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Fünfzehnter Jahresbericht des deutschen Erzieherinnenheims zu Paris 1899-1900

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Textdaten
Autor: Hermann Anthes
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Titel: Fünfzehnter Jahresbericht des deutschen Erzieherinnenheims zu Paris, 21, rue Brochant, über die Zeit vom 1. April 1899 bis 31. März 1900
Untertitel: 1899-1900
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Herausgeber: Deutsches Erzieherinnenheim
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Erscheinungsdatum: 1900
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Erscheinungsort: Straßburg, Paris
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[a]
Fünfzehnter Jahresbericht
des
deutschen Erzieherinnenheims zu Paris,
21, rue Brochant.




Paris
1899/1900.
[1]
Fünfzehnter Jahresbericht
des
deutschen Erzieherinnenheims zu Paris,
21, rue Brochant,
über die Zeit vom 1. April 1899 bis 31. März 1900.




Hochverehrte Damen und Herren!

Schiller giebt dem Erbprinzen von Weimar für seine Reise nach Paris im Jahre 1802 mit folgenden Worten das Geleit: „Daß Dich der vaterländsche Geist begleite, – wenn Dich das schwanke Brett hinüberträgt – auf jene linke Seite, – wo deutsche Treu vergeht.“ – Daß jedoch diese deutsche Treue vor keiner Landesgrenze Halt macht, sondern den Kindern unseres Volkes nachgeht in die Ferne, dafür zeugt auch das deutsche Heim in Paris, wo deutsche Traulichkeit und deutsches Gemüt, gepaart mit deutscher Frömmigkeit und Zucht, eine heimatliche Stätte gegründet haben in der Fremde. Alle, die unter seinem gastlichen Dache Zuflucht suchen, verlieren das Gefühl des Fremdseins und fühlen sich dort ganz als Deutsche unter Deutschen, weht ihnen doch allenthalben Heimatluft entgegen, sei es im alltäglichen Verlauf des Lebens mit seinem deutschen Zuschnitt, sei es zu Weihnachten, wo unter dem Tannenbaum das von Kindheit an gesungene: „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, erschallt, sei es morgens und abends, wo eine gemeinsame Andacht die Anwesenden zu einer großen Familie zusammenschließt, oder in den Bibelstunden, welche stiftungsgemäß einmal wöchentlich [2] durch die beiden deutschen Pastoren Anthes und Klattenhoff abwechselnd gehalten werden. Wie manches bange Herz hat in diesem Hause schon Trost gefunden bei den Enttäuschungen der Fremde, wie manches verzagte Gemüt neuen Mut, wieder vertrauensvoll zu Dem aufzublicken, „der Wolken, Luft und Winden giebt Wege, Lauf und Bahn“, wie mancher Sorgenvollen konnte eine neue gesicherte Existenz nachgewiesen werden.

Im verflossenen Jahre wohnten im Erzieherinnenheim 137 Damen in 2 648 Nächten.

Davon waren dem Beruf nach:

110 Erzieherinnen,
4 Malerinnen,
3 Diakonissen,
1 Sängerin,
1 Bildhauerin,
1 Krankenpflegerin,
1 Buchhalterin,
16 ohne bestimmten Beruf.

Der Nationalität nach zählten wir:

95 Deutsche,
12 Oesterreicherinnen,
9 Schweizerinnen,
3 Französinnen,
3 Schwedinnen,
3 Engländerinnen,
3 Amerikanerinnen,
2 Norwegerinnen,
2 Rumäninnen,
2 Russinnen,
2 Ungarinnen,
1 Italienerin.

Nach verschiedenen Ländern geordnet kamen zugereist:

73 aus Frankreich,
35 aus Deutschland,
18 aus England,
7 aus der Schweiz,
3 aus Oesterreich,
1 aus Schweden.

Es wohnten im Heim über 3 Monate: 1 Dame,
" 2 Monate: 4 Damen,
" 1 Monat: 31 Damen,
noch kürzere Zeit: 101 Damen.

Der evangelischen Kirche gehörten 94, der katholischen Kirche 42 an, 1 war Israelitin.

Die Zahl der Posteingänge betrug für das Doppelheim 2 051.

[3] Wir schreiben die aus diesen Angaben ersichtliche Abnahme in der Frequenz des Heimes (137 Damen gegen 197 des Vorjahres) zum Teil dem Umstand zu, daß viele, die ihr Glück in Paris versuchen wollten, ihre Abreise lieber bis zu Beginn der vielgepriesenen Ausstellung verschoben haben, um jedenfalls diese wenigstens genießen zu können.

