Ein demokratischer Fürstensohn

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Autor: F. B.
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Titel: Ein demokratischer Fürstensohn
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aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 408–410
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1865
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Ein demokratischer Fürstensohn.

Er hat nicht mehr gesehen, was seine Seele rang,
Das Vaterland erstehen aus Jammers Ueberschwang.
Doch ist er auch gestorben für’s deutsche Vaterland
Und hat den Kranz erworben, der Ehre höchstes Pfand.
 E. M. Arndt.

Es ist das schöne Streben der freisinnigen Blätter unserer Zeit, das deutsche Volk zu echter Bürgertugend anzuregen, zu einer Vaterlandsliebe, die nicht einseitig darauf bedacht ist, Veraltetes und einer schöneren Entwickelung Nachtheiliges niederzureißen, sondern auch dafür besseres Neues aufzubauen. Der Neubau muß aber auf wahre Bürgertugenden gegründet, das Streben nach der Größe und Erneuerung des Vaterlandes auf das Gefühl, „Wahres und Edles“ zu wollen, gestützt sein. Eine Freiheit, welche die Tugend nicht zur Geleiterin hat, ist falsch in ihrem Ursprung und unheilvoll in ihrer Wirkung.

Um aber das Streben nach bürgerlicher Freiheit und einer schöneren Gestaltung des Vaterlandes in den Herzen des Volkes auf echte Bürgertugend zu bauen, scheint es sehr geeignet, demselben Bilder aus der Vergangenheit vorzuführen, besonders aus einer jüngst entschwundenen Zeit, die den Grundstein zu dem Streben gelegt hat, welches eben den besseren Theil der deutschen Nation erfüllt. Es ist aber auch eine Pflicht der Dankbarkeit, der herrlichen Ahnen zu gedenken, der Männer und Frauen, die ihr irdisches Gut und ihr Leben für nichts geachtet haben, als das Vaterland verlangte, dieses für seine Wohlfahrt hinzugeben.

Doch nicht allein darum führen wir heute dem Leser das hehre Bild eines echten deutschen Fürstensohnes, der seine Liebe zu seinem Vaterlande mit dem Tode besiegelt hat, vor die Seele, sondern auch darum, weil uns in den Anschauungen und Aussprüchen desselben eine so echte Bürgertugend entgegenleuchtet, wie wir sie auch in der Jetztzeit in jedes deutsche Herz fester und fester einpflanzen möchten, weil seine gelegentlichen Aeußerungen treffend Verhältnisse berühren, die jetzt noch bestehen – und endlich auch, weil dieser Fürstensohn, fürchten wir, von Wenigen aus seinem eigenen Stande durch ein ehrenvolles Andenken als Vorbild eines echten deutschen Fürsten, wie er sein soll, geachtet wird. Aus den Mißhelligkeiten, die ihm im Leben für seine Anschauungen bereitet wurden, müssen wir leider auf die Gegenwart schließen. So mag sich denn ein dankbares Volk um so inniger des hehren Fürstensohnes, an dem Bild seines Lebens und seiner Gesinnungen erfreuen und von seinem Geist etwas in den eigenen herübernehmen.

Es ist der Prinz Victor von Neuwied, er, dem, wie die Zeitungen berichten, demnächst in Neuwied ein Denkmal erstehen wird. Er war unter neun Kindern des Fürsten Friedrich Karl (geb. 1741) und der Fürstin Marie Louise (geb. 1747, vermählt 1766) der zweitjüngste Sohn (geb. 6. Novbr. 1783). In der Erziehung dieses Fürsten zeigt sich wieder der Einfluß, den eine treffliche, verständige Mutter auf ihre Kinder auszuüben vermag. Sie pflanzte demselben nicht allein frühzeitig einen ernsten Eifer für Kunst und Wissenschaft ein, sondern auch eine innige Liebe zu dem Vaterlande. Sie benutzte die Tradition des Fürstenhauses nicht, ihrem Kinde jenen hohlen Adelsstolz einzupflanzen, der so gar nicht mehr in unsere Zeiten paßt und nur noch ein Gefühl des Mitleids erweckt, sondern zur Pflege ritterlicher Tugenden und sittlicher Größe. Wie diese deutsche Frau, deren Andenken wir mitehren wollen, dachte, dafür mögen ihre eigenen Worte zeugen.

Im Jahre 1801 war Prinz Victor von Neuwied als Stabscapitain bei dem Regiment Erzherzog Karl in die österreichischen Kriegsdienste getreten, sowohl durch große Geistesgaben, wie körperliche Schönheit ausgezeichnet. Er trat dort ein, begleitet von den sittlichen Rathschlägen einer theuren Mutter, die sie dem scheidenden Sohne mitgab:

„Handle, wie Einer, der Gott und Unsterblichkeit glaubt, d. h. lebe rechtschaffen und tugendhaft. Sei Deiner Pflicht getreu. Thue Recht in allen Stücken und gegen alle Menschen. Liebe die Wahrheit. Sei treu in Deinen Zusagen, dankbar gegen Freunde und Wohlthäter, verschwiegen, vorsichtig. Vor Lastern brauche ich den sich seiner Menschenwürde bewußten Jüngling nicht zu warnen. Du weißt, wie unglücklich die Wollust macht und wie gefährlich der erste Schritt dazu ist. Fliehe, wie die Pest, Alles, was dazu Gelegenheit giebt. Schaffe Dir gute und belehrende Bücher an und verwende die Dir vom Beruf gelassenen Stunden auf’s Lesen derselben. Suche die Bekanntschaft der besten Menschen aus allen Ständen; kurz, lerne, wo Du lernen kannst. Den Umgang edler, wohlerzogener Frauenzimmer suche ja auf; sie tragen sehr viel zur Bildung eines jungen Mannes bei. Erlaube Dir keine Nachlässigkeiten in ihrer Gesellschaft. Sei höflich, aufmerksam, beleidige nie. Verbanne alle Zweideutigkeiten aus Deinen Gesprächen, – dies aber auch in Männergesellschaften. Werde ein Jüngling, an dem alle Guten ihre Lust sehen, dessen Mutter alle Mütter beneiden müssen.“

Der Prinz machte nun den Krieg von 1805 mit. Wir entnehmen aus einem Briefe, den er am 18. September an seine Mutter schrieb, eine Stelle, die ein schönes Licht auf die Vaterlandsliebe des jungen Officiers wirft:

„Es ist unverzeihlich, wenn Preußen noch immer ruhig zusehen wollte. Was wird noch aus dem Vaterlande werden? Ringsum Disharmonie unter uns! Wenn doch ein Bernhard von Weimar aufstände, der alle Tapfern vereinigte, um den uralten Namen zu erhalten! Ich glaube, die allereingefleischtesten … müssen sich doch erinnern, daß wir eine Sprache sprechen und daß der Verlust der deutschen Ehre auch ihr eigener Verlust ist. Denken Sie sich unser schreckliches Loos, wenn es zu einer Theilung käme und wir sollten den Schimpf erleben, unter französische Herrschaft zu gerathen! Oesterreichische oder preußische Oberherrschaft wäre viel leichter zu ertragen und eine Theilung unter diesen beiden Mächten eher zu wünschen. Sie würde auch vor der Nachwelt keinen Schandfleck auf die Nationalehre werfen, da wir von den eigenen Landsleuten beherrscht würden. Wir wären doch vor der schimpflichen Behandlung unserer Nachbarn sicher und das Interesse zerfiele nur in zwei Theile, wo es jetzt in vierhundert (reichsunmittelbare) Gebiete zerfällt. Die Zukunft geht mit großen Dingen schwanger, allein ich glaube, daß sie auf keinen Fall die Lage des Reichs verbessern werden. Wenn man Grundsätze hat und diesen treu bleiben will, so kann man in dieser Lage nichts Anderes thun, als sich an das Reichsoberhaupt und an seine kriegerischen Fahnen anschließen, für sein Land streiten und, wenn es das Schicksal will, dafür sterben, um sein trauriges Ende nicht zu überleben.“

Nachdem sich der Prinz in mehreren Gefechten ausgezeichnet, wurde er in der Schlacht bei Ulm, die durch Mack verloren ging, gefangen. Den Anfang des Frühlings 1806 brachte er dann in Neuwied bei der Mutter zu und begab sich darauf nach Wien zurück.

Sehr wichtig und für unser ernstestes Nachdenken wohl geeignet ist seine Anschauung über die neuere Art der Kriegführung. Er sagt darüber:

[409] „Ich bilde mir ein, daß die neuere Art, den Krieg zu führen, eine natürliche Entwickelung der Feuertaktik ist, die früh oder spät erfolgen mußte. Diese neuere Taktik führt dahin, daß zerstreut fechtende Infanterie ebensoviel geschlossene besiegen muß, wenn beide ihre Schuldigkeit thun; ferner macht sie es unnöthig, daß man die neuen Soldaten lange zu ihrem Handwerk vorbereite; sie hat endlich der Ueberzahl ein erstaunliches Uebergewicht über die Minderzahl verschafft. Aus diesen Eigenschaften der neueren Kriegsführung schließe ich nun, daß ein Volk, das ernstlich will, jede feindliche Armee, die in sein Land einrückt, besiegen muß. Wenn nun, wie ich ferner glaube, die stehenden Armeen allein schuld an der despotischen Gestalt aller Staaten und hierdurch an der Herabwürdigung des Nationalcharakters und der Vaterlandsliebe sind, so wird vielleicht diese eiserne Periode der Uebergang sein zur Herstellung freier Verfassungen und durch diese zur Wiedereinsetzung der bürgerlichen und patriotischen Tugenden in ihre ewigen Rechte. – Es ist das einzige Mittel, den schändlichen Egoismus und Kosmopolitismus zu stürzen, die Gesinnungen zu vereinigen und endlich aus den Trümmern der veralteten Reiche Nationalstaaten in freier Verfassung hervorgehen zu machen. Dann wird man keine Tyrannen und Sclaven mehr sehen, sondern freie Bürger werden nach Art unserer Urväter gewaffnet in der gesetzgebenden Versammlung das Wohl des Staates berathen. Keine stehenden Heere werden mehr dem Despotismus zum Werkzeug dienen. Unter dem mächtigen Schutz der Freiheit werden Künste und Wissenschaften blühen und die Menschheit wird mit Riesenschritten sich der Vollkommenheit und dem Zustand der Glückseligkeit nähern, deren sie auf diesem Planeten fähig ist.“

Nicht minder beherzigenswerth ist ein anderes Wort von ihm:

„Es ist tröstlich, zu sehen, wie das allgemeine Unglück in allen Gegenden von Deutschland den kleinlichen Provincialgeist, den elenden Haß der Religionsparteien, sogar, wie mir scheint, die große Spaltung, die das nördliche vom südlichen Deutschland trennte, aufhebt. Oesterreich und Preußen lernen sich endlich als Brüder des alten Deutschlands kennen; sie fangen an, einzusehen, daß ihre bisherige Eifersucht die Ursache ihres Unterganges wird. Die gemeinschaftliche Schmach tilgt jedes andere Gefühl, und ich glaube, daß große Resultate entstehen werden, wenn der aufgeblasene Uebermuth unserer Unterdrücker diese glückliche Stimmung erst wird zur Reife gebracht haben.

Könnte ich doch die Großen mit meinem Feuer anstecken. Aber leider sind sie aus keiner feuerfangenden Materie geschaffen, – sie sind kalt wie Marmor.“

Der Prinz von Neuwied wurde um seiner Gesinnungen willen und, wie er selbst sagt, weil er mit der geächteten Familie F. umgegangen sei, von Wien weg auf ein kleines Dorf Langenloys, ein wahres Rattennest, wie er es selbst nennt, beordert. Hier in der Einsamkeit befolgte er den Rath seiner treuen Mutter und beschäftigte sich eifrig mit der Lectüre guter Bücher. Unter Anderem las er auch mit Vorliebe die „Fragmente zur neuesten Geschichte des Gleichgewichts von Europa“ von Gentz.

Der Prinz nahm an den nun folgenden Kämpfen Theil und wurde 1809 nach der verlornen Schlacht bei Eckmühl bei dem Dorfe Weinring, unweit Regensburg, nach einer verzweifelten Gegenwehr, wobei ihn sein treuer Feldwebel Fensel mit dem eignen Körper schützte, gefangen. Er wurde zuerst nach Landshut gebracht, dort längere Zeit in der Festung in strengem Gewahrsam gehalten, dann nach Straßburg übergeführt, wo ihm eine mildere Behandlung zu Theil wurde.

Ein Schriftsteller, der diese Zeit herber Gefangenschaft des Prinzen schildert, knüpft die schöne Bemerkung daran: „Der Prinz Victor schreibt aus seiner Gefangenschaft: ,Ich weiß nicht, welche Zaubermacht mir bei allem Elende immer die Hoffnung aufrecht erhalten hat. Ich kann auch jetzt nicht verzweifeln, ja niemals war ich mehr von der kurzen Dauer der gegenwärtigen Stürme überzeugt!’ Diese Zaubermacht war sein Gottesglaube und sein heller Blick in die Geschichte, welche das Gewissen der Menschheit ist. In dem Herzen dieses Jünglings schlug wie in Wenigen das Herz der Zeit; sein Rechtsgefühl lag in seinem Leben in und mit der Geschichte der Menschheit, des Volkes, in welcher die Wurzeln unseren Liebens und Leidens und die Weissagungen unserer Zukunft liegen. Das ist in der That der wesentliche und unvergleichliche Vorzug jener uralten, vaterländischen Familien, daß sie einen ausgesprochenen Antheil an der Geschichte des Vaterlandes haben, daß ihre Kinder, wenn sie Geschichte lernen, ihre eigne mitlernen, daß also die Lehre der Geschichte, das ganze Leben derselben in frischer Unmittelbarkeit auf sie übergeht, daß sie persönlich im Zusammenhang einer lebendigen Tradition stehen. Aber wie Viele machen von diesem Vorzuge den bewußten, vorurtheilsfreien Gebrauch! Die gewiß am wenigsten, welche, auf den Lorbeeren ihrer Väter ruhend, Ahnen zählen und Stammbäume malen, welche, die Exemtion als die Hauptsache betrachtend, in der inneren und äußeren Absonderung die Behauptung ihrer Prärogative suchen. Möchten sie doch Alle, welche echte Ritterehre suchen, in solch ein deutsches Herz von echtem Schrot und Korn, von urältestem und höchstem deutschen Adel hineinsehen, welches von Sehnsucht brennt, seinen Adel nicht allein zu behalten, sondern ihn dem ganzen Volk einzuhauchen, die patriotische Idee in Jedem nach seinem Stand und Beruf lebendig zu machen! Denn die allein sind wahrhaft adelig, in welchen die patriotische Idee lebt und das ganze Leben gestaltet, welchen König und Vaterland mehr, tausendmal mehr werth sind, als Alles, was sie sind und haben.“

Nachdem Prinz Victor, auch aus der zweiten Gefangenschaft befreit, eine Zeit lang bei seiner Mutter verweilt hatte, trat er wieder in die österreichischen Dienste. Im Gefühl, ein guter Bürger und ein trefflicher Soldat zu sein, schmerzte es ihn um so mehr, als er bemerkte, daß man ihn absichtlich zurücksetzte und ihm jedes Avancement versagte. Da faßte er den Entschluß aus dem österreichischen Dienst auszuscheiden und nach Spanien zu gehen, dessen Volk ihn durch seinen Allgemeinkampf gegen Napoleon begeisterte. Als aber der Prinz um seine Entlassung nachsuchte, fand er warme Fürsprecher, und der Kaiser selbst bat ihn zu bleiben und ernannte ihn zum Major. Der Prinz nahm nun zwar sein Gesuch zurück, allein da ihm für Deutschland jede Hoffnung geschwunden war, schützte er eine Reise nach dem Orient und Griechenland vor, um dennoch seinen Plan auszuführen, nach Spanien zu gehen und dort erfolgreicher gegen die Macht Napoleon’s mitkämpfen zu können. Vor seiner Abreise schrieb er noch einmal einen Brief an seine Mutter und Geschwister, aus welchem wir die Stelle hervorheben:

„Alles mein Sehnen, Dichten und Trachten ist und bleibt auf unser geliebtes Deutschland gerichtet, dessen Wohl bei Allem, was ich unternehme, mein letzter Zweck ist.“

Er begab sich auf einer fünfmonatlichen Reise über Ofen, Adrianopel, Constantinopel, Smyrna und Malta nach Cadix. Mit vielen ausgeschiedenen österreichischen und preußischen Officieren nahm er nun Antheil am Kampf gegen Napoleon und zeichnete sich in mehreren Gefechten so aus, daß ihm die goldene Medaille zu Theil wurde.

Seine Mutter machte ihm in einem Briefe einen Vorwurf darüber, daß er Deutschland verlassen. Er äußert sich dagegen in folgenden Worten:

„Es liegt ein so mächtiger Trost in der Idee, frei zu sein und bei der allgemeinen Schwäche und Nachgiebigkeit seinen Grundsätzen nachzuleben. Schimpft einst die Nachwelt über die Trägheit unserer Zeitgenossen, so können Alle, die meinen Weg wandeln, ohne Reue zurücksehen auf ihr Leben, und kommt eine bessere Zukunft für das Vaterland, woran ich nicht zweifele, so können wir uns sagen, daß auch wir aus allen Kräften dazu beitragen und also auch unseren Antheil an dem verbreiteten Glück haben. – – – Können wir das alte Haus nicht mehr repariren, so reißen wir es lieber ein und bauen ein neues in einem besseren Geschmack. Natürlich ist es, daß wir den Einsturz einer so alten Wohnung, unter deren schirmendem Dach wir aufgewachsen sind, betrauern; wenn wir es jedoch recht bedenken, so war es wirklich zu eng und zu beschränkend für uns. Sie wundern sich vielleicht, diese Sprache von mir zu hören; allein ich war immer erst Deutscher und dann Oesterreicher.“

Der Prinz stand als Oberstlieutenant und Adjutant bei dem Regiment Utoni unter dem Befehl des Obergeneral Campo Verde. Im Januar 1812 commandirte er bei S. Felio de Codinas eine eigene Brigade. Es kam am 27. Januar zum Kampfe mit den Franzosen. Der Prinz in der Avantgarde wurde bald handgemein mit ihnen. Er, unter den Vordersten kämpfend, erhielt zwei Bajonnetstiche durch die rechte Wange; trotzdem commandirte er weiter. Da wurde er von einer Musketenkugel getroffen, welche [410] die Brust durchdrang. Nach gewonnener Schlacht trugen sechzehn Mann des Regiments Tarragona vor der Avantgarde her den Sterbenden nach Castel de Sol. Hier starb er ruhig am folgenden Tag, umgeben von vielen befreundeten Officieren.

Als der General, der zu Bette lag, die Todeskunde vernahm, legte er, überwältigt von Schmerz, die Hand vor die Stirn und verhüllte sein Haupt mit der Decke; schweigend zeigte sich sein Schmerz tiefer, als es Worte gethan haben würden. Am 30. Januar wurde die Hülle des Gefallenen feierlich in der Kirche beigesetzt.

So ist das Bild des edlen deutschen Fürstensohnes an unsrer Seele vorübergezogen, und wen hat sein Leben und Streben nicht mit der innigsten Theilnahme erfüllt, welches deutsche Herz fühlt sich nicht ergriffen beim Hinblick auf sein frühes Ende? Aber hat es uns nicht zugleich bei der Betrachtung der Vaterlandsliebe und der politischen Anschauungen des Fürstensohnes wie etwas Seltsames, Fremdartiges überkommen, daß er, der Fürstensohn, uns solche Gesinnungen offenbart hat? Es ist nicht gut, daß uns das seltsam dünkt, es wäre besser, wenn wir das sehr natürlich fänden. Doch wir wollen diesem Gedanken nicht weiter nachgehen. Vieles von dem, was jener edle Fürstensohn geglaubt und gehofft hat, ist in Erfüllung gegangen, und das mag uns wieder in der Ueberzeugung stärken, daß ein Streben, welches aus wahrer Vaterlandsliebe und Bürgertugend entspringt, dem Vaterland nicht verloren geht.

Wir wollen das Andenken des gefallenen Helden mit den Worten Arndt’s ehren, die, wie dem Schreiber dieses, vielleicht auch manchem Leser eine Thräne in das Auge drängen:

Da ist der Held gefallen in jenem großen Jahr,
Als des Tyrannen Wallen gen Moskau schaurig war;
Er hat nicht mehr gesehen, was seine Seele rang,
Das Vaterland erstehen aus Jammers Ueberschwang.
Doch ist er auch gestorben für’s deutsche Vaterland
Und hat den Kranz erworben, der Ehre höchstes Pfand;
Den Kranz, wodurch die Freien im Himmel herrlich stehn,
Die gegen Tyranneien durch Feu’r und Eisen gehn.
Drum schreibt die deutsche Treue mit goldnem Strahlenschein
Dich, kühner Schlachtenleue, in ihre Tafeln ein;
So lang in festen Kreisen noch Mond und Sonne reist,
Wird man Dich, Siegreich (Victor) preisen, wo man die Freiheit preist.
O, Land der Catalanen, so stolz und ritterlich,
In dir pries seine Ahnen der Victor Siegerich,
In dir hat er vergossen sein junges, frisches Blut,
In dir ist ausgeflossen sein Leben und sein Muth.
O, Land der Catalanen, du Land der alten Kraft!
Stets wehten deine Fahnen für hohe Ritterschaft;
Drum Klagen weint und Sorgen hier keinem Ritter nach,
Hier schläft er wohlgeborgen bis an den jüngsten Tag.   F. B.