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Geschichte der Stadt Dresden. Erster Theil: Dresden im Mittelalter

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Autor: Otto Richter
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Titel: Geschichte der Stadt Dresden. Erster Theil: Dresden im Mittelalter
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Erscheinungsdatum: 1900
Verlag: Wilhelm Baensch’ Verlagshandlung
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Erscheinungsort: Dresden
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Quelle: Commons
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Sonstige Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte Dresdens
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[a] ----


Geschichte


der


Stadt Dresden


von


Otto Richter.


I.




Dresden 1900.

[-]

[b]
Geschichte


der


Stadt Dresden.




I.
[Bild]

Plan der Stadt Dresden um das Jahr 1500
entworfen von C. Gurlitt und O. Richter.

[-]

[Titel]
Geschichte


der


Stadt Dresden.


von


Otto Richter.




Erster Theil: Dresden im Mittelalter.
Mit Abbildungen und einem Plane.



Veröffentlichung des Vereins für Geschichte Dresdens.

Dresden
Wilhelm Baensch’ Verlagshandlung
1900.

[-]

[c]
Dem Andenken meines Bruders



Friedrich August Richter




gewidmet.

[-]

[VII]
Vorwort.


In den letzten Jahrzehnten haben umfangreiche Veröffentlichungen aus den Archiven für die mittelalterliche Geschichte Dresdens eine ganz neue Grundlage geschaffen. Die vorhandenen Stadtchroniken sind veraltet und der Versuch, eine dem jetzigen Stande der Forschung entsprechende Darstellung der Ortsgeschichte zu bieten, wird daher nicht als unzeitgemäß gelten können. Der vorliegende Theil unseres Werkes reicht bis zum Tode Herzog Albrechts im Jahre 1500. Man pflegt die Geschichte des Mittelalters bis zum Beginne der Reformation zu führen. Aber in Dresden brachte diese keine plötzlichen und durchgreifenden Umgestaltungen hervor. Sie lebte sich in den letzten beiden Jahrzehnten der Regierung Herzog Georgs in den Gemüthern allmählich ein, und als der altgläubige Fürst starb, vollzog sich der Uebergang der Stadt zur neuen Lehre in vollster Ruhe. Ohnehin ist es bei der Abhängigkeit Dresdens von der Landesherrschaft nicht thunlich, mitten in der Regierungszeit eines Fürsten einen Abschnitt in der Geschichte der Stadt zu machen. Und nicht erst nach dem Tode Georgs, sondern schon während seiner Regierung beginnt für Dresden eine neue Zeit. Unter diesem Fürsten wurde die [VIII] Wiederherstellung der Stadt nach dem großen Brande von 1491 vollendet, er hat seit 1521 ihre Befestigungen umgestaltet, ihren Umfang erweitert und seit 1530 das erste große Bauwerk im Stile der neuen Zeit, das Georgenschloß, errichtet. Was er 1539 hinterließ, war nicht mehr die mittelalterliche, sondern eine neue Stadt.

Die Beschaffenheit des Quellenmaterials ist naturgemäß auf die Gestalt der Darstellung von maßgebendem Einflusse gewesen. Es fehlt in Dresden an mittelalterlichen Chroniken und anderen erzählenden Quellenschriften so gut wie ganz, wir schöpfen unsere Kenntniß fast ausschließlich aus Urkunden und besonders aus landesherrlichen Briefen, aus Stadtbüchern und Stadtrechnungen, die aber im wesentlichen nicht vor dem Anfange des 15. Jahrhunderts beginnen. Erst von da an erschließen sich also reiche Quellen, auf deren Grund eine eingehende Schilderung des äußeren wie inneren Lebens der Stadt möglich ist. Die mittelalterliche Geschichte Dresdens, soweit sie sich erforschen läßt, ist daher ganz überwiegend Geschichte des 15. Jahrhunderts und dies mußte im Umfange der Abschnitte dieses Buches stark zum Ausdruck gelangen. Da ferner die Quellen durchgängig amtlicher Natur sind, kommt in ihnen das bürgerliche Leben immer nur insoweit zur Erscheinung, als es obrigkeitlicher Einwirkung unterliegt. So bewegen sich manche Abschnitte überwiegend in dem Rahmen städtischer Verwaltungsgebiete; um die kulturellen Verhältnisse losgelöst von obrigkeitlichen Ordnungen, Verboten und Strafverfügungen darzustellen, hätte es zur Ausfüllung der Lücken einer so weitgehenden Heranziehung fremden Stoffes bedurft, daß dadurch das örtliche Gepräge der Schilderung völlig verwischt worden wäre.

[IX] Bei der Darstellung ist möglichste Lesbarkeit erstrebt und die störende Anhäufung von Anmerkungen ganz vermieden worden. Der Abdruck von Belegstellen erschien besonders um deswillen unnöthig, weil der Inhalt des Buches vorwiegend aus dem Codex diplomaticus und der „Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden“ geschöpft ist, in denen die urkundlichen Nachweise für jede Einzelheit mit Hilfe der Register leicht aufzufinden sind. Soweit andere Quellen und Vorarbeiten benutzt wurden, sind sie in dem Quellenverzeichniß aufgeführt.

Das mittelalterliche Dresden kann heute fast nur noch in den Archiven gesucht werden: an Gebäuden wie an Kunstwerken ist nur sehr wenig erhalten und an gleichzeitigen Abbildungen fehlt es ganz und gar. Glücklicherweise ist wenigstens für die Darstellung des Stadtbildes eine gute Unterlage in dem aus Holz geschnitzten Stadtmodelle vorhanden, das wahrscheinlich Herzog Georg beim Beginn der Festungsbauten im Jahre 1521 hat anfertigen lassen und das, wie sich bei näherer Prüfung ergeben hat, die Wohnhäuser zwar nur schematisch, die öffentlichen Gebäude aber genauer und vor allem die Straßenzüge richtig wiedergibt. Da es jedoch bloß die innerhalb der Mauern gelegene Stadt darstellt, so ist auf dem unserem Buche beigefügten Uebersichtsbilde ebenso wie auf der als Kopfleiste dienenden kleinen Stadtansicht alles, was außerhalb der Mauern lag, in einer Beschaffenheit, wie sie nach unserer sonstigen Kenntniß für die Zeit um 1500 als wahrscheinlich gelten muß, ergänzt worden. Von den noch erhaltenen Dresdner Kunstwerken ist nur das bedeutendste, das heilige Grab aus der Bußmanskapelle, nebst den Bildnissen der Stifter in Abbildung beigefügt worden. [x] Die äußerste Beschränkung hierin war schon deshalb geboten, weil das vorhandene kunstgeschichtliche Material demnächst in der „Beschreibenden Darstellung der Bau- und Kunstdenkmäler Sachsens“ vollständig veröffentlicht werden wird. Dagegen sind Siegel, Urkunden und Briefe zahlreich abgebildet worden. Vielleicht geben gerade die Nachbildungen von Schriftstücken dem oder jenem Leser die Anregung zu eingehenderer Beschäftigung mit der Vorzeit.

Herzlicher Dank gebührt Herrn Hofrath Professor Dr. Gurlitt für den Entwurf des beigefügten Stadtplans, Herrn Oberregierungsrath Dr. Posse für die Vorbereitung der Siegelabbildungen und Herrn Archivar Dr. Beutel für seine Unterstützung bei der letzten Durchsicht des Buches. – Die Fortführung der Arbeit kann leider wegen anderer Aufgaben nicht schon für die nächste Zeit in Aussicht genommen werden.

     Dresden, im Sommer 1900.

Dr. Otto Richter,
     Rathsarchivar.
[XI]
Inhaltsverzeichniß.


Erster Abschnitt. Seite
Ursprung der Stadt 1–24
Germanische Urbevölkerung 1. – Einwanderung der Sorben 2. – Dorf Dresden 3. – Name Dresden 4. – Unterwerfung der Sorben 5. – Burg Briesnitz. Stiftung der Frauenkirche 6. – Dorf Ranvoltiz 7. – Kämpfe um die Mark Meißen 8. – Erste Erwähnung Dresdens 10. – Gründung der Stadt 12. – Bodenfläche der Stadt 14. – Erbauung der Elbbrücke 15. – Der Markgraf als Grundherr 16. – Taschenberg und Burg 17. – Deutsche Ansiedler 18. – Straßenanlagen. Stadtbefestigung 19. – Markt. Feldmark 20. – Vogt und Schöffen 21. – Rath und Bürgermeister 22. – Kauf- und Rathhaus. Elbbrücke 23. – Kreuzkirche 24.


Zweiter Abschnitt.
Von Markgraf Heinrich bis auf Herzog Albrecht 25–93
Markgraf Heinrich der Erlauchte 25. – Hofhaltung 26. – Privilegien 27. – Maternihospital. Franziskanerkloster 28. — Heinrichs Erben 29. – Markgraf Friedrich Clemme 30. – Kämpfe um die Mark Meißen 31. – Erstürmung Dresdens durch die Brandenburger 32. – Friede zwischen Wettinern und Askaniern 33. – Markgraf Friedrich der Freidige 34. – Handel und Gewerbe 35. – Kirche und Schule 37. – Maternihospital 38. – Markgraf Friedrich der Ernsthafte 39. – Der schwarze Tod. Judenverfolgung 41. – Markgraf Friedrich der Strenge 42. – Stadtmauer. Salzhandel.

[XII]

Kaufleute 43. – Tuchmacher 45. – Markgraf Wilhelm I. Altendresdens Erhebung zur Stadt 47. – Augustinerkloster. Frauenkirchenpatronat 48. – Beziehungen zu Böhmen 49. – Landfriedensbündnisse 51. – Dohnaische Fehde 52. – Wilhelms I. Erben. Landgraf Friedrich der Friedfertige 54. – Hus und Peter von Dresden 55. – Die Husitenkriege 56. – Kurfürst Friedrich I. 57. – Kurfürst Friedrich II. 58. – Ende der Husitenkriege 65. – Der Bruderkrieg 68. – Krieg mit Böhmen. Vermählung Herzog Albrechts 71. – Niederlagerecht 73. – Johannes von Capistrano 74. – Der Prinzenraub. Ernst und Albrecht 77. – Handwerkerunruhen 79. – Rathsordnung 82. – Heerfahrten 84. – Herzog Wilhelm III. 85. – Landestheilung 86. – Stadtbrand 87. – Wiederaufbau der Stadt 88. – Kreuzkirche 90. – Albrechts Ende 91. Seite


Dritter Abschnitt.
Die Stadt und ihre Bauten 94–120
Markt 94. – Rathhaus 95. – Rathhauskapelle. Rathskeller 97. – Verkaufsbänke 98. – Gassen der Oststadt. Judenhof. Kuttelhof. Loch 99. – Frauenhaus. Kreuzkirche 100. – Gassen der Weststadt 101. – Franziskanerkloster 102. – Schloß 103. – Straßenpflaster. Baustellen 104. – Stadtthore 105. – Stadtmauer 106. – Zwinger. Thürme 107. – Stadtgraben 108. – Seen. Bürgerwiese. Jüdenteich 109. – Weißeritz. Kaitzbach 110. – Gassen der Vorstädte 111. – Vorwerk Ostra. Weichbild 112. – Vorwerk Räcknitz 113. – Vorwerk Auswik 114. – Elbbrücke 115. — Altendresden: Rathhaus 117. Gassen. Dreikönigskirche 118. Stadtgraben 119. – Tatzberge 119. – Bischofsweg. Zellischer Weg 120.


Vierter Abschnitt.
Zustände im 15. Jahrhundert 121–259
     Die Einwohnerschaft.
Zahl der Häuser 121. – Einwohnerzahl. Einwohnernamen 123. – Berufsstände 126. – Vermögensverhältnisse 127. – Bürgerrecht 130. – Juden 132.

[XIII]

     Die Stadtobrigkeit.
Der Rath. Rathsämter 134. – Rathssitzungen 136. – Rathsgelage 137. – Stadtschreiber 138. – Kanzleiwesen. Stadtbücher 139. – Stadtsiegel 140. – Stadtfarben 141. – Rathsbeamte: Büttel. Henker 141. Stadtknechte. Stadtpfeifer 142. – Rathshandwerker 142.
     Die Landesherrschaft.
Huldigung 144. – Landtage. Landstände 145. – Jahrrente. Beden 150. – Kopf- und Vermögenssteuern. Ziese. Ungeld 151. – Schuldbürgschaft. Darlehne 152. – Hofhaltung 154. – Hofdienste 155. – Geschenke 158. – Hoffestlichkeiten 159. – Fürstenbesuche 161.
     Die Wehrverfassung.
Viertelseintheilung 162. – Ausrüstung 163. – Erhaltung der Festungswerke 164. – Wachdienst 165. – Heerfahrten 166. – Schützengesellschaft 169.
     Recht und Gericht.
Gerichtsbezirk 169. – Gerichtshoheit 170. – Rechtszug. Westfälische Veme. Hofgerichte 171. – Erbgerichte 172. – Richter und Schöffen. Gerichtstag 173. – Grundbesitzrecht 174. – Schuldforderungen 176. – Erbrecht 177. – Strafrecht. Leibes- und Lebensstrafen 179. – Gefängnißstrafe 180. – Stadtverweisung und Acht 181. – Geldstrafen 182. – Untersuchung. Strafverfahren 183. – Urtheilsvollstreckung 184.
     Das Polizeiwesen.
Polizeigewalt 184. – Sicherheitspolizei 185. – Einwohnerpolizei. Sittenpolizei: Kleiderordnungen 187. Hochzeiten 189. Kindtaufen 190. – Nachtpolizei 191. – Wirthshausbesuch 192.
     Oeffentliche Gesundheitspflege.
Bartholomäihospital 192. – Wasserversorgung 193. – Stadtreinigung 194. – Epidemien 195. – Krankenpflege. Aerzte 196. – Apotheker. Bäder 197.
     Armenpflege.
Almosenstiftungen 199. – Bettelwesen 200. – Seelhäuser. Maternihospital 201. – Jakobshospital 202.

[XIV]

     Der Stadthaushalt. Seite
Stadtvermögen 202. – Rathsdörfer. Zinsen 203. – Darlehne. Wiederkaufszinsen 204. – Leibrenten. Einnahmequellen: Geschoß 205. Salzverkauf 207. Wegegeld 209. Braupfannenzins. Rathskeller 210. – Einnahme und Ausgabe 211. – Rechnungs- und Kassenwesen 213.
     Gewerbe und Handel.
Handwerk 214. – Zünfte: Tuchmacher 215. Schuster 216. Schneider 217. Fleischer. Leinweber 218. Müller. Fischer. Steinmetzen 219. — Gewerbepolizei: Bäcker 220. Fleischer 221. Fleischmarkt. Fleischbänke 222. – Arbeitslöhne 223. – Braunahrung 224. – Bierschank 225. – Weinschank 227. – Handel 228. – Wochenmärkte 230. – Jahrmärkte 232. – Christmarkt 233.
     Kirchliches Leben.
Kirchenverfassung 233. – Brückenamtsvermögen 234. – Kircheneinkünfte 235. – Einkommen der Geistlichen 237. – Pfarrer. Kapläne 238. Altaristen 240. – Franziskanerkloster 241. – Augustinerkloster 242. – Dominikanerterminei 243. – Bruderschaften 244. – Geistlichkeit und Rath 246. – Kreuzkirchenfeste 248. Johannisprozession 249. Wettrennen 251. – Ablässe 252.
     Bildungswesen.
Kreuzschule 254. – Altendresdner Schule 257. – Berühmte Dresdner 258.
Schluß 259–261




Anhang.
Liste der Dresdner Bürgermeister, Stadtschreiber,
Pfarrer und Schulmeister bis zum Jahre 1500 262–265
Quellennachweis 266–268
Register 269–276

[XV]
Verzeichniß der Abbildungen.


Plan der Stadt am Anfange
Uebersichtsbild der Stadt am Schlusse
Stadtansicht von der Elbseite Seite 1
Bildniß Herzog Albrechts zu Seite 92
Bildnisse des Bürgermeisters Bußman und seiner Frau 102
Das heilige Grab aus der Bußmanskapelle 102
Stadtsiegel 140
Bürgerliche Siegel 43
Geistliche Siegel 242


Urkunden: Seite
1206, März 31. Schlußzeilen der Urkunde mit der ersten Nennung des Namens Dresden 11
1260, März 27. Privilegium Markgraf Heinrichs zur Pfändung auswärtiger Schuldner zu     27
1309, Juli 22. Huldigungsurkunde des Rathes für Landgraf Friedrich den Freidigen zu     32
1378, Juli 15. Quittung Markgraf Friedrichs des Strengen über Zahlung der Jahrrente 44
1396, Michaelis. Anfang des Geschoßregisters 208
1404, Juli 11. Brief Markgraf Wilhelms I. wegen Uebernahme einer Schuldbürgschaft 153
1427. Anfang einer Schneiderrechnung über Rathsdienerkleidung 143
1429, August 10. Testament des Bürgermeisters Nicolaus Römichen 178
1430, Juli 15. Brief Kurfürst Friedrichs II. und Herzog Sigmunds wegen Hilfeleistung gegen die Husiten 64

[XVI]

Seite
1438, Februar 19. Ausschreiben Friedrichs II. für den ersten sächsischen Landtag 147
1439, August 28. Kurfürstin Margarethes Anzeige der Geburt eines Prinzen 160
1442, Dezember 30. Friedrichs II. Anzeige des Todes der Kurfürstin Katharina 67
1454. Anfang einer Kopfzählungsliste 122
1455, November 23. Eigenhändiger Brief Friedrichs II. wegen der Höhe der Gartenzäune 75
1459, November 30. Friedrichs II. Anzeige der Vermählung Herzog Albrechts 72
1480, März 4. Brief Herzog Albrechts wegen Stellung von Maurern zum Meißner Schloßbau 157
1488. Aus einer Einschätzungsliste zur Vermögenssteuer 129
1489, Dezember 19. Ablaßbrief für Johann Keckstein und seine Frau 253
1500, November 2. Herzog Georgs Einladung zur Todtenfeier für Herzog Albrecht 92



[1]

Erster Abschnitt.
Ursprung der Stadt.




Unsere Gegend ist erst spät zur Kulturwelt in Beziehung getreten. Noch die römischen Schriftsteller der Kaiserzeit wissen von ihr so gut wie nichts: nach ihrer Schilderung erstreckte sich von der Donau über Böhmen und das Erzgebirge herein bis an die norddeutsche Tiefebene hinab ein einziges großes Urwaldgebiet, das sie den hercynischen Wald nannten. Aber wo die geschichtliche Ueberlieferung schweigt, reden die Ueberreste der Vorzeit, die von Hacke und Schaufel aus Tageslicht gefördert werden. Die wissenschaftliche Bestimmung der Werkzeuge, Schmucksachen und namentlich der Gefäße, die bei der Ausgrabung alter Wohn- und Begräbnißstätten gefunden worden, hat dargethan, daß unsere Landschaft seit mindestens einem Jahrtausend vor der christlichen Zeitrechnung, wenn auch anfangs nur schwach, von Menschen bewohnt gewesen ist. An mehreren Stellen der Umgebung von Dresden, besonders bei Klotzsche, Stetzsch, Cotta, Löbtau, Neuostra und Lockwitz, sind Gegenstände und Spuren von Wohnstätten aus der sogenannten [2] jüngeren Steinzeit ausgegraben worden. Ungemein zahlreich sind dann die Funde aus dem folgenden Zeitalter, in dem die Menschen bereits die Bronze zu Schmuck und Werkzeugen verarbeiteten. Namentlich hat die Sitte der Alten, ihre Todten zu verbrennen und die Asche in thönernen Urnen mit Beigefäßen und allerhand Schmuck- und Gebrauchsgegenständen in Gräbern beizusetzen, unzählige Reste vorzeitlicher Kultur auf uns gebracht. Solche Begräbnißstätten aus der Bronzezeit, zum Theil von großer Ausdehnung und mit Hunderten von Urnen, sind seit dem 17. Jahrhundert bis auf unsere Tage aufgedeckt worden, besonders zwischen der Reitbahnstraße und der großen Plauenschen Straße, auf dem Platze zwischen dem Leipziger und dem Schlesischen Bahnhofe, ferner in Uebigau, Strehlen, Blasewitz und Tolkewitz. Endlich hat uns auch die Eisenzeit Spuren in Gräberfeldern hinterlassen, beispielsweise in Stetzsch, Briesnitz, Löbtau und in der Gegend der Pfotenhauerstraße. Alle die Gräberfunde, die sich nach ziemlich sicheren Merkmalen den genannten Perioden eingliedern, stimmen mit den ihnen zeitlich entsprechenden Funden des südlichen und westlichen Deutschlands überein[1]. Dies berechtigt zu der Annahme, daß die ältesten Bewohner unserer Gegend Germanen gewesen sind. Wahrscheinlich haben sie dem suebischen Stamme der Semnonen angehört. Diese haben offenbar zur Zeit der Völkerwanderung ihre Sitze freiwillig aufgegeben und sind nach Westen hin abgezogen. Eine Zeit lang mag nun unsere Gegend fast unbewohnt geblieben sein. Als dann um das Jahr 565 die kriegerischen Horden der Avaren bis zu den Grenzen Thüringens vordrangen, rückten in ihrer Gefolgschaft die von ihnen unterworfenen slawischen Stämme, darunter die östlich der Weichsel heimischen Sorben, die Vorfahren der noch heute in der Lausitz [3] seßhaften Wenden, ohne Widerstand zu finden in das Elbland ein. In den fruchtbaren Thälern der Flüsse und Bäche legten diese Einwanderer Hunderte von kleinen Dörfern an, bestehend aus niedrigen Pfahlhütten, die entweder in Ringform um einen freien Platz lagerten oder in zwei Reihen eine langgestreckte Gasse bildeten. Geschlechterweise unter der Leitung ihrer Aeltesten zusammenwohnend, trieben sie mit Eifer und Fleiß Ackerbau und Viehzucht. Der ihre Feldmarken noch lange eng umschließende Wald lieferte ihnen Bauholz und Jagdbeute in Fülle; an den Flüssen gab es Dörfer, deren Bewohner ausschließlich von der Fischerei lebten. Auch mancher Handwerke, besonders des Schmiedens und der Töpferei, waren sie kundig. Zwar stehen ihre Erzeugnisse an Kunstfertigkeit denen der vorangegangenen Zeitalter nach, aber einen wesentlichen Fortschritt zeigen sie in der Verwendung der Drehscheibe bei der Töpferei. Von ihrer Kultur sind bis jetzt nur an verhältnißmäßig wenigen Punkten, so im Coschützer Burgwall, bei Gostritz und an der Vogelwiese, Reste gefunden worden. Die schlechte Erhaltung ihrer Erzeugnisse erklärt sich theils aus deren Unscheinbarkeit, theils aus der wiederholten Verwüstung, die in den Kämpfen des 10. und 11. Jahrhunderts über die sorbischen Ortschaften ergangen ist; überdies haben sie ihre Todten meist nicht verbrannt, sondern begraben, so daß slawische Grabgefäße schon deshalb selten vorkommen.

Zu den von den Sorben seit der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts im Elbthale angelegten zahlreichen Dörfern gehörte auch Dresden. Die Sage, der Ort sei vom rechten Elbufer aus gegründet worden, ist jedenfalls insofern richtig, als die von Osten kommenden Sorben sich zuerst am rechten Ufer niederließen und von da aus allmählich auch auf das linke [4] Flußufer übergingen. Der in Ringform angelegte alte Dorfplatz ist in dem heutigen Neustädter Markt erhalten, der noch im 17. Jahrhundert den eigentlichen Kern des Städtchens Altendresden ausmachte. Die gegenüber auf dem linken Elbufer liegende Ansiedelung war allem Anscheine nach nur eine von diesem ursprünglichen Dorfe abgezweigte Kolonie von Fischern, die wohl dorthin übergesiedelt waren, weil die Ufer- und Stromverhältnisse bei dem rechtselbischen Dorfe für die Ausübung des Fischfanges nicht günstig lagen; auch später haben in dem rechtselbischen Altendresden nie mehr Fischer gewohnt. Diese Niederlassung sorbischer Fischer zeigte nicht die ringförmige Anlage eines selbständigen Dorfes, sondern bestand aus der kleinen Fischergasse und etwa einigen Häusern „an der Elbe“, entlang der heutigen Terrasse. Die Zugehörigkeit des Fischerweilers zu dem Dorfe auf dem rechten Ufer brachte natürlich einen regelmäßigen Verkehr über die Elbe mit sich. Darauf, daß beide Orte ursprünglich zusammengehörten, deutet auch die Gleichartigkeit der von ihnen bis ins 16. Jahrhundert dem markgräflichen Grundherrn geleisteten Jagddienste hin. – Der Name Dresden ist gebildet aus dem altslawischen Worte dręzga, d. i. Sumpfwald, Röhricht, zusammengesetzt mit der zur Bezeichnung von Einwohnernamen dienenden Endung -jan, wie sie in der heutigen niederlausitzischen Form Dreždžany noch erkennbar ist. Dresden bedeutet also: Bewohner des Sumpfwaldes, Sumpfwaldleute. Dieser Name paßt nur auf den Weiler am sumpfigen linken Elbufer und ist anfangs wohl diesem allein von den Bewohnern der Umgegend beigelegt worden. Mit der wachsenden Bedeutung des Ortes und der Zunahme der überelbischen Beziehungen mag man ihn dann auch auf das gegenüber an der sandigen Haide gelegene Stammdorf [5] übertragen haben, dessen ursprünglicher Name nun allmählich verschwand und uns nicht überliefert ist.

Mehrere Jahrhunderte lang hatten die Sorben ihre Sitze im Elblande unbehelligt innegehabt, da wurde ihnen die wieder wachsende Macht der Deutschen von Westen her fühlbar. Karl der Große und seine Nachfolger führten wiederholt siegreiche Kriege gegen die slawischen Grenznachbarn, ohne sie doch alle zu dauernder Unterwerfung zwingen zu können. Im Sorbengebiete faßte erst König Heinrich I. Fuß: er erstürmte die Dalaminzierfeste Gana (bei Lommatzsch) und gründete um das Jahr 928 als Stützpunkt zur Beherrschung des Elblandes die Burg Meißen. Der eroberte Gau Dalaminzi wurde später vom Könige einem Markgrafen anvertraut, der das Grenzland zu schützen hatte und seine Herrschaft allmählich auch auf die Nachbargebiete, insbesondere den die Dresdner Landschaft rechts und links der Elbe mit umfassenden Gau Nisani ausdehnte. Der Zweck der Markgrafschaft, gegen die fortwährend drohenden Einfälle feindlicher Völkerschaften einen Grenzwall zu bilden, erforderte es, ihr eine vorwiegend militärische Verfassung zu geben: in angemessenen Abständen wurden Burgen errichtet, die in Kriegszeiten als Zufluchtsstätten für die Bewohner der umliegenden Gegend und als Mittelpunkte für die Landesvertheidigung dienten. Die den Burgen zugetheilten Bezirke hießen Burgwarde.

Bald nach den Eroberern kamen deutsche Geistliche ins Land, um die unterjochten Sorben zum Christenthum zu bekehren. Im Jahre 968 wurde in Meißen ein Bischof eingesetzt, aber das von ihm geleitete Bekehrungswerk machte nur langsam Fortschritte und sein Einfluß auf die Gemüther des Volkes erstreckte sich noch lange Zeit nicht viel weiter als sein [6] weltlicher Arm reichte. Die erste Kirche in unserer Gegend errichtete der Bischof an dem festen Platze, der den Bezirk auch militärisch beherrschte, in der Burg Briesnitz, und erst von hier aus ist später die Dresdner Frauenkirche gegründet worden. Der Pfarrer von Briesnitz bekleidete zugleich eins der Erzpriesterämter, in die das Archidiakonat des Gaues Nisani zerfiel. Während des ganzen Mittelalters gehörte Dresden zu seinem Sprengel, wie es wahrscheinlich in weltlicher Beziehung als Dorf zu dem Burgward Briesnitz gehört hatte. Mit der Erbauung der Stadt Dresden verlor dann freilich die Burg Briesnitz ihre Bedeutung.

Die Stiftung der Frauenkirche ist vermuthlich im Laufe des 11. Jahrhunderts erfolgt. Man hat sie wohl deshalb nicht in dem eigentlichen Dorfe auf dem rechten Elbufer, sondern bei dem gegenüber liegenden Fischerweiler errichtet, weil nur hier die Missionsthätigkeit von Briesnitz aus wirksam geschützt werden konnte; noch im Anfange des 12. Jahrhunderts sollen jenseits der Elbe fast gar keine Christen zu finden gewesen sein. Unter dem Einflusse der Kirche entwickelte sich der linkselbische Weiler schneller als der Mutterort und erlangte schließlich das Uebergewicht über ihn.

Die slawische Bevölkerung des Landes behielt auch nach ihrer Unterwerfung durch die Deutschen die alten Wohnplätze. Aber das Land gehörte nun kraft des Rechts der Eroberung dem deutschen Könige, der es zu Eigengut oder Lehn an die in seinem Dienste stehenden Ritter wie auch an die Kirchen vertheilte. Diesen neuen Grundherren mußten die slawischen Bauern als Hörige Grundzins zahlen und Frohndienste leisten. Sehr dicht kann die sorbische Bevölkerung nach den harten Kämpfen der Eroberung und den verheerenden Kriegen des [7] 11. Jahrhunderts nicht mehr gewesen sein. Mit der fortschreitenden äußeren Beruhigung der Grenzlande konnte dann allmählich auch deren wirthschaftliche Ausnutzung durch stärkere Besiedelung gefördert werden. Seit dem 12. Jahrhundert zogen die großen Grundherren aus allen deutschen Gauen Kolonisten herbei, die sich nicht, wie einst die Sorben, auf die Flußthäler beschränkten, sondern auch im Hochlande und mitten im Urwalde sich niederließen. Die neu angelegten Dörfer wurden meist nach dem Namen des Unternehmers benannt, der vom Grundherrn ein Stück Land zu Lehn erhalten hatte, um darauf Kolonisten anzusetzen[2]. Einen solchen Ursprung scheint ein dicht bei Dresden gelegenes Dorf gehabt zu haben, das im Anfange des 14. Jahrhunderts unter dem Namen Ranvoltiz oder Ramaltiz erwähnt wird. Ranvoltiz ist offenbar zusammengesetzt aus dem deutschen Namen Ramfold und der slawischen Endung -icy, eine Ortsnamenbildung, wie sie auf unserem Boden, wo zwei Sprachen um die Herrschaft rangen, auch sonst vorkommt, so bei den Dörfern Arntiz (ursprünglich Arnoltiz), Berntiz, Conradiz. Der Name Ranvoltiz bedeutet: die Ramfoldsleute; er beweist, daß diese Niederlassung zu einer Zeit gegründet wurde, wo die Bevölkerung hier noch ganz überwiegend slawisch war. Das Dorf wird nur in den Jahren 1310 bis 1316 genannt, dann verschwindet es aus den Urkunden. Dagegen erscheint ein halbes Jahrhundert später die Ramtizgasse oder Rampoldische Gasse und als ihre äußere Fortsetzung die Ramtizstraße. Das Verschwinden des Dorfes läßt sich nur durch die Annahme erklären, daß es im 14. Jahrhundert bei der Ausbreitung der Vorstadt in diese hineingewachsen ist, so daß man das alte Dorf Ranvoltiz in der späteren äußeren Rampischen Gasse, der heutigen Pillnitzer Straße, zu suchen hat. [8] Jener Ramfold ist der erste deutsche Ansiedler auf Dresdner Boden, der uns bekannt wird.

Ehe Dresden in den uns zu Gebote stehenden Geschichtsquellen auch nur dem Namen nach erscheint, hatte es als Dorf fast drei Jahrhunderte seit der Eroberung des Landes durch König Heinrich I. überdauert, Zeiten der Unruhe und Verwirrung, in denen die deutsche Herrschaft mehr als einmal erschüttert war. Nach Kaiser Ottos II. Tode im Jahre 983 versuchte Herzog Heinrich von Baiern die Krone an sich zu reißen. Sein Verbündeter, der Böhmenherzog Boleslav, stellte ihm ein Heer, mit dem er in die Meißner Mark einfiel. Die Burg Meißen wurde durch Verrath der Einwohner der vor ihr liegenden sorbischen Ansiedelung den Böhmen überliefert, Burggraf Rikdag erschlagen, Bischof Volkold vertrieben. Darauf zog im Jahre 986 König Otto III. selbst gegen die aufständischen Slawen zu Felde und verwüstete ihr Land mit Feuer und Schwert. Als er im folgenden Jahre den Feldzug erneuerte, unterwarfen sie sich und gaben die besetzten Burgen an der Elbe wieder heraus. Alsdann übernahm es der thatkräftige Markgraf Ekkehard, auch die slawischen Völkerschaften jenseits der Elbe zum Gehorsam zurückzubringen, und führte diese Aufgabe in langen und schweren Kämpfen bis zum Jahre 1000 erfolgreich durch. Nach seiner Ermordung trat 1002 ein neuer Rückschlag ein. Der Polenherzog Boleslav Chrobry hielt die Gelegenheit für günstig, sein Reich von der deutschen Oberhoheit loszulösen: er brach mit einem Heere in die Mark ein und auch ihm spielte der Verrath der Einwohner die Meißner Wasserburg in die Hände. Die wendischen Länder waren dem deutschen Reiche aufs neue verloren, König Heinrich II. sah sich genöthigt, die Markgrafschaft Meißen [9] einem Anhänger des Polenherzogs zu übertragen. Nun folgten lange Kämpfe mit den Polen, die die eroberten Plätze, darunter 1015 auch die Stadt Meißen, einäscherten und die Einwohner zu Tausenden nach Polen in die Sklaverei führten. Erst unter König Konrad II. gelang es seit 1029, den verlorenen Theil der Mark auf dem rechten Elbufer zurückzugewinnen. Noch einmal führten dann die Kriege zwischen König Heinrich IV. und den aufsässigen deutschen Fürsten, unter ihnen Markgraf Ekbert, seit dem Jahre 1075 böhmische Heere in das Land. So war die Mark Meißen ein ganzes Jahrhundert hindurch der Schauplatz feindlicher Einfälle und blutiger Kämpfe gewesen, während deren das Deutschthum zeitweilig unterdrückt, das Christenthum fast ausgerottet und unsere Gegend nahe daran war, zur Einöde zu werden.

Im Jahre 1089 übertrug Kaiser Heinrich IV. die Markgrafschaft an Stelle des abgesetzten und bald nachher erschlagenen Ekbert dem Grafen Heinrich von Eilenburg, einem Wettiner, bei dessen Familie sie seitdem verblieben ist. Der allmählich durchdringende Grundsatz der Erblichkeit verminderte die häufigen Kämpfe um die Herrschaft, und damit waren auch für die Mark Meißen ruhigere Zeiten gekommen. Einstweilen freilich blieben zwei Theile von ihr, die Landschaften Budissin, die spätere Oberlausitz, und Nisani, das elbabwärts etwa bis Scharfenberg reichte, noch in fremdem Besitz: Herzog Wratislav von Böhmen, der auf die Mark Meißen Anspruch zu haben behauptete, hatte jene Stücke 1086 seinem Schwiegersohne, dem streitbaren Wiprecht von Groitzsch, verliehen, dem sie bei Heinrichs von Eilenburg Einsetzung zum Markgrafen auch belassen wurden. Als dann 1135 Wiprechts Sohn Heinrich gestorben war, fielen Budissin und Nisani als erledigte Lehen [10] an Böhmen, wurden aber um 1143 von Wratislav dem König Konrad III. und von diesem dem Markgrafen Konrad von Wettin abgetreten. So ward auch die Dresdner Gegend mit den wettinischen Ländern vereinigt[3].

Wie sehr sich unter Markgraf Konrad die Macht der Wettiner befestigt hatte, zeigt sich darin, daß er kurz vor seinem Tode 1156, unbekümmert um die Einwilligung des königlichen Lehnsherrn, die einzelnen Länder unter seine Söhne vertheilte. Meißen erhielt der älteste Sohn Otto. Für die Fortschritte, die das Land unter der Herrschaft dieses Fürsten in der Kultur gemacht hat, sind bezeichnend die Begründung des großen Cisterzienserklosters Altenzelle bei Nossen und die Einführung des Silberbergbaues in Freiberg. Nach dem Tode Ottos ging die Markgrafschaft auf seinen Sohn Albrecht über. Jedoch auch der jüngere Bruder Dietrich von Weißenfels erhob Ansprüche auf die väterliche Fürstenwürde. Die Brüder befehdeten einander in offenem Kriege, so daß Kaiser Heinrich VI., erzürnt über den Friedensbruch, sich veranlaßt sah, zu ihrer Niederwerfung den Herzog von Böhmen mit einem Heere in die Mark einrücken zu lassen. Als dann Albrecht 1195 plötzlich starb, zog der Kaiser, ohne sich um die Erbansprüche Dietrichs zu kümmern, das Land als heimgefallenes Reichslehn ein und ließ es durch seine Beamten verwalten. Der bereits nach zwei Jahren erfolgte Tod des Kaisers gab aber Dietrich die Möglichkeit, sich nun der Markgrafschaft zu bemächtigen, in deren Besitze er nachher durch König Philipps Gnade bestätigt ward.

Dies ist die Zeit, in der Dresden zum ersten Male urkundlich genannt wird. Es geschieht in einem hier ausgefertigten Schiedsspruche des Markgrafen Dietrich vom 31. März 1206

[Urkunde]

Silstranc, Burkardus Nichist, Timo de Lome, Wernherus Rinc, Fridericus de Cemin, Wernherus de Ertmaresdorf, Mecelin, Knapatz officiati curie, Bernhardus de Sessov, Cunradus de Yla, Wolframus et Petrus fratres de Shellenberc, Heidenricus et Ulricus capellarii, Ulricus canonicus Misnensis, Henricus marscalcus. Acta sunt hec Dresdene anno ab incarnatione domini MoCCVIo, indictione[WS 1] IXa, II. kalendas Aprilis, anno domini Phylippi regis augusti regni VIIIo, feliciter amen.


Schlußzeilen der Urkunde vom 31. März 1206 mit der ersten Nennung des Namens Dresden
(Original im K. Hauptstaatsarchiv, um ein Drittel verkleinert).

[12] (acta sunt hec Dresdene), durch den ein Streit des Bischofs von Meißen mit dem Burggrafen von Dohna wegen einer von diesem auf bischöflichem Gebiete erbauten Burg Thorun geschlichtet wird. Eine zweite 1215 in Dresden ausgestellte Urkunde, die eine Verwilligung Dietrichs für das Kloster Walkenried ausspricht, giebt den Namen des Ortes in derselben Weise ohne Zusatz. Dagegen bezeichnet ihn eine markgräfliche Urkunde vom 21. Januar 1216, worin dem Kloster Altenzelle mehrere Grundstückserwerbungen bestätigt werden, schon als Stadt (acta sunt hec . . in civitate nostra Dreseden), Stadt wenigstens im Sinne eines Ortes mit Befestigungen, wenn auch vielleicht noch ohne Stadtrecht. – Der Markgraf würde eine Verhandlung zwischen zwei mächtigen Nachbarn, die doch ein angemessenes äußeres Auftreten des Schiedsrichters erforderte und bei der nicht weniger als 52 geistliche und weltliche Vornehme als Zeugen genannt werden, gewiß nicht in einem einfachen Dorfe abgehalten haben, wo er noch keine Burg (castrum) besaß; denn als Verhandlungsort konnte zwar die Kirche dienen, aber zur Unterbringung so vieler Gäste mußten auch Räumlichkeiten vorhanden sein. Andererseits wäre es bei aller Seltenheit schriftlicher Nachrichten aus jener Zeit zu verwundern, wenn eine Burg und eine Stadt in so geringer Entfernung vom Sitze des Bisthums nicht doch bisweilen schon früher erwähnt worden wäre. Man wird daher annehmen müssen, daß die Burg Dresden nicht lange vor dem Jahre 1206 und die Stadt erst um 1216 vollendet worden sei, und Markgraf Dietrich, der zuerst hier urkundet, als ihren Erbauer betrachten dürfen. Gerade dieser Fürst, der sich die Herrschaft über die Mark Meißen erst hatte erkämpfen müssen, mochte einer solchen Verstärkung seiner militärischen [13] Stellung im Lande bedürfen. Immerhin kann die Möglichkeit nicht geleugnet werden, daß schon sein Vater Markgraf Otto, der überhaupt auf die Kolonisirung des Landes reiche Mittel verwendete, die ersten Schritte zur Anlage Dresdens gethan habe.

Ueber die Art der Entstehung der Stadt gewinnt man Aufschluß aus ihrem Grundrisse, der von jeher derselbe war wie ihn die innere Altstadt noch heute aufweist: in der Mitte der Markt, von ihm nach Norden und Süden je zwei, nach Osten und Westen je drei Gassen rechtwinklig auslaufend, außerdem einige auf die Nord-Süd-Linie rechtwinklig aufstoßende Seitengassen, das Ganze eine ziemlich kreisrunde Fläche bildend. Eine Stadt von solcher Regelmäßigkeit der Anlage kann nicht allmählich aus einem Dorfe erwachsen sein, sondern ist nach einem vorher festgestellten Plane begründet; es ist derselbe Grundplan, wie ihn mit geringen Abweichungen, ja oft sogar mit demselben Durchmesser von etwa 500 Metern die meisten Städte ausweisen, die zur Zeit der deutschen Kolonisation in den Slawenländern entstanden sind. Bei dieser Planung[4] wurde das bisherige Dorf absichtlich ausgeschlossen, nur sein Name ging auf die Stadt über: sprach man aber von der neuen Stadt im Gegensatz zu dem alten Dorfe, so nannte man sie nicht bloß Dresden, sondern Neudresden, wogegen seitdem das Dorf als Altendresden bezeichnet wurde, und zwar sowohl das rechtselbische eigentliche Dorf als der Fischerweiler auf dem linken Ufer neben der Stadt. Noch in einem markgräflichen Zinsregister vom Jahre 1378 heißt auch der Weiler um die Frauenkirche herum Altendresden; je mehr sich dann aber dieser Ortstheil zur Vorstadt der neuen Stadt entwickelte, um so mehr schränkte sich der Name Altendresden auf das jenseits der Elbe gelegene ursprüngliche Dorf ein.

[14] Wie man bei Städtegründungen im ehemaligen Slawengebiete sumpfige und bruchartige Gegenden eher aufsuchte als vermied, so ist es sicher auch hier auf die Wahl des Platzes von Einfluß gewesen, daß er nach mehreren Seiten hin schon einen natürlichen Schutz in einem Gürtel kleiner Seen besaß, die sich von der Gegend des jetzigen Postplatzes an der Marienstraße und Waisenhausstraße herum bis zur Moritzstraße hin zogen. Diese Seen waren offenbar die Rückstände eines alten Stromarmes der Elbe, der, wie die Bodenbeschaffenheit noch jetzt erkennen läßt, mit dem Bruchiggraben bei Mügeln begann und sich über Leuben nach Großdobritz fortsetzte, wo er sich in mehrere Theile spaltete; einer von ihnen führte nach Tolkewitz zu, der zweite über Gruna und Striesen nach den heutigen Elbwiesen, während der dritte durch den Großen Garten und von hier mit der Kaitzbachrinne vereinigt durch die Bürgerwiese über die Bodenfläche der späteren Stadt hinweg floß, um sich dicht unterhalb dieser mit dem Hauptstrome wieder zu vereinigen[5]. Von den so entstandenen Wasserbecken hatten sich bis in unser Jahrhundert als letzte Reste der „See“ bei der Straße „Am See“ und der „Jüdenteich“ auf dem heutigen Georgplatze erhalten. Der Platz, auf dem die Stadt angelegt wurde, war aber schon damals nicht mehr wüst, sondern es lagen hier vermuthlich die der Frauenkirche gehörigen Aecker mit den Höfen der sie bewirthschaftenden kleinen Zinsbauern, die nun von dieser Stelle weichen mußten. Zur Entschädigung wurden der Kirche andere Ländereien jenseits der Stadt angewiesen, und es entstand dort das Dorf Poppitz, dessen Lage noch durch den heutigen Poppitzplatz bestimmt ist. Es läßt sich gewiß nicht annehmen, daß man das Pfarrgut so weit von der Kirche entfernt schon zu einer Zeit angelegt hätte, wo der [15] näher liegende Grund und Boden noch nicht mit der Stadt bebaut war. Poppitz ist vom slawischen pop, Priester, abzuleiten und bedeutet: die Priesterleute. Die Benennung des neuen Pfarrgutes mit einem slawischen Namen beweist, daß zur Zeit der Erbauung der Stadt die slawische Sprache hier noch die herrschende war.

Mitbestimmend für die Anlage der Stadt an dieser Stelle war aber wohl auch die Absicht, einen neuen Knotenpunkt für den Handelsverkehr zwischen dem Osten und Westen zu schaffen, der hier seinen Uebergang über die Elbe nehmen sollte, eine Absicht freilich, die fehlschlug, denn dieser Verkehr vollzog sich in der Hauptsache auch ferner auf der alten Völkerstraße von Thüringen nach Schlesien, die das weiter nördlich beginnende Tiefland durchzog und bei Merschwitz die Elbe kreuzte, während die von Franken her an der nördlichen Abdachung des Erzgebirges hin laufende, über Freiberg, Dresden, Königsbrück gehende Straße erst später Bedeutung gewann. Wahrscheinlich verband eine Fähre die Dorfanlagen auf beiden Flußufern. Denn die Möglichkeit, daß die Elbbrücke schon vor der Stadt bestanden habe, kann als ausgeschlossen gelten: die Einwohnerschaft eines armseligen Dorfes wäre doch schwerlich im Stande gewesen, mit ihren geringen Hilfsmitteln ein solches Bauwerk, das nicht selten der Beschädigung oder gar der Zerstörung durch Wasserfluthen und Eisgang ausgesetzt war, zu unterhalten, und eben so wenig ließ sich dies bei dem Mangel aller Verkehrsmittel von fernher bewerkstelligen. Die Brücke ist also wohl frühestens gleichzeitig mit der Stadt entstanden. Es mögen die Erträgnisse des Freiberger Bergbaues gewesen sein, die dem Landesherrn die Herstellung des kostspieligen Werkes ermöglichten.

[16] Der Urheber einer solchen planmäßigen Stadtgründung kann niemand anders als der Grundherr, das ist hier der Markgraf, gewesen sein, dem allein die Mittel zu dem Unternehmen zu Gebote standen. In seiner Gewalt befand sich alles zum Anbau benutzbare Land und von ihm wurden den Ansiedlern Bauplätze erblich überlassen gegen einen geringen Zins von den einzelnen Hofstätten, den sogenannten Wurfzins, der dann bis zu seiner Ablösung im 16. Jahrhundert auf allen alten Häusern gehaftet hat. Dieser Zins begründete keine persönliche Abhängigkeit: der Ansiedler konnte seine Hofstatt weiter verkaufen und frei davonziehen. An dieser und anderen mit dem Wohnsitze innerhalb der Stadtmauern verbundenen Vergünstigungen, die dazu dienen sollten, fremde Kaufleute und Handwerker zur Ansiedelung anzulocken, wollte der Grundherr natürlich seine hörigen Leute in dem alten Fischerdorfe, die überdies noch Wenden waren, nicht theilnehmen lassen, und das war die Ursache, weshalb das Dorf mitsammt seiner Kirche von den Mauern ausgeschlossen blieb. Die Kirche aber hatte mit diesen grundherrlichen Verhältnissen nichts zu thun, und so durfte die neugegründete Stadt unbedenklich in dem Parochialbezirk der außerhalb ihrer Mauern im Dorfe gelegenen Frauenkirche belassen werden. Dieser kirchliche Zusammenhang konnte dann wiederum nur dazu beitragen, die Entwicklung des Fischerdorfes zur Vorstadt zu beschleunigen. Es entstanden dort theils durch Anlage von Höfen für die Feldwirthschaft der Stadtbürger, theils durch Ansässigmachung grundherrlicher und bürgerlicher Landarbeiter, sogenannter Gärtner und Häusler, allmählich noch mehrere Gassen, alle mit der Richtung auf die Kirche zu: die Pirnische Gasse (jetzt Landhausstraße), die innere Rampische Gasse, die große Fischergasse (jetzt [17] Münzgasse) und die Töpfergasse, letztere von den Töpfern angelegt, die wegen der Feuergefährlichkeit ihres Gewerbes innerhalb der Mauern nicht geduldet wurden.

Als den ältesten bebauten Theil der Stadt bezeichnet die Ueberlieferung den Taschenberg, gewiß mit Recht. Denn sicher ist zuerst die markgräfliche Burg erbaut worden, und diese stand auf dem Taschenberge. Der Name ist auf ein volksthümliches deutsches Wort Tasche zurückzuführen, das eine einhängige Abdachung bedeutet; Tasche oder Taschenberg hieß im 15. Jahrhundert auch ein Weinberg in Kötzschenbroda, ferner lag ein Taschenberg bei der Burg Dohna, vor der Stadt Bautzen, am Ausgange der Taschengasse in Breslau und an mehreren Orten in Norddeutschland. Unzweifelhaft galt hier der Name nicht bloß für die Gasse am Taschenberge, sondern für die ganze von da nach Norden sich erstreckende, langsam ansteigende Fläche bis ans steile Elbufer. Die Kaitzbach, die bis ins 18. Jahrhundert vom Jüdenteiche her über den Stadtgraben herein in die Stadt und durch die Taschenberggasse wieder hinaus geleitet wurde, hatte schon vor Erbauung der Stadt auf ungefähr demselben Wege ihren natürlichen Lauf gehabt. Damals war aber ihr Bett wahrscheinlich tiefer eingeschnitten, als später das ausgemauerte Gerinne in den bei der Bebauung nothwendigerweise höher gelegten städtischen Gassen. So bildete der Platz, auf dem jetzt das Schloß steht, zwischen den beiden Wasserläufen eine erhöhte Landzunge. Hier von der Burg aus wird die Anlage der Stadt geleitet worden sein, etwa in der Weise, daß die Beamten des Markgrafen die Straßen absteckten, die Befestigungslinie bestimmten und den aus anderen Gegenden herbeiziehenden Kaufleuten und Handwerkern, die sich hier niederlassen wollten, Bauplätze anwiesen. [18] Ihnen mußte die Burg anfänglich als Schutz und Zufluchtsort dienen.

Die große Regelmäßigkeit der westlichen Stadthälfte läßt vermuthen, daß die Absteckung der Hofstätten und deren Bebauung anfangs nur auf dieser Seite vollständig erfolgte, während in der Osthälfte vorerst noch Plätze liegen blieben, die dann bei eintretendem Bedürfniß allmählich und daher weniger regelmäßig bebaut wurden. Auch die Benennung „Loch“ weist darauf hin, daß die Oststadt noch eine Zeit lang wüst und unfertig gelegen hat.

Wie die Gründer, so waren auch die Ansiedler ausschließlich Deutsche. Die Wenden wurden, wie dies schon die Sicherheit ihrer Unterjocher gebot, in der ältesten Zeit von den Städten und Burgen ausgeschlossen. Später ließ man zwar einzelne ein, wies ihnen aber ebenso wie den Juden eine besondere Gasse, in Dresden die Windische Gasse genannt (jetzt Galeriestraße), zum Wohnplatz an; sie wurden fortdauernd als unfreie, unehrliche Leute betrachtet und fanden in die Handwerkerinnungen keine Aufnahme. Die Kolonisten im Slawenlande brachten neben deutscher Sprache und Sitte auch das Recht ihrer Heimath mit: die Stadt Dresden lebte im Mittelalter nach Magdeburgischem Rechte, ein Beweis, daß ihre ersten Bürger Sachsen waren. Unsere Stadt ist somit, trotz ihres slawischen Namens, eine rein deutsche Gründung.

Bevor die Ansiedler an die Erbauung von Häusern gehen konnten, war es nöthig, die abgesteckten Straßen einzuebnen und an Stellen, wo sie ehemalige Wassertümpel überschritten, auch zu befestigen. Diese Befestigung der Fahrbahn erfolgte durch Anlegung von Knüppelwegen. Eine solche Anlage von großem Umfange wurde im Herbst 1898 beim Schleusenbau [19] in der Schloßstraße 2 1/2 Meter unter der jetzigen Oberfläche aufgedeckt. Man hatte eine thonige Schlammschicht zu durchstechen, die sich muldenförmig vom Taschenberge bis zur kleinen Brüdergasse erstreckte und bis zu 3 1/2 Meter mächtig war. Auf dem schlammigen Untergrunde waren etwa in der Breite der jetzigen Fahrbahn starke Holzknüppel gelegt und in der Längsrichtung der Straße zu beiden Seiten mit Baumstämmen eingefaßt, die an einzelnen Stellen auf dicken eichenen Bohlen ruhten und durch Pfähle festgehalten wurden; zwischen den Baumstämmen war auf die Knüppelunterlage grober Kies aufgefüllt. An der kleinen Brüdergasse, wo die Schlammschicht wieder in festen Kiesboden überging, wurde ein aus zwei Balken mit eichener Bohlenbedeckung hergestellter, mit Kieselsteinen gepflasterter kleiner Entwässerungskanal blosgelegt. Die im Schlamme massenhaft aufgefundenen Hörner und Knochen von Rindern, Ziegen und Wild deuten darauf hin, daß der Tümpel, wohl von den Burgbewohnern, als Ablagerungsstätte für Abfälle benutzt worden war.

Die wichtigste Aufgabe der Bewohner der neuen Stadt war, nachdem sie sich in ärmlichen Holz- und Lehmhäuschen nothdürftige Unterkunft geschaffen hatten, die Ausführung der Stadtbefestigung. Ohne sie konnten Handel und Gewerbe nicht gedeihen, Verfassung und Recht keinen Bestand haben. Aus der Bezeichnung Dresdens als civitas in einer Urkunde von 1216 geht hervor, daß es damals schon eine Befestigung besaß; wahrscheinlich ist dies aber noch keine steinerne Mauer, sondern zunächst nur ein Plankenzaun mit Graben und Wall gewesen. Feste Stadtmauern (muri civitatis) werden im Jahre 1299 urkundlich erwähnt.

Das zweite Haupterforderniß jeder Stadt war der Markt. [20] Auf ihm spielte sich im Mittelalter der ganze Handelsverkehr ab. Wenn es noch eines Beweises dafür bedürfte, daß der Markt und damit die Stadt vom Markgrafen als Grundherrn angelegt war, so würde er darin zu finden sein, daß dieser in der ältesten Zeit einen Marktzoll in Dresden erheben ließ, für den der an sich rechtlose Fremde seinen Schutz erkaufen mußte. Die Bürger lösten aber den Zoll schon im Jahre 1271 durch Erlegung von 10 Mark (Pfund) Silber ab, so daß sie seitdem die freie Verfügung über Markt und Straßen ebenso wie über die Festungswerke und den Stadtgraben mit seiner Fischnutzung besaßen.

Mit Landbesitz außerhalb der Mauern aber war die Stadt schlecht bedacht. Da ihre Gründung in ziemlich später Zeit erfolgte, wo rund herum bereits zahlreiche Dörfer lagen, konnte ihr nur eine beschränkte Feldmark angewiesen werden, die sogleich unter die Bürger zum erblichen Eigenthume aufgetheilt wurde. Allmählich brachten dann allerdings die reicheren unter ihnen Landgüter in der Umgegend durch Kauf an sich, denn landwirthschaftlicher Betrieb war im Mittelalter auch für die Stadtbürger unentbehrlich und ihren Kapitalien bot der Grundbesitz ohnehin die beste Anlage. Um aber auch minderbemittelten Bürgern etwas Landbesitz und damit günstigere Erwerbsverhältnisse zu verschaffen, kaufte der Rath noch im Jahre 1465 die Vorwerke Räcknitz und Auswik und setzte deren Aecker in Theilstücken gegen Erbzins an eine Reihe von Kleinbürgern aus. – Nicht besser war es mit städtischem Weideland bestellt. Einige Wiesen von geringem Umfange waren überhaupt alles, was die Gemeinde als solche an Ländereien zu Eigenthum besaß: die „Ziegelwiese“, die wohl schon bei der Erbauung der Stadt den Lehm hatte liefern müssen, und die noch heute so genannte „Bürgerwiese“, die als Viehweide diente. [21] Auf einem Stück Haideland an der Weißeritz war den Bürgern nur das Weiderecht eingeräumt worden; ein Theil davon hieß noch in neuerer Zeit die Viehweide (jetzt Schützenplatz). Als der Rath im 15. Jahrhundert in dieser Gegend eine Anzahl umzäunter Gärten angelegt und an die Bürger vergeben hatte, schritt der Kurfürst als Grundherr dagegen ein und ließ sich im Jahre 1455 nur gegen eine Entschädigung von 100 Gulden dazu herbei, die Gärten den Bürgern als Stadtgut zuzueignen.

Die doppelte Eigenschaft der Markgrafen als Landesfürsten wie als Grundherren und Obereigenthümer des Gemeindelandes brachte es mit sich, daß die Stadt Dresden sich auch hinsichtlich der Verfassung und Verwaltung in Abhängigkeit von ihnen befand.

