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Ezechiel der Tragiker

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Titel: Ezechiel der Tragiker
Untertitel:
aus: Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel S. 337–345; Erläuterungen 1289
Herausgeber: Paul Rießler
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1928
Verlag: Dr. B. Filser
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Erscheinungsort: Augsburg
Übersetzer: Paul Rießler
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Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
Kurzbeschreibung:
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[337]
25. Ezechiel der Tragiker

Auszug aus Ägypten


Personen des Dramas:
     Moses
     Sepphora
     Chus
     Raguel
     Gott aus dem Dornbusch
     Bote
     Kundschafter.

Moses:

1
Zu jener Zeit, als Jakob Kanaan verließ,
2
kam er in das Ägypterland mit siebzig Seelen.
3
Hernach erzeugte er noch viel des Volks.
4
Doch dieses lebte übel und gedrückt,
5
ward es doch bis zu dieser Zeit
6
von bösen Männern, übermächtiger Gewalt gepeinigt.
7
Es sah der König Pharao,

wie unser Volk zu großer Zahl sich mehrte;

8
da ging er gegen uns mit ränkevollen Listen vor.
9
Die armen Leute plagte er mit Ziegelstreichen
10
an großen Bauten in den Städten und an Türmen,
11
so daß sie ein gar schwer Geschick erlitten.
12
Dann sagt er zum Hebräervolk,
13
man werfe alle Knäblein in den tiefen Strom.
14
Als nun die Mutter mich gebar,

verbarg sie mich drei Monde lang;

15
doch blieb es nicht geheim, wie sie erzählte.
16
So hüllt sie mich in Kleider ein
17
und setzte mich an dem bewachsenen Stromesufer,

im tiefen Sumpfe aus.

18
Die Schwester Mariam sah aus der Ferne zu.
19
Da stieg des Königs Tochter mit der Mägde Schar hernieder,
20
im Flusse sich zu baden,
21
und sie erblickte mich

und hob mich schleunigst auf.

[338]
22
Und sie erklärt mich als Hebräerkind.
23
Da lief die Schwester Mariam schnell herbei

und sprach zu der Prinzessin:

24
Beliebt’s, so such ich schnell

dir eine Amme für das Kind aus den Hebräerinnen.

25
Die Jungfrau winkt

und schnell verkündet sie’s der Mutter

26
und schleunigst kommt die Mutter selbst herbei
27
und nimmt mich auf den Arm.
28
Da sprach des Königs Tochter:
29
Ernähre diesen, Weib,

und ich belohne dich dafür!

30
Sie legte mir den Namen Moses bei,
31
weil sie an jenes Flusses hohem Strand mich fand.
32
Als nun des Kindesalters Zeit für mich vorüber war,
33
da führte mich die Mutter zu dem Schlosse der Prinzessin;
34
dabei erzählte sie mir alles, was geschehen war,
35
und sprach mir von dem väterlichen Stamm

und was uns Gott verheißen.

36
So lange wir der Knaben frohe Zeit genossen,
37
gab sie mir königliche Speis und Unterricht,
38
als ob ich ihrem eigenen Leib entsprossen wäre.
39
Doch als der Tage Schoß gefüllet war,
40
verließ ich auch die königlichen Schlösser;
41
denn zu des Königs Werken trieb mich das Gemüt.
42
Zuerst erblickt ich zwei im Handgemenge;
43
der eine war Hebräer,

der andere vom Ägyptervolk.

44
Ich sah die beiden ganz allein,

sonst keinen andern.

45
Und da befreite ich den Bruder;
46
denn jener fiel durch meine Hand
47
und ich verscharrte ihn im Sand,
48
daß niemand uns erblicke

und diesen Mord vermelde.

49
Am andern Morgen sah ich wieder,

wie zwei desselben Stammes hadern.

50
Da sagte ich:

Was schlägst du jenen, der doch schwächer ist, als du?

51
Und jener sprach:

Wer hat dich uns zum Richter und zum Herrscher hergesandt?

52
Du darfst mich nicht so töten,
53
wie gestern den Ägyptermann.
54
Und voller Angst frug ich darauf:

Wie ward denn dies bekannt?

55
Wer hat dem König alles das so schnell gemeldet?
56
Da strebte Pharao mir nach dem Leben.
57
Als ich dies hörte, ging ich eilends fort
[339]
58
und jetzt irr ich in diesem fremden Land umher.
59
Nun seh ich sieben Jungfrauen dort.