In der Leitung des Heimes ist im Berichtsjahre ein Wechsel eingetreten. Die Johanniterin, Schwester Anna von Rosen, aus Schleswig, hat demselben seit Frühjahr 1890 vorgestanden; sie äußerte den Wunsch, nun wieder zu ihren alternden Eltern zurückzukehren und hat uns Anfang Mai 1899 verlassen. Mit der ihr eigenen Schaffensfreudigkeit hat sie allezeit die mancherlei Pflichten ihres arbeitsreichen und mühevollen Amtes auf sich genommen. Mehrere tausend Töchter unseres Volkes waren in den 9 Jahren ihrer Obhut anvertraut und sicherlich konnten es alle merken, mit welch unermüdlicher Liebe und erprobter Erfahrung sie für ihre Pfleglinge sorgte. Mit dem vielfach bezeugten Danke derselben bringen zugleich wir hier den bleibenden Dank des Vorstandes zum Ausdruck für die umsichtige Leitung des ganzen Hauses. Möge Gott ihr reichlich lohnen, was sie dem Ganzen und den Einzelnen gewesen ist. – Auf unsere Bitte entschloß sich das Bielefelder Mutterhaus, trotz seines Schwesternmangels, fortan den Posten mit einer Diakonisse zu besetzen, wofür wir demselben zu herzlichem Danke verpflichtet sind. Schwester Adele von Verschuer hat schon früher im Heim ausgeholfen, sie kam deshalb in keine ganz fremden Verhältnisse und hat sich rasch völlig in ihre Arbeit eingelebt. Der Vorstand hat allen Anlaß ihr, wie auch ihrer treuen Gehülfin, Fräulein Vaupel, für ihr erfolgreiches Wirken aufrichtige Anerkennung und besten Dank zu zollen.

Aus Anlaß dieses Wechsels unserer Vorsteherin haben wir eine Revision unserer Grundsätze für deren Arbeit und unserer Hausordnung vorgenommen. Der leitende Gesichtspunkt dabei war, die Wohlthaten des Heimes den Neuankommenden und Stellensuchenden mehr zu sichern, arbeitsscheue und zweifelhafte Elemente aber möglichst auszuschließen. Daneben nehmen wir [4] nach wie vor zu besonderen Preisen, soweit der Platz reicht, auch alleinstehende Damen auf, die entweder sich Paris ansehen oder hier Studien machen wollen; doch müssen sie gegenüber den Erzieherinnen zurücktreten.

Die finanzielle Lage des Heimes hat sich im verflossenen Jahre nicht wesentlich besser gestaltet. Immerhin sind wir dankbar, daß es uns trotz zurückgegangener Einnahmen, denen allerdings auch die entsprechenden Ersparnisse im Haushalt gegenüber stehen, möglich war unseren Vorschuß auf den Reservefonds um die Hälfte zu verringern. Dabei kamen uns vor allen Dingen die gütige Gabe seitens eines hohen Magistrates der Haupt- und Residenzstadt Berlin mit 1000 ℳ und die Spenden der Gustav-Adolf-Stiftung zu statten. Mit unserem aufrichtigen Dank für diese freundlichen Zuwendungen verbinden wir die inständige Bitte um Weiterbewilligung derselben, damit wir unser Budget wieder ganz auf die Höhe früherer Jahre bringen können. –

Der hohen Protektorin unseres Hauses, Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich, bezeugen wir auch am Ende dieses Berichtsjahres unsere Ehrfurcht.

Unserer hochverehrten Ehrenpräsidentin des Komitees, Gräfin Marie zu Münster, gedenken wir diesmal trauernden Herzens. Gott der Allmächtige hat sie im Oktober vorigen Jahres aus diesem Leben abgerufen. Seit Beginn unseres Werkes hat sie an der Spitze desselben gestanden, demselben stets ihr lebhaftes Interesse zugewendet und, wo es nötig war, selbst mit Rat und That eingegriffen. Jedes Jahr haben wir ihr deshalb an dieser Stelle unseren aufrichtigsten Dank bezeugen dürfen, er soll lebendig bleiben unter uns allezeit.

Neu eingetreten in unser Komitee sind die Herren: Consul v. Jecklin und A. Blattmann. Die Stelle von Pastor Streng, der einem Rufe an die deutsche Gemeinde in Lyon Folge leistete, hat sein Nachfolger, Pastor Dr. F. Klattenhoff, eingenommen.

Herr Dr. Vigneraut hat uns durch äußerst entgegenkommende Behandlung unserer Kranken zu herzlichem Danke verpflichtet.

[5] Unserem treuen Gott aber sei Lob und Preis, daß er unser Werk im vergangenen Jahre behütet und gesegnet hat. Möge Er sein Auge offen stehen lassen über diesem Hause auch in alle Zukunft.

Paris, im Mai 1900.

Pastor H. Anthes, 
Vorsitzender des Komitees.