Es lag im Begriffe der Stadtfreiheit, daß die Bürger und die den Markt besuchenden Kaufleute vor keinem auswärtigen Gerichte Recht zu nehmen brauchten. Die Stadt mit ihren Wirthschaftsländereien war aus dem Bezirke des alten Landgerichts ausgeschieden und bildete ein eigenes Rechtsgebiet, das Weichbild. Der Vorsteher des Landgerichts, der markgräfliche Vogt, führte aber in der ältesten Zeit auch im Stadtgericht den Vorsitz. Erwähnt wird er als Schultheiß (villicus) in einer landesherrlichen Urkunde vom 27. März 1260, der ältesten, die sich mit Dresdner Angelegenheiten beschäftigt. Als markgräflicher Richter (judex) kommt er dann weiter in Urkunden von 1284 und 1299 vor und im späteren Mittelalter ist er unter dem Namen Amtmann bekannt. Er übte die Rechtspflege in Gemeinschaft mit einem Kollegium geschworener Bürger oder Schöffen (burgenses jurati). Ohne die Mitwirkung solcher Vertrauensmänner der Gemeinde war er nicht befugt, Vorladungen zu erlassen und Gericht zu halten, Verhaftungen [22] zu verfügen und Strafen zu verhängen. Diese Schöffen nun, deren Zahl der Vorschrift der Rechtsbücher entsprechend sieben betrug, waren ursprünglich mit dem Vogt an der Spitze zugleich die Verwaltungsbehörde der Stadt. Das Recht, „Willküren“ d. h. Ordnungen zu erlassen und Steuern zu erheben, wurde ihnen durch markgräflichen Erlaß vom 18. April 1284 ausdrücklich bestätigt. Wenn diese Urkunde Strafbestimmungen wegen Verleumdung und Beleidigung der Geschworenen und Ungehorsam von Seiten ihrer Mitbürger enthält, so darf man daraus schließen, daß die städtische Behörde damals sehr des landesherrlichen Schutzes bedurfte und ihr Ansehen bei der Bürgerschaft, die sich an die obrigkeitliche Regelung des Gewerbslebens schwer gewöhnen mochte, noch wenig gefestigt war.

Mit dem Wachsthum der städtischen Selbständigkeit und der Zunahme der Verwaltungsgeschäfte mag sich für die Geschworenen die Nothwendigkeit einer Verstärkung ihres Kollegiums herausgestellt haben. Vermuthlich haben sie daher selbst eine Anzahl Bürger als Rathmannen (consules) eingesetzt, damit diese ihnen in der Stadtverwaltung Beistand leisteten. Solche Rathmannen werden zum ersten Male im Jahre 1301 erwähnt, waren aber gewiß schon einige Zeit früher vorhanden. Ihren Abschluß fand die Bildung einer selbständigen Stadtobrigkeit, als das verstärkte Schöffenkolleg in der Person eines Bürgermeisters (magister civium) einen besondern Vorsitzenden und Geschäftsleiter für die Verwaltungsangelegenheiten erhielt. Ein solcher wird urkundlich zuerst 1292, genau in demselben Jahre wie auch in Leipzig, in Pirna und in Wien, genannt. Nun bildeten also Rathmannen und Schöffen (consules et jurati) zusammen ein Verwaltungskollegium unter [23] der Leitung des Bürgermeisters, den Rath, während die Rechtspflege auch ferner den Schöffen allein unter dem Vorsitze des markgräflichen Vogtes und Richters oblag.

Die vornehmste Befugniß der damaligen Stadtbehörde war die Aufsicht über Maß und Gewicht. Zu ihrer wirksamen Ausübung war es erforderlich, den ganzen Handelsverkehr an Einer Stelle zu vereinigen, und dies war der Markt. Hier mußte ein Gebäude vorhanden sein, in dem den hauptsächlichsten städtischen Gewerben, den Tuchmachern, Schuhmachern, Kürschnern, Bäckern und Fleischern, Verkaufsstellen zur Verfügung standen. Ein solches wird unter dem Namen Kaufhaus zuerst in einer Urkunde vom Jahre 1295 erwähnt; es unterliegt keinem Zweifel, daß seine Errichtung bis in die frühesten Zeiten der Stadt zurückzuverlegen ist. Dieses Kaufhaus oder Gewandhaus diente dann zugleich als Amtsgebäude für den Rath und wurde daher bald auch als Rathhaus bezeichnet. Mit der wachsenden Bedeutung des Rathes bürgerte sich im 14. und 15. Jahrhundert der Name Rathhaus ausschließlich ein, wiewohl die gewerblichen Verkaufsstellen, vor allem die Gewandbänke, ihren Platz darin behielten. Offenbar hat es von Anfang an auf der Stelle gestanden, die es bis zu seinem Abbruche im Jahre 1707 einnahm: auf dem nördlichen Drittheil des jetzigen Altmarktes.

Von großer Wichtigkeit für den Handelsverkehr war ferner die Erbauung einer festen Elbbrücke. Dieses Bauwerk mag ebenso wie das Kaufhaus nicht viel später als die Stadt entstanden sein; auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen ihnen deutet der im Jahre 1295 gefaßte Beschluß der Bürger hin, zu Gunsten der Brücke von den Gewandbänken im Kaufhause ein Standgeld zu erheben. Bedeutsamer aber waren die [24] Beziehungen der Elbbrücke zur Kreuzkapelle. An der Südostecke des Marktes hatte man, wie schon die Aussparung des Platzes im Stadtplane vermuthen läßt, bereits zur Zeit der Erbauung der Stadt eine Kirche errichtet. Sie war, wie häufig die Kirchen in alten Städten Deutschlands, die an einem schiffbaren Flusse gelegen sind, dem heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron der Schiffer und Fischer, geweiht, dessen Bildniß zur Verehrung der in die Stadt kommenden Gläubigen nebst einem Opferstocke unter dem Elbthore bei Altendresden stand, und führte bis in das 14. Jahrhundert den Namen Nikolaikirche. Nachdem nun, wie der „Pirnaische Mönch“ erzählt, im Jahre 1234 Constantia von Oesterreich, die junge Gemahlin Heinrichs des Erlauchten, als Mitgift ein Stück vom Kreuze Christi („ein merklich schön Partikel vom heiligen Kreuze“) mitgebracht hatte, wurde an die Nikolaikirche eine besondere Kapelle, die Kreuzkapelle, angebaut, in der die Verehrung dieser Reliquie unter großem Zustrom der Bevölkerung der Umgegend vor sich ging. Die hieraus fließenden stattlichen Einnahmen kamen der Brücke, die ja auch als ein frommes Werk betrachtet wurde, zu Gute; vielleicht ist die Vermuthung berechtigt, daß die Kreuzesverehrung nur zu Gunsten der Brücke eingerichtet worden ist. Das Vermögen der Brücke und der Kreuzkirche, wie später die Nikolaikirche selbst genannt wurde, bildete ein Ganzes; die Verwaltung dieses Vermögens wurde nicht als Kreuzkirchenamt, sondern schon im Mittelalter als „Brückenamt“ bezeichnet, ein Beweis, daß in dieser Verbindung die Brücke durchaus der maßgebende Theil war.

Auf Burg, Markt und Mauern, Kauf- und Rathhaus, Elbbrücke und Kreuzkirche hat Jahrhunderte lang die ganze Bedeutung Dresdens beruht.



[25]
Zweiter Abschnitt.
Von Markgraf Heinrich bis auf Herzog Albrecht.




Der muthmaßliche Erbauer Dresdens, Markgraf Dietrich, der am 17. Februar 1221 starb, hatte für die Weiterentwicklung der Stadt wenig thun können, da er sich selbst nur mit Mühe im Lande behauptete. Auch unter der Regierung seines im Jahre 1218 geborenen Sohnes Heinrich nimmt die Stadt noch lange Zeit eine ganz unbedeutende Stellung ein, kaum daß ihr Name bisweilen einmal genannt wird. Vielleicht hat der Oheim und Vormund Heinrichs, Landgraf Ludwig von Thüringen, sie als Stützpunkt benutzt, als er mit seiner Schwester Jutta, der Markgräfin-Mutter, in Zwist und Fehde gerathen war: wenigstens wird berichtet, daß er nach der am Osterabend 1224 erfolgten Eroberung des Schlosses Tharand mit seinem Heere die Osterwoche in Dresden zubrachte. Heinrich, der bald nach 1230 in jugendlichem Alter die Regierung übernahm, war zunächst durch seine lebhafte Betheiligung an den deutschen Angelegenheiten, in denen er sich als ein treuer Anhänger Kaiser Friedrichs II. bewährte, und durch seine zahlreichen Kriegszüge, namentlich seit der Erwerbung Thüringens [26] im Jahre 1248, viel von der Heimath ferngehalten. Wenn er damals in unserer Gegend weilte, so schlug er sein Hoflager gewöhnlich in Tharand, Meißen oder Seußlitz auf; in Dresden scheint er sich in seinen jüngeren Jahren überhaupt nicht aufgehalten zu haben, vielleicht weil hier das Schloß einer so glänzenden Hofhaltung, wie er sie führte, noch nicht genügte. Eine von Heinrich in Dresden ausgestellte Urkunde findet sich zuerst aus dem Jahre 1255, dann wieder 1266 und vereinzelte aus den folgenden Jahren; ein markgräflicher Hof (curia) wird im Jahre 1268 erwähnt. Seit 1274 aber hat der Markgraf nach Ausweis der Urkunden seinen Sitz fast ständig in Dresden gehabt und am 27. Juli 1278 hier auch ein Landding, eine Versammlung der Freien und Vornehmen zur Rechtsprechung und zur Berathung der Landesangelegenheiten, abgehalten. Markgraf Heinrich stand um seiner Fürstentugenden wie seines Reichthums willen bei den Zeitgenossen, die ihn den „Erlauchten“ (illustris) nannten, im höchsten Ansehen. Er überstrahlte an Prachtentfaltung alle Fürsten Deutschlands, sein Hof war der Schauplatz glänzender Feste und Turniere. Der Minnesang fand in ihm einen eifrigen und begabten Pfleger[6]. Mehrere Kirchengesänge hatte er selbst in Musik gesetzt; Papst Innocenz IV. erkannte sie im Jahre 1254 in einem besonderen Schreiben an die Geistlichkeit als wohlklingend an und gestattete ihre Aufführung in den Kirchen des Landes. Von seiner Hofhaltung in Dresden wird uns nichts berichtet; aber wenn bei ihm das Alter die Lust an äußerem Glanze auch gemindert haben mag, ein Schimmer seiner früheren Prachtliebe wird doch auch auf unsere Stadt noch gefallen sein.

Daß Heinrich für die Stadt Dresden ein besonderes Wohlwollen hegte, wird später von seinem Sohne Friedrich ausdrücklich [27] bezeugt. Der beste Beweis dafür sind die Privilegien, die er den Bürgern verliehen hat. Am 27. März 1260 ertheilte er ihnen die Befugniß, ihre in die Stadt kommenden Schuldner, gleichviel ob Ritter oder Knechte, zu pfänden und die Pfänder, darunter auch die Pferde, bis zum Austrag ihrer Ansprüche zurückzubehalten, ein werthvolles Vorrecht, durch das es den Bürgern erspart wurde, ihre Forderungen vor auswärtigen Gerichten einzuklagen. Ein zweiter Begnadungsbrief vom 19. November 1271 befreite die Stadt gegen Erlegung von 10 Mark (Pfund) Silber zum Baue des Klosters in Seußlitz für immer von dem landesherrlichen Marktzolle. Weiter traf der Markgraf am 16. Februar 1285 Bestimmungen über den Verkauf und die Vermiethung städtischer Grundstücke. Die Herrenhöfe, d. h. die Grundstücke, die bei der Anlage der Stadt landesherrlichen Dienstmannen zugetheilt worden waren, sollten bei Strafe nur an jemand verkauft werden dürfen, der sich als Bürger den Gesetzen und Gewohnheiten der Stadt unterwerfe. Zugleich wurde festgesetzt, daß die Höfe in und vor der Stadt überhaupt nur an solche verkäuflich seien, die Bürger werden und persönlich darin wohnen wollten, auch wurde die Aufnahme von Nichtbürgern zur Miethe verboten. Diese Bestimmungen hatten den Zweck, dem Uebergange städtischen Grundbesitzes an die todte Hand und an Fremde, die sich der städtischen Besteuerung und Gerichtsbarkeit entzogen, vorzubeugen. Das wichtige Recht, ihr Vieh in der markgräflichen Haide zu weiden, das die Bürger schon seit der Gründung der Stadt besaßen, ward ihnen durch Urkunde vom 25. August 1287 auch für den Fall bestätigt, daß das Holz der Haide veräußert werde. Es war dies nicht die große Haide auf dem rechten Elbufer, sondern ein bewaldetes [28] Stück Land hinter dem Schlosse bis herab zur Weißeritz, dessen Abholzung wahrscheinlich damals beabsichtigt war.

Dem Wohlthätigkeitssinne Heinrichs verdankt die Stadt das noch jetzt bestehende Maternihospital zur Versorgung alter Frauen. Es wird zum ersten Male am 19. Oktober 1286 genannt; in einer Urkunde vom 8. Januar 1287 bezeichnet sich der Markgraf als seinen Stifter. Ein zweites, ebenfalls noch in seine Zeit zurückreichendes Hospital ist von den Bürgern selbst zum Schutze der öffentlichen Gesundheit gegründet worden. In einem noch vorhandenen Vertrage aus der Mitte des 13. Jahrhunderts einigten sich nämlich die Geschwornen zu Freiberg mit den Dresdnern dahin, daß die aussätzigen Männer in Freiberg, die aussätzigen Frauen in Dresden in einem besonderen Hause untergebracht werden sollten, damit die durch ihr Zusammenwohnen verursachte Unreinlichkeit vermieden werde, ein Abkommen, aus dem die Entstehung des Hospitals für aussätzige Frauen, Bartholomäihospital genannt, herzuleiten ist.

Auch das Franziskanerkloster, von dem die jetzige Sophienkirche noch einen Ueberrest darstellt, stammt aus Heinrichs Zeit. Die erste verbürgte Nachricht darüber rührt aus dem Jahre 1272 her; da aber bereits um 1265 der sächsische Ordensprovinzial hier ein Kapitel abgehalten hat, muß das Kloster schon damals vorhanden gewesen sein. Es ist sicher unter der Mitwirkung des Markgrafen begründet worden, denn den Platz dicht neben dem Schlosse kann es nur von ihm angewiesen erhalten haben.

So zeugen mancherlei Thatsachen von der Fürsorge Markgraf Heinrichs für das wirthschaftliche und sittliche Gedeihen der Bürgerschaft Dresdens. Dagegen scheint es, als ob er seine Fürstengewalt nicht habe durch größere Unabhängigkeit [-]

[Bild]

Markgraf Heinrichs des Erlauchten Urkunde
vom 27. März 1260,
womit er den Bürgern von Dresden das Recht ertheilt, ihre in die Stadt kommenden auswärtigen Schuldner zu pfänden.
(Die älteste die Stadt Dresden betreffende Urkunde, abgedruckt im Codex diplomaticus Saxoniae regiae Th. II Bd. 5 S. 1. Original im Rathsarchiv).

[-] [29] der Stadt einschränken lassen wollen. Wenigstens ist die Einsetzung eines Bürgermeisters zur selbständigen Leitung der Verwaltung hier wie in den übrigen Städten des Landes erst nach seinem Tode erfolgt.

Der edle Fürst starb, 70 Jahre alt, in Dresden zu Anfang des Jahres 1288. Er ward, wie sein Vater Albrecht, in der Fürstengruft des Klosters Altenzelle beigesetzt. Zum Heile seiner Seele und zur Belohnung der von den Mönchen geleisteten Dienste überwiesen die verwittwete Markgräfin und ihr Sohn laut Urkunde vom 12. Juni 1288 dem Kloster ihre Güter zu Leubnitz und Goppeln mit dem Patronatrechte über die Kirche zu Leubnitz, einen sehr beträchtlichen Besitz, der später der Stadt Dresden zu Gute gekommen ist, indem ihn Kurfürst Moritz im Jahre 1550 nach Aufhebung der Klöster ihr übereignete. Mit dieser Schenkung bewies Heinrichs Familie die gleiche Gesinnung, die ihn selbst gegenüber den Klöstern beseelt hatte. Solcher Kultusstätten, die damals noch zugleich die Mittelpunkte der Kultur bildeten, waren unter seiner gesegneten Regierung viele im Lande entstanden, zum Theil von ihm selbst begründet und ausgestattet.

Nach Heinrichs Tode durchlebte Dresden eine unruhige Zeit voll wechselnder Schicksale. Die Erben des Markgrafen waren sein Sohn Albrecht, Landgraf von Thüringen, sein Enkel Friedrich genannt „Tute“, Markgraf von Landsberg, und ein 1273 geborener jüngerer Sohn Friedrich aus seiner dritten, unebenbürtigen Ehe mit Elisabeth von Maltitz, „Clemme“, später in Folge falscher Lesung des Namens der „Kleine“ genannt. Diesem seinem Lieblingssohne, dem König Rudolf von Habsburg im Jahre 1279 die Rechte der freien Geburt und damit die Erbfähigkeit verliehen hatte, vermachte Heinrich [30] mit Zustimmung der beiden Haupterben die Stadt Dresden mit der Haide, dem Friedewalde und der Feste Radeberg, ein kleines Gebiet, das für ihn aus der Mark Meißen ausgeschieden werden sollte. Heinrich besaß dieses Gebiet, wie auch die Stadt Pirna, vom Meißner Bischof zu Lehn, ein Rechtsverhältniß, dessen Entstehung in Dunkel gehüllt und um so schwerer zu erklären ist, als gleichzeitig außer dem Stifte Meißen auch die weit entlegene Abtei Hersfeld die Lehnshoheit über Dresden in Anspruch nahm. Der fünfzehnjährige Friedrich Clemme trat in den Besitz der Herrschaft Dresden ein, behielt sie aber zunächst nicht lange in eigener Hand. Schon im folgenden Jahre schloß er, sich die Behauptung des Landes wohl nicht zutrauend, mit König Wenzel II. von Böhmen einen Tauschvertrag, worin ihm gegen Abtretung Dresdens und mehrerer angrenzender, gar nicht ihm, sondern seinem Stiefbruder Albrecht gehöriger Landestheile die eingezogenen Güter des Zawis von Rosenberg in Böhmen und Mähren zugesichert wurden. Sein Neffe Friedrich von Landsberg aber wußte die Ausführung dieses Vertrages zu vereiteln und ließ sich auf seine Lebenszeit „zu Gunsten der Einheit des Landes“ von dem Oheim dessen Gebiet gegen Ueberlassung der Stadt und Burg Gera abtreten, wie er auch Albrechts Antheil an der Mark Meißen erwarb. Für Dresden und Pirna ertheilte ihm der Bischof von Meißen die Belehnung.

Nach dem schon im Jahre 1291 erfolgten Tode Friedrichs von Meißen und Landsberg ergriff Friedrich Clemme wieder von der Herrschaft Dresden Besitz. Aber der im Mai 1292 gewählte deutsche König Adolf von Nassau erklärte die gesammten Länder des Markgrafen Friedrich für heimgefallene Reichslehen, und gleichzeitig erhob König Wenzel, gestützt auf [31] den gescheiterten Vertrag von 1289, Ansprüche auf die Mark Meißen. König Adolf selbst überzog die Söhne des Markgrafen Friedrich mit Krieg, um seinen Forderungen Geltung zu verschaffen. Mit der Einnahme der Stadt Freiberg 1296 fiel die Mark Meißen in seine Hände; zwei Jahre lang wurde sie von seinem Vetter, dem Grafen Heinrich von Nassau, regiert.

König Adolfs Sturz brachte die Mark 1298 in den Besitz seines Nachfolgers Albrecht, der alsbald nach seiner Krönung den König Wenzel von Böhmen zum Reichsstatthalter für Meißen, Oster- und Pleißnerland einsetzte. Diesem verpfändete Albrecht dann die Mark um das Jahr 1299 oder 1300, und zugleich ließ sich Wenzel vom Meißner Bischof mit der Herrschaft Dresden belehnen, die ihm Friedrich Clemme schon 1294 als Lehn aufgetragen hatte. Durch diese Lehnsauftragung war Friedrich zwar zum Afterlehnsträger herabgesunken, hatte sich aber wenigstens den ungestörten Besitz seines Gebietes gesichert. Wenzel verpfändete die Mark Meißen im Jahre 1303 an die Markgrafen von Brandenburg. Diese setzten sich darin fest, mußten das Land aber nach Wenzels Tode 1305 dem König Albrecht herausgeben.

Nach der Schlacht bei Lucka im Mai 1307, in der die Markgrafen Friedrich der „Freidige“ und Diezmann den König Albrecht besiegten, fiel die Mark an die Wettiner zurück. Friedrich der Freidige suchte nun alles Land, das seit der Zeit seines Großvaters Heinrich dem wettinischen Hause entfremdet worden, wieder in seine Hand zu bringen und auch die aus der Mark ausgeschiedene Herrschaft Dresden zurückzugewinnen. Es gelang ihm, mit seinem Oheim Friedrich eine Einigung dahin zu treffen, daß dieser ihm die Nachfolge in [32] seinem Gebiete für den Fall seines Todes zusicherte und ein Schutz- und Trutzbündniß mit ihm schloß. Von Seiten Böhmens stand dieser Gestaltung der Dinge kein Hinderniß mehr im Wege, da sich die früheren Abmachungen Friedrich Clemmes mit Wenzel durch das Aussterben der Premysliden erledigt hatten. Die Stadt Dresden leistete dem Landgrafen Friedrich am 22. Juli 1309 die Eventualhuldigung.

Noch war aber damit ein dauernder Zustand nicht hergestellt. Wegen der beanspruchten Herausgabe der Marken Lausitz und Landsberg gerieth Friedrich der Freidige mit den brandenburgischen Askaniern in Krieg, wurde vom Markgrafen Waldemar gefangen genommen und mußte im Frieden vom 13. April 1312 auf die Lausitz und Landsberg verzichten und dazu einige angrenzende Landstriche abtreten. Da er aber das Verlorene wiederzugewinnen strebte, brach der Krieg im Jahre 1315 von neuem aus. Die Brandenburger erstürmten Dresden, erschlugen auf dem Wilischen Thore, beim Ausgange der heutigen Wilsdruffer Straße, die Thüringer, die Friedrich der Freidige zum Schutze der Stadt seines Vetters als Besatzung dorthin gelegt hatte, und zwangen Friedrich Clemme, ihnen gegen Gewährung eines Kaufgeldes von 7000 Schock und einer Jahresrente von 400 Schock (zu je 60) Groschen die Stadt abzutreten. Diese erste Erstürmung Dresdens ist auch die einzige geblieben: wiederholt ist die Stadt später belagert und zur Uebergabe gezwungen, nie aber wieder mit stürmender Hand genommen worden.

Friedrich, der mit seiner Gemahlin Jutta, einer geborenen Gräfin von Schwarzburg, und mit seiner Mutter das Dresdner Schloß bewohnt hatte, starb, ohne Erben zu hinterlassen, schon ein halbes Jahr darauf, am 25. April 1316. Er hatte sich im [-]

[Urkunde]

Huldigungsurkunde der Stadt Dresden für Markgraf Friedrich den Freidigen vom 22. Juli 1509.
(Die älteste Rathsurkunde; Original im K. Hauptstaatsarchiv).

[-] [33] Anfange seiner Regierung nur „von Gottes Gnaden jüngerer Sohn des Markgrafen Heinrich“ und seit 1295 „Herr von Dresden“ genannt, seit 1302 aber den stolzeren Titel „Markgraf von Dresden“ geführt. Obwohl sein Recht auf die Herrschaft in der Zeit der nassauischen und böhmischen Statthalterschaft angefochten wurde, hat er sich thatsächlich doch auch damals im Lande behauptet: das beweisen die von ihm 1295 und in den folgenden Jahren fortwährend in Dresden vollzogenen Regierungshandlungen. Die Stellung, die er einnahm, war jedoch stets sehr bescheiden und unselbständig. Mit seinem Tode erlosch die Aussicht auf Wiederherstellung einer besonderen Landesherrschaft Dresden für immer.

Nach erneuten Kämpfen zwischen Wettinern und Askaniern kam am 1. Januar 1317 zu Weißenfels ein vorläufiger Vergleich und später in Magdeburg ein Friedensvertrag zu Stande, der die Bestimmung enthielt, daß über die Rückgabe von Dresden mit Zubehör an den Landgrafen Friedrich in Güte verhandelt werden sollte; als Sicherstellung für die richtige Ausführung des Friedensvertrags setzte Waldemar die Städte Dresden und Hain (Großenhain) und, so lange erstere anderweit versetzt war, einstweilen Luckau als Pfand ein. Dresden war nämlich inzwischen 1316 von den Brandenburgern dem Bischof Withego von Meißen für 1700 Mark Silber auf drei Jahre verpfändet worden; im Falle nicht rechtzeitiger Einlösung oder wenn die Markgrafen Waldemar und Johann ohne Erben stürben, sollte das verpfändete Gebiet dem Meißner Stifte als „rechtes lediges Gut“ zufallen. Als Waldemar kinderlos starb, verzichtete der Bischof in einem Vertrage vom 2. Oktober 1319 auf seine Ansprüche auf die Stadt Dresden als heimgefallenes Lehn gegen eine Entschädigung von 1000 Schock Groschen [34] zu Gunsten Friedrichs des Freidigen, der sich von den Bürgern huldigen ließ und gemeinschaftlich mit dem Bischof allen ihm verdächtigen Personen Straflosigkeit zusagte. Am 17. Dezember 1319 zeigte der Bischof Heinrich von Naumburg, dem die Stadt kraft des Vertrages bis zur Auszahlung der Entschädigung übergeben worden war, den Betheiligten an, daß die Zahlung erfolgt sei. So hatten diese unruhigen Zeitläufte, während deren in raschem Wechsel bald ein eigener Herr, bald der Markgraf von Meißen, bald der deutsche König, bald der König von Böhmen, bald wieder die Markgrafen von Brandenburg oder der Meißner Bischof über die Stadt geboten, ihr Ende erreicht. Seitdem ist Dresden dem Hause Wettin nie wieder entfremdet worden.

Die politischen Verhältnisse waren in diesen drei Jahrzehnten nach Heinrichs des Erlauchten Tode nicht dazu angethan gewesen, ein Aufblühen Dresdens zu gestatten. Bezeichnend ist die von Friedrich Clemme 1312 ertheilte Zusage, keinerlei Leute in die Stadt aufzunehmen, die ihr schaden könnten, sondern die Bürger gegen Befehder und Belästiger nach Kräften zu beschützen. Die Stadt scheint auch sonst von mannigfachem Unglück, von Ueberschwemmung, Krankheiten und Theuerung heimgesucht worden zu sein: im Jahre 1291 sah sich Markgraf Friedrich von Landsberg veranlaßt, die von ihr zu leistende Jahressteuer, Bede genannt, von 100 auf 60 Mark Silber, in zwei Raten zahlbar, herabzusetzen, weil sie wegen des „vielen Mißgeschicks und verschiedener Widerwärtigkeiten“ außer Stande sei, die volle Summe zu zahlen, eine Erleichterung, über die im folgenden Jahre auch Friedrich Clemme einen Versicherungsbrief ausstellte. Als dieser dann in der Folge durch seine eigene Bedrängniß genöthigt war, die Stadt durch [35] mehrfache Verpfändung der Bede und durch Besteuerung einzelner Personen wieder über Gebühr zu belasten, war die Selbständigkeit der Bürgerschaft schon so weit erstarkt, daß sie dem Landesherrn, zumal einem so machtlosen, Zugeständnisse abzuringen vermochte. Im Dezember 1302 mußte er geloben, seinen Gläubigern die städtische Jahrbede künftig stets nur auf die nächsten zwei Termine hinaus zu verpfänden, und im März 1303 erlangten die Bürger nach Zahlung einer außerordentlichen Beisteuer von 50 Mark Silber von ihm das Versprechen, Auflagen auf einzelne Personen fernerhin zu unterlassen und im Bedürfnißfalle jederzeit nur allgemeine Beden zu erheben. Im übrigen zeigen die nun schon zahlreicher werdenden Urkunden den Landesherrn redlich bemüht, das Wohl seiner Stadt zu fördern. Vor allem versuchte er ihr das in wirthschaftlicher Beziehung wichtige Recht der Niederlage zu verschaffen, vermöge dessen alle Kaufleute gezwungen sein sollten, die durch das Land geführten Waaren in der Stadt drei Tage lang zum Verkauf zu stellen, ein Zwang, der hauptsächlich die auf der Elbe verkehrenden Schiffe betroffen hätte. Der Bischof von Meißen nahm aber dieses Recht für die ihm damals gehörige Nachbarstadt Pirna in Anspruch und wußte als Lehnsherr des Dresdner Markgrafen dessen Versuch zu vereiteln und ihn am 1. Oktober 1292 zum ausdrücklichen Verzicht darauf zu nöthigen. Dresden hat dann das erstrebte Niederlagerecht wenigstens für die nach Böhmen gehenden Waaren im Jahre 1455 erlangt. – Das hauptsächlichste Gewerbe war in den ersten Jahrhunderten der Stadt die Tuchmacherei. Zu ihrem Schutze traf Friedrich schon 1295 die Bestimmung, daß die Kaufleute im unteren Theile des Kaufhauses, wo jedenfalls der Hauptverkehr stattfand, nur einheimische Tücher verschneiden [36] durften, während sie mit dem Genter und anderem farbigen Tuche, sowie mit dem dünnen „Warftuche“ in das obere Geschoß verwiesen wurden. Zur Regelung des ebenfalls schon lebhaften Handels mit Wein und Bier erließen die Bürger mit Zustimmung des Markgrafen 1308 eine Maßordnung; sie enthielt unter anderem die Vorschrift, daß der Büttner, der ein Faß durch Abschneiden der Zarge (des Randes) fälsche, mit Abhauen des Daumens zu bestrafen sei. Bei dem geringen Umfange der zur Stadt gehörigen Ländereien war es für die Bürger auch von Werth, daß der Markgraf einigen von ihnen im Jahre 1297 einen seit Jahren trocken liegenden Theil des Sees vor dem Frauenthore für den Kaufpreis von 16 Mark Silber vererbte. Anscheinend reichte damals derjenige der drei Seen, dessen Rest unter dem Namen „Jüdenteich“ bis zu seiner Ausfüllung im Jahre 1849 den heutigen Georgplatz bedeckte, noch bis in die Gegend des Neumarktes.

Unter Friedrich Clemme war, wie erwähnt, die Bildung einer eigenen Stadtverwaltungsbehörde mit der Einführung des Bürgermeisteramts zum Abschluß gekommen. Der in einer Urkunde vom 1. Oktober 1292 genannte erste Bürgermeister Namens Hermann war der Bruder des markgräflichen Notars, ein Anzeichen dafür, daß bei seiner Einsetzung der Landesherr mitgewirkt haben mochte; vielleicht war es Hermann von Blankenwalde, der in Urkunden von 1308 und 1311 wieder als Rathsmitglied und Brückenmeister vorkommt. Die hinsichtlich der Theilung der Gewalten noch einige Zeit herrschende Unsicherheit ward 1299 durch einen landesherrlichen Erlaß beseitigt, der die Befugnisse des markgräflichen Richters einerseits und der bürgerlichen Schöffen sowie des Stadtbüttels andererseits ordnete, im übrigen aber der Stadt alle von [37] Heinrich dem Erlauchten ihr verliehenen Rechte aufs neue bestätigte.

Einer lebhaften Förderung erfreuten sich zu dieser Zeit die Verhältnisse der Kreuzkirche und der mit ihr verbundenen Elbbrücke. Die Kreuzreliquie war nicht bloß ein Gegenstand eifriger Verehrung von Seiten der Bürger, sondern auch ein Anziehungspunkt für die Bewohner der ganzen Umgegend. Um die der Stadt hieraus erwachsenden Vortheile zu erhöhen, hatte schon Heinrich der Erlauchte angeordnet, daß alljährlich am Tage Johannis des Täufers, sowie am Tage vor- und nachher die zur Verehrung des Kreuzes nach Dresden kommenden Personen weder früherer Verbrechen noch Schulden halber belangt werden dürften; nur die, welche den für die genannten Tage gesetzten Frieden brächen, sollten von dem freien Geleite ausgeschlossen sein. Diese Vergünstigung wurde von Friedrich Clemme 1299 feierlich erneuert. Dazu erwirkte die Geistlichkeit im Jahre 1319 von der päpstlichen Kurie einen vierzigtägigen Ablaß für alle Gläubigen, die an den Festen des heiligen Kreuzes und am Johannistage die Kirche bußfertig besuchen oder den Brückenbau durch Schenkungen fördern würden. Zahlreiche Zuwendungen von Gütern und Erbzinsen an Kirche und Brücke beweisen, daß die fromme Mildthätigkeit der Bürger nicht vergeblich angerufen wurde. – Auch die erste Spur von dem Bestehen der Kreuzschule fällt noch in Friedrich Clemmes Zeit: in einer Urkunde des Burggrafen Otto von Dohna vom 6. April 1300 wird unter den Zeugen ein Dresdner Schulmeister Namens Conrad genannt.

Die Regierungsthätigkeit Friedrichs I. des Freidigen und seines Sohnes Friedrich II., der „Magere“, später der „Ernsthafte“ genannt (1324–1349), hat für Dresden wenig Dauerndes [38] geschaffen. Dies erklärt sich daraus, daß die beiden Fürsten, die den ganzen wettinischen Länderbesitz noch einmal vereinigten, ihren Aufenthalt fern von hier, auf der Wartburg in ihrem Hauptlande Thüringen, hatten und Dresden nur selten besuchten. Jedoch erhielt die Stadt damals einen nicht unbedeutenden Machtzuwachs durch den Uebergang des Maternihospitals in den Besitz des Rathes. Dieses hinter der Frauenkirche gelegene Hospital, dessen Name sich von einer damit verbundenen, dem heiligen Maternus geweihten Kapelle herschreibt, hatte Heinrich der Erlauchte dem ebenfalls von ihm gestifteten Nonnenkloster St. Claren-Ordens zu Seußlitz geschenkt. Die Gründung beider war offenbar ziemlich gleichzeitig erfolgt und das Hospital hatte nebst dem Patronatrechte über die Frauenkirche zu Dresden einen Theil der Ausstattung des Seußlitzer Klosters gebildet. Einerseits die Schwierigkeit, von Seußlitz aus die Verwaltung des Hospitals genügend zu überwachen, andererseits der begreifliche Wunsch des Rathes, die begüterte Anstalt in seine Hand zu bringen, führten dazu, daß mit landesherrlicher Genehmigung am 6. Januar 1329 ein Vertrag zu Stande kam, vermöge dessen die Aebtissin Agathe und der Konvent zu Seußlitz unter Vorbehalt von 20 Pfund Jahrzinsen das Hospital sammt allem Zubehör für ewige Zeiten zu erblichem Eigenthum an den Rath abtreten und ihm zu freier Verwaltung übergaben. Zu dem beträchtlichen Vermögen des Hospitals gehörten schon damals die Dörfer Plauen, Oberhermsdorf und Gohlis mit den Erbgerichten, das erstere auch mit dem Kirchenpatronat, ferner die Vorwerke Prohlis, Coschütz, und Serkowitz und zwei Weinberge bei Kötzschenbroda, endlich zahlreiche Geld- und Naturalzinsen von Grundstücken in und vor der Stadt, sowie auf den Dörfern der Umgegend. Als [39] es noch im Jahre 1329 zu einer Fehde zwischen dem Markgrafen und dem Könige von Böhmen kam und auch Dresden zur Heeresfolge herangezogen wurde, hatte die Stadt drei, das Hospital allein einen Heerwagen zu stellen, ein Verhältniß der Leistungen, aus dem die Wichtigkeit dieser Erwerbung für die Stadt deutlich hervorgeht. Eine minder bedeutende Zuwendung, die aber von freundlichen Beziehungen zwischen Stadt und Landesherrn zeugt, war es, daß Landgraf Friedrich 1338 den Rathsherren die Erlaubniß ertheilte, sich zu dem Mahle, das sie alljährlich bei der Weinlese zu halten pflegten, in der Haide jedesmal einen Hirsch zu erlegen.

Bei den schweren Kämpfen, die Friedrich der Ernsthafte gegen den thüringischen Adel zu führen hatte, wurde Dresden wohl nur so weit in Mitleidenschaft gezogen, als es die Pflicht der Heeresfolge gebot. Dagegen ward die Stadt von den Reichsangelegenheiten, in denen der kraftvolle Friedrich eine hervorragende Rolle spielte, unmittelbarer berührt. Nach Kaiser Ludwigs Tode hatte der von der päpstlichen Partei gewählte Markgraf Karl von Mähren, der Sohn König Wenzels von Böhmen aus luxemburgischem Geschlechte, als Karl IV. den deutschen Königsthron bestiegen. Einen Gegenkönig suchte die bairische Partei in der Person Friedrichs zu gewinnen, der seines großen Ansehens halber und als Schwiegersohn des verstorbenen Kaisers besonders dafür geeignet schien. Sein Schwager Markgraf Ludwig von Brandenburg, das Haupt der bairischen Partei, kam Ende November 1348 selbst zu ihm nach Dresden, um ihn zur Annahme der Thronbewerberschaft zu bestimmen. Daraufhin eilte aber auch Karl IV. von Wittenberg, wo er mit seinen Anhängern Verhandlungen gepflogen, in Begleitung seines Bruders, des Herzogs Johann von Kärnthen, [40] und des Erzbischofs Ernst von Prag herbei und traf am 7. Dezember in Dresden ein. Friedrich schlug die ihm angebotene Krone, die nach den Erfahrungen seines Schwiegervaters ihm nicht lockend erscheinen konnte, aus und wurde in seiner ablehnenden Haltung von Karl IV. durch das ansehnliche Geschenk von 4000 Schock Prager Groschen noch bestärkt. Ludwig ließ nun den Grafen Günther von Schwarzburg, mit dem er bereits früher Verhandlungen angeknüpft, nach Dresden kommen und fand ihn bereit, sich zum Gegenkönig aufstellen zu lassen. Nach erfolgter Einigung reisten sie ab, während Karl noch über drei Wochen hier verweilte. Am 21. Dezember ward zwischen ihm mit seinen Brüdern Johann und Wenzel und dem Markgrafen Friedrich mit seinen Söhnen Friedrich, Balthasar, Ludwig und Wilhelm ein Schutz- und Trutzbündniß abgeschlossen. Mit großem Nachdruck schien sich aber Friedrich der Sache des Luxemburgers noch nicht annehmen zu wollen, wenigstens ließ er sich bis Weihnachten 1349 von der Verpflichtung entbinden, an einem Angriffskriege gegen die Wittelsbacher theilzunehmen; dagegen versprach er noch nachträglich am 3. Januar 1349, gegen Günther von Schwarzburg Heeresfolge zu leisten. An demselben Tage schloß Karl auch ein Bündniß mit Günthers Neffen, den jungen Grafen von Schwarzburg und von Hohnstein-Sondershausen, die nach Dresden gekommen waren und dem Könige ihre Dienste gegen den eigenen Oheim angeboten hatten. Karl IV. brach am 4. Januar oder einem der nächsten Tage nach dem Niederrhein auf, um dort seine Anerkennung als König zu betreiben[7]. Es war der erste Aufenthalt eines deutschen Königs in Dresden, von dem uns Kunde geworden ist.[WS 2] Bei der damit verbundenen Anwesenheit zahlreicher Fürsten mit ihrem Gefolge wird es während [41] dieser für den Gang der Reichsangelegenheiten bedeutungsvollen Wochen an ritterlichen Festen in Dresden gewiß nicht gefehlt haben, wenn auch jene schriftkarge Zeit uns keine Nachricht davon hinterlassen hat.

Kaum zwei Monate nach diesem Königsbesuche kamen auch für Dresden Tage des Schreckens. Eine asiatische Pestepidemie, der „schwarze Tod“, war von den Küstenländern des Mittelmeeres her im Anzuge und forderte allerorten ungeheure Opfer. Das abergläubische, angsterfüllte Volk suchte nach Urhebern der Seuche und fand sie in den Juden, die es beschuldigte, die Brunnen vergiftet zu haben. Dies gab den Anlaß zu einer schrecklichen Verfolgung, bei der seit Ende des Jahres 1348 auch in Deutschland viele Tausende von Juden dem Scheiterhaufen überliefert wurden. Der hierbei zu Tage tretende furchtbare Haß des Volkes gegen die Juden war aber wesentlich sozialer Natur. Ihr hauptsächlichster Erwerb war das Geldverleihen gegen Zins, der Wucher. Fürsten, Herren und Ritter entnahmen von ihnen große Summen auf Grundbesitz und Einkünfte, Kaufleute, Handwerker und Bauern kleinere Darlehne auf bewegliche Pfänder gegen einen Zins, der nicht selten fast bis zu 100 Prozent anstieg. Gerade die ärmeren Klassen wurden von diesen Wucherzinsen am schwersten bedrückt, kein Wunder daher, wenn sie schnell bereit waren, sich ihrer Peiniger, deren leichterworbener Reichthum überdies ihre Begehrlichkeit reizte, auf gewaltsame Weise zu entledigen. In Dresden erlitten die Juden am 24. Februar 1349 den Feuertod. Eine gleichzeitige Chronik berichtet dies mit den nüchternen Worten: „In dem 49. Jahre worden die Juden gebrannt zu Vaßnacht.“ Hier waren es aber nicht, wie anderwärts, vorwiegend die Handwerker mit ihren Gesellen, die die Ermordung [42] der Juden verlangten und ausführten, sondern ihre Ausrottung erfolgte offenbar zugleich auf Anordnung des Markgrafen Friedrich. Dieser forderte noch im Mai den Rath zu Nordhausen auf, alle dortigen Juden „Gott zu Lob und Ehre und der Christenheit zur Seligkeit“ ebenso verbrennen zu lassen, wie er selbst dies in seinen Landen gethan habe. Geschürt wurde die Erbitterung gegen die Juden überdies von den die Länder durchziehenden Büßerschaaren, die durch Selbstgeißelung die Gefahr des großen Sterbens abwenden zu können vermeinten. In der Fastenzeit 1349 trafen solche Geißelbrüder in Dresden ein. Wie allerwärts schloß sich ihnen viel Gesindel an und ihre Bußübungen arteten zum Unfug aus. Da sie noch dazu das Volk gegen die Geistlichkeit aufhetzten, that diese sie in den Kirchenbann und am 13. Juli wurden sie aus der Stadt vertrieben, wie dies solchen fanatischen Büßern auch schon früher einmal, im Jahre 1262, ergangen war. Ob die Pest selbst, die 1350 endlich auch ins Meißner Land vordrang, in Dresden große Opfer gefordert hat, ist nicht bekannt.

Friedrich der Ernsthafte starb, erst 39 Jahre alt, am 18. November 1349 auf der Wartburg und hinterließ seine Länder vier Söhnen, Friedrich, Balthasar, Ludwig und Wilhelm. Der älteste von ihnen, der siebzehnjährige Friedrich III., der „Gutliche“, später der „Strenge“ genannt, übernahm die Regierung zugleich im Namen seiner unmündigen Brüder, von denen Ludwig bald nachher sich dem geistlichen Stande widmete. Auch nachdem Balthasar und Wilhelm volljährig geworden, blieb die Regierung und sogar die Hofhaltung der Brüder noch gemeinsam. Für die Macht des wettinischen Hauses war dieses Zusammenhalten um so bedeutsamer, als zahlreiche Fehden, besonders gegen den Adel in Thüringen und im Osterlande, [43] auszufechten waren, denn noch immer ließen sich die Großen des Landes nur durch Gewalt unter die fürstliche Oberhoheit beugen. – Diese Kriege legten auch der Stadt Dresden besondere Lasten auf. Die Landesherren erhielten von ihr im Jahre 1356 eine außerordentliche Geldbeihilfe bewilligt, gaben aber dabei schriftlich das Versprechen ab, eine solche in Zukunft nicht wieder fordern zu wollen. Die bis dahin wohl noch schwache Stadtmauer bedurfte gegenüber der fortschreitenden Vervollkommnung der Kriegsmaschinen einer Verstärkung; eine solche wurde in den fünfziger und sechziger Jahren mit bedeutenden Kosten von den Bürgern ausgeführt. Die Landesherren leisteten dazu wiederholt ansehnliche Zuschüsse, meist durch Verzicht auf einzelne Termine der Jahrrente. Ebenso verliehen sie durch Begnadungsbrief vom 15. Juli 1361 dem Rathe das Salzmonopol mit der Bestimmung, daß die aus dem Salzverkauf erzielten Ueberschüsse zur Stadtbefestigung verwendet würden. Da der Rath aber den Salzhandel damals nicht selbst in die Hand nahm, sondern ihn auch fernerhin den Kaufleuten überließ und sich mit der Erhebung einer Abgabe von jedem Salzwagen begnügte, blieb der Ertrag für die Stadtkasse nur gering. Die mangelhafte Ausnutzung eines so wichtigen Vorrechtes beweist, daß der Rath nicht den Vortheil der Gesammtheit, sondern den der herrschenden Klasse verfolgte.

Diese herrschende Klasse waren die Kaufleute. Als die vermögendsten Leute der Stadt besaßen sie in der Regel zugleich Landgrundstücke, in denen sie den Ertrag ihrer Handelsgeschäfte angelegt hatten. Die Bibrach, Buling, Bußman, Große, Helwig, Hökendorf, Jockerim, Leubnitz, Münzmeister, Räcknitz, Ulmann, Ziegler u. a. bildeten eine geschlossene Zahl vornehmer Bürgergeschlechter („cives potiores“), von denen manche später in den

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Quittung Markgraf Friedrichs des Strengen über Zahlung der Jahrrente, vom 15. Juli 1378
(die älteste Papierurkunde im Rathsarchiv, um ein Zwölftel verkleinert).

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Bürgerliche Siegel.

1. Conrad Buling 1316. 2. Nicolaus Münzmeister 1316. 3. Jacob Grose 1316. 4. Henczil Grose 1366. 5. Thicze Kundege 1366. 6. Franczko Rudiger (Pirner) 1388. 7. Pauwil Czigeler 1416. 8. Lorenz Lubenicz 1423. 9. Nicolaus Proles 1445. 10. Paul Koppil 1445. 11. Lorenz Bußman 1447. 12. Caspar Bibrach 1448. 1448. 13. Nicolaus Schönerst 1454. 14. Johannes Reckenitz 1459.

[-] [45] Adel übergingen, so die Ziegler, deren Stammvater Wynant Zcygeler, seit 1328 Dresdner Rathsherr, war und die, durch das Münzmeisteramt in Freiberg reich geworden, von einem ihrer Rittergüter den Beinamen Klipphausen führten. Aus solchen Kaufmanns- und Grundbesitzerfamilien ergänzte sich der Rath ausschließlich. In ihren Händen allein lag auch der Verkauf des wichtigsten städtischen Gewerbserzeugnisses, des Tuches, zugleich des einzigen, das in größerem Maße nach auswärts ging. Den Tuchmachern oder „Wollenwebern“ war es untersagt, ihre Fabrikate im Kaufhause selbst zu verschneiden. Nichts war natürlicher, als daß die Tuchmacher, dieses zahlreichste und wohlhabendste Handwerk der Stadt, das Sonderrecht der Kaufleute oder „Gewandschneider“ zu brechen suchten. Dies brachte sie im Laufe des 14. Jahrhunderts wiederholt in gewaltsame Auflehnung gegen den die bevorrechteten Kaufleute schützenden Rath. Schon im Jahre 1345 kam es darüber zu einem Einschreiten des Landesherrn; nach Prüfung der beiderseitigen Ansprüche bestätigte Markgraf Friedrich der Ernsthafte das bestehende Recht, das ihnen den Ausschnitt ihrer Waaren versagte, und schärfte ihnen und den übrigen Handwerkern, die sie in dem Streite mit dem Rathe und den vornehmen Bürgern unterstützt haben mochten, die Pflicht des Gehorsams gegen amtliche Verfügungen der Stadtbehörde ein. Die Tuchmacher beharrten aber in ihrem Streben nach größerer Selbständigkeit ihres Gewerbes und erreichten im Jahre 1352 wenigstens soviel, daß Friedrich der Strenge ihnen eine Erweiterung ihres Arbeitsgebietes zugestand, indem er ihnen die Anfertigung von Tüchern aller Farben und zu jedem Preise gestattete. Nach weiteren Kämpfen mit dem Rathe, bei denen es nicht ohne Tumulte abging, erlangten sie 1361 durch eine markgräfliche [46] Entscheidung die Erlaubniß, selbstgefertigte Tücher in acht bestimmten Farben nach der Elle zu verschneiden, während sie die Tücher in den übrigen Farben immer noch nur im ganzen Stück verkaufen durften. Endlich fiel im Jahre 1368 auch diese Einschränkung und sie erhielten durch Zugeständniß des Rathes die Berechtigung, Tuch in allen Farben, mit alleiniger Ausnahme des bunten und gestreiften, im Einzelverkaufe zu verschneiden. Von der Blüthe dieses thatkräftigen Handwerks im Mittelalter zeugt es, daß im Jahre 1388 nicht weniger als 47 Tuchmacher Gewandbänke innehatten, während es zweihundert Jahre später nur noch 12 waren. Sie haben sich offenbar schon während jener Kämpfe im 14. Jahrhundert zu einer Innung zusammengeschlossen und sind damit allen anderen Dresdner Handwerken vorangegangen.

Seit der Vermählung der Markgrafen Balthasar und Wilhelm lockerte sich der Zusammenhalt der fürstlichen Brüder, zumal da nach dem Tode Karls IV. ihrem Länderbesitz von Böhmen her keine Gefahr mehr drohte; mit dem am 21. April 1381 erfolgten Tode Friedrichs des Strengen löste sich ihr Bund auf. Am 13. November 1382 schlossen sie zu Chemnitz einen Theilungsvertrag, wodurch einem jeden das Land zugewiesen ward, von dem er gemäß einem Abkommen von 1379 bereits die Einkünfte bezogen hatte: Wilhelm erhielt die Markgrafschaft Meißen, Balthasar Thüringen und Friedrichs des Strengen Söhne Friedrich, Wilhelm und Georg das Osterland; nur die kostbaren Freiberger Silberbergwerke blieben in gemeinschaftlichem Besitze. Eine einheitliche Politik verfolgten die Brüder auch fernerhin, und durch Erbverträge, die Wilhelm der Aeltere 1387 mit Balthasar und beide 1403 mit ihren osterländischen Neffen Friedrich und Wilhelm schlossen, blieb [47] wenigstens die Möglichkeit einer späteren Wiedervereinigung der wettinischen Länder aufrecht erhalten.

Für Dresden erwies sich die Theilung nur als vortheilhaft, weil Markgraf Wilhelm I., genannt der „Einäugige“, die Stadt nun zu seiner ständigen Residenz machte. Der von ihm ausgeführte Erweiterungsbau des Schlosses deutet darauf hin, daß er eine glänzendere Hofhaltung führte als sie bei den bisher nur vorübergehend hier anwesenden Fürsten üblich gewesen war. Sein Bestreben, Bedeutung und Wohlstand der Stadt zu fördern, ist unverkennbar, wenn es auch ohne merklichen Erfolg blieb. Er machte vor allem den Versuch, den seinem Schlosse gegenüber auf dem rechten Elbufer liegenden offenen Flecken Altendresden zu heben, indem er ihm durch Urkunde vom 21. Dezember 1403 Stadtrecht verlieh. Zu einer wirklichen Selbständigkeit konnte jedoch dieses Städtchen schon deshalb nicht gelangen, weil der Markgraf die gesammte Gerichts- und Polizeigewalt seinem Amtmanne vorbehielt und die Bürger nicht von den aus dem Hörigkeitsverhältnisse herrührenden Hofdiensten befreite. Aber auch sonst fehlte es an allen Vorbedingungen für ein Aufblühen des Ortes. Die Lage Altendresdens dicht neben Dresden enthielt den Keim unaufhörlicher Streitigkeiten zwischen beiden Städten über die ihnen zustehenden Privilegien hinsichtlich des Marktwesens, des Salzhandels, des Brauens, des Bier- und Weinschanks und anderer Zweige des bürgerlichen Erwerbs. Als der schwächere Theil mußte Altendresden hierbei in der Regel nachgeben und blieb in wirthschaftlicher Beziehung von Dresden stets abhängig. Ganz besonders aber mußte der völlige Mangel einer Stadtbefestigung und die in jedem Kriege eintretende Gefahr einer Zerstörung des Ortes dessen Entwicklung niederhalten. Hieran [48] konnte auch die vom Markgrafen im Jahre 1404 eingeleitete Stiftung eines Augustiner-Eremitenklosters nichts ändern. Dieses Kloster, ungefähr an der Stelle des heutigen Klosterplatzes, bot den Augustinern, die schon etwa 30 Jahre vorher urkundlich als in Dresden anwesend erwähnt werden, ein festes Heim. Es erhielt aber von den Einwohnern des Ortes naturgemäß nur geringe Zuwendungen und hat daher nie zu großer Blüthe gelangen können.

In hervorragendem Maße hat sich Wilhelm I. der kirchlichen Angelegenheiten in Dresden angenommen. Schon im Jahre 1371 stiftete er mit seinen Brüdern zusammen einen Altar in der Kreuzkapelle und stattete ihn und später auch andere Altäre, zu deren Stiftung vornehme Bürger sich angeregt fühlten, freigebig mit Einkünften aus. Er plante sogar die Errichtung eines Domkapitels bei der Kreuzkirche mit einem Dekan an der Spitze und erhielt dazu durch Bulle vom 1. Dezember 1400 die päpstliche Genehmigung. Diesem Domkapitel sollte auch die Frauenkirche zugewiesen und für deren Abtretung der Meißner Bischof, der das Patronat darüber im Jahre 1316 von den Seußlitzer Nonnen erworben hatte, durch Ueberlassung des Patronats der Kirche zu Ebersbach bei Großenhain und der Nikolaikirche zu Freiberg entschädigt werden. Die Errichtung eines Domkapitels kam nun zwar nicht zu Stande, wohl weil sich der Markgraf inzwischen zur Gründung des Augustinerklosters zu Altendresden entschlossen hatte, aber das Abkommen mit dem Bischof von Meißen gelangte zur Ausführung, indem dieser am 1. Oktober 1404 gegen die erwähnte Entschädigung das Patronat der Frauenkirche an die Landesherren abtrat. In deren Besitze ist es dann verblieben, bis mit der Einführung der Reformation die Eigenschaft der [49] Pfarrkirche auch der Form nach von der Frauenkirche auf die Kreuzkirche und das Patronatrecht an dieser auf den Rath überging. In den Jahren 1403 bis 1408 wurde unter der Leitung des Steinmetzen Meister Ulrich ein großer Umbau der Kreuzkirche ausgeführt, der nach Ausweis der Brückenamtsrechnungen mehr als 1000 Schock Groschen kostete; vermuthlich hatte das Bestreben des Markgrafen, der Kirche eine höhere Bedeutung zu verschaffen, auch dazu den Anstoß gegeben. – Daß der Markgraf 1399 vom Papste die Loslösung des Bisthums Meißen vom Erzstift Magdeburg und seine unmittelbare Unterstellung unter den päpstlichen Stuhl erreichte, trug viel dazu bei, den Glanz des Kirchenwesens im Lande zu erhöhen.

Die Politik Wilhelms war fortdauernd von seinen Beziehungen zu Böhmen und dem luxemburgischen Kaiserhause beherrscht. In den ersten beiden Jahrzehnten der gemeinsamen Regierung der wettinischen Brüder blieb das Verhältniß zwischen den Markgrafen und Kaiser Karl IV. zum beiderseitigen Vortheil sehr eng. Das Bündniß zwischen ihnen ward 1358 erneuert und der vierzehnjährige Wilhelm mit Karls Nichte Elisabeth, der Tochter Johanns von Mähren, verlobt; die Heirath fand im Frühjahr 1366 statt. Die Rücksichtslosigkeit aber, mit welcher der Kaiser den Länderbesitz seines Hauses selbst auf Kosten seiner Bundesgenossen zu vermehren trachtete, mußte in dieses gute Verhältniß endlich störend eingreifen, um so mehr als auch die Markgrafen die Erweiterung und Abrundung ihrer Gebiete eifrig betrieben. Mit seinen reichen Geldmitteln hatte Böhmen, dessen Machtbereich sich seit 1298 schon bis Pirna ausdehnte, ein Landstück, eine Ortschaft nach der andern inmitten der markgräflichen Gebiete an sich gebracht und diese damit durchlöchert, ja auch die Lausitz, die sich [50] bisher im Pfandbesitze der Wettiner befunden hatte, ihnen entwunden. So sahen sich die Markgrafen zuletzt auf die Seite der Gegner des Kaisers gedrängt und schlossen sich 1371 dem gegen ihn auftretenden Bunde des Königs von Ungarn und der Wittelsbacher in Baiern, Pfalz und Brandenburg an. Der Papst, der dem Kaiser freie Hand für die italienischen Angelegenheiten schaffen wollte, sandte einen Vermittler in der Person des Patriarchen Johann von Alexandrien, der mit den Markgrafen seit Mitte Dezember 1371 in Bautzen und dann in Dresden Verhandlungen pflog. Doch reiste er Ende Januar 1372 von hier ab, ohne einen Ausgleich herbeigeführt zu haben. Im November erschien dann Karl selbst in Pirna, und nach erneuten Verhandlungen kam es zu einem Bundesvertrage, durch den die alte Erbeinigung zwischen Böhmen und Meißen erneuert wurde und beide Theile sich ihre Besitzungen gegenseitig gewährleisteten. Die Markgrafen mußten den Wunsch, ihren durch zahlreiche böhmische Lehen durchsetzten und eingeengten Ländern einen festeren Zusammenschluß zu geben, bis auf geeignetere Zeiten vertagen[8].