[Nachdem er gefragt, wessen die Jungfrauen wären, erwidert]

Sepphora:

60
Dies ganze Land heißt, Fremdling, Libyen.
61
Bewohnt wird dies von Stämmen mancherlei Geschlechts,
62
von Äthiopen, schwarzen Angesichtes.
63
Im Lande herrscht nur einer,

der König ist und Herzog.

64
Jedoch in dieser Stadt regiert und spricht das Recht ein Priester;
65
er ist mir Vater, wie auch diesen da.

[Es wird über Sepphoras Heirat redend eingeführt]

Chus:

66
Du mußt mir dies, Sepphora, auch erzählen.


Sepphora:

67
Es gab der Vater diesem Fremdling mich zur Gattin.

[Über den von Moses geschauten Traum redend, werden eingeführt]:

Moses:

68
Auf einer Bergesspitze sah ich einen großen Thron,
69
der bis zum Himmel reichte.
70
Drauf saß ein Mann,

dem edelsten Geschlecht entsprossen.

71
Ein Diadem auf seinem Haupt

und in der Linken ein gewaltig Zepter,

72
so winkt er mir mit seiner Rechten.
73
Ich stellte mich vor seinen Thron.
74
Da reicht er mir das Zepter dar
75
und hieß mich seinen großen Thron besteigen.
76
Auch gab er mir sein königliches Diadem;

er selber stieg herab.

77
Darauf erblickte ich der Erde ganze Rundung,
78
zugleich der Erde Tiefen und des Himmels Höhen.
79
Da fiel der Sterne Schar mir vor die Füße
80
und alle zählt ich sie
81
und mich umgab es, wie von Sterblichen, ein Kriegerlager.
82
Und so erwacht ich aus dem Schlaf,

die Brust von Furcht bewegt.

Raguel

83
Es zeigte Gott dir, Fremdling, Herrliches.
84
Möcht ich noch leben, wenn ein solches Los dich trifft!
85
Denn einen großen Thron wirst du einst stürzen
[340]
86
und selber Kampfespreise austeilen

und Volkesführer sein.

87
Du schautest die bewohnte Erde ganz,
88
was unter Gottes Himmel weilt und über ihm

das heißt:

89
Du wirst erschauen,

was ist, was war und werden wird.

Moses:

90
Sieh da!

Was soll das Zeichen aus dem Dornbusch mir?

91
Gar wundersam und Sterblichen unglaublich ist es.
92
Denn plötzlich brennt der Strauch in hohen Flammen auf
93
und doch bleibt jedes Zweigchen unversehrt.
94
Was nun?

Ich gehe hin und schau der Wunder größtes an;

95
es weckt ja keinen Glauben bei den Menschen.


Gott:

96
Halt, Bester!

Komm nicht näher, Moses,

97
bevor der Füße Binden du gelöst!
98
Denn sieh!

Das Land, worauf du stehst, ist heilig

99
und dir erglänzt aus diesem Strauche Gottes Geist.
100
Faß Mut, mein Sohn!

Hör meine Worte!

101
Denn dir, dem Sterblichen ist’s unmöglich,

mein Angesicht zu schauen.

102
Doch meine Worte kannst du wohl verstehen.
103
Deshalb kam ich hieher.
104
Denn ich bin deiner Ahnväter, wie du sie nennest, Gott
105
Des Abraham, des Isaak und des Jakob Gott bin ich.
106
Und jener eingedenk

sowie auch meiner eigenen Verheißungen,

107
bin ich bereit,

mein eigenes Hebräervolk zu retten;

108
ich sehe ja die Mühsal,

das Leiden meiner Diener.

109
Eil fort

und meld mit diesen meinen Worten

110
zuerst dem ganzen Volke der Hebräer,
111
sodann dem König, wie’s von mir befohlen ward:
112
„Du sollst mein Volk aus dem Ägypterlande führen!“


Moses:

113
Ich bin nicht guter Rede fähig;
114
die Zunge stockt mir oft und stammelt,
[341]
115
daß ich mit meiner Sprache

in Gegenwart des Königs nicht bestehen kann.

Gott:

116
So sende schleunigst deinen Bruder Aaron
117
und künd ihm alles, was ich dir befahl!
118
Er selbst kann vor dem Könige die Worte sprechen.
119
So, wie du sie von uns empfängst,

vernehm er sie von dir!

120
Was hältst du in den Händen da?

Sag an geschwind!