Das Gesamtkomitee des deutschen Heimes besteht am Schlusse dieses Verwaltungsjahres aus folgenden Persönlichkeiten:

den Herren: Kirchenrat Frisius, London, Ehrenmitglied; Pastor H. Anthes, Vorsitzender; A. Klattenhoff, Schatzmeister; H. Andrée, Schriftführer; L. Grub und H. Lüdert, Kassenrevisoren; A. Blattmann, H. C. F. Hamel Consul v. Jecklin, Pastor Klattenhoff, J. Tillmanns;

den Damen: Frau Pastor Anthes, Barop, Eckhardt, Grub, Fräulein von Harbon, Frau Joest, Gräfin Keßler, Fürstin zu Lynar, Frau Klattenhoff, Fräulein Schliemann, Frau Tillmanns.

diese alle sind gern bereit, Gaben für unser Werk entgegen zu nehmen.

Der Verwaltungsrat besteht aus folgenden Mitgliedern:

den Damen: Frau Pastor Anthes, Barop, Eckhardt, Grub, v. Harbon, Schliemann;

den Herren: Andrée, Klattenhoff, Tillmanns, Pastor Anthes.




Anfragen und Meldungen sind frankiert (20 Pfg.) an die Vorsteherin des deutschen Heims (Home allemand) 21, rue Brochant, Paris, zu richten.



[6]
General-Bilanz vom 31. März 1900.
Einnahmen. Ausgaben.
  Fr. Cts.   Fr. Cts.
1. Eingegangene Gaben im verflossenen Jahre vom 1. April 1899 bis 31. März 1900. 1 316 75 1. Saldo, Fehlbetrag am 1. April 1899 3 712 40
2. Zinsen auf die Frankfurt a/M. ruhenden Wertpapiere und Reservefonds 440 30 2. Zinsen auf die Frankfurt a/M. ruhenden Wertpapiere – dort noch stehend 440 30
3. Einnahmen in der Kasse des Doppelheims vom 1. April 1899 bis 31. März 1900:   3. Haushaltungskonto:  
     A. Pension der Erzieherinnen Fr. 8 032 55        Neue Anschaffung an Mobiliar und Hausgeräten Fr. 307 95  
     B. Pen"ion d"0 Mädchen "0 12 229 50        Anschaffung von Wein, Kaffee und Thee "0 934 10  
     C. Mahlzeiten ohne Pension "0 0552 35        Fleischerrechnung "0 5 715 60  
     D. Wein "0 0362 50 21 176 90      Krämer "0 1 460 15  
4. Gaben bei Nachweis von Stellen für Mädchen Fr. 1 660 –        Bäckerrechnung "0 1 586 85  
4. Desgleichen für Erzieherinnen "0 137 – 1 797 –      Milch "0 858 –  
5. Bäder 25 85      Sonstige Nahrungsmittel "0 3 763 90  
6. Diverse 31 –      Wäsche "0 978 70  
7. Saldo, Fehlbetrag am 31. März 1900 1 850 75      Heizung, Licht und Wasser "0 1 702 65  
         Diverse "0 414 35 17 722 25
    4. Gehälter, Löhne und Reisevergütung Fr. 2 830 65  
    5. Für Stellenvermittelung an den deutschen Lehrerinnenverein "0 0 020 25  
    6. Steuern, Assekuranz und Enregistrement "0 793 45  
    7. Bücher, Drucksachen, Porti und Diverse "0 580 75  
    8. Kosten für Unterhaltung der Gebäude "0 538 50 4 763 60
  26 638 55   26 638 55


Nachgesehen und richtig befunden:
Aug. Klattenhoff, Louis Grub,  H. Lüdert, 
Schatzmeister. Kassenrevisoren. 
[8]
Eingegangene Gaben.
  Fr. C.
Beitrag der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin ℳ 1000 1 231 —
Gaben durch den Centralvorstand der Gustav-Adolf-Stiftung zu Leipzig 85 75  
1 316 75

Als Reservefonds bei der Mitteldeutschen Creditbank in Frankfurt stiftungsgemäß angelegt:

ℳ 3 800 – 4 % Meininger Hyp.-Pfdbr.
zum ungef. Kurse von ℳ 93.60 ℳ 3 556 —
";; 2 000 – 4 % Frankfurter Hyp.-Pfdbr.
zum ungef. Kurse von 100 ℳ ";; 2 000 —
";; 2 500 – 3½ % Frankfurter Hyp.-Pfdbr.
zum ungef. Kurse von ℳ 94.50 ";; 2 362 —
";; 0 500 – 3 % Karlsruher Stadtanleihe
zum ungef. Kurse von ℳ 90.50 ";; 0452 —
";; 2 500 – 4 % Frankfurter Hyp.-Cred.
Ver. Pf. ℳ 99.50 ";; 2 488 —
ℳ 10 858 —
à 122.50 = Fr. 13 301 05





Straßburger Druckerei u. Verlagsanstalt, vorm. R. Schultz u. Co. – 4423.