Und solche Zeiten kamen, nachdem Karl IV. 1378 gestorben war, unter dem schlaffen Regimente seines Sohnes König Wenzel. In dieser unruhigen Periode, die ein erschreckendes Wiederaufleben des Raub- und Fehdewesens zeitigte, wußte der ebenso willensstarke wie staatskluge Markgraf Wilhelm seinem Streben nach Landerwerb und Machtzuwachs Geltung zu verschaffen. Meist erreichte er seine Ziele im Bunde mit dem schwachen Könige, aber er schreckte auch ihm gegenüber nöthigenfalls vor Gewalt nicht zurück. Im Jahre 1391 kam es um Gebietsstreitigkeiten zwischen ihnen zu offenem Kriege, und auch nach dessen Beilegung herrschte im folgenden Jahre [51] noch ein gespanntes Verhältniß. Die dadurch hervorgerufenen Schädigungen des Handels und der Schiffahrt führten im März 1392 zu einer Vereinbarung zwischen Dresden und Pirna und anderen meißnischen und böhmischen Elbstädten, vermöge der sie sich auch für den Kriegsfall gegenseitigen Schutz ihrer Leute, Schiffe und Waaren zusagten, bis ihre Landesherren dieses Abkommen widerrufen würden. Eine Reihe von Jahren blieb der Friede erhalten. Noch im Dezember 1398 schlossen die oberlausitzischen Sechsstädte mit den markgräflichen Städten Meißen, Dresden und Großenhain unter Zustimmung des Königs und des Markgrafen auf fünf Jahre ein Landfriedensbündniß. Sie versprachen sich darin, jede Befehdung und Beschädigung der Leute und Güter des andern Theiles nicht nur selbst zu unterlassen, sondern auch andere daran zu hindern, Landesbeschädiger durch die beiderseitigen Vögte, die sich für den Vertrag mit verbürgten, zur Rechenschaft zu ziehen und alle, die durch Raub, Mord, Brandlegung oder Diebstahl an den Bundesgenossen frevelten, gemeinsam zu verfolgen; wenn aber, was Gott verhüten wolle, zwischen dem Könige von Böhmen und dem Markgrafen Feindschaft entstünde, möge sich jedermann zu seiner Herrschaft halten.

Dieser Fall sollte nicht lange mehr auf sich warten lassen. Die Unwürdigkeit Wenzels eben so sehr wie der eigene Vortheil bewog die wettinischen Markgrafen, sich den Gegnern des Königs, die diesen abgesetzt und Ruprecht von der Pfalz auf den Schild erhoben hatten, anzuschließen. Im Sommer 1401 rückten sie mit einem starken Heere in Böhmen ein, mußten jedoch, da die übrigen Verbündeten ihre Sache verließen, vor Prag unverrichteter Dinge umkehren. Vollen Erfolg aber trug Wilhelm in der an diesen Feldzug sich anschließenden Dohnaischen [52] Fehde davon. Die Burggrafen von Dohna, die mit ihren reichen Besitzungen zu zwei Drittheilen von der Krone Böhmen, zu einem Drittheil von der Markgrafschaft Meißen zu Lehn gingen und es nach beiden Seiten am rechten Gehorsam fehlen ließen, waren in ihrer Macht dem Markgrafen Wilhelm längst ein Dorn im Auge. Im Jahre 1385 hatte es zwischen dem Dohnaischen Burggrafen und einem seiner Lehnsleute, Hans von Körbitz, bei einem Adelstanze auf dem Rathhause zu Dresden einen Streit gegeben, wobei Körbitz dem Burggrafen ein Bein gestellt und dafür von diesem eine Maulschelle erhalten hatte. Ein Bericht aus dem Jahre 1482 beschreibt dies kurz so: „Der erste Unwille hatt ein Anfang, es war einer von Korbs, der schlug dem jungen Herr Jeschken ein Bein unter uf dem Tanzhause zu Dresden, do schlug Herr Jeschko Korbs ufs Maul.“ Aus Rache überfiel Körbitz den Burggrafen auf seinem Schlosse und führte ihn in Gefangenschaft, in der er starb. Sein Sohn Jeschke verlegte sich auf das Raubritterthum und plünderte unaufhörlich die Waarenzüge der Kaufleute, die unter dem Geleite des Markgrafen das Land durchzogen. Wilhelm war eben mit Truppenmacht gegen ihn vorgegangen, als der böhmische Feldzug ihn im Frühjahr 1401 zum Abschluß eines Waffenstillstandes veranlaßte. Nach Jahresfrist aber nahm er den Kampf wieder auf und führte gegen den Burggrafen ein starkes Heer, dem sich auch osterländische Hilfstruppen, darunter Leipziger Bürger, angeschlossen hatten; daß die Dresdner Mannschaft bei diesem ihre Stadt ganz nahe berührenden Kampfe betheiligt war, unterliegt keinem Zweifel. Dohna wurde belagert und am 19. Juni 1402 erstürmt, bald nachher auch Weesenstein und Königstein, wohin sich der Burggraf schrittweise zurückgezogen hatte, genommen. Jeschke flüchtete nach [53] Böhmen, der ganze Landstrich, den die Burggrafen als böhmisches Lehn besaßen, fiel in die Hände des Siegers und wurde der Markgrafschaft Meißen einverleibt. Die feste Burg Dohna war zerstört und Dresden von einem lästigen Nachbar befreit.

Die Dohnaische Angelegenheit verwickelte den Markgrafen in Krieg mit König Sigmund von Ungarn, der für seinen in Wien gefangen gehaltenen Bruder Wenzel Böhmen beherrschte und sich des Burggrafen Jeschke als böhmischen Lehnsmannes thatkräftig annahm. Sigmund, durch andere Angelegenheiten in Anspruch genommen, vermochte aber den Krieg an der böhmisch-meißnischen Grenze nicht mit Nachdruck zu führen, und auch der inzwischen aus der Haft entkommene Wenzel, an den sich Jeschke nun wandte, bemühte sich erfolglos, den Markgrafen zur Herausgabe des Königsteins zu bewegen, ja er schloß sogar Anfang Juli 1404 mit ihm Frieden und Freundschaft. Unter Vermittlung Wilhelms kam bald darauf ein Bündniß zwischen dem Könige von Polen und Wenzel gegen dessen Bruder Sigmund, der ihn fortdauernd bedrohte, zu Stande, und Wenzel verpfändete zum Danke dafür dem Markgrafen die Stadt Pirna. Damit war die von den wettinischen Fürsten seit langer Zeit erstrebte Abrundung ihrer Gebiete nach Böhmen zu glücklich vollendet. Zwar mußte Wilhelm das Gewonnene noch mehrere Jahre hindurch mit den Waffen in der Hand vertheidigen, aber selbst die wegen ihrer beherrschenden Lage heiß umstrittene Feste Königstein konnte ihm auf die Dauer nicht mehr entrissen werden. Während dieser Kämpfe waren stets auch Dresdner Bürger unter den Vertheidigern der Grenzplätze, wie die vom Jahre 1406 an noch vorhandenen Heerfahrtlisten der Stadt beweisen.

[54] Markgraf Wilhelm I., dessen Thatendrang, Macht und Reichthum seine Zeitgenossen nicht lebhaft genug schildern können, als Herrschernatur wie an Erfolgen würdig seines großen Ahnherrn Heinrich des Erlauchten, starb im Alter von 63 Jahren am 9. Februar 1407[9]. Der Dresdner Rath begab sich zu Schiffe nach Meißen, um seiner Bestattung im Dome beizuwohnen. Dort ward er neben seiner geliebten ersten Gemahlin Elisabeth beigesetzt, die ihm nach vierunddreißigjähriger kinderloser Ehe am 20. November 1400 im Tode vorangegangen war. Da ihm auch eine zweite Gemahlin, Anna von Braunschweig, keinen Thronerben geschenkt hatte, so war die meißnische Linie des Hauses Wettin nun erloschen. Die Länder Wilhelms gingen auf seine drei Neffen, den Thüringer Friedrich den „Friedfertigen“ und die Osterländer Friedrich IV., seit dem 16. Jahrhundert der „Streitbare“ genannt, und Wilhelm II. über. In dem von ihnen am 31. Juli 1410 abgeschlossenen Theilungsvertrage fiel der osterländischen Linie der untere, der thüringischen der obere Theil der Markgrafschaft von Dresden bis zur böhmischen Grenze zu, während Meißen und Freiberg gemeinsamer Besitz blieben.

Der neue Herr von Dresden, Landgraf Friedrich der Friedfertige, auch der „Einfältige“ genannt, hielt sich nur selten hier auf. Er ließ die Mark durch einen Landvogt regieren; als solcher wird Dietrich von Witzleben, dann Busse von Vitzthum genannt. Dem Dresdner Rathe hat er, wohl durch Geldnoth gedrängt, eine wichtige Erweiterung seiner Befugnisse zugestanden, indem er ihm 1412 die Gerichtseinkünfte und damit die Gerichtshoheit in der Stadt, nur mit Ausschluß der Gerichte „über Hals und Hand“, für 28 Schock Groschen jährlich verpachtete, ein Abkommen, das von seinen Regierungsnachfolgern [55] mehrmals erneuert wurde, bis es dem Rathe im Jahre 1484 gelang, die Gerichte, und zwar einschließlich der Blutgerichte, gegen Zahlung einer Jahresrente von 40 Schock Groschen käuflich an sich zu bringen. Ein schwacher Fürst, gerieth Friedrich bald in völlige Abhängigkeit von seinen Vettern, die ihn zwangen, zu allen wichtigen Regierungshandlungen ihre Genehmigung einzuholen; die meisten unsere Stadt betreffenden landesherrlichen Urkunden sind von allen drei Fürsten gemeinsam ausgestellt. Den Haupteinfluß übte der kraftvolle Friedrich IV. aus: auf ihm beruhte für die nächsten zwei Jahrzehnte die Macht und das Ansehen des Hauses Wettin.

Die Zeiten friedlichen Genießens waren für unser Land noch fern, ja Schwereres als je stand ihm erst bevor. Als Vorboten erschienen seit 1413 Mißwachs und Theuerung, gerade hundert Jahre nach jener großen Hungersnoth, die, wie ein Chronist berichtet, ein Drittheil der Bevölkerung dahingerafft hatte. Ein Unwetter aber, das sich mit furchtbarer Gewalt auch über das Meißner Land entladen sollte, zog sich in Böhmen zusammen: die kriegerischen Folgen der von Johann Hus angefachten kirchlichen Bewegung. Auch ein Dresdner Kind, Peter von Dresden genannt, ist bei dieser Bewegung, unter der die Stadt aufs schwerste zu leiden hatte, betheiligt gewesen und hat sogar zu ihren Führern gehört. Erst hatte er im Jahre 1409 geholfen, den von Hus verschuldeten Auszug der deutschen Lehrer und Studenten der Universität zu Prag ins Werk zu setzen, der den Anstoß zur Begründung der Leipziger Universität durch Friedrich IV. gab. Um 1412 war er dann Schulmeister der Kreuzschule in Dresden, wurde aber mit einem Schulgehilfen Magister Nikolaus wegen Verbreitung husitisch-ketzerischer Lehren aus dem Meißner Bisthum ausgewiesen. Beide gingen nach [56] Prag und hielten dort eine Schule. Peter nun soll es gewesen sein, durch den sich Jakobellus von Mies gegen Ende des Jahres 1414 habe bewegen lassen, die Austheilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt einzuführen. Als vermuthlicher Urheber dieser folgenschweren Neuerung ist er zweifellos ein Mann von ungewöhnlicher geschichtlicher Bedeutung. Er hat im Jahre 1421 dasselbe Ende gefunden, das seinem Meister in Konstanz bereitet worden war. Die kirchliche Bewegung, die Peter in Dresden ins Leben gerufen hatte, scheint nicht bedeutungslos gewesen zu sein und den Rath seiner Zeit lebhaft beschäftigt zu haben: wenigstens hat sich im Rathsarchiv ein ganzes Bündel darauf bezüglicher Schriften befunden, von dem aber seit dem 16. Jahrhundert nur noch der Umschlag vorhanden ist mit der Aufschrift: „Dobei findt man Befehlich, die Nonnen, das Sacramenthäusel und die Sacramentschänder belangende und anderes, Johann Hus, Wicleff und Hieronymum belangend.“ Als eine Nachwirkung der Thätigkeit Meister Peters kann wohl auch die außergewöhnliche Antheilnahme des Rathes am Verlaufe des Basler Konzils aufgefaßt werden, die daraus hervorgeht, daß Berichte über die Verhandlungen dieser Kirchenversammlung dem Stadtbuche einverleibt sind, während man doch sonst nur Rechtsgeschäfte und andere die Bürgerschaft unmittelbar berührende Angelegenheiten darin verlautbarte.

Die Husitenkriege, zu denen die Hinmordung Hus’ und seines Freundes Hieronymus auf dem Scheiterhaufen und die Unterdrückung der Abendmahlslehre des Jakobellus den Anstoß gab, sollten für unser Land zu einer furchtbaren Geißel werden. In diesen mörderischen Kämpfen gegen die czechischen „Ketzer“ und fanatischen Feinde des Deutschthums hat von Anfang [57] an keiner der deutschen Fürsten dem Kaiser Sigismund so thatkräftigen Beistand geleistet wie Markgraf Friedrich IV. mit seinem Bruder Wilhelm und seinem Vetter Friedrich. Im Juni 1420 zogen sie mit einem großen Heere dem Kaiser zu Hilfe, als es galt, die von ihm abgefallene böhmische Hauptstadt zurückzuerobern. Die Husiten schlugen den Angriff zurück und das Belagerungsheer mußte nach schweren Verlusten von Prag wieder abziehen. Aber schon im folgenden Sommer erschien Friedrich IV. wieder in Böhmen. Diesmal erfocht er einen glänzenden Sieg und befreite dadurch die ihm verpfändete, von meißnischen Truppen vertheidigte Stadt Brüx von ihren husitischen Bedrängern. Der Feldzug des nächsten Jahres 1422 war dann wieder erfolglos. Aber der Lohn für die dem Kaiser gewährte Unterstützung sollte dem Markgrafen nicht vorenthalten bleiben: nach dem Tode des letzten Askaniers erhielt er von Sigismund 1423 das erledigte Herzogthum Sachsen mit der Kurwürde und wurde damit am 1. August 1425 zu Ofen feierlich belehnt. Fast gleichzeitig ward ihm noch ein anderer Machtzuwachs zu Theil: am 30. März 1425 starb sein Bruder Wilhelm II. und hinterließ ihm seine osterländischen Besitzungen. Friedrich IV., als Kurfürst Friedrich I., stand nun unbestritten an der Spitze der deutschen Fürsten, und die Markgrafschaften Meißen und Osterland, auf die allmählich der Name des kleinern, aber die Kurwürde in sich schließenden Herzogthums Sachsen mit überging, traten in einen neuen Abschnitt ihrer Geschichte ein.

Freilich im Kampfe mit den Husiten, dessen Last der Kaiser, durch Türken und Ungarn beschäftigt, hauptsächlich ihm zuwälzte, vermochte der neue Kurfürst keine Lorbeeren mehr zu erringen. Noch 1425 erlitt er vor Brüx eine Niederlage; [58] im folgenden Jahre bereiteten die Husiten einem großen deutschen Heere, zu dem die Sachsen gegen 20 000 Mann gestellt hatten, vor Aussig ein furchtbares Blutbad, das vielen Tausenden tapferer Streiter das Leben kostete, und im Sommer 1427 stob das vor Mies lagernde deutsche Heer schon beim bloßen Erscheinen der Feinde aus einander. Schrecken und Trauer herrschte nach diesen Schicksalsschlägen im Meißner Lande, die Städte waren gewärtig, die „verdammten Ketzer“ vor ihren Mauern erscheinen zu sehen. Da fiel auch noch die letzte Schutzwehr, die den Feind vom Eindringen über die sächsischen Grenzen bisher abgehalten hatte: der tapfere Kurfürst Friedrich selbst starb, von Gram gebeugt, zu Altenburg am 4. Januar 1428. Sein vierzehnjähriger Sohn Friedrich, als Kurfürst Friedrich II., erbte als der älteste das Herzogthum Sachsen mit der Kurwürde, in den übrigen Ländern führte er die Regierung zugleich im Namen seiner jüngeren Brüder Sigismund, Heinrich und Wilhelm III.

Sieben Jahre lang hatten die Deutschen, voran die Meißner, Böhmen mit Krieg und Verwüstung überzogen und in kirchlicher Unduldsamkeit alle Friedensanträge der Husiten abgewiesen. Nachdem diese nun den Feind zurückgeworfen hatten, schickten sie sich an, ihn zu blutiger Vergeltung im eigenen Lande heimzusuchen. Die natürliche Wildheit und Raublust ihrer Rasse sollte sich dabei in erschreckender Weise geltend machen. Angstvoll sah man ihrem Erscheinen entgegen. An tollkühnem Muthe, hervorgegangen aus religiösem und nationalem Fanatismus, wie an Tüchtigkeit der Kriegsführung hatten sie sich unter ihrem Feldherrn Zizka jedem Gegner überlegen gezeigt: hinter ihren Wagenburgen erwarteten sie den Angreifer und wußten zuerst durch geschickt geleitetes Geschützfeuer seine Reihen zu [59] erschüttern; wenn dann ihr leichtbewegliches, zum großen Theil mit Dreschflegeln, Aexten und Haken bewaffnetes Fußvolk ungestüm hervorbrach, vermochte die schwere deutsche Reiterei nicht Stand zu halten, und indem sie sich zur Flucht wandte, fielen die Geharnischten in Masse unter den unerbittlichen Streichen der Verfolger.

Die Dresdner wußten, was sie von den Husiten zu erwarten hatten, denn auch sie waren an den Kämpfen in Böhmen seit einem Jahrzehnt betheiligt gewesen. Wie aus den Stadtrechnungen hervorgeht, nahmen schon 1420 Dresdner Mannschaften an der Heerfahrt nach Prag Theil, 1422 lagen 10 Schützen 10 Wochen lang auf der Riesenburg, eben so viele 25 Wochen zu Aussig, andere machten einen Zug zur Rettung des Karlsteins mit; 1423 rückten die Stadtschützen nach Gottleuba aus, als man einen Einfall der Ketzer befürchtete, und in der mörderischen Schlacht von Aussig am 16. Juni 1426 waren auch Dresdner Söhne gefallen: man stellte daheim ein Trauergeläute für sie an. Im Frühjahr 1427 begann die Stadt ihre Ringmauerbefestigung an den gefährdetsten Stellen durch eine vorgeschobene Mauer zu verstärken, wodurch der sogenannte „Zwinger“ entstand. Die Zinnen der Stadtmauer verhängte man zu besserem Schutze der Vertheidiger mit Brettern, neue Büchsen wurden gegossen, Vorräthe von Pulver und Blei angehäuft und eine Roßmühle innerhalb der Festung angelegt. Zuerst sollten Schlesien und die Oberlausitz die Rache der Husiten zu fühlen bekommen. Dies gab den Anlaß, daß am 29. Juni 1428 auf einem Tage zu Dresden der Meißner Bischof und die herzoglich sächsischen Räthe mit dem Bischofe von Breslau und den Fürsten, Mannen und Städten Schlesiens und der Oberlausitz über gemeinsame Abwehr verhandelten und [60] Verabredungen trafen; weitere Besprechungen fanden um Weihnachten in Bischofswerda und in Görlitz statt. Im Oktober 1429 endlich ward es auch hier Ernst mit dem Erscheinen der czechischen Ketzerschaaren: geführt von Prokop dem Großen zog ein Heer von Taboriten und Waisen unter Brand und Verwüstung durch die Oberlausitz bis vor Dresden und lagerte in dem offenen Städtchen Altendresden, dessen Bewohner sich in die feste Stadt links der Elbe geflüchtet hatten. Johann Rothe, der freilich diesen Zug irrthümlich in das Jahr 1430 verlegt, erzählt davon in seiner Thüringischen Chronik wie folgt: „In demselben Jahre um St. Michaels Tag darnach zogen die Ketzer von Böhmen in das Land zu Meißen vor Pirna und kamen an die Elbe und logirten sich in Altendresden und thaten darin großen Schaden. Und auf denselben Tag kam Landgraf Friedrich von Thüringen in die Stadt Dresden eingeritten mit redlicher Mannschaft, mehr denn mit tausend Pferden, denselben seinen Bürgern zu Hilfe. Des wurden die Bürger sehr erfreut, beide, jung und alt, daß ihr rechter Erbherr in solchen Nöthen ihnen so kräftiglich und mit seinem eigenen Leibe zu Hilfe kam. Und der Landgraf und seine redliche Mannschaft bestellten ihre Wehr wider die Ketzer und legten ihre Büchsen auf die Brücke gegen Altendresden wärts und schossen die Nacht gar sehr zu den Ketzern und die Ketzer wieder zu ihnen. Und der Landgraf hatte das Thorhaus an der Brücke gegen Altendresden bestellt und bemannt mit seinen Mannen und Dienern und auch Bürgern, daß die Ketzer das nicht möchten gewinnen. Von des Landgrafen Büchsenmeistern einer, genannt Hans von Gunstete, lief in der Nacht von demselben Thorhause in die Badestube zu Altendresden, die nahe dabei lag und darin die Ketzer lagen, und steckte die an mit Pulver [61] und verbrannte die, daß sie weichen mußten. Sogleich des Morgens brachen die Ketzer auf und zogen vor Kötzschenbroda das gute Dorf und verbrannten das und andere Dörfer darum gelegen und zerhieben die Keltern und die Fässer darin und tranken den neuen Wein, was sie des gekeltert fanden, und verheerten die Dörfer bis an die Stadt Meißen und da legten sie sich auch vor und meinten die zu beschädigen. Da war die Stadt so redlich bemannt mit guter Ritterschaft und bestellt, daß die Ketzer der nichts mochten anhaben, und zogen vor den Hain.“ Von Großenhain ging ihr Marsch in die Niederlausitz, wo sie Guben erstürmten und anzündeten, und durch Schlesien über Görlitz zurück nach Böhmen. Dieser eilige Zug war aber nur das Vorspiel gewesen. Inzwischen hatten die ihrigen daheim bereits stärker gerüstet, und Mitte Dezember brach ein großes Heer von 4000 Reisigen und 40 000 Mann Fußvolk mit 3000 Wagen gegen Sachsen aus. Die mittel- und norddeutschen Fürsten und Städte waren auf ihren Empfang vorbereitet. Zwei stattliche Heere, in ihrer Gesammtheit stärker als das der Husiten, waren Ende Dezember bei Naunhof und bei Belgern zusammengezogen und sollten elbaufwärts rücken, um sich zwischen Dresden und Pirna zu vereinigen und den Ketzern eine Schlacht zu liefern. Dieser Plan gründete sich auf die Annahme, daß der Zug der Husiten vor den Mauern Pirnas oder wenigstens vor Dresden zum Stehen kommen werde, aber ihr rasches Vordringen machte ihn zu Schanden. Sie waren wie gewöhnlich nicht mit so schwerem Geschütz versehen, um feste Städte berennen zu können, und zogen daher an Pirna, Dresden und Meißen vorbei am linken Elbufer hinab auf Oschatz zu, das sie am 29. Dezember einnahmen und verbrannten. Ebenso erging es zahlreichen anderen Städten; bis in die Gegend von [62] Magdeburg drangen sie vor, ohne daß die deutschen Heere es wagten, ihnen ernsthaft entgegenzutreten. Dann wandten sie sich, in fünf Heersäulen marschirend, nach dem Vogtlande und von da nach Franken. Entsetzliches Blutvergießen, Brand und Plünderung bezeichnete weit und breit ihren Weg[10]. So hatten diesmal auch Dresdens Bewohner den furchtbaren Feind vor sich gesehen, nur den festen Mauern der Stadt verdankten sie ihre Rettung. Die Vorstädte aber waren zerstört, auch das Maternihospital bei der Frauenkirche war in Flammen aufgegangen. Drei Jahre später wurde es vom Landgrafen, da es „von Brandes und Verderbnisses wegen der verdammten Ketzer verbrannt und in den Grund verderbt ist und nun in das dritte Jahr solches Verderbnisses halben wüste und ungebaut gelegen hat“, dem Rathe übergeben, damit er es wieder in Aufnahme bringe.

Stadt und Land waren durch die nun schon ein Jahrzehnt andauernden Kriegsleistungen und die Verwüstungen der jüngsten Husitenzüge aufs äußerste erschöpft, so daß es ihnen fast unmöglich war, die Mittel zum ferneren Schutze des Landes aufzubringen. Nur bei den Juden war noch Reichthum zu finden – da lag es in der allgemeinen Bedrängniß nahe, sich an sie zu halten. Landgraf Friedrich ordnete in ganz Thüringen und Meißen die Vertreibung der Juden und die Wegnahme ihrer Güter an. In Dresden wurde die Judenberaubung vom Rathe in Gemeinschaft mit dem Landvogte Busse Vitzthum am 25. Februar 1430 ausgeführt; um gegen spätere Ersatzansprüche gesichert zu sein, ließ sich der Rath vom Landesherrn schriftlich bescheinigen, daß dieser den Befehl dazu gegeben habe. Eine schlimme Gewaltthat war diese Judenberaubung gewiß, aber in jener rauhen Zeit, wo deutsches Blut in Strömen floß und zahllose [63] Städte und Dörfer in Flammen aufgingen, entsprach es gewiß dem Empfinden des ganzen Volkes, wenn die Juden gezwungen wurden, ihren durch Wucher erworbenen Reichthum zur Vertheidigung des verarmten Vaterlandes gegen einen erbarmungslosen Feind herzugeben.

Für den Sommer 1430 wurde ein neuer Einfall der Ketzer befürchtet. Man fuhr daher mit den Arbeiten an den Festungswerken eifrig fort, setzte Geschütze und Wurfmaschinen in Stand, ließ Wurfsteine aus der Weißeritz hinter die Stadtmauer fahren und Feuerpfeile anfertigen. Am 10. Juni verlangte Burggraf Heinrich von Meißen im Namen des Kurfürsten, daß 150 bis 200 Stadtschützen, möglichst viele davon zu Pferde, mit Handbüchsen und Armbrüsten bewaffnet nach Reinhardtsgrimma entsendet würden. Obwohl die erwarteten Feinde sich nicht zeigten, schwebte man in fortwährender Angst. Auf die Hilfegesuche des Rathes schrieb der Burggraf am 13. Juli, daß er von der angeblichen großen Ansammlung der Husiten nichts gehört habe, aber trotzdem nach Dresden kommen werde. Kurfürst Friedrich und Herzog Sigmund sandten am 15. Juli der Stadt das Versprechen, sie gegen die Ketzer „nicht ohne Rath, Hilfe und Rettung“ zu lassen; denn sie wüßten wohl, daß diese, kämen sie erst bis Dresden, auch weiter hereinziehen und das Land zu Grunde richten würden. Gleichzeitig benachrichtigten die Fürsten den Rath, daß ein husitischer Spion im Begriffe stehe, von Saaz aus die meißnischen Lande zu durchziehen; da er durch lustige Reden die Wachsamkeit der Leute einzuschläfern verstehe, sei er besonders gefährlich, und man möge daher Tag und Nacht gegen ihn auf der Hut sein[11].

Im Juni 1431 gab der Burggraf von Meißen dem Dresdner Bürgermeister Nachricht von der Absicht der Ketzer

[Bild]

Brief Kurfürst Friedrichs II. und Herzog Sigmunds vom 15. Juli 1430,
worin sie der Stadt Dresden Hilfe gegen die Husiten versprechen.
(Original im Rathsarchiv.)

[65] nächstens aufs neue ins Land einzufallen; dies unterblieb jedoch. Noch einmal aber rückte die Husitengefahr im Jahre 1432 nahe. Auf ein Hilfegesuch des Dresdner Rathes schickte ihnen Landgraf Friedrich von Weimar aus den Landvogt Busse Vitzthum und andere Räthe zum Beistand, verwies sie aber wegen Unterstützung mit Mannschaft an seine Vettern von Sachsen. Der Feind wandte sich diesmal wieder gegen die Lausitz. Dresden mußte nun selbst dem Landvogte Hilfstruppen stellen: im April 12 Trabanten, die nach Kamenz gelegt, und 12 Reiter, die nach Dohna geschickt wurden, und im Mai weitere Mannschaften zur Besatzung von Radeberg, als die Husiten in Bischofswerda standen. Für das Meißner Land ging aber die Gefahr glücklich vorüber, und am 23. August 1432 schloß der Kurfürst seinen Frieden mit den Husiten auf dem Felde bei Friedstein. Die geistlichen und weltlichen Mächte hatten sich inzwischen, besonders nach der neuen schweren Niederlage bei Taus, überzeugt, daß mit Kreuzzügen und Waffengewalt gegen die Ketzer nichts auszurichten sei; das Basler Konzil war daher mit ihnen in Verhandlungen eingetreten, die in den Prager Kompaktaten vom 30. November 1433 zu einem Friedensschlusse mit der gemäßigten Partei, den Kalixtinern oder Utraquisten, führten. Die noch weiter kämpfenden Taboriten wurden 1434 gänzlich geschlagen, und nun gelangten die Kalixtiner zur Herrschaft und erkannten 1436 Sigismund als König von Böhmen an. Noch einmal aber entbrannte der Kampf, als 1438 die utraquistischen Stände dem neuen König Albrecht II. die Krone streitig machten. Trotz der ungeheuren Opfer an Blut und Geld, die die früheren Husitenkriege Sachsen gekostet hatten, zog auch Kurfürst Friedrich dem Könige gegen die verhaßten Ketzer mit einem Heere [66] zu Hilfe. Doch mit großer Siegeszuversicht scheint man die Heerfahrt nicht angetreten zu haben. Die Kurfürstin Margarethe ordnete im ganzen Lande kirchliche Fürbitten an, und sehr bedenklich klingt der Inhalt eines Schreibens, das der Kurfürst am 18. August 1438 aus dem Feldlager vor Tabor an den Dresdner Rath ergehen ließ: während er mit dem auserlesenen Kern seiner Leute um des gemeinen Friedens und Nutzens willen Leib und Leben einsetze, würden ihm viele von den Trabanten und Reisigen, auch aus den Städten, abtrünnig und machten sich heimlich davon, weswegen er von den Böhmen schon manche spöttische Reden habe hören müssen; er befiehlt dem Rathe, alle, die aus dem Heere ohne Auftrag von ihm durch die Stadt kämen, festzunehmen und bis zu seiner Rückkehr gefangen zu halten, damit sie dann ihre Strafe empfingen[11]. Bei solcher Lockerung der Mannszucht war es für den Kurfürsten um so ruhmvoller, daß er auf dem nothgedrungenen Rückzuge von Tabor am 23. September zwischen Brüx und Bilin mit Hilfe seines tapferen Feldherrn Grafen Heinrich von Schwarzburg noch einen großen Sieg über die ihn verfolgenden Böhmen erfocht: dadurch erhielt diese Kriegsepoche, trotz vieler Niederlagen eine der ruhmreichsten in der Geschichte der Wettiner, einen glänzenden Abschluß.

Man sollte meinen, daß es die Fürsten fortan für ihre einzige Aufgabe gehalten hätten, den in langen Kriegen zerrütteten Wohlstand ihrer Länder wieder zu heben – statt dessen fingen sie schon nach wenigen Jahren an, in persönlichem Streite Gut und Blut ihrer Unterthanen zu vergeuden. Am 4. Mai 1440 starb Landgraf Friedrich der Friedfertige und damit ging die alleinige Herrschaft über die gesammten sächsisch-thüringischen Lande auf seine beiden Neffen Kurfürst Friedrich II.

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Anzeige des Todes der Kurfürstin Katharina
vom 30. Dezember 1442.
(Original im Rathsarchiv, um ein Achtel verkleinert.)

[68] und Herzog Wilhelm III. über; von den anderen Brüdern war Heinrich bereits 1435 gestorben und Sigismund in den geistlichen Stand getreten. Der sechzehnjährige Wilhelm fügte sich nur noch unwillig der Bevormundung durch seinen älteren Bruder, und vollends nach dem Tode ihrer Mutter Katharina im Jahre 1442 war es mit der Eintracht der Brüder vorbei. Die Hauptschuld daran trug der leidenschaftliche und leichtfertige Knabe Wilhelm, der sich von den Einflüsterungen eigennütziger Räthe, namentlich Apel und Busse Vitzthums, leiten ließ. Die Brüder entschlossen sich 1445 zur Theilung ihrer Länder, und nach vielen Schwierigkeiten kam eine Vereinbarung dahin zu Stande, daß Friedrich Meißen nebst Altenburg und einigen anderen Stücken, Wilhelm Thüringen erhielt. Erneute Umtriebe der gewissenlosen Räthe Wilhelms nöthigten Friedrich, deren Entfernung zu fordern, der verblendete Herzog verweigerte sie und es kam 1446 zum Kriege. Die feindlichen Brüder überzogen gegenseitig ihre Länder mit Gewalt und Verwüstung, am schwersten wurde Thüringen davon betroffen. Zu den Kriegskosten mußte Dresden auf einem Landtage 1446 eine außerordentliche Beisteuer von 3000 Gulden verwilligen, erhielt sie aber nachher mit Rücksicht auf den Mißwachs des Weines auf 2500 Gulden ermäßigt, deren Aufbringung ihm noch schwer genug fiel. Außerdem hatten Dresdens Bürger dem Kurfürsten bei allen größeren Unternehmungen Heeresfolge zu leisten und bei zahlreichen kleineren Anlässen wenigstens eine Anzahl Söldner zu stellen. Im Jahre 1447 mußte der Rath selbst einmal auf 14 Tage 64 Söldner zum Schutze der Stadt annehmen, weil sich die ganze waffenfähige Bürgerschaft, das „Stadtvolk“, auf Heerfahrten zu Elsterberg, Elsterwerda und Dohna befand. Für [69] den 8. Juli 1448 verlangte der Kurfürst „200 wohlgewappnete Schützen auf guten Streitwagen, mit Armbrüsten, Handbüchsen, Pafosen, Setztartschen etc., dazu zwei Steinbüchsen mit Pulver, Steinen und Büchsenmeistern“, die auf 14 Tage mit ihm ins Feld ziehen und sich mit „Speise und aller Nothdurft“ in Radeberg stellen sollten. Dann mußten am 2. September 1448 zwei Stadtviertel nach Höfchen bei Waldheim ausrücken; sie blieben nur zwölf Tage aus, aber gleich bei ihrer Rückkehr kam ein neuer Befehl des Kurfürsten, daß die Stadt sich in Bereitschaft setze, um bei einem demnächst zu erwartenden Einfalle des mit Wilhelm verbündeten böhmischen Gubernators Georg von Podiebrad ins Feld zu ziehen. Im Jahre 1449 erfolgte Mitte März ein Aufgebot zu einem Zuge gegen Brüx, und am 25. Juli wurde der Rath aufgefordert, mit 400 Schützen – wahrscheinlich der ganzen felddienstfähigen Mannschaft der Stadt –, die größtentheils beritten sein sollten, bereit zu stehen, um auf Verlangen sogleich auszurücken[11]. Am härtesten wüthete der Kampf im Jahre 1450, und auch unsere Gegend sah nun die Schrecken des Krieges. Die fürstlichen Brüder hatten in einer Familienfehde der Grafen von Schwarzburg, von Gleichen und anderer Partei ergriffen, und ein Heer Wilhelms und seiner Verbündeten war sengend und brennend in das Kurfürstenthum eingefallen. Da sandte die Kurfürstin Margarethe den Bürgern zu Dresden eilende Botschaft, daß sie „mit allen, die vor Alter und Jugend zur Wehre tauglich seien, zu Pferde, Wagen und zu Fuße, mit Harnisch und anderen tauglichen Wehren, mit Büchsen, Steinen und Pulver, soviel sie deren hätten“, sich rüsten und am 22. Juli in Pegau eintreffen sollten. Der Rath aber hatte bereits vernommen, daß Georg von Podiebrad ein großes Heer sammle, um damit [70] in das Meißnische einzurücken. Er hielt es deshalb für bedenklich, die Stadt von der waffenfähigen Mannschaft zu entblößen, und bat die Kurfürstin in einem Schreiben vom 16. Juli, ihn diesmal von der Verpflichtung zur Heeresfolge zu entbinden. Jedoch schon am 17. Juli schrieb die Kurfürstin, ihr Gemahl stehe bereits mit seinem Heere bei Gera den Feinden gegenüber, und forderte nochmals dringend zu rechtzeitigem Eintreffen in Pegau auf. So rückte die Dresdner Mannschaft am 20. Juli aus, um erst nach drei Monaten zurückzukehren. Inzwischen zogen im September 20 000 Böhmen, alles verwüstend, über Gottleuba und Pirna heran, zündeten wahrscheinlich auch die Vorstädte wieder an, wagten aber keinen Angriff auf die festen Mauern Dresdens, sondern marschirten weiter und vereinigten sich nach Einnahme der Städte Lommatzsch, Döbeln, Mittweida, Altenburg und Borna im Oktober bei Pegau mit dem Heere des Herzogs Wilhelm. Ein Angriff auf Pegau mißlang, aber am 15. Oktober wurde Gera mit Sturm genommen und unter seinen Vertheidigern und Einwohnern ein furchtbares Blutbad angerichtet. Auch mehrere Dresdner starben hier den Heldentod, manche wurden verwundet und gefangen. Die städtische Kämmereirechnung verzeichnet unter anderen den Feldzug betreffenden Ausgaben 3 Schock 20 Groschen an den Geraer Arzt Meister Hans, der die Verwundeten verbunden, und 2 Schock 48 Groschen an eine Frau, die sie beherbergt hatte, sowie 1 Schock Groschen Lösegeld für einen Gefangenen.

Mit diesem Hauptschlage nahm der Bruderkrieg sein Ende: durch das Einschreiten Kaiser Friedrichs III. kam zunächst ein Waffenstillstand und 1451 die völlige Aussöhnung zwischen den Brüdern zu Stande. Dagegen blieb die Feindschaft mit [71] Böhmen fortbestehen, da Podiebrad auf zahlreiche Städte und Schlösser der Meißner Fürsten Anspruch erhob, die wie Brüx, Riesenburg, Ossegg, Dux und Königstein einst zu Böhmen gehört oder wie Pirna, Tharandt und andere unter böhmischer Lehnshoheit gestanden hatten. Wegen der von dieser Seite fortdauernd drohenden Gefahr erließ Kurfürst Friedrich noch am 20. Dezember 1450 an den Rath strenge Anweisung zu besserer Ausrüstung der Stadt: er habe wohl bemerkt, daß sie während der jüngsten Ereignisse mit Bier, Brot, Waffen und Schießbedarf schlecht versehen gewesen sei; man solle anordnen, daß jeder Hauswirth sich auf ein Jahr mit Lebensmitteln für sich und sein Gesinde sowie mit Waffen ausreichend versehe, auch müsse der Rath selbst genügende Vorräthe an Korn, Hafer und Malz, dazu Büchsen, Pulver, Steine, Armbrüste, Pfeile und andere Waffen anschaffen und die Stadt an Mauern, Thürmen, Zwingern, Gräben und Bollwerken stärker befestigen, damit man sich der Feinde zu erwehren und die in die Stadt gelegten Reisigen zu unterhalten vermöge. Mehrmals noch mußte der Kurfürst seine Landstände zu Kriegszügen gegen Böhmen aufbieten, selbst vor Dresden erschien 1452 noch einmal ein böhmisches Heer, bei dessen Anrücken der kurfürstliche Befehlshaber Küchenmeister die Vorstädte, wie es scheint, aufs neue niederbrennen ließ[12]. Endlich kam es am 25. April 1459 zu dem Frieden von Eger, der durch die Heirath zwischen Friedrichs zweitem Sohne Albrecht und der böhmischen Königstochter Zdena (Sidonie) bekräftigt ward. Der Kurfürst verkündete von Torgau aus dem Dresdner Rathe die Vermählung durch einen Gesandten mit Beglaubigungsschreiben, „und thun das“, heißt es darin, „darum, daß ihr euch des mit uns in Gott dem Herrn freuen sollet, nachdem solches nicht anders

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Anzeige der Vermählung Herzog Albrechts
vom 30. November 1459.
(Original im Rathsarchiv, um ein Viertel verkleinert.)

[73] denn zu Mehrung des christlichen Glaubens, zu Ehren dem Römischen Reich und gemeinem Friede der Lande also ergangen ist“. Sachsen mußte die Herrschaften Brüx, Riesenburg, Dux und Landskrone an Böhmen abtreten und die böhmische Lehnshoheit über eine Anzahl sächsischer Ortschaften wenigstens dem Namen nach anerkennen.

Kurfürst Friedrich wußte die großen Opfer, die Dresden in diesen Kämpfen für ihn gebracht hatte, wohl zu würdigen und war darauf bedacht sie zu belohnen. Bereits im Jahre 1443 hatte König Friedrich III. den Herzögen zu Sachsen in Anbetracht ihrer dem Reiche geleisteten treuen Dienste gestattet, je nach ihrem Ermessen den Städten Dresden oder Großenhain das Niederlagerecht zu verleihen. Von dieser Begnadung machte der Kurfürst jetzt zu Gunsten Dresdens Gebrauch. Nachdem die ihm bisher gehörige Stadt Brüx am 8. September 1455 von den Böhmen erobert worden war, übertrug er durch Privilegium vom 17. September das von dieser ausgeübte Niederlagerecht auf Dresden, und zwar in der Weise, daß jeder Kaufmann, der Fische, Heringe, Honig oder andere Kaufmannswaare durch die kurfürstlichen Lande nach Böhmen bringen wollte, sie nach Dresden führen, dort damit Markt halten und sie verrechnen sollte; nur trockene Waaren wie Salz, Tuch und dergleichen, die beim Ab- und Aufladen Schaden nehmen könnten, waren des Markthaltens überhoben und hatten dafür eine Abgabe in Höhe eines Groschens von jedem Wagen zu entrichten. Damit ward das Niederlagerecht, dessen Werth zunächst in der Möglichkeit vortheilhaften Einkaufes seitens der Bürger bestand, zugleich zu einer Einnahmequelle für die Stadtkasse. Auch in manchen anderen Dingen bewies Kurfürst Friedrich der Stadt seine Fürsorge. Wie sehr [74] er sich überhaupt mit den Geschäften der Landesverwaltung persönlich befaßte, geht daraus hervor, daß er bisweilen sogar eigenhändige Schreiben an den Rath richtete, von denen eins vom 23. November 1455 mit Vorschriften über die Höhe der Zäune an den neuangelegten Bürgergärten auf der Viehweide noch erhalten ist.

Ein Menschenalter hindurch war die Bürgerschaft unserer Stadt durch äußere und innere Kämpfe in Athem gehalten worden, und auch sonst hatte es nicht an Aufsehen erregenden Begebenheiten gefehlt. Zu den merkwürdigsten Ereignissen in Kurfürst Friedrichs II. Zeit gehörte die Anwesenheit des Franziskanermönchs Johannes aus Capistrano in den Abruzzen, der im Jahre 1450 vom Papst Nikolaus V. zur Ausrottung der Ketzerei nach Deutschland gesandt wurde und mit ungeheurem Erfolge Buße predigend umherzog. Sobald er sich einer Stadt näherte, pflegte der Rath ihm entgegen zu reiten und ihn feierlich in das Franziskanerkloster zu geleiten, wo er seine Wohnung aufschlug. Von da wurde er wiederum zu jeder seiner Predigten, die er auf öffentlichem Markte hielt, durch Rathsherren abgeholt. Die in lateinischer Sprache gehaltene Predigt übertrug einer seiner Genossen dem Volke ins Deutsche, aber weit mehr als seine feurigen Worte waren die lebhaften Geberden und das Mienenspiel des hageren, hohläugigen Mönches von einer die Massen tief ergreifenden Wirkung. Brettspiele, Würfel, Karten und Luxusgegenstände ließ er sich bringen, um sie in Haufen zu verbrennen; die Frauen forderte er auf, ihre langen Zöpfe, die Zeichen der Hoffart, abzuschneiden, und übergab auch sie den Flammen. Anfang März 1452 war er über Chemnitz und Freiberg nach Meißen gekommen. Da es dort bei dem außergewöhnlichen

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Eigenhändiger Brief Kurfürst Friedrichs II. vom 23. November 1455
(Original im Rathsarchiv, um ein Viertel verkleinert).

[76] Zusammenflusse von Menschen an Lebensmitteln mangelte, erhielt der Rath zu Dresden Befehl, die Bäcker anzuhalten, daß sie einen Tag um den andern drei Wagen mit Brod zum Verkaufe nach Meißen brächten. In Dresden selbst richtete man sich auf die baldige Ankunft des Mönches ein und ließ bereits den Markt gründlich reinigen. Man wartete diesmal vergeblich. Capistrano unternahm zunächst einen Zug nach Böhmen und dann durch Thüringen. Im November kam er über Leipzig, Grimma und Oschatz nach Großenhain. Dorthin schickte der Dresdner Rath seinen Stadtrichter, um Erkundigung einzuziehen, wie der verehrte Mann aufgenommen worden sei. Inzwischen hatte man in Dresden mit den Vorbereitungen für seine Herkunft begonnen, eine Rednerbühne für ihn und Bänke für die zuhörenden Schüler und Priester auf dem Markte erbaut und ihm im Barfüßerkloster, wo er wohnen sollte, ein Büchergestell hergerichtet. Seine Ankunft erfolgte in der zweiten Hälfte des Dezember. Zwei Rathsherren waren beauftragt, für seine und seiner Begleiter Bedürfnisse zu sorgen; welschen Wein mußte man zu diesem Zwecke von Freiberg holen lassen. Der Aufwand für die Verpflegung des Predigers und seiner acht Gefährten belief sich innerhalb der kurzen Zeit von etwa einer Woche auf die nicht unbedeutende Summe von 12 Schock und 12 Groschen. Der Aufbruch von Dresden geschah am 27. Dezember 1452. Das nächste Reiseziel war Kamenz, wohin ein Rathsherr mit städtischen Wagen und Pferden den „andächtigen Vater“ mit seinen Begleitern und Sachen führte. Polizeiliche Luxusbeschränkungen waren überall die Folge seines Eiferns gegen die herrschende Genußsucht; aber die nachher sehr häufig eintretende Nothwendigkeit der Verschärfung dieser Luxusgesetze beweist, daß seine Predigten bei aller Begeisterung, [77] die sie erregten, eine nachhaltige Wirkung nicht hatten. Zu den vielen Städten, die im Jahre 1462 beim Papste die Heiligsprechung Capistranos beantragten, gehörte auch Dresden[13].

Nicht geringer als bei der Anwesenheit des berühmten Bußpredigers mag die Erregung der Dresdner Einwohnerschaft drei Jahre später gewesen sein, als plötzlich die Sturmglocken ertönten und die Kunde von der Entführung der beiden Söhne des Kurfürsten Friedrich durch das Land flog. Ritter Kunz von Kaufungen, der dem Kurfürsten um eines Güterstreites willen Fehde angesagt hatte, war in der Nacht zum 8. Juli 1455 mit einigen Gehilfen heimlich zu Altenburg erschienen und hatte die Prinzen Ernst und Albrecht gewaltsam aus dem Schlosse weggeführt. Auch von Dresden, wo man ja den oft hier weilenden Prinzen besonders nahe stand, wurden in aller Eile städtische Mannschaften zur Verfolgung der Räuber ausgesandt, aber sie waren nur bis Dippoldiswalde gelangt, als die Nachricht von der Gefangennahme Kaufungens sie traf.

Der thatkräftige Kurfürst Friedrich II., dem eine spätere Zeit den schlecht gewählten Beinamen des „Sanftmüthigen“ gegeben hat, schloß sein bewegtes Leben im Alter von 53 Jahren am 7. September 1464 zu Leipzig. Schwere Drangsale waren dem Lande unter seiner Regierung beschieden gewesen, aber sie hatte doch auch einen großen und dauernden Erfolg gezeitigt: der jahrhundertelange Grenzstreit zwischen den Nachbarländern Sachsen und Böhmen war mit dem Vertrage von Eger für immer beigelegt. Unter friedlichen Aussichten traten seine Söhne Ernst und Albrecht die Nachfolge an. Die Kurwürde ging auf Ernst als den älteren über, die Erblande aber regierten sie, dem Wunsche des Vaters entsprechend, gemeinschaftlich. Die Pflege [78] der brüderlichen Eintracht ließ sich auch die treffliche Mutter Margarethe, die ihren Gemahl um 22 Jahre überlebte, angelegen sein. Am 25. Februar 1465 nahmen die fürstlichen Brüder die Huldigung der Bürgerschaft Dresdens entgegen und begaben sich darauf mit großem Gefolge zum Empfang der Belehnung an den Kaiserhof nach Neustadt bei Wien, wo namentlich Albrecht die engen Beziehungen knüpfte, die ihn in der Folge zu einer Stütze des Reiches werden ließen. Für Dresden war der Regierungswechsel ein unmittelbarer Gewinn. Während Kurfürst Friedrich vorwiegend in Meißen, aber auch an anderen Orten, wie Grimma, Torgau, Rochlitz, Altenburg, Schellenberg, und nur bisweilen in Dresden Hof gehalten hatte, schlugen seine Söhne mit ihren Familien ihren ständigen Wohnsitz im Dresdner Schlosse auf. Um für den doppelten Hofhalt genügenden Raum zu schaffen, ließ man in den Jahren 1471 bis 1474 einen Erweiterungsbau durch Arnold von Westfalen ausführen, denselben Baumeister, der für Herzog Albrecht gleichzeitig auch das prächtige Schloß zu Meißen errichtete. Es entsprach wohl der Anregung des baulustigen Fürsten, wenn nun auch der Rath etwas für die Verschönerung Dresdens zu thun suchte. Steinhäuser besaßen in der Stadt damals nur die wenigen großen Grundbesitzer und Kaufleute. Die meisten Häuser waren Fachwerkbauten mit Schindeldach, und es gab sogar viele kleine Häuschen, die noch, wie in der ältesten Zeit, nur aus Holz und Lehm hergestellt waren. Eine Besserung dieses ärmlichen Zustandes, der damals nur noch bei unbedeutenden Landstädten der gewöhnliche war, suchte der Rath nicht durch Verbote, sondern, wie es dem geringen Wohlstande der Bürger entsprach, durch Aussetzen von Belohnungen auf bessere Bauweise zu erreichen. [79] Ein Rathsbeschluß vom 15. März 1474 versprach denen, welche die Straßenseite von Stein bauen würden, den dritten Theil des Kalkes, ebenso sollte jeder, der auf steinerner Grundmauer mit Ziegeln bauen oder ein altes Schindeldach in Ziegeldach umdecken wollte, den dritten Theil der Ziegel erhalten, soweit die Vorräthe in der städtischen Kalkhütte und Ziegelscheune dazu ausreichten.

Wenn die ständige Hofhaltung der Fürsten in Dresden zweifellos mit wirthschaftlichen Vortheilen für die Stadt verbunden war, so brachte sie doch auf der andern Seite eine größere Abhängigkeit des Stadtregiments und ein häufigeres persönliches Eingreifen der Landesherren in die städtischen Angelegenheiten mit sich. Zunächst freilich fanden es die Fürsten dem eigenen Vortheile dienlich, die Machtbefugnisse des Raths gegenüber dem Andrängen der Gemeinde um Antheil am Stadtregiment zu stützen. Die in vielen deutschen Städten ausgefochtenen Kämpfe zwischen den Handwerkern und den reichen Grundbesitzer- und Kaufmannsfamilien, den sogenannten Patriziern, die allein die Rathssitze inne hatten, konnten auch hier nicht ausbleiben, nur daß sie in unserer kleinen Stadt bei dem weniger scharf ausgeprägten Gegensatze zwischen Arm und Reich nicht so heftig und daher unblutig verliefen. Schon in den Erfolgen, die das bedeutendste Handwerk der Stadt, die Tuchmacher, im 14. Jahrhundert dem Rathe und den vornehmen Geschlechtern abzutrotzen verstanden hatte, war die Kraft und der wachsende Einfluß der Handwerker hervorgetreten. Seit dem Anfange des 15. Jahrhunderts in Zünften vereinigt, hatten sie sich als besonderen Stand mit gemeinsamen Interessen gegenüber der herrschenden Klasse fühlen gelernt und suchten nun auch auf dem Gebiete der städtischen Verwaltung Einfluß [80] zu gewinnen. Der Rath fing nothgedrungen an, sich wenigstens bei Einführung neuer Polizeivorschriften und in städtischen Vermögensangelegenheiten der Zustimmung von „Handwerkern und Gemeine“ zu versichern. Die „Gemeine“ setzte sich aus denjenigen Bürgern zusammen, die weder zu den rathsfähigen Geschlechtern noch zu den Zünften gehörten, also hauptsächlich den kleinen Ackerbürgern. Wie für die Handwerke die Zunftmeister, so werden schon damals die Viertels- und Rottmeister, die Unterbefehlshaber der waffenfähigen Mannschaft, die Wortführer der Gemeinde dem Rathe gegenüber gewesen sein. Der Kampf, den Handwerk und Gemeinde um Erlangung der Rathsfähigkeit führten, war langwierig und hartnäckig, das läßt sich bei aller Spärlichkeit der darüber erhaltenen schriftlichen Aufzeichnungen erkennen. Dem Eingreifen der Landesherren scheint es zu Ende des Jahres 1455 gelungen zu sein, zwischen den Parteien eine Verständigung herbeizuführen; ihr zu Ehren ließ der Rath in der Kreuzkirche sogar ein feierliches Tedeum singen. Aber die Landesherren erwarteten offenbar für die Ruhe der Stadt weniger von der Eintracht der Bürger als von einem straffen Regiment. Sie ließen Anfang 1456 ihren bisherigen Vogt von Tharandt, Hans Koderitzsch, zum Bürgermeister wählen und verboten den Handwerkern und der Gemeinde bei schwerer Ungnade jede Zusammenrottung und Berathschlagung gegen die Stadtobrigkeit. Auch das fruchtete nichts. Schon im April 1457 sahen sich die Fürsten wieder genöthigt, Vertreter der Parteien zu Ausgleichsverhandlungen nach Meißen zu berufen. Der hier von den kurfürstlichen Räthen gefällte Schiedsspruch räumte den Handwerkern und der Gemeinde eine Mitwirkung bei der Ablegung der Stadtrechnungen, der Uebernahme von Lasten auf die Stadtkasse und dem Erlaß neuer statutarischer [81] Bestimmungen ein, schloß sie aber von der Mitwissenschaft in allen anderen Angelegenheiten aus, da sonst die Geschäfte nie zu einem gedeihlichen Ende geführt werden könnten. Sicher waren die unteren Stände von dieser Entscheidung nicht befriedigt, aber zum offenen Ausbruch kam der Streit erst wieder im Jahre 1466, als vom Rathe heimlich und dem Abkommen zuwider für ein von den Landesherren aufgenommenes Darlehn von 1000 Gulden mit Einsetzung des Stadtsiegels Bürgschaft geleistet worden war. Die Fürsten hatten damals dem Rathe die schriftliche Versicherung gegeben, ihn gegen etwaigen Widerspruch seitens der Handwerker und der Gemeinde zu schützen, denn sie wollten, wie sie sagten, in ihrer Stadt Dresden hinfort „einen vollständigen und mächtigen Rath“ haben. Handwerker und Gemeinde führten Beschwerde, wurden aber von der Regierung mit ihrem Verlangen, des Raths „Heimlichkeit und Handlung“ zu erfahren, abgewiesen. Der Rath erhielt Auftrag, sie einzeln über ihre Beschwerden zu verhören, wogegen alle acht Innungen, Bäcker, Fleischer, Schneider, Böttcher, Schmiede, Kürschner, Schuster und Tuchmacher, einmüthig erklärten, sie würden sich von einander und von der Gemeinde nicht trennen lassen und dem Rathe nicht Rede stehen, weil dieser Sachwalter und Richter in Einer Person sein wolle. Der Rath jedoch fand noch im Jahre 1467 ein Mittel, seine Gegner unter einander zu entzweien: angeblich aus Rücksicht auf den schlechten Ausfall der Weinernte ordnete er an, daß die Handwerker nur halb so viel Bier brauen und verschänken dürften als die übrigen Bürger, damit der gemeine Mann neben dem Handwerker auch seine Nahrung finde. Vergeblich erhoben die Handwerker hiergegen Einspruch. Der Rath hatte nun das Ackerbürgerthum auf seiner Seite und die Handwerker waren in ihrem [82] Kampfe gegen ihn lahmgelegt. Als daher endlich eine schriftliche Festsetzung des städtischen Verfassungsrechts in der von den Landesherren erlassenen Rathsordnung vom 5. Januar 1470 zu Stande kam, brachte diese wenig mehr als die gesetzliche Regelung dessen, was bisher schon in Geltung gewesen war.

