General von Werder

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: E. v. Wald-Zedtwitz i.e. Ewald von Zedtwitz
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: General von Werder
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[669]

General Graf August v. Werder.

[685]

General von Werder.

Ein Nachruf von E. v. Wald-Zedtwitz.
(Mit Portrait S. 669.)

Ihre heldenmüthige, dreitägige siegreiche Vertheidigung Ihrer Position, eine belagerte Festung im Rücken, ist eine der größten Waffenthaten aller Zeiten. Ich spreche Ihnen für Ihre Führung, den tapferen Truppen für ihre Hingebung und Ausdauer meinen königlichen Dank, meine höchste Anerkennung aus und verleihe Ihnen das Großkreuz des Rothen Adler-Ordens mit Schwertern als Beweis dieser Anerkennung.“

Das waren die Worte, welche nach den ruhmreichen Schlachten des 15., 16. und 17. Januar 1871 Seine Majestät der König einem seiner ältesten Generäle, August von Werder, mit herzlichem [686] Dank zurufen konnte. Wahrhaft königliche Worte, wie sie der Monarch nur denen je gesagt hat, die Viel, die Großes zum Ruhme des Vaterlands gethan.

„General von Werder – General von Werder“ flog’s wie Blitzesstrahlen durch die gesammten deutschen Gauen, als er an jenen Tagen am Ufer der Lisaine im Angesicht von Belforts Felsenfeste Bourbaki schlug.

„Le Général de Werder“ ging’s angsterfüllt auch durch des Franzmanns flüchtige Reihen, und was am Leben blieb, das dankte Gott, die Eisenfaust des Generals nicht mehr zu spüren. Sah auch das ganze Deutschland mit Stolz auf diesen Einen seiner besten Sohne, schlug ihm auch jedwedes Herz dankbar entgegen, so waren es doch besonders die Länder an der Grenze, welche am allerwärmsten für ihn fühlten.

Man denke, wenn der alte Löwe nicht Zähne und Pranken so tapfer dem Feinde gezeigt, wenn er unterlegen und der Strom der gallischen Horden uns ins Land gekommen wäre, wie hätten die rheinischen Gefilde beim ersten Anprall des wutherfüllten Feindes dessen frühere Niederlagen und unsere Siege büßen müssen! Und unser weiser Kaiser wußte das; er unterstellte, als Friedenshymnen durch deutsche Wälder klangen, gerade die Truppen dieser Länder dem Kommando des ruhmgekrönten Generals.

„Wie schön die Reben bei Euch stehen!“ sagte von Werder einst zu einem Bauern.

„Das haben wir Euer Excellenz allein zu danken, denn wenn die Bourbaki’schen uns ins Land gekommen wären, nicht eine stünde heute hier!“

Und während sein greiser Kriegsherr, sein ehemaliger Regimentskamerad im Regiment der Garde du Corps und im ersten Garderegiment zu Fuß, in Stettin die alten, mit Kriegesruhm geschmückten Regimenter, Nr. 2, König Friedrich Wilhelm IV., Colberg, Nr. 9 und die rothen Blücher’schen Husaren bei sich vorüber defiliren ließ, da ruhte der tapfere General, der Ehrenbürger der Stadt, von seinem Waffenruhme auf stiller Bahre aus. Einer war wieder dahingegangen, der Deutschlands Ruhm zum höchsten Glanze brachte, der mit nerviger Faust geholfen hat, zum einigen Ganzen es zusammen zu schweißen.

Auf seinem Gute Grüssow bei Belgard, wo der greise Krieger, einfach, bieder, schmucklos, seinem Charakter entsprechend, die letzten Lebenstage in stiller Zurückgezogenheit verbrachte, hauchte er am 12. September, an seinem 79. Geburtstage nach kurzem Krankenlager seine Seele aus. Mancher Ordensstern zierte seine Brust, doch heller als diese strahlt sein Name in der Geschichte. Ewig unvergessen wird er bleiben, so lange noch ein Deutscher jener großen Zeit gedenkt.

Werder’s kriegerische Thätigkeit war mannigfaltig. Schon als Premierlieutenant im Jahre 1842 hörte er während des russischen Feldzuges im Kaukasus die Kugeln pfeifen. Thatendrang und Wißbegierde führten ihn im Verein mit seinem Kameraden von Gersdorff – Ruhm seinem Namen, er starb bei Sedan als Generallieutenant den Heldentod! – zu einer Zeit dorthin, wo seine Altersgenossen in der Armee den Krieg nur vom Hörensagen kannten. Der Wladimirorden zierte seitdem seine Brust, und eine Ehrenwunde am Arme begleitete ihn seit jener Zeit durchs Leben.

Auch bei Gitschin focht er, und ruhmvoll war sein Antheil am Siege von Königgrätz; sonst wäre ihm der Orden Pour le mérite nicht geworden. Als die Kanonen vor Straßburg sprachen, da war es Werder, welcher kommandirte und der nicht locker ließ, als bis die Feste sich ergeben. Am 22. Oktober schickte er die französische Ostarmee mit eisernem Zwangpaß über den Oignon gen Besançon; bei Dijon, Nuits und Villersexel führte er siegreich die Fahnen. Das Eichenlaub zum Pour le mérite und das Großkreuz des Eisernen Kreuzes schmückten ihn dafür! Groß sind die kriegerischen Verdienste dieses Mannes, aber eben so hoch ist anzuschlagen das, was er der Armee im Frieden war. Jede Stellung, und deren waren es viele, welche ihm sein König übertragen, sah ihn als Soldat, als Mann, als Mensch mit weichem Herzen, starkem Sinn und hellem Blick.

General Graf von Werder wurde am 12. September 1808 zu Schloßberg, Amt Norkitten in Ostpreußen, geboren, entstammte einem niedersächsischen, in Brandenburg angesessenen Geschlechte, trat am 14. Juni 1825 in das Regiment der Garde du Corps ein und feierte im Jahre 1875 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum, bei welchem ihm der Orden vom Schwarzen Adler verliehen wurde. Am 5. April 1879 wurde er auf sein Ansinnen unter Erhebung in den Grafenstand und unter Belassung als Chef des 4. rheinischen Infanterieregimentes Nr. 30 zur Disposition gestellt.

Ein Ast der alten deutschen Eiche ist wiederum gefallen, es schmerzt das Land – es schmerzt den Kaiser; doch Zagen ist uns fern, denn junge Sprossen treibt der alte Stamm!