Moses:

121
Ein Stab ist’s,

der für die Züchtigung der Tiere und der Menschen dient.

Gott:

122
Wirf ihn zu Boden!

Weich schnell von hinnen!

123
Denn eine Schlange, furchtbar, wird’s,

zum Staunen dir.

Moses:

124
Da liegt’s. –

O du, erbarm dich meiner!

125
Wie fürchterlich, wie ungeheuerlich!

Verschone mich!

126
Wie schaudere ich!

Wie zittern meine Glieder!

Gott:

127
Ach fürchte nichts!

Streck deine Hand nur aus!

128
Pack fest den Schwanz!

Dann wird’s ein Stab als wie zuvor!

129
Nun steck die Hand in deinen Schoß!

Zieh sie heraus!

Moses:

130
Sieh, was geschah!

Wie Schnee ward meine Hand.

Gott:

131
Steck in den Schoß die Hand zurück!

Dann ist sie wie zuvor.
[Es wird über die Wunder redend eingeführt.]

Gott:

132
Mit diesem Stabe kannst du alle Übel tun.
133
Zuerst wird eitel Blut im Strome fließen
[342]
134
und in den Quellen allen, in den Wasserflächen.
135
Dann sende ich der Frösche Menge,

sodann die Ameisen dem Land.

136
Dann streue ich des Ofens schwarze Asche hin
137
und an den Menschen brechen schreckliche Geschwüre aus.
138
Es kommt ein Fliegenheer

und wird zur Plage den ägyptischen Männern,

139
und diesem folgt die Pest.
140
Dann sterben alle, die verstockten Herzens sind.
141
Alsdann verschließe ich den Himmel.
142
Von oben fällt mit Feuer Hagel

und tötet Sterbliche.

143
Zugrunde geht die Frucht,

sowie des Feldes Tiere.

144
Dann send ich Heuschrecken,

und diese fressen ringsum alle Früchte auf,

145
selbst das Getreide auf dem Halm.
146
Und auf drei ganze Tage

leg ich der Schatten dunkle Nacht.

147
Nach alledem töt ich jedweden erstgeborenen Sohn.
148
Ich mach dem Übermut der Ruchlosen ein Ende.
149
Der König Pharao gehorcht nicht meinen Worten,
150
bis er den Erstgeborenen als Leiche hat.
151
Alsdann entläßt er schreckensbleich das Volk in Eile.
152
Deshalb verkünde allen den Hebräern insgesamt:
153
Im Monat, der zuerst im Jahre euch erscheint,
154
will ich das Volk zu einem andern Lande führen,
155
das ich den Vätern des Hebräerstamms verheißen.
156
Dem ganzen Volke sollst du dies verkünden:
157
In des genannten Monats Mitte, in der Nacht zuvor,
158
sollt ihr das Passah eurem Gotte opfern!
159
Besprengt mit Blut die Türen,

auf daß der fürchterliche Engel wohl vorübergehe!

160
Ihr aber sollt in jener Nacht gebraten Fleisch verzehren.
161
Da wird der König schnell das ganze Volk entlassen.
162
Wollt ihr dann fortziehen,

schenk ich dem Volke Gunst.

163
Es wird ein Weib vom andern mannigfach Geschirr verlangen
164
und allen Schmuck, womit ein Mensch sich je behängt,
165
von Gold und Silber, wie auch Kleider,
166
daß sie den Menschen Lohn für das, was sie getan, gewähren.
167
Wenn aber ihr das eigene Land betretet,
168
von jenem Tag an, wo ihr aus Ägypten flohet,
169
nach einem Marsch von sieben Tagen,
170
sollt ihr die gleiche Zahl von Tagen jedes Jahr
171
nur Ungesäuertes in Gottes Dienst verzehren!
172
Und weihet Gott jedwedes erstgeborene Tier
173
und alles, was die Jungfrauen zuerst gebären,
[343]
174
die Knäblein, die der Mütter Schoß eröffnen!

[Noch einmal spricht über das gleiche Fest, noch genauer vorschreibend]

Gott:

175
An dieses Monats zehntem Tag empfange du
176
nach der hebräischen Familien Zahl die Schafe.
177
sowie des Stiers untadlig reine Jungen!
178
Bewahre sie,

bis nach dem zehnten Tag der vierte kommt!