Die neue Rathsordnung bestimmt, daß der bisherige Rath sofort „zehn gute, fromme, unbescholtene, redliche Männer“ zu Rathsherren für das nächste Jahr und einen davon zum Bürgermeister erkiese. Nach Ablauf seines Amtsjahres sind von diesem Rathe acht Männer zu wählen, die zusammen mit zwei bisherigen Rathsherren, von denen sie in die Geschäfte eingeführt werden, den neuen Rath bilden. In derselben Weise wird ein Rath für das dritte Jahr zusammengesetzt, so daß dann 26 Rathmannen vorhanden sind, die einander in drei Abtheilungen von je zehn, darunter stets zwei aus dem bisherigen Rathe, in der Regierung ablösen. Die Wahl in den Rath erfolgt auf Lebenszeit und die Stelle erledigt sich nur durch Wegzug oder Tod des Inhabers, sowie durch sein Ausscheiden in Folge Verarmung oder ehrenrühriger Handlungen. Auch die drei einander ablösenden Bürgermeister behalten dieses Amt lebenslänglich. Die Regierungsgewalt steht allein dem sitzenden Rathe zu, doch mag er in wichtigen Angelegenheiten die beiden ruhenden Räthe oder die „Aeltesten“ aus ihnen als die „Witzigsten der Stadt“ befragen. Der Rath soll die Geschäfte der Stadt gewissenhaft und ohne Ansehen der Person erledigen, zu getreuer Verwaltung der Gelder Kämmerer bestellen und nach Ablauf des Amtsjahres den Nachfolgern genaue Rechnung ablegen. Schulden dürfen stets nur mit Wissen der Gemeinde aufgenommen werden. Diese [83] ist aber im übrigen dem Rathe zu Gehorsam verpflichtet und nicht berechtigt, zusammenzutreten und sich gegen ihn aufzulehnen.

Ueber die Erfordernisse der Wählbarkeit zum Rathsstuhle war weiter keine Bestimmung getroffen, als daß die Gewählten unbescholten sein müßten. Daß künftig auch Handwerker Aufnahme in den Rath finden sollten, lag sicher in der Absicht der Landesherren, sonst hätten sie von der neuen Ordnung nicht, wie sie es aussprachen, die Beilegung der bisherigen Streitigkeiten erwarten dürfen. In der That scheinen auch die einzigen beiden Mitglieder, die 1470 neu in den Rath gewählt wurden, Handwerker gewesen zu sein. Aber schon im folgenden Jahre kam das Streben des Rathes, sich nur aus den vermögendsten Kreisen der Bürgerschaft zu ergänzen, wieder zur Geltung und es wurden drei Mitglieder neugewählt, von denen offenbar keins den Zünften angehörte. So sahen sich diese von neuem zu Anstrengungen genöthigt, um die Gleichberechtigung zu erlangen. Sie brachten es auch dahin, daß die Landesherren am 19. Dezember 1471 eine Zusatzbestimmung zur Rathsordnung erließen, wonach dem regierenden Rathe stets zwei Handwerker, aber nicht mehr, anzugehören hätten. Damit fanden die langjährigen Streitigkeiten zwischen Rath und Handwerkern ihren Abschluß. Nur wenige Jahrzehnte freilich vergingen noch, da hatte sich bei der wachsenden Wohlhabenheit und Bedeutung des Handwerkerstandes das Blatt von selbst gewendet und dieser die Mehrheit im Rathe erlangt. Es entsprach nur dem natürlichen Lauf der Dinge, wenn auch aus der neuen Mehrheitspartei bald wieder eine kleine Zahl von Familien den maßgebenden Einfluß an sich zu bringen wußte, so daß schließlich das Ergebniß der Entwicklung nicht eine [84] Umgestaltung der Verfassung, sondern nur ein Wechsel der regierenden Geschlechter war.

Lange Zeit sahen sich die Bürger Dresdens nicht wieder in der Nothwendigkeit, ihre Stadt gegen einen fremden Feind in Vertheidigungsstand zu setzen, denn fast ein Jahrhundert lang, bis auf Herzog Moritz, blieb das Land vom Kriege völlig verschont. Aber für auswärtige Unternehmungen der Landesherren mußten sie noch manches Mal die Waffen ergreifen. Als die fürstlichen Brüder im Jahre 1466 im Auftrage des Königs von Böhmen gegen dessen aufsässigen Lehnsmann Heinrich von Plauen einen Zug unternahmen, der mit der Eroberung Plauens und der Belehnung Albrechts mit dieser Herrschaft endete, waren auch die Dresdner mit 100 Mann und 10 Wagen ausgerückt. In derselben Stärke betheiligten sie sich 1473 an einer Heerfahrt gegen Riesenburg, die durch fortgesetzte Feindseligkeiten des jüngeren Heinrich von Plauen und seines Verbündeten, des Ritters von Rabenstein auf Riesenburg, veranlaßt war. Und als 1477 die Aebtissin Hedwig von Quedlinburg, eine Schwester Ernsts und Albrechts, die Brüder um ihren Beistand gegen die Stadt Quedlinburg und den Bischof von Halberstadt anging, die gemeinsam die Regierungsrechte ihres Stifts beeinträchtigten, forderten die Fürsten auch vom Rathe zu Dresden einen Zuzug von 300 Fußknechten; sie begnügten sich dann auf dessen Vorstellungen mit 200 auserlesenen Mannschaften, und diese haben Quedlinburg mit erobern und unterwerfen helfen.

Ein in jener Zeit viel schwierigeres Unternehmen, als solche Heerfahrten es waren, hatte Herzog Albrecht kurz vorher durchgeführt: eine Reise nach dem heiligen Lande. Am 5. März 1476 war er mit großem Gefolge von Dresden ausgezogen, [85] hatte am 30. Juli sein Ziel Jerusalem erreicht und kehrte am 5. Dezember in feierlichem Einzuge glücklich nach Dresden zurück, begrüßt vom Geläute der Glocken und begleitet vom Gesange der Priester, Mönche und Schüler. Albrecht brachte einen großen Block grünen Marmors mit, der ihm als ein Rest des salomonischen Tempels geschenkt worden war; daraus wurden im 17. Jahrhundert vier Säulen für den Altar der Schloßkapelle gehauen, mit dem sie 1737 in die Sophienkirche versetzt worden sind.

Der unternehmende und tapfere Albrecht erfreute sich der vollen Zuneigung seines einst so kriegerischen Oheims Herzog Wilhelm. Dieser hatte ihm daher auch seine Truppen in dem Feldzuge anvertraut, den Kaiser und Reich 1475 gegen den Herzog von Burgund, Karl den Kühnen, führten und in dem sich Albrecht vor Neuß die ersten kriegerischen Lorbeeren erwarb. Herzog Wilhelm starb am 17. September 1482 und hinterließ seine Lande den beiden Neffen. So war der gesammte sächsisch-thüringische Länderbesitz wieder unter Einer Regierung vereinigt. Welche Machtstellung hätten die fürstlichen Brüder im Reiche einnehmen können, wenn nicht das alte Erbübel des wettinischen Geschlechtes, die Uneinigkeit, wieder zum Vorschein gekommen wäre! Schon im Jahre 1480 hatte Kurfürst Ernst zu einer Verstimmung Anlaß gegeben, als er bei einer Reise nach Rom nicht seinen Bruder Albrecht, sondern Landvögte mit der Verwaltung des Landes betraute. Die beginnende Entfremdung zwischen den Brüdern äußerte sich bald auch darin, daß Albrecht mit seiner Familie seinen Aufenthalt nach dem Schlosse zu Torgau verlegte. In Folge wachsender Mißhelligkeiten blieb es aber nicht bei der Trennung des gemeinsamen Hofhaltes, sondern man schritt auch zu Verhandlungen [86] über eine völlige Theilung des Länderbesitzes, auf die namentlich der einflußreiche kurfürstliche Obermarschall Hugold von Schleinitz hinarbeitete, während Herzog Albrecht, der sich stets von höheren politischen Erwägungen leiten ließ, sie zu vermeiden bestrebt war. Am 26. August 1485 kam zu Leipzig ein endgiltiger Theilungsvertrag zu Stande, wonach den einen Haupttheil die Markgrafschaft Meißen, den anderen Thüringen mit den fränkischen und vogtländischen Besitzungen bilden, das Pleißner- und Osterland getheilt werden und das Herzogthum Sachsen dem Kurfürsten allein verbleiben sollte. Die Theile machte Ernst, Albrecht durfte gegen Erlegung von 25 000 Gulden wählen. Seine Wahl fiel auf Meißen, zum großen Verdrusse des Bruders, der sich selbst diesen Theil gewünscht hatte. Ernst starb vorzeitig schon nach Jahresfrist, die Entfremdung der Brüder aber übertrug sich für immer auf die beiden nun getrennten Linien des Hauses Sachsen. Die spätere Geschichte hat diese Theilung als einen verhängnißvollen Fehler erwiesen. Auch Dresden würde sich zu schnellerer Blüthe entwickelt haben, wenn die Wettiner ihren Hof gemeinsam hier fortgeführt hätten. Zwar machte Albrecht es nun zu seiner ständigen Residenz, aber zu einer glänzenden Hofhaltung, wie sie seinem prachtliebenden und ritterlichen Sinne wohl entsprochen hätte, konnte es nicht kommen, da er fast ununterbrochen in kriegerischen Unternehmungen für Kaiser und Reich im Auslande weilte.

Im Jahre 1487 führte er den Oberbefehl über das Reichsheer in einem Kriege gegen den in Oesterreich eingefallenen König Matthias von Ungarn. Als 1488 die aufrührerischen Bürger der Stadt Brügge den römischen König Maximilian gefangen gesetzt hatten, war Albrecht sogleich entschlossen, ihm zu Hilfe zu ziehen. Er berief seine Stände zu einem Landtage [87] nach Dresden und erhielt von ihnen, nachdem sie erfolglos ihre Stimme gegen seine häufigen, das Land belastenden Kriegszüge erhoben hatten, zur Deckung der Landesschulden eine sehr hohe außerordentliche Steuer im Betrage von zwei Prozent alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens bewilligt. Für die Zeit der Abwesenheit übertrug er die Regierung seinem damals siebzehnjährigen Sohne Georg. Schon im folgenden Jahre hatte der tapfere Herzog – die Niederländer ehrten ihn mit dem Beinamen des sächsischen Roland – dem Kaiser die Provinzen Brabant und Flandern wieder unterworfen und war von ihm zum Statthalter der Niederlande ernannt worden. Er kam erst wieder zu dem Reichstage nach Deutschland, den der Kaiser für den 13. März 1491 nach Nürnberg einberufen hatte. Auch seine Söhne Georg und Heinrich fanden sich für einige Zeit dort ein. Am 13. Juni war Albrecht als Gast bei dem Hochzeitstanze eines vornehmen Bürgers auf dem Rathhause, an dem großen Turnier aber, das König Maximilian zur Feier des Reichstagsschlusses am 27. Juni veranstaltete, nahm er nicht Theil[14], wohl weil wenige Tage vorher eine Unglücksbotschaft aus der Heimath bei ihm eingetroffen war.

Am 15. Juni 1491 früh 3 Uhr war zu Dresden in dem Bäckerhause der Winterin auf der Webergasse Feuer ausgekommen, das bei dem herrschenden starken Winde und der leichten Bauart der Häuser aller Löschversuche der Bürger und der von den Dörfern herbeigeeilten Hilfsmannschaft spottete und den ganzen Stadttheil von der Scheffelgasse südlich bis zum Seethore und auf der andern Marktseite von der Frauengasse bis zur Kreuzgasse und Schreibergasse in Flammen setzte. Bis 3 Uhr nachmittags, wo der Brand zum Stillstand kam, waren von etwa 470 Häusern der inneren Stadt gegen 240 in [88] Asche gelegt, darunter die Kreuzkirche, das Pfarrhaus und die Schule. Um den Schrecken der Einwohnerschaft voll zu machen, kam am folgenden Tage draußen vor dem Frauenthore nochmals Feuer aus, wobei eine Anzahl Häuser der Rampischen und der Pirnischen Gasse (jetzt Landhausstraße), sowie der Brückenhof mit mehreren Scheunen eingeäschert wurden. Es wurde Brandstiftung vermuthet. Die herrschende Verwirrung war benutzt worden, um die Kreuzkirche auszurauben; der Räuber wurde nachher in Graupen ergriffen und hingerichtet. Auch für das Schloß hegte man Befürchtungen und ließ zu dessen Bewachung Leute aus den umliegenden Städten kommen. Herzog Georg, der mit seinen Räthen die Sicherungsmaßregeln selbst leitete, erstattete sogleich am 17. Juni seinem Vater schriftlichen Bericht über das furchtbare Ereigniß. Wichtige Geschäfte müssen es gewesen sein, die Albrecht noch bis in den Juli hinein in Nürnberg festhielten (es liegt eine am 3. Juli dort von ihm ausgestellte Urkunde[15] vor). Erst am 1. August traf er, mit zwei Wagen und sieben Begleitern zu Pferde, in Dresden ein. Er ordnete alsbald die geeigneten Maßregeln an, damit seine Hauptstadt nunmehr „in ordentlich und wehrhaftig Gebäude möge kommen“. In einer Verordnung setzte er auf der einen Seite den Abgebrannten stattliche Unterstützungen aus, legte ihnen aber auf der andern strengere Vorschriften für den Wiederaufbau ihrer Häuser auf. Sie wurden von allen landesherrlichen Gefällen auf vier Jahre befreit, die von den nicht abgebrannten Dresdner Bürgern zu leistenden Gefälle sollten während der nächsten zwei Jahre unter die Abgebrannten vertheilt und außerdem zwei Jahre lang je 1000 Gulden aus der herzoglichen Kammer zu Darlehnen an sie verwandt werden, für deren Einmahnung und Rückerstattung [89] dann der Rath sorgen mußte. Bauholz ward ihnen zur Hälfte umsonst, das übrige zu billigem Preise aus der Haide zugesagt, auch erhielten sie für diesen und den nächsten Sommer zwei Wagen zur Anfuhre von Steinen, Ziegeln, Kalk und Holz gestellt. Für den Wiederaufbau ward angeordnet, daß alle Eckhäuser ganz und die übrigen Vorderhäuser mindestens ein Geschoß hoch von Stein erbaut und mit Ziegeln gedeckt sein sollten. Wer zwei Geschoß hoch steinern bauen würde, erhielt um so mehr Unterstützung versprochen. Die vermögend genug seien, sollten auch die Hintergebäude, wie Ställe und Brauhäuser, von Stein errichten und mit Ziegeln decken, den Unvermögenden ward für die Hinterhäuser die bisherige Bauweise in Holz oder Lehm nachgelassen, nur sollten sie jetzt schon die Dächer mit Latten und Sparren versehen, um sie bei besseren Vermögensumständen leicht in Ziegeldächer umwandeln zu können. Wer von den Abgebrannten sich weigern würde, diesen Vorschriften gemäß zu bauen, war gezwungen, die Baustelle zu verkaufen, worauf die Beihilfe dem Käufer zufloß. Die Vertheilung der Unterstützungen und die Beaufsichtigung der Bauten ward zwei herzoglichen Räthen und zwei Mitgliedern des Stadtrathes übertragen. Dieses thatkräftige und zweckmäßige Eingreifen des Landesherrn hatte die Wirkung, daß die Stadt nach einigen Jahren schöner und feuersicherer als früher aus dem Schutte auferstanden war. Aber der Wohlstand der Einwohner hatte durch die große Zerstörung von Eigenthum auf Jahrzehnte hinaus einen schweren Schlag erlitten: während bei Veranlagung der Vermögenssteuer im Jahre 1488 das Vermögen der Einwohner der inneren Stadt auf insgesammt 77 477 Gulden veranschlagt worden war, wurde es im Jahre 1502 trotz des inzwischen gefallenen Geldwerthes [90] auf nur noch 66 757 Gulden festgestellt; in den Vorstädten dagegen, die von dem Brande weniger gelitten hatten, war es sich mit ungefähr 4000 Gulden gleichgeblieben.

Von der Kreuzkirche, auf deren Thurm wenige Wochen vorher fünf neue zinnerne Knäufe aufgesetzt worden waren, hatte der Brand nicht viel mehr als die Umfassungsmauern übrig gelassen. Damit man in ihr bald wieder Gottesdienst halten könne, ordnete Herzog Albrecht an, daß der am besten erhaltene Chor mit Ziegeln, das Schiff aber einstweilen mit Brettern gedeckt und die Fenster vermacht würden. Der Beginn des Neubaues war für das kommende Frühjahr in Aussicht genommen, und es erfolgte auch am 4. März 1492 die Grundsteinlegung. Beim Schuttabräumen, Mauerabbrechen und Grundgraben leisteten die Handwerksinnungen unentgeltlich Hilfe. In rechten Gang kam der Bau aber erst, nachdem man im Sommer 1493 den Steinmetzen Hans Reinhard als Kirchenbaumeister angestellt hatte. Er stand dem Werke vor, bis 1498 Konrad Pflüger, genannt Schwabe, an seine Stelle trat. Die Baukosten bestritt man anfangs vorwiegend aus Darlehnen und Schenkungen, dann aber mußte man die zur Brückenhofwirthschaft gehörigen Aecker und mehrere aus Vermächtnissen herrührende Häuser verkaufen und endlich sogar eine Anzahl Kirchenkleinodien versilbern. Zu Ehren derer, die den Bau durch Darlehne und Schenkungen oder sonst gefördert hatten, namentlich des Herzogs Georg mit Gemahlin, des Meißner Bischofs, des Rathes, des Obermarschalls Hans von Minkwitz, der herzoglichen Räthe Kaspar von Schönberg, Heinrich von Starschedel u. a., ließ man deren Wappen in die Schlußsteine der Gewölbe einhauen. Am 20. November 1499 konnte die Kirche durch den Bischof Johann VI. feierlich geweiht [91] werden. Aber noch lange Jahre vergingen, ehe das Bauwerk und insbesondere der Thurm vollendet war. Die neuen Glocken goß der Geschützgießer des Herzogs, Heinrich Kannengießer, in einer auf dem Haneberge errichteten Schmelzhütte; zwei davon wurden 1494, die anderen beiden 1503 mit Hilfe des Breslauer Glockenschmiedes Meister Fabian aufgehängt. Die neue Orgel wurde erst 1513 durch Meister Blasius gebaut und der Altarschrein 1515 durch Hans den Tischler aus Döbeln und den Bildschnitzer Hans Eifflender hergestellt.

Herzog Albrecht widmete auch fernerhin Kraft und Geld fast ausschließlich den niederländischen Angelegenheiten und wurde zum Danke und zur Entschädigung dafür 1498 vom Kaiser Maximilian zum erblichen Gubernator und Potestaten von Friesland ernannt. Nur selten einmal sah er vorübergehend die Heimath. Als er sich Ende 1499 zu einem Landtage nach Leipzig begab, setzte er in Friesland seinen Sohn Heinrich, dem er dort einst ein eigenes Fürstenthum zu hinterlassen hoffte, als seinen Stellvertreter ein. Unkluge Maßnahmen des übelberathenen Prinzen aber trieben die Friesen zum Aufstande und sie belagerten ihn in seiner Feste Franeker. Die Kette, an der sie ihn aufzuhängen gedachten, wird noch heute im historischen Museum zu Dresden gezeigt. Albrecht rüstete eilig, um seinem Sohne Hilfe zu bringen. Mit einem großen Heere rückte er im Juni 1500 nach Friesland ab, befreite den Prinzen und unterwarf in schwerem Kampfe das empörte Land. Den Anstrengungen und Sorgen dieses Feldzuges vermochte aber seine schon erschütterte Gesundheit nicht mehr Stand zu halten: am 12. September 1500 schied er zu Emden aus dem Leben; sein Herz wurde in der dortigen großen Kirche, der Körper im Dome zu Meißen beigesetzt[16]. Albrecht hatte

[Bild]

Herzog Georgs Einladung zur Todtenfeier für Herzog Albrecht
vom 2. November 1500.
(Original im Rathsarchiv, um ein Viertel verkleinert.)

[Bild]

Herzog Albrecht der Beherzte.
Nach dem Gemälde eines vlämischen Meisters um 1491,
in der Königl. Gemäldegalerie.

[-] [93] jederzeit mehr seinen Pflichten gegen Kaiser und Reich als denen des Landesherrn gelebt und deshalb war seine Regierung für Sachsen wenig ersprießlich gewesen. Dennoch bewahrt das Land dem hochgemuthen Fürsten, dem schon seine Zeit den Ehrennamen des „Beherzten“ beilegte, ein treues Andenken. Mit ihm war Sachsens „letzter Ritter“ dahingegangen. Unter seinem Regierungsnachfolger trat die Landeshauptstadt in einen neuen Abschnitt ihrer Entwicklung ein.



[94]
Dritter Abschnitt.
Die Stadt und ihre Bauten.




Der Dresdner könnte sich, wenn er plötzlich um ein halbes Jahrtausend zurückversetzt würde, in seiner Vaterstadt mit Leichtigkeit zurechtfinden, denn an ihren Straßenzügen, soweit sie im Mittelalter schon vorhanden waren, hat sich so gut wie nichts geändert. Der einzige wesentliche Eingriff in den Grundriß der alten Stadt besteht in der neuerdings erfolgten Umgestaltung der ehemaligen schmalen Gasse „im Loche“ zur breiten König Johann-Straße.

Das Herz der Stadt, der Mittelpunkt des öffentlichen Lebens, war in der ältesten Zeit und blieb trotz des ungeheuren Anwachsens der Vorstädte und bei aller Umwälzung der Verkehrsverhältnisse bis auf den heutigen Tag der Markt. Diese Bezeichnung des Hauptplatzes ist überall so alt wie die Stadt selbst, ebenso wie die andere als „Ring“, die hier aber schon im 15. Jahrhundert außer Gebrauch tritt. Erst seit der Herstellung des neuen Marktes unter Kurfürst Moritz wird er auch der „Alte Markt“ genannt. Die Ecke an der heutigen König Johann-Straße, wo der Holzmarkt abgehalten wurde, hieß die „Holzecke“, die an der Kreuzkirche die „Kirchecke“, die [95] an der Wilsdruffer Gasse, wo die Vogelhändler feilhielten, die „Vogelecke“. Bei weitem das hervorragendste Gebäude auf dem Markte war das Rathhaus. Es stand frei auf dem nördlichen Drittheil des Marktes vor den zwischen der Schloß- und der Schössergasse gelegenen Häusern. Auf der Vorderseite trug es zwei hohe Treppengiebel, deren einer mit einer Sonnenuhr geschmückt war. An dem Ostgiebel, nach der Lochgasse zu, war im Jahre 1407 eine Kapelle, in der Form dem Choranbaue einer gotischen Kirche gleichend, errichtet worden. Auf dem hohen Rathhausdache saß ein schiefergedecktes, hölzernes Thürmchen mit der Feuerglocke, der sogenannten „Pempe“. Gemälde und Wappen, sowie ein vergoldeter Mond zierten die Schauseiten des Gebäudes. Der vornehmste Innenraum war die auf der Westseite im ersten Stockwerke befindliche große Rathsstube. Ueber ihrer Thür war, wie in vielen anderen deutschen Rathhäusern, die sogenannte Rathsspruchtafel angebracht, die in vergoldeten Lettern den alten Rechtsspruch trug:

Eines . mans . rede . ist . eine . gute
halbe . rede . man . hore . eines . an
dern . mannes . rede . auch.

In der Stube stand ein roth angestrichener starker Kachelofen, eine Lade mit den Stadtrechnungen, ein großer, mit verschließbaren Kästen versehener Tisch und auf drei Seiten um diesen herum Bänke mit Sitzkissen für die Rathsherren. Der Bürgermeister hatte ein Kruzifix vor sich stehen, hinter seinem Sitze hing ein Schwert und ein das jüngste Gericht darstellendes Gemälde, das „Tuch des Gerichts“ genannt, wie es nach der Vorschrift des sächsischen Weichbildrechts in jedem Rathhause zur Mahnung für die Richter vorhanden sein sollte. Auch [96] Hängeleuchter und ein Räucherfaß gehörten zur Ausstattung des Saales. Er war mit Fenstergittern und einer eisernen Thür verwahrt; davor hing ein Glöckchen zum Einläuten der Sitzungen. Hier wurden alle mit Feierlichkeit verbundenen Amtshandlungen vorgenommen, wie die Wahl und Einweisung neuer Rathsmitglieder, die Vereidung von Rathsbeamten, Zunftmeistern und Bürgern. Zugleich diente die große Rathsstube als Festsaal bei den Mahlzeiten und Vergnügungen des Rathes wie als Tanzsaal bei den Hochzeiten der vornehmen Bürger und bei Zusammenkünften des Adels der Umgegend; das Rathhaus hieß daher auch das „Tanzhaus“. Neben diesem Berathungs- und Festraume bedurfte der Rath, der die Geschäfte überwiegend in mündlicher Verhandlung erledigte, nur weniger Räumlichkeiten für Verwaltungszwecke. Der eigentliche Geschäftsraum war die auf der Ostseite des ersten Stockwerks gelegene kleine Rathsstube, worin der Stadtschreiber seinen Platz hatte. Außerdem war ein kleines Zimmer für die Steuereinnehmer vorhanden, das Geschoßstübchen, in dem gelegentlich auch ein vornehmer Gefangener auf kurze Zeit untergebracht wurde. Zur Aufbewahrung der Stadtlade mit den öffentlichen Geldern, sowie der Stadtbücher wurde 1469 ein neues Gewölbe, die Kämmerei, erbaut; hier waren auch die sonstigen Kostbarkeiten, namentlich die silbernen Trinkbecher oder „Köpfe“, untergebracht. Eine andere bemerkenswerthe Räumlichkeit war die im Jahre 1409 eingerichtete, über der großen Rathsstube gelegene Harnischkammer, worin man die Vorräthe der Stadt an Waffen und Rüstungen, wie auch die vom Stadtrichter eingezogenen Pfänder aufbewahrte. Der Rathhausboden wurde als Niederlage für das von den zinspflichtigen Bauern an die Stadt entrichtete Zinsgetreide benutzt. In der Rathhauskapelle [97] standen zwei Altäre, der eine den Heiligen Fabian und Sebastian, der andere der heiligen Dreifaltigkeit geweiht; an jedem ließ der Rath wöchentlich vier Messen lesen. Am Trinitatisfeste feierte man die Kirmeß, wobei die Kapelle mit Gras und Maien ausgeschmückt und auf dem Thürmchen ein gemaltes Kirmeßfähnlein aufgesteckt wurde. Neben der Kapelle, auf der Marktseite, befand sich der Eingang zu dem Rathskeller. Hier ließ der Rath durch einen besoldeten Schenken den ihm allein zustehenden Ausschank fremden Bieres und Weines besorgen. Bevorzugt wurde Freiberger Bier, weshalb man den Keller vielfach auch als „Freibergischen Keller“ bezeichnete. Er genoß das Recht der Befriedung, vermöge dessen jeder, der im Keller Streit anfing und sich thätlich am Schenken oder an Gästen vergriff, durch Abhauen der frevelnden Hand bestraft ward. Da saßen die Bürger im gewölbten, ungepflasterten Keller zwischen den Fässern auf Bänken und tranken aus zinnernen Kannen und Kännchen. Wollten sie dazu etwas essen, so holten sie es sich aus der vor dem Kellereingange stehenden Garküche, zwei Holzbuden, in denen von einem Pächter die Speisewirthschaft betrieben wurde: von hier aus verbreiteten sich bisweilen schlimme Gerüche über den Markt, worüber gelegentlich die in den benachbarten Krambuden feilhaltenden Kramer bitter klagten. – Ein anderer kleiner Anbau am Rathhause enthielt die Rathswaage, auf der bei gewissen Kaufgeschäften die Waaren gewogen werden mußten; dort war auch ein kupferner Scheffel zum Messen des auf dem Markte zum Verkauf gelangenden Hopfens aufgehängt. Um das Rathhaus herum und in dessen Erdgeschoß befanden sich Verkaufsgewölbe und -Bänke. In dem alten Kaufhause hatten die Gewandbänke auch die oberen Stockwerke eingenommen, waren aber [98] mit dessen Umwandlung zum Rathhause allmählich nach unten verdrängt worden. Nur während der Jahrmärkte hielten die Kürschner in den oberen Räumen des Rathhauses noch feil, und für die auswärtigen Gewandschneider waren alsdann Buden auf dem Markte errichtet. Dies hörte aber auch auf, seitdem der Rath das um 1453 erkaufte ehemalige Judenhaus auf dem Jüdenhofe zu einem Gewandhause für die Jahrmarktszeit eingerichtet hatte. Am Rathhause standen ferner auch die Fleischbänke. Diese beschloß der Rath wegen der Feuergefährlichkeit der vielen „Geniste“ im Jahre 1487 nach der kleinen Webergasse zu verlegen, wo sie aber nur bis zum Brande von 1491 blieben. Brodbänke, Fischbänke und Schuhbänke vervollständigten das verwinkelte Gewirr der um das Rathhaus herum liegenden Verkaufsstände. Endlich stand bei der Kapelle nach der Lochgasse zu noch der Pranger und daneben die Gerichtsbank für das vom Vogte gehaltene Landgericht, von deren Schranken diese Stelle des Marktes der „Schrank“ hieß.

Die für den Verkehr wichtigsten Gassen der Stadt waren natürlich die vom Markte nach den Hauptthoren führenden: die Elbgasse, seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Schloßgasse genannt, durch die sich der ganze Verkehr von und nach dem rechten Elbufer bewegte, und die Wilische, später Wilsdruffer Gasse, in welche die von Westen und vom Gebirge, zunächst von Wilsdruff und Freiberg kommenden Landstraßen einmündeten. Der Treffpunkt dieser beiden Gassen am Markte, den man im Mittelalter als das „Kreuz“ bezeichnete, war wie noch heute die verkehrsreichste Stelle der Stadt. Die Gäßchen auf der rechten Seite der Schloßgasse, die Rosmarin-, Sporer- und Kanzleigasse, blieben bis ins 17. Jahrhundert [99] noch ohne Namen. Durch sie gelangte man in die Judengasse, im Anfange des 15. Jahrhunderts meist die große oder alte Judengasse, seit des Kurfürsten August Zeit aber nach dem dort wohnhaften Amtsschösser Ambrosius Erich die Schössergasse genannt. Sie war ebenso wie die benachbarte kleine Judengasse, die jetzige Galeriestraße, den Juden, bis sie 1430 vertrieben wurden, zum ausschließlichen Wohnplatze angewiesen. Am nördlichen Ende der kleinen Judengasse stand das jüdische Gemeindehaus, der sogenannte Judenhof, an dem Platze, der noch jetzt diesen Namen führt. Der Hof war den Juden mit ihrem sonstigen Grundbesitze bereits bei einer Verfolgung im Jahre 1411 vom Landesherrn weggenommen und bald nachher an die Stadt verkauft worden, die ihn später als Waffen- und Pulverhaus, Getreidespeicher, Brauhaus und in Jahrmarktszeiten als Gewandhaus benutzte. Auch eine eigene Badestube hatten die Juden in der Judengasse gehabt; in diese „Judenstube“ wurden nach dem großen Stadtbrande die Fleischbänke verlegt. Die kleine Judengasse hieß auch die Windische Gasse, offenbar weil dort auch Wenden in größerer Zahl wohnten. Aus der Windischen Gasse führte die Frauengasse durch ein Stadtthor hinaus in die um die Frauenkirche herum ausgebreitete Vorstadt. Vor der Frauengasse zweigte nach Süden ein Seitengäßchen ab, die Kuttelgasse, wo sich bis zu Anfang des 15. Jahrhunderts der Kuttelhof befand, der dann in die Windische Gasse und von da im Jahre 1473 in die Wilsdruffer Vorstadt verlegt wurde. Durch die Kuttelgasse, die jetzige Schuhmachergasse, hindurch gelangte man in das Loch. So wurde der ganze Stadttheil auf der Ostseite des Marktes bis zur Kreuzkirche herüber bezeichnet; die einzelnen Gäßchen dieser Gegend hatten im 15. Jahrhundert [100] noch keine feststehenden Namen, nur für die heutige große Frohngasse, wo die Rathsfrohnfeste oder Büttelei stand, kommt zuweilen schon die Benennung Büttelgasse vor. Nach und nach schränkte sich aber der Name Loch als Lochgasse auf die spätere Badergasse ein, wo sich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bis zum Jahre 1863 eine städtische Badestube, die „Rathsbaderei“, befand. Am Ende dieser Gasse, hinten bei der Stadtmauer, stand das von der Stadt unterhaltene öffentliche „Frauenhaus“ oder „Hurenhaus“, auch das „freie“, „gemeine“ oder „böse Haus“ genannt, ein ärmliches Holzhäuschen, in dem unter der Obhut einer vom Rathe angestellten „Wirthin“ oder „Meisterin“ einige Dirnen, gewöhnlich „Huren“ oder „freie Frauen“, auch „Töchter“ genannt, ihr Wesen trieben; es wird seit dem Jahre 1415 urkundlich erwähnt und verschwand erst mit der Einführung der Reformation. Mehr noch als die in der Nähe gelegenen Wohnungen des Büttels und des Henkers brachte diese Stätte lockerer Sitte den schmutzigen, dem Verkehr entrückten Stadttheil in Verruf. – Von hier gelangte man durch die noch unbenannte spätere Kirchgasse zur Kreuzkirche. Diese hatte sich anscheinend in den alten romanischen Formen bis in den Anfang des 15. Jahrhunderts erhalten. Durch den damals ausgeführten großen Umbau war sie zu dem stattlichen gotischen Bauwerke umgestaltet worden, das im Jahre 1491 größtentheils den Flammen zum Opfer fiel. Von der Kreuzkirche lief nach Osten zu die Kreuzgasse; an ihrer Ecke, hinter der Kirche, lag wie noch heute die Pfarre und daneben an der Stadtmauer der städtische Marstall, dann folgten an der Schulgasse, einst Caplangasse genannt, die Wohnhäuser der Capläne und auf der Südseite der Kirche die Kreuzschule, bis zum Kreuzgäßchen, der jetzigen Pfarrgasse, reichend. Vielleicht [101] hatte sich die Schule oder wenigstens die Schülerwohnung in früherer Zeit auf der benachbarten Schreibergasse befunden, denn mit dem Namen Schreiber bezeichnete man die älteren von den Schülern. Diese hatten dort auch eine Badestube, die „Schreiberstube“, gehabt, aber später, nachdem die Juden die ihrige in der kleinen Judengasse hatten hergeben müssen, war sie diesen überlassen und hieß die „Judenstube“.

Vom Markte nach Süden zu ging die Seegasse, so genannt von dem in dieser Richtung vor der Stadt liegenden alten oder oberen See, von wo die Landstraßen nach Dippoldiswalde und Dohna ihren Ausgang nahmen. Die westliche Stadthälfte ist überaus regelmäßig angelegt: sie besteht aus acht auf die Nord-Süd-Linie rechtwinklig aufstoßenden Gassen, von denen die sechs mittleren unter einander durch namenlose enge Quergäßchen verbunden sind. Die südlichste dieser acht gleichlaufenden Gassen, die Kundigengasse, wird zusammen mit der Seegasse bereits in einer Urkunde vom Jahre 1324 genannt, während uns die meisten anderen Gassennamen erst in dem Geschoßregister von 1396 überliefert sind. Sie trug den Namen von dem vornehmen Geschlecht der Kundige, die jedenfalls ursprünglich hier einen Hof innehatten und später als Besitzer der Güter Wildberg und Helfenberg erscheinen, mit einem Wappen, das eine Hand mit gespreizten Fingern im Schilde führt. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts heißt diese Gasse die Breite Gasse. Die dann folgende Zahnsgasse ist ebenfalls nach einer dort ansässigen hervorragenden Bürgerfamilie benannt; im Geschoßregister von 1396 kommt ein Nickel Zahn, allerdings in der benachbarten Kundigengasse wohnend, vor. Die kleine Webergasse war anfänglich vorwiegend von Webern, die bis auf die neuere Zeit ihr Innungshaus dort hatten, bewohnt, [102] ebenso die große Webergasse, für die seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts, veranlaßt durch den als Hopfenmaß an der Marktecke aufgehängten kupfernen Scheffel, die Bezeichnung Scheffelgasse aufkam. Die Wilandsgasse oder Wilische Gasse, seit dem 16. Jahrhundert meist Wilsdorfer und neuerdings Wilsdruffer Gasse genannt, verdankt ihren Namen dem Nachbarorte Wilsdruff, der urkundlich zuerst im Jahre 1259 als Wilandestorf vorkommt. An den Ausgängen der großen und der kleinen Brüdergasse bei der Stadtmauer befand sich das Kloster der Franziskaner oder Barfüßerbrüder, zu dessen Anlage der Landesherr vermuthlich einen Theil des Schloßgartens hergegeben hatte. Die im 14. Jahrhundert erbaute zweischiffige Klosterkirche, wie alle Bettelmönchskirchen ohne Thurm, ist noch in der heutigen Sophienkirche erhalten. Die daran angebaute jetzige Taufkapelle hieß die Bußmanskapelle und ist gestiftet von dem Dresdner Bürgermeister Lorenz Bußman und seiner Gattin, die dort begraben liegen und deren Köpfe – die ältesten Bildnisse von Dresdner Einwohnern – als Konsolen an den Gewölbestützen hinter dem Altare in Stein ausgehauen sind. Aus dieser Kapelle stammt das hervorragendste mittelalterliche Bildwerk Dresdens, zugleich eines der schönsten in ganz Deutschland, der noch im Alterthumsmuseum aufbewahrte steinerne Altar mit einer Darstellung des heiligen Grabes, der 1552 in die Bartholomäikapelle versetzt wurde[17]. Auf der Südseite lag der Kirchhof, auf der Nordseite waren die Wohn- und Wirthschaftsgebäude des Klosters angebaut, daran schloß sich weiter nach Norden der Mönchsgarten, der bis zum Taschenberge, der letzten der acht Seitengassen, reichte. Auf dem Raume zwischen dieser Gasse und der Elbe befand sich von jeher der Wohnsitz der Landesherrschaft. [-]

[Bild]

Bildnisse des Bürgermeisters Lorenz Bußman und seiner Frau (um 1400),
in Sandstein gehauen in der Bußmanskapelle der Franziskanerkirche (jetzt Sophienkirche).


Das heil. Grab aus der Bußmanskapelle der Franziskanerkirche,
in Sandstein ausgeführt um das Jahr 1400; jetzt im Museum des Sächs. Alterthumsvereins.

[-] [103] Von der Lage und Gestalt des markgräflichen Schlosses läßt sich, bei der Dürftigkeit der geschichtlichen Nachrichten, ein zutreffendes Bild nur aus den noch vorhandenen Holzmodellen des Gebäudes gewinnen, die aus der Zeit des Herzogs Georg herrühren. Darnach ist nicht zu bezweifeln, daß schon die erste, etwa aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stammende Burganlage auf derselben Stelle gestanden hat wie noch heute die östliche Hälfte des der Elbe zugewendeten Schloßflügels. Es war ein einfaches Gebäude, das sich vom Elbthore, dem späteren Georgenthore, bis an die Stelle des jetzigen großen Schloßthurmes erstreckte, wo es in dem starken „Hausmannsthurme“, d. h. dem Wächterthurme, endete. Diese älteste Burg, von der in den Umfassungsmauern des jetzigen Schlosses vermuthlich noch Reste erhalten sind, hatte in jedem Stockwerke nur wenige weite Räume: im Erdgeschoß zwei große Hallen für Wirthschaftszwecke, im ersten Stock die Hofstube mit Vorsaal, im zweiten die Frauenstube, von wo aus ein Erker freie Aussicht auf das Elbthal eröffnete. An die älteste Burg baute wahrscheinlich Markgraf Wilhelm I. zwei Flügel an, deren östlicher in spitzem Winkel vom Elbthore längs der Elbgasse bis an den Rücksprung vor dem jetzigen Eingänge in der Schloßstraße reichte, während der westliche vom Hausmannsthurme rechtwinklig nach Süden ging. In dem Obergeschoß dieses Flügels befand sich dicht neben dem Thurme, vom Hofe her durch ein einziges hohes Fenster erleuchtet, die kleine Schloßkapelle, die später durch eine Predigt Luthers vor dem Herzog Georg geschichtliche Berühmtheit erlangte. Der von den drei Flügeln eingefaßte Hof war auf der Südseite offen, bis er in den Jahren 1471–74 durch Errichtung des sogenannten Thorhauses abgeschlossen wurde. Dieses von [104] Meister Arnold von Westfalen erbaute Thorhaus, das ein hohes Dach mit einer eigenartig geformten Laterne trug, stand ungefähr an der Stelle des jetzigen Durchganges vom großen nach dem kleinen Schloßhofe; ein doppeltes Thor mündete in den Zwinger, der sich zwischen dem Schlosse und der Gasse am Taschenberge bis an die Schloßgasse hereinzog, nach der sich ein Pförtchen öffnete[18].

Ueber den baulichen Zustand der Gassen im Mittelalter ist aus den Urkunden kein deutliches Bild zu gewinnen. Pflaster war schon vor dem 15. Jahrhundert vorhanden, denn seit dem Jahre 1403 erwähnen die Rechnungen bereits „Steinsetzer“, die Pflasterausbesserungen auf der Brücke und in der Elbgasse ausführen. Sicher hat sich dieses Pflaster nicht schon über die ganze Straßenbreite erstreckt, sondern nur schmale Steinwege, wie auch auf den größeren Plätzen, gebildet. Noch im 16. Jahrhundert beschränkte sich die Stadtgemeinde darauf, in der Mitte der Straße ein Schleusengerinne abpflastern zu lassen, und es war dann Sache jedes Hausbesitzers, auf eigene Kosten vor seiner Thür „mit dem Pflaster nachzufallen“. Ebenso lag die Herstellung von Schrittsteinen an den Häusern entlang den Hausbesitzern ob. Bei dem auf der Mitte der Gassen angehäuften Schmutze und der Verbauung der Schrittsteine durch zahlreiche Kellerhälse, Treppen, Erker, Steinbänke, durch aufgestellte Wagen, Holzstöße und sonstige Vorräthe mag der Verkehr mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft gewesen sein, zumal bei Dunkelheit, denn an öffentlicher Beleuchtung fehlte es gänzlich.

Die Baustellen der Häuser sind, abgesehen von einzelnen Zusammenlegungen, ebenso wie die Straßenzüge noch heute im wesentlichen dieselben wie zur Zeit der Erbauung der Stadt; [105] sie sind an der Straße meist schmal, besitzen aber einen Hof von ansehnlicher Tiefe. Die Häuser standen in der Regel mit dem Giebel nach der Straße zu, und dies gewährte auch bei dürftiger Bauart einen abwechslungsreichen Anblick. Je mehr dann aber nach dem Brande von 1491 statt der schindelgedeckten Holz- und Fachwerkbauten große Steinhäuser errichtet wurden, um so geschlossener gestalteten sich die Straßenfronten. Seit dem 16. Jahrhundert mangelte es nicht an stattlichen Privatgebäuden, aber auch dann ist die Sitte, die Häuser mit besonderen Namen zu belegen, hier auf die Gasthöfe beschränkt geblieben. Dresden war eben keine Handelsstadt, in der ein lebhafter Geschäftsverkehr solche das Zurechtfinden erleichternde Bezeichnungen gefordert hätte.

Die eigentliche Stadt war von Befestigungen umschlossen, hinter denen in kriegerischen Zeiten auch die Bewohner der Vorstädte und des offenen Landes Zuflucht fanden. Den Verkehr mit der Außenwelt vermittelten die von starken rechteckigen Thürmen überragten Stadtthore. Wie es bei den deutschen Städten uraltes Herkommen war, hatte auch Dresden deren vier, nach jeder Himmelsrichtung eins: am Ausgange der Elbgasse nach der Brücke zu stand das Elbthor, auch Wasserthor oder Brückenthor genannt, mit einer Durchfahrt auf die Brücke heraus und einer zweiten nach dem Elbufer herab, ein festes Gebäude mit hohen Giebeln, das zusammen mit dem anstoßenden Schlosse den stärksten Theil der Stadtbefestigung bildete. An der Frauengasse stand das mit spitzen Eckthürmchen ausgestattete Frauenthor, an der Seegasse das Seethor und an der Wilischen Gasse das Wilische Thor. Außerdem war ein kleineres, wohl erst nachträglich angelegtes Nebenthor für den Personenverkehr am Ausgange [106] der Kreuzgasse vorhanden, das Kreuzthor oder Kreuzpförtchen, das nicht unter, sondern neben dem Thurme hinausging. Wie die Stadt selbst, so war auch die Stadtmauer für Vertheidigungszwecke in fünf Viertel eingetheilt, deren Endpunkte die Thore bildeten; der Theil der Mauer vom Kreuzpförtchen bis zum Seethore hieß das Kreuzviertel, von da bis zum Wilischen Thore das lange Viertel. Ueber die Höhe und Stärke der Stadtmauer fehlt es an Angaben. Anderwärts war sie 4 bis 6 Meter hoch und 11/2 bis 21/2 Meter dick. Unzweifelhaft hat sie die Form eines Vielecks gehabt. Als Baumaterial benutzte man im 15. Jahrhundert theils Pirnaischen Sandstein, und zwar die als Gehorne oder Horzeln bezeichneten unregelmäßigen Stücke, theils den Stein von Plauen bei Dresden, den sogenannten Plauener (ein Name, der später in der verderbten Form Pläner allgemeine Verbreitung fand). Die Mauerkrone trug geradlinig eingeschnittene Zinnen, deren Oeffnungen bei Kriegsgefahr zur besseren Deckung der Vertheidiger mit Brettern verschlagen wurden; die gefährdetsten Stellen der Mauer spickte man dann mit Dornen. Auf der Mauer standen hölzerne Wächterhäuschen, auch Erker genannt, kleine, nur für einzelne Personen Raum bietende Auslughäuschen, zu denen Treppen hinaufführten. In ältester Zeit hielten die Wächter ihren Umgang um die Stadtmauer zwischen dieser und den anstoßenden Häusern oder auch außerhalb der Mauer am Stadtgraben hin. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts aber wurde für diesen Zweck an der Innenseite der Mauer ein auf Ziegelmauern ruhender hölzerner Wehrgang mit Ziegeldach errichtet; seine Vollendung hatte sich dadurch verzögert, daß das fertiggestellte Gezimmer nach dem Brande von 1491 zu anderen städtischen Gebäuden verwendet worden [107] war. Ein Stück dieses Wehrganges, der letzte Rest der mittelalterlichen Stadtbefestigung, ist noch heute in der mit wildem Wein bewachsenen Ziegelwand im Stallhofe erhalten.

Während der Husitenkriege wurde die Festung durch Errichtung einer Außenmauer vor der Ringmauer verstärkt. Um dafür Platz zu gewinnen, mußte der Stadtgraben größtentheils zugefüllt und weiter hinaus gerückt werden. Der zwischen beiden Mauern gelegene Raum hieß der Zwinger. Dieser Zwingerbau wurde von 1427 bis 1431 vom Schlosse an bis zum Wilischen Thore ausgeführt, 1448 nahm man ihn auf dem langen Viertel wieder auf und gelangte 1458 damit bis in die Gegend des Frauenthores. Die Zwingermauern, die niedriger und schwächer als die Ringmauer waren, wurden in Kriegszeiten mit Geschützen besetzt, zu deren Unterbringung „Büchsenhäuser“ im Zwinger standen. Die Eingänge zum Zwinger befanden sich bei den Stadtthoren.

Ueber die Zwingermauern waren eine Anzahl kleinere Thürme vertheilt. Einige finden sich schon bei Gelegenheit des Zwingerbaues seit 1427 erwähnt, die meisten aber wurden erst Mitte des 15. Jahrhunderts errichtet, nämlich drei zwischen dem Frauenthore und dem Pförtchen, drei zwischen diesem und dem Seethore, fünf auf dem langen Viertel und zwei hinter dem Kloster, so daß die Stadt seitdem zahlreiche Festungsthürme aufzuweisen hatte, die ihr von außen ein mächtiges und malerisches Aussehen verliehen. Alle Thor- und Mauerthürme waren von Stein aufgeführt, aber mit hölzernen Gängen, Stirnwehren und Bollwerken versehen, ihre Dächer theils mit Schindeln, theils mit Schiefer oder Ziegeln gedeckt. Ein runder Mauerthurm auf der Strecke zwischen Schreibergasse und Pfarrgasse, dessen Grundgemäuer beim Bau der Reformirten [108] Kirche im Jahre 1892 aufgedeckt wurde, wies eine Mauerstärke von 13/4 Meter und im Innern einen Durchmesser von etwa 9 Metern auf; die anstoßende Zwingermauer war 11/4 Meter stark, der Zwinger an dieser Stelle etwa 20 Meter breit. Die Thorthürme trugen als Schmuck das in Stein gehauene und bemalte Stadtwappen. In ihnen befanden sich die Wohnungen der Thorwächter oder „Hausmänner“, im Frauenthurme und Pförtchenthurme auch Gefängnisse. Unter dem Frauenthore stand überdies das „Narrenhäuslein“, ein Lattenverschlag, in dem nächtliche Ruhestörer eingesperrt wurden. Einer der Mauerthürme, nicht weit vom Elbthore nach dem Jüdenhofe zu, diente als Schuldgefängniß oder „Schuldkammer“; man brachte darin gelegentlich auch Geisteskranke unter.

Die Mauer war außen rings von dem Stadtgraben umzogen und dieser von einem Wall eingefaßt, auf dem eine mit Planken beschlagene hohe Pfahl- und Erdwand, der sogenannte „Zaun“ oder „Parchen“, stand, den noch ein niedriges Steingemäuer, der „Kamm“, krönte. Ueberdies war der Wall vorübergehend an einzelnen Stellen mit Bollwerken und sogar Thürmen, den „Widerthürmen“, besetzt. Von den Mauerthoren führten Zugbrücken über den Stadtgraben. Drüben war der Durchgang durch den Wall wieder durch Wallthore und „Schläge“ abgeschlossen und durch Brustwehren und Bollwerke vertheidigt, von denen die eine Art hier mit dem Namen „Tarras“ (Terrasse) bezeichnet wird. Der Stadtgraben stand mit dem Jüdenteiche und dem See durch Gerinne in Verbindung und konnte dadurch schnell unter Wasser gesetzt werden. In Friedenszeiten blieb jedoch nur ein Theil des Grabens gefüllt, der „Fischgraben“, in dem der Rath für seinen Bedarf Fische zog. Das Schloß war auf der West- [109] und Südseite noch von einem besonderen inneren Graben, dem „Schloßgraben“, umzogen und dieser wurde von den Fürsten als Gehege für zahme Hirsche benutzt; ihre Zahl scheint zu Zeiten ziemlich groß gewesen zu sein, wenigstens ersuchte 1449 der Kurfürst den Rath, die Hirsche, die im Schloßgraben nicht Raum genug hätten, in den Stadtgraben gehen zu lassen.

Das Land rund herum war noch nach der Erbauung der Stadt von zahlreichen Wasserläufen durchzogen und von sumpfigen Teichflächen bedeckt, die dann allmählich, manche erst in neuerer Zeit, trocken gelegt wurden. Noch in Urkunden aus den Jahren 1297 und 1353 wird ein nur theilweise ausgetrockneter See vor dem Frauenthore erwähnt. Um dieselbe Zeit mag wohl auch die tiefliegende Bürgerwiese, die zweifellos ursprünglich ebenfalls einen solchen See bildete, entwässert worden sein, während der weiter nach dem Kreuzthore zu gelegene Jüdenteich, auf dem jetzigen Georgplatze, erst 1849 zugeschüttet wurde. Sein Name schrieb sich möglicherweise davon her, daß sich dort der Begräbnißplatz der Juden befand, vielleicht aber auch, daß dort im Jahre 1349 die Judenverbrennung stattgefunden hatte. Der See vor dem Seethore, der im Jahre 1324 schlechthin als der See erwähnt wird, erstreckte sich ungefähr von der Gegend des jetzigen Ferdinandplatzes entlang der kleinen Oberseergasse (Trompeterstraße) bis zum Dippoldiswaldaer Platze und von da entlang der Gasse „am See“ bis zur jetzigen Annenstraße. Durch Zuschüttung des Knies am Dippoldiswaldaer Platze wurde er wohl schon im 14. Jahrhundert in zwei Wasserbecken gespalten, den alten und den neuen oder Ober- und Untersee. Der Obersee scheint bereits gegen Anfang des 16. Jahrhunderts trocken gelegt worden zu sein, dagegen wurde der Untersee erst 1746 ausgefüllt. Endlich gab [110] es noch einen See vor dem Wilischen Thore, die Entenpfütze genannt, in deren Nähe, auf der Viehweide, sich ebenso wie beim Jüdenteiche im 15. Jahrhundert noch kleinere Teiche befanden, die zur Fischzucht benutzt wurden. Außer diesen von einem todten Elbarme herrührenden stehenden Gewässern und dem Elbstrome selbst war für die Anlage der Vorstädte auch die Weißeritz (1206 als Bistrice erwähnt) von Bedeutung, und zwar ein Arm, der sich unterhalb des Dorfes Plauen abzweigte und über Poppitz gehend nahe am Wilischen Thore vorbeifloß, wo an ihm die Gerber sich ansiedelten. Dieser zum Zwecke des Mühlenbetriebes nach und nach kanalisirte Weißeritzarm wird im 15. Jahrhundert gewöhnlich schlechthin als die Weißeritz, bisweilen aber auch schon als der Mühlgraben bezeichnet. Nicht minder wichtig war die von Strehlen hereinkommende Kaitzbach, im Mittelalter stets Katzbach genannt, die der Stadt das Wasser für Gewerbs-, Reinigungs- und Feuerlöschzwecke zuführte. Sie floß die Bürgerwiese entlang nach dem Jüdenteiche zu, wurde beim Kreuzthore über den Stadtgraben geleitet, ging in einem ausgemauerten Gerinne durch die Kreuzgasse, auf der Süd- und Westseite um den Markt herum und theilte sich am Rathhause in zwei Arme, von denen sie einen in die Wilische Gasse entsandte, während der Hauptarm durch die Elbgasse und den Taschenberg floß und beim Klostergarten wieder über den Stadtgraben hinausgeleitet wurde.

Längs dieser Wasserläufe und Wasserbecken und zwischen ihnen hindurch führten anscheinend schon frühzeitig von den umliegenden Dörfern nach dem Elbübergange und der Frauenkirche hin eine Anzahl Verbindungswege, die sich später zum Theil zu Landstraßen ausbildeten. Die Ansiedelungen an diesen [111] Wegen und Gewässern aber rühren, mit Ausnahme der in der Nähe der Frauenkirche gelegenen, wohl größtentheils erst aus der Zeit nach der Erbauung der Stadt her. Im 15. Jahrhundert werden von solchen vorstädtischen Gassen und Häusergruppen genannt: die Häuser auf der Brücke oder vor dem Brückenthore, also auf dem heutigen Schloßplatze (im Jahre 1489 vier Häuser); die Häuser an der Elbe (ungefähr die Linie der jetzigen Terrassengasse und des unteren Terrassenufers einnehmend) und die (alte oder kleine) Fischergasse (jetzt Brühlsche Gasse), die zusammen die älteste Fischeransiedelung auf dem linken Elbufer bildeten und in eine Ober- und eine Niedergemeine zerfielen (32 Häuser); die Ramtiz-, Rampoldische oder Rampische Gasse, so genannt nach dem im 14. Jahrhundert als Ranvoltiz oder Ramaltiz erwähnten, später wohl in die äußere Fortsetzung der Gasse hineingewachsenen Dorfe (31 Häuser); die Ziegelgasse, deren Name von der vor ihr gelegenen Ziegelwiese mit der Rathsziegelscheune herrührt (13 Häuser); die Pirnische Gasse, jetzt Landhausstraße (36 Häuser); die Häuser an der Katzbach, jetzt Ostseite der Bürgerwiese (5 Häuser); die Borngasse, jetzt Carusstraße (13 Häuser); die Eulengasse, vermuthlich nach einer Herberge zur „Eule“ so benannt, und die Halbegasse, die beide zusammen eine einzige Häuserreihe bildeten und deren Namen später zur „Halbeulengasse“ zusammengezogen wurden, jetzt die Westseite der Bürgerwiese und der Bankstraße (13 Häuser); die Häuser hinter dem alten See, die spätere Oberseergasse (20 Häuser), und hinter dem neuen See, jetzt „am See“ (11 Häuser); die Rosengasse, deren Name wohl ebenfalls auf ein Gasthausschild zurückzuführen ist (10 Häuser); die erst 1550 der Stadt völlig angegliederten Dörfer Poppitz [112] (mit 17 Häusern) und Fischersdorf und endlich die Gemeinde vor dem Wilischen Thore (mit 44 Häusern), deren Kern die Gerberhäuser, die heutige Gerbergasse, darstellten und die nach Norden zu in einigen Häusern und Gärten auf der sogenannten „Wetzegrelle“ gegenüber dem Schlosse endete. Von hier elbabwärts zwischen dem Mühlgraben und der wilden Weißeritz, an der Stelle des späteren kleinen Ostrageheges, lag das nicht mehr zum Stadtbezirke gehörige Vorwerk Ostra oder Kleinostra, das 1305 von einem Gunther Wolf der Brückenkapelle geschenkt worden war und im 15. Jahrhundert der Familie Monhaupt gehörte; seine Aecker und Wiesen erstreckten sich weit hinüber auf das linke Weißeritzufer bis hinter das auf einer Bodenwelle des Ueberschwemmungsgebietes liegende Dorf Ostra (d. h. Insel) oder Großostra, an dessen Stelle später Kurfürst August das neue Ostravorwerk anlegte.

