Dresdner Bürgersoldaten

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Autor: Georg Beutel
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Titel: Dresdner Bürgersoldaten des 19. Jahrhunderts
Untertitel: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens, Heft 30
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Erscheinungsdatum: 1926
Verlag: Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens
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Erscheinungsort: Dresden
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[I]
Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens

30. Heft



Dresdner
Bürgersoldaten
des 19. Jahrhunderts
Von Dr. Georg Beutel



Dresden 1926

Des Vereins für Geschichte Dresdens
[1]
Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens

30. Heft



Dresdner Bürgersoldaten
des 19. Jahrhunderts
Von Dr. Georg Beutel



Dresden 1926

Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens

[2]

[3]
Inhalt

1. Wehrhaftes Bürgertum

Einleitung S. 5. Mittelalterlicher Kriegsdienst S. 6. Stadtgarde S. 6. Defensioner S. 6. Nationalgarde S. 7. Kommunalgarde S. 7.

2. Die Nationalgarde

Entstehung S. 9. Widerstände gegen militärische Aufmachung S. 11. Einrichtung 14. Aushebung S. 15. Vereidigung S. 15. Ausrüstung S. 16. Mittelbeschaffung S. 16. Kommission S. 17. Dienstreglement S. 19. Exerzierreglement S. 20. Widerspenstigkeiten S. 21. Dienstverrichtung S. 22. Scheibenschützenkompanie S. 22. Kriegszeit S. 23. Erneute Widerstände S. 24. Dienstverrichtung S. 27. Offizierskorps S. 27. O welche Lust, Soldat zu sein! S. 28.

3. Die Kommunalgarde

Entstehung S. 30. Septemberunruhen S. 30. Vertrauen erregt wieder Vertrauen S. 34. Neue Unruhen S. 34. Ausbau der Einrichtung S. 35. Auflösung der Nationalgarde S. 36. Dienstvorschrift und Disziplinarregulativ S. 38. Einteilung und Führung S. 39. Kommandant S. 41. Aprilunruhen S.42. Säuberung und Umgestaltung S.44. Kommunalgardenausschuß S. 46. Geachtete Stellung S. 47. Schwierigkeiten des Mannschaftsersatzes 48. Herabsetzung der Altersgrenze S. 51. Umgestaltung S. 52. Dienstpflichtbefreiungen S. 52. Kostenaufwand S. 53. Bewaffnung S. 54. Exerzier- und Schießübungen S. 55. Heerschau S. 57. Unruhen 1842 S. 58. Verfallserscheinungen S. 58. Ordnungsdienst S. 59. Gepränge, Soldatenspielerei und Geselligkeit S. 60. Uniform S. 62. Offizierskorps S. 63.

4. Stürmische Zeiten

1848 Unruhen S. 66. Milizbestrebungen S. 67. Neues Kommunalgardengesetz S. 68. Freikorps S.69. Kommandantenwahl S.69. Demokratische Regungen S. 70. 1849 Aufruhrstimmung S. 70. Kommunalgardenversammlungen S. 71. Untersagte Parade S. 72. Maiaufstand S. 72. Anteil der Kommunalgarde am Schutz der Ordnung S. 74. Zwiespältigkeit und Unentschiedenheit S. 76. Führerlosigkeit S. 77. Allmähliches Verschwinden der Kommunalgarde S. 79. Ihr Anteil am Aufstand S. 80. Neubelebungsversuche und Auflösung S. 81.

Nachtrag S. 85.
Bilderverzeichnis S. 4.
Quellennachweis S. 85.
Register S. 86.

[4]
Bilderverzeichnis


1. „Dresdner Bürger-Gendarmerie in Parade 1809“
(Farb. Tuschzeichnung). Links im Vordergrund: Hoffaktor Scheffel
vor S. 9
2. „Offiziere der National-Bürgergarde zu Dresden 1809“ (auf der Seetorbrücke)
(Farb. Tuschzeichnung). Von links nach rechts: Zocher, Koch, Redslag, Vosterland, Müller, Schöne, Richter
vor S. 25
3. „Wache der Communalgarde am Dresdner Stadthause“
(Lutherer del., Resch lith., Steindruck von C. Pohl)
vor S. 33
4. „Wacht-Posten der Dresdner Communal-Garde, 6. Compagnie“
(vor den alten Kaufhallen). (Federzeichnung)
vor S. 35
5. „Bivouac der 18. Communal-Garden-Compagnie vor dem Bautzner Thore am 10. Sept. 1830“
(Nach d. Nat. aufgen. u. gez. v. Franz Borkmann u.lith. v. Arldt. Steindr. v. J. H. G Rau)
vor S. 37
6. „Heinrich Adolph v. Gablenz, Commandant der National- u. Communalgarden“ (Baron Leyser lith.) vor S. 45
7. „Johann Herzog zu Sachsen, Chef der Communal-Garden des ganzen Landes“
(Skizz. v. C. Roesler, lith. v. Baisch, gedr. b. C. C. Meinhold u. Söhne)
vor S. 47
8. „Revue Sr. Kgl. Hoh. des Prinzen Johann über die Dresdner Communal-Garde am 26. Sept. 1830“
(Lith. v. F. A. Frenzel, Steindruck v. J. H. G. Rau). *Der Trompeter ist Theaterdirektor Magnus
vor S. 49
9. „Dankfeier auf dem Altmarkt am 31. Oct. 1830 aus Anlaß der Wiederherstellung der Ruhe und der Einführung der Communrepräsentanten“
(Farb. Lith.). 1. Buchhändler Arnold, 2. Oberst Krug v. Nidda, 3. General v. Gablenz, 4. General Bevilaqua, 5. Prinz Friedrich August, 6. General v. Schreibershofen, 7. Prinz Johann, 8. Obersteuerprokurator Eisenstuck, 9. Sup. D. Seltenreich, 10. Stadtprediger Güldemann
vor S. 53
10. „300jährige Jubelfeier der Einführung der Reformation in Sachsen im J. 1839“
(Ölfarbendruck d. Lith. Anst. v. W. G. Baisch, Stuttgart)
vor S. 57
11. „Friedrich Bevilaqua, K. S. Generalleutnant und Commandant der Communalgarde zu Dresden“
(Gez. v. L. v. Schirnding, Hauptmann, nach d. Medaille v. F. König. Lith. v. Grünewald)
vor S. 61
12. Oberleutnant Alexander Liscow, Bataillonskommandant (Ölbild) vor S. 65
13. „Der Schloßplatz in Dresden den 15. März 1848“
(Gez. W. Laue 48. Lith. u. Druck v. Ludwig Schmidt)
vor S. 69
14. „Wachtstube der Dresdner Bürgerwehr“
(Gez. u. lith. v. C. Steckmest 1849. Verlag v. A. Ellezinguer). 1. Gerichtsdirektor Böhme, 2. Kommandant Lenz, 3. Liscow, 4. Advokat Heinz
vor S. 73
15. Oberstleutn. a. D. Alexander Clarus Heinze, Oberbefehlshaber des Aufstands
(In Öl gemalt 1850 während seiner Untersuchungshaft im Neustädter Rathause von Otto Rietschel)
vor S. 77
16. „Dresdens Barrikadenkämpfer“
(Verlag von Ludwig Schmidt). 1. Dresdner Turnerkorps, 4. Dresdner reitender Kommunalgardist, 5. Dresdner Kommunalgardist, 7. Dresdner Scharfschütze
vor S. 81
17. Barrikadenkampf im Mai 1849
(Ölgemälde von Julius Scholtz)
vor S. 85
Die Bilder sind alle dem Stadtmuseum entnommen. Wiedergabe durch die Kunstanstalt von
Werner & Ziller, Dresden.

[5]

1. Wehrhaftes Bürgertum

Selbsterlebtes aus jüngster Zeit brachte uns heutigen Menschen die beinah schon vergessene Kommunalgarde wieder nahe. Ihre ernste Bedeutung wurde uns lebhaft gegenwärtig, als wir die Einwohnerwehr erstehen sahen oder selbst in ihren Reihen standen. Denn diese allerdings nur kurzlebige Erscheinung knüpfte unmittelbar an die alte Kommunalgarde an.

Bis zu diesem eigenen Erleben aber rief schon das Wort Kommunalgarde bei uns ein Lächeln auf die Lippen. Sein Klang weckte Vorstellungen, wie sie uns das Lied vom Krähwinkler Landsturm oder die Militärscherze unter dem Stichwort „Aus der guten alten Zeit“ in den Fliegenden Blättern vermittelten. Auch deckte sich mit dem Bilde, das uns bis dahin von der Kommunalgarde als wesentliches vorschwebte, der übermütige Ulkvers, den ein Leipziger Student in unfreiwilliger Muße an die Wand des Karzers schrieb:

Seh' ich Blutwurst, denk' ich schaudernd
An vergossenes Blut!
Seh' ich Kommunalgardisten,
Wird mir wieder gut!

Und zweifellos sind die in diesen Vorstellungen enthaltenen Züge auch ein Teil des wirklichen Seins der Kommunalgarde, so wie sie sich entwickelt hat, gewesen. Aber nur ein Teil! Und dieser Teil ihres Lebens, hart ausgedrückt: das Lächerliche, ist in der Erinnerung der Nachwelt lebendig geblieben, während das Ernste und Gute vergessen ist. Der Grund für diese Erscheinung ist darin zu suchen, daß das Gute am Anfang ihrer Laufbahn liegt, während sie am Schluß einer [6] übergroßen Aufgabe völlig erlag. So wurde sie, je ferner sie rückte, um so dichter und üppiger vom Rankenwerk der Lächerlichkeit umzogen. Aber in ihrem Ursprunge war sie eine durchaus ernste und allgemein als trefflich empfundene Sache, in Zeit der Not aus Begeisterung geboren und mit Begeisterung begrüßt.

Sie ist – und das schon ist bedeutsam an ihr – die letzte Erscheinungsform, das letzte Aufleben der alten Wehrhaftigkeit des Bürgertums, die im Mittelalter ihre Blüte erlebte. Ein kurzer Überblick über die Formen dieser Wehrhaftigkeit, wie sie in Dresden aufeinanderfolgten, ist hier am Platze. Im Mittelalter waren alle Bürger der Stadt waffenpflichtig. Und zwar hatte dieser Waffendienst zwei Hauptseiten: er war Kriegs- und Verteidigungsdienst, Wach- und Ordnungsdienst. Zur Verteidigung der Stadt bot sich selten Gelegenheit. Der eigentliche Kriegsdienst der Bürgerschaft, die Teilnahme an den Kriegszügen des Landesherrn, spielte im Mittelalter eine ansehnliche Rolle und hörte erst auf, seitdem Kurfürst Moritz ausschließlich Landsknechte gebrauchte. Seitdem verfiel auch die Waffentüchtigkeit der Bürger. Der Wachdienst, den die Bürgerschaft immer nur zur Unterstützung besoldeter Wächter ausübte, wurde 1587 vollständig einer besoldeten Stadtgarde übertragen, die aber in unruhigen Zeiten doch durch bewaffnete Bürger verstärkt werden mußte. Den Ordnungsdienst übte die Bürgerschaft bei Festen, Jahrmärkten, Feuersbrünsten aus. Den bürgerlichen Kriegs- und Verteidigungsdienst suchte Christian II. 1613 über das ganze Land hin im Defensionswesen zu neuem Leben zu erwecken. Die Dresdner Defensioner, die aber nur im rechtselbischen Dresden und in den Vorstädten ausgehoben wurden, bildeten nachher die Besatzung der Festung. Nach Aufhebung des nicht bewährten Defensionswesens im Jahre 1708 wurde die Defensionerbesatzung in Dresden durch eine dauernde Garnison ersetzt. Nur wenn die Garnison zu Übungen oder ins Feld ausgerückt war, mußte die Bürgerschaft noch den Wachdienst versorgen. Zur Zeit der Napoleonischen Kriege traten solche Fälle oft und anhaltend ein. An eine freiwillig gebildete Gemeinschaft zum Wach- und Ordnungsdienst anknüpfend, errichtete die Regierung 1809 die „Nationalbürgergarde“, die sie außerdem auch für den Verteidigungsdienst bestimmte. Von dieser der Zahl nach beschränkten Bürgertruppe kam man bei den [7] Septemberunruhen von 1830, in denen sie noch dazu ganz versagte, auf die allgemeine Bewaffnung der Bürgerschaft zurück und begründete so die Kommunalgarde, in der die Nationalgarde mit aufging.

Die Nationalgarde ist – nach den Defensionern – der letzte, aber auch schon sehr abgeschwächte Versuch, die alte Kriegsdienstverpflichtung der Bürgerschaft wenigstens in der Form der Stadtverteidigung neu zu beleben. Der Versuch mißlang. In der Kommunalgarde lebte nur noch der Ordnungs- und Wachdienst der alten wehrfähigen Bürgerschaft fort. Aber auch das scheiterte und damit jeder Versuch, die alte Wehrhaftigkeit des Bürgertums irgendwie auf die Beine zu bringen. Diese Wehrhaftigkeit konnte bei der mit der neuzeitlichen Kultur zunehmenden Verzweigung und Kraftverbrauchung des bürgerlichen Berufslebens und gegenüber der fortschreitenden Entwicklung der stehenden Heere nicht selbständig weiterleben; nur mittelbar in der Schule des stehenden Heeres durch die allgemeine Wehrpflicht konnte sie erhalten bleiben. – Aus der Verschiedenheit der Zweckbestimmung ergab sich als Unterschied zwischen Nationalgarde und Kommunalgarde auch der, daß jene noch einen militärischen Zuschnitt hatte; die Nationalgarde war unter den Bürgerbewaffnungen eine Truppe nach Art der alten, auf Werbung aufgebauten Berufsheere, die Kommunalgarde ein Milizheer mit allgemeiner Wehrpflicht. Bei der Begründung der Nationalgarde und der Kommunalgarde waren aber außer dem alten Gedanken der bürgerlichen Waffenverpflichtung auch noch neuzeitliche Gedanken mit wirksam. Bei der Nationalgarde schwebte offensichtlich, wie schon die Namengebung zeigt, die französische Nationalgarde vor, die aus einer republikanischen Miliz später, während der Revolutionskriege und unter Napoleon, eine hauptsächlich der Landesverteidigung dienende Hilfstruppe des stehenden Heeres geworden war. Diese Entlastung des stehenden Heeres von der Verteidigung war ja eben auch bei der Errichtung unserer Nationalgarde mit beabsichtigt. Der Gedanke der Kommunalgarde endlich war stark mit den freiheitlichen Begriffen der Zeit durchsetzt. Sie war ein Glied in der großen Kette der freisinnigen Zugeständnisse der Regierung an das Volk. Wie man das Volk auf allen Gebieten zur Mitwirkung an Regierung und Verwaltung heranzog, indem man eine Verfassung gab, eine Städteordnung erließ, der Stadt die Polizei übertrug, so legte man [8] auch die Erhaltung der Ordnung, den Schutz des Eigentums in die Hände des Bürgertums selbst. Nur konnte man freilich das Bürgertum nicht – und dieses auch nicht sich selbst – vor dem Eindringen staatsauflösender neuer Schwarmgedanken schützen: denn eben dies Bürgertum war ja der stets bereite und fruchtbare Boden für alle Zeitgedanken. Und so mußte es kommen, daß in den Maitagen von 1849 das bewaffnete Bürgertum, selbst von widerstreitenden Gedanken zerrissen, sich als stumpfe Waffe erwies und keinerlei Schutz für die bedrohte Ordnung bot; daß also der Sinnspruch, womit der kommunalgardenfreundliche Verfasser eines Buches über die sächsischen Kommunalgarden, H. C. F. von Nostitz, den Buchtitel schmückte: „Bürgerbewaffnung ist die unfehlbarste, unter allen Umständen zuverlässigste Stütze von Ordnung und Recht im Staate“, unter gefahrvollen Umständen auf ernste Probe gestellt, elend zuschanden wurde. [Ξ]

Tafel 1 (zu Seite 29): Scheffel (vgl. Bilderverzeichnis)
Dresdner Bürger-Gendarmerie in Parade 1809

[9]

2.
.
Die Nationalgarde


Als am 16. April 1809, zu Beginn des österreichischen Feldzugs, zugleich mit dem König, der nach Frankfurt ging, auch sämtliche Truppen die Stadt verließen, wurden die Wachen in der inneren Stadt, an den Toren und Schlägen von den Bürgern besetzt. Da der besatzungslose Zustand in diesem Kriegsjahr mit kurzen Unterbrechungen länger anhielt, bildeten sich in der Bürgerschaft zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung besondere uniformierte Korps. Zuerst wurde eine berittene Bürgergendarmerie unter Anführung des Hoffaktors Scheffel gebildet: schon am 18. April stellte der Rat für sie Instruktionspunkte zur Ausführung nächtlicher Streifen in und vor der Stadt auf. Am 23. trat die Kaufmannschaft mit den Chirurgen und mit den Gold- und Silberarbeitern zu einem Korps zusammen, das blaue Fräcke, weiße Weste und graue Hosen trug. Ein am selben Tag erschienenes "Wachtlied, Dresdens Bürgern gewidmet" widerhallt von der Begeisterung für die neue selbst übernommene Aufgabe, es schließt waffenklirrend:

"Jetzt frisch, Kameraden, mit Männerhand
Die Säbel in Lüfte geschwungen!
Es lebe der König, das Vaterland!
Bald sei uns der Friede errungen!
Und möge der Bürgerschaft muth'ger Verein
Sich immer der Kraft und der Eintracht erfreun!"

Am 21. Mai stellte die Bogenschützengesellschaft ein ähnlich uniformiertes Korps auf. Beide Korps schlossen sich am 26. Mai unter dem Namen "Bürgergarde" zu einem Korps in zwei Divisionen zusammen, dem als Kapitän der Ratsabgeordnete Senator Brannaschk vorstand. [10] Die beiden Divisionen, zusammen rund 240 Mann stark, bezogen am Pfingstsonntag unter militärischer Musik die Wachtparade. Die Scheibenschützenkompanie hatte schon seit der Jenaer Schlacht im Bedarfsfall ähnliche Dienste geleistet und stellte sich auch jetzt sofort wieder zur Verfügung. Also ein schöner Eifer, den Schutz des gemeinen Wohls in unruhiger Zeit selbst auf sich zu nehmen, regte sich kräftig in weiten Kreisen der Bürgerschaft. Doch suchten diese Schützer der Ordnung die freiwillig übernommene Pflicht auch sofort genau zu umgrenzen. In ihrem Anerbieten vom 7. Mai an den Rat betonten die Bogenschützen ausdrücklich, daß sie ihr Korps "bloß in polizeilicher Hinsicht" formieren wollen, "solange das Militär von hiesiger Stadt abwesend", und sprachen die bestimmte Erwartung aus, bei feindlichen Überfällen – da ihr Korps "weder zur Verteidigung der Wälle noch zu Actionen außerhalb der Residenz sich qualificiret“ – mit solchen Aufträgen billig verschont zu werden. Diese Vorschläge wurden vom Rat am 9. Mai "genehmigt und zum Besten der Stadt bestens angenommen". – Als geschlossene Einheit traten diese verschiedenen Bürgerkorps am 3. August, dem Namenstag des Königs auf, den sie durch eine gemeinsame Parade auf dem Schloßhof feierten, wobei die reitende Bürgergendarmerie schon eine Standarte führte.

Am II. August kehrte König Friedrich August wieder in seine Hauptstadt zurück und hielt einen feierlichen Einzug; die Bürgergendarmerie ritt ihm bis Zitzschewig entgegen und die Bürgerkorps bildeten Doppelreihen vom Weißen Tor bis zum Schloß. Sechs Tage später fand dann vor dem König eine große Bürgerkorpsparade auf dem Schloßplatz statt. Eine der ersten Maßnahmen des Königs nach seiner Rückkehr war nun der Erlaß des Reskripts vom 15. August an den Rat über die Begründung der Bürgergarde, deren Organisation er dem Generalmajor Thielmann übertrug. Damit erkannte der König nicht bloß an, was er vorfand und was während seiner Abwesenheit aus dem zeitlichen Bedürfnis von selbst entstanden war, sondern erhob es, in Anlehnung an das französische Vorbild, zu einer planmäßigen dauernden Einrichtung, gab ihm aber auch gleichzeitig eine neue, den Urhebern gänzlich unerwartete Richtung neben der alten: denn diese Bürgergarde sollte "sowohl zur Erhaltung der Polizei als [11] auch eintretenden Falls zur Verteidigung der Stadt“ dienen. Diesen wichtigen Zusatz trägt nun auch ausdrücklich die Aufschrift des vom Rat angelegten Aktenstücks über die Errichtung einer Bürgergarde. Aber gerade gegen diese Bestimmung, die über den klaren Willen der Bürgerkorps hinausging, setzte sofort der Widerstand der betroffenen Kreise lebhaft ein. Die Bogenschützen, die anfangs mit großer Mehrheit beschlossen hatten, eine Kompanie der Nationalgarde zu bilden, wandten sich in besonderem Schreiben beschwerdeführend an den Rat. Ebenso die Handelsinnung. Jene sprechen von dem Zwiespalt zwischen zwei heiligen Pflichten: „Wir werden aufgefordert, nötigenfalls unser Leben preiszugeben, auf welches unsere Familien, unsere Gattinnen und Kinder ebenfalls gegründete Ansprüche besitzen ... Wir wissen, daß wir alle Pflichten gegen die Unseren aufgeben müssen, wenn wir auf dem äußersten Punkt dem König treu sein wollen, und er, der selbst der treueste Familienvater ist, wird diesen fürchterlichen Kampf zwischen zwei Pflichten gewiß nicht wollen.“ Sie sind von der „schrecklichsten Besorgnis" erfüllt und malen in den schwärzesten Farben aus, wie sie „bei einem Eindringen des Feindes nicht als friedliche Bürger, sondern als streitende Krieger behandelt werden würden“. Auch schon von dem der Bürgergarde zugedachten Feuergewehr wollen sie nichts wissen und bitten, sie damit zu verschonen; denn sie argwöhnen, daß es damit „lediglich auf Defension der Stadt abgesehen sein würde“. Die Handelsinnung, von dem Erfahrungssatz ausgehend, daß bewaffnete Bürger nie etwas gegen exerzierte Soldaten ausgerichtet haben, kommt weiter auf den Gesichtspunkt, daß die einzige wirksame Hilfe, die die Bürgergarden leisten können, die sei, an Stelle des abgerückten Militärs für Ordnung zu sorgen, und daß gerade die verlorengehe, wenn die Bürgertruppen mit dem Militär eins seien, also entweder mit ihm abziehen oder vom einrückenden Feind zu Gefangenen gemacht würden. Auch die Viertelsmeister, denen vom Rat gutachtliche Äußerung über die Durchführung des königlichen Reskripts aufgegeben war, sprechen sich gegen eine Militarisierung der Bürgergarde aus und bitten, sie bei ihrer bisherigen Einrichtung und Zielsetzung als einer „bloß subsidiarischen Sicherungsanstalt in polizeilicher Hinsicht“, als die sie sich auch durchaus bewährt habe, zu erhalten. Der König, der hier mehr landes- als familienväterlich dachte, ließ alle diese Gründe [12] nicht gelten, sondern verfolgte den beschrittenen Weg weiter: am 6. September kam das Dekret über die Errichtung der Nationalbürgergarde in der Residenzstadt Dresden heraus, und am 27.September wurde der Hauptmann Johann Carl Ludwig Bonniot zum Kommandeur bestellt.

Schon in dem Namen, der der französischen Einrichtung entlehnt war, lag eine halb militärische Aufmachung eingeschlossen. In dem Dekret war neben der Erhaltung der polizeilichen Ordnung als zweite Pflicht festgehalten, „nötigenfalls die Stadt gegen einen auswärtigen Feind zu verteidigen“, aber mit der Einschränkung: nicht „außer den Mauern der Stadt“. Eingeteilt wurde die neue Truppe in 8 Kompanien mit je 1 Kapitän, 1 Premier- und 2 Souslieutnants und 100 Mann Unteroffiziere und Gemeine. Die bisherigen Bürgerkorps der Scheibenschützen, Bogenschützen und Kaufleute sollten als Kompanien zusammenbleiben, und 5 Kompanien sollten neu gebildet werden. Dazu kam die Bürgergendarmerie zu Pferde unter ihrem Kapitän Hoffaktor Scheffel. Sämtliche Offiziere wurden ernannt, sie sollten im Dienst und bei Hofe den Offizieren der Armee gleichen Grades nachgeordnet sein. Dem Kommandeur ward Generalstabsoffiziersuniform zuerkannt. Als Uniform der gesamten Garde wurden dunkelblauer glatter Rock mit gelben Knöpfen, weiße Hosen und dreikrämpiger Hut mit weißer Kokarde bestimmt, als Bewaffnung Flinte, Säbel und Patronentasche. Diese durch Einfachheit sich empfehlende Uniform wurde später auch bei Errichtung von Bürgerschützenkorps im ganzen Lande zum Muster genommen. Die Offiziere trugen Epauletten wie die Linienoffiziere. Im ersten Jahr genossen auch die reitende Abteilung und die Schützenkompanie des Vorzugs der Epauletten (die letztere einer); sie mußten sich aber dann der allgemeinen Uniform anpassen, und auf ihre Beschwerde hin wurden sie von Thielmann zurechtgewiesen: „Wahrer Bürgersinn zeigt sich nicht durch eitle Rangstreitigkeiten noch durch Sucht nach äußeren Auszeichnungen.“ Zu Kompanieführern wurden ernannt der Kapitän der Schützenkompanie Viertelsmeister Hüttig, ferner die Viertelsmeister Zincke, Leonhard, Greifenhayn, Advokat Rumpel, Rechtskonsulent Dr. Siegel, Kaufmann Nöller und Gemeinderichter Börner.

Am 5. Oktober 1809 wurde nunmehr die Bürgerschaft auf dem Rathaus versammelt und fand sich sehr zahlreich ein. Nach Verlesung [13] des Dekrets aber machte sich die allgemeine Unzufriedenheit in einem lauten Getöse Luft; denn vom Militärdienst zur Verteidigung der Stadt gegen den äußeren Feind wollten sie nichts wissen. Kein Beschwichtigen und Ermahnen half. Auf die Viertelsmeister regnete es Vorwürfe, daß sie nicht ihr Bestes getan hätten; man ging mit dem Beschluß auseinander, eine unmittelbare Vorstellung an den König zu richten. Die Kaufleute und die Bogenschützen erklärten, daß sie ihr Korps bereits wieder aufgelöst hätten und auch keine besondere Kompanie wieder bilden würden. Nur wie jeder andere Bürger wollten die Bogenschützen im Notfall Wach- und Polizeidienst tun. Namentlich aber die Kaufleute suchten sich unter den verschiedensten Vorwänden von jeder Verbindlichkeit zu drücken, sogar einer angekündigten Musterung durch den König widersetzten sie sich, da viele von ihnen schon ihre Uniform und Waffen nicht mehr hätten. Als besonderes Korps zusammenzubleiben waren nur die Bürgergendarmerie und die Scheibenschützenkompanie bereit, aber auch unter Berufung auf die Bedingungen, unter denen sie sich zusammengetan; dabei verbaten sich die Scheibenschützen ausdrücklich das Kommando eines Militäroffiziers und die Verteidigung gegen den auswärtigen Feind, schon aus Rücksicht auf die Vorwürfe, die sie sonst von ihren Mitbürgern zu erwarten hätten. Da der Rat den allgemeinen Widerstand sah, geboren aus der Sorge, die ihm „den höchsten Grad einer alle Tatkraft lähmenden Furcht erreicht zu haben“ schien, so glaubte er, die Regierung vor Zwangsmitteln, die nur die Leidenschaftlichkeit schürten, warnen zu müssen, und riet, die Bestimmung der Verteidigung gegen den äußeren Feind auszusetzen. Das geschah nun allerdings nicht. Der König tat seinen Willen kund, die vier Bürgerkorps noch einmal in Parade vor sich zu sehen. Diese Parade fand am 19. Oktober auch wirklich statt. Die drei Kompanien und die reitende Abteilung marschierten mit Standarte, Fahne und Musik auf dem Altmarkt auf. General Thielmann und Hauptmann Bonniot kamen aufs Rathaus ins große Sitzungszimmer, wo auch die Bürgeroffiziere versammelt waren. Nach Verlesung der Eidesformel begab sich der General mit dem gesamten Stadtrat auf den Markt in die Mitte des von den Bürgerkorps gestellten Vierecks, stellte am Schluß seiner Ansprache den Hauptmann Bonniot, den er als Mann ihrer Wahl bezeichnete, als Kommandanten vor und [14] nahm den Offizieren in feierlicher Form den Treueid ab. Dann marschierte die gesamte Bürgergarde nach dem Schloß, am König vorüber, der auf dem Austritt an der Schloßgasse den Vorbeimarsch abnahm.

