Fernsprechgebühren-Ordnung

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Gesetzestext
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Titel: Fernsprechgebühren-Ordnung.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1899, Nr. 51, Seite 711 - 714
Fassung vom: 20. Dezember 1899
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 23. Dezember 1899
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[711]

(Nr. 2635.) Fernsprechgebühren-Ordnung. Vom 20. Dezember 1899.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.[Bearbeiten]

Für jeden Anschluß an ein Fernsprechnetz wird eine Bauschgebühr erhoben.

§. 2.[Bearbeiten]

Die Bauschgebühr beträgt
in Netzen von nicht über 50 Theilnehmeranschlüssen 80 Mark,
bei mehr als 50 bis einschließlich 100 Theilnehmeranschlüssen 100 Mark,
bei mehr als 100 bis einschließlich 200 Theilnehmeranschlüssen 120 Mark,
bei mehr als 200 bis einschließlich 500 Theilnehmeranschlüssen 140 Mark,
bei mehr als 500 bis einschließlich 1.000 Theilnehmeranschlüssen 150 Mark,
bei mehr als 1.000 bis einschließlich 5.000 Theilnehmeranschlüssen 160 Mark,
bei mehr als 5.000 bis einschließlich 20.000 Theilnehmeranschlüssen 170 Mark,
bei mehr als 20.000 Theilnehmeranschlüssen 180 Mark.
jährlich für jeden Anschluß, welcher von der Vermittelungsstelle nicht weiter als 5 Kilometer entfernt ist. In Netzen mit mehreren Vermittelungsstellen wird diese Entfernung von der Hauptvermittelungsstelle gerechnet.
Theilnehmer, welche die Bauschgebühr zahlen, sind berechtigt, die Benutzung ihres Anschlusses zu Gesprächen mit anderen Theilnehmern desselben Netzes Dritten unentgeltlich zu gestatten.

§. 3.[Bearbeiten]

Für die Berechnung der Bauschgebühr ist die Zahl der bei Beginn des Kalenderjahrs vorhandenen Theilnehmeranschlüsse maßgebend. Die hiernach festgestellte Bauschgebühr tritt mit dem folgenden 1. April in Kraft. Aenderungen der Bauschgebühr gegenüber dem Vorjahre sind in den Orten, für welche sie gelten, amtlich bekannt zu machen.
Soweit auf Grund der neuen Feststellung eine Erhöhung der Bauschgebühr eintritt, sind die Theilnehmer berechtigt, ihre Anschlüsse zum Zeitpunkte des Inkrafttretens der Erhöhung mit einmonatiger Frist zu kündigen.

§. 4.[Bearbeiten]

An Orten ohne Fernsprechnetz wird für jeden Theilnehmeranschluß, welcher nicht mehr als 5 Kilometer von der Vermittelungsstelle entfernt ist, eine Bauschgebühr von 80 Mark für den Anschluß erhoben. [712]

§. 5.[Bearbeiten]

Jeder Theilnehmer ist berechtigt, an Stelle der Bauschgebühr eine Grundgebühr für die Ueberlassung und Unterhaltung der Apparate sowie für den Bau und die Instandhaltung der Sprechleitungen und Gesprächsgebühren für jede hergestellte Verbindung, mindestens jedoch für 400 Gespräche jährlich, zu zahlen.
Die Grundgebühr beträgt
in Netzen von nicht über 1.000 Theilnehmeranschlüssen 60 Mark,
bei mehr als 1.000 bis einschließlich 5.000 Theilnehmeranschlüssen 75 Mark,
bei mehr als 5.000 bis einschließlich 20.000 Theilnehmeranschlüssen 90 Mark,
bei mehr als 20.000 Theilnehmeranschlüssen 100 Mark.
jährlich für jeden Anschluß, welcher von der Vermittelungsstelle nicht weiter als 5 Kilometer entfernt ist. In Netzen mit mehreren Vermittelungsstellen wird diese Entfernung von der Hauptvermittelungsstelle gerechnet.
Die Gesprächsgebühr beträgt 5 Pfennig für jede Verbindung.
Der Theilnehmer, welcher Gesprächsgebühr entrichtet, darf sich von Dritten, die seinen Anschluß benutzen, diese Gebühr erstatten lassen.
Der Theilnehmer hat die Erklärung, daß er Gesprächsgebühren entrichten wolle, entweder bei Gelegenheit seines ersten Anschlusses oder spätestens einen Monat vor Beginn eines neuen Rechnungsjahrs abzugeben. Wenn er eine solche Erklärung nicht abgegeben bat, so wird er zur Zahlung der Bauschgebühr herangezogen.
Die Bestimmungen des §. 3 finden auf die Grundgebühr entsprechende Anwendung.
Der Anschluß gegen Gesprächsgebühren findet in Netzen, in welchen die Bauschgebühr 50 Mark beträgt, nicht statt.

§. 6.[Bearbeiten]

Die in den §§. 1 bis 5 bestimmten Gebührensätze können durch den Reichskanzler ermäßigt werden.

§. 7.[Bearbeiten]

Für die Benutzung der Verbindungsanlagen zwischen verschiedenen Netzen oder Orten mit öffentlichen Fernsprechstellen werden Gesprächsgebühren erhoben. Sie betragen für eine Verbindung von nicht mehr als 3 Minuten Dauer
bei einer Entfernung
bis zu 25 Kilometer einschließlich 20 Pfennig,
bis zu 50 Kilometer einschließlich 25 Pfennig,
bis zu 100 Kilometer einschließlich 50 Pfennig,
bis zu 500 Kilometer einschließlich 1 Mark,
bis zu 1.000 Kilometer einschließlich 1 Mark, 50 Pfennig,
von mehr als 1.000 Kilometer 2 Mark.
[713]
Auf die Berechnung der Entfernung finden die Vorschriften im §. 2 Abs. 2 des Gesetzes über das Posttaxwesen vom 28. Oktober 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 358) sinngemäß Anwendung.

§. 8.[Bearbeiten]

Soweit sich die Gebühren vorher feststellen lassen, sind sie vierteljährlich im Voraus fällig.
Auf die Einziehung der Telegraphengebühren einschließlich der Fernsprechgebühren findet §. 25 des Postgesetzes vom 28. Oktober 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 347) Anwendung.

§. 9.[Bearbeiten]

1. Für dringende Gespräche wird die dreifache Gebühr (§. 10) erhoben.
2. Für Anschlüsse, welche, nach vorheriger Ankündigung während mindestens acht auf einander folgender Wochen nicht benutzt werden, wird für jede angefangene Woche der Benutzungszeit der fünfzigste Theil der Bauschgebühr (§. 2), für jede Woche der übrigen Zeit des Jahres der fünfzigste Theil der Grundgebühr (§. 5) erhoben.
3. Die Fernsprech-Theilnehmer solcher benachbarten Orte, welche zufolge Anordnung des Reichskanzlers eine gemeinsame Ortstaxe für Briefe erhalten, dürfen mit den Netzen der anderen benachbarten Orte ohne Zuschlag sprechen; wollen sie von dieser Befugniß Gebrauch machen, so haben sie, falls die Bauschgebühr in einem dieser Nachbarorte höher ist, als die in ihrem eigenen Netz, an Stelle der letzteren jene höhere Bauschgebühr zu zahlen. Die Theilnehmer sind berechtigt, die Benutzung ihres Anschlusses zu Gesprächen mit Theilnehmern der anderen benachbarten Orte, mit denen sie selbst für die Bauschgebühr sprechen dürfen, Dritten unentgeltlich zu gestatten.

§. 10.[Bearbeiten]

Die Bedingungen für die Benutzung der Fernsprecheinrichtungen und die Gebühren für den Fernsprechverkehr werden, soweit vorstehend nicht Bestimmungen getroffen sind, durch Anordnung des Reichskanzlers festgesetzt.
Der Reichskanzler bestimmt insbesondere:
1. die Zuschläge zur Bausch- und Grundgebühr für Anschlüsse, welche weiter als 5 Kilometer von der Hauptvermittelungsanstalt entfernt sind, für die Hergabe besonderer Apparate und für die Benutzung besonders kostspieliger Sprechleitungen;
2. die Gebühr für Verbindungen zur Nachtzeit;
3. die Gebühren für Anschlüsse, welche mehreren Personen unter Benutzung einer und derselben Anschlußleitung gewährt werden;
4. die Gebühren für die Benutzung öffentlicher Fernsprechstellen und für die Uebermittelung von Telegrammen durch den Fernsprecher; [714]
5. die Gebühren für die Verlegung oder die vorzeitige Aufhebung von Sprechstellen;
6. die Gebühren für die Gesprächsverbindungen im Vororts-, Nachbarorts- und Bezirksverkehr, unbeschadet der Bestimmungen im §. 9 Nr. 3;
7. die Gebühren für die besonderen Telegraphenanlagen und die Nebentelegraphenanlagen;
8. die Festsetzung von Bauschgebühren für die Benutzung von Fernleitungen zur Nachtzeit;
9. die Gebühren für die Benutzung der Verbindungsanlagen nach dem Auslande, unbeschadet der Bestimmungen im Artikel 52 Abs. 3 der Reichsverfassung.
Die Anordnungen des Reichskanzlers sind bekannt zu machen.

§. 11.[Bearbeiten]

Dies Gesetz tritt mit dem 1. April 1900 in Kraft.
Die erste Bekanntmachung der Bauschgebühren und der Grundgebühren hat bis zum 15. Januar 1900 zu erfolgen.
Die im §. 5 Abs. 5 erwähnte Erklärung ist seitens der vorhandenen Theilnehmer erstmalig bis zum 15. Februar 1900 abzugeben.
Theilnehmer, deren Jahresgebühren vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes niedriger waren, als die Bauschgebühr nach den Bestimmungen dieses Gesetzes, sind befugt, ihre Anschlüsse zum 1. April 1900 zu kündigen. Die Kündigung hat bis zum 15. Februar 1900 zu erfolgen.

§. 12.[Bearbeiten]

Auf den inneren Verkehr von Bayern und den inneren Verkehr von Württemberg finden die §§. 1 bis 7, 9, 10 und 11 dieses Gesetzes keine Anwendung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 20. Dezember 1899.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst zu Hohenlohe.