Soweit die Vorstädte geschlossene Gassen bildeten, waren sie am äußeren Ende durch Zäune und Gräben mit Thoren und Brücken abgeschlossen. Jedoch diese Befestigung konnte höchstens gegen einen plötzlichen räuberischen Ueberfall schützen, einem ernsthaften kriegerischen Angriffe aber nicht standhalten, wie denn die Vorstädte in Kriegszeiten wiederholt aufgegeben und gänzlich zerstört worden sind. Zwischen den Gassen lagen die Gärten der Vorstädter, darüber hinaus die Felder und Wiesen der Stadtbürger, soweit das Weichbild d. h. der Geltungskreis des Stadtrechts und Machtbezirk des Stadtgerichts reichte. Auch die Grenze des Weichbildes war in der ältesten Zeit da, wo kein Wasserlauf oder sonstiges natürliches Hinderniß sie bezeichnete, durch eine leichte Feldbefestigung, bestehend in Zaun und Graben, die sogenannte „Landwehr“, geschützt; wo die Landstraßen hindurchführten, waren „Schläge“ [113] d. h. Sperrbäume angebracht. Der Hauptnutzen dieser Weichbildbefestigung war wohl der, das Vieh der Nachbardörfer von den Stadtfeldern abzuhalten und in Gerichtsfällen Streitigkeiten mit dem landesherrlichen Amtmanne, der in dem um das Weichbild herum liegenden Landgerichtsbezirke zuständig war, zu vermeiden. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Vorstädte verschwand die Landwehr schon im 15. Jahrhundert, seitdem war die Grenze durch Rain- oder Malsteine bezeichnet, deren Lage der Rath alljährlich mit Vertretern der Handwerke und der Gemeinde im Beisein des Amtmannes besichtigte.

Das der Stadt bei ihrer Gründung vom Landesherrn angewiesene Weichbild erfuhr die erste Erweiterung durch die Einverleibung der Vorwerke Räcknitz und Auswik. Unter einem Vorwerk verstand man im Mittelalter ursprünglich ein größeres Hofgut, das als Zubehör eines innenstädtischen Hofes von diesem aus mit bewirthschaftet wurde und das bisweilen auch befestigt war, in diesem Falle somit als vorgeschobenes Bollwerk und Beobachtungsposten zur Stadtbefestigung gehörte. Später verlor sich jedoch das Merkmal der Zugehörigkeit zu einem Hauptgute und man bezeichnete als Vorwerk jedes ausgedehnte Landgut, das eine städtische Gemeinde oder Familie außerhalb des Weichbildes innehatte. Das Vorwerk Räcknitz war von alter Zeit her als markgräfliches Lehn und später als Erbgut im Besitze vermögender Dresdner Bürgerfamilien. So finden wir 1384 den Rathsherrn Peter Münzmeister, 1404 die Bürgerfamilie Leubnitz als Besitzer je einer Hälfte des Vorwerks. In den Jahren 1465 und 1467 wurden beide Hälften von den Erben Franz Bibrachs an den Rath zu Dresden verkauft, der sie aber nicht zu eigener Bewirthschaftung, sondern zum Zwecke der Zerlegung erwarb. Er veräußerte [114] davon Ackerstücke an 38 verschiedene Stadtbürger und Bauern der Nachbardörfer gegen Erbzins, während den Vorwerkshof der Bauer Palatzsch in Pestitz übernahm. Die erworbene Landfläche wurde dem Stadtgebiete einverleibt. Der Bauer Palatzsch mußte sich im Kaufvertrage von 1469 verpflichten, von dem bisherigen Vorwerkshofe wie von den ausgesetzten Ackerstücken, die er etwa an sich bringen würde, gleich einem Mitbürger städtisches Geschoß zu zahlen, auch diese Aecker abgetrennt von seinen Pestitzer Grundstücken zu lassen, so daß sie stets „Stadtzinsgut“ blieben. So ist die weit nach Süden ausgreifende, ganz unregelmäßig gestaltete Stadtgrenze oberhalb des Zellischen Weges entstanden: in den ober- und unterhalb Räcknitz in die umliegenden Dorffluren einschneidenden Theilen des Stadtgebietes erkennen wir die Aecker des ehemaligen Vorwerks Räcknitz, in dem jetzigen „Stadtgute“ den alten Vorwerkshof wieder.

Zwischen der Bergstraße und der Plauenschen Flurgrenze zieht sich das Stadtgebiet oberhalb des Zellischen Weges ebenfalls weit nach Süden hinauf. Diese Fluren waren einst Zubehör des Vorwerks Auswik, das der Rath gleichzeitig mit dem Vorwerke Räcknitz und von denselben Besitzern gekauft hatte; der Kaufpreis für beide zusammen betrug 565 Schock Groschen. Das Vorwerk Auswik, dessen Name meist in den verderbten Formen Ußewig, Usmig und anderen vorkommt, war ursprünglich nicht ein bloßer Gutshof, sondern zugleich eins der erwähnten vorgeschobenen Bollwerke. Im Jahre 1473 ließ der Rath dort von einem verfallenen Thurme Steine wegbrechen; in den darüber vorhandenen Rechnungsvermerken wird der Hof als „Vorburg“ bezeichnet und der Name Auswik, d. h. eben Vorburg, Außenort (von wîc, Burg, Stadt, Bezirk), [115] bei dieser Gelegenheit, wo sich der Schreiber vermuthlich der ursprünglichen Bestimmung der Anlage bewußt war, in der richtigen Form wiedergegeben. Der deutsche Name deutet darauf hin, daß dieses befestigte Vorwerk nicht aus einem der alten slawischen Dörfer hervorgegangen, sondern von der Stadt aus, wohl schon bei deren Gründung, angelegt war. Der Hof mit dem Wartthurme hat vermuthlich auf der obersten Ausbuchtung des Stadtgebietes gestanden, nahe an dem durch die Plauenschen Ziegeleien hindurchführenden Fahrwege, von wo aus sich ein umfassender Ueberblick über den Elbthalkessel bietet[19].

Während sich so nach Süden zu das Weichbild fast bis zur Entfernung einer Wegstunde vom Mittelpunkte der Stadt vorgeschoben hatte, hörte es auf der Nordseite schon unmittelbar hinter der Stadtmauer auf: die Elbbrücke, auf die man aus dem Elbthore hinaustrat, gehörte bereits nicht mehr zum Weichbilde der Stadt. Trotz ihres engen vermögensrechtlichen Zusammenhanges mit der Kreuzkirche bildete sie ein eigenes Rechtsgebiet, in dem der Brückenmeister mit Schöffen aus den Brückenamtsdörfern die niedere und der Amtmann die höhere Gerichtsbarkeit ausübte. Bei alledem aber war die Brücke von jeher ein untrennbares Stück der Stadt und mit ihren Geschicken aufs innigste verknüpft. Die Vorliebe, die der Dresdner für seine „alte Brücke“ hegt, schreibt sich gewiß schon aus dem Mittelalter her, wo sie zwar noch nicht die jetzigen schönen und mächtigen Formen hatte, aber doch auch ein gewaltiges und bewunderungswürdiges Bauwerk war. Sie scheint ursprünglich ganz von Holz gewesen zu sein; wenn sie im Jahre 1287 die „steinerne“ genannt wird, so kann auch dies wohl nur von den Pfeilern, nicht vom Oberbau gelten. [116] Vielleicht bestand die Absicht, sie ganz von Stein zu erneuern, als die Kirche im Jahre 1319 einen Ablaß zu ihren Gunsten ausschrieb. Nachdem dann eine Hochfluth im Juli 1342 und der Eisgang im März 1343 sie gänzlich zerstört hatten, wurde sie endlich in einer den Jahrhunderten trotzenden Festigkeit von Steinquadern wieder hergestellt. Die Brücke hatte 24 Pfeiler mit 23 Bögen, die Fahrbahn war zu beiden Seiten mit steinernen Zinnen eingefaßt. Durch das Elbthor kommend betrat man zuerst eine hölzerne Zugbrücke; diese führte nach dem Zollhause herüber, wo der Zöllner den von der ältesten Zeit her üblichen Brückenzoll forderte. An mehreren nahestehenden Wohnhäusern vorüber, die als „auf der Brücke“ gelegen bezeichnet wurden, gelangte man zu einer Kapelle. Diese kleine Brückenkapelle war anfänglich dem Leichnam Christi geweiht. In den kriegerischen Zeiten des 15. Jahrhunderts gerieth sie in Verfall, und nachdem sie im Jahre 1468 wieder hergestellt worden war, scheint man sie dem heiligen Alexius gewidmet zu haben. Es wurde täglich darin Messe gelesen und alljährlich zu Pfingsten und zum Johannisfeste ein Bild des Patrons außen aufgestellt, an dem die Vorübergehenden Opfergelder niederlegten. Durch ein Fallgitterthor, das auf dem höchsten Pfeiler stand, führte der Weg nach dem Wächterhause auf der Mitte der Brücke, das mit dem nächsten Pfeiler wieder nur durch eine Zugbrücke verbunden war. Der vorletzte Pfeiler trug den viereckigen gezinnten Thorthurm, von dem man auf einer dritten Zugbrücke nach Altendresden heraus gelangte. Ein auf der mittleren Zinne des Strombogens stehendes Steinkreuz bezeichnete dem Schiffer die Durchfahrt. Als Merkmal der Brückenfreiheit stand beim Wächterhause eine Säule mit der Darstellung einer Hand, die mit dem Beile abgehauen wird, zum Zeichen, daß, [117] wer hier mit der Waffe frevle, die Hand verlieren solle[20]. Am Altendresdner Brückenkopfe war das Wappen der Grafen von Dohna, die dort einen Zoll erheben ließen, angebracht. Man hat daraus vielfach auf alte Beziehungen der Dohnaischen Burggrafen zur Dresdner Brücke geschlossen, aber mit Unrecht. Dieser Dohnaische Zoll war gar kein Brückenzoll, sondern ein Geleitszoll für die Straße nach Königsbrück. Das Geleitsrecht auf dieser Straße stand den Besitzern von Königsbrück zu, und dies waren im Anfange des 15. Jahrhunderts die Herren von Waldow, erst seit etwa 1440 die Grafen von Dohna. Von einem Antheil derer von Dohna am Dresdner Brückenzoll kann daher ebenso wenig wie von ihrer Mitwirkung bei der Erbauung und Unterhaltung der Brücke die Rede sein. Im Jahre 1577 ging der Dohnaische Straßenzoll durch Verpfändung an den Dresdner Rath über, der ihn seitdem gleichzeitig mit dem Brückenzolle durch seinen Zöllner einheben ließ[21].

Die räumliche Entwicklung des auf dem rechten Elbufer gelegenen Altendresden, das erst im Jahre 1403 Weichbildrecht erhielt, läßt sich nur bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts zurück verfolgen, doch scheint es, daß schon damals die meisten Gassen der heutigen inneren Neustadt vorhanden waren. Unmittelbar vor der Brücke lag der Markt, der ehemalige Dorfplatz aus der slawischen Vorzeit des Ortes. Das erste Rathhaus des Städtchens, das wohl von Anfang an rechts am Eingange zur jetzigen Hauptstraße stand, mag kein sehr ansehnliches Gebäude gewesen sein: noch im Anfange des 16. Jahrhunderts war es mit Schindeln gedeckt. Auch hier diente die Rathsstube, der Sitzungsraum des Rathes, zugleich als Tanzboden der Bürgerschaft. Im Rathskeller wurde durch [118] einen Pächter außer Wein auch Freiberger Bier, aber nur in der Advents- und der Fastenzeit, und Dresdner Bier nur dann verschänkt, wenn bei den nächsten Nachbarn das eigene Gebräude ausgegangen war. Der Rathskeller genoß hier nicht dieselbe Freiheit wie der Dresdner: Friedbruch wurde nur mit Geldstrafe geahndet. Am Kellereingange stand als hölzerner Anbau die Garküche, die an einen Speisewirth verpachtet war.

Um den Markt herum lagen folgende Gassen und Häusergruppen: die Häuser an der Brücke, rechts und links von dieser abzweigend; die Badergasse (jetzt Blockhausgäßchen), wo sich die öffentliche Badestube befand; die Meißnische Gasse (jetzt große Meißner Straße); der Kohlmarkt, eigentlich Kohlenmarkt (jetzt Körnerstraße), wo die für gewerbliche Zwecke vielgebrauchten Holzkohlen feilgeboten wurden; die Rosengasse, seit dem 16. Jahrhundert kleine Meißnische Gasse genannt; der Grund, das tief liegende Verbindungsgäßchen zwischen der großen und der kleinen Meißnischen Gasse; die Rähnitzgasse, an die sich der Weg nach dem Dorfe Rähnitz anschloß. Auf dem vorderen Theile der jetzigen Hauptstraße, vor der Schule, an deren Stelle in neuerer Zeit der Gasthof „zum Kronprinz“ getreten ist, stand die Pfarrkirche zu den heiligen drei Königen, die, wie es scheint, von Markgraf Wilhelm I. erst bei der Erhebung Altendresdens zur Stadt gegründet und mit Einkünften ausgestattet worden war; diese späte Erbauung der Kirche macht es erklärlich, daß sie ihre Stelle nicht, wie sonst üblich, auf dem alten Dorfplatze hatte. Die Häuser hinter dem Kirchhofe bildeten den nördlichen Abschluß des Ortes. Auf die Kirche zu führte von der Rähnitzgasse und von der Breiten Gasse, der heutigen Kasernenstraße, herüber das Kirchgäßchen, in seinem westlichen Theile jetzt Rathhausgäßchen, [119] im östlichen Alleegäßchen genannt. An der Breiten Gasse gab es schon im 15. Jahrhundert ein Jägerhaus, wo der landesherrliche Förster wohnte und die von den Bürgern zu bedienenden Jagdnetze aufbewahrt wurden; davon hatte das Jägergäßchen seinen Namen, das später nach dem 1568 angelegten großen Jägerhofe „Jägerhofgäßchen“ hieß. Die große und die kleine Klostergasse entstanden erst im 16. Jahrhundert auf dem Hof- und Gartenraume des mit Einführung der Reformation aufgehobenen Augustiner-Eremiten-Klosters, dessen Gebäude ungefähr den jetzigen Klosterplatz einnahmen; die dazu gehörige angrenzende Elbwiese behielt den Namen Mönchswiese bis auf die neuere Zeit.

Die Gassen Altendresdens waren bei weitem nicht so geschlossen mit Häusern besetzt wie die Neudresdens; im 15. Jahrhundert befanden sich nicht bloß Gärten, sondern sogar noch Aecker und Weinberge innerhalb des Städtchens. Dieses hatte weder Mauern noch Thürme, sondern war nur durch einen bewallten Stadtgraben geschützt. Der an der Ziegelwiese zwischen der Meißnischen Straße und der Elbe gelegene Theil hieß der „Ziegelgraben“, am Ausgange der Breiten Gasse lag der „Schützengarten“ mit der Schießhütte und der Vogelstange. Die nach außen führenden Gassen waren durch Thore mit Thorhäusern abgeschlossen, deren es sechs gab: das Baderthor, das Meißnische Thor, das Wasserthor (am Kohlmarkt), das Rähnitzthor, das Breite Thor und das Klosterthor.

Die nächste Umgebung Dresdens hatte in älterer Zeit ausgedehnten Weinbau aufzuweisen. Auf dem linken Elbufer waren die Ländereien elbaufwärts von der Ziegelwiese, insbesondere die dem Brückenamte zinspflichtigen Tatzberge (ursprünglich Tatzeans- oder Tatzigisberge vom wendischen taca d. h. Zehnte) [120] sowie einige Flurstücke bei Striesen und Ostra mit Wein bepflanzt, und Altendresden war auf allen Seiten von Weingärten umgeben, die sich elbaufwärts fast ohne Unterbrechung bis Loschwitz und weiter bis Pillnitz zogen. Ueber die Weingärten und die Aecker der Bürger hinaus erstreckte sich nach der Haide zu der breite Sand mit dem Rathstännicht, hinter dem der Bischofsweg vorbeiführte. Es war dies ein vor Altendresden von der Meißnischen Straße abzweigender und an der Prießnitzbrücke wieder in die Stolpische Straße einmündender Weg, den sich der Meißner Bischof angelegt hatte, um bei der Fahrt nach seinem Schlosse Stolpen das Stadtgebiet nicht berühren zu müssen. Dem gleichen Zwecke diente links der Elbe der von Löbtau beim „Hellegrunde“ unterhalb Auswik vorbei durch den als „Boden“ bezeichneten Landstrich unterhalb Zschertnitz führende Zellische Weg, auf dem die Mönche von Altenzelle, unbeschwert durch städtische Abgaben, den Verkehr mit dem ihnen gehörigen Dorfe Leubnitz unterhielten. Mit der Einverleibung der Vorwerke Auswik und Räcknitz kam dieser Weg aber doch theilweise in städtische Gewalt.



[121]
Vierter Abschnitt.
Zustände im 15. Jahrhundert.




Die Einwohnerschaft.

Die Feststellung der Einwohnerzahl mittelalterlicher Städte bietet meist große Schwierigkeiten. Für Dresden sind ein brauchbares Hilfsmittel die seit dem Jahre 1396 im Rathsarchive zahlreich erhaltenen Geschoßregister, d. h. Rechnungen über die als Geschoß bezeichnete Bürgersteuer. Man muß versuchen, die Einwohnerzahl auf Grund der aus den Geschoßregistern sich ergebenden Häuserzahl zu berechnen. Die Zahl der Häuser innerhalb der Ringmauer konnte naturgemäß nur wenig zunehmen, da die ausgesetzten Plätze größtentheils schon in den ersten Zeiten der Stadt bebaut worden waren. Nach einem Berichte des Rathes an die Landesherren aus dem Jahre 1474 waren damals 426 Bürgerhäuser vorhanden, darunter freilich viel kleine Häuschen im Werthe von 3 bis 6 Schock Groschen, die armen Leuten und Wittwen gehörten; außerdem 26 von allen städtischen und landesherrlichen Lasten befreite Grundstücke, nämlich 10 adelige Freihöfe, 13 geistliche Häuser und 3 Wohnhäuser von Seelnonnen. Die Entwicklung der linkselbischen Vorstädte war lange Zeit durch verheerende Kriege, die ihren

[Bild]

Anfang einer Kopfzählungsliste aus dem Jahre 1454
(Original im Rathsarchiv).

[123] Bestand fortwährend in Frage stellten, unmöglich gemacht. Im Jahre 1396 hatten sie aus 66 Häusern bestanden; im Husitenkriege wurden sie gänzlich niedergebrannt, und was davon in der nächsten Zeit wieder aus der Asche erstanden war, mußte 1452 aufs neue der Sicherheit der Stadt geopfert werden. In den nun folgenden friedlichen Jahrzehnten aber entfaltete sich eine lebhafte Bauthätigkeit in den Vorstädten: bis zu dem Brandjahre 1491 war die Zahl ihrer Häuser auf etwa 250 angewachsen. Das ebenfalls unbefestigte linkselbische Altendresden erholte sich von den wiederholten Zerstörungen viel langsamer.

Aus einer Kopfzählungsliste vom Jahre 1454 geht hervor, daß jedes Haus der Stadt durchschnittlich von etwa sieben Köpfen bewohnt war, während in den Vorstädten nur etwa vier Bewohner auf das Haus gerechnet werden können. Hiernach muß vor dem großen Brande die Einwohnerzahl in der inneren Stadt gegen 3800, in den Vorstädten gegen 1000 und in Altendresden etwa 1200, insgesammt also gegen 6000 betragen haben; in Folge des Brandes aber ging sie wohl auf 4500 zurück. Wie im Laufe der folgenden Jahrhunderte auf gleicher Bodenfläche mit der wachsenden Höhe der Häuser die Bevölkerung an Dichtigkeit zugenommen hat, erhellt deutlich daraus, daß in den 33 Häusern der Scheffelgasse im Jahre 1454 235, im Jahre 1895 dagegen 1067 Bewohner gezählt wurden.

Auch für die Einwohnernamen sind die erwähnten Geschoßregister eine reiche Fundgrube. Das Ursprüngliche am Personennamen war der Vorname, der im Mittelalter in allen Ständen ausschließlich zur Anrede benutzt wurde. Die Zahl der gebräuchlichen Vornamen war aber geringer als heutzutage, und gegenüber den zahlreichen Franz, Hans, Heinrich, Jakob, [124] Nikolaus, Peter, Thomas und anderen machen sich in alten Personenverzeichnissen abweichende Namen wenig bemerklich. Daher mußte schon frühzeitig und besonders mit der fortschreitenden Vergrößerung der Städte das Bedürfniß entstehen, die vielen gleichnamigen Personen durch Beinamen zu unterscheiden. Allmählich wurde es dann Brauch, diese persönlichen Beinamen von dem Manne auf dessen Wittwe und Kinder und auf deren Nachkommenschaft zu übertragen. Auf diese Weise entstanden die meisten Familiennamen. Auch der erste Dresdner Bürger, der in den uns erhaltenen Urkunden auftritt, trägt schon einen solchen Beinamen; es ist der im Jahre 1284 vorkommende „Reinhard genannt Schirmer“. Die nächste und ergiebigste Quelle zur Ableitung von Beinamen waren dem Volke die Körper- und Charaktereigenschaften der Personen, nach denen es diese theils ernst, theils spöttisch bezeichnete. So entstanden hier Namen wie Großehans, Breiteheinrich, Klugethiele, Dickebein, Gelhar, der behende Töpfer, der schöne Kaspar und ähnliche. Den Uebergang solcher Namen von den Männern auf die Frauen beweisen: Barbara die kleine Jakoffin, die Heinrich Rotkopchin und andere. Wie sich die Beinamen vereinfachen und als Familiennamen befestigen, dafür liefert ein deutliches Beispiel ein in den Geschoßregistern seit 1396 auftretender Fritze mit dem Barte, der darin seit 1411 Fritze Bart genannt wird. Für manche sonderbare Benennungen wie Unser Herrgotts Schwager, Hans der heilige Geist, Hans das Schwert im Sacke, Schabernack und andere mögen bloße Zufälle oder Scherze maßgebend gewesen sein. Nicht selten werden die Beinamen den Gassen oder sonstigen Oertlichkeiten entnommen, so Peter von der Scheune, Kuhne bei dem Borne, Matthes auf der Hofestadt, Dietrich bei dem Thore, Peter im Keller, Ilse [125] auf der Weißeritz, Paul am Ende. Sehr nahe lag die Bezeichnung der Personen nach ihrem Gewerbe, wie Apetz Bäcker, Peter Krämer, Heinrich Fleischhauer u. s. w.; gerade diese Art von Beinamen für die einzelne Person hat sich schon frühzeitig in großer Zahl als Familiennamen festgesetzt, so daß man im Mittelalter nie mit Sicherheit zu bestimmen vermag, ob eine bloße Berufsangabe oder ein Familienname oder beides zugleich vorliegt. Den von auswärts in die Stadt eingewanderten Personen wurde mit Vorliebe der Ort ihrer Herkunft als Beiname und sodann häufig ihren Nachkommen als Familienname beigelegt. Fast alle Städte und Dörfer in der Umgegend Dresdens sind hier in den Urkunden und Einwohnerverzeichnissen vertreten, z. B. Andreas von Pirna (1292), Johannes von Löbtau (1297), Jakobus von Freiberg (1303), Thiele von Reik (1308), Johannes von Wilandsdorf (1318), Franz Räcknitz (1380), Bartusch von Leubnitz, Mertin Loschwitz, Nickel Radebeul, Paul von Striesen, Jakob von Plauen (1396) und viele andere, selbst ein Hans von Dresden kommt 1413 hier als Bürger vor, so daß man annehmen kann, daß auch der bekannte Husit Peter von Dresden diesen Namen nicht bloß auswärts geführt hat. Wie wenig solche Namen im 14. Jahrhundert noch feststanden, beweist folgender Fall: In einer Schuldurkunde vom 2. Oktober 1388 führt ein Bürge, dessen Siegel die Umschrift S. Franczkonis Rudigeri trägt, den Namen Franz Pirner, während er in einer Urkunde von 1376 noch Franz Rudiger heißt. Er ist offenbar der Nachkomme eines Rudiger von Pirne, der 1324 als Rathsherr vorkommt, und wird nicht mehr bei dem Namen seines Vorfahren Rudiger, sondern nach dessen Herkunftsort Pirner genannt. Ein anderes Glied dieser Familie erscheint in der Rathsliste 1332 als Heinrich von Pirne, [126] 1362 als Heinrich Pirner. – Zahlreiche slawische Namen wie Apatsch, Beratsch, Dragusch, Hackatsch, Patzk, Slawan und andere weisen darauf hin, daß viele ehemals slawische Familien der Bürgerschaft angehörten. Freilich wohnten sie im 15. Jahrhundert nicht mehr gesondert in der Windischen Gasse, auch hatten sie wahrscheinlich längst deutsche Sprache und Sitte angenommen. Wenn man noch im Anfange des 16. Jahrhunderts alljährlich zum Johannisfeste einen wendischen Prediger nach Dresden kommen ließ, so geschah dies wohl nur um der wendischen Bauern willen, die aus dem benachbarten Theile der Lausitz zu diesem Feste herbeiströmten.

Von den mittelalterlichen Namen sind natürlich manche auch heute noch in Dresden vertreten, ohne daß sich gerade ein unmittelbarer Zusammenhang ihrer frühesten und jetzigen Träger nachweisen ließe. Einzig aber steht gewiß der Fall da, daß eine bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts genannte Familie bis vor wenigen Jahrzehnten den ursprünglichen Beruf und auch dasselbe Hausgrundstück festgehalten hat: es war die an der Elbe ansässige Fischerfamilie Gasse.

Ueber die Vertheilung der Berufsstände und ihre Vermögenslage ist nur wenig Genaues zu ermitteln, da die Geschoßregister und die sonstigen Steuerlisten immer nur den Namen, nie den Beruf des Besteuerten angeben. Im ganzen hat Dresden damals in der Erwerbsthätigkeit und damit in der Zusammensetzung der Bürgerschaft den Charakter einer kleinen Landstadt gehabt. Die angesehenste und vermögendste Bürgerklasse bildeten eine beschränkte Anzahl alter Geschlechter, die in Dörfern der Umgegend Landgüter, Weinberge und Erbzinsen besaßen und in der Stadt meist als Kaufleute, besonders Gewandschneider, thätig waren. Einige von ihnen hatten eigene [127] Schiffe auf der Elbe und handelten mit Getreide und Kaufmannswaare im großen, die sogenannten Schiffhändler. Die zahlreichste Klasse waren die Handwerker, von denen viele nebenbei einen kleinen Feld-, Wiesen- oder Gartenbesitz vor der Stadt bewirthschafteten und etwas Viehstand hielten. Die Stärke der einzelnen Handwerke läßt sich annähernd aus der Zahl der Mannschaften berechnen, die sie bei Kriegszügen zu stellen hatten. Wenn z. B. im Jahre 1447 die Fleischer, deren Meisterzahl nicht größer als die Zahl der vorhandenen Fleischbänke, 34, sein konnte, 7 Mann, also auf je 5 Köpfe einen, stellten, so müssen, diesem Verhältniß entsprechend, die übrigen zünftigen Handwerke in Neudresden damals aus etwa 65 Tuchmachern, 60 Schustern, 34 Schneidern, 30 Schmieden, 20 Bäckern, 15 Kürschnern und 15 Böttchern bestanden haben. Die noch nicht zünftigen Handwerke hatten jedenfalls alle eine geringere Meisterzahl, nur mit Ausnahme der Leinweber, die noch im 16. Jahrhundert, wo das einst so blühende Tuchmachergewerbe bereits ganz darniederlag, alle anderen Handwerke an Stärke überragten. Die kleinen Ackerbürger, die sich nur vom Betriebe der Landwirthschaft nährten und im Gegensatze zu den Handwerkern als die „Gemeine“ bezeichnet wurden, kamen diesen weder an Zahl noch an Bedeutung gleich. Die übrige berufsthätige Bevölkerung bestand größtentheils aus Gewerbsgehilfen und Dienstboten; selbständige Lohnarbeiter gab es noch sehr wenige. Außerhalb der bürgerlichen Berufsstände lebten die Geistlichen und Ordensleute, sowie die landesherrlichen Beamten und Diener, zusammen wohl kaum mehr als 100 Personen.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohnerschaft lassen sich aus einer Einschätzungsliste erkennen, die im Jahre 1488 [128] bei Erhebung einer außerordentlichen Landessteuer von 1 Prozent alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens aufgestellt wurde. Darnach wohnten in Neudresden 602 Eingeschätzte mit zusammen 77 477 Gulden Vermögen, in den Vorstädten 163 mit 3938 Gulden und in Altendresden 191 mit 6237 Gulden. Wenn man die Vermögen von 1000 Gulden und mehr als große, die von 200 bis 1000 als mittlere und die von 25 bis 200 als kleine bezeichnet, so gab es in Dresden 9 große, 114 mittlere und 285 kleine Vermögende, außerdem 194 arme Leute mit weniger als 25 Gulden. Der Mittelstand, zu dem man die Besitzer der mittleren und kleinen Vermögen rechnen kann, bildete sonach gegenüber den Reichen und den Armen die weit überwiegende Mehrheit. In den Vorstädten dagegen zählte man nur 58 Personen mit 25 bis 200 Gulden und 105 Personen mit weniger als 25 Gulden, in Altendresden 81 Personen mit 25 bis 200 Gulden und 110 mit weniger als 25 Gulden. Die großen und mittleren Vermögen, also Reichthum und wohlhabender Mittelstand, fehlten in beiden Ortstheilen vollständig, und auch gegenüber dem kleinen Mittelstande waren die Armen noch stark in der Ueberzahl. – Das höchste Vermögen hatten Heinrich Sleweger mit 2350 Gulden und Jeniko Geusing mit 1900 Gulden, beide wahrscheinlich Kaufleute, dann Hans von Karlewitz, der „Haus, Aecker, Weingärten und Wiesen um die Stadt“ besaß, mit 1800 Gulden; die beiden Bürgermeister Nickel Seydel und Simon Wercho waren mit 900 und 500 Gulden eingeschätzt. Durchschnittlich kam auf den Kopf der Bevölkerung in der Stadt Dresden ungefähr 21, in den Vorstädten 4, in Altendresden 6 Gulden Vermögen, wobei zu bemerken, daß 1 rheinischer Gulden von damals (zu 21 Groschen) auf ungefähr 40 Mark heutigen Zeitwerth veranschlagt werden darf. Der

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Aus einer Einschätzungsliste zur Vermögenssteuer vom Jahre 1488
(Original im Rathsarchiv.)

[130] Wohlstand in Altendresden war somit nicht viel höher als in den Vorstädten, wo doch, abgesehen von Müllerei, Fischerei und Töpferei, keine Handwerke betrieben wurden. Die Altendresdner Handwerker hatten eben unter dem Drucke des Wettbewerbs der Dresdner stets zu leiden, aber auch in Dresden selbst gehörten die höheren Vermögen nicht dem Handwerkerstande, sondern den Grundbesitzern und Kaufleuten an, und solche gab es in dem unbefestigten Altendresden, das ihnen keine Sicherheit für ihren Besitz bieten konnte, überhaupt nicht. Der bedeutende Unterschied zwischen den Ortstheilen hinsichtlich des Wohlstandes und der Berufsthätigkeit kommt auch in der Stärke der nur gezählten, nicht mit eingeschätzten gewerblichen Hilfsarbeiter und Dienstboten zum Ausdruck: es gab in Neudresden 296, in Altendresden 63 Gesellen, Knechte und Mägde, in den Vorstädten aber nur 8 Dienstboten. Bei einer erneuten Abschätzung zu einer Vermögenssteuer im Jahre 1502 stellte sich heraus, daß sich in der Stadt Dresden das Gesammtvermögen seit 1488 um 11 000 Gulden vermindert hatte, jedenfalls eine Folge der großen Eigenthumsvernichtung bei dem Brande von 1491. Der reichste Mann war jetzt der Bürgermeister Hans Smeisser, sein Vermögen hatte sich seit 1488 von 1500 auf 2200 Gulden gehoben. Im übrigen aber war die Zahl der großen Vermögen zurückgegangen.

Wer im Weichbilde der Stadt Grundeigenthum besitzen oder ein bürgerliches Gewerbe betreiben wollte, mußte das Bürgerrecht erwerben, nur die adeligen Herren und die fürstlichen Beamten blieben von dieser Verpflichtung befreit. Ein Haupterforderniß für das Bürgerrecht war der Nachweis ehelicher Geburt, und zwar auf vier Ahnen zurück; zu diesem Zwecke mußten zwei redliche Zeugen gestellt oder ein Geburtsbrief [131] vorgelegt werden. Der aufzunehmende Bürger hatte folgenden Eid zu leisten: „Ich schwöre Gott, meinem gnädigen Herrn (d. i. dem Landesherrn), dem Rathe und der ganzen Stadt allhier getreu, gehorsam und Gewähr (Schutz) zu sein und ihnen helfen steuern, wer sich wider sie setzt wider Rechte, als mir Gott helfe und alle seine Heiligen.“ Jeder Aufgenommene entrichtete eine Bürgerrechtsgebühr, die im 14. Jahrhundert 20, dann 30 Groschen, seit 1458 aber 1 Schock Groschen betrug; einheimische Bürgerssöhne waren davon befreit. Die Zahl der aufgenommenen Bürger belief sich im Jahre 1397 auf 54, dagegen in den drei Jahren 1439 bis 1441 nur 9, 28 und 37, und später noch weniger; auch dies deutet darauf hin, daß sich die Stadt während des 15. Jahrhunderts nicht mehr so ersprießlich entwickelte wie früher. Unter den Pflichten des Bürgers stand obenan die zum persönlichen Waffendienst, nicht bloß bei der Bewachung und Vertheidigung der Stadt, sondern auch bei den Heerfahrten der Landesherren. Soweit die Bedürfnisse des städtischen Haushalts durch direkte Steuern gedeckt werden mußten, waren diese von den Bürgern in der Form des Geschosses aufzubringen. Das Bürgerrecht erlosch durch Wegzug aus der Stadt; dem Abziehenden wurde, wenn mehrere Mitbürger ihm sein Wohlverhalten bezeugten, vom Rathe ein Abschiedsbrief mitgegeben. Der Verlust des Bürgerrechts war auch mit der Strafe der Stadtverweisung verbunden, die am häufigsten wegen Widersetzlichkeit gegen die Stadtbehörde und wegen unverbesserlichen schlechten Lebenswandels verhängt wurde. Hatte der Ausgewiesene vorher im Gefängniß gesessen oder eine körperliche Züchtigung erlitten, so mußte er dem Rathe „Urfriede“ oder „Urfehde“ schwören, d. h. einen Eid leisten, sich deshalb an niemand rächen zu wollen; auf dem Bruch dieses Urfriedens stand die Todesstrafe.

[132] Eine besondere, vom Bürgerrecht ausgeschlossene Klasse der Bevölkerung bildeten die Juden. Schon im 13. Jahrhundert müssen sie zahlreich in der Markgrafschaft Meißen gewohnt haben, denn Heinrich der Erlauchte hat im Jahre 1265 ein Gesetz zur Ordnung ihrer privatrechtlichen Verhältnisse erlassen. Diese Judenordnung enthält hauptsächlich Bestimmungen über ihren Gerichtsstand und über das Verfahren bei Geltendmachung von Schuldforderungen zwischen Juden und Christen, sowie Vorschriften über den Betrieb des Pfandleihgewerbes und zeigt die Juden auf privatrechtlichem Gebiete im Zustande fast völliger Rechtsgleichheit mit den Christen. Der Landesfürst war damals nur der Gerichtsherr der Juden, im übrigen waren sie Unterthanen oder „Kammerknechte“ des deutschen Königs, dem sie für seinen Schutz einen jährlichen Zins zahlten. Dieser Judenschutz mit dem Besteuerungsrechte wurde im Jahre 1330 vom Kaiser Ludwig dem Meißner Markgrafen für sein Land verliehen. Nach der großen Judenverfolgung von 1349 dauerte es nicht lange, daß sich auch in Dresden wieder Juden niederlassen durften: 1375 werden Sloman, Zadoch und andere Juden als Hausbesitzer, 1386 Nochman, Jakob von Prag und andere als Geldverleiher urkundlich erwähnt. Im Jahre 1411 wurden die Juden auf Befehl des Landgrafen Friedrich hier wie in ganz Meißen und Thüringen ihres Vermögens und besonders auch ihres Grundbesitzes beraubt. Um die nöthigen Vorkehrungen zu dieser Judenberaubung zu treffen, war der Rath mit den landesherrlichen Beamten beim Stadtkämmerer versammelt; dieser bucht nämlich in der Stadtrechnung 18 Groschen für Wein, den sie tranken, „als der Rath ganz bei mir war, als Hans von Polenz und der Hauptmann auch mit war, als wir die Juden fingen“. [133] Die Fürsten gestatteten eben „ihren“ Juden, sich während einer Reihe von Jahren auf Kosten der Christen zu bereichern, um ihnen dann zu gelegener Zeit ihre Schätze abzunehmen. Eine neue Beraubung der Juden erfolgte dann während der Husitenkriege im Jahre 1430. Damals wurden sie sämmtlich aus der Stadt vertrieben, aber schon kurz nachher fanden sich manche wieder ein. Als Geldverleiher konnte man sie bei dem Mangel sonstiger Kreditgelegenheiten kaum entbehren; namentlich waren bei plötzlichem Geldbedarf diejenigen auf sie angewiesen, welche keine Grundstücke besaßen, auf die sie Rentenschulden hätten aufnehmen können, aber selbst der Fürst und die Stadtgemeinde kamen nicht selten in die Nothwendigkeit, Geld von ihnen zu entleihen. Zur Bildung einer eigentlichen Gemeinde aber brachten es die Juden seit dem Jahre 1411, wo ihnen ihre Synagoge, der „Judenhof“, weggenommen worden war, nicht wieder, ja selbst die wenigen, die nach 1430 zurückgekehrt waren, konnten sich nicht lange hier halten. Es ging ganz gegen den Willen der Bürgerschaft, als 1468 Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht den Meister Baruch als ihren Leibwundarzt mit zahlreicher Familie in die Stadt aufnahmen und ihm wie seinen verheiratheten Söhnen Meyer und Moses das Recht zur Ausübung des Pfandleihgewerbes ertheilten. Der Apotheker Huffner ließ sich erst durch einen strengen Befehl der Landesherren bewegen, dem Juden Arzneien zu liefern, und 1469 kam die Unzufriedenheit mit der Niederlassung dieser zahlreichen Judenfamilie zum Ausbruch, indem eine Schaar junger Bürgerssöhne ihr Haus stürmte und sie mißhandelte. Seitdem hört man hier bis ins 17. Jahrhundert von Juden so gut wie nichts mehr.



[134]
Die Stadtobrigkeit.


Die Bedeutung des Rathes als Stadtobrigkeit war im Mittelalter ungleich größer als jetzt, denn außer der eigentlichen Verwaltung gehörte auch die Rechtspflege und die Stadtvertheidigung zu seinen Aufgaben und in seinem Regimente sah er sich nicht durch staatliche Gesetzgebung und Aufsichtsbehörden, sondern nur hie und da durch den persönlichen Willen des Landesfürsten beschränkt. Der Rathsherr war daher ein einflußreicher und angesehener Mann, und wenn man am Dreikönigstage den regierenden Rath für das neue Jahr eingesetzt und die neugewählten Mitglieder verpflichtet hatte, wurde dieses Ereigniß durch eine Messe in der Kreuzkirche gefeiert und der neue Rath beim Verlassen des Rathhauses von den Schülern mit Gesang begrüßt. Bei Gelegenheit des Rathswechsels erfolgte jedesmal die Vertheilung der Rathsämter, denen der Rath zur eigenen Entlastung die Geschäfte einzelner Verwaltungsgebiete übertragen hatte. Das wichtigste der Aemter war das des Bürgermeisters. Mit dieser Würde waren stets gleichzeitig drei Rathsherren bekleidet, die einander in regelmäßigem Wechsel so ablösten, daß die geschäftliche Ueberlieferung stets gewahrt blieb: jeder saß nach Ablauf seines Amtsjahres noch ein Jahr im regierenden Rathe, schied aber allemal für das dritte Jahr aus. Man sprach daher von einem regierenden, einem alten oder beisitzenden und einem ruhenden Bürgermeister. Der regierende Bürgermeister, und in seiner Vertretung der beisitzende, hatte die Leitung des gesammten Stadtregimentes und die Aufsicht über dessen einzelne Geschäftszweige, den Vorsitz in allen Rathsversammlungen, die Ausführung der gefaßten Beschlüsse, die Vertretung [135] der Stadt nach außen hin, besonders auch auf den Landtagen, sowie den Oberbefehl über die bewaffnete Bürgerschaft; in seiner Verwahrung befanden sich die Stadtsiegel, die Schlüssel zur Rathsstube und die städtischen Privilegienurkunden. Ein anderes hervorragendes Amt, dessen Besetzung zeitweilig die Landesfürsten in ihre Hand zu bekommen suchten, war das Brückenamt. Der damit betraute „Brückenmeister“ verwaltete die Einkünfte der Elbbrücke und der Kreuzkirche und sorgte für die Instandhaltung der beiden Bauwerke, ebenso hatte er die Verwaltung der Frauenkirche, des Brückenhofes und des Brückenhofhospitals und der übrigen geistlichen Gebäude und die Ausübung der niedern Gerichtsbarkeit in sieben dem Brückenamte zinspflichtigen Dörfern. Das Brückenamt wurde gewöhnlich einem der drei Bürgermeister übertragen, ebenso wie das Maternihospitalamt, dessen Vorstand, der „Spitalmeister“, das Maternihospital und sein beträchtliches Vermögen an Grundbesitz, Kapitalien und Erbzinsen zu verwalten hatte. Ferner bestand ein Kammeramt zur Verwaltung der städtischen Finanzen, ein Zinsamt zur Einziehung von Zinsen und Stättegeldern, ein Salzamt zur Ausübung des dem Rathe zustehenden Salzverkaufsrechtes, ein Pfannenamt zur Ueberwachung der von den Bürgern zwangsweise benutzten städtischen Braupfannen, ein Bier- und Weinamt zur Verwaltung des Rathskellers, ein Bierschrotamt zur Einziehung der beim Aus- und Einschroten von Bier in die Bürgerkeller zu entrichtenden Schrotgelder, damit verbunden ein Niederlageamt zur Beaufsichtigung des Handelsverkehrs behufs Einhaltung der Niederlagepflicht, endlich ein Bauamt für die Ausführung und Unterhaltung städtischer Bauten und ein Richteramt zur Leitung der Rechtspflege und Polizei. So war [136] die ausübende Gewalt, die in den Anfängen der Stadt dem markgräflichen Vogte und dann dem Bürgermeister im Namen des Rathes allein zugestanden hatte, im 15. Jahrhundert auf zahlreiche Rathsherren unter deren persönlicher Verantwortlichkeit vertheilt und damit eine engere Fühlung der Verwaltung mit den Anforderungen des bürgerlichen Lebens hergestellt.

Ueber wichtige Vorkommnisse in ihrem Geschäftszweige hatten die Amtsverwalter in der Rathssitzung, die jeden Mittwoch und Freitag stattfand, Bericht zu erstatten. Dabei wurden alle Rathsherren der Reihe nach, vom jüngsten angefangen, angehört, der Bürgermeister sprach zuletzt seine Meinung aus und Stimmenmehrheit entschied. Unpünktliches Erscheinen zur Sitzung kostete 1 Groschen Buße, das Mitbringen von Waffen in die Rathsstube war verboten. Die „Rathskumpane“ liebten es nicht, in langwierigen Berathungen, besonders zur Prüfung von Rechnungen, beisammen zu sitzen, ohne einen stärkenden Trunk oder einen Imbiß zu sich zu nehmen. Zahlreiche, mitunter recht hohe Ausgaben zeugen dafür, was man an Bier und Wein „im Thun der Stadt vertrank“ und dazu an Butterfladen, Brezeln und Obst verzehrte; so wurden im Verlaufe des Jahres 1478 laut der Kämmereirechnung 476 Kannen Bier aus dem Keller in die Rathsstube geholt. Außerhalb des Rathhauses war der Rath oft zu Besichtigungen versammelt, an die sich in der Regel ein kleines Gelage anschloß. Wichtig war namentlich die jährliche Besichtigung der Rainsteine, auch die Feueressen und Brennmaterialvorräthe, sowie die Waffen und Rüstungen der Bürgerschaft wurden von Zeit zu Zeit nachgesehen. Selbst die Frauen der Rathsherren erhielten ab und zu einmal amtliche Aufträge: ihnen fiel die Untersuchung liederlicher Dirnen zu, [137] wobei sie der Bürgermeister in seinem Hause mit Wein oder Freibergischem Bier bewirthete. Festlichkeiten und Gelage wurden vom Rathe alljährlich in großer Zahl auf dem Rathhause veranstaltet, so das Schützenessen zu Pfingsten, die Kirmeß am Trinitatisfeste, in den Weihnachtsfeiertagen ein Striezelschmaus mit nachfolgendem Abendessen, ein Fastnachtsessen, bei dem man nur Fisch, und zwar Lachs, Hecht, Barbe, Neunauge, Schmerle und kleinen Bratfisch, außerdem Krebse verzehrte, endlich ein großer Schmaus zu Lätare. Außer diesen regelmäßigen Mahlzeiten gab der Rath noch bei besonderen Gelegenheiten Gastmähler, an denen nicht selten die markgräflichen Beamten und das „Hofgesinde“, bisweilen auch die Fürsten und Fürstinnen selbst theilnahmen. Insbesondere geschah dies, wenn der Landesherr dem Rathe ein Stück Jagdbeute verehrt hatte. Zu einem solchen Mahle im Jahre 1434 hatte der Rath außer dem Landvogt den alten Rath und die sieben Zunftmeister zu Gaste geladen, so daß 34 Personen an elf Tischen saßen. Die Kostenrechnung läßt erkennen, daß man damals im Trinken noch ziemlich mäßig, um so üppiger aber im Essen war; zugleich belehrt sie über die Preisverhältnisse der Lebensmittel, besonders über den ungeheuren Abstand zwischen den Preisen des einheimischen Fleisches und denen der fremden Kaufmannswaare, wie denn z. B. ein Pfund Reis ebenso viel kostete wie zwei Hühner und ein Pfund Pfeffer mehr als ein Viertel Rind. Es gingen bei diesem Mahle nicht weniger als 71/2 Schock Groschen für Speisen und Getränke auf: neben dem geschenkten Hirsche kamen als Feinkost gebratene Eichhörnchen auf den Tisch, die 42 Groschen kosteten; ferner wurden verzehrt 16 Kapaune, das Stück zu 20 Hellern (der Groschen hatte 12 Heller), 12 Hennen in Gallerte für 12 Groschen, [138] 6 Schweinebraten für 26 Groschen, ein halbes Kalb für 6 Groschen, ein Viertel Rind für 8 Groschen; Speck, Salz und Schmalz kosteten 15 Groschen, Erbsen 3 Groschen, 3 Pfund Reis in die Erbsen 6 Groschen, Schweinefleisch in die Erbsen 6 Groschen, 1 Pfund Pfeffer 9 Groschen, 1 Pfund Ingwer 15 Groschen, 8 Lot Saffran 40 Groschen, Nelken 8 Groschen; zu Brod wurde 11/2 Scheffel Korn für 36 Groschen verbacken, Weißbrod ging für 22 Groschen auf; jeder Tischgast erhielt eine Dreiviertelskanne voll Wein vorgesetzt, was zusammen 1 Schock und 42 Groschen kostete, außerdem wurden 10 Kannen Rothwein für 30 Groschen getrunken. – Mit den Gastmählern waren häufig Tänze verbunden, wie sie auch sonst zu Ehren der Fürsten und ihrer Gäste und bei Gelegenheit von Turnieren stattfanden; man ließ dann die Frauen durch eine „Frauenbitterin“ einladen. Sie versammelten sich dazu beim Bürgermeister und begaben sich gemeinsam aufs Rathhaus. Spielleute und Liedsprecher sorgten für die Unterhaltung.

Städtische Beamte waren im Mittelalter nur wenige angestellt, als vornehmster unter ihnen der Stadtschreiber. Er war in der Regel der einzige Gelehrte beim Rathe und demzufolge in vielen Dingen von ausschlaggebendem Einflusse. Meist gehörten die Stadtschreiber dem geistlichen Stande an, waren aber dabei auch rechtskundig. Manche von ihnen hatten vorher als Schulmeister an der Kreuzschule gewirkt, in Altendresden war sogar regelmäßig dem Schulmeister die Stadtschreiberei als Nebenamt übertragen. Dem Stadtschreiber lagen alle schriftlichen Arbeiten beim Rathe ob, auch die Führung der Rechnungen in den einzelnen Aemtern, wenn die Rathsherren des Schreibens nicht kundig waren. Doch war jene Zeit nicht so schreibselig, daß er neben seinem Amte nicht noch [139] Zeit gehabt hätte, das öffentliche Notariat auszuüben. Nach längerer Dienstzeit wurde er gewöhnlich in den Rath aufgenommen und bei seiner überlegenen Bildung mehrfach gleich im ersten Jahre zum Bürgermeister gewählt, wie schon 1396 der erste uns mit Namen bekannte Stadtschreiber Peter Berner. Seine Besoldung betrug 6 Schock Groschen, seit 1457 9 Schock und seit 1478 12 Schock, außerdem bezog er Sporteln für das Ausschreiben von Gerichtsurtheilen und genoß freie Wohnung und Geschoßfreiheit; seine Auslagen für Kanzleibedürfnisse und die Reisekosten bei den häufig vorkommenden auswärtigen Verrichtungen erhielt er vergütet.

Das Kanzleiwesen des Rathes hatte noch geringen Umfang. Am wichtigsten war die Führung der „Stadtbücher“; in ihnen wurden alle vor dem Rathe verhandelten Rechtsgeschäfte verlautbart, insbesondere Verkäufe und Verpfändungen von Grundstücken, Schuldbekenntnisse, Testamente, Erbtheilungen, Verträge, Schiedssprüche und Urfrieden, auch einzelne wichtige Rathsbeschlüsse und mancherlei sonstige Nachrichten wurden ihnen einverleibt. Sie waren somit die Beweismittel für die meisten privatrechtlichen Verhältnisse der Stadtbewohner, genossen daher eine hohe Werthschätzung und wurden zusammen mit den städtischen Geldern in einer Lade aufbewahrt, deren drei Schlüssel dem Kämmerer und zwei anderen Rathsherren anvertraut waren, die sie nur gemeinsam öffnen konnten. In Dresden ist das erste Stadtbuch im Jahre 1404, in Altendresden 1412 angelegt worden, beide werden mit allen ihren Fortsetzungen noch im Hauptstaatsarchive aufbewahrt. Die Amtshandlungen der streitigen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege wurden in „Gerichtsbüchern“ verlautbart. Für die übrigen Rathsgeschäfte ist im 15. Jahrhundert eine geordnete [140] Aktenführung noch nicht hergestellt. Umfangreich war dagegen der Bestand an Stadtrechnungen, die, in schmalem Halbfolioformat angelegt, seit dem Ende des 14. Jahrhunderts in großer Zahl erhalten sind. Die Hauptergebnisse der Jahresrechnung, sowie die Namen der neu aufgenommenen Bürger pflegte man in Wachstafeln einzukritzeln; ein Band solcher Wachstafelregister für die Jahre 1437 bis 1456 ist im Stadtmuseum ausgestellt.

Die Urkunden wurden in der Rathskanzlei im 15. Jahrhundert noch durchgängig auf Pergament ausgefertigt, für Briefe aber war schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Papier in Gebrauch. Die Stelle der Namensunterschrift vertrat das Siegel, das, in Wachs geformt, bei Pergamenturkunden mittelst seidener Schnur oder Pergamentstreifen angehängt, bei Papierschreiben zum Verschluß aufgedrückt ward. Das älteste Stadtsiegel erscheint zuerst an einer Huldigungsurkunde vom Jahre 1309. Es hat die Form eines dreieckigen Schildes mit dem Stadtwappen, das sich aus dem Wappen der Markgrafen von Meißen (aufrechtstehender schwarzer Löwe im goldenen Felde) und dem der Markgrafen von Landsberg (zwei blaue Pfähle im goldenen Felde) zusammensetzt. Die Umschrift lautet SIGILLVM . BVRGENSIVM . IN . DRESEDENE. Der ursprüngliche Stempel, ein dreieckiges schildförmiges Messingplättchen, auf der Rückseite oben mit einem Henkel versehen, wird ebenso wie die späteren in Silber geschnittenen Rathsstempel aus dem 15. Jahrhundert, die den Löwenschild gehalten von einem bärtigen Manne unter einem Spitzbogenbaldachin zeigen, noch jetzt im Stadtmuseum aufbewahrt. Das Altendresdner Stadtsiegel, aus dem 15. Jahrhundert herrührend, zeigt unter einem Baume einen nach rechts springenden Hirsch mit einem Zweige im Maule, wahrscheinlich eine Hindeutung

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Raths- und Innungssiegel.

1. Großes Rathssiegel seit 1309.
2. Großes Rathssiegel seit 1407.
3. Großes Rathssiegel seit 1500.
4. Altendresdner Rathssiegel 1468.
5. Kleines Rathssiegel seit 1401.
6. Kleines Rathssiegel seit 1507.
7. Siegel der Fleischerinnung 1493.

[-] [141] auf die Lage des Ortes dicht an der wildreichen Haide. Die Dresdner Stadtfarben waren von jeher schwarz und gold; auch die landsbergischen Pfähle wurden im Stadtwappen nicht blau, sondern schwarz dargestellt.

Alle Beamten außer dem Stadtschreiber waren niedere Vollzugsbeamte. Der älteste von ihnen ist der Frohnbote oder Büttel, der als bedellus schon im Jahre 1299 erwähnt wird und das Amt eines Gerichtsvollziehers und Gefängnißwärters versah; sein Lohn betrug wöchentlich 3 Groschen. Er war von der guten bürgerlichen Gesellschaft ausgeschlossen. In gleicher Lage befand sich der Henker, auch der Meister, Züchtiger, Temmerer (Schläger) oder Nachrichter genannt, dem außer der Vollstreckung der Leibes- und Lebensstrafen das Geschäft des Schinders oder Abdeckers übertragen war; da er als solcher die herrenlosen Hunde von den Gassen wegzufangen und zu tödten hatte, hieß er auch der Hundeschläger. Außer fester Besoldung erhielt er für jeden Strafvollzug einen besonderen Lohn, und zwar für das Radebrechen 30, für andere Strafen meist 15 Groschen. Ebenso wie der Frohnbote bezog er einen Zins von wöchentlich 1 Groschen aus dem öffentlichen Frauenhause, dessen Ueberwachung ihnen beiden anvertraut war. Zur Wohnung war ihm ein Haus im Loche, in der Nähe der Büttelei und des Frauenhauses, eingeräumt; darin hatte er auch ein eigenes Badestübchen, weil ihm der Besuch der öffentlichen Badestuben untersagt war. Für die mit der Abdeckerei verbundenen Verrichtungen, die er hauptsächlich seinen Knechten überließ, war eine Schinderei an der Elbe erbaut, die im 16. Jahrhundert nach der Weißeritz außerhalb der Wilsdruffer Vorstadt verlegt wurde. – Dem Stadtrichter waren zur Ausübung der Polizeiaufsicht ein oder nach Bedürfniß mehrere [142] mit Hellebarten bewaffnete Richterknechte beigegeben. Ferner hielt der Rath zwei berittene und mit Panzer und Pickelhaube, sowie mit Schwert und Armbrust ausgerüstete Stadtknechte, auch die „reitenden Knechte“ genannt, die seine Briefe nach auswärts besorgten, Gefangene geleiteten, behufs Aufrechterhaltung der Niederlage- und Bierschankprivilegien die Straßen und Herbergen außerhalb der Stadt überwachten und jederzeit als Bedeckungsmannschaft zur Verfügung standen. Der Kreuzthurmwächter, gewöhnlich der Hausmann genannt, hatte die Ankunft Bewaffneter in der Umgegend oder den Ausbruch eines Brandes durch Posaunenstöße anzukündigen. Bei festlichen Gelegenheiten diente er als Stadtpfeifer; für die hohen kirchlichen Feste waren ihm noch drei „Bläser“ beigegeben, die sonst einem anderen Berufe oblagen. Ferner gab es für jedes Stadtthor einen Thorwärter, zum Hüten der den Bürgern gehörigen Schweine einen Hirten oder Hutmann, während des Sommers zur Bewachung der Feldfrüchte einen Flurschützen, sowie mehrere Rathshandwerker und Arbeiter: einen Gräbermeister, dem die Instandhaltung der Festungsgräben und Stadtmauern oblag, einen Stadtzimmermann, einen Röhrmeister, einen Ziegelmeister, endlich einen Marställer, der, im Marstalle wohnend, mit den der Stadt gehörigen Pferden und Wagen das Fuhrwesen des Rathes besorgte. Die meisten dieser Angestellten erhielten außer ihrem Jahres- oder Wochenlohn und etwas Korn freie Amtskleidung, bestehend in grauer Joppe und rothen Hosen, die im Winter mit schwarzen vertauscht wurden; für den Kreuzthürmer war auch ein Pelz vorhanden.



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Aus einer Schneiderrechnung über Rathsdienerkleidung vom Jahre 1427
(Original im Rathsarchiv).

[144]
Die Landesherrschaft.

Das rechtliche Verhältniß zwischen Stadt und Landesfürst wurde bei jedem Regierungswechsel in der Huldigung neu bekräftigt. Sie bestand in dem eidlichen Versprechen unverbrüchlichen Gehorsams, das der Rath aber nicht eher gab, als bis der neue Landesherr den Bürgern seinen Schutz und die Aufrechterhaltung aller ihrer Rechte, Freiheiten und Ehren feierlich zugesichert hatte. Der Fürst erschien mit Gefolge zur Huldigung auf dem Rathhause, gab in der Rathsstube seine Zusicherung ab und nahm von den Rathsherren und vornehmen Bürgern den Eid der Treue und von jedem einzeln den Handschlag entgegen. Darauf trat er ans Fenster vor die auf dem Markte versammelte Bürgerschaft und die Bauern der Rathsdörfer, die nun auch den Huldigungseid leisteten. Der Rath geleitete ihn dann wieder ins Schloß und überreichte ihm dort ein Huldigungsgeschenk; so erhielt Herzog Albrecht 1486 einen vergoldeten Becher im Werthe von 381/2 Schock Groschen.

Die Gesammtheit der Leistungen, welche die Stadt dem Landesherrn schuldete, bezeichnet Kurfürst Friedrich II. in einer Urkunde vom Jahre 1460 als „Rente, Dienst und Folge“, d. h. Steuer, Dienstbarkeit und Heeresfolge. Die hauptsächlichste Einnahmequelle der Fürsten war ursprünglich die ordentliche und außerordentliche Bede; die erstere wurde als Jahrbede oder Jahrrente nach einem feststehenden Satze erhoben, die letztere unregelmäßig und in wechselnder Höhe eingefordert. Als sich aber eine wirkliche Landesverwaltung auszubilden begann und die althergebrachten Landbeden und städtischen Jahrrenten die landesfürstlichen Bedürfnisse nicht mehr zu decken vermochten, stellte sich für den Landesherrn die Nothwendigkeit [145] heraus, die geistlichen und weltlichen Grundeigenthümer und Vertreter der Städte zu berufen, um sich von ihnen neue Hilfsquellen eröffnen zu lassen. Durch solche Uebernahme neuer Lasten, zu deren einseitiger Auflegung die Fürsten nie berechtigt und manchen Landesinsassen gegenüber auch nicht mächtig genug gewesen waren, gewannen die Stände Einfluß auf das Staatswesen überhaupt und daher war ihre Hinzuziehung zu wichtigen Maßnahmen der Regierung nicht zu umgehen. Auf diese Weise sind seit der Mitte des 14. Jahrhunderts die Landtage entstanden. Die Berufungen mögen in der ersten Zeit nur an einzelne Stände oder die Stände einzelner Landestheile, je nachdem diese bei der zu verhandelnden Angelegenheit besonders betheiligt waren, erlassen und erst allmählich auf sämmtliche Stände des ganzen Landes, Prälaten, Grafen, Herren, Ritterschaft und Städte, erstreckt worden sein. Schon im Jahre 1350 beriefen die Fürsten ihre Landesinsassen zu einem Tage nach Leipzig, um sich von ihnen zur Deckung ihrer Schulden eine Steuer bewilligen zu lassen. Im Anfange des 15. Jahrhunderts versammelte Markgraf Wilhelm II. Vertreter der meißnischen Städte zur Theilnahme an Verhandlungen mit seinem Vetter nach Rochlitz. Ebenso forderte Landgraf Friedrich 1419 den Rath zu Dresden auf, zum Abschlusse eines Vertrages mit seinem Bruder Wilhelm einen Rathsherrn und einen aus der Gemeinde nach Weimar abzuordnen. Neben solchen von den Landesherren berufenen Versammlungen erfolgten freiwillige Zusammenkünfte der Stände behufs Vereinbarung gemeinschaftlichen Handelns in Landesangelegenheiten. Je höher die Anforderungen der Fürsten an das Land stiegen und je mehr sich andererseits die verschiedenen Stände zur gemeinsamen Vertretung ihres Vortheils zusammenschlossen, um so ungenügender [146] für das Staatsbedürfniß mußten die Ergebnisse der bisher üblichen Sonderverhandlungen und Einzellandtage werden. Als daher die fürstlichen Brüder Friedrich und Wilhelm in Folge umfassender Landerwerbungen, langwieriger Kriege und des Rückgangs der ordentlichen Einnahmen großer außerordentlicher Geldmittel bedurften, beriefen sie im Jahre 1438 einen Landtag nach Leipzig, auf dem zum ersten Male alle Stände ihrer gesammten Lande, die von Sachsen, Meißen, Franken, Osterland und Vogtland, vertreten waren. Die Stände bewilligten, zunächst nur auf zwei Jahre, eine mit dem Namen „Ziese“ bezeichnete Steuer, bestehend in dem dreißigsten Theile des Erlöses aller verkauften feilen Waaren. Dagegen mußten die Landesherren in einem schriftlichen Sicherheitsscheine versprechen, die Stände künftig nicht wieder mit der Forderung einer solchen außergewöhnlichen Steuer zu beschweren; für den Fall, daß es dennoch geschehe, wurde ihnen ausdrücklich das Recht zugestanden, sich zum Schutze gegen derartige unberechtigte Forderungen zu versammeln und zu verbünden.

In hervorragender Weise machte sich der Einfluß der Landstände bei der Landestheilung zwischen Kurfürst Friedrich und Herzog Wilhelm im Jahre 1445 geltend. Am 10. August fand eine Ständeversammlung in Meißen statt, zu der der Dresdner Rath auf kurfürstliches Begehren seine Mitglieder Questewitz und Münzmeister abordnete. Alsdann wurden die Stände auf den 10. September nach Altenburg entboten, wo unter ihrer Mitwirkung der Theilungsvertrag zu Stande kam. Da aber zwischen den Brüdern neue Mißhelligkeiten ausbrachen, ward für den 18. Oktober ein Landtag nach Leipzig berufen, zu dem Dresden zwei Rathsherren und zwei aus der Gemeinde zu entsenden hatte. Eine weitere für den 30. November nach

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Ausschreiben für den ersten allgemeinen sächsischen Landtag, vom 19. Februar 1438
(Original im Rathsarchiv).

[148] Halle ausgeschriebene Versammlung mußte ausfallen, da die Stände von Meißen, Osterland, Franken und Vogtland willkürlich bereits am 25. November in Leipzig zusammengetreten waren und sich über ihr Verhalten zum Bruderstreite schlüssig gemacht hatten. In einer Vereinigungsurkunde vom 29. November 1445 nahmen sie die Aufgabe und das Recht für sich in Anspruch, den Streit zu schlichten, denn niemand sei dazu besser im Stande, als sie „von den Landen“. Für den Fall, daß sie oder einer von ihnen wegen der zu treffenden Entscheidung von den Landesherren zur Rechenschaft gezogen würden, wollten sie einander vertheidigen. Zur Vertretung ihres Landes setzten sie einen Ausschuß nieder, der alljährlich erneuert und für den die nöthigen Mittel zu Kost und Zehrung bei Versammlungen gemeinsam aufgebracht werden sollten. Ihrem Gehorsam gegen die Landesherren und deren herkömmlichen Rechten sollte das Bündniß keinen Eintrag thun. Trotz dieser Versicherung war darin aber eine sehr weitgehende Anwendung des ihnen im Jahre 1438 zugestandenen Vereinigungsrechts enthalten, durch welche die Stellung der Landesherren gegenüber den Landesinsassen eine beträchtliche Schwächung erlitt. Während Kurfürst Friedrich dem Bunde seine Zustimmung ertheilte, erhob Herzog Wilhelm dagegen lebhaften Einspruch und forderte den Rath zu Dresden und ebenso wohl auch die übrigen Städte schriftlich auf, dem die Unterthanenpflichten verletzenden Vertrage ihre Genehmigung zu versagen und ihre Abgesandten, die ihn hatten abschließen helfen, in Strafe zu nehmen.

Als die Stände im Jahre 1446 bedeutende Summen zur Deckung der landesherrlichen Schulden bewilligt hatten, stellten sie die Forderung, daß ihnen künftig die kurfürstlichen Räthe über die Herkunft solcher Schulden Rede zu stehen hätten. [149] Dieses Verlangen erweiterten sie in den Jahren 1451 und 1454 dahin, daß sie sich ausbedangen, befragt zu werden, ehe neue Schulden gemacht würden. Die Folge davon war, daß ihnen die Landesfürsten einen gewissen Antheil an der Entscheidung über Krieg und Frieden einräumen mußten, was von Seiten Friedrichs II. und seiner Söhne Ernst und Albrecht durch ausdrückliche Erklärungen in den Jahren 1458 und 1466 geschah. Auch nach der Landestheilung gab Herzog Albrecht 1488 die Zusicherung, im Falle der Noth seine Stände zu Rathe zu ziehen und es bei dem bewenden zu lassen, worüber sie sich mit seinen Räthen einigen würden. Beschlüsse, denen sich der Landesherr zu fügen hatte, vermochten die Stände allerdings nur da zu fassen, wo es sich um Auflegung neuer Lasten, insbesondere um Steuern handelte. Aber dies allein genügte, ihnen einen großen Einfluß auf die Geschicke des Landes zu sichern, zumal da sie die Steuern immer nur auf eine Reihe von Jahren bewilligten und deren Einziehung und Verwaltung seit der Mitte des 15. Jahrhunderts vermittelst eines eigenen Ausschusses selbst in die Hand nahmen. Diesen Anspruch auf Ueberwachung der Finanzen erhoben die Stände zuerst auf dem Landtage zu Grimma im Jahre 1451 und setzten zu Landessteuereinnehmern zwölf von den Prälaten und der Ritterschaft und die Bürgermeister der Städte Leipzig, Dresden, Wittenberg, Torgau, Zwickau und Pegau ein. In den Angelegenheiten der Landesregierung und -Verwaltung hatten sie freilich nur eine berathende Stimme, die aber vom Landesfürsten nicht leicht überhört werden konnte.

Die Landstände theilten sich in drei Kurien: die Prälaten, Grafen und Herren bildeten die erste, die Ritterschaft die zweite und die Städte die dritte. Das Direktorium der dritten [150] Kurie führte Leipzig, darauf folgte in der Rangordnung Wittenberg und dann erst Dresden; nur in der Zeit von 1485 bis 1547, als die Kurlande ein eigenes Staatswesen bildeten, besaß Dresden die nächste Stimme nach Leipzig. Die Stadt wurde auf den Landtagen gewöhnlich durch die beiden Bürgermeister und noch einen älteren Rathsherrn vertreten. Diese machten die Reise nach dem Versammlungsorte zu Pferde in Begleitung zweier bewaffneter Stadtknechte und des Marställers; die Kosten für Herberge und Zehrung wurden aus der Stadtkasse bestritten.

Die dem Landesherrn von Alters her zu leistende städtische Jahrrente betrug für Dresden im 14. Jahrhundert 125 Schock Groschen und hat in dieser Höhe unverändert fortbestanden, bis sie durch Vertrag vom 1. Dezember 1846 aufgehoben wurde. Auf diese festen Jahrrenten gründete sich im Mittelalter vorwiegend der Kredit der Fürsten, sie mußten daher bei der Aufnahme von Darlehnen in der Regel als Pfand dienen, auch wurden Theile davon zeitweilig oder für immer zur Deckung dauernder Ausgaben oder für milde Zwecke angewiesen. Die Jahrrente zahlte die Stadt aus ihren ordentlichen Einkünften, während die bisweilen eingeforderten außerordentlichen Beden durch Erhebung besonderer Steuern von den Bürgern aufgebracht wurden. Trotz der schon im Jahre 1356 ertheilten Zusage der Landesherren, künftig keine wieder fordern zu wollen, begegnet man solchen Beden auch noch viel später. Als die letzte pflegt die von den Ständen 1466 auf einem Landtage zu Oschatz bewilligte betrachtet zu werden. Aber auch im 16. Jahrhundert kommen solche Steuern, wenngleich nicht mehr unter dem Namen Bede oder Bere, noch vor: im Jahre 1508 ließ sich Herzog Georg von der Stadt Dresden [151] eine außerordentliche Leistung von 1200 Gulden, in vier Jahresraten zahlbar, „zu Hilfe seines Standes“ bewilligen.

Neben diesen ältesten Arten von Steuern begannen die Landesherren schon im 15. Jahrhundert mit Zustimmung der Landstände den einzelnen Staatsangehörigen, zunächst in der Form von Kopf- und Vermögenssteuern, direkte Geldleistungen aufzuerlegen. So wurde im Jahre 1454 ein gleichmäßiges Kopfgeld von 2 Groschen auf jeden Kopf der Bevölkerung, 1481 aber zur Besoldung der dem Kaiser gegen die Türken zu stellenden Mannschaft eine Vermögenssteuer von 1 Gulden auf je 1000 Gulden Werth alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens, auch des ertragslosen, ausgeschrieben. Diese Vermögenssteuern erfuhren in der Folge eine sehr starke Steigerung: in den Jahren 1488 und 1502 wurden von je 100 Gulden Besitzthum 1 Gulden, im Jahre 1506 aber sogar 2 Gulden Steuer erhoben; theilweise war damit eine Einkommensteuer für die Dienstboten und eine Kopfsteuer für Kinder über 15 Jahre verbunden.

Die indirekten Landesabgaben nehmen ihren Anfang mit der Ziese vom Jahre 1438, die trotz der damals ertheilten Zusicherung schon 1440 aufs neue gefordert und auch auf Handwerkswaaren und Bier ausgedehnt wurde. Sie hatte wieder aufgehört, als man 1469 das Ungeld einführte, das von jedem Gebräude Bier 26 Groschen und auch von anderen Getränken den zwölften Theil des Kaufpreises betrug, wovon der Landesherr drei Viertheile, die Stadt ein Viertheil erhielt. Das Ungeld, anfangs nur auf 6 Jahre bewilligt, wurde eine dauernde Abgabe. Seit seiner Erhöhung auf den zehnten Pfennig hieß es im 16. Jahrhundert der Zehnte und seit 1546, wo es wieder beträchtlich erhöht wurde, Tranksteuer.

[152] Noch in anderer Weise kamen die Städte in die Lage, bei der Aufbringung des landesherrlichen Geldbedarfes mitzuwirken. Es wurde im 15. Jahrhundert mehr und mehr üblich, daß die Fürsten für die von ihnen aufgenommenen Darlehne die Bürgschaft der Städte beanspruchten und erlangten; schon von Markgraf Wilhelm I. liegt ein Schreiben vom 11. Juli 1404 vor, das den Dresdner Rath auffordert, als Bürge sein Siegel mit an einen Schuldbrief für den Fürstbischof von Breslau zu hängen. Ebenso häufig wurde die Stadt unmittelbar um Darlehne angegangen. So hatte sie im Jahre 1412 157 Schock böhmische Groschen aufzubringen, um für den Landgrafen Friedrich den Kaufpreis für das Dorf Letewitz im Gericht Riesenburg zu bestreiten. Als Kurfürst Friedrich II. 1450 ein Darlehn von 2000 Gulden begehrte, wandte sich der Rath an das Meißner Domkapitel mit der Bitte, ihm die Summe vorzuschießen, was dieses aber ablehnen mußte, da es sein Geld bereits der Stadt Leipzig geliehen hatte. Es war jedoch gar nicht nach dem Sinne der Bürgerschaft, wenn der Rath größere Summen für die Landesherren aufbrachte und dadurch die Stadt mit Zinsen belastete. In der nach vielen Kämpfen zu Stande gekommenen Rathsordnung von 1470 mußte der Rath ausdrücklich zugestehen, ohne Wissen der Gemeinde keine Schulden zu machen. Aber auch die Gemeinde konnte sich solchen Anforderungen der Landesherren nicht immer entziehen. Herzog Albrecht hatte in Folge seiner kostspieligen auswärtigen Unternehmungen seinen Kredit bei der Stadt so angespannt, daß er nur noch durch das haftbare Eintreten von Mittelspersonen Geld erhalten konnte. So nahm im Jahre 1490 der Ritter Heinrich von Starschedel auf seine Güter einen Wiederkaufszins von 72 Gulden für ein Kapital

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Brief Markgraf Wilhelms I. vom 11. Juli 1404,
worin er den Rath zur Uebernahme einer Schuldbürgschaft auffordert.
(Original im Rathsarchiv).

[154] von 1200 Gulden, das für den Herzog bestimmt war und das sich die Stadt selbst erst geborgt hatte. Das Schuldverhältniß gerieth in Vergessenheit, aber die Schuldurkunde ist noch vorhanden; die Stadt hat darauf weder jemals Zinsen bekommen noch das Kapital zurückerhalten, muß aber ihrerseits dem Darleiher, der Leipziger Juristenfakultät, noch heute die Zinsen zahlen.

Neben den Geldleistungen an den Landesherrn erwuchsen der Stadt mancherlei Verpflichtungen hauptsächlich aus ihrer Eigenschaft als Residenz und Sitz der Hofhaltung, namentlich seitdem diese unter den fürstlichen Brüdern Ernst und Albrecht hier ständig geworden war. Hof und Regierung waren damals noch eins, die obersten Hofbeamten besorgten zugleich die Regierungsgeschäfte. Dem an der Spitze des Hofstaates stehenden Hofmarschall oder Obermarschall war die Leitung der Finanzen anvertraut, deren Geschäfte von dem Rent- oder Kammermeister mit dem ihm unterstellten Kammerschreiber besorgt wurden. Die oberste Verwaltung des Justiz- und Lehnswesens war Aufgabe des Kanzlers, während die eigentlichen Regierungsangelegenheiten von dem Hofmeister zu erledigen waren. Von dem Wohlwollen dieser obersten Beamten war der Rath in vielen Dingen und namentlich wo er Vergünstigungen vom Landesherrn erstrebte, abhängig und daher nöthigenfalls bereit, es sich durch ansehnliche Geschenke zu sichern: so verehrte er 1456 nach Erlangung des Niederlageprivilegs dem Obermarschall ein halbes Fuder Wein und 1465 dem Marschall 20, dem Kanzler 3 Gulden, damit sie „in allerlei Noth der Stadt gutwillig gegen sie“ wären. In engen geschäftlichen Beziehungen zur Stadtverwaltung stand der Amtmann, auch Vogt genannt, dem für den Dresdner Landkreis die [155] Rechtspflege und Polizei, die Ordnung der Kriegsmannschaft und des Kriegsgeräthes und die Einziehung der landesherrlichen Zinsen und Abgaben oblag; im wesentlichen nahm er also für den Landkreis dieselbe behördliche Stellung ein wie der Rath zu Dresden für die Stadt, dagegen war der Rath des Städtchens Altendresden ihm unmittelbar unterstellt und bedurfte bei jeder Neuwahl seiner Bestätigung. Der Gehilfe des Amtsmannes war der Schreiber, später Schösser genannt, der die Rechnungsführung besorgte; zeitweilig scheinen beide Aemter in Einer Hand vereinigt gewesen zu sein, wie sich denn 1480 Bartel Kucheler als „die Zeit Schosser und Amtmann“ bezeichnete. Ausschließlich für den Hofdienst waren der Thürknecht oder Trabantenhauptmann, der Küchenmeister, der Futtermarschall, ferner Köche, Heizer, Wagenknechte, Thorwärter, Boten und Läufer vorhanden, auch Trompeter und Lautenschläger, Lustigmacher und Zwerge fehlten nicht.

Die dem Hofe zu leistenden Dienste rührten zum Theil noch aus der Zeit vor der Gründung der Stadt her. Gleichmäßig waren die Fischer in der Elbvorstadt und die Bürger von Altendresden zu Jagddiensten verpflichtet, auch ein Beweis von der ursprünglichen Zusammengehörigkeit dieser beiden Ortstheile und der anfänglichen Gleichartigkeit ihres Hauptnahrungszweiges. Diese Jagddienste, die auf den Altendresdner Bürgerhäusern auch nach der Erhebung des Ortes zur Stadt haften geblieben waren, bestanden darin, daß die Verpflichteten die Netze und Hunde zwei Meilen führen und sich als Treiber benutzen lassen mußten, wofür sie jedesmal ein Laiblein Brod, zwei Käse und eine Kanne Bier und jährlich zweimal für billiges Geld Holz angewiesen erhielten; wer von diesem Dienste wegblieb, hatte 2 Groschen als „Jagdbuße“ zu entrichten. Die [156] Müller in der Vorstadt waren verpflichtet, der Reihe nach den Kehricht vom Schlosse wegzufahren und bei jeder herrschaftlichen Jagd in der Haide einen Wagen zur Beförderung der Speisen zu stellen; dafür war ihnen freies Leseholz in der Haide zugesagt. Endlich hatten die Töpfer wöchentlich für 10 Heller Töpfe ins Schloß zu liefern, waren aber von persönlichem Dienst befreit. – Im Gegensatze zu diesen aus der Hörigkeit der ehemals wendischen Vorstädter hervorgegangenen Verpflichtungen scheinen mancherlei Dienste, die der Rath dem Landesherrn zu leisten pflegte, auf bloßer Gefälligkeit beruht zu haben. Häufig wurden Pferde und Wagen sowie Knechte gestellt, so z. B. im Jahre 1420 zwei Fuhrleute zur Führung der Kammerwagen auf einer Reise des Markgrafen Wilhelm nach Breslau, 1459 ein gesatteltes starkes Pferd für eine nach Rom abgehende Gesandtschaft, 1463 ein bedeckter Wagen, um die Hofjungfrauen der Kurfürstin von Torgau nach Meißen zu fahren. Herzog Albrecht ersuchte 1480 den Rath, seinem Baumeister Arnold von Westfalen zwei tüchtige Maurer zum Schloßbau in Meißen zu versorgen. Auch ließ der fürstliche Hof allerlei Einkäufe durch den Dresdner Rath besorgen: 1413 bittet ihn Markgraf Friedrich der Jüngere um Beschaffung eines Marderpelzes, 1462 die Kurfürstin Margarethe um Einkauf von 10 Stück grauem Tuch, dessen Bezahlung für die nächste Leipziger Messe in Aussicht gestellt wird. Derselben Fürstin hatte der Rath 1476 zwei Fuder Wein geliefert, wofür er das Geld erst nach wiederholter schriftlicher Mahnung erlangen konnte. Kurfürst Ernst wandte sich mehrfach an den Rath mit der Bitte, ihm Pferde aus dem städtischen Marstalle zur Ansicht zu senden und, wenn sie ihm gefallen würden, käuflich abzulassen. In der Zeit, da die Fürsten ihren Aufenthalt

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Brief Herzog Albrechts vom 4. März 1480,
worin er zwei Maurer für den Meißner Schloßbau verlangt.
(Original im Rathsarchiv, um ein Drittel verkleinert).

[158] noch häufig wechselten, war auch das Dresdner Schloß noch nicht ständig mit ausreichender Ausstattung versehen: so verlangte Kurfürst Friedrich im Oktober 1447 bei der bevorstehenden Verlegung des Hoflagers nach Dresden, daß der Rath dem Herkommen gemäß nach Anweisung des Vogtes das nöthige Bettgewand auf die Burg schicke. Auch nach auswärts lieh der Rath mancherlei Gegenstände für die Hofwirthschaft her, z. B. 1463 20 Betten in das Hoflager zu Tharandt, 1501 eine Anzahl zinnerne Schüsseln zur Todtenfeier Herzog Albrechts in Meißen. Ebenso wie diese Dienste deuten die üblichen gegenseitigen Geschenke auf ein patriarchalisches Verhältniß zwischen dem Fürstenhause und dem Rathe hin. Häufig erwies der Rath dem Landesherrn und seinen Gästen eine Aufmerksamkeit durch Spendung eines guten Bissens oder Trunkes: die Rechnungen ergeben, daß 1420 dem Landgrafen Friedrich ein großer Stör, 1432 dem Kurfürsten ein halbes Fuder Zerbster Bier, 1507 dem Herzog Heinrich und dem Deutschordenshochmeister Herzog Friedrich je ein Faß und dem Grafen von Leisnig ein Viertel Wein verehrt wurde. Die Fürsten wiederum ließen dem Rathe oft ein schönes Stück Jagdbeute zukommen. Regelmäßig zu Neujahr bedachte der Rath die ganze Hofdienerschaft und ursprünglich auch die Gemahlin des Landesherrn selbst mit Geldgeschenken; nach der Rechnung vom Jahre 1413 zahlte er der „Frau“ (Markgräfin) 4 Schock Groschen, ihren Jungfrauen 2 Schock, der Hofmeisterin 1 Schock, in des Markgrafen und der Markgräfin Kammer 30 Groschen, in die Küche 15 Groschen, in den Keller und die Speisekammer 24 Groschen, der Markgräfin Thürknecht 9 Groschen, des Markgrafen Thürknecht 12 Groschen, Hans dem Thorwärter 6 Groschen, Held dem Kellner 12 Groschen, [159] den Schreibern 2 Schock, des Markgrafen und des Landgrafen Pfeifern je 30 Groschen, Kranz dem reitenden Knecht 10 Groschen, der Markgräfin Fiedelern 20 Groschen, zusammen 12 Schock 18 Groschen. Im Laufe der Zeit schmolzen diese Neujahrsgeschenke sehr zusammen. Schon 1441 beschwerte sich die Herzogin Margarethe schriftlich beim Rathe, daß er ihren Hofjungfrauen diesmal nur 1 statt der früheren 2 Schock Groschen geschickt hätte.

An freudigen und traurigen Ereignissen in der fürstlichen Familie nahm die Stadt regen Antheil. Trauerfälle wurden durch Veranstaltung von Seelmessen und Trauergeläute begangen, zu den Leichenbegängnissen im Meißner Dome pflegte der Rath eine Anzahl seiner Mitglieder zu entsenden. Die Geburt junger Prinzen ließ der Landesherr oder seine Gemahlin dem Rathe schriftlich anzeigen oder durch den Thürknecht melden, der dafür mit einem reichlichen Trinkgelde bedacht wurde. Im Jahre 1498 widmete der Rath der Fürstin nach Beendigung des Wochenbetts als Geschenk einen vergoldeten Becher im Werthe von 40 Gulden; darauf lud die hohe Wöchnerin die Frauen der Rathsherren aufs Schloß zu Gaste, und diese fanden sich auf Stadtkosten bei den Küchen- und Kellerbediensteten und bei der Amme mit Trinkgeldern ab. Von Vermählungen im Fürstenhause erhielt der Rath in einzelnen wichtigen Fällen feierliche Anzeige, und zur Hochzeit wurde er, wenn sie im Lande stattfand, regelmäßig eingeladen. Als Herzog Georg die seinige 1496 nicht in Dresden, wo eine Epidemie herrschte, sondern in Leipzig abhielt, begaben sich zwei Rathsherren mit drei Knechten und sechs Pferden dorthin und überreichten als Hochzeitsgeschenk ein silbernes Kunstwerk und drei Fässer Wein. Selbst als Herzog Heinrich 1498 von einer Palästinareise zurückkehrte,

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Kurfürstin Margarethes Anzeige der Geburt eines Prinzen, vom 28. August 1439
(Original im Rathsarchiv, um ein Sechstel verkleinert).

[161] wurde ihm als Begrüßungsgeschenk ein silberner Becher im Werthe von 77 Gulden dargeboten.

Mit den meisten Hoffestlichkeiten waren Turniere auf dem Markte verbunden. Der Hof versammelte sich dazu auf dem Rathhause, wo der Rath schließlich zu einem Schmaus und Tanz einlud. Solche Veranstaltungen erfolgten besonders zu Ehren des Besuchs fremder Fürsten. Eine bedeutsame Fürstenzusammenkunft fand im März 1416 in Dresden statt: es waren gleichzeitig mit dem Landesherrn, dem Landgrafen Friedrich, der Burggraf Friedrich von Nürnberg, der Herzog Rudolf von Sachsen, der Erzbischof von Prag und der Bischof von Brandenburg hier anwesend. Wahrscheinlich befand sich der Burggraf auf der Rückreise von Prag, wo er mit König Wenzel verhandelt hatte, um dessen Zustimmung zu seiner nicht lange vorher erfolgten Einsetzung zum Markgrafen von Brandenburg zu erlangen. Der Rath ehrte jeden der drei Fürsten sowie den Erzbischof mit einem Geschenk von 1/2 Fuder Wein im Preise von 3 Schock Groschen, außerdem erhielten von den sonst noch anwesenden Vornehmen der von Colditz, der von Wenden, Hans von Polenz und der Bischof von Brandenburg je 6 Kannen, der von Leisnig und Dietrich Kroe je 4 Kannen und die Bürger von Pirna, die vermuthlich dem Erzbischof das Geleite gegeben hatten, 2 Kannen[22]. Als im Jahre 1454 Herzog Ludwig IX. von Baiern, der Reiche genannt, am Dresdner Hofe weilte, verehrte der Rath auch ihm 1/2 Fuder Wein, das damals schon 6 Schock Groschen kostete, und holte ihn zu einem fröhlichen Tanze aufs Rathhaus, ebenso bei seiner zweiten Anwesenheit im Jahre 1456[23].



[162]
Die Wehrverfassung.

Alle Bürger waren zum Waffendienst verpflichtet, bei der Bewachung und Vertheidigung der Stadt wie bei Kriegszügen des Landesherrn. Zur Vertheidigung gegen einen angreifenden Feind scheinen sie allerdings nur einmal gezwungen gewesen zu sein, im Jahre 1315, als Dresden von den Brandenburgern erstürmt und die thüringischen Mannschaften Friedrichs des Freidigen, die die Stadt doch wohl nur in Gemeinschaft mit den Bürgern besetzt hielten, auf dem Wilischen Thore erschlagen wurden. Dagegen kam es bei den Einfällen der Husiten in das Meißner Land in den Jahren 1429 und 1430 wie bei den wiederholten Kriegszügen der Böhmen während und nach dem Bruderkriege, insbesondere in den Jahren 1450 und 1452, nicht zum Kampfe, da die Feinde jedesmal ohne Sturmangriff wieder abzogen. Um so häufiger war die waffenfähige Mannschaft der Stadt genöthigt, den Landesherren bei auswärtigen Kriegszügen Heeresfolge zu leisten. Wie die Stadtrechnungen ausweisen, verging im 15. Jahrhundert selten ein Jahr, ohne daß der Rath Mannschaften zu Heerfahrten in die Umgegend oder in die Nachbarländer Böhmen, Franken, Thüringen, Sachsen, Brandenburg und Schlesien zu stellen gehabt hätte. Eigene Fehden jedoch hat die Stadt niemals geführt, da ihre Abhängigkeit vom Landesfürsten ihr ein selbständiges politisches Auftreten verbot.

Die militärische Eintheilung der Bürgerschaft fiel zusammen mit der örtlichen Viertelseintheilung. An der Spitze der Mannschaft jedes Stadtviertels standen zwei Viertelsmeister als Offiziere und drei bis fünf Rottmeister als Unteroffiziere, das Ganze befehligte der Bürgermeister oder ein Rathsherr, [163] meist der Stadtrichter. Als gemeinsames Kriegszeichen diente ein großes Stadtbanner mit Stadtwappen und Inschrift, daneben führte jedes Viertel sein eigenes kleineres Banner. Bisweilen wurde Heerschau über die Bürgerschaft gehalten; sie marschirte dann mit einer Musikbande von zwei Paukern und zwei Pfeifern auf und leerte zum Schlusse auf Stadtkosten ein Faß Bier.

Für alles, was zu ihrer persönlichen Ausrüstung gehörte und was man unter dem Namen „Harnisch“ zusammenfaßte, hatten die Bürger selbst zu sorgen. Um sich von dem Vorhandensein der nöthigen Waffen und Rüstungen zu überzeugen, hielt der Rath von Zeit zu Zeit in den Bürgerhäusern „Harnischrevision“, deren Ergebniß in Listen gebracht wurde. In einer solchen Revisionsliste aus dem Jahre 1448 werden aufgeführt: Armbrüste, Handbüchsen, Spieße, Schwerter, Messer, eiserne Flegel, Panzer, Handschuhe, Eisenhüte, Pafosen (kleine Schilde) und Setztartschen (große Schilde). Handwerkern, die nicht mit allen nöthigen Ausrüstungsstücken versehen waren, wurde das Geschäft gelegt. Der „Harnisch“ des Bürgers gehörte nebst einem Anzuge, dem Bette, einigen Bett-, Tisch- und Handtüchern und einem Kessel zum „Heergewette“ oder „Heergeräthe“, das nach städtischem Recht bei seinem Tode, wenn er keinen „Schwertmagen“ d. h. männlichen Erben hinterließ, der Stadt zufiel und in des Raths Harnischkammer abgeliefert werden mußte. Der Harnischmeister veräußerte dann die nicht zur Rüstung gehörigen Stücke, wenn nicht die Hinterlassenen des Bürgers sie zurückkauften. Im Jahre 1469 waren 60 Panzer zur Ausrüstung von unvermögenden Bürgern oder von Söldnern in der Harnischkammer vorhanden, 1474 beschloß der Rath aber, daß der Harnisch der Verstorbenen [164] nicht mehr aufs Rathhaus genommen werden, sondern als Zubehör des Hauses in diesem verbleiben solle. Seit 1487 hatte jeder neu aufgenommene Bürger zur Vermehrung des Waffenvorrathes eine Schießwaffe in die Harnischkammer zu liefern. Zur Instandhaltung der Panzer und Armbrüste war ein „Schützenmeister“ angestellt. Für die als Geschosse zu den Armbrüsten nöthigen Pfeile bezog man die Schäfte von Pfeilmachern in benachbarten Orten, wie Hökendorf, Dippoldiswalde, Lauenstein; mit Eisenspitzen wurden sie vom Pfeilschmiede in der Stadt versehen. Die Herstellung und Unterhaltung der Feuergewehre war einem Schmiede oder einem Kannengießer als „Büchsenmeister“ übertragen, im Kriege wurden deren mehrere zur Bedienung der Geschütze angestellt. Zur Zeit Herzog Albrechts war der Dresdner Kannengießer Meister Heinrich Quinque als tüchtiger Geschützgießer bekannt. Die Handfeuerwaffen bestanden in Handbüchsen und Hakenbüchsen, Geschütze werden unter den Namen Steinbüchsen, Bockbüchsen, Schlangenbüchsen und Tarrasbüchsen (Wagenbüchsen) erwähnt. Das Pulver wurde theils fertig gekauft, theils vom Büchsenmeister im Rathskeller angefertigt, die Büchsensteine ließ man in dem Steinbruche im Plauenschen Grunde zuhauen. Auch Feuerpfeile wurden in Kriegszeiten angefertigt. Außer den Büchsen waren auf den Festungswerken Schleudermaschinen vorhanden, zu denen man Wurfsteine aus der Weißeritz sammelte; solche Maschinen waren der im Jahre 1415 auf dem Wilischen Thurme aufgestellte und erst 1481 wieder abgebrochene „Kaffer“ und das 1454 vor dem Elbthore errichtete „Handwerk“.

Die Fürsorge für die Erhaltung der Festungswerke lag dem Rathe ob, jedoch nicht ohne daß die Landesherren [165] wiederholt helfend dabei eingegriffen hätten. Im Jahre 1452 erließ Kurfürst Friedrich II. an die Geistlichkeit und Ritterschaft der Dresdner Pflege Befehl, nach einer von seinem Vogte zu bestimmenden Ordnung Leute zu stellen, die je zwei Tage lang am Ausräumen des Bauschuttes aus den Stadtgräben arbeiten sollten, wobei er auf den Nutzen hinwies, den die Stadtbefestigung allen Bewohnern der Umgegend gewähre. Zur Deckung der Baukosten für die Zwingermauer ward in den Baujahren von 1427 bis 1431 und von 1456 bis 1458 von den Bürgern eine ziemlich hohe Vermögenssteuer unter dem Namen Zwingergeld erhoben; die Geistlichkeit wurde um freiwillige Beiträge dazu ersucht. Auch die Polizei- und Gerichtsstrafen kamen damals dem Zwingerbau zu Gute: so wurde einer wegen Körperverletzung verurtheilt, 100 Fuder Pläner anzufahren, ein anderer mußte wegen Widersetzlichkeit gegen die Gerichte 2 Schiffe Gehorne (Sandsteinhorzeln) und 30 Fuder Pläner, ein dritter wegen Beleidigung des Rathes 4 Schiffe Gehorne, jedes so groß wie das vom Rathe auf der Elbe unterhaltene „Stadtschiff“, liefern. Die Bürger wie auch die Vorstädter und die von Altendresden waren überdies persönlich zur Grabenarbeit verpflichtet, wenn sie nicht Stellvertreter, gleichviel ob Männer oder Frauen, sandten oder ein Lösegeld in Gestalt der „Grabeheller“ entrichteten, die vom Büttel eingesammelt und zur Bezahlung von Lohnarbeitern verwendet wurden.

Der Wachdienst in der Festung wurde bei Nacht in Friedenszeiten von besoldeten Mauerwächtern unter der Aufsicht des Stadtrichters geleistet; ihre Zahl wurde 1469 von 8 auf 10 erhöht. In unruhigen Zeiten waren außerdem 2 bis 4 Wächter angestellt, die außen um die Stadt herum gingen, [166] damit der Feind die Stadt nicht „behorche“, und die man daher „Zirkeler“ nannte. Zur Unterhaltung dieser Wachmannschaft wurde von den Bürgern ein „Wächtergeld“ erhoben. Bei Kriegsgefahr und außerordentlichen Gelegenheiten waren aber die Bürger zu persönlichem Wachdienst verpflichtet. Wenn die Hauswirthe dreimal gewacht hatten, mußten die unansässigen Bürger die vierte Wache thun, zu den Jahrmärkten war den kleinen d. h. unzünftigen Handwerkern die Tagewache, den großen d. h. den Innungen angehörigen die Nachtwache auferlegt. Besondere Vorkehrungen wurden bei dem Johannisablaßfeste getroffen, das alljährlich eine große Menschenmenge in die Stadt führte. Schon am Vorabende erhielten die Thorhüter und der Kreuzthürmer Verstärkung durch geharnischte Bürger. Zwei Rathsherren machten mit den Stadtknechten zu Pferde die Runde, um die Wachen zu beaufsichtigen. Am Festtage selbst wurden 50 Mann aus den Innungen in voller Rüstung auf dem Rathhause als Sicherheits- und Feuerwache unter dem Befehle des Stadtrichters versammelt; dieser hatte dafür zu sorgen, daß sie sich nicht volltranken oder davonliefen. – Sonst war für den Fall der Alarmirung bei Feuers- oder Feindesgefahr jedem Bürger im voraus sein Platz angewiesen. Von jedem Stadtviertel hatten 6 Mann das nächstgelegene Stadtthor und 8 Mann unter einem Rottmeister ihr Mauerviertel zu besetzen, während weitere 26 Mann jedes Viertels unter ihren beiden Viertelsmeistern auf dem Markte antraten.

Die schwerste der kriegerischen Pflichten des Bürgers war die Heeresfolge im Dienste des Landesherrn. Die Stadt hatte Reisige und Fußvolk sowie Büchsen- und Heerfahrtwagen ins Feld zu stellen. Weitaus die meisten Bürger dienten zu Fuß, und zwar die vermögenderen als Armbrust- oder Büchsenschützen, [167] die anderen nur mit Spießen oder Flegeln bewaffnet. Das Aufgebot zur Heerfahrt oder „Reise“ traf die einzelnen Stadtviertel der Reihe nach. Die Zünfte mußten aus ihrer Mitte noch besondere Fußschützen ausrüsten. Wer den Dienst nicht persönlich leisten wollte oder konnte, hatte einen Söldner als Vertreter zu stellen. Die nicht zum Dienste herangezogenen Bürger hatten eine Steuer, Heerfahrtgeld, Schützengeld oder Soldgeld genannt, zu entrichten. Davon wurde den ausgerückten Mannschaften, Bürgern wie Gesellen, ein regelmäßiger Sold gezahlt, für hervorragende Waffenthaten gab es mitunter noch eine besondere Belohnung: so erhielten 1426 sieben Söldner, die mit bei der Belagerung von Riesenburg waren, jeder „für den Sturm“ 6 Groschen Trinkgeld. Die Heerfahrtsteuern dienten auch zur Unterhaltung bloßer Söldnertruppen, die man namentlich bei langwierigen Unternehmungen, wie zur Belagerung und Besetzung fester Orte, verwendete. Den Aufwand für den Unterhalt der dem Fürsten gestellten Söldner pflegte man ihm in älterer Zeit an der Jahrrente abzuziehen, zu Herzog Albrechts Zeit aber hatte umgekehrt der Rath die Kosten für eine gewisse Anzahl vom Landesherrn selbst angenommener Söldner an die herzogliche Kammer abzutragen.

Wenn eine Heerfahrt angekündigt war, mußte sich die Mannschaft bereit halten, sofort beim Anschlagen der Rathsglocke anzutreten, kein Geschirr durfte ohne Erlaubniß des Rathes die Stadt verlassen. Kleinere Aufgebote von etwa 30 Mann wurden bisweilen einem der Stadtknechte unterstellt, für größere Truppen ernannte der Rath zwei oder drei seiner Mitglieder zu Hauptleuten; von ihnen war dann der eine Befehlshaber, der zweite trug als „Bannerherr“ das Stadtbanner, der dritte sorgte als „Küchenmeister“ oder „Speiser“ [168] für die Verpflegung. Außer ihnen und den Viertels- und Rottmeistern gehörten zum Zuge der Büchsenmeister, ein Koch, der Barbier als Feldscheer, ein Pauker und mehrere Schildträger. Die Mannschaft wurde in der Regel mittelst der Heerfahrtwagen befördert, manchmal jedoch, wenn große Eile noth that, rückte sie zu Pferde aus, saß aber dann vor dem Kampfe ab; nur die wenigen Reisigen, welche die Stadt stellte, kämpften als Reiter. Die Heerfahrt- oder Streitwagen, starke Leiterwagen mit in Ketten hängenden Sitzbrettern, hatten zur Zeit der Husitenkriege in der Regel je 18 Mann Besatzung, und zwar 6 Schützen mit Armbrüsten, zu deren jeder 4 Schock Pfeile gehörten, 2 Mann mit Handbüchsen, dazu je 4 Schock Kugeln mit genügendem Pulver, 4 Mann mit Hacken und 4 mit Dreschflegeln, sowie 2 bewaffnete Fuhrleute zur Führung der aus 6 Pferden bestehenden Bespannung. Zu diesen Streitwagen kam ein dreispänniger Wagen mit dem groben Geschütz, der „Stadtbüchse“, und den dazu gehörigen Steinkugeln, etwa einem Schock[24], ferner ein Speisewagen, beladen mit Fleisch, Speckseiten, trockenem Fisch, Stockfisch, Mehl, Brod, Butter, Käse, Pfefferkuchen, Grütze, Erbsen, Salz, Essig, Bier, Wein und anderem, auch ein Faß, Wasserkannen, Kessel, Schüsseln, Löffel, Tisch- und Handtücher, endlich Material zu Zelten wurden mitgeführt. – Dem landesherrlichen Amtmanne mußten städtische Mannschaften auch zu dem Zwecke gestellt werden, die Wagenzüge fremder Kaufleute auf den die Stadt berührenden Landstraßen zu geleiten. Seit dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts kamen Aufgebote zu Heerfahrten nicht mehr vor.

Aus der Verpflichtung zum Kriegsdienste ergab sich für die Bürger, namentlich für die als Armbrust- und Büchsenschützen dienenden, die Nothwendigkeit, sich auch in Friedenszeiten [169] im Gebrauche der Waffen zu üben. Sie hielten ihre Uebungen unter der Leitung eines Schützen- oder Büchsenmeisters jeden Sonntag im Schieß- oder Schützengraben, einer Zielstatt auf dem Stadtgraben in der Nähe der späteren Schießgasse. Daraus entwickelte sich eine eigene Schützengesellschaft, die zugleich eine kirchliche Genossenschaft bildete und für Begräbniß und Seelmessen ihrer Mitglieder sorgte. Sie wird urkundlich als „der Schützen Bruderschaft“ im Jahre 1478 erwähnt, hat aber vermuthlich schon früher bestanden und umfaßte damals alle Schützen. Wahrscheinlich ist die Trennung der Büchsenschützen von den Armbrust- und Bogenschützen erst im Jahre 1549 erfolgt, als erstere vom Rathe eine besondere Schießstätte auf der Viehweide angewiesen erhielten. Für die wöchentlichen Uebungen verabreichte der Rath Schießprämien, in Hosentuch bestehend, und zwar erhielten die Armbrust- wie die Büchsenschützen das Jahr über je 39 Ellen, die in 26 Theilen, für jeden Sommersonntag 11/2 Elle, vergeben wurden. Alljährlich feierten die Armbrustschützen zu Pfingsten auf der Viehweide ein festliches Vogelschießen, und zwar gemeinsam mit den Büchsenschützen, die dabei nach der Scheibe schossen und wie die Armbrustschützen den, der den Meisterschuß gethan, für ein Jahr zu ihrem König machten. Dieses Vogelschießen wird bereits in einer Stadtrechnung vom Jahre 1440 erwähnt.




Recht und Gericht.

Mit der Gründung der Stadt wurde das ihr angewiesene Gebiet, das Weichbild, aus dem Landgerichte des markgräflichen Vogtes ausbezirkt und zu einem eigenen Gerichtssprengel erhoben. [170] Vor dem Stadtgericht genossen alle Bürger gleiches Recht, während im Landgericht den Bewohnern des platten Landes nach Standesunterschieden Recht gesprochen wurde. Da die Stadt ihr besonderes Recht hauptsächlich in ihrer Eigenschaft als Markt, als Ansiedelung von Handeltreibenden, erhalten hatte, so war das Stadtgericht zunächst in solchen Sachen zuständig, die das Marktwesen und den Grund und Boden als Theile des Marktgebietes betrafen; es übte also die niedere Gerichtsbarkeit, die über das Eigenthum, aus, während die höhere oder peinliche Gerichtsbarkeit dem Landgerichte des Vogtes verblieb. Auch im Stadtgerichte führte in der ersten Zeit der Vogt noch den Vorsitz. Da er aber dann mit sämmtlichen Schöffen zugleich dem Rathe angehörte, konnte es nicht ausbleiben, daß dieser die Richtergewalt allmählich an sich brachte. Schon im 14. Jahrhundert wurde der Stadtrichter vom Rathe gewählt und vom Markgrafen bloß bestätigt, die förmliche Uebertragung der niederen Gerichtsbarkeit an den Rath im Jahre 1412 hatte daher thatsächlich nur noch die Bedeutung einer Abtretung der Gerichtseinkünfte. In den Besitz der peinlichen Gerichtsbarkeit oder, wie man sagte, der „Gerichte über Hals und Hand“ und damit der vollen Gerichtsgewalt gelangte der Rath im Jahre 1484. Von da an erst stand er auf der Höhe des obrigkeitlichen Ansehens, nur daß sich freilich auch die wachsende Macht des Landesherrn immer mehr als starkes Gegengewicht geltend machte.

Da Dresden zu Magdeburgischem Rechte ausgesetzt war, pflegten sich die Dresdner Schöffen in Zweifelsfällen um Rechtsbelehrung an den Magdeburgischen Schöffenstuhl zu wenden oder ihm geradezu den streitigen Fall zur Entscheidung vorzulegen. Dadurch ward allmählich das Gericht [171] der Mutterstadt zu einer höheren Spruchstelle für die Tochterstadt. Um ihre Unterthanen von dem fremden Oberhofe unabhängig zu machen, verboten ihnen Kurfürst Friedrich II. und Herzog Sigmund 1432 den Rechtszug nach Magdeburg und ordneten an, daß sie künftig, so oft sie Rechtsbelehrungen und Urtheile bedürften, diese von den Doktoren oder den verständigen und ehrbaren Bürgern, das heißt von der Juristenfakultät oder dem Schöffenstuhle zu Leipzig holen sollten. Jenes Verbot stützte sich auf ein kaiserliches Privileg vom Jahre 1423, wonach kein meißnischer Unterthan vor ein auswärtiges Gericht gezogen werden durfte außer vor das kaiserliche Hofgericht in Fällen der Rechtsverweigerung. Das Privileg war hauptsächlich gegen die westfälische Veme gerichtet. Aber bei dem geheimen Verfahren und der weitverzweigten Gliederung dieses Volksgerichtes war es fast unmöglich, seinem Einflusse anders entgegen zu wirken, als indem man sich ihm selbst anschloß. Daher ließen sich viele Fürsten und Rathspersonen der Städte nur deshalb als Freischöffen in das heimliche Gericht aufnehmen, um sich und ihre Unterthanen gegen Anklagen desto besser vertheidigen zu können. Wie die Kurfürsten Friedrich I. und Friedrich II., so gehörten zu ihrer Zeit in der Regel auch die Mitglieder des Dresdner Stadtgerichtes der Veme als Freischöffen an. Erst unter den fürstlichen Brüdern Ernst und Albrecht hörte man auf, die Macht der Veme zu fürchten, und trat ihren Eingriffen in die ordentliche Gerichtsbarkeit mit Erfolg entgegen.

Seit dem Privileg von 1423 sollten alle Berufungen an die Hofgerichte gehen, die damals ihren Ort mit dem Aufenthalte des fürstlichen Hoflagers wechselten. Nach der Landestheilung von 1485 errichtete Herzog Albrecht für seine Länder [172] ständige Hofgerichte in Dresden und in Eckardtsberge, aber schon 1488 wurden beide zu einem Oberhofgerichte in Leipzig vereinigt. Berufungen an das bald nachher eingesetzte Reichskammergericht haben die sächsischen Fürsten in ihren Ländern nicht zugelassen.

Wie Dresden seinen Oberhof in Magdeburg und später in Leipzig hatte, so galt es selbst als Oberhof für die umliegende Gegend, besonders für das benachbarte Altendresden und für die Dörfer im Umkreise; aber auch nach entfernteren Städten wie Meißen und Radeberg hat der Dresdner Schöffenstuhl bisweilen Rechtsbelehrungen ergehen lassen.

Anderer Art als die vom Landesherrn unmittelbar stammende Stadtgerichtsgewalt war die Gerichtsbarkeit, die der Rath in einigen Ortschaften des Landgerichtsbezirkes besaß. Es waren dies die Erbgerichte, Gerichte über Civil- und niedere Strafsachen, die dem Rathe in seiner Eigenschaft als Grund- und Zinsherr zustanden, namentlich über die ihm zinspflichtigen Bauern in Kötzschenbroda, Zitzschewig und Tolkewitz, sowie in Quohren bei Bühlau, wo ihm sogar die Obergerichte mit verliehen waren. In jedem dieser Dörfer pflegte der Rath jährlich einmal im Herbst Gerichtstag zu halten und dazu mehrere seiner Mitglieder abzuordnen. In derselben Weise übten der Brückenmeister und der Spitalmeister über die dem Brückenamte und dem Maternihospitale gehörigen Dörfer und der Pfarrer von Dresden über das Dorf Poppitz die Gerichtshoheit aus.

Der eigentliche Träger der Gerichtsgewalt war der Richter, der die Gerichtssitzung berief und leitete, die Urtheile finden und vollstrecken ließ. Seit der Rathsordnung von 1470 waren stets drei Rathsherren auf Lebenszeit gewählt, um das Richteramt [173] abwechselnd zu führen, dagegen brauchten später nach der Rathsordnung von 1517 immer nur zwei lebenslängliche Richter vorhanden zu sein. Von allen Rathsämtern war dieses am wenigsten beliebt und mußte daher meist von den jüngeren Rathsherren übernommen werden. Der Richter hatte die Verpflichtung, wichtige Sachen, besonders der Strafrechtspflege, dem Rathe zur Entschließung vorzulegen. Er erhielt während seines Amtsjahres eine feste Besoldung von 1 Schock Groschen, die sich im Laufe des 15. Jahrhunderts auf 5 Schock erhöhte. Dem Richter untergeben war der Frohnbote oder Büttel. Er hatte die Schöffen und den Beklagten zu laden, die Parteien vorzurufen, dem Richter und den Schöffen bei Haussuchungen beizustehen, die rechtlichen Zwangsmaßregeln auszuführen und die Gefangenen zu bewahren. Urtheilfinder waren die Schöffen, sieben an Zahl, die auf Lebenszeit aus dem Rathe gewählt wurden, darunter stets die drei Bürgermeister. Wie der Rathsmitgliedschaft ging des Schöffenamtes nur verlustig, wer „sich verwahrloste oder an seiner Ehre und seinem Rechte verbrach oder verarmte“. Mit dem Schöffenthum waren gewisse Einkünfte aus Gebühren verbunden: jeder Schöffe erhielt von einer „kampfwürdigen“ Wunde oder von einer Lähmung zu besehen 2 Groschen, von Braun- und Blauschlägen zu besehen 1 Groschen und von jeder Klage deswegen ebenfalls 1 Groschen.

Ursprünglich hielt der Vogt, wenn nicht dringliche Fälle vorlagen, nur dreimal im Jahre Gerichtstag oder „Ding“ ab, und zwar am Mittwoch nach dem Tage Erhardi (8. Januar) Udalrici (4. Juli) und Allerheiligen (1. November). Dieses ungebotene oder echte Ding, hier meist Vogtding genannt, fand mittags statt und wurde von 11 bis 12 Uhr mit der Meßglocke [174] der Kreuzkirche eingeläutet. In der ältesten Zeit hatte dazu die ganze Bürgerschaft erscheinen müssen; sie bildete den „Umstand“, der das von den Schöffen gefundene und vom Richter gesprochene Urtheil schelten d. h. umstoßen konnte. Außer den drei ungebotenen Dingen wurde in der Regel aller 14 Tage Mittwochs ein gewöhnliches Ding berufen. Auf Antrag eines Fremden konnte jederzeit ein „Gastding“ und, wo Gefahr im Verzuge oder eine Klage sofort auf handhafter That erhoben war, ein „Nothding“ stattfinden. Das Stadtgericht hegte seine Dingbank im Rathhause, während der Vogt für den Landgerichtsbezirk nach wie vor auf offenem Markte dingte, wo zu diesem Zwecke Schranken errichtet waren.

Das Gericht war eine Quelle nicht unbedeutender Einkünfte, namentlich aus dem herrenlos gewordenen Gut und den Gerichtsbußen. Es war daher gerechtfertigt, daß sich die Landesherren als Inhaber der Gerichtsgewalt bei deren Abtretung an die Stadt eine ansehnliche Rente dafür ausbedangen.

Das Recht, das in Dresden galt, war bis auf wenige Einzelheiten mit dem weitverbreiteten Magdeburgischen Rechte in Uebereinstimmung geblieben. Hier sollen daraus nur einige besonders bemerkenswerthe Gewohnheiten hervorgehoben werden.

Der Abschluß eines Grundstückskaufs erfolgte in der Weise, daß die Vertragschließenden vor mehreren Zeugen die Bedingungen festsetzten und mit ihnen „Leihkauf“ darüber tranken. Vom Käufer wurde als Draufgeld ein geringer Betrag unter dem Namen „Gottespfennig“ zu milden Zwecken erlegt. Bisweilen begaben sich die Vertragschließenden mit den Zeugen noch vor den Rath und ließen den Kauf zu größerer Sicherheit im Stadtbuche verlautbaren. Alles dies reichte jedoch noch nicht hin, den Kauf rechtsgiltig zu machen. Das geschah erst [175] durch die nachfolgende gerichtliche Auflassung, die darin bestand, daß der Verkäufer feierlich vor Gericht im Beisein des Rathes erklärte, er übertrage sein Recht auf den Käufer. An die Auflassung schloß sich unmittelbar die Belehnung oder Leihe des Grundstücks an den Erwerber seitens des Rathes, womit dieser ihn als Träger der mit dem Grundeigenthume verbundenen öffentlichen Rechte und Lasten anerkannte. Wer die Lehen verachtete und über Jahresfrist nachzusuchen zögerte, sollte das Grundstück an Rath und Gerichte verlieren. Die vom Adel und andere nicht unter Rathsgerichtsbarkeit stehende Personen hatten dem Rathe einen vereideten Bürger als „Lehenträger“ zu stellen und durch ihn ihr Haus in Lehen zu nehmen. Zur vollen Erledigung gelangte das Kaufgeschäft durch den Verzicht des Verkäufers, der bei Baarzahlung gleichzeitig mit der Auflassung, wenn aber ein Theil der Kaufsumme als „Erbgeld“ auf dem Grundstücke stehen blieb, nach dessen voller Abzahlung erfolgte. In diesem Falle haftete auf dem Grundstücke als Reallast die Verpflichtung zur Zahlung eines jährlichen Erbzinses. Noch häufiger jedoch war die Belastung von Grundstücken durch Verkauf von Wiederkaufszinsen. Dieses Rechtsgeschäft bestand darin, daß der Hausbesitzer gegen Empfang eines Kapitals die jährliche Leistung einer bestimmten Summe auf sein Haus übernahm, mit der Wirkung, daß der jedesmalige Eigenthümer diesen Zins entrichtete, jedoch unter dem Vorbehalte, durch Rückzahlung des Kapitals den Zins jederzeit wieder ablösen zu können, während der Zinsempfänger nicht das Recht hatte, sein Kapital zu kündigen und zurückzufordern. Der Zins betrug bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts meist 10 vom Hundert, ermäßigte sich aber dann innerhalb weniger Jahrzehnte auf die Hälfte. Da das kanonische Recht das Zinsnehmen für Darlehne verbot, [176] waren diese Verkäufe von Wiederkaufszinsen das üblichste Mittel zur Erlangung baaren Geldes. Ihre Häufigkeit führte aber schließlich zu einer übermäßigen Belastung des Grundbesitzes, so daß der Rath im Jahre 1472 vorläufig jede weitere Aufnahme von Zinsgeld auf Häuser und Fleischbänke verbot. – Eine andere Art der Grundstücksbelastung war die Satzung. Sie bestand darin, daß der Eigenthümer sein Grundstück einem Gläubiger für dessen Forderung zum Pfande einsetzte, jedoch ohne Zinsversprechen. Wurde die Schuld nicht zum festgesetzten Zeitpunkte bezahlt, so konnte der Gläubiger durch Veräußerung des Pfandes seine Befriedigung suchen. Im 16. Jahrhundert nahm diese Satzung allmählich die Beschaffenheit und den Namen der „Hypothek“ an.