Mit dieser feierlichen Handlung war die Dresdner Nationalbürgergarde begründet. Über den Widerstand war man stillschweigend hinweggegangen. Er war, soweit er öffentlich hervortrat, schließlich doch nur ein Sturm im Wasserglas geblieben – zum Äußersten ließen es die Bürger dem unbeirrten Willen des Königs gegenüber doch nicht kommen. Ein gewisses Einlenken regierungsseits scheint allerdings auch die etwas abgeschwächte Eidesformel zu verraten. Während das Dekret schlechthin von der Verpflichtung sprach, die Stadt innerhalb der Mauern gegen einen auswärtigen Feind zu verteidigen, legte der Eid nur die Pflicht auf, zur Verteidigung „nach meinen Kräften beizutragen“. Und schließlich war man sich auf beiden Seiten bewußt, daß diese Verpflichtung im Grunde doch nicht viel mehr als ein Wort war, das kaum je im Ernstfall Bedeutung gewinnen und zur Tat werden würde. Der 1811 begonnene Abbruch der Festungswerke rückte dann die Gefahr in weite Ferne und entzog der gefürchteten Bestimmung auch in Bürgeraugen die wesentliche Schärfe.

Die weitere Einrichtung übernahm in Gemeinschaft mit Hauptmann Bonniot der Stadtrat; er setzte am 31. Oktober 1809 aus seiner Mitte eine besondere Abordnung für Nationalgardenangelegenheiten ein, bestehend aus dem Bürgermeister Hofrat Dr. Heyme, Stadtrichter Dr. Kretzschmar, Syndikus Dr. Herrmann und Senator Brannaschk. Der Hauptmann Bonniot ordnete fürs erste Anfang November eine Musterung der drei bestehenden Kompanien der Scheibenschützen, Bogenschützen und Kaufleute an, um die Diensttauglichkeit der einzelnen Leute nachzuprüfen. Die bisherigen Widersprüche und Weigerungen aus diesen Kreisen erklärte er aus dem Umstande, daß bisher niemand seine Verbindlichkeiten genau kannte, weil es noch an einer festen und unabänderlichen Bestimmung mangelte. Zur Aufstellung der fünf weiteren Kompanien beantragte er dann die Musterung der jungen Bürger etwa bis 1802 zurück. Für diese Musterungen wurde ein besonderer Arzt, Dr. Greß, angenommen und verpflichtet. Anfang Januar 1810 konnte Bonniot melden, daß nach beendigtem Musterungsgeschäft sämtliche ausgehobene Bürger unter die Kompanien [15] verteilt seien und daß nunmehr die Nationalgarde bestehe: aus der Schwadron mit 109 Mann und dem Bataillon zu Fuß mit Stab und 8 Kompanien von zusammen 869 Mann. Für die künftige Rekrutierung war durch den gleich nach Eingang des königlichen Reskripts vom 15. August gefaßten Ratsbeschluß gesorgt, daß niemandem mehr das Bürgerrecht erteilt werden solle, der nicht zur Nationalbürgergarde treten wolle.

Ganz ohne Ansehung der Person scheint das Aushebungsgeschäft nicht gehandhabt worden zu sein. Wenigstens klagt der Kommandant damals ausdrücklich, daß größtenteils nur der ärmere Teil der Bürger zur Garde genommen sei, wogegen sich allerdings der Rat verteidigt, die Aushebung sei ohne alle Ausnahme und Vergünstigung erfolgt. Auch 1828 wieder dieselbe Klage: der Kommandant schlägt eine Auswahl ganz verarmter Personen zur Ausstreichung vor. Der Rat aber weist den dabei ausgesprochenen und nur aus der Armut gefolgerten Verdacht einer möglichen Veruntreuung der Ausrüstungsstücke zurück und tritt für Beibehaltung dieser Armen bei, mit der bezeichnenden Begründung, daß man sonst „die Last des Dienstes anderen Bürgern aufbürden würde“. Auch liegen Fälle vor, wo der Rat sich für die Dienstpflichtbefreiung angesehener Personen – Buchdrucker Ramming, Bankherr Egg, Buchhändler Gottlieb Wagner – sehr nachdrücklich eingesetzt hat. Die ganze Frage der Aushebung Ärmerer war, wie die Kommandanten auch richtig sahen, von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Zuverlässigkeit der Garde in unsicheren Zeiten. Daß es tatsächlich unzuverlässige Bestandteile in der Nationalgarde gab, zeigte sich 1830.

Am 29. April 1810 vormittags marschierte nun die gesamte Garde zu Fuß und zu Pferd auf dem Altmarkt zum Fahneneid auf. Vorher wurden im großen Ratssitzungszimmer neue Offiziere verpflichtet. Dann wurden die neue Fahne für die Fußgarde und die Standarte für die Gendarmerie – beide vom König verliehen – in die Mitte der im Viereck ausgestellten Truppe getragen und feierlichst übergeben. Im Angesicht dieser Sinnbilder schwuren nun die Schwadron und die acht Kompanien durch lautes und wörtliches Nachsprechen den Eid, der auch wieder die Verteidigungsformel enthielt. Darauf legte der General Thielmann seinen Auftrag nieder und verwies die Garde [16] für die Zukunft an den Gouverneur von Dresden, General von Reitzenstein, in dessen Vertretung der Stadtkommandant General von Feilitzsch der Feierlichkeit beiwohnte. Fahne und Standarte wurden unter militärischer Musik zum Gouverneur gebracht.

So stand die Garde nun äußerlich fertig da. Es fehlte aber noch viel, daß sie auch wirklich ein gebrauchsfähiges Werkzeug war. Der wunde Punkt war die Ausrüstung. Bei der Vereidigungsfeier waren nicht viele Gardisten mit Uniform bekleidet. In dem Dekret war bestimmt, daß jeder Gardist sich mit Flinte, Säbel und Patronentasche zu versehen hätte. Die Selbstbeschaffung der Uniform war als selbstverständlich vorausgesetzt. Aber viele von den Ausgehobenen suchten um Unterstützung nach, ja manche erklärten ihren Hauptleuten rundheraus, sie könnten und würden sich keine Uniform anschaffen. Gar nicht zu reden von den Waffen. Bonniot klagte am 1. Juni dem Gouverneur seine Not: bisher konnte er nur das Offizierskorps und die Unteroffiziere in den Waffen üben, mit der gemeinen Mannschaft aber war aus Mangel an Gewehr und allem Nötigen noch gar nichts vorzunehmen. Er gab sich alle mögliche Mühe, die Sache vorwärtszubringen, aber er glaubte nicht viel Entgegenkommen beim Rat zu spüren, im Gegenteil Saumseligkeit und Verschleppung. Der stille Widerstand der Bürgerschaft schien sich eben auch auf ihre Behörde zu übertragen. Zwar hatte der Rat schon im August 1809 als ein Mittel zur Behebung der damaligen Schwierigkeiten die Bildung eines Fonds für Bewaffnung und Bekleidung angeregt und im Oktober einen bestimmten Vorschlag gemacht. Thielmann griff dann auf diese Anregung zurück und verlangte im November die sofortige Begründung eines solchen Fonds durch Heranziehung der Judenschaft, Bürgerrechtsauflage u. dgl. Unter diesem Druck bewilligte der Rat als Grundlage des Fonds 500 Taler. Was er aber zur weiteren Verwirklichung des Plans vorgeschlagen hatte, eine Auflage auf den Mietzins, galt diesem Ziel nur nebenher; die Hauptsache war ihm dabei die Wiedereinbringung der von ihm vorschußweise gedeckten Kosten für die bürgerlichen Wachdienste im Sommer 1809 — und nur der vermutliche Überschuß der Auflage sollte jenem Fonds zugutekommen. Nach langer Pause erst, am 3. Mai 1810 — also nicht allein der Rat war saumselig —, erging die Genehmigung der Regierung zu diesem Plan, [17] nicht ohne einige Abstriche. Der errechnete Überschuß von etwa 1000 bis 1200 Talern war in dieser Höhe noch fraglich. Dabei verlangte Bonniot einen Vorschuß von 6000 Talern und berechnete die gesamten Einrichtungskosten auf 27000 Taler. Für einige notdürftige Anschaffungen, um die Garde für die Rückkehr des Königs aus Warschau paradefähig zu machen, verlegte er im August 1810 etliche hundert Taler – da ihm aber der Rat die Zahlung verweigerte und die Rechnung zurückschickte, weil der Fonds noch nicht vorhanden sei, so mußte er sich die Summe anderweit borgen. Erst im November, als sich der Überschuß der Mietzinsauflage doch höher herausstellte – auf rund 2400 Taler –, wurde ihm die Summe ausgezahlt. Die Regierung verlangte Ende Juli ein Gutachten vom Rat über die Aufbringung der Mittel. Aber erst nach einer zweiten dringlichen Aufforderung im Februar 1811 entschloß sich der Rat zu einer höchst gewundenen Antwort, die mit dem Hinweis auf die gegenwärtigen großen Staatsbedürfnisse die Notwendigkeit weiteren Zuwartens zu begründen suchte.

Vorwärts kam die Sache erst durch die Kommission, die der König am 19. März 1811 einsetzte; sie bestand aus dem General Thielmann als Vorsitzendem, dem Kammerherrn Hof- und Justizrat von Könneritz und dem Bürgermeister Hofrat Dr. Heyme. Für die erste Einrichtung errechnete sie nach Abzug der bisherigen Anschaffungen im Betrag von 925 Talern einen weiteren Mindestaufwand von nicht ganz 13000 Talern und für den künftigen Bedarf einen Jahresaufwand von rund 4100 Talern. Zur Deckung gingen Heymes Vorschläge durch: eine Mietzinsauflage nach Art der für die Wachtkosten von 1809 erhobenen und ein Jahresbeitrag der dienstpflichtigen, aber nicht dienstleistenden Bürger von durchschnittlich 2½ bis 3 Talern je nach dem Vermögen. Den ersten Vorschlag nahm die Regierung an, für den Jahresaufwand aber wollte sie nicht bloß die dienstpflichtigen Bürger, sondern alle Einwohner herangezogen wissen und bestimmte einen jährlichen Aufschlag von 3 Pfennig auf den Taler des Mietzinses oder Pachtgeldes von über 20 Talern. Durch die Bekanntmachung vom 4. Januar 1812 kamen diese Bestimmungen in allgemeiner Fassung an die Öffentlichkeit. Damit war nun endlich die wirtschaftliche Hauptgrundlage für das Bestehen der Nationalgarde geschaffen. Bis zur Einziehung der Anlage verlangte der König zur sofortigen Abhilfe des Geldmangels [18] vom Rat die Aufnahme eines Kapitals, wozu sich der Rat auch in der Höhe von 4000 Talern bereit erklärte. Im Juli 1812 wurde dann die Mietzinsauflage, die der ersten Einrichtung dienen sollte, mit 12 Pfennig vom Taler erhoben. Dem Jahreshaushalt sollten nach königlicher Verfügung noch die bei dienstlichen Verfehlungen fälligen Strafgelder der Gardisten zufließen sowie besondere Beiträge von solchen, die wegen Unwürdigkeit aus der Garde entfernt würden.

Die Schaffung der wirtschaftlichen Grundlage war aber nur eine, wenn auch eine sehr wichtige, unter den Aufgaben, die der im Frühjahr 1811 eingesetzten Kommission unter Thielmanns Vorsitz gestellt waren. Sie sollte überhaupt die Hindernisse und Schwierigkeiten, die der Errichtung der Garde noch im Wege standen, auf ihre Beseitigungsmöglichkeit hin prüfen. Thielmann beleuchtete zunächst einmal grundsätzlich drei Haupteinwürfe gegen die ganze Maßregel. Mit dem ersten traf er eine Stimmung, die zwar nicht beim König selbst – dem im Gegenteil die Errichtung sehr am Herzen lag –, wohl aber zum Teil in Regierungskreisen bestand und eine Lauheit zur Folge hatte, die der Förderung des Planes nicht günstig war: das Bedenken nämlich, daß eine militärische Organisation der Bürger der öffentlichen Ruhe und der Sicherheit des Thrones gefährlich sei. Thielmann widerlegte es hauptsächlich durch die gegenteiligen neuesten Erfahrungen in Wien und Berlin, ja selbst in Paris. Auch den zweiten Einwurf, daß durch die stehenden Heere die Bürgerbewaffnung überflüssig geworden sei, ließ er nicht gelten; nur daß durch sie das Bürgertum der Wehrhaftigkeit entfremdet sei, gab er zu, bedauerte es aber und hob unter Berufung auf die französische Nationalgarde, die englischen Fencibles und die österreichische Landwehr als besonderen Nutzen der Einrichtung hervor, daß sie zur Verteidigung des Staats soviel Streitkräfte als möglich bereitstelle. Von den Einwänden, die namentlich in Bürgerkreisen erhoben wurden, würdigte er nur den einer Entgegnung, daß eine Gefahr für den bürgerlichen Gewerbfleiß vorliege: er bestritt das, da man von den Bürgern ja nicht tägliche Wachen und beständige Waffenübungen und überhaupt nicht mehr verlange, als die Schützengilden bisher freiwillig taten. Den anderen, der schon zu wirklicher Unzufriedenheit und zu Leidenschaftsausbrüchen Anlaß gewesen war, überging er ganz – denn für ihn als Soldaten galt die Pflicht [19] zur Verteidigung des Staats als eine Selbstverständlichkeit. Als eines der Haupthindernisse auf dem Wege zu einer gedeihlichen Entwicklung der Garde wurde von der Kommission richtig erkannt der geringe Ernst, den die Behörden unter der Einwirkung der oben geschilderten Stimmungen zeigten, und die Langsamkeit, mit der sie infolgedessen arbeiteten: dadurch erkaltete der anfänglich gute Wille der Bürger, und an seine Stelle trat eine gewisse Mutlosigkeit und Verdrossenheit. Auch der Mangel an den notwendigen Gesetzen und Verhaltungsmaßregeln, der lähmend wirken mußte und die Entwicklung aufhielt, kam auf Rechnung dieser lauen Haltung der Behörden. Also auch hier mußte zuerst Wandel geschaffen werden. In einer Reihe von Sitzungen arbeitete die Kommission sehr fleißig, behandelte nächst der Dienstpflicht und den Befreiungen davon die wichtige Kostenbeschaffungsfrage und trat sodann in die Beratung des Dienstreglements ein, dem sie einen bereits im Mai 1810 von Heyme ausgearbeiteten Entwurf zugrunde legte. Am 6. Mai 1811 unterbreitete sie ihre Vorschläge dem König in einem ausführlichen Bericht. Am 4. Oktober kam dann die königliche Verfügung heraus: sie nahm die Kommissionsvorschläge mit einigen Abänderungen an, auch das Dienstreglement fand Billigung, nur wurde noch ein Entwurf über besondere Kriegsartikel eingefordert; dagegen erschien das miteingereichte Exerzierreglement nicht als brauchbar. In Verfolg dieser königlichen Verfügung wurde nun am 4. Januar 1812 die Bekanntmachung „die allhier errichtete National-Bürgergarde btr.“ erlassen. Und auch das Dienstreglement trat unter dem 29. Januar in Kraft.

Zur Dienstleistung bei der Bürgergarde waren danach grundsätzlich alle Bürger unter 60 Jahren verpflichtet. Befreit waren – außer den körperlich Untüchtigen – alle gelehrten und künstlerischen Berufe, Beamte, Offiziere, Geistliche, Lehrer und der Adel. Bei der jährlichen Musterung wurden die neuen Bürger eingereiht und dagegen die gleiche Zahl nach dem Alter des Bürgerrechts entlassen. Den neuesten Bürgern war auch nicht wie den älteren nachgelassen, einen Stellvertreter zu stellen. Beharrliche Verweigerung der Dienstpflicht wurde mit Bürgerrechtsverlust bestraft. Gleich bei der Bürgerverpflichtung hatten alle, die nicht zu den Befreiten gehörten, in vorschriftsmäßiger eigener Nationalgardenuniform zu erscheinen – eine Maßregel, die schon [20] Anfang 1810 von Bonniot als zweckmäßig empfohlen worden war. Zur Gendarmerie sollten sich Freiwillige melden; falls das nicht in ausreichender Zahl geschah, so erfolgte die Aushebung unter den Berufen, die Pferde hielten — damit sparte man die Anschaffungskosten für Pferde. Das Dienstreglement regelte die Pflichten im einzelnen, den Dienst in Abwesenheit der Garnison, den Wacht- und Straßendienst, den täglich eine kleine Abteilung von rund 20 Mann zu leisten hatte, den Dienst bei Feuersbrünsten, das Verhalten der Offiziere und Mannschaften im Dienst, die Pflichten der Unterordnung. Für die Verwaltung der Bürgermilitärkasse war eine Wirtschaftskommission eingesetzt, deren Aufsicht die Montierungskammer und die Gewehrkammer unterstanden. Die Strafen waren von einer Militärkommission zu erkennen, die aus je 2 Hauptleuten, 2 Leutnants, 2 Unteroffizieren und 2 Gemeinen zusammengesetzt wurde. Die Untersuchung und das Protokoll hatte der Auditeur zu führen. Der Auditeur war auch Mitglied der Wirtschaftskommission, und als solchem lag ihm ob, das Rechnungswesen der Garde zu besorgen. Zum Auditeur wurde dann am 9. April 1812 der Akzisinspektor Winter vom Rat gewählt.

An die geforderte Bearbeitung der „Kriegsartikel“ ging die Kommission sofort mit Eifer heran, widerriet aber zuallererst diesen Namen, da er „Nebenideen involvieren dürfte, die die zeitherige Furcht vor der Nationalbürgergarde unterhalten und daher der guten Sache schaden würden“. Auf Grund der gemeinsamen Durchberatung arbeitete dann Heyme einen Entwurf zu „Disciplinargesetzen für die Nationalbürgergarde“ aus. Für den Fall, daß außer dem Dienstreglement, das ja auch schon allgemeine Strafbestimmungen enthielt, noch besondere Disziplinargesetze für nötig gehalten würden, reichte die Kommission diesen Entwurf ein und beantragte, die Disziplinargesetze mit dem Dienstreglement gemeinschaftlich zu veröffentlichen. Das Dienstreglement erschien aber dann ohne die Disziplinargesetze, die offenbar fallen gelassen wurden.

Mit der Umarbeitung des von der Kommission eingereichten Exerzierreglements wurde der Generalstabschef General von Gersdorff beauftragt. Dabei wurde in dem königlichen Schreiben die Aufgabe, die dieses Reglement zu erfüllen habe, genau festgestellt: „Wir wollen, daß diese Bürgergarden durch Erlernung der nötigen Handgriffe zu [21] einem zweckmäßigen Gebrauch ihrer Waffen, sowie durch Anweisung der bei ihrer Dienstleistung verkommenden Bewegungen nicht nur zu der durchaus erforderlichen Brauchbarkeit, sondern auch zu einer anständigen militärischen Haltung gelangen mögen, ohne daß dadurch der Bürger durch überflüssiges und zweckloses Exercieren von seinem Nahrungserwerbe abgehalten werde.“ Die Gersdorffsche Ausarbeitung fand unter dem 2. April 1812 Genehmigung und erschien als „Exercier-Reglement für die Bürger-National-Garde zu Dresden“ im Druck.

Mit diesen drei Veröffentlichungen – Bekanntmachung vom 4. Januar 1812, Dienstreglement und Exerzierreglement – war nun der feste Rahmen für die neue Einrichtung geschaffen, die Richtschnur, nach der sich verwalten, befehlen und gehorchen ließ. Die Nationalbürgergarde Dresdens war damit endlich unter Dach und Fach gebracht. Es folgten nun schnell die nötigen Schritte zum vollen Ausbau der Garde in Mannschaftsbestand und Ausrüstung. Von Mitte Februar 1812 ab fand die Musterung und Aushebung der neuen Bürger seit 1809 statt. Auch erging der allgemeine Befehl der Selbstuniformierung binnen zehn Tagen; wer die Kosten nicht aufbringen könne, der erhalte eine Uniform, die er nach und nach abzuzahlen habe. Mit 600 Gewehren, die der Garde noch fehlten, wurde sie einstweilen aus den Vorräten des Hauptzeughanses versehen.

Aus dem bisherigen Mangel an solchen klaren Bestimmungen hatten sich unhaltbare Zustände ergeben. Beschwerden der Hauptleute über unentschuldigtes Ausbleiben vom Wachdienst oder über glatte Dienstverweigerung, noch dazu in unverschämter Form, waren geradezu an der Tagesordnung. Es kam auch nicht selten vor, daß die Leute ihre Uniformen und Waffen, soweit sie welche hatten, verkauften oder verpfändeten; um diesem Mißbrauch zu steuern, mußte Anfang 1812 eine öffentliche Warnung vor Ankauf oder Pfandnahme solcher Dinge erlassen werden. Eine recht erhebliche Drückebergerei, mehr oder weniger verhüllt, trat schon bei der Aushebung zutage; der Verpflichtung zur Eigentumsuniform suchten sich die meisten zu entziehen – an diesem Maßstab gemessen, müßte die Kränklichkeit und Armut der damaligen Dresdner Bürgerschaft erschreckend groß gewesen sein. Bei einer Kompanie beispielsweise erklärten sich nur sieben bereit, sich [22] selbst zu uniformieren, die andern verlangten alle Vorschuß oder wenigstens Zuschuß. Aber auch offene Widerspenstigkeit zeigte sich: einer erklärte unumwunden, er diene ja nur gezwungen und verlange deshalb gänzliche Bekleidung umsonst, ein anderer verlangte seinen Abschied, weil er sich nur auf ein Jahr verpflichtet habe. Kurzum: schon bei der Aushebung gab es außerordentlich viel Mühsal, Schererei und Hudelei.

Inzwischen wurde mit dem vorhandenen Bestand so gut, wie es ging, hausgehalten und der notwendigste Betrieb durchgeführt. Der Wach- und Streifdienst erforderte ja immer nur eine kleine Anzahl: im Winter 1811/12 waren es allnächtlich 6 Gendarmen und 20 Fußgardisten. Es machten sich dann aber auch Tagstreifen notwendig, da man bemerkte, daß seit Einführung der nächtlichen Streifen die Diebstähle und Einbrüche am Tage sich mehrten. Das neue Dienstreglement sah daher auch den Tagesdienst vor. Auch der Ordnungsdienst bei Feierlichkeiten konnte ausreichend versorgt werden. Wenn der König nach langer Abwesenheit wieder aus Warschau heimkehrte und festlichen Einzug hielt, wie am 27. Juni 1810 und am 4. Januar 1812, so war die Nationalgarde immer durch Einholung zu Pferde und Aufstellung in Doppelreihen längs der Einzugsstraßen beteiligt.

Die Kerntruppe war und blieb die erste, die Scheibenschützenkompanie, auch Grenadierkompanie genannt, unter ihrem Hauptmann Hüttig, die in Geist und Diensteifer allen übrigen voranstand. Ihre besonderen und weit über die der andern Kompanien hinausgehenden Leistungen erhielten auch besondere Anerkennung durch Zuteilung außergewöhnlicher Entschädigungen. Mit ihrer Stammgesellschaft, der Scheibenschützengesellschaft, blieb sie naturgemäß in engem Zusammenhang. Freilich ergaben sich daraus auch starke Reibungen und ernste Mißhelligkeiten. Es konnte nicht ausbleiben, daß zur Auffüllung der Kompanie auf die vorschriftsmäßige Stärke auch Gardisten eintraten, die nicht Mitglieder der Gesellschaft waren. Ebenso war der ganze militärische Aufputz der Kompanie, der Militärsrang ihrer Offiziere ein Stein des Anstoßes. Die gegenseitige Gereiztheit erklomm den Gipfel durch das Verhalten der Gesellschaftsältesten und Vormeister und ihres Anhangs beim Königsmahle 1811. Sie verweigerten nicht bloß den ärmeren Gardisten, die am Schmaus nicht teilnehmen [23] konnten, den ihnen zukommenden Anteil an dem Königsgeschenk von Wild und Wein, sondern führten auch beim Festmahl selbst einen wüsten Auftritt auf, indem sie das Festgedicht zerrissen und mit Füßen traten. Solche verständnislose Gehässigkeiten und Anfeindungen aus der Stammgesellschaft bedeuteten klärlich eine ernste Gefahr für den guten Geist in der Schützenkompanie, die doch, wie Bürgermeister Heyme ausführte, „den ursprünglich ernsten und nachher nur in Spaß ausgearteten Zweck der ganzen Schützengilde erfüllen sollte“. Eine Regelung des Verhältnisses zwischen der Schützengilde und der Nationalgarden-Schützenkompanie erschien daher dringend erforderlich. Der Landesregierung lag sogar der Gedanke der gänzlichen Aufhebung der Schützengilde nahe. Die Verhandlungen, durch die Kriegszeit unterbrochen, gingen lange hin und her und fanden ihren Abschluß erst durch das von der Regierung erlassene Regulativ für die vereinigte Scheibenschützengesellschaft vom 21. Oktober 1829[1].

Es war gut, daß die Nationalgarde endlich fertig dastand; denn jetzt kam eine Zeit, die die größten Anforderungen an sie stellte. Es waren die Jahre 1812–1814, die Jahre der großen Truppendurchzüge: da galt es in Gemeinschaft mit den gerade anwesenden fremden Truppen regelrechten Garnisondienst zu tun, sehr zum Nachteil des bürgerlichen Berufs der einzelnen; oder es waren Kriegsgefangenentrupps nach weit entfernten Punkten fortzuschaffen. Auch mußten den fremden Truppen oft starke Begleitmannschaften beim An- und Abmarsch mitgegeben werden. Dabei bekamen denn diese Bürgersoldaten mitunter wirklich auch den herben Geschmack des Kriegslebens zu kosten; es kam vor, daß sie von den fremden Kriegshorden mißhandelt und ihrer Waffen und Uniformen beraubt, ja sogar gefangengenommen und verschleppt wurden, z. B. nach Theresienstadt. Im ganzen bewährte sich die Garde während dieses mehrjährigen Kriegsgetümmels, dem Dresden ausgesetzt war, durch Aufrechterhaltung der Ordnung nicht bloß in der Stadt, sondern gelegentlich auch in der der Plünderung und Willkür noch mehr ausgesetzten Umgegend durch Entsendung besonderer Schutzwachen. Am 17. November 1814 stand die Garde zu Fuß und zu Pferde in Parade vor dem preußischen Stadtkommandanten [24] General von Dobschütz, der ihr dabei künftighin Erleichterungen des Wachdienstes in Aussicht stellte. Bei feierlichen Einzügen wirkte die Garde in Gesamtheit durch Einholung und Reihenanfstellung, so bei denen Napoleons oder der verbündeten Monarchen und namentlich bei der Heimkehr des Königs aus der Gefangenschaft am 7. Mai 1815. Für ihr gesamtes Wirken während der Kriegsjahre wurde der Garde vom Rat der Stadt aufrichtiger Dank ausgesprochen und das ausdrückliche Zeugnis ausgestellt, daß sie unter ihrem Kommandanten „mit unermüdeter Anstrengung zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung mitgewirkt, auch gegen das fremde Militär sich mit Ernst und Festigkeit benommen und ... Achtung ... bei den fremden Truppen und deren Befehlshabern sich zu erwerben gewußt“ habe. Auch der König gab der Garde und ihrem Kommandanten Major Bonniot bei dessen Übertritt in den Ruhestand im November 1815 seine „Allerhöchste Zufriedenheit" zu erkennen.

Es begann für die Nationalgarde eine neue Zeit mit veränderten Daseinsbedingungen. Innere Ruhe und äußerer Frieden standen für absehbare Zeit in sicherer Aussicht. Kein Wunder, daß sich da auch der alte Widerstand gegen den „militärischen Geist“ wieder regte. Der neue Kommandant, Major Haynemann, hatte sich kräftig dagegen zu wehren. Eine führende Rolle im Angriff spielte der Rat der Stadt, der auch voranging. Der erste Schritt im September 1815 war noch sehr vorsichtig und zurückhaltend, vorerst nur die Fühler ausstreckend. Gelegenheit dazu gab die Regierung selbst, die den Ausbau des Bürgermiliz- und Schützenwesens über das ganze Land hin plante und vom Rat Auskünfte über die Verhältnisse im Lande und besonders in Dresden verlangte. Die Stellungnahme des Rates war von zwei Gesichtspunkten bestimmt. Der erste war die Sorge, daß unter dem häufigen Wachdienst das bürgerliche Gewerbe leiden und durch den militärischen Geist der Sinn für Häuslichkeit, Fleiß und Sparsamkeit abhanden kommen könne. Der zweite war der Kostenpunkt: in den Jahren 1809—1816 hatte der Gesamtaufwand über 33000 Taler ausgemacht, und der regelmäßige Jahresaufwand betrug rund 3000 Taler. Die Stadtkriegsschuldentilgung machte ja äußerste Sparsamkeit zur Pflicht. Deshalb regte der Rat im September 1817 bei der Wirtschaftskommission der Nationalgarde die Prüfung der Frage an, ob [Ξ]

Tafel 2 (zu Seite 29) (vgl. Bilderverzeichnis)
Offiziere der National-Bürgergarde 1809

[25] nicht der Aufwand bedeutend vermindert werden könne. Dabei gab ihm das inzwischen ergangene Mandat vom 1. Febrnar 1817 über „die Errichtung einer Armeereserve und die zweckmäßigere Organisation der städtischen Schützencorps“ den willkommenen Anlaß zu der weiteren Frage, ob nicht die Nationalgarde in die Grenzen eines bloßen Schützenkorps zurückgebracht werden könne. Die Wirtschaftskommission, deren Vorsitzender der Kommandant selbst war, bestritt die Möglichkeit von Abstrichen in dem ohnehin schon sparsamen Haushalt und hielt die Begriffe Schützenkorps und Nationalgarde für unvereinbar, da von der Nationalgarde einer Residenz mehr verlangt werde als vom Schützenkorps einer Provinzstadt. Aber aus Bürgerkreisen und aus der Nationalgarde selbst erklang ein anderer Ton. Viertelsmeister und Innungsälteste regten sich und machten Eingaben, auch unmittelbar an den König. Der Viertelsmeister Hüttig, der zugleich Hauptmann der ersten Kompanie, der Schützenkompanie war, vom Rat um ein Gutachten ersucht, hielt zwar, trotz der neuerlichen Einführung von 50 Polizeigendarmen, eine zahlenmäßige Herabminderung der Nationalgarde, etwa gar auf zwei Kompanien, wie der Rat gemeint hatte, für unmöglich, vertrat aber anderseits entschieden ihre Umwandlung in ein Bürgerschützenkorps mit bürgerlicher Spitze und unter Beseitigung aller militärischen Einmischung. Hier wie in anderen Eingaben wird gegen die Nationalgarde mit starker Betonung ihre fremde Herkunft ins Feld geführt – sie wird als „Denkmal französischer Einrichtungen“ gebrandmarkt. Auch ihre bloße Zeitbedeutung wird gekennzeichnet, ihr Ursprung in Not und Krieg und das Aufhören ihrer Daseinsberechtigung nach dem Wegfall ihrer Entstehungsursachen, weshalb sie auch in Leipzig und anderen Städten gleich nach dem Frieden wieder aufgehoben worden sei; endlich ihre Unvereinbarkeit mit bürgerlichem Wesen: „Der Bürger kann nicht mit dem Soldaten verschmolzen werden – der Bürger geht verloren und der Soldat wird nicht gewonnen.“ Der Rat faßte dann in der Eingabe vom 5. Juni 1818 alles das zusammen unter den Hauptgesichtspunkten der Kostspieligkeit und der Gefährdung der Bürgertugenden und empfahl die Auflösung und Umwandlung in ein Bürgerschützenkorps, ungefähr nach den Hüttigschen Vorschlägen. Erst nach zwei Jahren, am 28. Juli 1820, traf der König die Entscheidung: [26] die Nationalgarde blieb aufrechterhalten, „da die Schützencorps den besonderen Verhältnissen der Residenz nicht gänzlich entsprechen, die jetzige Einrichtung ... hingegen ihre Zweckmäßigkeit bereits mehrmals durch nützliche Dienste bewährt hat“. Der Ton der Viertelsmeister und Innungsältesten in ihren unmittelbaren Eingaben hatte dem König nicht gefallen, deswegen befahl er, sie zu „ratificieren“. Im übrigen aber kam er den vorgebrachten Wünschen entgegen und verfügte nach vorgenommener genauer Prüfung wesentliche Ersparnisse zumal in den Gehältern; ferner erhielt der Kommandant Anweisung, Zeitverlust und Gewerbstörung tunlichst zu vermeiden und auch die Sonn- und Festtage vom Übungsdienst freizuhalten. Letzteres stand eigentlich im Widerspruch zum Dienstreglement, das für die Waffenübungen die Sonntagnachmittage bestimmte. Und so richtete sich denn auch eine Beschwerde der Viertelsmeister im Oktober 1824 hauptsächlich nur gegen das Exerzieren während des Gottesdienstes. Major Haynemann behauptete in seiner Rechtfertigung, daß die Beschwerde im allgemeinen – von wenigen zugegebenen Ausnahmen abgesehen – auf Unwahrheit beruhe und nur eine erneute Stimmungsmache gegen Beibehaltung der Nationalgarde sei. Und zu dieser Auffassung stimmen allerdings Ausführungen in der Beschwerde wie folgende: „Der Bürger soll nur ein guter Bürger, guter Gatte, guter Vater sein, aber unmöglich kann man von ihm verlangen, daß er auch ein guter Soldat sein soll! Und es möchte beides zu vereinigen wohl eine völlige Unmöglichkeit sein.“ Noch einmal erfolgte ein Vorstoß aus der Bürgerschaft gegen die Nationalgarde: unmittelbar nach dem Hinscheiden König Friedrich Augusts des Gerechten schien die Zeit dafür gekommen; am 18. August 1827 wagte daher eine große Anzahl von Bürgern unter Führung von Goldschmied Hannemann, Kaufmann Brescius und Nadler Helmbold eine Eingabe an den neuen König. Aber wie überall wollte König Anton auch hier an dem Werke seines Bruders und Vorgängers nicht rütteln. Er verstand sich nur dazu, durch Herabsetzung der Kompaniestärke auf die ursprüngliche, aber inzwischen überschrittene Zahl von 100, bei der Schwadron auf 80 Mann eine Verkürzung der Dienstzeit zu ermöglichen. Was aber Bitten und Vorstellungen nicht erreichten, das war unter veränderten Verhältnissen mit einem Schlage da – wie ein Sturmwind fegte die Zeit über die Nationalgarde hinweg. [27] In der langen Friedenszeit nach 1815 trat die Nationalgarde bei allen größeren feierlichen Anlässen in öffentliche Erscheinung, durch Reihenbildung und Ordnungsdienst bei der Reformationsfeier 1817, bei der Jubelfeier der Augsburgischen Konfession 1830, bei Einzügen, Hochzeiten, Trauerfeiern des Königshauses, durch Geleit des Bürgerfackelzugs bei der Regierungsjubelfeier des Königs 1818. Aus dem Jahre 1824 wird berichtet, daß sie sogar bei Judentaufen zum Ordnungsdienst verwendet wurde. Am 8. Mai 1827 leistete sie dem neuen König Anton den Eid der Treue und nahm an der großen Huldigungsfeier vom 8. Oktober auf dem Jüdenhof durch Vorbeimarsch vor dem König teil. Vor dem neuen Kommandanten Major von Goesnitz – Major Haynemann war am 3. Oktober 1828 gestorben – fand am 16. Oktober eine Revue statt, die aber wegen anhaltenden Regens ins Gewandhaus verlegt wurde. Im Gewandhaussaal wurden überhaupt regelmäßig die Rekruten ausgehoben, unterwiesen und einexerziert. Abermals eine große Revue wurde am 18. August 1829 auf der Bürgerschießwiese hinter dem Schießhaus abgehalten. Es kam auch vor, wenn die Garnison zeitweilig zu längeren Übungen ausrückte, wie 1820 und 1829, daß die Nationalgarde an ihrer Stelle wieder die Wachen in der Stadt, an den Toren und an den Schlägen besetzen mußte. Der innere Dienst mit Exerzier- und Schießübungen vollzog sich, wenn auch nicht immer ohne Reibungen – es gibt einen ganzen Stoß Disziplinarakten –, so doch ohne Aufsehen und in der Stille. Auch das gesellige Leben verschwand im Alltagsleben.

Das Offizierskorps war in den zwanzig Jahren des Bestehens ziemlichem Wechsel unterworfen. Von den ersten Hauptleuten blieben am längsten die Führer der Scheibenschützen- und der Bogenschützenkompanie im Dienst, Viertelsmeister Hüttig bis 1820 und Advokat Rumpel bis 1827. Der Rittmeister der Gendarmerie, Hoffaktor Scheffel, blieb bis 1823, dann trat Rittmeister Fritzsche an seine Stelle. Die übrigen waren alle schon bis 1816 abgegangen. Von ihnen übernahm aber Gemeinderichter Börner 1823 wieder eine Kompanie. Eine längere Reihe von Jahren standen an der Spitze einer Kompanie als Hauptleute G. Zocher, S. C. Müller (bis 1823) und I. G. Kämmerer (bis 1827). Im Jahr der Auflösung waren die Kompanieführer: C. F. Benedictus (Tuchscherer), Carl Brückmann, beide seit 1821, Ferd. [28] Künzelmann (Seifensieder) und C. A. B. Schmidt seit 1823, ferner F. A. Creutz (Weinhändler), Frdr. Höck, C. A. Kaltofen und Einwaldt (Maurermeister). Adjutantendienste bei der Nationalgarde und bei der Bürgergendarmerie taten Offiziere, die aus der Armee kamen, die Leutnants Peyer, Stölzel und zuletzt Lasius und Schlobig. Nach dem Tode des Auditeurs Winter 1819 blieb dieses Amt zunächst wegen der gerade schwebenden Umwandlungspläne der Garde eine Weile unbesetzt, nur aushilfsweise und gegen außerordentliche Vergütung besorgte die Dienstobliegenheiten Frdr. Kretzschmar; erst nachdem das Weiterbestehen der Garde entschieden war, wurde auf Drängen des Kommandanten hin die Neubesetzung vorgenommen und im Januar 1821 der Ratsaktuar Dittmarsch mit dem Amt betraut, nach dessen Abgang der Ratsaktuar Hahnel es seit Juni 1830 noch kurze Zeit verwaltete. Das Amt des Oberchirurgus lag von Anfang an bis zu Ende in den Händen von Dr. Greß. Der Stabsfurier, der zugleich alle Schreibereien der Garde zu besorgen hatte, war zuletzt, seit 1818, der Vermessungskondukteur Tröger. Den musikalischen Kommandostab schwang der Regimentstambour, der zuletzt Rümpel hieß; seine Entlohnung war aber seit 1820 amtlich in Wegfall gekommen und ging zu Lasten des Offizierskorps, das ein eigenes Musikkorps unterhielt; nur für besondere musikalische Dienstleistungen, z. B. während des Wachtdienstes, bekam das Musikkorps außerordentliche Vergütungen. Ständig beschäftigt und entlohnt waren für die 8 Kompanien 16, seit 1820 aber nur noch 8 Tambours und für die Schwadron 2 Trompeter. Für die Übungen war ein besonderer Exerziermeister, zuletzt seit 1818 der Feldwebel J. G. Richter, angestellt, der seit 1820 auch in Verwaltung der damals eingezogenen Zeugwärterstelle die Aufsicht über die Gewehrkammer mit zu führen hatte.

Wenn auch der Dienst vielfach als Last empfunden wurde, so machte das Soldatenspiel den Bürgern doch auch wieder Freude und erfüllte sie mit Stolz. Der Bürger „fühlte sich" in der Uniform, der Geist der Wehrmacht regte sich in ihm. Im Zustand der Erregung führte das ausnahmsweise auch zu Unbändigkeit. Einmal setzte sich ein trunkener Gardist, Spitzenhändler von Beruf, gegen die Polizei zur Wehr, vermeinend, sie habe einem Bürger nichts zu befehlen, „indem jeder Bürger selbst Polizei genug sei“. Und auch die letzten Ausschreitungen [29] in Reih' und Glied 1830 sind wenigstens zum Teil mit aus diesem „Sichfühlen“ zu erklären, aus dem Stolz und aus der Liebe zur altgewohnten Einrichtung. „O welche Lust, Soldat zu sein“ – dies stolze Gefühl schwellt deutlich die Brust der Bürgersmänner in der Uniform der Nationalgardenoffiziere auf den beiden großen Bildern, auf denen sie sich zur Schau stellen. Da stehen sieben Offiziere der Fußgarde breitbeinig mit aufgestemmten krummen Säbeln auf der Seetorbrücke, wodurch sinnbildlich angedeutet wird, daß sie vor der Stadt treue Wacht halten – vielleicht sogar „gegen einen auswärtigen Feind“? Die dunkelblaue Uniform wirkt ernst, ein heller Farbenton blitzt nur in dem Gelb der Knöpfe, des Gürtelschlosses und der Hutspange auf. Farbenprächtiger ist das Bild der reitenden Garde, der Bürgergendarmerie. Auf dem Jüdenhof sprengt vor einer Front der Schwadron ein Trupp von Offizieren mit einem Fahnenjunker und zwei Trompetern auf. Den blauen Waffenfrack zieren goldene Schnüre und Epauletten und gelbes Riemenwerk, stramm anliegende weiße Hosen stecken in hohen blanken Kanonenstiefeln, von den großen Hüten winken mächtige grünweiße, bei den Trompetern rote Federbüsche, die Pferde tragen blaue Satteldecken mit breitem gelben Saum.

Diese – zum Teil wider ihren Willen – stark militärisch aufgeputzte Nationalgarde aus der Zeit des Absolutismus mußte nun mit dem Aufkommen des konstitutionellen Geistes einer neuen Einrichtung weichen, die diesem Geist angepaßt und bürgerlicher aufgezogen war. Die Auflösung der Nationalgarde vollzieht sich in engstem Zusammenhang mit der Begründung der Kommunalgarde. [30]

3.
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Die Kommunalgarde

Der Ursprung der Kommunalgarde ruht in Leipzig. Als die Funken der Pariser Julirevolution über den Rhein flogen und in Sachsen zuerst in Leipzig am 2. September 1830 einen Brand entzündeten, da entstand dort der Gedanke, zum Ersatz für das mangelnde Militär eine Sicherheitswache aus der Einwohnerschaft zu bilden. Die Polizei selbst richtete einen dahingehenden Antrag an den Rat zu Leipzig. Und als die Unruhen sich erneuerten, beschloß am 5. September eine Versammlung der Bürgerschaft auf dem Rathaus, mit bewaffneter Hand einzuschreiten. Eine weiße Binde am linken Arm sollte das Zeichen für die freiwilligen Schützer der Ordnung sein. Der Rat erließ einen Aufruf zur Sammlung und Einrichtung; Stadtoffiziere und Ratsmitglieder übernahmen die Einteilung und Leitung der versammelten Mannschaft, die ihre Anführer selbst wählte.

Am 9. September züngelte nun auch in Dresden die Flamme des Aufruhrs empor: aufgeregte Volksmassen zerstörten das Haus der verhaßten Polizei in der Scheffelgasse. Von einem geschlossenen Auftreten der Nationalbürgergarde gegen die Ruhestörer war nichts zu spüren; sie versammelte sich zwar, jedoch zu spät und nicht zahlreich, auf dem Altmarkt, blieb aber ruhig dort stehen, ohne etwas gegen die Volksmasse in der Scheffelgasse zu unternehmen. Das Schützenbataillon, das vom Altmarkt aus gegen die Menge vorrückte, wurde mit Steinwürfen und Feuerbränden empfangen und, da es Befehl hatte, nicht zu schießen, ohne große Mühe von der wutentbrannten Menge über den Markt nach der Brücke zurückgedrängt. Die Bürgergarde rückte den Volkshaufen nach und – machte zum Teil gemeinsame Sache mit ihnen. [31] Ein Berichterstatter weiß sogar zu erzählen, daß sie auf dem Schloßplatz die Schützen, die blind feuerten, mit gefälltem Bajonett in die Flucht schlug und die Hauptwache stürmte. Auf höheren Befehl mußte dann das Schützenbataillon die Stadt verlassen, worauf die Bürgergarde den Wachdienst übernahm und auch die Hauptwache besetzte. Die sofort unter Vorsitz des Prinzen Friedrich August eingesetzte Kgl. Kommission zur Aufrechterhaltung der Ruhe rief statt des Militärs die gesamte Bürgerschaft zur Herstellung der Ordnung und zum Schutze des Eigentums auf. Das Vertrauen auf den Erfolg dieses Schritts konnte ihr aus den Leipziger Vorgängen erwachsen. In der am 10. September mittags erlassenen Bekanntmachung hieß es: „Vertrauensvoll blicken Seine Majestät auf die bewährte Treue und Liebe der hiesigen Bürger und Einwohner und wollen ihnen die Herstellung der Ruhe, den Schutz des bedrohten öffentlichen und Privateigentums anvertrauen.“ Auch hier in Dresden wurde die weiße Binde am linken Arm zum Zeichen der Ordnungsverteidiger erwählt; Waffen sollten sie im Zeughaus erhalten. Der Rat machte darauf die Sammelplätze bekannt, wo die Bürger sich sammeln, sich in Kompanien abteilen und ihre Offiziere und Unteroffiziere selbst wählen sollten. In dieser Bekanntmachung schon war der Ausdruck „Sicherheitscommunalgarde“ gebraucht. Männer, Jünglinge, selbst Greise und halbe Knaben, Angehörige aller Stände eilten herzu, zuerst aufs Rathaus, um ihre Namen einzuzeichnen, dann aufs Zeughaus, um Waffen zu empfangen. Die Waffenvorräte des Zeughauses wurden schließlich geradezu zur freien Verfügung des Volkes gestellt, da die anfänglich gebrauchten Schutzmaßregeln, sie nicht in falsche Hände geraten zu lassen, dem großen Andrang gegenüber bald aufgegeben wurden. Es zeigte sich, daß dieses große Vertrauen der Regierung nicht am falschen Platze war. Die Sammelplätze füllten sich rasch mit den soeben bewaffneten Bürgern. Es war ein lebbaftes Getümmel: eine frohe Begeisterung für die Sache, der sie dienen sollten und wollten, erfüllte alle diese Männer. In wenigen Stunden waren über 2000 Mann zusammen, die in 15 Kompanien sich teilten. Sogar die oberen Kreuzschüler unter Leitung des Konrektors Baumgarten-Crusius hatten sich gestellt. Drei weitere Neustädter Kompanien standen unter Anführung des Generals von Schreibershofen. Zum Kommandanten der gesamten Kommunalgarde [32] und der noch bestehenden Nationalgarde wurde General von Gablenz ernannt: in den Nachmittagsstunden des 10. September konnte er bereits auf dem Altmarkte die erste Musterung über das neue Bürgerheer halten. Der allgemein beliebte Prinz Friedrich August, kurz Prinz Friedrich genannt, erschien mit der weißen Binde am Arm und wurde mit großem Jubel begrüßt. – Bei dem Werk der ersten inneren Einrichtung des Bürgerheeres unterstützte den Kommandanten sein Generaladjutant von Mangoldt.

Bald gab es auch ernste Arbeit: die erste Kompanie säuberte das Polizeihaus und nahm gegen zwanzig von den Unruhstiftern gefangen. Zusammen mit der Bürgergarde bezog die neue Kommunalgarde die vom Militär auf Befehl geräumten Altstädter Wachen und besetzte die Schläge in den Vorstädten. Die Straßen zeigten in diesen Tagen ein belebtes Bild: überall standen, lagerten, marschierten Trupps bewaffneter Bürger. Tag und Nacht versah die neue Bürgerwehr treulich ihren Dienst. „Man wähnte sich in einer belagerten Festung. Unbegrenzt war der Eifer, die Willigkeit und Wachsamkeit, welcher selbst der alte Militär seine Bewunderung nicht wohl versagen konnte“ - so lautete das Urteil des zeitgenössischen Geschichtschreibers der Kommunalgarde, von Nostitz. Die Anerkennung ihrer Tätigkeit ward der bewaffneten Bürgerschaft in einer Bekanntmachung der Königlichen Kommission vom 11. September mit den Worten zuteil: „Die Bürger und Einwohner Dresdens haben die in sie gesetzten Erwartungen auf das vollständigste erfüllt.“ Wieder war am Nachmittag unter den Augen der Prinzen Friedrich und Johann Musterung auf dem Altmarkt. Die neue Wehr wuchs fortgesetzt und hatte schon die 3000 erreicht.

Inzwischen formelte die Bürgerschaft ihre Wünsche in Eingaben an die Kommission, so wie auch die Regierung ihre Reformen vorbereitete. Der sehr unbeliebte Minister Graf Einsiedel wurde entlassen, und Prinz Friedrich August wurde von seinem königlichen Oheim zum Mitregenten angenommen. Das geschah am 13. September und weckte Jubel und Begeisterung in der Bevölkerung. Am 14. September kamen die königlichen Herrschaften von Pillnitz in die Stadt durch die Reihen der Kommunalgarden, die von der Pirnaischen Vorstadt bis ins Schloß standen. Gegen Mittag sammelte sich die Kommunalgarde auf Befehl ihres Kommandanten wieder auf dem Altmarkte zu [Ξ]

Tafel 3
Wache der Kommunalgarde am Rathaus

[33] einer Musterung, die der König und der Mitregent abhielten. Bei der abendlichen Illumination zeichneten sich neben den öffentlichen Gebäuden auch die Wachtstuben der Kommunalgardenkompanien aus. Tags darauf sprach der Mitregent in einer Kundgebung seinen Dank aus für die Aufopferung, die die Bürgerschaft bewiesen habe, und erklärte zugleich, daß die Zeit nahe sei, in der sie wieder zu ihrem bürgerlichen Beruf zurückkehren könne, da das Bedürfnis einer außerordentlichen bürgerlichen Bewaffnung im bisherigen Umfang nicht mehr vorhanden sei. Eine nachfolgende Bekanntmachung stellte jedem, dessen Verhältnisse es forderten, frei, sich bei seinem Hauptmann zur Entlassung zu melden, betonte aber auch, daß die dauernde Neueinrichtung der Bürgerbewaffnung für künftige Zeiten der Gefahr wünschenswert sei. Vorschläge über diese Neueinrichtung sollte eine Deputation, die aus den Generälen von Gablenz, von Schreibershofen, dem Hofrat von Langenn sowie noch zu wählenden Mitgliedern der Kommunal- und der Bürgergarde bestehen sollte, der Kommission unterbreiten.

Mit der obigen Kundgebung und Bekanntmachung wollte die Regierung die Dinge möglichst in das ruhige Gleis des täglichen Lebens zurücklenken. Die Kundgebung ward aber in Bürgerkreisen vielfach ungünstig aufgenommen, weil man in jener Freistellung des Austritts eine Aufforderung zu finden glaubte und die Absicht einer allmählichen Wiederentwaffnung der Bürgerschaft ohne die gewünschten Reformen argwöhnte. So wurde von dem Rechte des Entlassungsgesuchs wenig Gebrauch gemacht. Es gingen Gerüchte um von einer nahe bevorstehenden Rückkehr des Militärs gegen den Willen des Volks. Diese Beunruhigung wurde erst durch das fürstliche Wort beschwichtigt, daß nur auf den eignen Antrag der bewaffneten Bürgerschaft wieder eine Besatzung in die Stadt kommen solle. Und da man nun auch bald in der Antwort der Kommission auf die Eingaben der Bürgerschaft den vollen reformerischen Ernst der Regierung erkannte, so kehrte allgemach das zeitweilig getrübte Vertrauen ganz wieder in die Gemüter ein. In einer Dankadresse der Neustädter Einwohnerschaft vom 19. September wurde von bürgerlicher Seite selbst der Wunsch auf Einschränkung des Kommunalgardendienstes geäußert. Und am 20. September begab sich eine Abordnung der Kommunalgarde mit dem General von Gablenz und sämtlichen Kompanieführern an der Spitze zum [34] Prinzen-Mitregenten und brachte den Antrag ein, den Dienst der Kommunalgarde durch gemeinschaftliche Dienstleistung mit dem Militär zu erleichtern. In seiner Antwort sprach der Prinz das bekannte Wort: „Vertrauen erregt wieder Vertrauen“, das von Mund zu Mund getragen allgemeine Begeisterung erweckte und geradezu zum Wahrzeichen der Bestrebungen jener Zeit geworden ist. Am 23. September mittags rückte denn auch das Leibregiment in die Stadt ein, jubelnd begrüßt von der in Doppelreihen vom Pirnaischen Tor bis nach Neustadt aufgestellten Kommunalgarde. Der Prinzregent hielt vorher mit dem Prinzen Johann auf dem Neumarkt eine Heerschau über die Kommunalgarde ab, wiederholte dabei in einer Ansprache jenes zündende Wort vom Vertrauen und zeigte die Ernennung seines Bruders, des Prinzen Johann, zum Oberkommandierenden sämtlicher Kommunalgarden des Landes an, was die beste Bürgschaft für die Fortdauer der Einrichtung war. Von da ab teilten sich Militär und Kommunalgarde friedlich und brüderlich in den Wach- und Patrouillendienst. Am 26. September hielt der neue Oberkommandierende im Ostragehege abermals eine Heerschau über die Bürgerwehrscharen ab. Den ersten Beweis, daß sie ihr Wort einzulösen und das in sie gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen gewillt war, gab die Regierung schon Anfang Oktober durch Anordnung der Wahl von Kommunrepräsentanten; bei dem Dankfest, das mit deren feierlicher Einweisung am 31. Oktober verbunden war, bildeten Kommunal- und Nationalgarde Doppelreihen vom Rathaus bis zur Kreuzkirche.

Eine Probe auf ihre Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit hatte die Kommunalgarde am 4. Oktober zu bestehen. Am Abend dieses Tages rotteten sich wieder Haufen Gesindels zusammen und suchten einen Aufruhr zu entfesseln; aber schnell war die Kommunalgarde durch Generalmarsch vollzählig versammelt und schaffte sofort Ordnung, indem sie die Menge, die sie mit Steinwürfen empfing, auseinanderjagte und dabei gegen zwanzig Unruhstifter in Haft brachte. Das in Neustadt bereitstehende Militär brauchte nicht einzugreifen. Am folgenden Tage sprach General von Gablenz in einer Bekanntmachung den kräftigen Schützern der Ordnung Dank und Anerkennung aus. Infolge dieses Vorfalls gab es wieder angestrengten Wachdienst für die Bürgerwehren: abends waren immer 40 Mann von jeder Kompanie [Ξ]

Tafel 4 Wachtposten der Kommunalgarde

[35] auf die Sammelplätze bestellt. – Diese gute Haltung bestärkte natürlich die Regierung in ihrer Absicht, die Einrichtung beizubehalten und auszubauen. Schon ein am 23. September an den Prinzen Johann bei seiner Ernennung zum Oberkommandanten ergangenes Reskript hatte ausgesprochen: „Wir haben mit besonderer Zufriedenheit den wesentlichen Nutzen bemerkt, welchen die bei den Ereignissen der neuesten Zeit an mehren Orten hiesiger Lande gebildeten Communalgarden für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe gewährt haben.“ Das Reskript bestimmte die Niedersetzung einer besonderen Kommission zur dauernden Begründung und festeren Organisation des Kommunalgardeninstituts. Diese Kommission, der u. a. der Generalmajor von Schreibershofen, der Oberstleutnant Krug von Nidda, die Hof- und Justizräte von Langenn und von Zschinsky angehörten, trat unter dem Vorsitz des Prinzen Johann am 27. September zur ersten Sitzung zusammen und bearbeitete in zehn Sitzungen bis zum 8. November unter Zugrundelegung eines von General von Gablenz und Abgeordneten der Dresdner Kommunalgarde vorgelegten Entwurfs ein Regulativ für Errichtung der Kommunalgarden im Lande, wobei auch spezielle Punkte für Dresden aufgestellt wurden. Als Vorbedingung erschien der Kommission die Aufhebung der nach dem Mandat vom 22. März 1828 bestehenden Verbindlichkeit zur Errichtung städtischer Bürgergarden und die Auflösung dieser Verbände. Dieses Regulativ fand die höchste Genehmigung durch ein Reskript vom 13. November. Darin wurde die Einrichtung eines Bureaus des Generalkommandos angeordnet, dem auch zwei Räte der Landesregierung, Langenn und Zschinsky, zugewiesen waren; ferner wurde die Einsetzung von interimistischen Organisationskommissionen in 36 Städten angeordnet. Am 18. November verkündete Prinz Johann die Bestallung der Kommission für Dresden, zu deren Präses er den Oberst Krug von Nidda erwählte; vom Rat wurde Bürgermeister Pohland ihr beigeordnet, von den Kommunrepräsentanten Steuerprokurator Fleck; die Kommunalgarde selbst war vertreten durch einen Hauptmann, Advokat Seyffert, einen Zugführer, Kriegsrat Job, zwei Rottmeister, Kontrolleur König und Hofschauspieler Heine, und vier Gardisten, Kaufleute Schönherr und Horrer, Advokat Spitzner und Hofrat Philippi. Das Mandat über die Errichtung der Kommunalgarde nebst dem Regulativ erschien [36] am 29. November und bestimmte: „Communalgarden sollen in den Städten als eine Vereinigung der wohlgesinnten Einwohner aller Stände für den Zweck der Erhaltung allgemeiner Sicherheit und öffentlicher Ordnung und als ein Mittel zur Beförderung des Gemeinsinnes errichtet werden.“ Der Zweck wurde im Regulativ noch genauer umschrieben: „die öffentliche Ruhe und gesetzliche Ordnung zu erhalten sowie das öffentliche und Privateigenthum zu sichern. Sie hat demnach den mit der Handhabung der öffentlichen Sicherheit beauftragten Personen auf deren Verlangen bewaffnete Unterstützung zu gewähren, bei Feuersgefahr die nöthige Wache zu geben und entstehenden Tumult durch Aufstellung von Commandos, auch, da nöthig, mit ihrer ganzen Masse zu unterdrücken, in dringenden Nothfällen und in gänzlicher Ermangelung des stehenden Militairs die nöthigen Patrouillen zu geben, Visitationen zu halten und in Kriegszeiten Gewaltthätigkeiten abzuhalten.“

