Freyherrlich Tannische Verordnung gegen das Vorurtheil der Unehrlichkeit, und Verweigerung des Leichentragens in Stadt und Amt

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Autor: Conrad Schäfer
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Titel: Freyherrlich Tannische Verordnung gegen das Vorurtheil der Unehrlichkeit, und Verweigerung des Leichentragens in Stadt und Amt
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 5, S. 365–370
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum: 1790
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
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X.
Freyherrlich Tannische Verordnung gegen das Vorurtheil der Unehrlichkeit, und Verweigerung des Leichentragens in Stadt und Amt.
Da das Vorurtheil in Ansehung verschiedener Arten eingebildeter Ehrlosigkeit in hiesigen Amte dergestalt eingerissen ist, daß, ohne sich schwere Verantwortung zuzuziehen, von Obrigkeits wegen| nicht länger mehr Anstand genommen werden kann, diesem gegen alle Vernunft, gegen die Christenpflicht und gegen die klarsten Reichsgesetze streitenden Unfug zu steuern; gestalten denn besonders die beyden letzten Reichsschlüße über die Mißbräuche der Handwerker ausdrücklich wollen, daß solchem Unsinn gewisse Schranken gesetzt, und sodann gegen die Übertreter nach Anleitung jener allgemeinen Verordnungen mit allem Ernste wirklich verfahren werden, auch zu solchem Ende die Obrigkeiten willigst und schleunigst einander die Hand bieten, und die Widersetzlichen in dergleichen Fällen keineswegen hegen, vielweniger befördern, wohl aber nach Beschaffenheit des Muthwillens und der Übertretung ernstlich strafen: – Als geschiehet hiermit von Obrigkeits wegen die Einschärfung alles dessen, was in Ansehung des Puncts der Ehre und Unehre denen Reichsgesetzen, der Allerhöchst Kaiserlichen Intention und sonstigen Rechten, vernünftigen Sitten und guten Gewohnheiten gemäs ist. Solchem nach soll

1) Niemand ungestraft hingehen, einem, der zwar in so fern für unehrlich gehalten wird, daß er nach dem Gutheißen der Reichsschlüsse von den Handwerkern ausgeschlossen bleibt, im Umgang und gemeinen Leben schimpflich zu behandeln, mit seinem Dienst und Gewerbe auf zu ziehen, oder in andere Weise so begegnen, daß daraus die mindeste Beschimpfung gefolgert werden könnte.

| 2) Sollen die Kinder und Abkömmlinge von dergleichen Leuten, als von Wasenmeistern und Abdeckern, welche diese Arbeit noch nicht getrieben haben, von den Handwerkern ganz und gar nicht ausgeschlossen seyn; folglich auch die Töchter, ohne zu besorgen habenden mindesten Vorwurf, sich an Handwerksleute und andere ehrliche Personen verheyrathen können.

3) Noch weniger darf den Handwerkern in die Gedanken kommen, die Kinder der Schäfer, Todengräber, Freyboten, Gerichtsdiener, Flurschützen, und dergleichen auszuschließen, und für unfähig zu halten.

4) So ein Handwerker einen Hund oder Katz, so nicht toll, aus Versehen tod wirft oder schlägt, oder dergleichen Junges ertränkt, oder ein Aas nicht aus Muthwillen angreift, dem soll der Wasenmeister kein Messer stecken, oder in andere Wege zu beschimpfen suchen, noch weniger das Handwerk selbst ihm einige Schwierigkeit machen.

5) Da einer mit einem Wasenmeister trinkt, mit ihm in Gesellschaft geht, ihn oder die Seinigen zu Grabe tragen hilft, welches jedoch eben keinem Handwerker zugemuthet werden wird, demselben sollen in keine Weise und bey schwerer Strafe einiger Vorwurf oder Schwierigkeit, nicht einmal bey Handwerkern, geschweige dann von andern gemacht werden.

| 6) Noch vielweniger soll demjenigen seine Thorheit zu gute gehalten werden, welcher einen, der mit dem Gerichtsdiener getrunken, oder sonstigen erlaubten Umgang gehabt hätte, damit aufziehen oder unehrlich achten, und ihm Vorwürfe machen wollte, da nach angeführten Reichsschlüssen nicht einmahl diejenige, welche um eines infamirenden Verbrechens willen geschlossen oder sonsten unter seinen Händen gewesen, und ihre Strafe ausgestanden, aber auch wieder obrigkeitlich recipirt worden sind, von denen Zünften ausgeschlossen werden sollen.

7) Am allerwenigsten dürfen sich Bürger und Unterthanen unterstehen, eine Handlung, welche von Obrigkeitlichen Amts wegen auferlegt wird, für ehrenrührig zu halten, und diejenigen geringschätzig zu behandeln, welche dergleichen Auflage betroffen hat, als zum Beyspiel: in Ermangelung anderer Hülfe, flüchtige Übelthäter, ausgebrochene Arestanten, oder auf Streifungen habhaft gewordener verdächtiger Vagabunden, anzugreifen, zu binden und in Nothfällen zu schliessen, allerley Executiones vollziehen zu helfen und dergleichen; indem sich keine größere Thorheit gedenken läßt, als die Besorgniß, unehrlich zu werden, wenn man die in behöriger Ordnung ergangene Obrigkeitliche Befehle ausrichtet: da vielmehr diejenigen für unredlich zu achten sind, welche sich Obrigkeitlichen Verordnungen widersetzen.

| 8) Gleichwie nun die Ehrlosigkeit überhaupt nicht von dem Wahn des Pöbels, sondern von obrigkeitlichen und richterlichen Erkenntnissen abhängt; also geben wir hiermit unserm Gesammt-Amt gemeßenst auf, gegen diejenigen mit gebührender Strenge zu verfahren, welche sich einer Weigerung oder Widersetzlichkeit beim Leichentragen, wo gleichwohl ehrliche Begräbnisse verstattet, und veranstaltet werden, die verstorbenen Personen mögen seyn wer sie wollen; ingleichen bey Executionen und Angriffen zu Schulden kommen lassen.

9) Es wird aber auch zugleich allen und jeden, welche sich dazu willig finden, hiermit die Versicherung gegeben, daß ihnen solches durchaus zu keinem Vorwurf oder Nachtheil gereichen, sondern jedermänniglich von Obrigkeits wegen vertreten, und sowohl hier, als anderwärts noth- und schadlos gehalten werden solle. Urkundlich unseres hierunter gedruckten Ganerbschaftlichen Insiegels. Tann den 7 Januar 1778.

(L. S.)


 Obige Verordnung wird den hiesigen Herren Geistlichen in der Absicht schriftlich bekannt gemacht, damit sie in ihren öffentlichen Vorträgen bey schicklicher Gelegenheit gegen dergleichen Mißbräuche und Vorurtheile reden, und das Ihrige,| zur Erreichung landesherrlicher Intention mit beytragen.

 Tann den 16 Nov. 1790.

Conrad Schäfer, 
Rath und Amtmann. 


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