Bei Geldschulden pflegte sich der Gläubiger dadurch zu sichern, daß er dem Schuldner vor dem Rathe das Versprechen abnahm, sich im Falle der Nichterfüllung seiner Verpflichtungen besonderen Zwangsmitteln zu unterwerfen. Das häufigste von ihnen war die Schuldhaft. Sie wurde in der „Schuldkammer“ in einem Mauerthurme beim Jüdenhofe verbüßt. Die Kosten der Verpflegung des verhafteten Schuldners oder seiner Bürgen fielen in der Regel dem Gläubiger zu Last. Bei der Entlassung aus der Schuldhaft, die auch gegen Frauen angewandt wurde, mußte der Schuldner Urfehde schwören, sich deswegen am Gläubiger nicht rächen zu wollen. Eine besondere Art der Schuldhaft war das Einlager: Leute aus dem Ritterstande gaben häufig das Versprechen, für den Fall, daß sie ihren Verpflichtungen nicht nachkämen, in ein Gasthaus in der Stadt einreiten und darin bis zur vollen Tilgung ihrer Schuld bleiben zu wollen.

Die einzige erhebliche Abweichung vom Magdeburgischen [177] Rechte hatte Dresden auf dem Gebiete des Erbrechts aufzuweisen, und zwar in dem sogenannten Drittheilsrechte, das wohl aus Böhmen und Mähren ins Land gekommen und in den meisten Städten der Mark Meißen in Geltung war. Es bestand darin, daß die Ehefrau nach ihres Mannes Tode ein Drittheil seines Vermögens zu freier Verfügung erhielt, sofern er sie nicht in gesetzmäßiger Weise darüber hinaus begabt hatte. Außerdem bekam die Wittwe auch ihre Gerade, die die weiblichen Kleider und Schmucksachen, sowie eine Anzahl andere zum besondern weiblichen Gebrauche bestimmte Gegenstände umfaßte. Waren Kinder vorhanden, so fielen der Frau beim Tode des Mannes von der Gerade nur ihre Kleider und das beste Bette mit Zubehör, das übrige den Kindern zu. Starb die Frau vor dem Manne, so hatten zunächst die unverheiratheten Töchter auf die Gerade Anspruch, und waren solche nicht vorhanden, so erhielt die nächste weibliche Verwandte der Frau (Nistel) einen Theil davon, nämlich ihr bestes Paar Kleider und das zweitbeste Bette nebst Zubehör (Nistelgerade). Waren keine erbberechtigten weiblichen Verwandten (Spilmagen) in der Stadt, so fiel die Gerade dem Rathe zu. Eine solche besondere Erbfolge bestand auch in Bezug auf das Heergewette oder Heergeräth, d. h. die zur Kriegsausrüstung des Mannes erforderlichen Sachen. Es fiel an den nächsten männlichen Verwandten (Schwertmagen) des Verstorbenen und, falls ein solcher in der Stadt nicht lebte, an den Rath. Erbverträge und Testamente wurden vor versammeltem Rathe vollzogen und in das Stadtbuch eingetragen; die Betheiligten erhielten davon eine Abschrift.

Weniger noch als im Privatrecht gab es in Dresden besondere Gewohnheiten auf dem Gebiete des Strafrechts. Die Willkür enthält deshalb auch gar keine strafrechtlichen Bestimmungen.

[Bild]

Testament Nicolaus Römichens vom 10. August 1429
(Original im Rathsarchiv, um ein Sechstel verkleinert).

[179] Nur aus den Stadt- und Gerichtsrechnungen läßt sich einige Kenntniß der Strafarten und des Verfahrens gewinnen.

Von den Todesstrafen war die mildeste die Enthauptung mit dem Schwerte; sie stand auf den Bruch des Urfriedens. Das Hängen am Galgen war die Strafe für jeden, selbst geringfügigen Diebstahl, das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen für Brandstiftung und Zauberei, bisweilen auch für Kirchenraub, das Sieden oder Verbrennen in einem Gefäß für Falschmünzerei. Auf die schwersten Verbrechen, wie Mord und Raub, stand die Strafe des Räderns oder Radebrechens: dem Verurtheilten wurden mit einem Rade die Glieder einzeln, von unten angefangen, zerstoßen, dann flocht man ihn meist noch lebend auf das Rad und stellte ihn so auf einem Pfahle oder dem Galgen in die Höhe. Frauen hatten statt dessen den Tod durch Ertränken oder Säcken zu erleiden: die Verbrecherin wurde zusammen mit einem Hunde, einer Katze, einer Schlange und einem Hahne in einen Sack genäht und von der Elbbrücke ins Wasser geworfen. Auch das Lebendigbegraben wurde bei Frauen bisweilen angewandt. Für nicht todeswürdige Verbrecher, wie Verleumder, Fälscher und andere gab es verstümmelnde Leibesstrafen, so das Ausstechen der Augen, das Durchbrennen der Backen, das Aufbrennen eines Schandmahls auf die Stirn, und für solche, die durch Thätlichkeiten den Frieden im Rathskeller verletzten oder ein feierliches Gelöbniß brachen, das Abhauen der Hand oder der Finger; die leichtesten Vergehen wurden durch Staupenschlag, mit Ruthen oder Riemen auf den nackten Rücken ausgeführt, und durch Stehen am Pranger gebüßt. Die Vollstreckung solcher Leibes- und Lebensstrafen kam keineswegs selten vor, wie die zahlreichen Vermerke beweisen, die sich darüber in den Stadtrechnungen [180] finden: „dem Henker 1/2 Schock [Groschen], daß er den radebrechte, der in Unsrer Frauen Kirchen gestohlen hatte“ (1407); „Meister Paul 1 Schock von 4 Personen, 1 zu tödten, 1 Augen ausbrechen, 2 zu der Staupe zu hauen“ (1409); „30 Gr. dem Henker von dreien Frauen, die eine begrub er lebend und brannte ihrer zwei an den Stirnen“ (1418); „15 Gr. dem Henker, daß er die Melzerin brannte um den Unglauben“ (1418); „15 Gr. dem Henker von einer Frauen, die er durch die Backen brannte“ (1422); „3 Gr. Schillinge für ein Rad, daß man einen geradebrecht hatte“ (1422). „Meister Paul 15 Gr. um den Ketzer, den man säckte“ (1426); „17 Gr. für ein Urtheil von der Frauen wegen, die begraben ward“ (1426); „Meister Paul, daß er den Joppendieb hing, 15 Gr.“ (1428); „Peter Holremcher 30 Gr. für zwei auf dem Pranger und einen zur Staupen geschlagen“ (1431); „Meister Caspar einen gehangen, dem andern die Augen ausgebrochen, 30 Gr.“ (1432); „dem Henker 15 Gr., daß er einen enthauptete“ (1433); „einem Boten gen Freiberg, als man die Frauen mit dem falschen Gelde verderben sollte, 3 Gr. . . . 4 Gr. für Faß, darinnen man die Frauen brannte“ (1434); „15 Gr. für einen, der geschleift ward“ (1435). Die nüchterne Kürze solcher Aufzeichnungen läßt ahnen, in welchem Geiste die Strafrechtspflege jener Zeit geübt wurde.

Gefängnißstrafe kam selten in Anwendung, meist nur in dem Falle, daß der Verurtheilte eine Geldstrafe nicht erlegen konnte. Leichtere Haft wurde, namentlich von Bürgern, nicht im „tiefen Gefängniß“, das sich im Pförtchenthurme befand, sondern im „Gehorsam“, einem Raume im Frauenthore, abgebüßt. Bei der Entlassung aus dem Gefängnisse mußte der Bestrafte Urfehde (Urfrieden) schwören, daß er und seine Sippe sich dafür an der Stadt, ihrer Obrigkeit und Einwohnerschaft [181] nicht rächen wolle. Sehr häufig wurde die Strafe der Stadtverweisung verhängt, besonders wegen Widersetzlichkeit gegen den Rath, wegen Bruches von Gelübden und wegen unverbesserlichen schlechten Lebenswandels. Nach der ältesten Willkür sollte der, welcher behauptete, daß ein Mädchen sich heimlich ohne Genehmigung ihres Vaters mit ihm verlobt habe, seinen Anspruch aber nicht erweisen konnte, auf ewig („hundert Jahre und Jahr und Tag“) die Stadt räumen; war es aber ein Fremder, so hatte er sein Leben verwirkt. Oft wurden Leibes- und Lebensstrafen aus Gnade in Stadtverweisung umgewandelt. Diese erfolgte entweder auf eine bestimmte Zeit oder für immer. Der dem Verbrecher vorgezeichnete Bannkreis betrug 10 oder 20 Meilen Wegs von der Stadt.

In die Acht oder Friedlosigkeit wurde gethan, wer wegen eines schweren Vergehens (Ungerichts) flüchtig geworden war. Er verlor damit alle bürgerlichen Rechte, sein Vermögen fiel an seine Erben, er durfte von niemand beherbergt und von jedermann ungestraft verletzt und selbst getödtet werden. Das Aechten, Verurfrieden oder Verzählen, d. h. aus der Zahl der Lebenden stoßen, geschah vom Gericht auf Antrag des Verletzten in folgender Weise. Man brachte, wenn es sich um Mord oder Todtschlag handelte, die Leiche vor das gehegte peinliche Gericht, erhob das Zetergeschrei und stellte die Klage an, worauf das Gericht urtheilte, daß der Verbrecher in die Acht zu thun sei. Alsdann trat der Ankläger (Vorsprech) mit dem nächsten Verwandten (Schwertmagen) in die Bank, um ihn in die Acht zu schwören. Die Achtserklärung wurde vollzogen, indem der Richter mit den Schöffen aufstand und alle Anwesenden unter Erheben der rechten zwei Eidesfinger die von ihm vorgesprochene Aechtungsformel nachsprechen ließ, die dahin lautete, daß „man ihn ächtet [182] in der Stadt Weichbilde und zählt sein Weib zur Wittwe und seine Kinder zu Waisen und nimmt ihn seinen Freunden und gibt ihn seinen Feinden“. Der Gerichtsschreiber beurkundete den Vorgang in einem besonderen „Achtbuche“. War der Entleibte bereits beerdigt, so ward die Aechtung erst in der fünften Gerichtssitzung vollzogen; als Beweisstück mußte bis dahin ein vom Leichnam abgelöstes „Leibzeichen“ bei dem Gericht oder dem Frohnboten aufbewahrt werden.

Für Mord und Todtschlag trat die Todesstrafe nur dann ein, wenn der Verbrecher auf frischer That ergriffen und abgeurtheilt wurde. Dem flüchtig gewordenen und geächteten Mörder und Todtschläger aber mußte, wenn er sich zur Sühne erbot, die Umwandlung der Todesstrafe in Geldstrafe zugestanden werden. Wenn der Geächtete sein Verbrechen durch Erlegung der Geldstrafe gebüßt hatte, konnte er vom Gericht aus der Acht verkündigt werden. Neben der Strafe war dann noch ein Sühnegeld an die Verwandten des Getödteten zu erlegen, dessen Höhe durch Vergleich festgesetzt wurde. Die Strafe für Todtschlag betrug im 15. Jahrhundert gewöhnlich 5 Schock Groschen, für vorsätzlichen Mord das Doppelte und mehr. Die den klagenden Verwandten zu zahlende Buße hatte meist dieselbe Höhe wie die Strafe, doch bedangen sie sich außerdem nicht selten noch eine geistliche Sühne aus, nämlich daß der Todtschläger ein steinernes Kreuz (wie es deren noch mehrere in der Umgegend, z. B. hinter Leubnitz, gibt) setze oder eine Bußfahrt nach Rom oder Aachen, eine „Romfahrt“ oder „Achfahrt“, unternehme. In gleicher Weise wurden durch Strafe und Buße Körperverletzungen (unterschieden in kampfbare und beinschrötige Wunden, Lähmden, Braun- und Blauschläge, Blutrünste und andere), sowie thätliche und wörtliche Beleidigungen gesühnt.

[183] Im 15. Jahrhundert war es auch Sitte, statt der Geldstrafe die Lieferung von Naturalien aufzuerlegen. Besonders häufig wurden in Zeiten, wo man an den Festungswerken baute, Steine verlangt. Wegen Hasendiebstahls auf Rathsrevier wurde 1505 der Richter zu Quohren verurtheilt, den Rathsherren und dem Stadtschreiber je einen und dem Bürgermeister zwei Hasen zu liefern. Endlich kam es auch vor, daß an die Stelle von Geldstrafen Arbeitsleistungen traten, wie die Anfuhre von Steinen durch einen Bauer, die Anfertigung von Pfeilen durch den Pfeilschmied, das Behauen von Fenstersteinen durch einen Steinmetzen.

Während der Untersuchung, die in der Regel nur wenige Tage, höchstens Wochen, dauerte, wurde der des Verbrechens Verdächtige in den „Stock“ gesetzt, ein Gefängniß im Hause des Frohnboten in der Frohngasse. Die Zellen dieses Gefängnisses waren finster und im Winter ungeheizt, so daß die Gefangenen darin bisweilen die Glieder erfroren. Dort befand sich auch der ebenfalls dunkle „Marterkeller“, wo man die Verdächtigen zur Erpressung von Geständnissen der Folterung unterwarf.

War der Beschuldigte nicht verhaftet und die Anklage erst am Tage nach dem Verbrechen oder noch später erhoben, die That also übernächtig geworden, so wurde er in aller Form vorgeladen. Erschien er darauf freiwillig und leugnete, so mußte er, falls keine Belastungszeugen vorhanden waren, zum Reinigungseide zugelassen werden, der selbdritt, d. h. mit zwei unbescholtenen Männern als Eideshelfern, zu leisten war.

Kurz war das Verfahren bei handhafter That. Der Beschädigte oder der Vorsprech trat vor das gehegte peinliche Halsgericht und bat den gefangenen Verbrecher vorführen und [184] Recht über ihn ergehen zu lassen. Darauf brachte man den „armen Menschen“ und erhob unterwegs dreimal das Zetergeschrei. Daß dies geschehen, hatte der Frohnbote zu bezeugen, der mit gezogenem geschliffenen Schwerte mitging. Nachdem er berichtet und das Schwert niedergelegt hatte, erzählte der Vorsprech ausführlich den Hergang des Verbrechens und bat den Richter, den Thäter zu befragen, ob er sich dazu bekenne oder nicht. Gestand er die That ein, so stellte der Vorsprech den Antrag, der Richter möge die Schöffen um die verwirkte Strafe befragen und das Urtheil verkünden. Dies geschah.

Die Vollstreckung des Urtheils durch den Henker fand alsbald statt, wenn der Rath nicht, etwa auf Fürbitte der Frauen seiner Mitglieder oder auf Verwendung des Landesherrn, Gnade für Recht ergehen ließ. Am Hinrichtungstage wurde dem Verurtheilten noch eine Stärkung durch eine Weinsuppe bereitet. Dann führten sie ihn mit schwarzem Armesündergewand bekleidet hinaus zur Richtstätte, dem sogenannten „Rabenstein“ auf der Viehweide unten am Ende der Hundsgasse (in der jetzigen Stiftsstraße). Auszug und Hinrichtung waren der Volksmenge ein gewohntes Schauspiel, das ihr mehr Unterhaltung als Schrecken bot.




Das Polizeiwesen.

Zu den vornehmsten Wirkungen der Verleihung des Stadtrechts gehörte die Uebertragung der dem Landesherrn zustehenden Polizeigewalt auf die Gemeindebehörde. Die im Jahre 1284 erfolgte Bestätigung des Rechts der Geschworenen, Willküren zu erlassen, zeigt diese bereits im Besitze polizeilicher [185] Befugnisse, von denen sie zuerst vorwiegend für die Ordnung des Gewerbewesens Gebrauch machten. Um seinen von dem geltenden Landrechte abweichenden Verordnungen größere Kraft zu verleihen, holte der Rath dafür meist auch noch die landesherrliche Bestätigung ein, so zu der ältesten überlieferten Willkür vom 16. Oktober 1308 über den Handel mit Wein und Bier, das Weinschätzen und die Ausübung des Becherer- und Büttnerhandwerks. Um das Jahr 1370 ließ sich der Rath die Leipziger Stadtwillkür mittheilen und entnahm ihr eine Anzahl Bestimmungen, insbesondere über den Marktverkehr. Ferner waren Willküren vorhanden über den Aufwand bei Hochzeiten und Kindtaufen nebst Kleiderordnung etwa aus dem Jahre 1461, über das Einlegen fremden Bieres von 1468, über die Arbeitslöhne der Schneider von 1469, eine Bäckertaxe von 1471 und andere mehr. Die hauptsächlichsten städtischen Gewohnheiten sind im Jahre 1513 in einem Bande unter dem Titel „Alte Willkür der Stadt Dresden“ zusammengestellt worden. Jedoch hatten sich die Landesherren des Rechts, auch ihrerseits selbständig und über den Kopf der Stadtobrigkeit hinweg polizeiliche Anordnungen zu erlassen, keineswegs begeben. Je mehr ihre Fürstenmacht erstarkte, um so häufiger und entschiedener griffen sie, namentlich seit den Zeiten Herzog Albrechts, in die städtische Polizeiverwaltung ein, und so ist es auf diesem Gebiete nie zu einer rechten Selbständigkeit des Rathes gekommen.

Von der öffentlichen Unsicherheit, wie sie das Faustrecht mit sich brachte, wurde Dresden nur wenig berührt. Zwar war es auch an dem Landfriedensbündnisse betheiligt, das mehrere meißnische Vögte und Stadtobrigkeiten am 18. Dezember 1398 mit dem böhmischen Landvogte der Oberlausitz [186] und den Sechsstädten zur gemeinschaftlichen Verfolgung und Bestrafung von Friedbrechern, Räubern, Mördern und Dieben schlossen, aber von offener Gewalt hatten die Bürger nur außerhalb der Stadt etwas zu befürchten, innerhalb der schützenden Mauern brauchte man bloß vor geheimen Verbrechern auf der Hut zu sein. In den böhmischen Kriegen kam es wiederholt vor, daß der Rath Boten von Haus zu Haus schickte, um vor Mordbrennern zu warnen, die der Feind ausgesandt haben sollte. Ein beliebter Schlupfwinkel war schon damals die Dresdner Haide, die der Rath bisweilen nach Räubern und Strauchdieben durchsuchen ließ. Auch entsandte er manchmal Stadtknechte oder Bürger zur Verfolgung auswärtiger Verbrecher, so stellte er 1466 zwei Mönchen nach, die aus Altenzelle mit Geld durchgegangen waren. Für die Sicherheit des Eigenthums hatte die städtische Polizei während des Mittelalters wenig Sorge zu tragen, da die herrschenden Rechtsbegriffe und die Härte der Strafen es zu Eigenthumsvergehen unter der Einwohnerschaft selten kommen ließen. Dagegen machte der Polizei die Neigung der Bürger zur Gewaltthätigkeit und Widersetzlichkeit viel zu schaffen. Die Gerichtsrechnungen haben mancherlei Einzelfälle von Beschimpfung des Rathes und Widerstand gegen seine Beamten überliefert. Nicht jede Widersetzlichkeit verlief so harmlos wie 1481 der Aufruhr der gegen die Türkensteuer aufgebrachten Steinmetzen und Maurer, die der städtische Baumeister mit 4 Kannen Bier beschwichtigte. Namentlich waren es die Handwerker, die sich häufig gegen den Rath auflehnten, meist in der Absicht, Erweiterungen ihrer Rechte zu ertrotzen. Aus dem Jahre 1466 wird von der Einsperrung der Bäcker in den Thurm berichtet; auch 1501 nahm der Rath sämmtliche Bäcker [187] wegen Widersetzlichkeit in Haft und ließ während deren Dauer Semmeln von Pirna und Altendresden kommen und durch ein Mädchen verkaufen.

So lange die Einwohnerschaft zum größten Theile aus ansässigen Bürgern mit ihren Familien und Dienstpersonen bestand und die zur Miethe wohnende, den Aufenthalt leichter wechselnde Klasse dagegen sehr zurücktrat, auch die Stadt noch so klein war, daß die meisten Einwohner einander persönlich kennen mußten, bot die Beaufsichtigung der Bevölkerung keine Schwierigkeiten. Den geltenden Grundsatz sprach die Stadtwillkür dahin aus, daß der Hauswirth für jeden, den er hauste und herbergte, mit Leib und Gut verantwortlich sei. Der Zufluß verdächtigen Gesindels ließ sich schon durch dessen Zurückweisung an den Stadtthoren leicht verhindern. Im Jahre 1477 wurden mehrere Bürger mit Geldstrafe belegt, weil die von ihnen als Vertreter zum Wachdienst gestellten Thorhüter herumziehende Bettler eingelassen hatten. Wer einem Fremden durch falsche Angaben zum Einlaß verhalf, ward ebenfalls bestraft, so 1498 ein Einwohner, der einen Mönch in weltlichem Kleid für einen Edelmann ausgegeben und hereingeführt hatte. Wo fremdes Volk der Schaulust der Menge entgegenkam, wußte man auch Ausnahmen zu machen: in den Jahren 1452 und 1465 fanden Zigeuner („Ciganen“) Einlaß und wurden vom Rathe sogar mit Bier bewirthet und beschenkt.

Auf sittenpolizeilichem Gebiete spielen seit dem 15. Jahrhundert die Kleiderordnungen eine große Rolle. Bei ihrem Erlaß waren die Obrigkeiten zunächst von dem Bestreben geleitet, der in der Tracht zu Tage tretenden Schamlosigkeit entgegenzuwirken und zugleich dem Hochmuth und der Verschwendung von Hab und Gut durch übertriebenen Aufwand [188] zu steuern; bald aber kamen nationale Gesichtspunkte hinzu, insofern man dem Eindringen fremder Sitten wehren und durch das Verbot der Verwendung ausländischer Stoffe das heimische Gewerbe schützen wollte. Den Anfang macht in unserem Lande ein Befehl Kurfürst Friedrichs II. vom 4. März 1460, wonach der Rath den Schustern die Anfertigung und den Verkauf spitzer Schuhe mit Schnäbeln verbieten und den Zuwiderhandelnden eine Strafe von 100 rheinischen Gulden an den Landesherrn und außerdem von 20 Schock Groschen an die Stadt androhen soll. Diese Strafe war für die damaligen Verhältnisse so unglaublich hoch bemessen, daß es sicherlich bei der bloßen Drohung verblieben ist. Die mit einer Hochzeits- und Kindtaufsordnung verbundene erste Kleiderordnung des Dresdner Rathes, die wahrscheinlich aus dem Jahre 1461 stammt, richtete sich ebenso sehr gegen den überhand nehmenden Gebrauch von Gold- und Perlenschmuck, kostbaren Stoffen und Pelzwerken – worin sich jedoch die Rathsherren für sich und ihre Familien gewisse Vorrechte wahrten – wie gegen den der Schamhaftigkeit zuwiderlaufenden Schnitt der Männer- und Weiberkleidung. Die Röcke und Mäntel der Männer sollten mindestens so lang sein als die herabhängende Hand reichte. Die Frauen sollten nicht den Hals entblößt („bleckende Hälse und Näcken“) tragen, ihn auch nicht mit einem bloßen Brustlatz, sondern mit ordentlicher geschlossener Kleidung bedecken; die Schleppe von Kleid und Mantel durfte die Erde nicht mehr als eine Spanne lang berühren, auch wurden Schleier und Hörner nach französischer Art verboten. Die Strafen für Uebertretung dieser Kleiderordnung waren ursprünglich auf 10 bis 30 Gulden festgesetzt, wurden aber bald meist auf 3 Gulden herabgemindert und [189] selbst in dieser Höhe nicht wirklich verhängt, denn nach Ausweis der Rechnungen werden z. B. im Jahre 1470 18 Personen wegen des Tragens spitzer Schuhe, das mit 3 Gulden Strafe bedroht war, nur um je 16 Groschen gebüßt. Daraus darf auf die große Häufigkeit der Uebertretungen und die Erfolglosigkeit der Verbote geschlossen werden. Die Landesordnung von 1482 läßt in ihren das Kleiderwesen regelnden Bestimmungen schon keinerlei Sittlichkeitsrücksichten mehr erkennen, sondern geht ausschließlich von wirthschaftlichen Gesichtspunkten aus. Auf der einen Seite sucht sie den Abfluß des Geldes aus dem Lande einzuschränken, indem sie die Verwendung ausländischer Stoffe nur den bevorzugten Ständen freigibt, auf der anderen Seite tritt sie dem mit der Vermögenslage der einzelnen Volksklassen nicht verträglichen Aufwande entgegen und setzt sogar für manche Kleidungsstücke und Schmucksachen einen Höchstbetrag des Werthes fest, z. B. für das Kleid eines Rathsherrn und den Kopfschmuck einer Bürgersfrau in größeren Städten je 30 Gulden und in kleinen Städten je 12 Gulden. Bei der gerade in den nächsten Jahrzehnten sich vollziehenden Umwälzung der wirthschaftlichen Verhältnisse wird auch dieses Gesetz nur von vorübergehender Wirkung gewesen sein.

Außer der Kleiderpracht suchte man dem übermäßigen Aufwande bei Familienfesten durch polizeiliche Ordnungen entgegenzutreten. Es war üblich, nach der von den Freunden eines Freiers ausgeführten Brautwerbung eine Verlobung zu feiern, zu der von beiden Theilen viel Bekannte eingeladen und mit Wein und Fladen, Bier und Käsebrot bewirthet wurden. Diese Verlobungen sollen nach der Ordnung von 1461 dahin eingeschränkt werden, daß von jeder Seite nur noch drei der nächsten Freunde hinzugezogen werden. Zur Hochzeit sollen die Gäste [190] durch zwei „fromme“ Männer, mit einem Schreiber d. h. Schüler zum Lesen der Liste, geladen und nicht außerdem eine Hochzeitsbitterin gehalten werden. Die Zahl der Gäste wird bei Bürgerhochzeiten auf höchstens vier Tische Einheimische und einen Tisch Fremde, den Tisch zu 10 Personen, außerdem 6 Gesellen und 6 Jungfrauen als Brautführer festgesetzt; Dienstleute und Hausgenossen dürfen nur halb so viel Gäste einladen. Wenn die Brautleute am Hochzeitstage ins Bad gehen, sollen sie sich nur von 7 Personen von jeder Seite begleiten lassen. Zu der am Abend stattfindenden Trauung mögen alle geladenen Gäste erscheinen, aber alsbald nachdem sie dem Bräutigam und der Braut das Geleite in die Wohnung gegeben haben, nach Hause gehen. Will das junge Paar zurückkommen, so sollen sie auf diesen Abend nicht mehr als zwei Tische ihrer nächsten Freunde zu sich bitten und ihnen vier Speisen geben, aber keinen Tanz auf dem Rathhause halten. Das Hochzeitsmahl findet am Tage nach der Trauung statt; hierbei dürfen morgens fünf und abends vier Speisen, aber nicht mehr als dreierlei Gebratenes auf eine Schüssel, verabreicht werden. Damit ist die Feier beendet, eine Nachhochzeit oder ein Bad am folgenden Tage ist nicht erlaubt, nur mit den auswärtigen Gästen darf der Hochzeitmacher noch ein kleines Essen veranstalten; die üblich gewesene Versammlung der Einheimischen zu einem gemeinen Biere nach dem Mahle wird verboten. Hochzeitsgeschenke dürfen nur von den nächsten Freunden und den fremden Gästen dargebracht werden. Auf die Uebertretung dieser Bestimmungen stehen Strafen von 10 bis 30 Gulden. – Die Zahl der zur Kindtaufe einzuladenden Frauen, einschließlich der Gevattern, wurde auf höchstens 6 festgesetzt, auch sollten keine Frauen mehr ungeladen kommen und Muskaten (die als Arznei sehr geschätzt waren) haben wollen. [191] Bisher waren die Weiber bisweilen in Haufen zu den Wöchnerinnen in die „Sechswochen“ gelaufen und hatten sich dabei betrunken und unanständige Reden geführt, deshalb ward die Verabreichung von Speise und Trank an solche Frauen bei Strafe verboten. Ebenso wenig durfte bei Gelegenheit des Kirchgangs eine Bewirthung stattfinden, sondern die Frauen sollten die Sechswöchnerin nur in die Kirche und zurück geleiten und dann nach Hause gehen.

Bei der Neigung der männlichen Bevölkerung zum Biergenuß und zur Gewaltthätigkeit konnte es mit der Nachtruhe nicht zum besten bestellt sein. Geschrei und Saitenspiel, Pauken und Pfeifen, Wegfahren und Umwerfen der auf den Gassen stehenden Wagen, Umstoßen von Buden, Zerschlagen von Fässern, Abhauen der aushängenden Handwerkszeichen, besonders der Schneiderscheeren, bildeten nach Ausweis der Straflisten beliebte Unterhaltungen der aus den Wirthshäusern heimkehrenden Gesellen. Schlägereien waren keine Seltenheit und nahmen bei der herrschenden Sitte des Waffentragens leicht einen schlimmen Ausgang. Um diesem nächtlichen Unfuge zu steuern, setzte der Rath zu Anfang der sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts eine Polizeistunde, und zwar auf 9 Uhr im Sommer und 8 Uhr im Winter fest; seitdem finden sich zahlreiche Bestrafungen von Personen, die über die Abendglocke oder, wie man sie nun nannte, „Bierglocke“ im Wirthshause gesessen oder auf der Gasse gegangen waren oder sonstwie „wunderlich gelebt“ hatten. Im Jahre 1504 wurde die Polizeistunde durch einen strengen Befehl Herzog Georgs neu eingeschärft, und zu ihrer besseren Durchführung entschloß man sich 1513 zur Anstellung von vier Nachtwächtern.

Strafbar machte sich, wer Sonn- und Feiertags während [192] des Gottesdienstes das Wirthshaus besuchte; den Arbeitern und Dienstboten wurde durch die Landesordnung von 1482 auch alles Zechen an Werktagen verboten. Seit dem Jahre 1500 mußte gegen das überhandnehmende Branntwein-Schänken und -Trinken an Sonntagen eingeschritten werden. Das Zutrinken von Ganzen und Halben ließ sich auch durch die strengsten Strafandrohungen nicht ausrotten, und wie wenig die Verbote gegen das Spielen nützten, ergiebt sich daraus, daß die dafür verhängten Strafen, das „Spielgeld“, lange Zeit einen stehenden Posten in den städtischen Einnahmen bildeten.




Oeffentliche Gesundheitspflege.

Was im Mittelalter zum Schutze der öffentlichen Gesundheit geschah, beschränkte sich auf die unmittelbare Abwehr ansteckender Krankheiten. Eine solche Maßregel war die Gründung eines Hospitals zur Unterbringung der Aussätzigen oder Sondersiechen. Im 13. Jahrhundert schlossen die Geschworenen zu Freiberg mit denen zu Dresden einen Vertrag, daß die aussätzigen Männer in Freiberg, die aussätzigen Frauen in Dresden in einem besondern Hause untergebracht werden sollten. Zu diesem Zwecke wurde auf der „Viehweide“, an der Ostseite des jetzigen Freiberger Platzes, das „Hospital der Siechen“ gegründet, das auch als „Hospital zum heiligen Geiste“, seit dem 15. Jahrhundert aber nach der damit verbundenen, dem heiligen Bartholomäus geweihten Kapelle gewöhnlich als Bartholomäihospital bezeichnet ward. Im Garten des Hospitals entsprang ein Quell, dem man heilkräftige Wirkung zuschrieb und um dessentwillen vielleicht die Anstalt gerade an dieser Stelle errichtet [193] war; wahrscheinlich hatte hier auch der im Jahre 1391 verstorbene Meißner Weihbischof Nikolaus Platow gebadet, dessen Denkstein (jetzt im Stadtmuseum) an der Außenseite des erst 1839 abgebrochenen Kirchleins eingemauert war. Mit der Verwaltung des Hospitals und seiner Einkünfte, die aus kleinen Vermächtnissen, mehreren Aeckern und einem vom Rathsherrn Franz Bibrach gestifteten Weinberge bei Kötzschenbroda flossen, pflegte der Rath eins seiner Mitglieder als Spitalmeister zu betrauen. Das Dienstpersonal bestand aus einem Knecht, dem Hofmann oder Korbträger, und seiner Frau; im Volksmunde wurde er meist der „heilige Geist“ und die Frau die „Geistin“ genannt[25]. Während die Frau die Küche und den Stall besorgte, lag dem Manne die Acker- und Gartenarbeit ob. Außerdem mußte er wöchentlich einmal in der Stadt Almosen und Lebensmittel einsammeln, auf die das Hospital mit angewiesen war. Er durchzog dann die Straßen mit einer Büchse und einem Korbe und kündigte sein Kommen mit einer hölzernen Klapper an. Die Zahl der in der Anstalt untergebrachten aussätzigen Frauen betrug 10 bis 20. Im 16. Jahrhundert fanden auch Männer Aufnahme, wahrscheinlich war der Vertrag mit der Stadt Freiberg gelöst worden. Im Laufe des 17. Jahrhunderts verlor das Hospital die Eigenschaft als Absonderungsanstalt für Aussätzige und dient seitdem nur noch der Versorgung von Bürgerswittwen.

Wenn auch dem Aussatz gegenüber die Absonderung der Befallenen genügenden Schutz bot, so war im übrigen die äußerst mangelhafte Reinlichkeitspflege dazu angethan, der Verbreitung ansteckender Krankheiten allen Vorschub zu leisten. Zwar an Wasser scheint es der Stadt nicht gefehlt zu haben: neben den Brunnen der einzelnen Grundstücke und den öffentlichen [194] Brunnen in den Gassen, die von der Nachbarschaft zu unterhalten waren, sind schon im 15. Jahrhundert Röhrwasserleitungen vorhanden: im Jahre 1478 wird ein Röhrtrog auf dem Markte erbaut und 1483 ein Röhrmeister angestellt. Wahrscheinlich war es das sogenannte Leubnitzer oder Strehlener Wasser aus dem „heiligen Brunnen“ hinter Leubnitz, vielleicht auch schon eine der Weißeritzwasserleitungen aus Plauen, deren Zahl sich bis 1563 auf 14 vermehrte. Für Altendresden hatten die Augustinermönche 1476 eine Wasserversorgung hergestellt, indem sie mit Erlaubniß der Landesfürsten das Zschorwasser aus der Haide hereinleiteten. Mit der Stadtreinigung aber war es trotzdem übel genug bestellt. Der Dünger aus den Gruben wurde einfach auf die Gasse geschüttet, und die Bestimmung der Statuten, daß er dort bei 3 Groschen Strafe im Sommer nicht länger als 3, im Winter nicht länger als 8 Tage liegen bleiben dürfe, scheint wenig beachtet worden zu sein. Noch im Jahre 1541 machen zwei Altendresdner Bürger in einem gerichtlichen Vertrage über die ihren Häusern gemeinsame Schleuse aus, daß darein nur das Regen- und Abfallwasser geleitet, dagegen der Inhalt der Grube ausgeschöpft und auf die Gasse getragen werde, wo der Platzregen ihn hinwegschwemmen könne. Ließ doch selbst der Rath im 15. Jahrhundert den Markt von den dort lagernden großen Schmutzhaufen erst dann reinigen, wenn eine Festlichkeit oder Versammlung bevorstand: als 1452 der Bußprediger Johannes von Capistrano erwartet wurde, hatten 12 Mann 3 Tage lang zu thun, um den Mist auf dem Markte zusammenzuschaufeln und aufzuladen. Die Bürger ließen Schweine, Ziegen und Gänse, die sie zahlreich in ihren Stadthäusern hielten, auf Straßen und Plätzen sich tummeln; erst in den Statuten vom [195] Jahre 1559 ward dies nachdrücklich verboten. Jeder Regenguß verwandelte die nur theilweise gepflasterten Gassen in Moräste, in die sich feingekleidete Frauen nicht hinauswagen konnten, ohne Holzschuhe überzuziehen und sich die Schleppe tragen zu lassen.

Unter diesen Umständen war in den engen Gassen der Stadt der Boden für Epidemien ein so günstiger, daß die Absperrungsmaßregeln, zu denen allein man seine Zuflucht nahm, wenig fruchteten. Man pflegte damals die epidemisch auftretenden Krankheiten meist als Pest zu bezeichnen. Nach chronikalischen Nachrichten soll sie Dresden in den Jahren 1311, 1349 (wo man die Juden der Vergiftung der Brunnen beschuldigte und verbrannte), 1357, 1363, 1373, 1439 und 1450 heimgesucht haben. Als am 11. und am 12. Oktober 1463 je zwei Schüler an der Pest gestorben waren, schärfte Kurfürst Friedrich den Bürgern das Verbot ein, in Sterbensläuften Fremde und insbesondere Schüler in die Stadt einzulassen, und gebot ihnen, alle fremden Schüler wegzuschicken. Vom Dezember 1474 bis in den Sommer 1475 herrschte wieder eine Seuche; bei ihrem Auftauchen ermahnte ein landesherrlicher Befehl den Rath, an den Thoren fleißig Wache halten zu lassen und dafür zu sorgen, daß Versammlungen der Leute und die Begleitung der Leichen der Ansteckungsgefahr wegen unterblieben. Dann soll die Pest wieder in den Jahren 1484 und 1485 aufgetreten und dazu 1486 eine neue, vielfach tödtlich verlaufende Krankheit, der Scharbock, aus den Seestädten ins Land gekommen sein. Als im Sommer 1496 die Pest in Freiberg und an anderen Orten ausgebrochen war, ordnete Herzog Georg an, daß die Thore Dresdens theils geschlossen, theils scharf bewacht würden und daß man allen Fremden, insbesondere den Flüchtlingen aus [196] Freiberg, die Aufnahme in die Stadt und die Vorstädte verweigere, widrigenfalls der Wirth nebst den Gästen ausgetrieben werden sollte. Nichtsdestoweniger wurde die Krankheit eingeschleppt, so daß sich der Herzog veranlaßt sah, die angesetzte Feier seiner Hochzeit nach Leipzig zu verlegen. Von einer Erkenntniß der eigentlichen Ursachen dieser häufigen Epidemien findet sich damals noch keine Spur.

Die Krankenpflege rechnete die Gemeinde im Mittelalter noch nicht zu ihren Aufgaben. Man überließ die Kranken dem Mitleid der Einzelnen, nur um die Geisteskranken – „Thoren“ oder „Narren“ wurden sie genannt – kümmerte man sich insofern, als man sie, wenn sonst niemand für sie sorgte, loszuwerden suchte. Sie wurden zunächst ins Gefängniß eingesperrt und dann, mit nothdürftiger Kleidung und einem Zehrpfennig versehen, durch Knechte einige Meilen von der Stadt hinweggeführt und ihrem Schicksal überlassen. Sogar Prügel ließ man den Unglücklichen bisweilen vor ihrer Austreibung durch den Henker verabreichen.

Den Beistand eines Arztes vermochten sich nur vermögende Leute zu verschaffen, die Armen waren auf die durch Erfahrung und Wunderglauben eingeführten Hausmittel angewiesen. Mehr als ein Arzt wird in der Stadt selten vorhanden gewesen sein, es war dann in der Regel der Leibarzt des Landesfürsten. Zuerst wird im Jahre 1291 ein Dresdner Arzt Meister Nikolaus und ein Geistlicher Meister Hermann als Arzt erwähnt, dann 1408 Peter Perner, 1410 Meister Franz Slegil und um 1440 Meister Sulko. Im Jahre 1467 veranlaßte der Rath einen Arzt Meister Heinrich aus Leipzig zur Niederlassung in Dresden; bei seiner Aufnahme ward er mit einer Spende von 6 Kannen Wein begrüßt. [197] Vereinzelt kommen auch schon Heilkünstler vor: im Jahre 1479 ließ sich ein Augenarzt Hans Fleischer hier nieder. Derartige „Okulisten“, „Schnittärzte“ und „Zahnbrecher“ fanden natürlich an ihrem Wohnorte allein keine ausreichende Beschäftigung und zogen, ihre Kunst laut anpreisend und vor allem Volke ausübend, auf den Jahrmärkten im Lande umher.

Als erster Dresdner Apotheker erscheint seit 1440 Thomas Rotholz, auf dem Taschenberge wohnhaft. Im Jahre 1467 ließ der Rath gleichzeitig mit dem Arzte einen Apotheker Johannes Huffener aus Leipzig kommen. In einem am 12. Juni ausgestellten schriftlichen Privilegium wurde ihm unter Befreiung von allen städtischen Lasten das alleinige Recht zugesichert, in der Stadt eine Apotheke zu halten; er durfte darin gestoßene Würze und Kräuter verkaufen, welsche und andere „Hochweine“ schenken und daneben auch die Krämerei betreiben. Huffener gelangte bald zu einer angesehenen Stellung, bereits 1471 war er Rathsherr und seit 1481 wiederholt regierender Bürgermeister. Seine Apotheke, die sich auf der Südseite des Marktes bei der Schreibergasse befand, ging 1493 auf Laurentius Montzer und 1498 mit Haus, Hof und Gärten für 900 rheinische Gulden auf Valentin Kreul über. Die Nachbesitzer, denen das Privilegium erneuert wurde, verlegten die Apotheke schon im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts in das jetzige Haus der „Marienapotheke“ am Altmarkte.

Ein wirksames Gegengewicht gegen die in Gassen, Höfen und Häusern herrschende Unreinlichkeit bildete die selbst bei der niederen Volksklasse gewöhnliche Sitte, häufig warme Bäder zu nehmen. Welche Bedeutung die Bäder im Volksleben einnahmen, läßt sich schon daraus ermessen, daß man kleine Geschenke für Dienstleistungen ebenso oft als „Badegeld“ [198] wie als „Trinkgeld“ bezeichnete und daß fromme Leute zum Heile ihrer Seelen unentgeltliche Bäder für Arme, sogenannte „Seelbäder“, zu stiften pflegten. Für öffentliche Badestuben war ausreichend gesorgt; in ihnen spielte sich ein gutes Stück bürgerlicher Geselligkeit ab, freilich wurden sie bisweilen auch zu Stätten des Müssigganges und der Völlerei. Eine solche Badestube befand sich im 14. Jahrhundert in der Frauengasse und dann in der Schreibergasse, die sogenannte „Schreiberbadestube“. Für diese stiftete der Bürgermeister Jockerim 1394 ein Stück Acker zu einem ewigen Seelbade mit der Bestimmung, daß der jeweilige Bader verpflichtet sein sollte, die Badestube jeden Donnerstag den armen Leuten unentgeltlich zu öffnen und ihnen zum Abtrocknen jederzeit zwölf besondere Badelaken bereit zu halten, die aller 14 Tage gewaschen wurden. Im Jahre 1484 kaufte der Rath die Stube und verpachtete sie an einen Bader für 8 Groschen Wochenzins. Weiter waren zwei Badestuben in der Elbgasse und der kleinen Brüdergasse. Um 1489 errichtete der Rath eine größere Badeanstalt, mit der 1495 auch die Schreiberstube vereinigt wurde, im Loche, der späteren Badergasse; sie hat als „Rathsbaderei“ bis zum Jahre 1863 bestanden. Hier hatte der Pächter in der ältesten Zeit wöchentlich 20 gute Groschen Zins zu zahlen. Die Badegebühr betrug für die Person einen Heller. Dem Bedürfnisse nach einer Badestube in der Vorstadt hatte der Rath 1479 durch Erbauung einer solchen vor dem Wilischen Thore an der Weißeritz abgeholfen. Altendresden besaß eine Badestube in der bei der Brücke gelegenen Badergasse, dem jetzigen Blockhausgäßchen; sie gehörte dem Augustinerkloster, das sie 1510 für 37 Schock Groschen an die Stadt verkaufte.



[199]
Armenpflege.


Armenpflege in dem Sinne, daß man der Verarmung vorzubeugen und dem Verarmten wieder zu wirthschaftlicher Selbständigkeit zu verhelfen sucht, ist eine Errungenschaft der Neuzeit. Im Mittelalter und lange darüber hinaus war die Fürsorge für Arme, soweit sie nicht in Anstalten ständig untergebracht waren, fast ganz der Privatwohlthätigkeit überlassen, die allerdings in ausgedehntem Maße geübt wurde. Stiftungen an Kirchen und Klöster zum Zwecke der Austheilung von Geldspenden, Kleidung und Speise waren ein beliebtes Mittel zur Erlangung des Seelenheils, die Hausalmosen flossen reichlich und das Betteln war daher ein Erwerb, dem sich neben den Hilfsbedürftigen auch die Arbeitsscheuen gern zuwendeten.

Eine bedeutende Almosenstiftung errichteten in Dresden die Gebrüder Lorenz und Franz Bibrach mit ihrer Schwester Barbara Leubnitz im Jahre 1433. Sie erkauften mit einem Kapitale von 300 rheinischen Gulden einen auf die Einkünfte des städtischen Bierschrotamtes angewiesenen Jahrzins von 30 Gulden mit der Bestimmung, daß der Rath davon allwöchentlich jeden Freitag 100 Heller an bedürftige Leute und arme Schüler austheile. Außerdem setzte Franz Bibrach mit seiner Frau Margarethe letztwillig die Mittel aus, um unter die Armen jährlich dreimal ein halbes Fuder Bier und 8 Schock Semmeln, sowie einmal 6 Stück Dresdner Tuch zu vertheilen. Beträchtlicher noch als die Bibrachsche war die Stiftung des Botho von Karlowitz auf Hosterwitz vom Jahre 1471. Karlowitz zahlte dem Rathe ein Kapital von 700 rheinischen Gulden, wofür dieser die jährliche Leistung von 2 Stück grauem Tuch, 1 Tonne Heringe und 24 Schock Semmeln an [200] die Armen übernahm; die Tücher sollten jedesmal am Gallustage geschnitten und vertheilt und an jedem der sechs Freitage in den Fasten 4 Schock Heringe und 4 Schock Semmeln gespendet werden. Die ausgesetzten Gelder ermöglichten aber zeitweilig die Vertheilung viel größerer Unterstützungen: bis zu 60 Schock Semmeln, 3 Tonnen Heringe und dazu noch jedes Vierteljahr 3 Viertel Bier und ein Seelbad. Die Spende wurde jedesmal durch den Stadtprediger unter dem Rathhause besonders verkündigt. Da versammelten sich Greise, Krüppel und Waisenkinder, Schüler und gemeine Bettler in bunter Schaar auf dem Markte, und jedem ward ohne Ansehen, ob er der Wohlthat auch würdig, seine Gabe zu Theil.

Aus städtischen Mitteln wurden nur bei besonderem Anlaß Almosen verabreicht, namentlich Fremden, die nach dem heiligen Lande oder gegen die Türken zogen oder aus deren Gefangenschaft kamen oder wenigstens zu kommen vorgaben. So verzeichnen z. B. die Rathsrechnungen als Geschenke 1456 „4 Groschen dem alten Griechen von Constantinopolis um Gottes willen“, 1464 „20 Groschen den Dresdnischen um Gottes willen, daß sie wider die Türken zogen“, 1475 „4 Groschen einem mit einer kupfernen Hand, der war gefangen gewesen im Lande zu Ungarn“, 1483 „10 Groschen einem Ritter von Rhodus, hatte wider die Türken gestritten“, 1494 „5 Groschen Reichard vom Steinach aus der Alten Mark eine Ritterzehrung, ist auf dem heiligen Wege beraubt“ u. s. w. Auch der Zustrom der fremden Bettler hatte wohl zu stark überhand genommen, als der Rath im Jahre 1487 beschloß, künftig städtische Bettlerzeichen auszugeben und keinen Bettler mehr ohne ein solches Zeichen, das am Hute zu tragen war, zu Spenden und Almosen zuzulassen. Auf diese Weise nahm man das heimische Bettlerthum als ein berechtigtes [201] Gewerbe gegen fremden Mitbewerb in obrigkeitlichen Schutz.

In einer Zeit, wo noch fast jeder Bürger ein Haus für sich bewohnte und die Arbeiter meist zum Hausstande des Brodherrn gehörten, konnte es armen Leuten nicht schwer fallen, ein bescheidenes Obdach eingeräumt zu erhalten. Die Unterbringung Armer in öffentlichen Anstalten wäre daher kaum nöthig gewesen. Wenn es trotzdem Versorganstalten gab, so waren sie mehr aus der Absicht hervorgegangen, daß ihre Insassen gemeinschaftlich Gott dienen und für das Seelenheil der Stifter beten sollten. Solcher Anstalten, Seelhäuser genannt, waren hier zwei vorhanden: die eine, 1362 von Heinrich von Ebersbach gestiftet, am Ende der großen Brüdergasse gegenüber dem Franziskanerkirchhofe, die andere in der Kreuzgasse, eine Stiftung der Jungfrau Dorothea Kuttlerin vom Jahre 1403. In jedem dieser beiden Seelhäuser waren 12 arme Frauenzimmer oder „Seelnonnen“ untergebracht. Die Vorsteherschaft und das Recht, die Stellen zu besetzen, hatten die Stifter dem Rathe übertragen. Mit der Einführung der Reformation wurden die Seelhäuser ebenso wie die Klöster aufgehoben.

Nicht berührt von der kirchlichen Umwälzung wurde dagegen das bereits von Markgraf Heinrich dem Erlauchten gegründete, seit 1329 dem Rathe gehörige und noch heute in Segen bestehende Maternihospital. Es lag hinter der Frauenkirche: außer dem Wohnhause eine dem heiligen Maternus geweihte Kapelle und die für die Bewirthschaftung der zugehörigen großen Liegenschaften erforderlichen Scheunen und Ställe. In diesem durch zahlreiche Stiftungen mit bedeutenden Mitteln ausgestatteten Hospital, das von einem Spitalmeister, gewöhnlich einem Rathsherrn, geleitet wurde, wohnten 24 alte [202] Frauen, die man die „armen Leute“ oder die „Schwestern“, auch die „Nonnen“ oder „alten Mütter“ nannte. Nur Dresdner Bürgerinnen fanden darin Aufnahme. Die Verpflegung war, zumal da das Hospital eigene Feld- und Viehwirthschaft besaß, gut und reichlich: an Fleisch, Fischen und Eiern, Gemüsen und Früchten war kein Mangel, Bier tranken die Schwestern täglich, an Festtagen auch Wein, dazu wurden ihnen Kuchen und zu Weihnachten Striezel gebacken.

Eine zweite Armenanstalt, das Jakobshospital, lag vor dem Wilischen Thore beim See an der Straße nach Freiberg. Es war eine Nachtherberge für arme Reisende, eine „Elendenherberge“, und wird urkundlich zuerst im Jahre 1455 erwähnt, als Kurfürst Friedrich II. ihr freies Leseholz in der Haide zusichert. Im folgenden Jahre schenkte der Pfarrer Johannes Terrembach dem Spital einen Hof auf Poppitzer Flur an der Ecke der heutigen Straße „am See“ und der Annenstraße, wahrscheinlich ganz nahe der Stelle, wo es sich bisher befunden hatte. Es besaß eine Kapelle mit einem dem heiligen Jakob geweihten Altar, die von einer Schützenbruderschaft unterhalten wurde und als Wallfahrtsort bekannt war. Im Jahre 1532 brannte es ab, wurde 1535 von Herzog Georg auf dem bisherigen Platze in größerem Umfange wieder aufgebaut und zu einer Versorganstalt für 100 arme und alte Leute bestimmt, die bis zum Jahre 1839 dort bestanden hat.




Stadthaushalt.


Die Vermögensverhältnisse der Stadt Dresden sind zu keiner Zeit glänzend gewesen. Der Grundbesitz bestand in den wenigen städtischen Gebäuden und ein paar Stücken Garten- [203] und Weideland. Auch über bedeutende Kapitalien verfügte die Stadt nicht. Wenn von der Stadt größere Summen dauernd anzulegen waren, so kaufte der Rath dafür zuweilen Erbzinsen auf den Dörfern der Umgegend; die damit verbundene Gerichtsbarkeit über die zinspflichtigen Bauern verschaffte ihm eine erwünschte Ausdehnung seines Machtbereichs. Die wichtigsten von diesen Rathsdörfern waren Zitzschewig mit dem Himmelsbusch, wo der Rath 1 Schock 42 Groschen jährliche Zinsen vom Meißner Bischof zu Lehn besaß und 1420 weitere 4 Schock 48 Groschen von den Brüdern Dietze und Nickel Kundige dazu erwarb, so daß ihm dort 14 Bauern zinspflichtig waren, ferner Quohren bei Kreischa, das er in zwei Hälften 1412 und 1425 von den Söhnen des Bürgermeisters Lorenz Bußman erwarb; hier zinsten ihm 22 Bauern jährlich 11 Schock und 13 Groschen an Geld, je 68 Scheffel Korn und Hafer, 140 Hühner und 27 Schock und 19 Eier. Weitere Zinsbauern hatte er in Kötzschenbroda, Boxdorf, Sürßen, Mügeln, Tolkewitz und Mockritz. Die auswärtigen Rathsunterthanen vertheilten sich somit auf 8 Dörfer und bestanden in 55 ansässigen Männern mit 73 Hufen Ackerland und außerdem 8 Gärtnern. Umfangreicher war der Dorfbesitz des Brückenamts und des Maternihospitals, doch übte dafür nicht der Rath selbst, sondern in dessen Namen eins seiner Mitglieder die Lehnsherrschaft aus. Sonstige Zinsen flossen in die Stadtkasse von den beiden Badestuben in und vor der Stadt, den beiden Garbuden beim Rathhause, mehreren der Stadt gehörigen Fleisch- und Gewandbänken, den unter dem Rathhause befindlichen Krambuden, sowie endlich von der Rathswaage. Auf dieser mußten, schon in Folge des Umstandes, daß fast jede Stadt eigenes Gewicht und Maß führte, alle Güter und Gegenstände, deren Gewicht zur Beilegung [204] von Streitigkeiten oder zur Bestimmung des Werthes oder des Frachtlohnes der Feststellung bedurfte, gegen eine Gebühr, vom Zentner 4 Heller, gewogen werden; sie war an einen Kaufmann für 6 bis 10 Schock jährlich verpachtet.

Von den Ueberschüssen, welche die städtischen Einnahmen gewöhnlich lieferten, pflegte der Rath kleinere Summen gegen Bürgschaft oder sonstige Sicherheit an Bürger, Adelspersonen oder Innungen zinsbar auszuleihen. So werden in der Kämmereirechnung von 1460  27 Darlehne an Bürger in Höhe von 2 bis 25 Schock Groschen aufgeführt; 1483 wird einem Handwerksmeister mit einem Darlehn von 30 rheinischen Gulden gegen Verpfändung von drei eisernen Büchsen ausgeholfen. Größere Summen legte der Rath oft durch Erwerbung von Wiederkaufszinsen an. Häufig waren es die Landesherren, die ihn um Darlehne angingen, meist von so beträchtlicher Höhe, daß die erforderlichen Gelder nicht vorhanden waren und vom Rathe selbst erst leihweise aufgenommen werden mußten. Wenn die Stadt für solche Zwecke oder für eigene außerordentliche Bedürfnisse Geld brauchte, wurde es entweder durch verzinsliche Handdarlehne oder durch Verkauf von Wiederkaufszinsen oder Leibrenten aufgebracht. Der Rath setzte für solche Zinsen die Einkünfte der Stadt als Sicherheit ein, was gewöhnlich so ausgedrückt wird, daß sie „auf unserem Rathhause“ oder auch „auf unserer Stadt Dresden Rathhause und auf allen Renten, Zöllen, Zinsen und Zugehörungen“ verschrieben sind. Im Jahre 1430 z. B. verkaufte der Rath für Kapitalien von zusammen 600 Gulden, die zum Festungsbau gebraucht wurden, jährliche Zinsen in Höhe von 60 Gulden an zwei Oschatzer Bürger unter Vorbehalt des Wiederkaufes nach vorheriger vierteljähriger Aufkündigung und mit dem Versprechen, [205] die Zinsen halbjährlich abzuführen, das Botenlohn selbst zu tragen und sich durch keinerlei Schaden wie „Feuersnoth, Mißwachs, Heerfahrt, Heersteuer und Herrenbede“ von der Zinszahlung für entbunden zu erachten. Bei Leibrenten richtete sich die Höhe des Zinsfußes mit darnach, ob sie an einen einzigen Empfänger auf seine Lebenszeit oder auch noch an seine Frau oder sonstigen Erben, also auf mehrere Leben, zu gewähren waren und in welchem Alter die Empfänger standen. Hierbei waren 10 vom Hundert noch bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts hinaus der übliche Zinsfuß, nur in einzelnen Fällen erhielt der Rath Kapitalien schon für 81/2 Prozent, dagegen mußten aber bisweilen auch 11 oder 12 Prozent bewilligt werden. Als dann das Geld billiger wurde, versuchte der Rath die übernommenen Leibzinsen herabzudrücken und gedachte dies einmal dadurch zu erreichen, daß er sie für Wucherzinsen erklärte und den Leipziger Schöffenstuhl um ein Urtheil darüber anging, jedoch ohne den erwarteten Erfolg. Die Schulden der Stadt waren im ganzen nie bedeutend und jedenfalls immer durch die Außenstände gedeckt, freilich auch ohne daß jemals ein reines Kapitalvermögen in nennenswerther Höhe vorhanden gewesen wäre.