Sofort nahm nun laut Befehl des Oberkommandos die Arbeit der Organisationskommission ihren Anfang. Das erste Geschäft in Dresden war die angeordnete Auflösung der Nationalbürgergarde. Nur die Bürgergendarmerie sollte, umgeformt in eine reitende Kommunalgarde, unter ihrem bisherigen Befehlshaber, Rittmeister Fritzsche, weiterbestehen „in Betracht ihres bei mehreren Gelegenheiten und noch bei den letzten Unruhen bewährten vorzüglichen Nutzens“. Für die Anordnung der Auflösung konnte sich die Regierung ja auf den Volkswillen berufen, der sich, wie schon früher oft genug, so auch neuerdings wieder in dieser Richtung äußerte: in der Eingabe der Neustädter Bürgerschaft war unter Pnnkt 10 die Aufhebung gefordert, da es „für den jungen Bürger, der beim Meisterwerden sein ganzes Eigentum erschöpft hat, eine schwere Last“ sei, sich zur Nationalgarde zu equipieren, und da diese für außerordentliche Fälle wie Aufruhr doch unzureichend und durch die Kommunalgarde überflüssig geworden sei. Das war aber nun nicht durchweg die Meinung der Nationalgarde selbst. Jetzt, wo nun wirklich die oft gewünschte Auflösung zur Tatsache werden sollte, zeigte sich, daß die Einrichtung, wie es nach zwanzigjähriger Dauer nicht verwunderlich war, doch auch in den Gemütern Wurzel geschlagen hatte und daß wenigstens ein Teil der Mitglieder, gute und schlechte gemischt, hartnäckig daran festzuhalten geneigt war. Am 4. Dezember [Ξ]

Tafel 5 Bivouac der 18. Compagnie vor dem Bautzner Tor

[37] fand die Auflösung der Nationalgarde durch feierliche Eidesentbindung im Ostragehege statt. Eine Anzahl Gardisten gaben sich nicht zufrieden; sie schrien laut, daß sie nicht in die Kommunalgarde eintreten wollten, durchzogen dann lärmend unter Hochrufen auf die Nationalgarde die Straßen und spielten vor dem prinzlichen Palais die Marseillaise auf. Die Folge war die Abforderung aller Waffen der Nationalgarde binnen zwei Tagen und die Anordnung einer strengen Untersuchung gegen die Schuldigen. Ferner wurde unter dem Vorsitz des Generals von Gablenz ein Ehrengericht der Kommunalgarde eingesetzt, um über die Aufnahme der kommunalgardepflichtigen Bürgergardisten zu entscheiden. Aus Kreisen der Nationalgarde wurde um Niederschlagung der Untersuchung, Aufhebung der Ehrengerichte und öffentliche Ehrenerklärung nachgesucht. Auch eine Fürsprache der Mehrzahl der Kommunalgardenhauptleute war eingegangen, die um der bürgerlichen Eintracht willen zur Milde mahnte und von einem Ehrengerichtsverfahren abzusehen bat. Diese Fürsprache fand höheren Ortes Entgegenkommen. Nur gegen drei Personen wurde Gefängnisstrafe von einigen Monaten erkannt. Das Ehrengericht fand zwar statt, erhielt aber ausdrückliche Weisung, schonend zu verfahren, und entschied sich in zwei Sitzungen vom 15. Februar und 12. März 1831 für die Würdigkeit aller Nationalgardisten zur Aufnahme in die Kommunalgarde. Gesuche aber aus der Nationalgarde um ferneres Fortbestehen oder wenigstens um Bildung von besonderen Kompanien aus den Mitgliedern der Nationalgarde oder um ferneres Zusammenbleiben in ihren Kompanien auch im Verband der Kommunalgarde sowie um Forttragen ihrer Uniformen und Abzeichen wurden als ungesetzlich und als unvereinbar mit dem Geist und Ziel der Kommunalgarde abgelehnt. Das Fortbestehen der Nationalgarde würde nach einem königlichen Schreiben an den Rat vom 11. März „statt der beabsichtigten innigen Vereinigung aller Stände in einer Corporation und zu einem gemeinschaftlichen Zwecke eine Absonderung herbeiführen, die zu Spaltungen und Streitigkeiten Anlaß geben könnte“. Ihre Waffen wurden der Kommunalgarde zur Verfügung gestellt. In den Kreisen der Nationalgarde blieb freilich eine Unzufriedenheit zurück. Manche warfen sich einer weit links stehenden Partei in die Arme, die sich im „Bürgerverein“ zusammenschloß. Dieser hatte einen gewissen Zuschnitt auf die Bürgergarde: in [38] seinen Satzungen war als Zweck mit angegeben – unter geschmackloser Überschätzung jener Garde –, ihr für die „durch ihre Auflösung nicht nur in Europa, sondern auch in andern Weltteilen ihr wiederfahrene Beschimpfung Genugtuung zu verschaffen und sich der Einverleibung derselben in die Communalgarde zu widersetzen“, da in dieser auch Kreise, die über und unter dem Bürgerstande stünden, vertreten seien. – So hatte die Nationalgarde ein nicht gar rühmliches Ende gefunden. Im Lauf der Geschichte ward ihr die Genugtuung, daß es ihrer Nachfolgerin nicht besser ging.

Inzwischen war der Aufbau der Kommunalgarde in Stadt und Land eifrig fortgesetzt worden. Für das ganze Land erschien am 2. Februar 1831 eine Dienstvorschrift für die Kommunalgarde, am 5. Februar ein Disziplinarregulativ sowie ein Exerzierreglement. Eine Exerziervorschrift für die reitende Kommunalgarde folgte erst unterm 22. Mai 1832 nach. Die Dienstvorschrift regelte den gesamten Dienstbetrieb. Sie enthielt zunächst allgemeine Vorschriften über Befehlsgewalt, Gehorsamspflicht und Beschwerderecht, ging dann auf die Verhältnisse und den Wirkungskreis der Vorgesetzten ein und behandelte schließlich umrißweise den inneren Dienst nach allen Richtungen hin: Dienst und Auftreten bei Unruhen, den Dienst bei Feuersbrünsten, den Wach- und Streifdienst, Generalmarsch und Zapfenstreich, den Dienst bei den Übungen, den Meldungsdienst, die Zuständigkeiten bei gemeinschaftlichem Dienst mit dem Militär, die Ehrenbezeigungen vor den Befehlshabern, vor dem Königlichen Haus und vor fremden Fürstlichkeiten, vor der Armee und vor Offizieren fremder Armeen. Auf diese Weise war auch eine Art äußeren Dienstverhältnisses zum Militär hergestellt; denn auch von der Armee hatten die Kommunalgarde und ihre Offiziere genau bestimmte Ehrenbezeigungen „zu erwarten“. Besonders ausführlich behandelt und genau nach dem Rang abgestuft waren die Ehrenerweisungen bei Beerdigungen von Mitgliedern der Kommunalgarde. – Dieser ganze Dienstbetrieb war natürlich ohne eine gewisse Disziplin nicht durchführbar. Das Disziplinarregulativ hatte nicht weniger als 54 Paragraphen. Als eigentliche Dienstvergehen wurden betrachtet: Dienstverweigerung, Nichtbefolgung allgemeiner Vorschriften oder besonderer Befehle, vorschriftswidrige Ausführung des Dienstes, Mißbrauch der Dienstbefugnisse [39] und der Autorität, vorschriftswidrige Behandlung oder gar böswillige Verderbung der Waffen. Von anderen Vergehen wurden Beleidigungen gegen Kameraden und Vorgesetzte, Trunkenheit, Verkauf und Verpfändung anvertrauter Waffen besonders geahndet. Die Strafen waren Ehrenstrafen, vom Verweis in verschiedenen Graden bis zur Ausschließung, Geldstrafen nicht über 16 Groschen und Arrest. Für die Arreststrafen gab es ein besonderes Gewahrsam im Rathaushof; die Überwachung lag den Ratswächtern ob, der Feldwebel der Kompanie hatte nur zu bestimmten Stunden nachzusehen. Unter den Herren Arrestanten gab es freilich auch manche von sehr ungebärdiger Art, die sich den braven Ratswächtern sehr unbequem zu machen wußten. – Das Disziplinarverfahren wurde mit der Vorladung vor den Kommunalgardenausschuß eingeleitet. Bei Nichtgestellung erfolgte Zwangsvorführung, die aber 1840 abgeschafft und durch Versäumnisurteil ersetzt wurde. Eine Besonderheit war, daß der Eid als Beweismittel ausgeschlossen war und an seine Stelle der Handschlag trat. Rechtsmittel waren anfänglich nicht statthaft, seit 1840 aber war Berufung ans Generalkommando und weiter ans Ministerium des Innern möglich. Bei Ausschließungen mußte der Ausschuß durch acht Beisitzer verstärkt werden. Über Ausschließungen konnten auch besondere Ehrengerichte befinden, die von der versammelten Kompanie abzuhalten waren.

Auch die Dresdner Organisationskommission war sehr tätig. Die Einwohnerlisten wurden durchgegangen, die wehrpflichtigen Mannschaften ausgehoben und vor die Kommission geladen. In den Monaten Dezember bis Februar wurden über 6000 Mann durch Handschlag verpflichtet. Den in den Tagen der Unruhen gebildeten 18 Kompanien wurden 17 neue und die reitende Abteilung hinzugefügt. Ferner bildete man 9 Stadtdistrikte, in die man diese 35 Kompanien einordnete. Für die Zusammensetzung war der räumliche Gesichtspunkt maßgebend: die Kompaniemitglieder sollten möglichst nahe zusammen wohnen.

Mehrere Jägerabteilungen, die sich im September selbst bewaffnet hatten, gegen 500 Mann im ganzen, wurden als Jägerzüge den einzelnen Kompanien angeschlossen, was sich freilich wegen ihrer abweichenden Übungsweise als ein Übelstand erwies. Ein späterer Antrag dieser Jäger aber, sie zu einer besonderen Abteilung zu vereinigen, wurde als unzweckmäßig abgelehnt, weil beabsichtigt sei, die Jägerzüge überhaupt [40] allmählich abzuschaffen. Im November 1832 betonte der Kommunalgardenausschuß die Notwendigkeit der Aufhebung der Jägerzüge – damals noch rund 360 Jäger – und ihre Verschmelzung mit den Kompanien, weil durch ihr Bestehen nur der Korporationsgeist genährt werde und weil wegen der Unzweckmäßigkeit ihrer Waffen – Büchsen und Karabiner – ihre Verwendung im Ernstfalle keinen Erfolg verspreche. Die städtischen Körperschaften dagegen sprachen sich, um Mißstimmung zu vermeiden, gegen eine plötzliche Auflösung und für allmähliches Eingehenlassen aus.

Für die Einteilung und Einrichtung dieses Bürgerheeres bildete das stehende Heer das Vorbild. Ein militärischer Zuschnitt war auch hier unverkennbar, wenn auch nicht so ausgeprägt wie bei der Nationalgarde. Die Kompanien wurden von Hauptleuten geführt, denen die Zugführer (Leutnants) und Rottmeister (Unteroffiziere) unterstanden; auf etwa 30 Mann kam ein Zugführer, auf etwa 15 ein Rottmeister. Auch die Mutter der Kompanie fehlte nicht, der Feldwebel, der im Range hinter den Zugführern folgte: neben der Führung der Kommandierliste und der Bestellung zum Dienst bildeten die wirtschaftlichen Angelegenheiten und die Untersuchung und Ausbesserung schadhafter Waffen seinen Amtsbereich. Unter den Gardisten konnten durch den Hauptmann Gefreite ernannt werden. Sogar ihren Tambour hatte jede Kompanie, und vor der Kompanie wehte als Sammelzeichen lustig ein Fähnlein mit der Kompanienummer. Der Hauptmann und die Zugführer wurden von den Mannschaften gewählt und vom Ausschuß bestätigt, Rottmeister, Feldwebel und Tambour vom Hauptmann unter Zustimmung der Zugführer ernannt. Statt des Fahneneides mußte jeder Gardist dem Kommandanten Pflichterfüllung und Gehorsam durch Handschlag geloben. – Als Mittelstellen zwischen den Hauptleuten und dem Kommandanten waren seit Ende Oktober 1831 über die Distrikte besondere Distrikts- oder Bataillonskommandanten gesetzt: sie waren unmittelbare Vorgesetzte der Hauptleute, hatten den Waffenübungen beizuwohnen und Mängel zu rügen, wo sie solche fanden; bei allgemeinen Versammlungen hatten sie den Befehl über die Kompanien ihres Bezirks und konnten auch einem Hauptmann den Befehl über mehrere Kompanien übertragen; in besonders dringenden Fällen waren sie berechtigt, ihren Distrikt durch Generalmarsch [41] zu versammeln. Im Juni 1848 wurden auf Grund freiwilliger Meldung jedem Bataillon zwei Ärzte (und einer der Friedrichstädter Division) zugeteilt. – Die gesamte Kommunalgarde befehligte der Kommandant, unterstützt von seinen Adjutanten: er bestimmte die Waffenübungen und den inneren Dienst, hatte auch das Recht, in dringenden Fällen die gesamte Truppe durch Generalmarsch zu versammeln. Zur Seite stand ihm ein Stellvertreter, der Unterkommandant. Die übergeordnete Behörde des Kommandanten war das Generalkommando sämtlicher Kommunalgarden des Königreichs; bei ihm mußten alljährlich zu Michaelis Bestands- und Waffenrapporte eingereicht werden. Stand die Kommunalgarde unter Waffen, so war sie dem Gouverneur von Dresden unterstellt, der ihr seine Befehle durch den Kommandanten zu geben hatte; der Gouverneur konnte die bürgerliche Truppe abgesondert, aber auch vereint mit dem Militär zur Dienstleistung heranziehen (laut Reskript vom 14. April 1832).

Gouverneur und Kommandant in einer Person war General von Gablenz, seitdem er am 28. September auch mit dem ersteren Posten betraut worden war. Da er aber nach einem halben Jahr sich außerstand erklärte, beide Ämter gleichzeitig zu führen, so wurde nach einer kurzen einstweiligen Kommandoführung durch Prinz Johann in der Neuwahl am 11. April 1831 unter drei vorgeschlagenen Offizieren Oberst Krug von Nidda mit großer Stimmenmehrheit zum Kommandanten gewählt, dem am 14. April General von Gablenz das Kommando übergab. Diesem war am 12. Dezember bei Gelegenheit der Revue zu Ehren des Geburtstags des Oberkommandierenden, des Prinzen Johann, das Ehrenbürgerrecht der Stadt verliehen worden, während die Adjutanten von Mangoldt, von Reutter, von Reitzenstein und von Spiegel kostbare Ringe zum Andenken erhielten.

Der neue Kommandant mußte gleich zu Beginn seiner Tätigkeit eine schwere Verwicklung in der Kommunalgarde erleben. Seit Februar 1831 setzten in der Bevölkerung vereinzelte leichte Unruhen, Brandstiftungsversuche, Lärmauftritte wieder ein; sie waren verhältnismäßig bedeutungslos, beim Erscheinen der Kommunalgarde liefen die Pöbelhaufen immer schnell auseinander. Jedoch hatten unter der Oberfläche die Bestrebungen jenes Bürgervereins weit über die Wiederherstellung der Nationalgarde hinaus einen immer gefährlicheren Anstrich angenommen. [42] Infolge der deshalb von der Regierung am 6. April verfügten Auflösung des Vereins und der Verhaftung zweier Mitglieder entstanden am 17. und 18. April neue schwere Unruhen. Nachmittags sammelten sich Volksmassen auf dem Altmarkt, um die Verhafteten zu befreien. Zwar hielt die nur 18 Mann starke Kommunalgardenwache, die das Rathaus besetzt hielt, wacker gegen die andringenden Massen stand, konnte aber nicht verhindern, daß diese hinter ihrem Rücken durch die Tür in der Scheffelgasse eindrangen und die Verhafteten befreiten und davonführten. Unter den Massen waren auch verschiedene Kommunalgardisten ohne weiße Binde, ja an der Spitze der befreienden Gewalttat stand sogar einer ihrer Zugführer. Es wurden auch Gefechte zwischen Kommunalgarden mit Binde und solchen ohne Binde beobachtet. Da es Sonntag war und viele Bürger über Land, so hatte der Generalmarsch wenig Erfolg. Prinz Johann eilte mit seinem Adjutanten auf den nächsten Stellplatz, den der 6. Kompanie, wo kaum 12 Mann sich versammelt hatten. Mit diesen eilte der Prinz durch die Webergasse nach dem Markt, brach durch die wieder zurückgekehrten und wachsenden Volksmassen und vereinigte sich mit der Rathauswache und mit den inzwischen durch Oberst von Krug zusammengerafften Kommunalgarden, etwa 25 Mann von der 11. Kompanie und vereinzelten Leuten aus den anderen Kompanien. Diese geringen Kräfte drängten die Massen anfangs zurück, machten auch Gefangene, konnten aber trotz Mut und Tatkraft doch nichts Entscheidendes gegen die aufrührerische Menge ausrichten, und so mußte ein Linienbataillon eingreifen und den Markt säubern, worin es von den allmählich zahlreicher herbeieilenden Kommunalgarden unterstützt wurde. Das Militär zog sich darauf bald wieder zurück und überließ die Erhaltung der Ruhe der Kommunalgarde. Inzwischen waren auch die beiden befreiten Häftlinge wieder in Haft gebracht worden, wobei sich die 7. Kompanie hervortat. In der Nacht regten sich neue Unruhen: Pöbelhaufen, die von der Wilsdruffer Vorstadt in die Stadt zu dringen suchten, wurden von der Kommunalgarde zerstreut. Am folgenden Tage aber gab es wieder ernstere Zusammenstöße. Die Befreiung der Gefangenen war das Ziel der immer aufgeregteren Volksscharen, in denen sich Mitglieder des Bürgervereins und Innungsleute mit dem Gassenpöbel mischten. Prinz Johann, der [43] die aufgestellte Kommunalgarde musterte, wurde stürmisch um Freigebung der Gefangenen angegangen, blieb aber kaltblütig und fest. Auch diese zweite Nacht verbrachte der Prinz wachend in der Mitte der Kommunalgarden. Bei Einbruch der Nacht suchten die tobenden Massen wieder auf den Altmarkt vorzudringen, der von Militär und Kommunalgarde besetzt war. Der Ansturm wurde immer heftiger, bis endlich das Militär aus seiner Zurückhaltung heraustrat und einige scharfe Salven abgab. Jetzt wurden die Massen, die schon das Pflaster aufgerissen und den Barrikadenbau begonnen hatten, zurückgetrieben. Noch einmal sammelte und verschanzte sich der Aufruhr auf dem Postplatz. Eine Abteilung Kommunalgarde ging angriffsweise vor, mußte aber wieder zurückgehen, und so mußte auch schließlich hier das Militär durch einige Feuersalven Ruhe schaffen.

Die Kommunalgarde hatte also für diese allerdings sehr ernste Probe nicht genügt. Dabei fiel ein Ausrüstungsmangel ins Gewicht, an dem sie freilich keine Schuld trug: sie war nicht mit scharfen Patronen versehen. Im ganzen mochten sich etwa 2400 Mann auf den Sammelplätzen eingefunden haben. Für die Abwesenheit vieler Gardisten konnte die Entschuldigung gelten, daß sie einzeln nur schwer und nicht ohne Gefahr aus ihren entfernten Wohnungen durch die aufrührerische Menge hindurch auf ihren Stellplatz gelangen konnten: viele wurden unterwegs vom Pöbel aufgehalten, gröblich beleidigt, ja entwaffnet und zur Umkehr gezwungen. Einzelne Abteilungen aber hatten ihre Pflicht in vollem Maße getan und manche darunter sich durch Mut ausgezeichnet. Ein eingeschränktes und bedingtes Lob verkündete der Kommandant in einer Bekanntmachung vom 21. April: „Prinz Johann hat mich beauftragt, den Mitgliedern der hiesigen Communalgarde, welche in den letztvergangenen Tagen ihre Dienste mit Eifer und Pflichttreue erfüllt haben, wovon Höchstdieselben zum Teil Augenzeuge waren, Höchstihre vollkommenste Zufriedenheit zu erkennen zu geben. S. K. H. haben sich hierbei aufs neue überzeugt, daß das Institut der Communalgarde, wenn alle seine Mitglieder von gleichem Pflichtgefühle für Ordnung und Gesetzlichkeit beseelt sind, von unverkennbarem Nutzen für das Gemeinwohl ist und stets bleiben wird.“ Die Bekanntmachung ließ zwischen den Zeilen durchscheinen, daß an höchster Stelle das Vertrauen in die Einrichtung [44] durch den geringen Umfang ihrer Dienstleistung bei Stillung dieser Unruhen zwar eine gewisse Erschütterung erfahren hatte; sie war aber anderseits keine Bestätigung für die umlaufenden Gerüchte und Befürchtungen, daß die Kommunalgarde ihrer baldigen Auflösung entgegensehe, und diese wurden auch durch die Tatsachen nicht gerechtfertigt. Aber gerade diese Befürchtungen, die über die Bürgerkreise hinaus die Gemüter bewegten, zeigten doch auch deutlich die Liebe und Begeisterung, mit der man die neue Einrichtung umfaßte. Der Verfasser der Kommunalgardenchronik, von Nostitz, äußert sich dazu etwas hochtönend: „Wie hätte man den Männern auch also mit Mistrauen lohnen können, welche zum Schutze des Fürstenhauses und zur Herstellung des schändlich gestörten Friedens in froher Begeisterung die Waffen ergriffen und dem Gesetze die ihm gebührende Achtung wieder verschafften ... Der Verein ist eine Einrichtung auf so lange Zeiten, als Aufklärung, Geistesfreiheit und Humanität herrschen und das Bürgertum seine ursprüngliche höhere Bedeutung behalten wird.“ Und der bekannte Professor Krug in Leipzig fragt besorgt[2]: „Warum ist wohl in dem Entwurfe der neuen Städteordnung nichts von der Communal- oder, wie es besser heißen würde, Bürgergarde gesagt; man wird doch dieses herrliche echt bürgerliche Institut nicht wieder wollen eingehen lassen?“

Einstweilen kam ja eine Auflösung noch nicht in Frage. Aber eine gründliche Säuberung von unzuverlässigen und bedenklichen Bestandteilen, deren Vorhandensein die Ereignisse bewiesen hatten, eine „Epuration“, wie man es nannte, wurde vorgenommen, um die Kommunalgarde zu einem tauglichen Werkzeug der Ordnung zu machen. Zunächst befahl Oberst von Krug sämtlichen Hauptleuten, alle, die in den Tagen der Gefahr ohne hinreichende Entschuldigung ausgeblieben waren, sowie alle ihnen als unzuverlässig bekannten Leute ihrer Kompanie zu entwaffnen und anzuzeigen. Darauf wurden 170 Personen entwaffnet und 530 vom Dienst dispensiert. Da aber diese Maßregel noch nicht genügend schien, wurde am 27. April unter dem Vorsitz des Prinzen Johann eine besondere Kommission zur Umgestaltung der Dresdner Kommunalgarde eingesetzt, die ihre Tätigkeit am 29. April begann. Ihre Aufgabe war die Prüfung der Anzeigen, [Ξ]

Tafel 6 (zu Seite 32), General von Gablenz, Kommandant

[45] die Streichung der Unzuverlässigen, auch solcher, die es wegen Armut, Kränklichkeit und Abhängigkeit waren, die Auflösung und Verschmelzung von Kompanien, die Einleitung der Neuwahlen von Offizieren und die Entwerfung eines besonderen Regulativs für die Dresdner Kommunalgarde. Von der Auflösung und Verschmelzung einzelner Kompanien wurde als von einer zu harten Maßregel abgesehen; nur wurde für einzelne Kompanien die Neuwahl von Offizieren angeordnet, die aber zum Teil Wiederwahl ergab. Für die Prüfung war als allgemeiner Gesichtspunkt aufgestellt, daß alle Unzuverlässigen zu entfernen seien, daß aber Trägheit und Bequemlichkeit allein nicht als Entlassungsgrund gelten dürfe; Widerspenstige und Säumige seien vielmehr „mit gesetzlich anzuwendender Strenge“ zum Dienst anzuhalten. Das Endergebnis war, daß 54 wegen Vergehen am 17. und 18. April in Untersuchung befindliche Leute, 75 Arme, 113 Abhängige und 115 andere sofort gestrichen und außerdem 214 Widerspenstige, 491 Dienstsäumige und 141 Drückeberger zur eingehenderen Prüfung vorgeschlagen wurden, von denen man dann noch einen Teil entließ. Die so gesäuberte Kommunalgarde betrug zu Beginn des Jahres 1832 nach Angabe von Nostitz insgesamt 4107 Mann. Der gutgesinnte Teil der Kommunalgarde war betrübt über die Notwendigkeit dieser Maßnahmen und mißbilligte jene Unruhen aufs schärfste: in diesem Sinne war die Adresse gehalten, die eine Abordnung der Organisationskommission mit dem Oberst Krug an der Spitze dem König und dem Mitregenten überreichte.

Die sodann von dieser sogenannten Epurationskommission ausgearbeiteten, unterm 4. Juni 1831 gültig gewordenen „Speciellen Bestimmungen für die Communalgarde zu Dresden“ suchten größere Sicherheit für die Zuverlässigkeit der Mannschaft durch eine Normalzahl für die Kompanie zu erreichen und gestatteten bei erreichter Normalzahl den Austritt ohne gesetzliche Gründe. Diese Bestimmung gab wieder Anlaß zu dem Gerücht, man beabsichtige, die ganze Anstalt allmählich eingehen zu lassen. Nachdem daher auf Antrag sämtlicher Hauptleute die Organisationskommission und die Kommunrepräsentanten gegen die verderblich wirkende Bestimmung über den Austritt Vorstellungen erhoben, wurde am 24. September 1831 die Aufhebung von Punkt 1–4 der „Speciellen Bestimmungen“ angeordnet. [46] Wie aber der Zweck jener Bestimmungen, nämlich den Eintritt einer zu großen Anzahl minder zuverlässiger Personen zu verhindern und möglichste Gleichheit in den Kompaniestärken herzustellen, anderweit erreicht werden könne, wurde durch Generalkommandobefehl vom 28. September dem Kommunalgardenausschuß zur Erwägung anheimgegeben. Ohne den Schein der Willkür auf sich zu laden, sollte man darauf sehen, daß die ganz arme Klasse, die durch die Epuration größtenteils aus der Garde entfernt worden war, nicht nach und nach wieder eindringe, und sollte auf Mittel denken, anerkannt unzuverlässige Personen, wenn ihnen auch kein besonderes Vergehen nachzuweisen sei, vom Eintritt in die Garde auszuschließen. Daß alle diese Vorsicht nicht imstande war, schädliche Keime, wenn sie einmal in der Bürgerschaft Wurzel faßten, von dieser Bürgerwehr fernzuhalten, sollte freilich anderthalb Jahrzehnt später offenbar werden.

Durch Kommandoorder vom 20. Juni wurde die Organisation der hiesigen Kommunalgarde für abgeschlossen erklärt; damit waren nun auch die Geschäfte der Organisationskommission beendet. An ihre Stelle trat für die laufenden Geschäfte der Kommunalgardenausschuß. Zum Geschäftskreis des Ausschusses gehörten in der Hauptsache die Prüfung und Durchsicht der Mannschaftslisten und Waffenverzeichnisse, die Aufsicht über die Verwendung der Gelder, die Entscheidung von Zweifeln über Aufnahme, Entlassung und Dienstbefreiung, die Fürsorge für die Rekrutierung, die Fällung der Urteile bei Dienstvergehen, der Verkehr mit dem Generalkommando und mit den Behörden. – Der Ausschuß eröffnete seine Sitzungen am 1. September 1831 und arbeitete mit großem Eifer – die Zahl von 66 Sitzungen in einem Jahr (1832) ist dafür Beweis genug. Er setzte sich zusammen aus dem Kommandanten als Vorsitzendem, einem Bataillonskommandanten, einem Hauptmann, einem Zugführer, einem Rottmeister, vier Gardisten und je einem Mitglied der städtischen Körperschaften. Alle diese Gruppen wählten ihren Vertreter. Außerdem wählte der Ausschuß einen Protokollanten zu. Eine erste Maßnahme des Ausschusses war die Festsetzung der durch Unruhen und Epuration verzögerten Wahl der Bataillonskommandanten. Ausschuß und Kommando hatten bis 1840 ihre Diensträume im 2. Stock des Hauses Brüdergasse 291, dann im Stadthaus in der inneren Pirnaischen Gasse (Landhausstraße). [Ξ]

Tafel 7 (zu Seite 34)
Prinz Johann

[47] Gewissermaßen ein versöhnender Abschluß der ganzen Säuberungshandlung war die große Parade, die am 25. September 1831 vor dem Prinzen Johann stattfand und nach der am Abend das gesamte Offizierskorps zum Prinzen geladen war. Am Geburtstag des Prinzen, am 12. Dezember 1831, überreichte ihm eine Abordnung der Kommunalgarde, mit dem ältesten Gardisten, einem 77jährigen Greis, an der Spitze, eine Denkmünze. Abends war ein Festmahl, bei dem der Prinz anwesend war; auch veranstalteten die meisten Kompanien besondere Feste.

Es kam nun eine geruhigere Zeit wie für Land und Stadt so auch für die Kommunalgarde, zunächst eine Zeit der inneren Befestigung. Nostitz bezeugt, daß die Kommunalgarde in wenigen Monaten nach der Epuration an innerem Gehalte gewonnen, mehr aber noch ihrem Äußeren nach sich ausgebildet habe – was auch König und Mitregent anerkannten. Bei der Heerschau vom 2. September 1832 auf den Feldern vor Friedrichstadt unter den Augen des Königs und des Mitregenten betonte der prinzliche Oberbefehlshaber in seiner Ansprache, daß die Truppe seit Jahresfrist an äußerer Haltung und innerer Festigkeit gewonnen habe. Den Erwartungen, die man damals von der neuen Einrichtung hegte, entsprach auch die geachtete Stellung, die man ihr einräumte und die am klarsten in einer Bestimmung der Allgemeinen Städteordnung sich ausprägte, wonach die von der Kommunalgarde Ausgeschlossenen auch der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig gingen. Nur ganz vereinzelt lassen sich in dieser Zeit der Blüte Stimmen vernehmen wie die eines Redners der Ersten Kammer von 1837, der die Kommunalgarde für „weder ein notwendiges noch ein zweckmäßiges Institut“ erklärt, aber doch auch sehr wohl erkennt, „daß die Zeit noch nicht gekommen sei, wo jene Meinung in den Gemütern der Staatsbürger tiefere Wurzel geschlagen habe“. Vielmehr fand die damals ziemlich allgemeine Anschauung von der Kommunalgarde als „Schutzwehr für Stadt und Land“ gerade in derselben Kammer bei mehreren Rednern lebhaften Ausdruck: einer nannte das Institut, das „einer richtigen Idee entsprungen“ sei, „ein wahrhaft großartiges“. Und daß man in der Bevölkerung draußen erst recht so dachte, kann nicht wundernehmen. Advokat Heydenreich urteilte, daß die Einrichtung bei allen Mängeln doch auf einem vollsten Begreifen der Zeit beruhe. [48] Auch gute soziale Wirkungen versprach man sich von ihr. Nostitz hofft, daß bei allseitiger Pflichterfüllung und festem Zusammenhalt die neue Einrichtung als die mächtigste zeitgemäße Umgestaltung der sozialen Verhältnisse betrachtet werden könne. Über das Verhältnis zwischen Soldat und Bürger findet sich in einem Reiseführer der Zeit folgende hübsche Randbemerkung: „Das Sächsische Linien-Militär blickt und drückt nicht mehr wie sonst auf den Bürgerstand herab, es fand in der Communalgarde ein achtunggebietendes Gegengewicht. Das tiefgesunkene Selbstbewußtsein des Bürgerstandes erhob sich durch diese und fand die gebührende Würde wieder.“ Ein anderer zeitgenössischer Beurteiler, Schulrat Heger, rechnet ihr neben dem Verdienst um den Schutz von Ordnung und Eigentum noch besonders hoch an, daß durch den bei ihr gepflegten kameradschaftlichen Verkehr der vor 1830 in Dresden herrschende Kastengeist sich abgeschliffen habe. Und ein Kammerredner von 1848 rühmt nachträglich den schönen Gemeinsinn, der die Anstalt in der ersten Zeit beseelt habe. Mit welchen Augen des Stolzes und der Liebe gerade die Besten unter den Bürgern die Einrichtung betrachteten, zeigt folgender kleine Zug: 1832 traten ihr mehrere angesehene Bürger, darunter der königliche Leibarzt Hedenus, als Freiwillige bei mit der Erklärung, daß sie nur als Gardisten Dienste leisten und niemals eine Führerstelle annehmen würden, weil sie nur beabsichtigten, säumigen Mitbürgern ein Beispiel des Gehorsams vor dem Gesetz und der bereitwilligen Förderung der bürgerlichen Wohlfahrt zu geben.

Ein solches Beispiel war freilich nötig. Dem Abgang an Mannschaften gegenüber, der z. B. 1832 schon über 300 betrug, war der Ersatz verhältnismäßig gering, weil es an einem sicheren Nachprüfungsverfahren über die dienstpflichtigen Einwohner mangelte. Trotz aller anfänglichen allgemeinen Begeisterung für die Sache gab es naturgemäß im einzelnen viele Einwohner, die sich ihrer Dienstpflicht zu entziehen suchten, entweder durch Gesuch um Befreiung oder, wenn es unbemerkt ging, durch Unterlassung der Anmeldung. Manche verweigerten auch einfach den Beitritt. Viel Aufsehen machte die weit herumgetragene Erzählung von einem Kriegsratssohn, der sich dem Zwang der Einziehung widersetzte und lieber eine achtwöchige Haft absaß[3]. Über die Behandlung gesundheitlicher Hinderungsgründe wurden [Ξ]

Tafel 8 (zu Seite 34), (vgl. Bilderverzeichnis)
Revue vor Prinz Johann am 26. September 1830

[49] im Mai 1832 besondere Bestimmungen erlassen; zur medizinischen Begutachtung solcher Einsprüche wurden dann im Juli die bekannten Ärzte Hedenus und Ammon verpflichtet. Der heimlichen Drückebergerei suchte man beizukommen durch Maßregeln zur Ermittelung der kommunalgardenpflichtigen Einwohner. Man beriet lange Zeit hin und her über alle möglichen Vorschläge. Die Bürgerlisten reichten nicht aus, die Einwohnerlisten der Polizei schienen ungeeignet. So wurden nun 1835 die Hausbesitzer angewiesen, ihren jährlich zweimal einzureichenden Mietbewohnerverzeichnissen zwei Spalten über die Kommunalgardendienstpflicht beizufügen. Ferner sollte ein Beamter des Ausschusses aus den Einwohnerlisten an Polizeistelle Auszüge fertigen, die dann an die Feldwebel der 35 Kompanien zur persönlichen Erörterung verteilt wurden. Diese Erörterungen waren aber sehr mühselig und zeitraubend, und die Feldwebel fanden mitunter höchst unfreundliche Aufnahme: sie klagen über Häuser, „deren halsbrechende Treppen Leitern, deren Einwohner selbst aber den Bewohnern jener rauhen Zone ähnlich waren, wo Humanität unter die unbekannten Begriffe gehört“. Die ganze Maßregel entsprach in ihrem Ergebnis, das mit dem Aufwand an Zeit, Mühe und Kosten in keinem Verhältnis stand, den gehegten Erwartungen nicht und wurde daher bald wieder aufgegeben. Eine weitere Maßnahme bestimmte, daß Stadtrat und Justizamt halbjährlich im Amtsblatt öffentliche Aufforderungen an alle Dienstpflichtigen erlassen sollten, sich bei Geldstrafe von einem Taler binnen Monatsfrist beim Kommunalgardenausschuß zu melden. Den geringen Ernst dieser Maßregel zeigte schon das niedrige Strafmaß. Im übrigen erschien diese öffentliche Aufforderung nur einmal, am 13. April 1835. So schliefen alle diese Maßregeln bald wieder ein, weil man sich nichts davon versprach und sie zu lässig betrieb. Man machte sich’s bequem und übte nur da einen Druck aus, wo die Gelegenheit dazu sich leicht bot. Nur diejenigen wurden überwiesen, die zur Betreibung eines bürgerlichen Geschäfts das Bürgerrecht erlangen mußten, in der Hauptsache also Gewerbetreibende und Kaufleute. Es fehlten namentlich die Staatsdiener und die Gebildeten – ein Übelstand, der auch für den Geist der Kommunalgarde sehr nachteilig war. So wurden denn die Klagen über die mangelhafte Ergänzung, die weder dem Gesetz noch dem Geist und Zweck [50] einer allgemeinen Staatsbürgerbewaffnung entsprach, seit 1846 wieder lauter. Die Truppe war von rund 6000 in der Anfangszeit schon im Mai 1832 auf etwa 3700 und weiter allgemach auf kaum 3000 herabgesunken, während sie in dem dreimal kleineren Chemnitz 5000 Mann stark war; auch Leipzig war der Hauptstadt überlegen. Man richtete eine Anfrage nach Leipzig, wie es dort mit der Rekrutierung gehalten werde. Neue Maßregeln wurden erwogen „weniger wegen der dem Eintritt in die Communalgarde bisher entzogenen Anzahl von Mitgliedern, als vielmehr wegen des nachteiligen moralischen Einflusses, welchen der häufig als absichtliche Begünstigung angesehene Nichteintritt vieler ausschließlich den höheren und gebildeten Klassen angehörenden Individuen notwendig hervorbringen muß“. Und man packte die Sache jetzt auch hauptsächlich an dieser Stelle, insbesondere bei den Beamten an. Zwar die Anregung des Kommunalgardenausschusses, daß von allen Behörden jährlich Angestelltenverzeichnisse einzureichen seien, fand keinen günstigen Boden. Aber das Ministerium beschloß, daß alle königlichen und städtischen Behörden ihre Angestellten anweisen sollten, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Im übrigen verwies das Ministerium auf Adreßbuch und Staatshandbuch als geeignete Mittel, die Dienstpflichtigen kennenzulernen. Auch auf die öffentliche Aufforderung durch den Stadtrat an alle Kommunalgardenpflichtigen griff man im April 1847 zurück, wobei man die Versäumnisstrafe auf 2 Taler erhöhte. Da die Erfahrung lehrte, daß Leute ärmeren und geringeren Standes fast ausnahmslos sich stellten, wurde im Oktober die Strafe nach dem Vorgang von Leipzig auf 5 Taler erhöht. Aber zunächst war auch jetzt kein durchgreifender Erfolg zu sehen. Auch die von Zeit zu Zeit bei der Polizei eingereichten Einwohnerverzeichnisse ergaben keine ausreichenden Unterlagen, da die Spalten über die Kommunalgarde nur mangelhaft ausgefüllt waren. Man dachte wieder an Verzeichnisse, die von Feldwebeln in kleinen Bezirken oder allgemein von den Hausbesitzern aufzustellen seien, man erwog die Bildung eines förmlichen Rekrutierungsausschusses. Es folgten über diese Vorschläge langwierige schriftliche Verhandlungen zwischen Kommunalgardenausschuß, Stadtrat, Kommunalgardenverein, Bürgerwehrverein, die sich bis in den April 1849 hinzogen, aber nichts Greifbares zutage förderten. Beim Kommunalgardenausschuß war der gute Wille vorhanden, [51] aber er hatte nicht genug Leute, um die nötigen Nachforschungen anzustellen. Beim Stadtrat freilich hat man nicht immer den Eindruck des guten Willens, vielmehr ist dort eine gewisse Neigung zur Verschleppung unverkennbar.

Was aber den schwächlichen Bemühungen der Behörden durchaus nicht gelingen wollte, das brachte der Umschwung der Zeiten mit Leichtigkeit zustande; nun fielen auch die amtlichen Anordnungen und Aufforderungen auf einen besseren Boden. In den Märztagen 1848 erboten sich viele zum freiwilligen Dienst, die zu einem beträchtlichen Teile auch dabei blieben. Ende Mai konnte der Kommunalgardenausschuß dem Rat melden, daß sich durch die neueren Zeitereignisse „eine regere Teilnahme unter den selbständigen Einwohnern der Stadt für die Communalgarde gezeigt“ habe und „daher sehr viele in deren Reihen wieder eingetreten" seien; oft wurden jetzt an einem Tage an die 100 verpflichtet; sie konnten nicht einmal alle bewaffnet werden, da Mangel an Gewehren eintrat.

Die Dienstpflicht erstreckte sich auf das 21. bis 50. Lebensjahr. Diese hohe Altersgrenze wurde vielfach als Last empfunden und hatte eine Menge von Befreiungsgesuchen zur Folge. Eine mäßige Herabsetzung erschien Bedürfnis; im Dresdner Kommunalgardenausschuß kam die Sache mehrmals zur Sprache. Dann beschäftigten sich 1837 anläßlich einer Petition auch die Kammern damit: die Zweite Kammer beantragte zunächst zwar die Beibehaltung der Altersgrenze, aber innerhalb derselben die Einteilung in aktive Truppe und Reserve mit dem 40. Jahr als Grenze zwischen diesen beiden; die Reserve sollte nur zur Teilnahme an der jährlichen Musterung und zum Dienst bei Gefahr für die öffentliche Ruhe verpflichtet sein. Diesen Kammerantrag bekämpfte als zu weitgehend der Dresdner Kommunalgardenausschuß in einem Gutachten an das Generalkommando: darin wurde geltend gemacht, daß die aktive Truppe durch Ausscheidung der Leute über 40 gerade ihres zuverlässigsten Kerns beraubt werde, während die Reserve durch ihre Befreiung von Exerzierübungen für den Ernstfall schlechterdings unbrauchbar werde. Wie einschneidend diese Änderung für Dresden gewesen wäre, ist daran zu ermessen, daß hier ungefähr die Hälfte der Mannschaften und zwei Drittel der Rangträger der Altersklasse über 40 angehörten. In der Ersten Kammer wurden [52] ähnliche Bedenken laut: gerade die größere Selbständigkeit, Erfahrung und Charakterfestigkeit des reiferen Alters habe den Geist der Kommunalgarde wohltuend beeinflußt, durch die Trennung wachse die Last des Dienstes für die aktive Truppe, die Reserve aber, aus lauter älteren Bürgern gebildet, sei schließlich eine lächerliche Erscheinung und werde im Ernstfall, ob abgesondert oder untermischt, mehr hinderlich als förderlich sein – tatsächlich komme die Reserve der Entlassung gleich. So kam man hier zu dem Vorschlag der Altersgrenze von 45 Jahren unter Ablehnung der Reserve. Die Zweite Kammer schloß sich an, und die Regierung verschaffte dem Vorschlag durch Verordnung vom 6. Dezember 1837, die Beschränkung der Dienstpflicht betr., gesetzliche Geltung. Die Verordnung wurde dann in das Gesetz vom 25. Juni 1840 eingeschmolzen, das auch im übrigen Erleichterungen brachte, sowohl auf dem Gebiete der Disziplin (vgl. S. 39) wie auch mit einer Neuregelung der Dienstpflichtbefreiungen.

Diese Herabsetzung der Altersgrenze hatte für Dresden eine Umbildung der Kommunalgarde zur Folge. Der Bestand, der zur Zeit der neuen Verordnung 3088 Mann betrug, sank durch Ausscheiden von 459 auf 2629 Mann und blieb so bis 1848 ziemlich unverändert. Die Zahl der Bataillone wurde auf 6, die der Kompanien auf 22 herabgesetzt. Vorteile der neuen Einteilung waren: daß eine bedeutende Ersparnis erzielt und dem Mangel an Hauptleuten abgeholfen wurde.

Von der Dienstpflicht befreit waren ganze Bevölkerungsklassen: hohe Beamte und Kassenbeamte, Studenten und Schüler, Lehrer, Handlungsgehilfen, Gesellen, Fabrikarbeiter, Tagelöhner, Fremde, seit 1840 auch Anstaltsärzte. Es war ihnen aber, ebenso wie allen, die das Dienstalter überschritten, der freiwillige Eintritt, zum Teil unter bestimmten Voraussetzungen, zugelassen. Nicht zugelassen waren aktive Militärs, außer zu den Kommandostellen, ordinierte Geistliche, öffentliche Beamte, soweit ihre Amtstätigkeit mit dem Kommunalgardendienst unvereinbar war, Dienstboten, gesundheitlich Untüchtige, Almosenempfänger und Arme, Verbrecher und Ehrverlustige, dazu kamen seit 1840 auch die Tagelöhner sowie die Lehrer an öffentlichen Anstalten, während den Privatlehrern der freiwillige Eintritt nachgelassen blieb; 1848 erweiterte man, dem demokratischen Zug der Zeit folgend, den Rahmen wieder stark: Dienstboten, Tagelöhner, ebenso die Lehrer [Ξ]

Tafel 9 (zu Seite 34), (1–10 vgl. Bilderverzeichnis)
Dankfeier am 31. Oktober 1830

[53] wurden zugelassen, sogar Jugendliche unter dem dienstpflichtigen Alter, und dieses selbst wurde wieder bis zum 50. Jahre ausgedehnt.

Die Sorge für den Unterhalt der Kommunalgarde war der Stadt auferlegt. Der Kommunalgardenausschuß stellte bei ihr die nötigen Anträge. Die Ausgaben wurden vom 1. Januar 1832 ab nicht mehr von der Kämmerei, sondern vom Quartieramt bestritten, vorschußweise aus der Kriegsschuldenkasse. Die Stadt suchte diese Kosten natürlich möglichst herabzusetzen. Das gab oft ein langes Hin und Her und auch Meinungsverschiedenheiten zwischen Ausschuß und Stadtbehörden.

Manche Offiziere bestritten allerhand Verwaltungsausgaben für ihre Truppe aus der eigenen Tasche, und auch Gardisten brachten Opfer. Am 4. Oktober 1831 machte der Führer der 8. Kompanie, Dr. med. Rublack, eine Eingabe des Inhalts, daß zur Deckung der laufenden Kompanieausgaben ein Grundstock durch Beiträge solcher Einwohner, die nicht bei der Kommunalgarde dienen, gebildet werden möge. Diesen Vorschlag wiederholte im Juni 1832 der Bataillonskommandant Premierleutnant Gerbing mit Unterstützung der übrigen Bataillonskommandanten. Die Stadtbehörden waren dagegen der Meinung, daß mangels eines Landesgesetzes dieser Weg nicht betreten werden könne, und warfen 1833 besondere Mittel für den Aufwand der Kommunalgarde einschließlich des Verwaltungsaufwands aus: 300 Taler für den Ausschuß und 100 Taler für jede Kompanie, dazu 200 Taler Entschädigung für die Pferdemieten bei den Waffenübungen und der Jahresheerschau. Die in den Haushaltplan eingesetzt gewesene Summe von 4500 Talern reichte also für den gesamten Aufwand aus, während der Ausschuß 6500 gefordert hatte.

Die Frage der Unterstützungspflicht bei dienstlichen Unfällen kam ins Rollen, als bei den Unruhen vom 17. April 1831 ein Gardist durch eine Handverletzung erwerbsunfähig wurde. Er erhielt zunächst aus der Strafgelderkasse monatlich 2 Taler. Die weitere Unterstützung wollte der Kommunalgardenausschuß auf die Stadt abwälzen. Die Kommunrepräsentanten machten als Grundsatz geltend, die Dienstleistung geschehe nicht bloß im Nutzen der einzelnen Gemeinde, sondern des gesamten Staates, und beriefen sich dabei auf das kurhessische Kommunalgardengesetz. Das Ministerium des Innern aber [54] entschied im Dezember 1834, daß Fall für Fall nach den Umständen im Verwaltungsweg zu entscheiden sei, ob die Unterstützung aus Staats- oder Gemeindemitteln zu leisten sei.

So lag den Gemeinden namentlich die Sorge für die Bewaffnung der Truppe ob, soweit die einzelnen Gardisten sich nicht selbst zu bewaffnen vermochten. Doch leistete die Regierung zumal für die erste Ausrüstung eine bedeutende Beihilfe von Bewaffnungsstücken, und zwar fiel diese Beihilfe für die Hauptstadt besonders reichlich aus: während die anderen Städte des Landes größere Opfer bringen mußten, brauchten hier neue Gewehre für längere Zeit überhaupt nicht angeschafft zu werden. Der Generalstab stellte Anfang Dezember 1830 der Dresdner Kommunalgarde aus dem Hauptzeughaus 1582 Infanteriegewehre zur Verfügung, die ohne weiteren Kostenaufwand verwendungsfähig waren. Auch half fürs erste die Übernahme der Waffen der Nationalbürgergarde mit, von denen eine Anzahl allerdings gänzlich unbrauchbar oder dringend ausbesserungsbedürftig waren. Durch freiwillige Beiträge kamen die Kompanien in die Lage, sich nach und nach einen gewissen Eigentumsbestand an Ausrüstungsstücken zu beschaffen. Nostitz in seinem im April 1832 veröffentlichten Buch beziffert die damalige Bewaffnung mit 4290 Gewehren, 373 Säbeln und 1689 Seitengewehren; von den Gewehren war nur ein ganz geringer Teil, von den Säbeln der weitaus größte und von den Seitengewehren ein reichliches Drittel Eigentum der Mannschaft. Bei dem weiterhin auftretenden Ausrüstungsbedarf stellte der Kommunalgardenausschuß Anschaffungsanträge an die städtischen Behörden, die natürlich gern Abstriche machten. Zunächst waren einige tausend Stück Patronentaschen nötig. Zur Begründung der Forderung führte der Ausschuß den sittlichen Gesichtspunkt ins Gefecht, daß „eine vollständige Ausrüstung des Mannes auch wesentlich dazu beiträgt, die Lust zu den Waffenübungen bei ihm zu erwecken und sonach Liebe für das ganze Institut“. Gelegentlich dieser Forderung erfahren wir, daß eigene Patronentaschen Wohlhabender im November 1831 410 vorhanden waren. Das nächste Bedürfnis waren Gewehrriemen, die ebenso wie Patronentaschen vom Rat in gesunder Fürsorge für das Handwerk bei der Riemer- und Täschnerinnung bestellt wurden. Für die Schießübungen waren Patronen erforderlich, jährlich rund 3000 [55] Dutzend. Flintensteine wurden aus der Strafgelderkasse des Kommunalgardenausschusses bestritten. Nicht unbeträchtliche Kosten verursachten auch die Ausbesserungen an Gewehren. Für die Bajonette mußten Scheiden beschafft werden, weil bei großem Menschenandrang, zumal bei Feuersbrünsten, die Vorsicht zwar gebot, die Bajonette nicht auf dem Gewehr zu tragen, während sie doch für den Fall notwendigen Einschreitens mitgeführt werden mußten. Auch beim Generalmarsch, besonders bei Nacht, bedeuteten die ohne Schutz getragenen Bajonette eine Gefahr für den Straßenverkehr, was zu Beschwerden Anlaß gab. Als man die Jägerzüge eingehen ließ, wurden für die in die Kompanien eingereihten Jäger neue Gewehre notwendig, für die man die Mittel zum Teil aus der Versteigerung der von den Jägern bisher geführten Büchsen und Karabiner gewann. Die starke Vermehrung der Kommunalgarde infolge der Ereignisse von 1848 rief einen plötzlichen Mangel an Gewehren und Waffen hervor, zu dessen Behebung aus dem Hauptzeughaus alte Flintenläufe gekauft wurden, die man von Büchsenmachern schäften ließ. Weiteren Anforderungen begegnete der Rat in verschleppender Weise durch Einsetzung eines Ausschusses, der beraten sollte, wie der vermehrte Aufwand, der seit Januar 1848 bis März 1849 über 1800 Taler verschlungen hatte, wo nicht ganz vermieden, so doch vermindert werden könne – er berief sich dabei auf das Kommunalgardengesetz, wonach er nur für die Bewaffnung der Unbemittelten zu sorgen hatte.

Wie mangelhaft die ganze Bewaffnung war, zeigt die köstliche Bemerkung in der Generalorder vom 6. April 1848: „daß der größere Theil der Feuergewehre zum Schusse nicht geeignet sind“. Sie läßt die Bedeutung oder auch das Vertrauen, das man der Einrichtung beimaß, in einem recht eigentümlichen und zweifelhaften Lichte erscheinen. Es läßt sich wirklich manchmal die Frage aufwerfen, ob man höheren Orts die Kommunalgarde als ernste Waffe ansah oder nur als ein Spielzeug, das man dem Bürgertum gönnte.

Die Exerzier- und Schießübungen wurden mit viel Eifer betrieben, erstere auf dem „Steinigt“ vor dem Löbtauer Schlag, das aber wegen seiner Unebenheit und weil es teilweise mit Obstbäumen besetzt war, wenig zum Exerzierplatz geeignet war, auch zur Zusammenübung mehrerer Bataillone nicht Raum genug bot. Im Herbst 1832 mußte [56] es der Ostravorwerkspächter freigeben, worauf der Ausschuß die Einebnung beantragte. Aushilfsweise wurde auch der Garnisonexerzierplatz bei der Alaunhütte soviel als möglich gebraucht. 1837 mußte man sich nach einem neuen Exerzierplatz umsehen, da das Steinigt vom Finanzministerium veräußert werden sollte. Zunächst suchte die Stadtbehörde mit einem Hinweis auf den Militärexerzierplatz weiterer Verbindlichkeit auszuweichen. Aber abgesehen davon, daß dieser sehr selten frei von Militär war, hatte ihn bereits 1833 das Generalkommando wegen seiner Entfernung für untauglich erklärt, da die Übungen mit An- und Abmarsch nur drei Stunden dauern sollten. Nun erwarb die Stadt zu ihrem Acker am Blasewitzer Weg (heute Gerokstraße) zwei anstoßende Felder und stellte das Ganze (später längere Zeit Vogelwiese) der Kommunalgarde zur Verfügung. Die Exerzierübungen waren durch Generalkommandoorder vom 21. Februar 1832 geregelt: sie fanden vom April bis Oktober statt, abwechselnd drei für jedes Bataillon und drei, höchstens aber sechs für jede Kompanie. In den Wintermonaten ruhten laut Generalkommandoorder vom Dezember 1831 alle Exerzierübungen sowie überhaupt jeder nicht unbedingt notwendige Dienst. Für solche, die bei den regelmäßigen Übungen gefehlt hatten, fanden Nachübungen bis zur vorschriftsmäßigen Zahl statt. Das Ausrücken zu den Nachübungen erfolgte ohne Trommelschlag. Für diese Nachübungen wurde im Januar 1847 die Anstellung eines besonderen Exerziermeisters angeregt. Im Laufe der Erörterung dieser Anregung wurde daraus ein allgemeiner Exerziermeister, der jederzeit zur Ausbildung der Mannschaften verwendet werden könne, wodurch die Möglichkeit größerer Gleichmäßigkeit in den Kommandos und deren Ausführung gewonnen werde. Er sollte unter Oberaufsicht eines Offiziers alle neuen Mannschaften ausbilden, die Nachübungen leiten und die neuen Offiziere und Unteroffiziere unterweisen. Am 1. März 1849 wurde dieser neue Exerziermeister, ein Zugführer Tischlermeister Karl Brückner, mit einem Monatsgehalt von 5 Talern angestellt. – Über die regelmäßigen Übungen hinaus waren freiwillige Übungen verboten, um Zwiespalt zwischen den freiwillig Übenden und denen, die dazu keine Zeit übrig hatten, zu vermeiden. Die neue Mannschaft wurde alljährlich im März und April vor den Bataillons- und Kompanieübungen eingeübt, wobei vier Übungen vorgeschrieben, aber nötigenfalls [Ξ]

Tafel 10 (zu Seite 60)
Ordnungsdienst der Kommunalgarde bei der Reformationsjubelfeier 1839

[57] mehr nachgelassen waren. Für die Vorübungen war bei ungünstiger Witterung der Saal des Gewandhauses eingeräumt. Das ältere Exerzierreglement, im Drang der Umstände schnell angefertigt und dann nicht ausreichend befunden, wurde laut Order des Generalkommandos vom 30. März 1832 durch ein neues ersetzt. Den regelmäßigen Übungen wohnte oft der Oberkommandierende Prinz Johann bei. – Seit 1832 wurde es auch für zweckmäßig erachtet, daß die reitende Kommunalgarde im Winter Reitbahnübungen abhalte, wöchentlich ein Viertel der Schwadron.

Die Schießübungen fanden auf dem Schießhause statt, nicht zur Freude der Anwohner, die in einer Beschwerde äußern: „Die in dem Losbrennen ihrer Musketen und Büchsen sich so sehr gefallenden, weder Zeit noch Pulver sparenden Communalgardisten sind, wie schon mehrere Unglücksfälle beurkunden, noch keineswegs im Feuern so exerciert, um bei Schießübungen alle Gefahr entfernt zu halten.“ In ernster Zeit, im aufgeregten Frühjahr 1848, drängte sich dann dem Generalkommando die Notwendigkeit als zwingend auf, der Kommunalgarde eine wesentlich erhöhte Ausbildung zu geben und sie namentlich im Gebrauch der Feuerwaffen mehr wie seither zu üben. Es war der allgemeine, auch aus der Mitte der Kommunalgarde heraus geäußerte Wunsch, daß sie als völlig kampfgerüstete Truppe dastehe. Es wurde deshalb eine genaue Untersuchung der Gewehre angeordnet und für ihre Instandsetzung sowie für Anschaffung von Schießstoff Sorge getragen. Zur Errichtung von Schießständen überließ Amtshauptmann von Oppell einen Teil des Platzes links der schlesischen Bahn unweit des Waldes.

Alljährlich im September wurde vom Generalkommando eine große Heerschau abgehalten. Oft wohnte ihr auch der König bei; die dabei gezeigten Fortschritte in Ausbildung und Haltung wurden in einem Tagesbefehl belobt und das Wohlgefallen des Königs ausdrücklich betont. Außer dieser regelmäßigen konnten außerordentliche Paraden nur bei besonderen wichtigen Gelegenheiten vom Kommandanten angeordnet werden. – Mitunter wurde auch Generalmarsch geschlagen mit der Grundvorstellung eines irgendwo ausgebrochenen Aufruhrs. Bei einem solchen, freilich nur in der Vorstellung bestehenden Aufruhr konnte Prinz Johann das schnelle und zahlreiche Einfinden, die [58] Ruhe und Ordnung sowie die Bestimmtheit und Sicherheit der Bewegungen loben.

