Ein hübsch Lied, genannt der Striegel, gar lustig zu singen und zu lesen in des Lindenschmidts Ton

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Autor: Unbekannt
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Titel: Ein hübsch Lied, genannt der Striegel, gar lustig zu singen und zu lesen in des Lindenschmidts Ton
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 38–40
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Ein hübsch Lied, genannt der Striegel, gar lustig zu singen und zu lesen in des Lindenschmidts Ton.
(Fliegendes Blatt, gedruckt zu Zürich ohne Jahreszahl, bei Augustin Fries.)

Zu Constanz saß ein Kaufmann reich,
Der hat ein Fraulein, war wonnegleich,
Denn sie war hübsch und kluge;
Sie hatt’ einen Doctor gar zu lieb,

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Groß Lieb sie zammen trugen.


Die Liebe, die war offenbar,
Und währt gar noch wohl sieben Jahr,
Der Kaufmann ward ihr’ innen;
„Erfahr’ ich dann die rechte Mähr’,

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Du magst mir nit entrinnen!“


„O Fraulein, mir ist Botschaft kommen,
Ich darf mich auch nit länger säumen,
Muß reiten in fremde Lande;
Nun halt dich wohl und halt dich recht,

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Daß wir nicht kommen zu Schande!


„Nun halt Dich wohl und halt dich recht,
Gedenk an unser Beider Geschlecht,

[39]

Wir haben fromm Vater und Mutter;
Dazu ein kleines Schwesterlein,

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Halt mir’s in guter Hute!“ –


Er reit zum obern Thor hinaus,
Zum untern reit er wieder hinein zu Haus,
Des Abends also spate;
Er reit vor seiner Freunde Haus:

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„Gebt mir ein gute Rathe!“


„Ein guten Rath, den geben wir:
Bleib hier bis an den Morgen früh,
Du hast ein eigen Hause;
Darin hast du ein Badstüblein warm,

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Da lebt der Doctor im Schmauße.“


Der Kaufmann tratt für’s Schlossers Haus:
„Und bist du drinn, so tritt heraus,
Ein’ Striegel gut ich möchte!“
Er bracht daher wohl zehen Paar,

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Es war ihm keiner rechte.


„Mach mir ein’ Striegel in einer Stund,
Ich geb dir drum ein baares Pfund,
Mach mir ihn scharf und härte;
Mach Zähn dran eines Fingers lang,

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Ich hab zwei freche Pferde.“


Der Schlosser dacht’ in seinem Muth:
Was meint er mit dem Striegel gut?
Er hub ihn an zu machen:
Manch Bürger vor sein Laden tratt,

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Und thät des Striegels lachen.


Der Kaufmann war ein weiser Mann,
Sein Sachen griff er klüglich an,
Ging in’s Badstüblein warme,
Sein ehlich Fraulein fand er da,

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Dem Doctor in seim Arme.


Da er schritt in das Badstüblein,
War da bereit gut Brod und Wein,

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Mit andern guten Dingen;
Die zwei, die saßen im Wasserbad,

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Das Fraulein thät entrinnen.


Er striegelt den Doctor also hart,
Von unten an bis auf den Bart,
Das Blut thät ihm abfließen;
„Hör auf, mein lieber Kaufmann gut,

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Laß mich mein Sünd hie büßen!“


Es währt wohl auf ein halben Tag,
Man legt den Doctor in das Grab,
Das Rauchfaß thät man ihm bieten;
Ein Fraulein zu dem andern sprach:

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„Vor dem Striegel woll’n wir uns hüten!“


Dieß Lied ist gemacht mit hohem Fleiß;
Vorm Striegel hüt’ dich, bist du weis’!
Daß dir nicht misselinge;
Es sangs ein freier Schreiber gut,

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Vor Freund thät er aufspringen.
(Aus „Knabe Wunderhorn“ etc, 3. Band S. 99 ff.)