keiner der frühern, und der Meister konnte mit froher Zuversicht seinen Gesellen zurufen:
„Nun zerbrecht mir das Gebäude,
Seine Absicht hat’s erfüllt,
Daß sich Herz und Auge weide,
An dem wohlgelung’nen Bild.
Schwingt den Hammer, schwingt,
Bis der Mantel springt!
Wenn das Bild soll auferstehn,
Muß die Form in Stücken gehen“.