Zu einer Verwendung im Ernstfalle kam es in den Ruhejahren 1832–47 nicht. Der seit den Aprilunruhen von 1831 fortgesetzte Nachtwachdienst wurde im Dezember dieses Jahres eingestellt; die Wachtstube im Rathaus blieb aber weiter zur Verfügung. Gerüchte von geheimen Umtrieben und häufige Diebstähle veranlaßten bald darauf den Gouverneur, beim Kommandanten nächtlichen Streifdienst der Kommunalgarde zu beantragen: solcher fand im März und Anfang April 1832 statt und wurde durch Freiwillige ausgeübt, die sich zahlreich meldeten. Eine ernstere Gelegenheit zur Verwendung wäre im Teuerungsjahr 1842 gegeben gewesen. Da schon bei einem öffentlichen Brotverkauf Straßenunfug vorgekommen war, so besorgte man für das Konstitutionsfest größere Ruhestörungen und versicherte sich schon im voraus der Mitwirkung der Kommunalgarde. In der Tat zog sich um die Mitternacht des 4. September ein durch zahlreiche Mitläufer und Neugierige verstärkter Schwarm von Ruhestörern, meist betrunkenen Burschen, zusammen; sie ließen vor dem Schloß ihren monarchischen Gefühlen mit wildem Hochgeschrei auf den König freien Lauf, tobten dann, durch die Straßen ziehend, gefolgt von einem Schwarm Neugieriger, ihre anarchischen Gefühle aus und befanden sich wie von einem alten kräftigen Zauber angezogen richtig wieder vor dem Polizeihaus in der Scheffelstraße, wo auch alsbald das gewohnte Einwerfen von Fenstern und Laternen begann. Eine von der Hauptwache anrückende Militärabteilung im Verein mit der Polizei schaffte durch Verhaftung der Vorlautesten schnell Ruhe. Wo aber blieb die Kommunalgarde? Da das Ereignis nicht unerwartet kam, so erscheint die Entschuldigung des Kommandanten, daß der erwartete höhere Befehl zum Generalmarsch ausgeblieben sei, nicht ausreichend. Übrigens erteilte der Kommandant dem Bataillonskommandanten des betroffenen Distrikts einen Verweis, weil er sein Bataillon nicht sofort versammelt hatte.

Dabei hatte es sein Bewenden, und niemand gab der Sache weitere Folgen. Und doch beleuchtete diese Begebenheit eigentlich blitzartig den wahren inneren Zustand der Kommunalgarde und ließ ihn nicht im rosigsten Licht erscheinen. Es wurde dadurch deutlich, daß nach der [59] inneren Befestigung, die durch die „Epuration“ erreicht worden war, doch unmerklich schon eine gewisse Verlotterung sich eingeschlichen hatte, die man als den Beginn des Verfalls ansehen mußte. In guter und richtiger Absicht hatte man das Heer zum Vorbild der Anstalt genommen, aber man ging darin zu weit und wollte sie zu sehr zu einer Art Militär machen. Damit verfiel man der Gefahr, die in jeder Nachahmung liegt, daß man die Schale für den Kern nimmt oder Gutes zusammenhanglos überträgt. Und so kam die Kehrseite obenauf. Der warme Freund der Kommunalgarde hatte doch schon in der besten Zeit mit scharfem Auge schwache Stellen erspäht: er meinte, noch fehle der wahre Gemeinsinn, zahlreich vertreten seien noch die Gleichgültigen, die Widerwilligen und diejenigen, die geringfügige und unwesentliche Dinge für das Wesentliche halten; ja er geht bis zu der Befürchtung, das Institut könne vielleicht dereinst zum leeren Puppenspiel herabsinken. Der Unterkommandant Freiherr von Friesen nennt es in der Kammer „ein ernstes Institut, das jede Spielerei vermeiden muß“ und ruft aus: „Sollte irgend eine Spielerei und Scherz damit verbunden sein, so müßte ich die Mühe, die ich seit 7 Jahren bei der Communalgarde gehabt habe, bedauern.“ Den Verfall, den hier Gönner der Einrichtung, wohlwollend warnend, halb unbewußt als entfernte Möglichkeit vorausschauen, suchte später rückschauend ein Maikämpfer, Musikdirektor Röckel, durch ihr Versagen für Revolutionszwecke gereizt, mit mißgünstigen Worten als Notwendigkeit, die aus ihrem Wesen entspringe, zu erklären: „Die ganze Zusammensetzung dieses aus der behäbigen Bürgerschaft recrutierten, alle Altersklassen umfassenden Corps hatte es von je unfähig zu irgend etwas Ernsterem gemacht als zu festlichen Aufzügen und höchstens zur Unterdrückung von kleinen Pöbelexcessen.“

Einstweilen war die Zeit noch nicht da, wo ernstere Vorgänge Bewährung forderten. Aber im öffentlichen Leben der ruhigen Zwischenzeit fand die Kommunalgarde eine häufige und vielseitige Verwendung auch in der von Röckel gemeinten Richtung. Sie hatte bei vielerlei Gelegenheiten, die größere Menschenmassen auf die Beine brachten, den Ordnungsdienst zu versehen. Der wesentlichste und wichtigste Teil des Dienstes in ruhiger Zeit war der Dienst bei Feuersbrünsten, für den sogar unter dem 21. Januar 1832 eine besondere Dienstvorschrift aufgestellt wurde. Die diensttuende Abteilung hatte die brennenden [60] Gebäude und die angrenzenden Straßen zu besetzen, sie von müßigen Zuschauern zu säubern und das gerettete Eigentum zu bewachen. Da Feuerlärm leicht Ausschreitungen im Gefolge hatte, so stand die Kommunalgarde hier auch nicht selten vor der Notwendigkeit, in größerem Umfang Ordnung zu schaffen. – Beim Feuerwerk am Konstitutionsfest hatte sie die Aufsicht, bei der Konfirmation in der Kreuzkirche am Palmsonntag, bei der öffentlichen Geschenkausteilung an arme Kinder und ähnlichen Gelegenheiten versah sie den Ordnungsdienst. Auf der Vogelwiese, wo 1834 grobe nächtliche Ausschreitungen vorgefallen waren, war seitdem einige Jahre hindurch eine Abteilung von 30 Mann mit eigenem Wachtraum zur Unterstützung der Polizei tätig – ein Dienst, der vermutlich nicht unangenehm empfunden wurde. Selbst bei Hinrichtungen, die damals noch öffentlich vor sich gingen, wirkte sie durch Absperrung mit. Kurzum: sie wurde bei allen Gelegenheiten verwendet, für die man heute ausschließlich die Polizei zur Verfügung hat. Eine große Rolle, halb zum Dienst und halb zum Prunk, spielte sie bei öffentlichen Festen, namentlich bei solchen des Fürstenhauses und der Stadt, so bei der Verfassungsübergabe am 4. September 1831, bei der Einführung des neuen Stadtrats am 31. Mai 1832, bei der Überführung der Leiche König Antons am 8. Juni 1835, bei der Eröffnung der Eisenbahn im April 1839, bei der Reformationsjubelfeier im Juli 1839 – um nur einige der wichtigsten zu nennen. Paraden, Geleitzüge, Reihenbildungen, auch Schloßdienst, teilweise zusammen mit dem Militär, waren bei solchen feierlichen Gelegenheiten ihre Aufgabe. Jedoch tadelte 1839 das Oberkommando die häufige Verwendung zu gewöhnlichen Polizeidiensten ebenso wie zu Paraden, die mehr zur Belustigung und zum Gepränge dienten, ohne engeren Zusammenhang mit ihrem Zwecke zu haben, und machte in dieser Hinsicht möglichste Zurückhaltung zur Pflicht. Eine „unzweideutige Hinneigung zu militärischem Schaugepränge, dem ja ohnedies im allgemeinen schon nur zu sehr gehuldigt zu werden scheint“, erblickte der Rat 1834 in der förmlichen Anstellung eines Kommunalgarden-Musikkorps, die mit der ursprünglich beabsichtigten Einfachheit dieses rein bürgerlichen Instituts kaum im vollen Einklang stehe. Dabei stießen diesen Bürgersoldaten, wie es ja nicht verwunderlich war, gerade in militärischer Hinsicht mitunter kleine Mißgeschicke von stark scherzhaftem [Ξ]

Tafel 11 (zu Seite 64),
Friedrich Bevilaqua
Generalleutnant und Kommandant

[61] Beigeschmack zu. Während des Tedeums in der katholischen Hofkirche hatte die Kommunalgarde in Bataillonsstärke an den Ehrensalven gemeinsam mit dem Militär teilzunehmen: bei der ersten Salve kamen aber viele mit ihrem Schuß zu spät zur großen Heiterkeit der Menge; bei der folgenden Salve gab daher der Kommandant den sich unsicher Fühlenden den Befehl, ihren Schuß im Rohr zu behalten. Auch das Militär trieb gelegentlich einen kleinen Schabernack mit den zivilen Soldaten. Ein Gardist ließ sich einst nach einer Schießübung auf dem Militärexerzierplatz sein Gewehr von Soldaten putzen, fand aber, als er wieder schießen wollte, das Rohr mit Holz verstopft.

Auch bei strengster pflichtmäßiger Auffassung der Sache war doch erklärlicherweise das Soldatenspielen nicht ganz zu vermeiden und hatte trotz Beschwerde und Unannehmlichkeit seinen Reiz. Manche Kompanien schafften sich eigene Fahnen an, sodaß öfters Fahnenweihen stattfanden. Überhaupt war das gesellige Leben, das zunächst der Pflege des kameradschaftlichen Tones galt, ziemlich ausgedehnt: die einzelnen Kompanien hielten nicht bloß regelmäßige Versammlungen zur Besprechung von Kommunalgardenangelegenheiten ab, sondern bildeten sich beinahe zu Vergnügungsgesellschaften aus, in denen ein recht munterer Ton herrschte. Selbst ernste Geschäfte wie die Exerzierübungen hatten gelegentlich einen freundlich-festlichen Nachklang. Dem Exerzieren auf der Vogelwiese schaute viel Volk und Jugend zu. Nach dem Abtreten gab's dann Konzert. Ein Tagebuchschreiber (Canzler) erzählt als Kindheitserinnerung aus dem Jahr 1847: „Die Musik formirt sich zu einem großen Kreis und Kinder machen es sich zum Vergnügen, derselben die Noten zu halten. Alles stärkt sich inzwischen drüben in Frankes Garten. Die Pferde des Kommandanten und der beiden Adjutanten werden von Kommunalgardisten auf- und abgeführt. Abends zieht die Kommunalgarde mit klingendem Spiel und unter zahlreicher Volksbegleitung nach der Stadt zurück.“ Also ein regelrechtes Volksfest, bei dem es äußerst gemütlich zuging. Zugleich ein Zeugnis von der Beliebtheit der Garde bei alt und jung! Auch von der Kompanie des Bankdirektors Kaskel wird erzählt, daß deren Übungen in Antons Garten auf der Langen Gasse, auf dem ein Bierschank ruhte, gewöhnlich eine Art Volksfest nach sich zogen, zu dem die Kastellansfrau [62] Käsekäulchen buk. Die fröhliche Geselligkeit bezeugen auch viele Tafellieder zu Kompaniefestlichkeiten. Im Winter wurden Bälle abgehalten, zu deren Kosten kleine Beisteuern gesammelt wurden. Ein auf den Ernst der Sache bedachter Arzt schlug im Juli 1848 vor, die Bälle wegfallen zu lassen und aus den Beisteuern eine allgemeine Kommunalgardenkrankenkasse zu errichten.

Eine eigentliche Uniform hatte die Kommunalgarde nicht und sollte sie nach Vorschrift nicht haben. Aber bei der großen Ungleichheit der bürgerlichen Kleidung ergab sich doch das Bedürfnis einer gleichmäßigen Bekleidung. Bei dem Bestreben, eine solche herauszubilden, galt es die Eitelkeit zu verbannen, die sich gern mit glänzenden militärischen Abzeichen schmücken wollte. Es gab manche Aussprache darüber im Kommunalgardenausschuß. Aber es gelang, den Standpunkt der Schlichtheit folgerichtig durchzusetzen. So bildete sich – ähnlich, wie wir es heute etwa bei den Turnern sehen – eine Art gemeinsamer Tracht heraus, nach und nach, durch freiwillige Übereinkunft, ohne Befehl und ohne bestimmte Verabredung: blauer Rock mit stehendem blauen Kragen und zwei Reihen blauer Knöpfe, dazu die tschakoartige blaue Mütze mit Lederdeckel. Diese Tracht genehmigte das Generalkommando am 19. März 1832. Die genehmigten Rangabzeichen für Offiziere und Unteroffiziere waren: weiße Schärpe für die Offiziere, von den Hauptleuten quer über die Brust, von den Zugführern um den Leib zu tragen, weiße Schleife im Knopfloch für Rottmeister und Feldwebel. Seit Februar 1846 war genehmigt, daß alle Kommandanten bis zum Bataillon herab dreieckigen Hut mit Federstutz und Epaulets mit silbernen Fransen, Kommandant und Unterkommandant außerdem noch eine silberne Stickerei am Kragen trugen. Den Tambours waren rotwollene Epaulets mit Fransen gestattet. Die reitende Abteilung trug als besonderes Abzeichen Schildchen und kleine Epaulets mit Messingeinfassung. Neben der genehmigten Tracht war jede andere Kleidung, außer der gewöhnlichen bürgerlichen, streng untersagt – das eigentliche Erkennungszeichen im Dienst war und blieb die weiße Binde am linken Arm, dazu an der Kopfbedeckung die Kompanienummer und die Nationalkokarde; seit 1848 durfte das auch die schwarzrotgoldene sein. Die Tracht empfahl sich durch Einfachheit und Billigkeit. Daher wurde sie 1837 im Landtag als Muster für [63] das ganze Land empfohlen und als allgemeine Kommunalgardentracht einzuführen gesucht. Sie ließ sich ganz gut auch als bürgerliches Kleid im gewöhnlichen Leben tragen: man konnte daher in der Tat auf der Straße und in Gesellschaft alle Tage jemandem begegnen, der den Kommunalgardenrock trug; auch als Staatsrock an Ehrentagen wurde er gern gebraucht. Der hochangesehene Arzt Dr. Hedenus betrachtete ihn als Ehrenkleid, in dem er seinen hochgestellten Kranken ärztliche Besuche abstattete.

Abweichungen von dieser Tracht durch Benutzung der gleichfalls statthaften gewöhnlichen bürgerlichen Kleidung im Dienst waren selten. Es kam mitunter vor und führte dann zu Unstimmigkeiten, daß einzelne in böswilliger Absicht besonders auffällig gekleidet zum Dienst kamen, um Kameraden und Vorgesetzte zu ärgern oder zu necken und eine gewisse Mißachtung der Einrichtung an den Tag zu legen: da trug wohl einer einen weißen Hut, der andere ein grünes Fräcklein, ein dritter eine kurze Nankinghose; oder es hatte einer einen Verweis erhalten und kam dafür beim nächsten Male nicht im Kommunalgardenrock. Ja manche Drückeberger suchten sich auf diese Weise auf Kosten ihrer Kameraden auch Diensterleichterungen zu verschaffen, da man Leute mit ungewöhnlicher Kleidung nicht gern zum Wachtdienst verwendete. Doch blieben alle solchen Fälle vereinzelt und schienen ein ausdrückliches Abgehen von der Vorschrift, daß die Kommunalgarde keine Uniform trage, nicht zu rechtfertigen. Vielmehr hielt man trotz mehrfacher Anregungen, die 1837 im Landtag ergingen, an der Vorschrift fest aus einer gewissen Rücksicht auf Minderbemittelte und wohl mehr noch in dem an sich richtigen Gefühl, der Kommunalgarde ihr Gepräge als Bürgerwehr auch äußerlich zu erhalten und die Nachahmung des Militärs nicht über das notwendige Maß zu erstrecken.

In der Zeit bis 1848 trat mehrfacher Kommandowechsel ein. Oberst Krug von Nidda ging im November 1835 ab. Der Rat rühmte ihm in einem warmen Dankschreiben nach: „Sie hatten die gewiß schwere Aufgabe zu lösen, Personen an militärische Einrichtungen zu gewöhnen, welchen Beruf und Gewerbe dieselben beschwerlich machen müssen. Sie haben Zwecke, die sich widerstreben, zu vereinigen gesucht und diese Vereinigung mit einer wohlwollenden Rücksicht auf die Stellung jedes [64] Einzelnen unter Ihrem Commando im bürgerlichen Leben bewirkt.“ Sein Nachfolger General Bevilaqua, seit dem 21. Juni 1836 Dresdner Ehrenbürger, stand zehn Jahre an der Spitze der Kommunalgarde. Am 16. September 1841 wurde sein 50jähriges Militärdienstjubiläum unter lebhafter Beteiligung der Kommunalgarde gefeiert. Am 9. Dezember 1845 trat er zurück; neun Tage später starb er: das Dankschreiben des Kommunalgardenausschusses traf ihn nicht mehr am Leben und wurde ihm mit ins Grab gelegt. An seiner Stelle wurde General von Einsiedel Kommandant. – Das Generalkommando legte Prinz Johann am 23. Juli 1846 nieder, sein Nachfolger wurde Generalmajor von Mandelsloh. – Unterkommandanten waren: Kammerherr und Geheimer Finanzrat Carl Friedrich Freiherr von Friesen bis 1836, Kammerherr und Zeremonienmeister Hermann Freiherr von Friesen bis 1842, Leutnant Carl Neumann bis 1844, Oberappellationsrat Dr. Carl Held, der spätere Minister, bis 1847 und seitdem Kaufmann Napoleon Carl Lenz. Unter den Offizieren waren alle bürgerlichen Stände vertreten: höhere und niedere Beamte, Gelehrte, Advokaten, Ärzte, Schauspieler, Kaufleute, Handwerker, Gastwirte. Hervorragende Namen begegnen selten. Der sächsische Geschichtschreiber Friedrich Albert von Langenn, später auch Erzieher des Prinzen Albert, war 1832 Kommandant des 8. Bataillons, der Inspektor des Grünen Gewölbes Baron von Landsberg bis 1833 Kommandant des 1. Bataillons, der Hof- und Justizrat Dr. Zschinsky, später Minister, war 1835 Kompanieführer, der radikale Professor und Frankfurter Reichstagsabgeordnete Wigard wurde 1836 Hauptmann und führte 1840 das 1. Bataillon, eine Kompanie führte einige Jahre lang auch der Hofschauspieler Pauli. Einem Töpfer Messerschmidt, Hauptmann der 3. Kompanie, wird nachgerühmt, daß er sie mit großem Geschick einübte. Auch dem Arzt Dr. Leonhard wird als Hauptmann der 30. Kompanie Eifer und Tatkraft nachgesagt. Rittmeister der Schwadron war seit 1832 der Destillateur Franz Schmidt. Dessen Nachfolger wurde im Januar 1840 der wegen eines tödlich verlaufenen Zweikampfes aus der Armee entlassene Oberleutnant Alexander Liscow; ihm wurde im Februar 1847 auch das Kommando des 3. Bataillons übertragen. Da jedoch zwei Kommandos in einer Hand sich schließlich als unvereinbar erwiesen, so wurde im August 1848 [Ξ]

Tafel 12 (zu Seite 64)
Oberleutnant Liscow, Bataillonskommandant

[65] ein neuer Rittmeister gewählt, die Schwadron aber auf ihren eigenen Wunsch dem Oberkommando Liscows unterstellt, der die Liebe und das Vertrauen sämtlicher Mannschaften genoß. – Unter den Gardisten ist der berühmteste Richard Wagner, der im Juni 1848 in die Division Friedrichstadt eintrat. Er stand bekanntlich damals politisch weit links. Und vielleicht mag die Erkenntnis, daß die Kommunalgarde doch nicht ein völlig taugliches Werkzeug zur Durchführung der Demokratie sei, mit zu seinem Entschluß beigetragen haben, Ende März 1849 wegen eines doppelseitigen Leistenbruchs um seine Entlassung zu bitten, also kurz vor Ausbruch des Maiaufstands. Als später die Kommunalgarde neu eingerichtet werden sollte, stand sein Name mit auf der Liste der „wegen Unwürdigkeit auszuschließenden Einwohner“. [66]

4.
Stürmische Zeiten

Das schicksalsschwere Jahr 1848 war bewegt und inhaltsreich auch für die Kommunalgarde. Noch herrschte zwischen ihr und der Krone gegenseitiges Vertrauen. Vor einer Leipziger bürgerlichen Abordnung sprach am 4. März der König die Hoffnung aus, daß es neben den Behörden auch der Kraft und dem guten Geiste der Kommunalgarde gelingen werde, denen gegenüber, die auf ungesetzlichem Wege Ungesetzliches wollten, Gesetz und Ordnung zu bewahren. In dankbarer Verehrung für das Entgegenkommen des Königs auf dem Wege zur bürgerlichen Freiheit brachte ihm die Dresdner Kommunalgarde am 12. März vor dem Schloß ein dreimaliges Hoch aus. Am 22. März wohnte sie auf dem Palais-(Kaiser-Wilhelm-)Platz der Vereidigung des Militärs auf die Verfassung bei: von den beiderseitigen Befehlshabern wurden gegenseitige Hochs ausgebracht, dann zogen Militär und Kommunalgarde vereint im Parademarsch am Schloß vorüber.

Die unruhige Zeit steigerte die Anforderungen an die Bürgertruppe in ihrer Gesamtheit und, bei ihrer oben geschilderten mangelhaften Ergänzung, auch an ihre einzelnen Mannschaften mit einem Male ganz bedeutend. Aus ihrer bisherigen idyllischen Ruhe wurde sie jäh herausgerissen. Sehr bald fand sie Gelegenheit, ihren ernsten Zweck zu erfüllen. Am 14. März kam es zu Unruhen, wobei (nach Canzler) die Kommunalgarde auf dem Postplatz mit der Waffe eingriff. Am nächsten Abend ging es härter her: Pöbelhaufen suchten verwüstend ins Polizeihaus einzudringen. Eine Kommunalgardenkompanie räumte die Scheffelgasse mit gefälltem Bajonett. Aber die Massen wuchsen. Da rief der Generalmarsch die gesamte Garde. Schnell erschienen die [67] Bataillone geschlossen auf dem Altmarkt, und bald war die Menge zerstreut und die Ruhe wieder hergestellt. Schnell und leicht war es der Garde diesmal gelungen, der Unruhen Herr zu werden. Das war dem tatkräftigen und militärisch zweckentsprechenden Vorgehen des Kommandanten von Einsiedel zu danken. Wieder gab es am 28. Mai aus einem mehr zufälligen Anlaß einen größeren Auflauf. Die Volksmenge strömte auf den Altmarkt und forderte die Freilassung eines Polizeigefangenen. Zu größeren Ausschreitungen kam es jedoch nicht, denn rasch sorgte die durch Generalmarsch versammelte Kommunalgarde für Ruhe und Ordnung. Da solche Störungen jetzt immer zu gewärtigen waren, wurde durch Bekanntmachung vom 10. Juni für den Generalmarsch ein in der ganzen Stadt hörbares Zeichen, nämlich das Anschlagen der kleinen Schelle des Kreuzturms bestimmt: bei diesem Zeichen sollten die Hausbesitzer ihre Haustüren schließen und die Schankwirte ihre Gäste zum Nachhausegehen auffordern.

Unter einer tüchtigen Leitung war, wie obige Beispiele zeigten, die Kommunalgarde also doch nicht ganz zu verachten. Ihrem Kern nach war sie dem König und dem Gesetz noch treu ergeben. Es lagen aber Gedanken in der Luft und es waren Kräfte an der Arbeit, die die Kommunalgarde sich dienstbar machen wollten. Eine völlige Umgestaltung nach Zweck und Umfang war ihr Ziel und ihr Werk. Nämlich nicht mehr und nicht minder als eine Volksmiliz wollten die Linkser aus ihr machen und hofften damit allmählich die Beseitigung des stehenden Heeres zu erreichen, wenn sie es auch nicht geradeheraus sagten. Unter den am 12. März bei einer Tagung in Leipzig ausgestellten linksparteilichen Forderungen fanden sich auch folgende: „Umbildung der Wehrverfassung, Verminderung des stehenden Heeres, Verwendung desselben im Inland gegen Inländer nur auf Erfordern der ordentlichen Polizeibehörde und des Commandanten der Communal- oder Bürgergarden.“ „Die Communalgarde ist ihrer Natur nach ein volkstümliches Institut“ – ruft ein Kammerredner aus – „und wenn wir noch soviel Militär bekommen werden, so werden wir doch die Communalgarde nicht entbehren können, wir würden sie auch nie im ganzen Leben wieder hergeben wollen.“ Und der Staat wurde durch eine linksgerichtete Regierung, das Märzministerium, mit in diesen Strudel gerissen. Diese Regierung erließ am 11. April [68] über die Verstärkung und erweiterte Bestimmung der Kommunalgarde eine Verordnung, in der sie selbst ausdrücklich es für nötig erklärte, „eine zum Schutze des Vaterlandes im Innern und nötigenfalls nach außen dienende allgemeine Volksbewaffnung vorzubereiten“. Unterm 22. November wurde diese Verordnung mit geringen Abänderungen zu einem Gesetz umgewandelt, das gegenüber dem Gesetz vom 25. Juni 1840 die Dienstpflicht wesentlich erweiterte. Scharf war hier dem alten Regulativ von 1830 gegenüber, das sich nur mit dem Schutz der Ordnung befaßte, der Begriff des Schutzes des Vaterlandes herausgearbeitet und damit wieder auf die mittelalterliche Verwendung des wehrhaften Bürgertums und auf den Gedanken der Nationalgarde zurückgegriffen, wie denn auch ausdrücklich von der „Bewaffnung der wehrhaften Einwohner“ die Rede ist. Näher als das Mittelalter lag der Zeitvorstellung die Erinnerung an die französische Nationalgarde der großen Revolution. Und diese Erinnerung berührte sich auch mit der Linkseinstellung der Schöpfer des neuen Gesetzes. Die Ausnahme im 1830er Regulativ, daß die Kommunalgarde „in außerordentlichen Fällen“ auch außerhalb der Stadt, „jedoch nur zum Zwecke der inneren Sicherheit Dienste zu leisten“ hätte, wurde hier in die bestimmte Verpflichtung umgewandelt, „auf Ersuchen der Obrigkeit nicht nur im Orte, sondern auch außerhalb desselben bewaffnete Dienste zu leisten“. Zu diesem Zwecke könnten aus den Freiwilligen der Kommunalgarde „mobile Colonnen“ gebildet werden. Die Bestimmung über die mobilen Kolonnen steht nur in der Verordnung und ist im Gesetz weggelassen, wohl weil inzwischen die Freikorps entstanden waren. Auch wurde ihr ausdrücklich aufgegeben, mit dem Militär gemeinschaftlich zu handeln dergestalt, daß das Militär – wie auch bisher schon üblich - erst einschreiten solle, „wenn die Hilfe der Communalgarde sich nicht ausreichend wirksam zeigt“. Der „erweiterten Bestimmung“ ihres Zweckes entsprach die Vorschrift, daß umfassendere Waffenübungen, als bisher gestattet, zu fördern seien. Zugleich wurde die Kommunalgardendienstpflicht wieder bis zum 50. Lebensjahr erweitert und auf manche bisher ausgeschlossenen Bevölkerungskreise erstreckt. Ferner wurde die Kommunalgarde, die bisher nur in 36 Städten bestand, nunmehr über alle Gemeinden des Landes ausgedehnt; besonders wichtig aber war die Zulassung von besonderen freiwilligen [Ξ]

Tafel 13 (zu Seite 66), Der Schloßplatz am 15. März 1848

[69] Abteilungen, sogenannten Freikorps: sie waren der Kommunalgarde anzugliedern, denn „andere bewaffnete Vereine außerhalb der Kommunalgarde und unabhängig von deren Kommando dürfen nicht bestehen“. So bildete sich aus Mitgliedern der Scheibenschützengesellschaft eine freiwillige Scharfschützenkompanie. Ferner schufen die Techniker, Akademiker und namentlich die Turner aus ihrer Mitte besondere Waffenscharen. Die Turner waren sehr eifrig in diesen Bestrebungen und veranstalteten Konzerte zwecks Bewaffnung und Bekleidung unbemittelter Mitglieder. Kommunalgarde und Freikorps feierten am 10. September 1848 auf dem Waldschlößchen ein Vereinigungsfest, das auch von auswärtigen Kommunalgardisten sowie von Offizieren und Soldaten der Armee besucht war: auch die Prinzen Albert und Georg mit dem Prinzen Ludwig von Bayern wohnten dem Feste bei; ein Festmahl mit mehr als 800 Gedecken fand statt, und draußen auf der Terrasse und im Walde entwickelte sich ein buntes Volksfest. Die Einordnung dieser Freikorps in die Kommunalgarde war ein Ausgleich der Regierung mit der linken Richtung der öffentlichen Meinung. Denn die Zielbewußten setzten auf diese Verstärkung der Bürgerbewaffnung große Hoffnung. Freilich die äußersten Linkser hatten nicht viel Zutrauen selbst zu dieser verstärkten Kommunalgarde; sie spotteten: „Wir haben ein stehendes Heer und eine liegende Communalgarde.“

Auch die Monarchie glaubte in der stärkeren Bürgerbewaffnung eine stärkere Schutzwehr gegen Unordnung und Aufruhr zu finden. Am 10. August schenkte der König, der mit der weißen Binde am Arm erschien, der auf dem Infanterieexerzierplatz aufgestellten Kommunalgarde eine kostbare Fahne. Der Kommandant Lenz ergriff sie und schwenkte sie mit den Worten: „Treue dem Könige, Liebe dem Vaterlande, Gehorsam der Verfassung und dem Gesetze.“ Zur Neujahrscour 1849 war das Offizierskorps der Kommunalgarde im Schloß. Und noch Mitte Februar 1849 wurde bei einer Kompaniefestlichkeit ein Tafellied gesungen, das von Königstreue durchtränkt war.