179
Am Abend opfert das Gebratne ganz mitsamt den Eingeweiden!
180
So sollt ihr es verzehren, wohlumgürtet,
181
die Schuhe an den Fuß gebunden
182
und in der Hand den Wanderstab!
183
Der König läßt in Eile nämlich alle aus dem Land verweisen.
184
Es wird ein jeder aufgerufen werden.
185
Wenn ihr dann opfert,

müßt ihr in Händen einen Ysopbüschel halten.

186
Taucht ihn ins Blut!

Besprenget beide Pfosten,

187
damit der Tod an den Hebräern wohl vorübergehe!
188
Und feiert dieses Fest dem Herrn beständig,
189
der ungesäuerten Brote sieben Tage,

wo nichts Gesäuertes genossen wird!

190
Denn die Erlösung von den Übeln ist jetzt da.
191
Und Gott verleiht in diesem Monat freien Auszug.
192
Drum ist er auch der Monate und Zeiten Anbeginn.

[Über den Zustand der Hebräer und den Untergang der Ägypter redend
wird eingeführt]

Ein Bote

193
Wie mit dem Volk den Wohnungen enteilte
194
der König Pharao mit großer Kriegerschar,
195
mit jeder Art von Reiterei und vierbespannten Wagen,
196
mit Anführern und Kampfgehilfen allzumal,
197
da dünkte allen diese Schar der Aufgebotenen gar unheimlich.
198
Die Lanzenträger und die anderen zu Fuße standen in der Mitte.
199
Doch ließen sie den Wagen Raum zum schnellen Lauf.
200
Zur Linken stellte er den einen Teil der Reiterei,
201
zur Rechten andere aus dem Ägypterheer.
202
Ich selber überschaute diese ganze Zahl.
203
Das Heer umfaßte hundert Myriaden tapfern Volkes
204
Als der Hebräer Heer uns gegenüber stand,
205
da lagen einige an des Roten Meeres Strand
206
in dichten Haufen nahe beieinander;
207
die andern reichten ihren kleinen Kindern Speise dar
208
sowie den Weibern, ganz ermüdet von dem Marsch.
209
Da war viel Zugvieh und viel häusliches Geräte.
210
Sie selber allesamt zum Streite unbewaffnet,
[344]
211
erhoben ein gar jämmerlich Geschrei, als sie uns sahen.
212
Sie wandten sich in großen Scharen

zum väterlichen Gott gen Himmel.

213
Der Männer Zahl war groß.
214
Darob durchdrang uns insgesamt Triumpheslust.
215
Nun schlugen gegen sie wir unser Lager auf
216
bei Beelzephon, wie man den Flecken heißt.
217
Als sich zum Untergang der Sonnenriese neigte,
218
da ruhten wir, den frohen Kampf am Morgen wünschend,
219
ganz auf der Völker Zahl und starker Waffen Macht vertrauend.
220
Da fing man an, erhabene Gotteswunder zu erblicken;
221
denn eine Wolkensäule stand
222
urplötzlich groß und mächtig von der Erde auf,
223
gerade zwischen unserm Lagerplatz und dem hebräischen.
224
Alsdann ergriff ihr Führer Moses jenen Gottesstab,
225
womit er vorher schon Ägypten viele Schrecken
226
und Wunder zugefügt.
227
Er schlug nun auf des Roten Meeres Rücken
228
und teilte dieses Meeres Tiefe mitten durch.
229
Da stürzten alle schnell

auf diesem Meersalzwasserpfad mit allen Kräften weiter.

230
Wir aber schritten auch auf diesem Pfade bündig hinterher.
231
Wir schritten in der Nacht
232
in ihren Fußtapfen mit lautem Lärm dahin.
233
Da wandten plötzlich sich der Wagen Räder nimmer mehr;
234
es war, als ob sie fest gefesselt wären.
235
Es ward vom Himmel her ein Strahlenglanz

gleich großem Feuer sichtbar.

236
Vermutlich war jetzt Gott mit seiner Hilfe ihnen gegenwärtig.
237
Als sie schon auf des Meeres anderm Ufer waren,
238
da wälzte eine große Woge sich heran und kam uns näher.
239
Dies sah ein Mann und schrie:
240
„Laßt vor des Höchsten Hand uns fliehen!
241
Denn diesen ist er Helfer;

doch uns Erbärmlichen bereitet er den Tod.“

242
Und also ward des Roten Meeres Furt geschlossen

und so das Heer durch ihn vernichtet.
[Über die Palmen und die zwölf Quellen mit Moses also redend wird
eingeführt]

Ein Kundschafter:

243
Merk auf, verehrter Moses,

welch guten Platz wir fanden

244
in jenem milddurchwehten Tal!
245
Denn du auch schaust vielleicht es selber dort.
246
Deshalb umleuchtete ihn auch ein Strahlenglanz,
247
wie zu der Freude Zeichen hoch die Feuersäule.
[345]
248
Wir fanden dort ein schattenreiches Tal
249
mit Wasserquellen, eine köstlich tiefe Stätte.
250
Zwölf Quellen sprudeln frisch aus einem Fels hervor
251
und viele Palmen, früchtereich und festen Stammes,
252
an siebzig, stehen dort
253
und üppig Kraut entsprießt im Überfluß,

zum Futter unserm Viehe dienend.
[Alsdann über einen Vogel]

254
Wir sahen fernerhin ein andres Tier,
255
noch nicht bekannt, anstaunenswert,

wie man’s noch nirgends sah.

256
Denn doppelt faßte er des Adlers Länge wohl,
257
mit buntgefärbten Fittichen.
258
Mit Farbenspiel erschien der ganze Leib versehen.
259
Die Brust erglänzte purpurfarbig;
260
die Beine waren rötelgleich
261
und in dem Nacken war er schön

mit safranreichgetränktem Wollenhaar geziert.

262
Am Kopfe glich er fast dem zahmen Haushahn.
263
Mit gelben Augensternen schaute er umher.
264
Wie Scharlachbeere schien der Augenstern im Kreis.
265
Ertönen ließ er auch den herrlichsten Gesang
266
und aller Vögel König schien schon er zu sein.
267
Denn Schrecken flößt er jeglichem Gefieder ein,
268
das hinter ihm im wirren Fluge schwirrend flog,
269
doch er voran, wie jener stolze Stier,
270
der schnellen Gangs einherschreitet.

[Fragment von Kains Brudermord]

271
O Schlange, alles Lasters Anfang wie auch Ende!
272
Du, Irrtum, der der Fehler großen Schatz erzeugt,
273
der blinden Unerfahrenheit Geleiter,
274
du Freund von Tränen und von Seufzern bei den Menschen!
275
Ihr habt dem Kain zum unerlaubten Stolz der Gleichgeborenen
276
die Rechte mit dem Bruderhasse schwer bewaffnet.
277
So ließet ihr den Kain mit Mordblut seinen Zorn verzeichnen
278
und aus des reinen Daseins Ewigkeit
279
ihn in den Staub der erstgeschaffenen Erde stürzen.
280
Ihr habt’s vollbracht


Erläuterungen

[1289]
25. Zu Ezechiel, dem Tragiker

Ezechiel, „der Dichter der jüdischen Tragödien“ in jambischen Trimetern abgefaßt, (Clemens Alex. Strom. I 23, 155[WS 1]), war sicher ein Jude, wie schon aus seinem Namen hervorgeht. Er lebte wohl im ersten vorchristlichen Jahrhundert. Nur eines seiner Dramen, „Der Auszug“ der Juden aus Ägypten, ist in größern Bruchstücken erhalten. Die Handlung schließt sich darin ziemlich genau an den Wortlaut der biblischen Erzählung an; doch fehlt es nicht an mancherlei Ausschmückungen. Der Verf. wollte mit seinen Dramen wohl dem jüdischen Volke die biblischen Geschichten nahebringen und zugleich die heidnischen Theaterstücke verdrängen; vielleicht rechnete er auch auf heidnische Leser und Zuschauer (s. Euseb. Praep. ev. IX 28. Clem. Alex. Strom. I 23, 155 ff, Philippson, Ezechiel 1830).

1 Moses befindet sich in Midian (Ex 2, 1 ff). Ein langer Monolog, worin Moses sein bisheriges Leben schildert. 59 Er sieht die sieben Töchter Raguels kommen. 60 Midian heißt hier merkwürdigerweise Libyen und wird von Äthiopen bewohnt. 96 Gott spricht unsichtbar aus dem Dornbusch. Deshalb erscheint er nicht selbst auf der Bühne; man hört nur seine Stimme. 153 Im Monat Nisan (März bis April). 175 Das Passahfest. 243 Der Bote war dem Zug der Israeliten vorausgeschickt. 244 Das Tal von Elim (Ex 15, 27, Num 33, 9). 254 Phönix.

Anmerkungen (Wikisource)

Siehe auch folgende Artikel aus Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft zu dem hier dargebotenen Text: