Ein Lied vom Salz
Noch immer starben die Luculle nicht,
Noch immer wiegt auf Rosen sich der Prasser,
Das Brod heißt „Auster“, das der Reiche bricht,
Im Blut der Rebe perlt für ihn das Wasser;
Und sein Daheim durchglüht des Goldes Licht
Und hat ihm Wonnen sonder Ziel erschlossen –
Noch immer starben die Luculle nicht!
Vom Berg zum Thale führt ein steiler Pfad,
Wo Elend schuf das Proletariat,
Wo Krankheit haust, wo Freude hemmt die Schritte.
Dich schrecken die Gestalten bleich und hager –
Nach Arbeit schreit der Mann, das Kind nach Brod;
Der Heiland in den Hütten ist der Tod!
Der Reiser Gluth verräth die Mittagsstund’,
Es brodelt matt die karge Gottesgabe;
Fürwahr, zu wenig für des Reichen Hund
Die Lust der Sinne läßt die Noth zerstieben,
Dem Armen ist der Hunger Fleisch und Wein;
Und von des Reichen Mahl ist ihm geblieben
Der Erde Thräne nur, das Salz allein!
Er athmet auf bei seinem trocknen Bissen,
So lang’ noch Salz das Brod der Armuth würzt, –
Erbarm’ es Gott, auch Das wird ihm entrissen!
Der Staat – des Salzes Hüter und Gebieter –
Des Reichen Scheffel wohl drückt sie nicht nieder –
Des Armen Körnlein – ach, erdrückt sie fast!
O, wollt ihr Blüthen, wollt ihr Früchte schau’n,
So geht zum Weinstock, beugt die stolze Palme
Verlangt nicht Früchte vom verdorrten Halme!
Mit Steuern trefft des Luxus eitle Gabe:
Livree, Carrosse, Gold und Edelstein;
Belastet nicht des Elends letzte Habe:
Was segnend quillt aus uns’rer Heimath Born,
Das will uns Gott als unser Erbe zeigen!
Des Landes Most, des Landes Salz und Korn,
O, gebt’s dem Volke unverkürzt zu eigen!
So tön’ ein Schrei empor zum Haupt des Staats;
O, mög’ es donnernd bis zum Throne steigen,
Das Lied vom Salz des Proletariats!
M. K.