Aber es war nur zu natürlich, daß die freisinnigen und umstürzlerischen Zeitgedanken auch in die Kommunalgarde, das Bürgertum in Waffen, Eingang fanden, zumal sie nun auf breiterer, demokratischerer Grundlage aufgebaut war. Daß eine schärfere Luft in ihren Reihen wehte, war schon bei der Kommandantenwahl zu bemerken, die nach [70] dem Abgang des Generals von Einsiedel im April 1848 nötig wurde. Bei der Aufstellung von Vorschlägen stellte man im Ausschuß zunächst die ungewöhnliche Frage, ob man auch auf Militärs Rücksicht nehmen wolle – während bisher doch fast durchweg höhere Militärs zur Wahl gestellt worden waren. Auch ging aus dieser Wahl am 27. April nicht der mitaufgestellte Offizier, sondern mit großer Stimmenmehrheit der bisherige Unterkommandant Kaufmann Napoleon Carl Lenz hervor. Lenz war seit 1837 Hauptmann der 6. Kompanie gewesen und 1840 an die Spitze des 1. Bataillons getreten, bis er 1847 Unterkommandant wurde.

Ausdrücklich zum Zwecke der Überführung der Kommunalgarde ins demokratische Fahrwasser bildeten sich im November 1848 im Lande wie in der Hauptstadt demokratische Bürgerwehrvereine, die am 8. April 1849 nach Dresden zu einer allgemeinen Versammlung im Odeum einberufen wurden. Dort beriet man unter Beistand des Abgeordneten (vormals griechischen) Oberstleutnant Heinze, Vorstand eines Wehrausschusses der Ersten Kammer, eine demokratische Gesamtverfassung der sächsischen Bürgerwehren, die unabhängig von den Kreisdirektionen und Amtshauptleuten sein sollte. Auch in Dresden drängle der Bürgerwehrverein, der mit mehr als 1000 Mitgliedern etwa ein Viertel der Kommunalgarde ausmachte, heftig auf Beteiligung der Kommunalgarde an der Politik hin und lähmte dadurch die Kraft für ihre eigentliche Aufgabe der Verteidigung von Ruhe und Ordnung. Abgesondert von diesen demokratischen Bürgerwehrvereinen bestand in Dresden ein „Allgemeiner Bürgerwehrverein“, der Ungesetzlichkeiten ablehnte, am allerwenigsten aber für die Republik eintreten wollte. Im selben Sinne aber wie die demokratischen Bürgerwehrvereine, nur noch entschiedener und nicht allein mit Beziehung auf die Kommunalgarde, wirkten die Vaterlandsvereine.

Zu Beginn des Jahres 1849 spitzten sich die Dinge immer schärfer zu. Man witterte Unruhen und Barrikadenluft: der Kommunalgardenausschuß empfahl im März die Errichtung von Sappeurabteilungen. Das Treiben der Ständekammern wurde immer schrankenloser, sodaß die neue Regierung – das Märzministerium war Ende Februar zurückgetreten – am 30. April 1849 ihre Auflösung verfügte. Und nun war der Boden günstig für die Sendlinge des allgemeinen Umsturzes, [71] hier einen Aufruhr anzuzetteln; dabei war die Nichtanerkennung der Reichsverfassung durch die Regierung nicht viel mehr als der äußere Vorwand und vor allem das Mittel, um auch die Schwärmer für die deutsche Einheit – und wer war das nicht? – an die Fahne des Aufruhrs zu fesseln. Auch die Kommunalgarde war fast durchgängig für die Reichsverfassung gestimmt. In den von den Kommandanten durch Maueranschlag einberufenen Urversammlungen der Bataillone am 2. Mai ging es stürmisch her: in allen diesen Versammlungen wühlten Vaterlandsvereinler, im ersten Bataillon überwog die Stimmung, die Anerkennung der Reichsverfassung vom König nicht zu erbitten, sondern zu erzwingen, in andern wieder wollte man für die Reichsverfassung nicht die Waffen gebrauchen, sondern nur für die Aufrechterhaltung der Ruhe; allgemein wurde eine Adresse an den König beschlossen, „daß sie (die Kommunalgarde), ihrer Pflicht zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung jederzeit eingedenk, doch gegen ihre Mitwirkung zu Maßregeln, welche die Gültigkeit der Reichsverfassung in Frage stellen sollten, sich feierlichst verwahrt“. Mit geringer Mehrheit wurde dann der Antrag des Vaterlandsvereins angenommen, Kommando und Generalkommando um Anordnung feierlicher Paraden in Dresden und im ganzen Lande zur Huldigung für die Reichsverfassung zu ersuchen. Die Adresse wurde am Morgen des 3. Mai durch eine Abordnung der Kommunalgarde mit dem Kommandanten an der Spitze dem König übergeben; er lehnte in seiner Antwort die Anerkennung der Reichsverfassung ab und verwies im übrigen die Kommunalgarde auf ihre Pflicht zur Aufrechterhaltung von Ruhe, Gesetz und Ordnung. Auch eine weitere Abordnung, die am Abend ins Schloß ging, um doch noch die Anerkennung der Reichsverfassung und damit vielleicht die Wiederherstellung der Ruhe zu erreichen, erzielte keinen Erfolg. Der König blieb fest. Gleich nach Rückkehr der ersten Abordnung gegen Mittag betrieben die Kommunalgardenadjutanten Kandidat von Zychlinsky und Advokat Flemming auf der Straße emsig die Werbung für die Parade. Auf ungestümes Drängen der Zielbewußten beschloß nun der Kommunalgardenausschuß mit einer Stimme Mehrheit, die Kommunalgarde mittags 1 Uhr durch Appell zu versammeln, um die königliche Antwort zu verkünden und die beantragte Parade abzuhalten. Der Kommandant Lenz war im Ausschuß überstimmt [72] worden und reichte beim Generalkommando seine Entlassung ein, die jedoch nicht angenommen ward. Die Parade wurde vom Generalkommando als ungesetzlich erklärt und untersagt. Abordnungen der Kommunalgarde bemühten sich, den General von Mandelsloh umzustimmen, der aber nach einem vergeblichen Versuch, die königliche Genehmigung zu erlangen, es bei dem Verbot beließ. Wenn auch so die Parade noch verhindert werden konnte, so hatte doch schon was voranging die Aufregung des Volkes gesteigert. Der Appellruf, der mittags durch die Straßen tönte, half auch mit, das im Anzug begriffene Wetter immer schneller herbeizuführen. Und so ist kein Zweifel, daß gerade die zum Schutz der Ordnung berufene Kommunalgarde, die im weiteren Verlauf in ihrer Gesamtheit keine Neigung zum Aufruhr zeigte, doch eigentlich, ohne es recht zu wollen, den ersten äußeren Anstoß zum Aufruhr gegeben hatte. Die durch den Appell in Bataillonen versammelte Garde ließ Lenz nach Mitteilung der Antwort des Königs wieder abtreten, einzelne Bataillone brachten zuvor noch ein Hoch auf die Reichsverfassung aus. Das Auseinandergehen der Kommunalgarde vermehrte die Aufregung der Massen, die über Verrat schrien und über Auslieferung der wehrlos gemachten Stadt an die vor den Toren stehenden Truppen. Nur zwei Bataillone behielt Lenz wegen des wachsenden Auflaufs auf dem Altmarkt unter Waffen, während er das Rathaus von Scharfschützen besetzen ließ. Die aufgestellte Kommunalgarde verharrte aber dem immer aufgeregteren Treiben der Volksmassen gegenüber, die schon anfingen, Barrikaden zu bauen, so ziemlich in abwartender Untätigkeit, trotz der Aufforderung des Kommandanten zum Einschreiten. Der Kommandant Lenz, wegen seines Verhaltens, besonders wegen Unterlassung der Parade von den Massen, ja sogar von eigenen Leuten beschimpft und des Verrats sowie des geheimen Einverständnisses mit der Reaktion beschuldigt, legte nunmehr endgültig das Kommando nieder. Er konnte der Volkswut nur durch seine Gefangennahme, die der von den städtischen Körperschaften eingesetzte Sicherheitsausschuß, wohl mehr zum Schein, verfügte, entrissen werden; inmitten des Treibens auf dem Rathaus, wohin er gebracht wurde, machte der Arme den Eindruck einer wandelnden Leiche; die Menge aber tobte ihre Wut an Wohnung und Geschäft des Unglücklichen aus: sein Modewarenlager und Hausrat [Ξ]

Tafel 14 (1 2 3 4 vgl. Bilderverzeichnis)
Wachtstube der Bürgerwehr 1849

[73] wurden vor der Löwenapothekenecke auf die Straße geworfen, mit den Möbeln wurden dann die Straßen verrammelt; ihm selbst gelang es abends, wohl unter Duldung der Machthaber, sich der Gefangenschaft zu entziehen. Den guten Willen, seine Truppe für die Ordnung einzusetzen, hatte er ja zweifellos, aber es fehlte ihm offenbar an Gewicht und Ansehen und wohl auch an der nötigen Tatkraft, Umsicht und Entschiedenheit: so hatte er auch jede Fühlungnahme mit den militärischen Behörden unterlassen. Auf Weisung des Generalkommandos, einen provisorischen Kommandanten zu ernennen, bestimmte nun der Stadtrat den ältesten Bataillonskommandanten, Advokat Heinz, dazu. Als dieser aber dem Abgeordneten Tzschirner von der äußersten Linken, der die Zügel des Aufruhrs immer mehr an sich riß, erklärte, gegen das Militär werde er die Kommunalgarde nicht führen, setzte Tzschirner die Ernennung des Oberstleutnants Heinze zum Oberbefehlshaber der Kommunalgarde und des Aufstandsheeres durch und stellte ihn gegen 7 Uhr abends vom Rathausbalkon aus dem Volke vor; als fein Stellvertreter wird in der Barrikadenordnung vom 5. Mai der Bataillonskommandant Gastwirt Vollsack genannt – er wird es wohl nur auf dem Papier gewesen sein, denn er tritt nirgends sonst hervor. Heinzes Adjutant wurde der Adjutant des Neustädter Bataillons, Rechtskandidat von Zychlinsky, ein überzeugter Revolutionskämpfer, der bis zuletzt mit aushielt. Der neue Kommandant erschien am Morgen des 4. Mai mit einer Abordnung von Stadträten und Stadtverordneten unter Begleitung eines Signalisten der Turnerwaffenschar beim Stadtgouverneur im Blockhaus. Es wurde eine „Convention“ abgeschlossen, eine Art Waffenstillstand zwischen Militär einerseits und „Communalgarde und Volk“ anderseits. Diese Konvention, die doch als Mittel gedacht war, den Kampf womöglich noch zu vermeiden, benutzte aber Heinze, ihrem Geist und Buchstaben zuwider, die Stellung des Aufstands zu verstärken und womöglich den Geist der Truppen zu unterwühlen. Begleitet von einem Tambour und einem Rottmeister, der eine Parlamentärfahne auf dem Bajonett trug, begab er sich mit einem Aufruf der am 4. Mai mittags gebildeten provisorischen Regierung an die Soldaten nach dem Hauptquartier der Truppen, dem Blockhaus, ohne freilich etwas auszurichten. Im übrigen wird Heinzes militärische Aufstandsleitung von Freund und Feind übereinstimmend als [74] kopf- und ziellos geschildert – jeder kommandierte und handelte unter ihm auf eigene Faust. In der Nacht vom 7. zum 8. Mai geriet Heinze in Gefangenschaft, vielleicht absichtlich, anscheinend bei einem Versuch, nach der Neustadt zu gelangen. Die provisorische Regierung übertrug nunmehr den Oberbefehl dem Schriftsteller, vormaligem Schriftsetzer Born.

Heinze und Born waren freilich im wesentlichen Kommandanten ohne Kommunalgarde. Beide waren nicht ordnungsmäßig gewählt, sondern von der Aufstandsbehörde ernannt, also der Kommunalgarde aufgedrängt und wurden von allen nicht ausgesprochen revolutionär gesinnten Mitgliedern innerlich nicht als Führer anerkannt. Auch lautes Murren erhob sich sofort gegen Heinzes Ernennung: einzelne Abteilungen verweigerten dem neuen Kommandanten sogar ausdrücklich den Gehorsam. Heinze trat sein Amt damit an, daß er in einer Ansprache vom Balkon aus die unter Waffen stehenden Bürger bis auf weiteres entließ, damit sie von den Anstrengungen des Tages ausruhen, auf den ersten Ruf aber sofort wieder am Platze sein sollten. Das Erste, den Befehl zum Abtreten, ließ sich der größte Teil der anwesenden Kommunalgarde nicht zweimal gesagt sein – nicht so groß war der Eifer beim Zweiten, beim Wiederantreten.

Was hatte die Kommunalgarde bisher getan und was tat sie weiter? Die zwei nach Absagung der Parade unter Waffen gebliebenen Bataillone standen lange fast untätig auf dem Altmarkt. Als am 3. Mai nachmittags gegen 5 Uhr die Meldung vom Sturm aufs Zeughaus eintraf, marschierte das 5. Bataillon dorthin, aber nicht gelenkt von einem klaren, einheitlichen Willen; der größte Teil der Mannschaften mochte glauben, es gelte: das tobende Volk zu bändigen, andere wieder: es zu unterstützen. Das Bataillon kam gerade dazu, als die Menge das Tor sprengte und die Besatzung mit einen Kartätschenschuß antwortete; in die allgemeine Flucht mitgerissen, gelangte ein Teil des Bataillons, von wildem Gesindel begleitet, in regelloser Hast auf den Altmarkt zurück, während der andere Teil sich zerstreut hatte und wahrscheinlich nach Hause gelaufen war. Das 4. Bataillon hatte indessen auf dem Altmarkt die Plünderung eines Ladens, in dem die Menge Pulver und Blei vermutete, durch Vorrücken auf den bedrohten Punkt ververhindert. Auch eine Barrikade an der Mündung der Kreuzgasse wurde von dem Bataillon genommen und zerstört. Tzschirner suchte [75] das Bataillon aufzuhetzen, ward aber von den Offizieren zurückgewiesen. Der Kommandant, Advokat und Gerichtsdirektor Böhme, führte dann sein Bataillon vom Altmarkt weg nach dem Pirnaischen Platz. Dahin entsandte Heinze seinen Adjutanten, der nach vergeblicher Verhandlung mit dem Kommandanten Freiwillige zum Kampf aufrief; es folgten ihm aber noch keine zwanzig Mann. – Hauptmann Taggesell, der mit seinen Scharfschützen im Auftrag von Lenz das Rathaus besetzt hielt, verließ diesen Posten auch nicht, als ihn die aufgeregte Menge aufforderte, nach dem Zeughaus zu ziehen und es zu stürmen. Mittlerweile hatte sich auch das 3. Bataillon, dem die Rathauswache zugedacht war, von Neustadt her in Marsch gesetzt; unterwegs von einem schreienden Volkshaufen angefallen, der es nach dem Zeughaus lenken wollte, ließ es sich doch in seiner Richtung nicht beirren, rückte nach dem Altmarkt und nahm vor dem Rathaus Stellung. Die leidliche Ordnung, die anfangs noch gehalten wurde, löste sich in der vom Zeughaus herflutenden Aufregung fast völlig auf – kaum, daß sich die Kompanien noch truppweise zusammenhielten. Das Ansinnen eines bewaffneten Aufständischen an einen Zugführer, Leute zur Besetzung einer Barrikade abzugeben, lehnte dieser geschickt ausweichend ab. Sofort nach der Urlaubsansprache Heinzes marschierte das Bataillon in einzelnen Abteilungen auf Umwegen, um den Schein des Rückzugs zu vermeiden, wieder nach der Neustadt zurück und ging auseinander, überwiegendenteils entschlossen, einem Rufe des neuen Kommandanten keine Folge mehr zu leisten. Die provisorische Regierung erkannte dann auch die besondere Stellung des Neustädter Bataillons ausdrücklich an. Es hielt noch zwei Tage hindurch als eine Art Sicherheitswache mit bewaffneter Neutralität das Neustädter Rathaus besetzt, bis zu übersehen war, daß die Neustadt ruhig blieb. Eine Abordnung des Bataillons begrüßte das am 4. Mai abends eintreffende Leibregiment am Bahnhof. – Eine Abteilung eines andern Bataillons unter dem Hauptmann Schornsteinfegermeister Anger, der dafür später mit dem Verdienstorden ausgezeichnet wurde, hielt zum Schutze der Sammlungen den Zwingerwall besetzt, bis am 5. Mai das Militär seine Stellung dahin ausdehnte. Ebenso bewachte die Technische Legion bis zu ihrer Entwaffnung durch die Aufrührer das Postgebäude als neutralen Boden. – Die [76] Lage der Zeughausbesatzung in ihrer Abgeschnittenheit war trotz des abgeschlagenen Sturms allmählich schwierig geworden; Lebensmittelmangel und falsche Gerüchte erschütterten die Zuverlässigkeit der Leute. Deshalb schloß, um erneuten Angriffen vorzubeugen, der Zeughauskommandant am 4. Mai mit dem Unterhändler der provisorischen Regierung Advokat Marschall von Bieberstein eine Übereinkunft ab, nach der das Zeughaus als neutraler Boden halb von Militär und halb von Kommunalgarde bewacht werden sollte. Ein Ansinnen des Kommandanten Heinze, Kanonen auszuliefern, wurde aber auf das entschiedenste zurückgewiesen. Kommunalgarde besetzte, freilich in geringer Stärke, der Übereinkunft gemäß den äußeren Hof. Auch in diesem Falle konnte sie glauben, für Bewahrung der Ruhe eingesetzt zu sein. Vor dem anrückenden militärischen Entsatz zog sie sich am nächsten Tag eilig zurück. Von da ab hört man im weiteren Verlauf des Kampfes nichts mehr von der Kommunalgarde.

Während der ganzen Bewegung der Maitage war die Kommunalgarde zwiespältig und unentschieden. Kein Wunder: man muß immer daran denken, daß diese Bürgerwehr nur die Bürgerschaft in Waffen war; und wie die Bürgerschaft von Parteigegensätzen zerrissen war, so war es natürlich auch die Bürgerwehr. Zwei Seelen lebten in ihrer Brust: sie wußte nicht, sollte sie den Aufstand bekämpfen oder sich ihm anschließen, und tat daher keines von beidem. Dazu kam: beides „lag den friedfertigen, mehr auf ein geduldiges Ertragen gerichteten Anschauungen und Lebensgewohnheiten der meisten ihrer Mitglieder ganz ebenso fern“. Der diese Worte schrieb (Röckel), drückte damit nur etwas bissig die allgemeine Wahrheit aus, daß Tat und Entschluß aus eigenem heraus eben nicht gerade Sache des friedlichen Bürgertums oder der Masse überhaupt ist. Die Losungen, die in dieser bewaffneten Bürgerschaft noch die meiste Geltung gewinnen konnten, waren: bewaffnete Neutralität und Schutz der Ordnung. Wenn aber die letztere Losung nicht eine bloße Redensart bleiben sollte, so mußte sie die Kommunalgarde gegen den Aufstand an die Seite des Militärs führen. Denn wer die Ordnung gestört, konnte niemandem zweifelhaft sein. Und Neutralität, wenn auch noch so bewaffnet, war in einem solchen Ringen feindlichster Gegensätze hart auf hart einfach undenkbar. Wer sich da nicht entscheidet, wird zerrieben. Die Neutralität wurde also auch hier [Ξ]

Tafel 15 (zu Seite 73)
Oberstleutnant a. D. Heinze

[77] von keiner Seite anerkannt, vielmehr legten beide Gegner Beschlag auf die Kommunalgarde: die Regierung erwartete von ihr die Aufrechterhaltung der Ruhe, und der Aufstand erhob auf sie als auf eine Volksbewaffnung Anspruch. So erließ die provisorische Regierung Befehl an alle Ortsbehörden, sofort sämtliche kampffähige Bürgerwehren nach Dresden zu senden, während das Generalkommando die auswärtigen Kommunalgarden vor Unterstützung der Revolution ausdrücklich warnte. Beide Aufgaben aber, von hüben und drüben gestellt, gingen in diesem tagelangen Kampf über die Kraft der innerlich nicht einheitlichen Truppe hinaus. So versagte sie als Ganzes nach beiden Seiten fast völlig. Und es ging ihr, wie es allen geht, die zwischen zwei kämpfenden Parteien unentschieden stehen und schwanken: sie erntete die Mißachtung und das Mißtrauen beider. Am schärfsten spricht sich diese Mißachtung auf der einen Seite bei Röckel, auf der andern bei dem militärischen Geschichtschreiber des Maiaufstandes Montbé aus, der jeden Versuch des Eintretens der Kommunalgarde für die Ordnung, den er verzeichnen muß, mit einem „angeblich“ verziert.

Und doch ist die Mißachtung, wenigstens von rechts her, nicht ganz verdient, da man der Kommunalgarde gerechterweise schwerwiegende mildernde Umstände zubilligen muß. Das ist zuvörderst, nach Lenzens Abdankung, ihre Führerlosigkeit im Sinn der Ordnung. Das Generalkommando ließ im wesentlichen die Zügel am Boden schleifen. Es ist auffällig und fiel auch damals denkenden Mitgliedern der Kommunalgarde auf, daß General von Mandelsloh – im Gegensatz zu Prinz Johann in früheren Fällen – sich nicht zu der Truppe begab und nicht wenigstens den Versuch machte, sie zu führen und zu einheitlichem und entschiedenem Handeln fortzureißen. Auch das Bewußtsein, ohne jede öffentliche Behörde zu sein, da anfänglich keine ein Lebenszeichen von sich gab, wirkte peinigend und lähmend. Ein zweiter Umstand, der die Truppe zur Macht- und Hilflosigkeit verurteilte, war der, daß man sie ganz ohne Schießbedarf gelassen hatte – wohl absichtlich, weil man ihr nicht traute – und ihr auch auf ihr ausdrückliches Verlangen keinen aushändigte, weil keiner vorhanden sei, wie Lenz erklärte. Wie soll aber eine Truppe ohne Möglichkeit, im Notfall zu schießen, einer wütenden und zum Äußersten entschlossenen Masse mit Aussicht auf Erfolg entgegentreten? Angesichts des an verschiedenen [78] Stellen versuchten pflichtmäßigen Wirkens für Erhaltung der Ordnung war die mehrfach geäußerte Meinung nicht ganz ohne tatsächlichen Grund, daß unter einer einheitlichen und tatkräftigen Befehlsleitung die Kommunalgarde ernstlich und ehrenvoll die Ordnung verteidigt hätte, ja daß es ihr vielleicht gelungen wäre, den Aufstand im Keim zu erdrücken. Zeigte doch in Leipzig die Kommunalgarde einen trefflichen Geist und trat einem Aufstand, der am 6. Mai dort ausbrach, kräftig und entschlossen entgegen. In Dresden aber führte der Mangel eines Oberbefehls einen Zustand der Ratlosigkeit herbei und legte die Truppe als Ganzes vollkommen lahm. Die Guten verfielen einer Art Betäubung, die Schlechten wurden entfesselt und gewannen Oberwasser: so lockerte sich die Mannszucht in bedenklichem Grade. Noch während die Garde unter Waffen stand, verweigerten einzelne Gardisten den Führern den Gehorsam, ja beleidigten und bedrohten sie und forderten die Kameraden zum Kampfe gegen das Militär auf. Der Führer des I. Bataillons, Oberleutnant von Brandenstein, geriet in heftigen Streit mit einem Teil seiner Mannschaften und dankte ab. So bröckelte die Leitung noch weiter ab. Die Abteilungen und Mannschaften blieben ohne bestimmte Befehle und sahen sich den Beschimpfungen der Menge ausgesetzt, ohne Mittel, tatkräftig dagegen vorzugehen. Wie Sprengpulver wirkte dann die Ernennung des Kommandanten Heinze und noch mehr die Einsetzung der provisorischen Regierung. Als diese über die Kommunalgarde verfügen wollte, wurde es nachgerade allen Mitgliedern klar, daß sie nicht zur Wiederherstellung der Ordnung, sondern zur Unterstützung des Aufstandes verwendet werden sollten. Damit war die Truppe als Ganzes schon jetzt so gut wie aufgelöst und fiel in ihre Bestandteile nach der politischen Gesinnung auseinander. Nicht mehr geheimer Kampf, sondern offene Scheidung der Gegensätze fand jetzt statt. Der größere Teil, der der Ordnung zugetan war, entbehrte freilich der Führung und konnte sich, verstärkt von den Lässigen und Vorsichtigen, eigentlich nur in der Enthaltung vom Kampf betätigen, also nicht betätigen; allenfalls besetzten einige Abteilungen, wie vorgehend erwähnt, neutrale Stellungen oder bildeten, wie die Neustädter, Sicherheitswachen in den Vorstädten.

Immer mehr nahm aber mit der Zeit die Zahl derjenigen ab, die anfangs der Volksbewegung zuneigten. Je klarer das Ziel [79] der Bewegung zutage trat, um so mehr gewann bei der Mehrzahl der Kommunalgarde Besonnenheit die Oberhand. Allen denen, die noch für die gute Sache der Reichsverfassung zu kämpfen glaubten, wurden über die eigentliche Bedeutung und Entwicklung des Aufstandes sehr bald die Augen geöffnet, als die provisorische Regierung mit dem äußersten Linkser Tzschirner in Erscheinung trat: schon der Ausdruck „provisorische Regierung“ roch manchem nach Republik – wo aber auch noch Tzschirner an der Spitze stand: war das dann noch ein Kampf für die Reichsverfassung, gegen die er ja noch vor wenigen Tagen öffentlich gesprochen hatte? Und wer immer noch im Ungewissen war, dem schwanden die letzten Zweifel bei dem Rücktritt des Gemäßigten Todt am 5. Mai.

Während dieser Entwicklung der Dinge wurde das im Anfang stark mit Kommunalgarde untermischte Straßenbild des Aufstandes immer freier davon. Die untätigen Zuschauer und Schlachtenbummler verloren sich, und auch unter den wirklichen Aufstandskämpfern wurden die Gardisten immer seltener, bis auch die letzten so ziemlich verschwunden waren. Ein Beobachter erzählt vom 4. Mai nachmittags: „Zuweilen sah man schnellen Schrittes einen Communalgardisten eine Straße entlang wahrscheinlich nach Hause eilen.“ Da war auch alles Stürmen und Generalmarschschlagen vergeblich. „Es war vorherzusehen,“ schreibt Born, „daß es allen Tambours der Welt nicht mehr gelingen werde, die Communalgarde auf die Straße zu rufen.“ Schon seit dem Morgen des 4. Mai erschien die Kommunalgarde alles Sturmläutens ungeachtet nur in sehr geringer Zahl. Eine öffentliche Aufforderung der provisorischen Regierung vom 5. Mai rügte aufs schärfste die „Teilnahmlosigkeit und Pflichtvergessenheit des größten Teils der hiesigen Communalgarde“ unter Androhung von Zwangsmaßregeln für jeden, der nicht binnen einer Stunde auf den Sammelplätzen erscheine. Wirklich wurden daraufhin auch verschiedene Gardisten aus ihren Häusern mit Gewalt auf die Barrikaden geholt. Viele andere wieder lieferten, wie Röckel spottet, „mit einer gewissen Art von Erleichterung ihre so vorwurfsvoll mahnenden Gewehre an Hände aus, die denselben noch andere als bloß nur Paradedienste abzugewinnen verstanden“. Auch das Kommunalgardenbureau war wie ausgestorben: mit den eindringenden aufständischen Massen, die nach Waffen suchten, [80] mußte sich der Aufwärter ganz allein auseinandersetzen. Die Kommunalgarde als Ganzes bestand nicht mehr. Schon am 4. Mai hatte der Stadtrat Meisel recht, wenn er auf die vom Ministerium an den Rat ergangene Aufforderung, die Gutgesinnten zur Dämpfung des Aufstandes zu vereinigen, die Erfolglosigkeit eines derartigen Unternehmens mit dem Hinweis begründete, daß die Kommunalgarde nicht mehr vorhanden sei.

Am Aufruhr wirklich teilgenommen hat die Kommunalgarde weder in ihrer Gesamtheit noch in größeren Verbänden, ist auch weder auf die Reichsverfassung noch auf die provisorische Regierung irgendwie verpflichtet worden. Die einzelnen Mitglieder freilich betätigten sich, ganz zu Anfang wenigstens, in größerer Zahl. Beim Zeughaussturm befanden sich unter der Masse auch Gardisten. Montbé erwähnt die Bemühung einer Abteilung des 2. Bataillons, die vom Militär versuchte Verrammelung des gesprengten Tores zu verhindern. Am Nachmittag, als es Sturm läutete, eilten mit anderen Neustädtern auch zwei Kommunalgardisten, ihres Zeichens ein Kandidat und ein Schuhmachergeselle, in voller Uniform und Bewaffnung nach der Altstadt, wurden aber durch die Militärposten am Blockhaus von der Brücke zurückgeholt. Ihrem ungestümen Verlangen, arretiert zu werden, wovon sie sich eine aufreizende Wirkung auf die das Blockhaus umlagernden aufgeregten Volksmassen versprachen, wurde, um das eben zu vermeiden, vom Stadtkommandanten nicht Raum gegeben. Sie wurden vielmehr entlassen und hetzten nun draußen ganz wüst zum Aufruhr. Es gelang dem Militär aber, hier die Straße zu sperren und die Massen zurückzutreiben. Am 4. Mai war das Rathaus, der Sitz der Aufstandsleitung, noch von Kommunalgarde besetzt: ein Gardist stand Wache vor dem Zimmer der provisorischen Regierung. – Als aber der Kampf ernster und sein Ziel unverhüllter wurde, wußten nach und nach auch die Letzten sich ihm zu entziehen. Davon erzählt Born in seinen Erinnerungen mit leisem Spott ein Beispiel: er kam am Morgen des 5. Mai zu einer Barrikade, für deren Befestigung er der Besatzung Ratschläge erteilte: „Ein Gardist hatte hier das Commando, er übergab es mit Zustimmung der Mannschaft an mich und ließ sich nicht wieder sehen.“ Die Lauheit und Unzuverlässigkeit der Kommunalgarde trug ihr natürlich auch bei den [Ξ]

Tafel 16 (vgl. Bilderverzeichnis)
Dresdens Barrikadenkämpfer

[81] Aufständischen ein starkes Mißtrauen ein, das sich wie gegen die ganze Einrichtung, so auch gegen die Einzelnen richtete: als am 3. Mai abends, während Tzschirner auf dem Rathausbalkon sprach, unten auf dem Markt ein Schuß fiel, glaubte die erregte Masse sofort, er habe dem Redner gegolten, und lenkte ihren Argwohn auf einen Gardisten, der zu seinem Glück durch Vorzeigen seines noch geladenen Gewehrs seine Unschuld beweisen konnte.

So vollzog sich das große Ringen auf beiden Seiten im wesentlichen ohne die Teilnahme der eigentlichen Kommunalgarde. Nur ihre Hilfskorps, von der Technischen Legion abgesehen, machten die Sache der Revolution mehr oder weniger entschieden zu der ihrigen. Die Scharfschützen griffen an mehreren wichtigen Kampfpunkten tatkräftig ein; auch die jüngeren Akademiker fochten auf seiten des Aufstands. Vor allen aber bildete eine feste Kerntruppe desselben von Anfang bis zum Schluß die durch Bewaffnung, Ausbildung und Tapferkeit ausgezeichnete Turnerwaffenschar unter ihrem Hauptmann, Handelsschuldirektor Dr. Munde; er war schon am ersten Tag ein Wortführer des Aufstands, und am 7. Mai wurde er verwundet. Bei dem Angriff aufs Zeughaus kämpften sie in vorderster Reihe und hielten auch nach dem Kartätschenschuß des Militärs stand. Der Leutnant Krug von Nidda wurde von einem Turner erschossen; Turner besetzten das Landhaus und das Klinische Institut; ihre Signalisten bliesen während dieses Kampfes an den Straßenecken Alarm. Am 5. Mai hielten mehrere bewaffnete Turner einen Umzug an den Barrikaden und brachten ein Hoch auf die Republik aus. Am 6. Mai legte eine Rotte von Aufrührern unter Anführung von zwei Turnern in einem Haus der Kleinen Brüdergasse Feuer an, um das Schloß zu gefährden.

*****

Sofort nach Niederwerfung des Aufstands wurde vom Befehlshaber der bewaffneten Macht die Auflösung der Kommunalgarde und der ihr angeschlossenen Korps bis auf weiteres verfügt und die Abgabe aller Waffen gefordert. Zu einer völligen Beseitigung des ihr mißliebig gewordenen Instituts konnte sich die Regierung aber doch nicht entschließen, einmal, weil eine tätige Schuld nicht nachzuweisen war, dann aber auch aus Rücksicht auf die ohnehin schon aufgeregte Volksstimmung. Die Regierung betrachtete als die Hauptschuld der Kommunalgarde – [82] nächst den Bataillonsversammlungen vom 2. Mai und der bedenklichen Kundgebung vom 3. Mai, die ungesetzlich gewesen seien, weil sich die Kommunalgarde als solche nicht mit politischen Fragen zu beschäftigen habe — ihre fast gänzliche Untätigkeit, ließ aber als Entschuldigungsgrund den Mangel eines Kommandos gelten und erkannte das Eintreten einzelner Abteilungen für die Sache der Ordnung an. In der zeitherigen Zusammensetzung der Kommunalgarde erblickte die Regierung keine genügende Bürgschaft für ihr ferneres gesetzliches und pflichtmäßiges Verhalten und verfügte daher durch Ministerialverordnung vom 22. Juli 1849 ihre Auflösung, zugleich aber „im Vertrauen auf den loyalen Sinn der bei weitem überwiegenden Mehrzahl der communalgardenpflichtigen Einwohner“ ihre unverweilte Reorganisation. Der Stadtrat wurde zur Niedersetzung der Reorganisationskommission angewiesen, zu deren Präses vom Generalkommando Gerichtsdirektor und Advokat Böhme ernannt wurde. Diese Kommission trat am 27. August zu ihrer ersten Sitzung zusammen und arbeitete sehr fleißig und schnell. Sie bildete nach einem genauen Reorganisationsplan 5 Bataillone mit 20 Kompanien und einer Schwadron und verpflichtete durch Handschlag ungefähr 2500 Mann; der letzte Bestand der aufgelösten Kommunalgarde hatte rund 3000 Mann betragen. In einer Bekanntmachung vom 5. November 1849 wurde die Liste der neuen Truppe veröffentlicht. Vom 16. bis 21. November fanden dann die Offizierswahlen in den Kompanien statt. Nachdem sie noch die Wahl des neuen Kommunalgardenausschusses geleitet hatte, beendete die Reorganisationskommission ihre Tätigkeit am 28. Februar 1850 mit der Einsetzung des Ausschusses. Der Ausschuß unter dem vorläufigen Vorsitz des Stadtrats Kistner sah als erste Aufgabe die Leitung der Kommandantenwahl vor sich und betrieb sie mit demselben Eifer, den die Reorganisationskommission gezeigt hatte. Das von dieser gegebene Beispiel wirkte in den der Kommunalgarde wohlgesinnten Kreisen „wohltuend und erhebend“. Nur die Regierung sah diesem regen Eifer mit verschränkten Armen zu und verhielt sich völlig untätig. Das wirkte lähmend auf die anfänglich belebte Stimmung der neuen Kommunalgarde und auf alle, die mit der Sache zu tun hatten, und erzeugte bald Gleichgültigkeit und Lauheit. Es gewann die Meinung Boden, als ob die hiesige Kommunalgarde [83] nur auf dem Papier stehenbleiben solle. Dazu trug namentlich der Umstand bei, daß zur Wiederbewaffnung der Truppe oder auch nur ihrer Offiziere von oben nichts geschah. Auch der Anregung von Reformen setzte die Regierung völliges Stillschweigen entgegen. Die Reorganisationskommission hatte zum Beispiel in einer Eingabe vom 12. November 1849 mit richtigem Blick für das Notwendige eine Verschärfung des Disziplinarregulativs dringend empfohlen. Unter solchen ungünstigen Umständen verlief die Kommandantenwahl am 21. und 22. März 1850, die unter drei Offizieren auf den Oberst von Buchner fiel. Er lehnte die Wahl jedoch ab, mit Hindeutung auf die Mangelhaftigkeit des Disziplinarregulativs. Es gelang dem Ausschuß auch nicht, weitere Bewerber ausfindig zu machen, und so ruhte die Sache zunächst. Im Dezember legte die Regierung den Kammern den Entwurf eines Kommunalgardengesetzes vor, der unterm 14. Mai 1851 Gesetz wurde. Dieses Gesetz beschränkte die Kommunalgarde gegenüber der Erweiterung von 1848 wieder auf 36 Städte, hob das Oberkommando und die Kommunalgardenausschüsse auf und unterstellte die Kommunalgarde dem Ministerium des Innern, während es die Aufgaben der Ausschüsse den Ortsbehörden überwies. In den Kammerverhandlungen zu dem Entwurf wurde es von vielen Rednern offen und derb ausgesprochen, daß die Kommunalgarde unter diesem Gesetz unmöglich mehr bestehen könne. „Das Gesetz schafft ein Institut, welches man lieber ganz beseitigen möchte und dem man nur so viel Athem eingeblasen hat, daß es bald seinen Geist von selbst aufgeben muß“ – so rief der eine, und der andere spricht von „nach und nach absterben lassen“. Mitte Juni trat nach Vorschrift dieses Gesetzes der hiesige Ausschuß außer Wirksamkeit und übergab Akten, Gelder und Inventar dem Stadtrat. Der Rat hatte bereits am 31. Mai bei den Stadtverordneten angefragt, ob es ihnen wünschenswert erscheine, die Kommunalgarde dem neuen Gesetz gemäß einzurichten oder unter Vermehrung der Polizeimannschaft ihre Auflösung bei der Regierung zu beantragen. Nachdem sich die Stadtverordneten für Wiedereinrichtung der Kommunalgarde entschieden hatten, fiel dem Rat nunmehr die Aufgabe zu, die Kommandantenwahl zu leiten. Er stellte als Kandidaten den vormaligen Kommandanten Kaufmann Lenz, den Präses der Reorganisationskommission Gerichtsdirektor Böhme und den [84] Oberleutnant Carl Neumann auf. Der letztere wurde am 11. Juli 1851 gewählt, nahm aber die Wahl nicht an, weil die Kommandantenstelle, wenn sie wirklich vollkommen ausgefüllt werden solle, noch bei weitem größere Opfer, als er in seiner langen Kommunalgardendienstzeit schon gebracht habe, erfordere und endlosen Ärger und Feindschaft noch als Zugabe bringe. Der Rat, an der Möglichkeit weiterer Vorschläge verzweifelnd, stellte die Entschließung dem Ministerium anheim. Noch versichert sich das Ministerium des ausdrücklichen diesmaligen Verzichts des Stadtrats auf sein Recht zur Mitwirkung bei der Kommandantenwahl, und dann – schweigt es. Auch in der Bevölkerung war allmählich angesichts solcher Verschleppung völlige Teilnahmlosigkeit eingetreten. Noch eine kurze Anfrage der Stadtverordneten beim Rat im November 1852, noch ein Versuch im Mai 1853, von vierzig Kommunalgardenoffizieren, denen dieser „amphibienartige Zustand drückend“ war, unternommen, die Sache der gänzlichen Vergessenheit zu entreißen durch eine Eingabe ans Ministerium, die der Rat zu vermitteln sich weigert – und die Kommunalgarde Dresdens ist sang- und klanglos eingeschlafen. Die Zeit war über sie hinweggerauscht. Mit einer größeren, gleichfalls in Begeisterung geborenen Einrichtung ihrer Zeit, mit der deutschen Flotte, teilte sie das gleiche klägliche Schicksal: ihr Inventar wurde im Jahre 1858 versteigert – nach Abzug der Kosten für 666 Taler 23 Neugroschen 7 Pfennig! Im Adreßbuch behauptete sie noch einige Jahre hindurch ihren Platz, ohne ihn ganz ausfüllen zu können; 1853 und im folgenden Jahr steht die bündige Bemerkung da: „Ist noch nicht geordnet“; und von 1855 ist sie auch da ganz und für immer verschwunden. Sie war ausgelöscht, wie ein niedergebranntes Licht.

In anderen Städten ließ man sie vorläufig noch weiterbestehen, bis sie nach und nach verging. Die hohe Auffassung von ihr schwand auch im Volk unaufhaltsam dahin. Es hatte den Geschmack an einer Einrichtung verloren, die es zu Beginn so stürmisch begrüßt hatte. Und so ward Vergessenheit ihr Los. Sie hatte nicht die Zukunftsbedeutung, die man ihr lange Zeit beimaß, sondern nur Zeitbedeutung. Sie war ein Kind der Revolution und auch wieder ein Opfer der Revolution. Und so behielt jener Kammerredner (Appellationsrat Roux) recht, der 1837 weissagte: „Die Communalgarde ist ein Kind der Zeit, ist mit der Zeit gekommen und wird sich ebenso dereinst mit der Zeit ausleben.“ [Ξ]

Tafel 17
Barrikadenkampf im Mai 1849

Ölgemälde von Julius Scholtz

[85]

Nachtrag
zu S. 57, Z. 15:

Bei einer Schießübung auf der Vogelwiese ließ ein Gardist beim Laden den Ladestock im Gewehr stecken, der beim Abschuß in die zahlreiche Zuschauermenge flog und einen Mann schwer an den Beinen verletzte. (Canzler.)

Quellennachweis

Die Darstellung ist durchweg quellenmäßig und beruht in der Hauptsache auf archivalischen Quellen. Um aber den Fluß der Darstellung nicht fortgesetzt, fast Zeile für Zeile, durch Anmerkungen mit Nachweisen, die sich noch dazu oft wiederholen würden, zu unterbrechen, ist darauf verzichtet worden, die Einzelheiten zu belegen. Es folgt hier nur im ganzen ein Verzeichnis der benutzten Quellen.

Zunächst die Akten des Ratsarchivs a) über die Nationalgarde: C. XXII 43, 49, 63, 66, 81 y, 82 b; b) über die Kommunalgarde: C. XXII 72, 74, 75, 77, 77a, 78, 79, 82 u, v, w, 83 q, w, x, 84 d, e, g, h, 87 s, 91 w. Dazu die Rechnungen der Nationalgarde und der Kommunalgarde.

Dann die gedruckten Quellen: Taggesell, Tagebuch eines Dresdner Bürgers 1806–51. Dresden 1851. Für die persönlichen Nachweise: die Dresdner Adreßbücher. – v. Nostitz-Drzewiecki, Die Communalgarden des Kgr. Sachsen. Dresden 1832. Derselbe, Chronik der Communalgarden des Kgr. Sachsen. Leipzig 1833. Richter, K. E., Die letzten Ereignisse in Sachsen. Zwickau 1830. (Heger, M.), Vor 50 Jahren. Dresden 1894. Album der Haupt- und Residenzstädte Europas. I. 5. Dresden. Schweinfurt 1843. – v. Montbé, Der Maiaufstand in Dresden. Dresden 1850. v. Waldersee, Der Kampf in Dresden im Mai 1849. Berlin 1849. Blutbad, Das Dresdner. Bautzen 1849. Böricke, Meine Selbstvertheidigung. Glauchau 1850. Enthüllungen über die Mairevolution in Dresden. Grimma 1849. Meisel, Die Ereignisse in Dresden vom 2.–9. Mai 1849. Dresden 1849. Müller, G. H., Richard Wagner in der Mai-Revolution. Dresden 1919. Pretzsch, Erinnerungen aus den Maitagen (Dr. Geschichtsbl. XV, 67 ff.). Röckel, Sachsens Erhebung und das Zuchthaus zu Waldheim. Frankfurt a. M. 1865. (Rolle), Erlebnisse eines Dresdner Kommunalgardisten in den Maitagen 1849 (Dr. Geschichtsbl. X, 1 ff.). Rosen, Der Aufstand in Dresden. Dresden 1849. Schladebach, Dresdner Barrikadenkampf. Dresden 1849. – Außerdem: die Mittheilungen des Landtags (beider Kammern).

Handschrift: Julius Otto Canzler, Mein Tagebuch I, 1839–1850. [86]

Register
Adjutanten 28, 41, 61, 71
Akademiker 69, 81
Albert, Prinz (später König) 64, 69
Altmarkt 13, 15, 30, 32, 42 f., 67, 7275, 81
v. Ammon, Dr. med. 49
Anger, Schornsteinfegermeister 75
Anton, König 26 f., 33, 47, 60
Antons Garten (Lange Gasse) 61
Arnold, Buchhändler Tafel 9
Ärzte 28, 41
Auditeur 20, 28
Augustusbrücke 30, 80
Aushebung 15, 20 ff., 27, 39
Ballfestlichkeiten 62
Barrikaden 43, 7275, 79 ff., Tafel 17
Baumgarten-Crusius, Konrektor 31
Befreiungen siehe Dienstpflicht
Benedictus, C. F., Tuchscherer 27
Bevilaqua, General 64, Tafel 9, 11
Bewaffnung 12, 16, 21, 37, 39 f., 43, 51, 54 f., 69, 77, 82
Blasewitzer Weg 56
Blockhaus 73, 80
Bogenschützen 914, 27
Böhme, Gerichtsdirektor 75, 82 f., Tafel 14
Bonniot, Kommandant 1217, 20, 24
Born, Schriftsetzer 74, 79 f.
Börner, Gemeinderichter 12, 27
v. Brandenstein, Oberleutnant 78
Brannaschk, Senator 9, 14
Brescius, Kaufmann 26
Brückmann, Carl, Kapitän 27
Brückner, Karl, Tischlermeister 56
Brüdergasse, Kleine 81
v. Buchner, Oberst 83
Bürgergendarmerie 9 f., 12 f., 15, 20, 27 ff., 36, Tafel 1
Bürgerrecht 15, 19
Bürgerschießwiese 27
Bürgerschützenkorps 12, 25
Bürgerverein 37, 41 f.
Bürgerwehrvereine 50, 70
Canzler, J. Otto 61, 66
Chemnitz 50
Chirurgen 9
Christian II., Kurfürst 6
Creutz, F. A., Weinhändler 28
Defensioner 6
Denkmünze 47
Dienstpflicht 19 f., 51 ff., 68
Dienstreglement(vorschrift) 19 f., 22, 26, 38
Disziplinargesetz(regulativ) 20, 38 f.
Dittmarsch, Ratsaktuar, Auditeur 28
v. Dobschütz, preuß. Stadtkommandant 24
Drückebergerei 21, 45, 49
Egg, Bankherr 15
Ehrenerweisungen 38
Ehrengerichte 37, 39
Eidesleistung 13, 15, 40
v. Einsiedel, Graf, Minister 32
v.Einsiedel, General, Kommandant 64, 67, 70
Einwaldt, Maurermeister 28
Einwohnerwehr 5
Eisenbahneröffnung 60
Eisenstuck, Obersteuerprokurator Tafel 9
Exerziermeister 28, 56
Exerzierreglement 19 ff., 38, 57
Exerzierübungen 27, 38, 40 f., 55 ff., 61, 68
Fahnen (Standarten) 10, 15, 40, 61, 69
Fahneneid siehe Eidesleistung
v. Feilitzsch, Stadtkommandant 16
Feldwebel 40, 49 f., 62
Festmahl 47, 69
Festungswerke, Abbruch 14
Feuersbrunst, Dienst bei 6, 20, 38, 59 f.
Fleck, Steuerprokurator 35
Flemming, Advokat, Adjutant 71
Frankes Garten 61
Freikorps 68 f., 81
Friedrich August I., König 9 ff., 13 f., 17 f., 22, 24 ff.
Friedrich August II., Prinz (später König) 3134, 47, 66, 69, 71, Tafel 9
Friedrichstadt 47
Friedrichstädter Division 41, 65
v. Friesen, Carl Friedrich, Freiherr 64
v. Friesen, Herm., Freiherr 59, 64
Fritzsche, Rittmeister 27, 36
v. Gablenz, General, Kommandant 3235, 37, 41, Tafel 6, 9
Garnison 6, 9, 20, 27, 30, 32 ff., 38, 42 f., 58, 60 f., 66, 68 f., 7376, 78, 80
Garnisonexerzierplatz 56, 61, 69
Gefreite 40
Generalkommando 35, 41, 62, 64, 71 ff., 77, 82 f.
Generalmarsch 38, 40 ff., 55, 57 f., 66 f.
Georg, Prinz (später König) 69
Gerbing, Premierleutnant 53
v. Gersdorff, Generalstabschef 20 f.
Gewandhaus 27, 57
Gold- und Silberarbeiter 9

[87]

v. Goesnitz, Major, Kommandant 27
Greifenhayn, Kapitän 12
Greß, Dr. med. 14, 28
Güldemann, Stadtprediger Tafel 9
Hähnel, Ratsaktuar, Auditeur 28
Handelsinnung siehe Kaufmannschaft
Hannemann, Goldschmied 26
Hauptwache 31
Hausbesitzer 49 f., 67
Haynemann, Major, Kommandant 2427
Hedenus, Dr., Leibarzt 48 f., 63
Heerschau siehe Paraden
Heger, Schulrat 48
Heine, Hofschauspieler 35
Heinz, Advokat 73, Tafel 14
Heinze, Oberstleutnant, Kommandant 70, 7376, 78, Tafel 15
Held, Carl, Dr., Oberappellationsrat 64
Helmbold, Nadler 26
Herrmann, Dr., Syndikus 14
Heydenreich, Advokat 47
Heyme, Bürgermeister 14, 17, 19 f., 23
Hinrichtungen 60
Höck, Frdr., Kapitän 28
Horrer, Kaufmann 35
Hüttig, Kapitän 12, 22, 25, 27
Jägerzüge 39 f., 55
Jahrmärkte 6
Illumination 33
Innungsälteste 25 f.
Innungsangehörige 42
Job, Kriegsrat 35
Johann, Prinz (später König) 32, 34 f., 4144, 47, 57, 64, 77, Tafel 7, 9
Jüdenhof 27 f.
Judenschaft 16
Judentaufen 27
Kaltofen, C. A., Kapitän 28
Kämmerer, J. G., Kapitän 27
Kaskel, Bankdirektor 61
Katholische Hofkirche 61
Kaufhallen, Alte Tafel 4
Kaufmannschaft 9, 1114
Kistner, Stadtrat 82
Klinisches Institut 81
Koch, Nationalgardenoffizier Tafel 2
Kommandant 41, 58, 61 f., 64, 69 f., 84
Kommunalgardenausschuß 46, 49 ff., 53 f., 64, 70 f., 82 f.
Kommunalgardenverein 50
Kommunrepräsentanten 34, 45, 53
König, Kontrolleur 35
v. Könneritz, Hof- und Justizrat 17
Konstitutionsfest 58, 60
Kosten 16 ff., 24, 26, 53
Kretzschmar, Dr., Stadtrichter 14
Kretzschmar, Frdr., Auditeurstellvertreter 28
Kreuzgasse 74
Kreuzkirche 60, 67
Kreuzschüler 31
Kriegsartikel 19 f.
Kriegsschuldenkasse 53
Krug, W. Tr., Professor 44
Krug v. Nidda, Oberst 35, 41 f., 44, 64, Tafel 9
Krug v. Nidda, Leutnant 81
Künzelmann, Ferd., Seifensieder 28
Landhaus 81
v. Landsberg, Inspektor 64
v.Langenn, F. A., Hof- u. Justizrat 33, 35, 64
Lasius, Leutnant, Adjutant 28
Leipzig 25, 30 f., 50, 66 f., 78
Lenz, Nap. Carl, Kommandant 64, 6973, 75, 77, 83, Tafel 14
Leonhard, Kapitän 12
Leonhard, Dr. med. 64
Liscow, Alex., Oberleutnant 64 f., Taf. 12, 14
Löbtauer Schlag 55
Löwenapotheke 73
Ludwig, Prinz, von Bayern 69
Magnus, Theaterdirektor Tafel 8
v. Mandelsloh, Generalmajor 64, 72, 77
v. Mangoldt, Adjutant 32, 41
Marschall v. Bieberstein, Advokat 76
Märzministerium 67, 70
Meisel, Stadtrat 80
Messerschmidt, Töpfer 64
Mietzinsauflage 16 ff.
Militär siehe Garnison
v. Montbé (später General) 77, 80
Moritz, Kurfürst 6
Müller, S. C., Kapitän 27
Munde, Dr., Handelsschuldirektor 81
Musikkorps 60
Musterung (siehe auch Paraden) 14, 19
Napoleon I. 7, 24
Neumann, Carl, Unterkommandant 64, 84
Neumarkt 34
Nöller, Kaufmann, Kapitän 12
v. Nostitz, H. C. F. 8, 32, 44 f., 47 f., 54
Odeum 70
Offizierkorps 27 f., 40, 47, 53, 62, 69, 82, 84
v. Oppell, Amtshauptmann 57
Ordnungsdienst 22, 59 f.
Ostragehege 34, 37
Ostravorwerk 56
Palaisplatz 66
Paraden 10, 13, 23, 27, 32 ff., 41, 47, 57, 60, 66, 71 f.

[88]

Pauli, Hofschauspieler 64
Peyer, Leutnant, Adjutant 28
Philippi, Hofrat 35
Pirnaischer Platz 75
Pirnaisches Tor 34
Pohland, Bürgermeister 35
Polizeigendarmen 25
Polizeihaus 30, 32, 58, 66
Posthaus und Postplatz 43, 66, 75
Provisorische Regierung 73, 7780
Quartieramt 53
Ramming, Buchdrucker 15
Rathaus, Altstädter 12 f., 15, 31, 39, 42, 58, 7275, 80 f., Tafel 3
Rathaus, Neustädter 75
Ratswächter 39
Redslag, Nationalgardenoffizier Tafel 2
Reformationsjubelfeier 1839 60, Tafel 10
Reichsverfassung 71, 79 f.
Reitende Kommunalgarde 36, 38, 57, 62, 64, Tafel 16
v. Reitzenstein, Gouverneur 16
v. Reitzenstein, Adjutant 41
Reserve 51 f.
v. Reutter, Adjutant 41
Revue siehe Paraden
Richter, Nationalgardenoffizier Tafel 2
Richter, J. G., Feldwebel, Exerziermeister 28
Riemerinnung 54
Röckel, Musikdirektor 59, 76 f., 79
Rour, Oberappellationsrat 84
Rublack, Dr. med. 53
Rumpel, Advokat, Kapitän 12, 27
Rümpel, Regimentstambour 28
Sappeurabteilungen 70
Schankwirte 67
Scharfschützen 69, 72, 75, 81, Tafel 16
Scheffel, Hoffaktor 9, 12, 27, Tafel 1
Scheffelgasse 30, 42, 58, 66
Scheibenschützenkompanie 10, 12 ff., 22 f., 27, 69
Schießhaus 27, 57
Schießübungen 27, 57, 61
Schläge 32
Schlesische Bahn 57
Schlobig, Leutnant, Adjutant 28
Schloß u. Schloßplatz 10, 31, 58, 66, 69, 71, Tafel 13
Schmidt, C. A. B., Kapitän 28
Schmidt, Franz, Destillateur 64
Schöne, Nationalgardenoffizier Tafel 2
Schönherr, Kaufmann 35
v.Schreibershofen, General 31, 33, 35, Taf. 9
Schützenbataillon 30 f.
Seetorbrücke 29, Tafel 2
Seltenreich, Sup. D Tafel 9
Seyffert, Advokat, Hauptmann 35
Siegel, Dr., Rechtskonsulent 12
v. Spiegel, Adjutant 41
Spitzner, Advokat 35
Stadtgarde 6
Stadtverordnete 83
Steinigt 55 f.
Stölzel, Leutnant, Adjutant 28
Strafen und Strafgelder 18, 39, 53, 55
Taggesell, Scharfschützenhauptmann 75
Tambours 28, 40, 62
Technische Legion 69, 75, 81
Teuerung 58
Theresienstadt 23
Thielmann, General 10, 12 f., 1518
Todt, Abgeordneter 79
Tröger, Vermessungskondukteur 28
Trompeter 28 f.
Turnerwaffenschar 69, 73, 81, Tafel 16
Tzschirner, Abgeordneter 73 f., 79, 81
Unfallunterstützung 53
Uniform 12, 16, 19, 21, 29, 62 f.
Vaterlandsverein 70 f.
Viertelsmeister 11, 13, 25 f.
Vogelwiese 56, 60 f., 85
Vollsack, Gastwirt 73
Vosterland, Nationalgardenoffizier Tafel 2
Wachtstuben 33, 58, 60, Tafel 14
Wach- und Streifdienst 6, 9, 13, 22, 24, 27, 34, 38, 58
Wagner, Gottlieb, Buchhändler 15
Wagner, Richard 65
Waldschlößchen 69
Webergasse 42
Wigard, Professor 64
Wilsdruffer Vorstadt 42
Winter, Akzisinspektor, Auditeur 20, 28
Zapfenstreich 38
Zeughaus 21, 31, 54 f., 74 ff., 80 f.
Zeugwärter 28
Zincke, Kapitän 12
Zocher, G., Kapitän 27, Tafel 2
Zitzschewig 10
v.Zschinsky, Hof- und Justizrat 35, 64
Zwingerwall 75
v.Zychlinsky, Rechtskand., Adjutant 71, 73
Druck von Oscar Laube, Dresden-A., Wettinerstraße 15

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  1. Ausführliches über diese Vorgänge vgl. in: Neubert, H. M., Die Schützengesellschaften zu Dresden. Dresden 1872.
  2. Über die Wiedergeburt des Königreichs Sachsen, Leipzig 1831.
  3. Allg. Preuß. Staatszeitung vom 19. März 1836.