Unter den Einnahmequellen der Stadt steht obenan die einzige ständige direkte Steuer: das Geschoß (exaccio), zu dessen Erhebung bereits Markgraf Heinrich 1284 die Geschworenen für befugt erklärt hatte. Nach einer um 1436 niedergeschriebenen Ordnung[26] waren an Geschoß zu entrichten 2 Groschen von 1 Schocke Zinsgeld, 6 Heller (1/3 Groschen) von 1 Schocke fahrenden (baaren) Geldes, 16 Groschen von 1 Hufe Acker, 6 Heller (1/3 Groschen) von jedem Schocke Häuserwerth, 8 Groschen von einer Feuerstätte (Miethwohnung), 3 Groschen von 1 Stein [206] Wolle, 4 Groschen von 100 Schafen. Das Geschoß war somit ein Gemisch der verschiedenartigsten Steuern. Bemerkenswerth sind die besonderen Steuersätze für Schafe und Wolle, ein neuer Beweis für die große Bedeutung, die damals die Tuchmacherei hier hatte. Das ziemlich hohe Geschoß von den Aeckern wurde 1499 abgeschafft, um den Besitz oder Erwerb von Landgrundstücken seitens der Bürger zu begünstigen. Weitaus überwiegend war der Charakter des Geschosses als Häusersteuer: von den Ansässigen, zu denen freilich fast alle vermögenden Leute gehörten, wurde etwa 28 Mal so viel aufgebracht als von den Hausgenossen. Befreiung vom Geschoß wie von allen städtischen Lasten genossen eine Anzahl Häuser, die theils Edelleuten, theils Geistlichen gehörten oder kirchlichen Zwecken dienten, die sogenannten Freihäuser. Im Jahre 1474 zählte der Rath deren 26, und zwar 10 Höfe von Edelleuten, 13 von Priestern und Mönchen und 3 Seel- und Regelhäuser. Zu den ersteren gehörten namentlich die hinter dem Schlosse gelegenen Burglehnhäuser, doch waren auch in anderen Stadttheilen einzelne vom Landesherrn mit dieser Befreiung ausgestattete, von ihm zu Lehn gehende Häuser und Höfe vorhanden. Von jeher suchten die landesfürstlichen Beamten ebenso wie die Geistlichkeit die Befreiung von der städtischen Gerichtsbarkeit und den bürgerlichen Lasten auch auf die von ihnen käuflich erworbenen Grundstücke auszudehnen, aber bei der Entschiedenheit, mit der hierin der Rath seine Rechte wahrte, hatten solche Bestrebungen wenig Erfolg. Die Festsetzung des Geschosses erfolgte bei den Häusern durch obrigkeitliche Abschätzung, im übrigen durch eine Art Selbsteinschätzung, indem die Geschoßpflichtigen über ihr Vermögen dem Rathe eine eidliche Versicherung abgaben. [207] Im Jahre 1501 beschloß der Rath, daß die auf die Häuser gelegten Geschosse künftig unverändert bleiben sollten und demzufolge werden sie, soweit sie nicht abgelöst sind, noch heute in derselben Höhe entrichtet wie im 15. Jahrhundert. Die regelmäßigen Zahlungstermine waren Walpurgis und Michaelis, der zu jedem dieser Termine fällige Betrag bildete ein „ganzes Geschoß“. In Zeiten außergewöhnlichen Bedarfs aber, namentlich für Festungsbau und Heerfahrten, wurden zuweilen statt zweier drei oder vier ganze Geschosse erhoben. Als Grundlage für die Erhebung dienten die vom Stadtschreiber für jeden Termin neu aufgestellten, nach Straßen geordneten Verzeichnisse der Steuerpflichtigen; diese Geschoßregister sind, wenn auch mit Lücken, seit dem Jahre 1396 noch vorhanden. Die Einmahnung rückständiger Geschosse besorgten die Stadtknechte in Begleitung von Kreuzschülern als Lese- und Schreibhelfern. Die Vollstreckung gegen hartnäckige Schuldner erfolgte nicht durch Pfändung, sondern auf die Weise, daß ihnen der Rath die Hausthüren zunageln ließ, also eine Art Schuldhaft über sie verhängte. Bei dauernder Zahlungsunfähigkeit des Bürgers befriedigte sich der Rath durch Wegnahme und Verkauf seines Hauses, wobei die rückständigen Geschosse vor den Forderungen aller sonstigen Gläubiger gedeckt wurden.

Soweit die Bedürfnisse der Stadt durch Steuern aufgebracht wurden, geschah dies ausschließlich in Gestalt des Geschosses. Indirekte städtische Abgaben, durch die mehr der unbemittelte Theil der Einwohnerschaft belastet worden wäre, gab es nicht. Nächst dem Geschosse flossen die beträchtlichsten Einnahmen aus den Erträgnissen mehrerer städtischer Gerechtsame. Das dem Rathe seit 1361 zustehende alleinige Recht des Salzverkaufs zwar brachte im Mittelalter nur mäßigen

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Anfang des Geschoßregisters von Michaelis 1396
(Original im Rathsarchiv).

[209] Gewinn, da der Rath aus Rücksicht auf die Kaufleute den Verkauf nicht selbst in die Hand nahm und nur von jedem Stücke Salz oder jedem Wagen eine nach dessen Größe bemessene Gebühr erhob. Nach Ausweis der Rechnungen über den „Salzmarkt“ leisteten wöchentlich etwa drei bis sechs Salzwagen eine Abgabe von 9 bis 10 Groschen. Erst im Jahre 1505 entschloß sich der Rath, den Salzverkauf selbst zu übernehmen. Er errichtete zur Aufbewahrung des Salzes an der Elbe eine Salzscheune und unter dem Rathhause eine Salzkammer und ließ das Salz hier im einzelnen, dort in Fässern verkaufen. Der Umsatz war nicht gering und belief sich z. B. im Jahre 1518 auf mehr als 1000 Faß, jedes durchschnittlich zu 1 Schock Groschen. Die Ueberschüsse aus dem Salzverkauf waren ursprünglich zur Unterhaltung der Festungswerke bestimmt. Eine ähnliche besondere Verwendung fand das Wegegeld. Auf die Klagen des Rathes über große Schulden, mit denen die Stadt beladen sei und die es ihm unmöglich machten, die in sehr schlechtem Zustande befindlichen Steinwege in der Stadt und die Wege vor der Stadt wieder herzurichten, hatten ihm die Landesherren 1472 die Erhebung eines Wegegeldes von allen in und durch die Stadt fahrenden Wagen bewilligt. Diese Abgabe sollte betragen von allen Lastwagen mit „Kaufmannsschatz und Zentnergut“, wie Spezerei-, Seiden- und Wollenwaaren, 6 Pfennige, von Salz-, Fisch-, Herings- und Mühlsteinwagen 2 Pfennige, von Wagen mit Schindeln, Brettern, Latten, Bauholz und Getreide aus der Dresdner Pflege 1 Pfennig, von auswärts 11/2 Pfennig, endlich von Wagen mit Brennholz, Heu, Stroh und dergleichen, wie auch von Karren 1 Heller. Die Fuhrleute hatten sich Wegezeichen, anfangs von farbigem Papier, später von Blech gefertigt, zu lösen und wurden ohne [210] solche durch die Stadtthore nicht eingelassen. Von diesem Wegegelde, in späterer Zeit Pflastergeleite oder Wagenpfennig genannt, bestritt der Rath Jahrhunderte lang die Kosten der Instandhaltung des städtischen Pflasters und der Landstraßen innerhalb des Weichbildes. Nicht sehr erheblich waren auch die Einkünfte aus dem Braupfannenzins. Von jeher hatte der Rath allein das Recht, in der Stadt Braupfannen zu halten. Sie wurden alljährlich beim Beginn des Brauens in den einzelnen bürgerlichen Brauhäusern aufgestellt und mußten von den Bürgern, die ihre Braugerechtigkeit ausüben wollten, gegen Entrichtung eines Zinses benutzt werden. Dieser Pfannenzwang hatte wohl hauptsächlich den Zweck, der Obrigkeit die genaue Ueberwachung des Brauwesens zu ermöglichen, mußte aber daneben doch auch der Stadtkasse eine erwünschte Einnahme liefern. In Zeiten starken Geldbedarfs wurde wie das Geschoß so auch der Pfannenzins erhöht: während er z. B. 1438 nur 11/2 Groschen für das Gebräude betrug, stieg er 1450 bis auf 8 Groschen und fiel dann allmählich wieder bis auf 2 Groschen herab.

Eine der bedeutendsten Einnahmequellen des Rathes war lange Zeit der Ausschank und Verkauf fremden Bieres und Weines im Rathskeller. Ein solcher städtischer Schankbetrieb bestand mindestens seit dem Anfange des 15. Jahrhunderts, aber zu rechter Blüthe gelangte er erst durch das Schankprivilegium von 1460. Mit dem Einkauf der Getränke war ein Rathsmitglied, der „Bierherr“ oder „Ohmherr“, nebst seinem Gehilfen, dem „Bierkaufer“, betraut; sie reisten von Zeit zu Zeit nach den ein beliebtes Bier liefernden Städten und kauften dort den Bedarf bei den brauenden Bürgern in kleinen Posten zusammen. Die Bezugsorte wechselten häufig mit der Güte des [211] Bieres. Die Rechnungen verzeichnen Bierlieferungen aus Freiberg, Zschopau, Mittweida, Großenhain, Kamenz, Torgau, Belgern, Naumburg; gegen Ende des 15. Jahrhunderts gewann das Freiberger Bier fast die Alleinherrschaft. Der Weinschank erstreckte sich auf gemachten Beerwein, Wälschwein, Malvasier und „Reinfal“, einen süßen Südwein, der aus Leipzig und Nürnberg bezogen wurde. Das von den Bierherren eingekaufte Getränk wurde nach Fässern dem Schenken zum Einzelverkauf übergeben. Dieser mußte in einem Diensteide geloben, mit Bier, Wein und Gelde treulich umzugehen, jedem sein rechtes Maß zu geben und kranken, schwachen Leuten und Sechswöchnerinnen keine Neigen oder schalen Getränke zu schicken. Die Zahl der im Keller verkehrenden Personen war nicht groß, da nur Wohlhabende sich den Genuß des fremden Bieres, dessen Preis doppelt so hoch war wie der des einheimischen, regelmäßig gönnen konnten: nach einem Inventarverzeichnisse vom Jahre 1505 fanden sich an Trinkgefäßen nur 7 Kannen und 20 Kännchen vor. Nicht unbedeutend war jedenfalls der Verkauf über die Straße. Der Reingewinn aus dem Kellerbetriebe belief sich 1456 auf 51 Schock, 1506 auf 75 Schock Groschen, stieg aber seitdem fortwährend und erreichte im Jahre 1550 mit 457 Schock fast den Ertrag der direkten Steuer (das Geschoß brächte 474 Schock) und die Höhe eines vollen Viertels aller städtischen Einnahmen.

So lange sich die Ausgaben der Gemeindeverwaltung im wesentlichen auf den Schutz der Stadt und die Ausübung der Gerichts- und Polizeigewalt beschränkten, konnte sich auch der städtische Haushalt nur in engen Grenzen bewegen. Im Jahre 1408 betrug die ganze städtische Ausgabe etwa 246 Schock Groschen, denen 234 Schock Einnahme gegenüber stand. [212] Immerhin steigerten sich diese Ziffern noch im Laufe des 15. Jahrhunderts auf etwa das Vierfache. Für das Jahr 1486 beliefen sich die Einnahmen, abgesehen von dem mit in die Rechnung eingestellten vorjährigen Kassenbestande von 722 Schock und den Außenständen von 99 Schock, aus 855 Schock Groschen, darunter Geschoß 321, Zinsen 134, Salzabgabe 27, Niederlagsabgabe 6, Schrotgeld 16, Wegegeld 49, Reinertrag des Rathskellers 60, Bürgerrechtsgebühr 25, Strafgelder 16 Schock u. s. w. Von diesen Einnahmen und dem Kassenbestande waren 1124 Schock Groschen Ausgaben zu bestreiten, darunter 160 Schock landesherrliche Jahrrente und Gerichtsgeld, 108 an Zinsen, 411 für Bauten, 30 für Jahrlohn der Rathsherren und des Stadtschreibers, 62 für Lohn der Unterbeamten, 16 für Geschenke u. s. w. Der Rath ist bei der Verwaltung der städtischen Gelder immer von dem privatwirthschaftlichen Grundsatze ausgegangen, die Ausgaben mehr nach den vorhandenen Einnahmen als nach dem Bedürfnisse zu bemessen, selbst wenn er sich dabei außer Stande sah, den damals ohnehin nicht umfangreichen Aufgaben öffentlicher Wohlfahrtspflege in einer den Fortschritten der Zeit entsprechenden Weise gerecht zu werden. Nur wenn Kriegsgefahr die Verstärkung der Stadtbefestigung erforderte, scheute man sich nicht, die nöthigen Mittel durch Auflegung hoher außerordentlicher Steuern herbeizuschaffen. Für die Bürger mußte die dadurch zuweilen eintretende plötzliche Belastung um so drückender sein, als sie oft gleichzeitig auch zum persönlichen Kriegsdienst herangezogen wurden. Dennoch scheint der Gedanke, solche außergewöhnliche Lasten durch Rücklagen aus den Ueberschüssen oder durch Aufnahme von Anleihen auf längere Zeiträume zu vertheilen, der Stadtverwaltung noch ferngelegen zu haben.

[213] Die Vermalter der Rathsämter hatten nach Ablauf ihres Amtsjahres vor dem neuen Rathe Rechnung abzulegen. Wenn es dabei vorkam, daß eine solche Rechnung als ungenügend zurückgewiesen wurde, so erklärt sich dies auch mit aus der geringen Uebung der damaligen Rathsherren in schriftlichen Arbeiten und namentlich in der Rechnungsführung: selten findet sich ja überhaupt in mittelalterlichen Rechnungen eine längere Reihe von Einzelposten richtig zusammengerechnet!

Ueber die Gebahrung mit den städtischen Geldern wurden mehrfach Bestimmungen getroffen. Einem Rathsbeschlusse vom Jahre 1469 zufolge sollte das Geld zusammen mit den Stadtbüchern in einer Lade aufbewahrt werden, zu der die drei Schlüssel dem Kämmerer und zwei anderen Rathsherren übergeben waren, so daß diese nur gemeinschaftlich öffnen konnten. Ein weiterer Beschluß vom Jahre 1478 ging dahin, daß die Amtsverwalter, namentlich Kämmerer und Zinsherr, das eingenommene Geld nicht mit nach Hause nehmen, sondern jeder auf dem Rathhause in eine besondere Lade thun sollten; auch wurden je zwei Rathsherren dem Stadtrichter zur Einkassirung der Bußgelder und dem Baumeister zu der jeden Sonnabend stattfindenden Auszahlung der Arbeitslöhne beigegeben. Der Rath war zu diesen Bestimmungen wohl durch unliebsame Aeußerungen des Mißtrauens gegen seine Gebahrung mit dem städtischen Gelde veranlaßt worden: hatte doch 1477 ein Bürger auf offenem Markte dem Bürgermeister Claus von Ziel zugerufen: „Eia, es gehet zu! man saget, daß sie vor Jahren das Geld in Aermeln vom Rathhause getragen haben, es gehet itzt zu zehn Malen ärger zu!“ Das war gewiß arge Uebertreibung, aber ganz ordnungsmäßig gingen die ehrenfesten Herren auf dem Rathhause in der That nicht immer mit dem [214] Gelde um. Die Ausgleichung der Guthaben oder Schulden der Stadtkasse mit einzelnen Amtsverwaltern zog sich oft Jahre lang hin, daher wurde durch einen Rathsbeschluß von 1494, der auch das Verbot des Mitnehmens städtischer Gelder in die Behausung erneuerte, eingeschärft, daß jeder Amtsverwalter das überschüssige Geld alsbald nach Ablegung und Annahme seiner Rechnung baar zu bezahlen habe. Wenn auch noch in den folgenden Jahrzehnten der Herzog bisweilen gegen Nachlässigkeiten in der Geschäftsführung einzuschreiten hatte, so lag die Schuld wohl hauptsächlich daran, daß die Rathsherren zuerst ihrem bürgerlichen Berufe nachgingen und sich den städtischen Angelegenheiten nur nebenbei widmen konnten.




Gewerbe und Handel.

In einer Landstadt wie Dresden trieben die meisten Bürger auf den Grundstücken, die sie außer ihrem Stadthause draußen vor den Mauern besaßen, etwas Ackerbau und Viehzucht, aber da diese Landstücke bei der Beschränktheit der der Stadt zugemessenen Feldmark durchgängig von geringem Umfange waren, vermochten ihre Erzeugnisse höchstens den eigenen Verbrauch der Besitzer zu decken und kamen für den Absatz nicht in Betracht. Weitaus der wichtigste Erwerb, von dem sich die meisten Bürger nährten, war daher das Handwerk. Den Handwerkern war jederzeit ein lohnender Ertrag ihrer Arbeit gesichert, denn das Verbot der Niederlassung von Mitbewerbern innerhalb einer Meile Wegs um die Stadt herum, der „Bannmeile“, gewährleistete ihnen zu der städtischen auch eine ausgebreitete ländliche Kundschaft. Bei dieser Sicherheit des [215] Absatzes erfreuten sie sich schon früh eines leidlichen Wohlstandes. Als sich dann im Laufe der Jahrhunderte die wirthschaftlichen Verhältnisse schwieriger gestalteten, schlossen sie sich zu kräftigerer Wahrung ihrer Standesvortheile zu Zünften oder Innungen zusammen und gelangten durch gemeinsames Handeln allmählich auch zu Ansehen und Einfluß im Gemeinwesen. Die Zünfte haben sich in ihrer Blüthezeit sowohl nach der gewerblichen wie nach der politischen und gesellschaftlichen Seite hin durchaus bewährt. Ihr Verdienst ist es, daß sich Jahrhunderte hindurch ein wohlhabender gewerblicher Mittelstand als Hauptbestandtheil der Stadtbevölkerung erhielt. Gewissenhaft überwachte die Zunft die Erziehung und Ausbildung des Lehrlings im Hause des Meisters, sie sorgte für die Weiterbildung des Gesellen, indem sie ihn auf die Wanderschaft schickte, sie übte sogar über Lebensführung und Arbeitsleistung des Meisters fortdauernde Aufsicht und bewahrte dadurch auch den Kunden vor schlechter Arbeit und Uebervortheilung. Auf diese Weise blieb der Zunftzwang, der jedem außerhalb der Innung stehenden Handwerker die Ausübung seines Gewerbes verbot und den Genossen einen annähernd gleichen Gewinn sicherte, auch für die Kundschaft ohne Nachtheil, so lange es die Zünfte verstanden, sich von kleinlichem Brodneid und leerem Formelkram fernzuhalten – und dies kann ihnen in Dresden noch bis ins 16. Jahrhundert hinein nachgerühmt werden.

Die meisten Innungen sind hier ziemlich spät entstanden. Die älteste ist die der Tuchmacher oder Wollenweber; sie führte bereits im 14. Jahrhundert heftige Kämpfe mit den bevorrechteten Gewandschneidern. An einer schriftlichen Innungsordnung hat es ihr vielleicht damals noch gefehlt, denn es ist [216] ungewiß, ob die im Rathsarchive vorhandene, um 1370 niedergeschriebene Ordnung nicht etwa die einer auswärtigen Innung ist. Ueberhaupt haben die Innungen nicht immer von Anfang ihres Bestehens schriftliche Ordnungen gehabt, sondern solche meist erst in Folge vorgekommener Streitfälle aufgestellt und vom Landesherrn oder der Stadtobrigkeit bestätigt erhalten, nachdem sie bisher bloß den allgemein verbreiteten „Handwerksgewohnheiten“ nachgelebt hatten.

Spätestens aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts stammen die Innungen der Schuster, Bäcker, Kürschner, Schneider und Schmiede, die neben den Tuchmachern in dem Geschoßregister von 1407 als diejenigen erwähnt werden, die Mannschaften zur Heerfahrt zu stellen haben. Ungefähr aus dieser Zeit rührt die älteste Ordnung der Schuster her. Darnach sollen jährlich drei „Morgensprachen“, das sind Innungsversammlungen, stattfinden; hierbei lesen jedesmal die Franziskanermönche, die die Schuster- und Schneidergesellen in ihre geistliche Bruderschaft aufgenommen haben, im Kloster eine Messe, wofür jeder Meister 2 Heller spendet. Wer das Meisterrecht erwerben will, muß durch Zeugniß seine eheliche und ehrliche Geburt nachweisen und einen halben Stein Wachs nebst 10 Groschen erlegen; von dieser Einnahme unterhält das Handwerk 12 Kerzen auf gewissen Altären und die Kriegsausrüstung, den „Harnisch“. Meisterssöhne und solche, die eine Meisterstochter oder -Wittwe heirathen, sind von dieser Abgabe befreit. Auf Ungehorsam gegen die Anordnungen der Zunft-, Zech- oder Viermeister und des Handwerks steht je nach der Schwere des Vergehens 1/2 bis 2 Pfund Wachs Strafe. Zwei Meister sind mit der Besichtigung des Leders auf dem Markte betraut: untüchtiges [217] Leder wird mit 1 Groschen, untüchtige Schuhe mit dem dritten Theile, 6 Hellern, gebüßt.

Aus derselben Zeit enthält das erste Dresdner Stadtbuch auch eine Ordnung der Schneider, die sich darauf beschränkt, das Meistergeld auf 20 Groschen, die Aufnahmegebühr für Lehrjungen auf 2 Pfund Wachs und die Strafen für Ungehorsam und für Versäumniß der Versammlung festzusetzen und den Ausschluß aller nicht zur Innung gehörigen Schneider von der Niederlassung innerhalb der Bannmeile zu verlautbaren. Inhaltreicher schon ist eine zweite Ordnung vom Jahre 1462. Ihr zufolge muß der Geselle, der Meister werden will, nachweisen, daß er von ehelich geborenen Eltern ehelich geboren und von untadeliger d. h. deutscher Art sei, er soll verheirathet oder wenigstens verlobt sein, „sein Handwerk beweisen mit Zuschneiden, mit der Nolde (Nadel) und mit der Naht“ d. h. eine Meisterprobe ablegen, dem Landesherrn, der Stadt und dem Handwerk Gehorsam geloben, das Bürgerrecht gewinnen und ein halbes Schock Groschen Meisterrechtsgebühr zahlen. Wer zum Zechmeister gewählt wird, darf sich nicht weigern, dieses Amt anzunehmen. In den Versammlungen und bei dem „gemeinen Biere“ soll sich jeder „bescheidentlich, züchtiglich und vernünftiglich“ halten, Waffentragen, Streit, Geldspiel und Trunkenheit wird bestraft. Wenn das Handwerk Schützen in die Heerfahrt oder Schildwache in der Stadt zu stellen hat, muß jeder, den die Zechmeister dazu bestimmen, es übernehmen oder einen tauglichen Stellvertreter schicken. – Auch in Altendresden hatten Schuster und Schneider im 15. Jahrhundert ihre Innungen. Den Schneidern ward dort im Jahre 1481 von den Landesherren eine Ordnung bestätigt. Sie gesteht ihnen zu, daß sie wie von Alters her keines [218] Schäfers, Erbmüllers, Baders, „gehrender Leute“ (d. h. Lohn begehrender Spielleute) Kind oder kein uneheliches ins Handwerk zu nehmen haben. Kein Meister darf mehr als zwei „Schneiderknechte“ und einen Lehrjungen halten und keiner in ein Haus, wo bereits ein anderer zu thun hat, arbeiten, wenn dieser es nicht erlaubt. Wird einer wegen Schulden in Anspruch genommen, so können ihm seine Mitmeister das Handwerk legen, wenn er nicht binnen 14 Tagen Zahlung leistet. Ueber die Pflichten der Handwerksgenossen beim Tode eines der ihrigen und bei den Gottesdiensten, die von der Bruderschaft an dem ihr gehörigen Altar der heiligen vierzehn Nothhelfer in der Dreikönigskirche veranstaltet werden, bestehen genaue Vorschriften; aus ihnen erhellt deutlich, wie sehr sich die Innung auch als soziale und kirchliche Genossenschaft fühlt, deren Mitglieder einander in allen Lebenslagen treu zur Seite stehen sollen.

Weiter werden in einer Heerfahrtliste von 1448 Innungen der Fleischer und Böttcher erwähnt. Eine Innungsordnung ist freilich nur von den Altendresdner Fleischern und zwar aus dem Jahre 1451 erhalten. Kein Meister darf darnach das Handwerk ausüben, ohne eine Fleischbank zu besitzen. Es soll darin reinlich zugehen und nur gutes Fleisch verkauft werden; wen die aufsichtführenden Zechmeister beim Feilbieten schlechter Waare ertappen, der soll gepfändet und bestraft werden. – Endlich erlangten 1472 auch die Leinweber Zunftrecht und dadurch Gleichstellung mit den übrigen Handwerken, bei denen ihren Söhnen bisher die Aufnahme zu Lehrlingen versagt gewesen war.

Die genannten neun zünftigen Handwerke wurden als die „großen“ bezeichnet; auf ihnen hauptsächlich ruhte die Verpflichtung, [219] bei Heerfahrten Kriegsdienst zu leisten. Als die „kleinen“ Handwerke, die man hierzu nur ausnahmsweise heranzog, werden um 1500 die Seidensticker, Müller, Seiler, Steinmetzen, Kannengießer, Sporer, Hutmacher, Tischler, Riemer, Sattler und Töpfer genannt. Sie erlangten fast alle erst im 16. Jahrhundert Innungsrechte. Nur die Müller hatten eine Art Innung bereits seit langer Zeit besessen, wenn sie auch als dienstpflichtige Vorstädter nie zu den freien städtischen Handwerken gezählt wurden. Der Rath hatte ihnen ihre alten Gewohnheiten im Jahre 1434 durch eine „Mühlenordnung“ bestätigt, die hauptsächlich Vorschriften über Benutzung des Wassers und Instandhaltung des Mühlgrabens enthielt; darin wurde auch die Verpflichtung der Müller zum Hofdienst festgesetzt, der darin bestand, daß sie einen Wagen zur Beförderung der Speisen bei fürstlichen Jagden in der Haide stellen und den Kehricht vom Schlosse abfahren mußten, wofür ihnen freies Leseholz in der Haide gewährt ward. Ebenso wie die Müller waren auch die Fischer dem Landesherrn zu Jagddiensten verpflichtet, ein Ueberrest der ursprünglichen Dorfeigenschaft ihrer Vorstadtgemeinde. Sie erhielten im Jahre 1501 durch eine schriftliche Ordnung Zunftrecht, aber bei der Art ihres Gewerbes ist anzunehmen, daß sie schon von alter Zeit her eine engere Gemeinschaft gebildet hatten, worauf auch ihre Zugehörigkeit zur Bruderschaft vom heiligen Nikolaus hindeutet[27].

Eine ähnliche Verfassung wie die Zünfte besaßen die Steinmetzen in den Bauhütten. Diese mußten sich aber, da die Steinmetzen nicht am Orte blieben, sondern immer dahin zogen, wo große Bauten auszuführen waren, über weitere Gebiete erstrecken. Die älteste sächsische Steinmetzenordnung [220] stammt aus dem Jahre 1464. Innerhalb des sächsischen Verbandes, der unter der Haupthütte zu Straßburg stand, bildeten die meißnischen Steinmetzen eine besondere Bruderschaft unter Dresdens Führung. Von ihnen gelangte zu Berühmtheit Meister Arnold von Westfalen, der schon, wie es scheint, in den Jahren 1459 bis 1461 in Dresden beschäftigt gewesen und seit 1471 Baumeister des Dresdner Schlosses und der Albrechtsburg in Meißen war.

Auch nachdem der Rath den Handwerksinnungen die Ueberwachung ihrer Berufsgenossen, namentlich hinsichtlich der Beschaffenheit der hergestellten Waaren und der dazu verwendeten Rohstoffe, im wesentlichen überlassen hatte, behielt er sich die Oberaufsicht vor und griff bisweilen selbst in Einzelfällen mit seiner Entscheidung unmittelbar ein. Ohnehin blieb ihm ein ausreichender Einfluß auf die Innungen insofern gewahrt, als sie von ihm ihre Ordnungen erhielten, nur in Gegenwart eines ihnen zugeordneten Rathsmitgliedes Versammlungen halten durften, die gewählten Zunftmeister von ihm bestätigen lassen und ihre Beschlüsse, namentlich soweit sie die Aufnahme, Bestrafung und Ausschließung von Handwerksgenossen betrafen, ihm zur Genehmigung vorlegen mußten. Ganz besonders behielt die Stadtobrigkeit auch die Festsetzung der Waarenpreise und Arbeitslöhne in der Hand und zahlreiche uns überlieferte „Taxen“ für die verschiedensten Handwerke zeugen von der Ausübung dieser Befugniß.

Von allen Gewerbtreibenden waren die mit der Zurichtung der nothwendigsten Lebensmittel beschäftigten, also die Bäcker und Fleischer, der polizeilichen Ueberwachung am meisten ausgesetzt und auch bedürftig. Die Bäcker mußten ihre Waaren, um deren Prüfung zu erleichtern, öffentlich in den unter dem [221] Rathhause befindlichen Brodbänken feilhalten, die Zahl der Meister konnte daher nie über die Zahl der vorhandenen Bänke hinausgehen. Im Jahre 1473 wurde dem Bäcker ausdrücklich untersagt, Brod oder Semmeln auf seinem Fenster feilzuhaben; er durfte nur zum Zeichen, daß da ein Bäcker wohne, ein Stößchen Waare vor die Thüre legen, aber keinen Verkäufer dazu setzen. Die erste obrigkeitliche Festsetzung des Gewichtes der Bäckerwaare nach Maßgabe der Getreidepreise ist aus dem Jahre 1471 bekannt. Damals ordnete der Rath an, daß, wenn der Scheffel Weizen 10 oder 11 Groschen koste, die Semmel 16 Loth wiegen solle; Zuwiderhandelnde sollten um 1 rheinischen Gulden gestraft und die unvollwichtigen Semmeln in die Spitäler gegeben werden. Daraufhin kamen in der nächsten Zeit mehrfach Bestrafungen vor. Der Rath ließ zum Vergleiche wiederholt Semmeln aus Leipzig, Grimma, Lommatzsch, Meißen und anderen Orten kommen und im Jahre 1492 auf eigene Kosten einen Scheffel Weizen verbacken, um zu ermitteln, wieviel man daraus Semmeln herstellen könne.

Das Verhältniß des Rathes zu den Fleischern stellt sich als ein fast unaufhörlicher Kampf dar zwischen einer Obrigkeit, die den Vortheil der gesammten verzehrenden Bevölkerung eifersüchtig wahrt, und einer kleinen, jederzeit auf die rücksichtslose Ausnutzung ihres Sonderrechts bedachten Erwerbsgruppe. Selbst geringfügige polizeiliche Anordnungen über Fleischpreise und Handhabung des Fleischverkaufes vermochten sie so in Harnisch zu bringen, daß sie zur offenen Widersetzlichkeit übergingen und den Rath durch Einschränkung oder Einstellung ihrer unentbehrlichen Arbeit mürbe zu machen versuchten. In solchen Fällen griff der Rath wiederholt zu einem äußersten [222] Mittel, ihren Widerstand zu brechen, indem er einen freien Fleischmarkt ausschrieb und die Fleischer der umliegenden Städte und Dörfer zur Einfuhr und Feilbietung ihrer Waare veranlaßte. Da diese Fleischmärkte nur als Kampfmittel dienten, waren sie gewöhnlich nicht von langem Bestande, man ließ sie wieder eingehen, sobald sich die einheimischen Fleischer in Folge der Wirkung fremden Mitbewerbes den obrigkeitlichen Anordnungen gefügt hatten. Zum ersten Male ertheilten die Landesherren 1434 auf ein Jahr die Erlaubniß zur Abhaltung eines freien Fleischmarktes; er wurde auf den Montag, den Tag des gewöhnlichen Wochenmarktes, gelegt. Im Jahre 1462 aber erhielt der Rath auf sein dringendes Ansuchen für ewige Zeiten das Recht verliehen, jeden Sonnabend einen freien Fleischmarkt abzuhalten. – Den hauptsächlichsten Anlaß zu den fortwährenden Zwistigkeiten der Innung mit dem Rathe gab die obrigkeitliche Festsetzung der Fleischpreise und der sonstigen Bedingungen des Fleischverkaufes. Nach einer Taxordnung vom Jahre 1480 kostete das Pfund Schöpsenfleisch 6 Heller (3 Pfennige), Schaffleisch 4 bis 5, Mastochsenfleisch 6, Kuhfleisch 5, Schweinefleisch 7, Kalbfleisch 4 bis 5 Heller, bei Schweins- und Rindsbraten das Pfund 1 Heller mehr; zwei Rathsherren und ein oder zwei Zunftmeister sollten diese Taxe künftig nach dem Steigen oder Fallen der Viehpreise ändern. Bald fing man auch an, das in die Bank gebrachte Fleisch täglich abzuschätzen; der Widerstand, den die Fleischer im Jahre 1491 dieser Schätzung entgegensetzten, wurde wieder durch Androhung eines freien Fleischmarktes gebrochen. – Die Fleischbänke waren Eigenthum der Stadt und den Fleischern gegen Zins in Erbleihe überlassen. Kein Meister durfte schlachten, der nicht mit einer solchen Bank belehnt war. [223] Als der Rath 1487 die Bänke vom Rathhause nach der kleinen Webergasse verlegte, suchten die Fleischer durch Beschwerden beim Landesherrn die Rückkehr von dem etwas abgelegenen Platze nach dem Markte durchzusetzen. Sie behaupteten, daß sie die Fleischbänke sammt dem Grund und Boden erkauft hätten und als Lehngut besäßen, wogegen der Rath geltend machte, es sei doch nicht anzunehmen, daß seine Vorfahren zum Schaden des Gemeinwohls Grund und Boden vom freien Markte veräußert hätten. Als Mangel an Fleisch eintrat, weil, wie der Rath angab, die Fleischer das Geld vertränken und verspielten, anstatt davon das Schlachtvieh zu bezahlen, suchten diese das gemeine Volk gegen den Rath aufzureizen, indem sie die Schuld an dem Fleischmangel auf die ungünstige Lage der neuen Fleischbänke wälzten, auch meinten sie, die Garbuden habe man auf dem Markte stehen lassen, bloß weil diese jedem Rathsherrn zu Ostern einen Schulterbraten als Zins lieferten. Auch in der Folgezeit nahmen trotz verschärfter Vorschriften die Klagen über die Unbotmäßigkeit der Fleischer und die von ihnen geübte Uebervortheilung der Käufer kein Ende, während sie selbst jedesmal, wenn es sich darum handelte, fremden Mitbewerb abzuwehren oder höhere Fleischtaxen zu erzielen, sich als gedrückte Leute hinzustellen wußten, die kaum noch das liebe Brod verdienten. Dabei gehörten sie doch stets zu den wohlhabendsten Leuten und allerdings auch zu den leistungsfähigsten und tüchtigsten Bestandtheilen der Bürgerschaft.

Die amtliche Festsetzung der Waarenpreise hatte zur nothwendigen Voraussetzung, daß auch die Arbeitslöhne ein gewisses Maß nicht übersteigen durften. Als daher der gegen Ende des 15. Jahrhunderts sich vollziehende Umschwung aller [224] wirthschaftlichen Verhältnisse und die wachsenden Ansprüche des Volkes auf bessere Lebenshaltung eine allgemeine Steigerung der Arbeitslöhne mit sich brachten, mußte die Landesregierung den Klagen der Gewerbtreibenden durch gesetzliche Regelung der Löhne abzuhelfen suchen. Die im Jahre 1482 erlassene Landesordnung erstrebte die Verbilligung der Arbeit zunächst durch Verkleinerung der Münze und Festsetzung der Löhne nach dieser verkleinerten Münze: es wurden neue Groschen eingeführt, von denen zwei auf einen alten gingen. Nach der neuen Lohnordnung sollte z. B. ein Steinmetz, Maurer oder Zimmermann, der bisher in der Regel 16 (alte) Groschen Wochenlohn bezogen hatte, künftig 14 neue Groschen nebst der Kost oder 23 ohne die Kost, ein Handlanger statt 10 alter Groschen 9 neue mit der Kost oder 16 ohne diese erhalten. Die Kost wurde für die Werkleute noch reichlich genug festgesetzt, nämlich für das Mittag- und Abendmahl Suppe, zweierlei Fleisch und ein Gemüse, in der Fastenzeit statt des Fleisches zweierlei Fische, grüne und dürre, und zwei Zugemüse, zum Morgen- und Vesperbrod aber nur Brod und Käse, als Getränk Kofent: die Handlanger und sonstigen Arbeiter sollten so beköstigt werden, wie es beim Gesinde üblich war. Einen dauernden Erfolg hat diese Lohnherabsetzung anscheinend nicht gehabt: bei dem Kreuzkirchenbau in den neunziger Jahren betrug der übliche Wochenlohn der Werkleute bereits wieder 15 alte Groschen, die freilich bisweilen wegen vieler einfallender Feiertage bis auf 5 Groschen zusammenschrumpften.

Nächst dem Handwerksbetriebe war im 15. Jahrhundert der wichtigste Erwerbszweig die Braunahrung, ja sie wird wiederholt sogar als dasjenige Gewerbe bezeichnet, durch welches die Bürger hauptsächlich ihren Unterhalt fänden. In der That [225] waren bei keinem anderen Gewerbe so weite Kreise der Bürgerschaft betheiligt und bei keinem Erzeugnisse der Umfang und die Sicherheit des Absatzes so groß wie beim Bier, für das die Stadt innerhalb der Bannmeile ein Ausschließungsrecht besaß. Zum Brauen war jeder ansässige Bürger berechtigt und zwar nach dem Maße der auf seinem Hause lastenden Gemeindesteuer, des Geschosses, derart, daß er auf je 10 Schock Groschen Grundwerth, womit das Haus zum Geschoß eingeschätzt war, 1 Gebräude Bier herstellen durfte. Bei starkem Bedarf wurde auch mehr zu brauen gestattet, nur mußte dann für jedes überschüssige Gebräude statt der gewöhnlichen 2 Groschen Pfannenzins für Benutzung der städtischen Braupfannen das Zehnfache, 20 Groschen, entrichtet werden. Die Brauzeit dauerte in der Regel von Michaelis bis Ostern. Mit den Altendresdnern hatte man sich im Jahre 1449 dahin geeinigt, daß ihnen der Beginn des Brauens allemal 14 Tage vorher angezeigt werden sollte, damit auch sie anfangen könnten und keine von beiden Städten der andern mit dem Absatze des neuen Bieres zuvorkomme. Für die Mälzer und Brauer, die den brauberechtigten Bürgern ihr Malz und Bier herstellten, bestanden obrigkeitliche Ordnungen. Die Beförderung des Bieres ebenso wie die des Weines in die Keller und wieder heraus durfte nur durch die vom Rathe angestellten und vereideten Schröter erfolgen; dafür war ein bestimmtes Schrotgeld an das städtische Bierschrotamt zu entrichten.

Es war das Recht eines jeden Bürgers, das von ihm gebraute Bier zu verkaufen und im eigenen Hause zu verschänken. Den Ausschank fremden Bieres jedoch hatte sich der Rath für den gemeinen Stadtkeller vorbehalten und erhielt für dieses Vorrecht im Jahre 1460 eine ausdrückliche landesherrliche Bestätigung, [226] die er sich gern die stattliche Summe von 100 Gulden kosten ließ. Zahlreiche Verletzungen dieses Privilegs mögen aber der Grund gewesen sein, warum der Rath im Jahre 1468 jedermann, auch seinen eignen Mitgliedern, bei 8 Schilling (zu je 12 Groschen) von jedem Fasse unbedingt verbot, Freibergisches oder anderes fremdes Bier in ihr Haus einzulegen; wer Festlichkeiten wie Hochzeit, erste Priestermesse oder dergleichen feierte und dazu Freibergisches Bier, damals hier das beliebteste, brauchte, der sollte es aus dem Stadtkeller entnehmen, und wer solches geschenkt erhielt, durfte es nur dort, nicht in seinem Hause aufbewahren. Besondere Noth machten dem Rathe die Pfarrer der Kreuzkirche, die auf der Pfarre eine Schankwirthschaft unterhielten und durch ihren Schenken auch Freibergisches Bier verzapfen und über die Gasse verkaufen ließen. Trotz wiederholter Beschwerden und landesherrlicher Verbote hörte dieser Mißbrauch bis zur Reformation nicht auf. Außerhalb der Stadt durfte im Umkreise einer Meile dem städtischen Bannrechte zufolge nur Dresdner Bier und, wenn der betreffende Ort oder Kretzscham (Gasthof) Braugerechtigkeit besaß, nur selbstgebrautes verzapft werden. Das Verhältniß zu Altendresden ward durch den Schiedsspruch von 1449 dahin geregelt, daß Altendresdner Bier nur zum Verbrauch im Hause, nicht zum Verschank nach Dresden verkauft werden durfte, daß es aber den Dresdner Bürgern nicht untersagt sein sollte, herüber in das Nachbarstädtchen zu Biere zu gehen. Den umliegenden Dorfschaften gegenüber war jedoch eine fortwährende strenge Ueberwachung nöthig, da hier die Versuche zur Umgehung des städtischen Bannrechts durch Einschmuggelung fremden Bieres nie ein Ende nahmen. Zur Auskundschaftung verbotenen Bierschanks sandte der Rath bisweilen Boten auf die Dörfer. Um [227] das fremde Bier wegzunehmen, begaben sich dann mehrere Rathsherren oder Bürger zu Pferde in Begleitung bewaffneter Stadtknechte hinaus, denn man mußte dabei auf Widerstand seitens der Bauern gefaßt sein. Auf die Dauer freilich ließ sich der Absatz des unbeliebten Dresdner Bieres durch Gewaltmaßregeln nicht erzwingen: während nach Ausweis der städtischen Pfannenamtsrechnungen im Jahre 1438 nicht weniger als 675, im Jahre 1473 noch 653 Gebräude Bier hergestellt worden waren, ging diese Zahl bis 1504 auf 389 und später noch mehr zurück. Alle Versuche des Rathes, ein besseres Gebräu zu erzielen, waren ohne Erfolg.

Das Gedeihen der Braunahrung und des Bierschanks hatte sich im wesentlichen auf das 15. Jahrhundert beschränkt. Noch im Jahrhundert vorher war der Weinschank blühender gewesen. Für seine Bedeutung im Leben der Stadt ist es bezeichnend, daß von allen bürgerlichen Gewerben in den Urkunden zuerst von ihm die Rede ist. Schon in einem Befehle Markgraf Heinrichs von 1284 werden Vorschriften in Bezug auf das Wein-Setzen oder -Schätzen erwähnt, und ausführlich handelt vom Weinschank die erste vorhandene Willkür des Raths vom 16. Oktober 1308, zugleich die erste städtische Urkunde, die, weil für jedermann bestimmt, in deutscher Sprache abgefaßt ist. Es werden darin die geltenden Gemäße vorgeschrieben: das Fuder soll haben 12 Eimer oder 27 Sturnitzen, der Eimer 131/2 und die Sturnitze 6 Stübchen. Alle verkauften Getränke sollen geohmt d. h. die Fässer mit Wasser nachgemessen werden, wobei der Eimer des Raths zu benutzen ist. Kein Wein darf ungeschätzt verkauft werden; wer zweierlei Wein im Hause oder Keller hat, dem sollen die Schätzer ihn nicht schätzen, bevor er nicht einen davon aus dem Hause thut, damit keine Vermischung [228] stattfinden kann. – Der Ausschank von Landwein stand allen Dresdner Bürgern frei; viele von ihnen besaßen selbst Weingärten in der Vorstadt oder Weinberge in der weiteren Umgebung, besonders in der Lößnitz. Der Weinbau war noch ein sehr lohnendes Gewerbe: bei der Verpachtung eines Weinbergs in Zitzschewig im Jahre 1440 wurde der jährliche Pachtzins auf den zehnten Theil der Kaufsumme festgesetzt, der Ertrag des Berges mußte sich also weit höher als auf 10 Prozent des Anlagekapitals belaufen. Diese Einträglichkeit des Weinbaues beruhte wohl mit darauf, daß man damals süße und gewürzte Weine liebte und zur Herstellung solcher auch das minderwerthigste einheimische Gewächs gut verwenden konnte; die Anleitung zu solcher Weinbereitung gibt ein im Jahre 1535 in Dresden gedrucktes „Weinbüchlein“. Seit dem 15. Jahrhundert war die Berechtigung zum Weinschank vielfach Gegenstand des Streites zwischen Rath und Bürgerschaft, wie mit der Nachbarstadt Altendresden. Der Rath suchte jederzeit sein Privilegium zum alleinigen Ausschank fremden Bieres auch auf ausländischen Wein auszudehnen, und zwar nicht ohne Erfolg, wenn er auch die landesherrliche Anerkennung dafür erst zur Zeit des Kurfürsten August erlangte.

Diese Nahrungszweige aber vermochten ebenso wenig wie der Handwerksbetrieb eine Bedeutung über den Bannkreis der Stadt hinaus zu erlangen. Nicht besser war die Lage des Handels. Tuch blieb das einzige Gewerbserzeugniß, das in einem den Verbrauch der einheimischen Bevölkerung übersteigenden Maße hervorgebracht wurde; etwas Ausfuhrhandel betrieben daher nur die Gewandschneider. Die Einfuhr ging schwerlich über das hinaus, was die Stadt und ihre nächste Umgebung an gewöhnlichem Kaufmannsgut bedurfte. Das der [229] Stadt im Jahre 1455 verliehene Niederlagerecht, das die aus den kurfürstlichen Landen nach Böhmen gehenden Waaren zum Markthalten in Dresden zwang, verschaffte zwar der Bevölkerung einen vortheilhaften Einkauf, vermochte aber Dresden bei dem Mangel an Kapital und Unternehmungsgeist nicht zu einem hervorragenden Stapelplatze zu machen. Trotz der günstigen Lage der Stadt an dem durch kornreiche Länder führenden Elbstrome ist hier, wie bei den meisten deutschen Städten des Mittelalters, nicht einmal von einem Getreidehandel im großen die Rede. Ein solcher konnte sich bei dem Bestreben der Stadtobrigkeiten, dem Bürger zu billigem Getreideeinkauf unmittelbar vom Bauern zu verhelfen, nicht entwickeln. Soweit der Ernteertrag, den die Bauern der nächsten Umgegend auf den Markt brachten, nicht ausreichte, bemühte sich der Rath, die Zufuhr fremden Getreides, namentlich aus Böhmen und aus der Mark, zu veranlassen, dagegen wurde dessen Wiederausfuhr aus der Stadt verboten und bisweilen durch Anstellung besonderer Wächter verhindert. Bestraft wurde, wer Getreide „auf Theuerung“ einkaufte d. h. nicht zum eignen Verbrauche, sondern zum Zwecke des Wiederverkaufs für höhere Preise. Nächst dem Getreidehandel hatte der Fischhandel einige Bedeutung. Fische waren im Mittelalter viel mehr Volksspeise als heutzutage. Wegen des Fleischverbots in der Fastenzeit war der Bedarf so stark, daß die einheimischen Fische bei weitem nicht ausreichten; die gesalzenen und geräucherten Seefische, insbesondere die Heringe, bildeten deshalb einen der vornehmsten Handelsartikel, und der Rath sah sich selbst bisweilen genöthigt, mit den Seestädten unmittelbar in Verbindung zu treten, um ausreichende Zufuhr zu veranlassen. Die Wichtigkeit des Fischhandels geht schon daraus hervor, daß bereits die älteste Willkür [230] darüber Bestimmung trifft. Am Orte selbst war das Fischergewerbe ziemlich umfangreich und ausgebreitet, selbst auf den Nachbardörfern wie Loschwitz, Briesnitz und anderen saßen Fischer, durch deren Mitbewerb sich aber die Dresdner beschwert fanden.

Die auf der Elbe ankommenden Waaren, insbesondere Getreide und Langholz, wurden am Elbufer selbst zum Verkauf gestellt, für alle übrigen diente der Markt als Handelsplatz. Auch die Handwerker waren, zwecks besserer Ueberwachung ihrer Erzeugnisse, mit ihrem Handel auf den Markt verwiesen. Kaufmannswagen, welche die vorgeschriebene Niederlage hielten, waren dort wohl täglich anzutreffen, im übrigen aber fand der Kleinhandel an bestimmten Wochentagen statt. Das Recht der Abhaltung von Märkten gehörte in erster Linie zu den Privilegien, die einem Orte bei seiner Erhebung zur Stadt vom Landesherrn verliehen wurden, ja es war geradezu der wichtigste Bestandteil des Stadtrechts. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß in Dresden seit seinem Bestehen als Stadt Wochenmärkte gehalten worden sind. In der That ist bereits im Jahre 1271 von einem Marktzolle die Rede, den Markgraf Heinrich von den nach Dresden kommenden Waaren bisher erhoben hatte und damals auf Bitten der Bürger, die dafür eine Beisteuer zum Seußlitzer Klosterbaue leisteten, fallen ließ. Als Altendresden 1403 sein Stadtrecht erhielt, wurde ihm das Privilegium, jeden Freitag Markt zu halten, ausdrücklich verliehen. Dieser Markttag gab mit den Anlaß zu den Streitigkeiten zwischen beiden Städten, die 1449 durch einen Spruch landesherrlicher Schiedsrichter beigelegt wurden. Hiernach durfte am Altendresdner Markttage in Dresden kein Markt stattfinden, sondern wenn die Dresdner Freitags feilhalten wollten, so sollten sie [231] es auf dem Markte in Altendresden thun. Andrerseits mußten sich die Altendresdner verpflichten, den Dresdnern für ihren am Montage stattfindenden Markt alle Marktwaare frei zugehen zu lassen; auch durften an diesem Tage ihre Tuchmacher, Bäcker und Schuster nicht vor der Brücke auf den „Schragen“, sondern nur auf den „Laden“ in den Bänken, sowie in den Häusern feilhaben. Beide Wochenmärkte, Montags in Dresden und Freitags in Altendresden, haben neben einander fortbestanden bis zur Vereinigung beider Städte im Jahre 1549.

In der ältesten Zeit war der Marktverkehr nicht so vielseitig, daß es schriftlicher Bestimmungen zu seiner Regelung bedurft hätte. Als solche erforderlich wurden, schloß man sich an die Leipziger Marktgewohnheiten an: aus der um das Jahr 1370 nach Dresden mitgetheilten Leipziger Stadtwillkür wurden gerade die Vorschriften für den Marktverkehr fast wörtlich herübergenommen. Es waren folgende. Wer gesalzene Fische in Tonnen auf den Markt brachte, sollte damit drei Tage feilhalten, ehe er sie im ganzen verkaufte und aus den Tonnen in Fässer legte, damit dem Bürger ausreichend Gelegenheit zum Einzelkaufe geboten war. Lebende und frische Fische, Wildpret und Vögel mußte der Verkäufer stehend feilhalten; man wollte ihn dadurch nöthigen, die Waare schneller loszuschlagen und nicht auf hohen Preis zu halten. Nur wer in oder um die Stadt angesessen war, durfte Hökerei treiben; den Höken blieb an Markttagen der Einkauf von Waaren untersagt, so lange das Marktzeichen, der an einer Stange befestigte Strohwisch, aufgesteckt war, nämlich bis 11 Uhr vormittags, auch sollten sie nicht bei den Bauern, sondern zur Unterscheidung von diesen gesondert sitzen. Allgemein üblich war das Ausrufen und Anpreisen der Waaren durch die Verkäufer.

[232] Außer dem regelmäßigen Wochenmarkte wurde jährlich einmal ein großer Markt gehalten, bei dem auch auswärtige Kaufleute und Handwerker zum Feilhalten zugelassen waren: der Jahrmarkt. Für den Mitbewerb, der hierbei den Einheimischen erwuchs, wurden diese durch den außerordentlichen Zustrom von Käufern entschädigt, denn bei dieser Gelegenheit kamen die Bauern aus weitem Umkreise in die Stadt, um ihren Jahresbedarf an Kaufmannsgut und Handwerkswaare zu decken. Urkundlich erwähnt findet sich der Jahrmarkt in Dresden erst 1407, aber sein Alter darf viel höher geschätzt werden. Er nahm am Sonntage nach dem Tage Galli (16. Oktober) oder Lucä (18. Oktober) seinen Anfang und dauerte vier Tage. Neben diesem Jahrmarkte wurden öffentliche Märkte auch an den beiden Ablaßfesten zu Kreuzeserfindung (3. Mai) und zu Johannis (24. Juni) abgehalten, doch lassen die Einnahmen von den Stättegeldern ersehen, daß der Kreuzablaß als Markt ganz unbedeutend und auch der Johannisablaß kaum den vierten Theil so stark von Verkäufern besucht war wie der Gallimarkt. Ein zweiter Jahrmarkt, der Fastenmarkt, wurde der Stadt im Jahre 1488 oder kurz vorher vom Herzog Albrecht verliehen. Als die hauptsächlichsten fremden Marktbesucher treten in den Stättegeldrechnungen die Tuchhändler, Kürschner und Kramer hervor. Die auswärtigen Tuchhändler oder Gewandschneider hielten in Buden auf dem Markte feil, bis sie mit den Kürschnern, denen die oberen Räume des Rathhauses überlassen waren, in das zu einem Gewandhause eingerichtete ehemalige Judenhaus verwiesen wurden. Die Stände für Kramer und Kürschner und die Gewandbuden ließ der Rath aufstellen und beanspruchte dafür ein Buden- oder Stättegeld, das vom Stadtrichter mit dem [233] Stadtschreiber, dem Marktmeister und dem Frohnboten im Herumgehen eingesammelt wurde. Außerdem erhob auch der herzogliche Amtmann ein Stättegeld und einen Wagen- und Pferdezoll, von dem nur die Amtsunterthanen, die von Adel und Priesterschaft, sowie diejenigen, welche Getreide ein- und ausführten, befreit waren. Der Jahrmarkt wurde „eingelauten“ d. h. sein Beginn durch Glockengeläute verkündet. Während seiner ganzen Dauer waren die Wachen auf dem Kreuzthurme verstärkt.

Ein bloßer Wochenmarkt sowohl seiner Entstehung wie seiner Dauer nach war der am heiligen Christabend abgehaltene Weihnachtsmarkt. Auf ihm bildeten einen Hauptgegenstand des Handels die Christbrode oder „Striezel“; sie wurden auf Handwagen, die mit Brettern belegt waren, feilgehalten. Nach diesem Gebäck bezeichnete man den Christmarkt seit dem 16. Jahrhundert als „Striezelmontag“, woraus hervorgeht, daß er damals nicht mehr am Weihnachtsabend, sondern am Montag vor dem Feste abgehalten wurde. Erst seit dem 18. Jahrhundert hat man ihn auf mehrere Tage ausgedehnt.




Kirchliches Leben.

Die oberste kirchliche Behörde in der Markgrafschaft war der Bischof von Meißen. Zur Aufsichtführung über die Geistlichkeit, die Kirchen und die Kirchengüter sowie zur Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit war das Bisthum in neun Archidiakonate eingetheilt und deren Verwaltung Meißner Domherren übertragen. Dresden gehörte zum Archidiakonate Nisani, das ebenso wie die anderen in eine Anzahl Archipresbyterate [234] oder Erzpriestersitze zerfiel. Archipresbyter für den Sitz Dresden war in der Regel der Pfarrer in Briesnitz, dem Mutterorte der Frauenkirche, und daher kam es, daß sich der Sitz des geistlichen Gerichtes für Dresden in Briesnitz befand.

Was man aus dem mittelalterlichen Dresden von Kirche und Geistlichkeit erfährt, macht nicht den Eindruck, daß sie hier, wie vielfach anderwärts, besonders in den Bischofstädten, eine überragende Stellung eingenommen haben. Die Zahl der Gotteshäuser und damit die der geistlichen Personen war nicht groß: in der Stadt die Kreuzkirche und das Franziskanerkloster, vor der Stadt die Frauenkirche und in Altendresden das Augustinerkloster mit der von ihm abhängigen Dreikönigskirche. Von ihnen allen besaß nur die Kreuzkirche ein ansehnliches Vermögen; da dieses aber zusammen mit den Einkünften der Elbbrücke von einem dem Rathe und dem Landesfürsten verantwortlichen Brückenmeister verwaltet wurde, so fehlte es der Geistlichkeit an den äußeren Machtmitteln, um einen maßgebenden Einfluß in der Stadt auszuüben.

Zum Vermögen der Kreuzkirche und der Elbbrücke, dem Brückenamtsvermögen, gehörten zahlreiche, meist aus Vermächtnissen herrührende Grundstücke, namentlich Aecker und Wiesen vor dem Pirnischen Thore und Weinberge auf dem Tatzberge und zu Kötzschenbroda, sowie Geldzinsen auf Häusern und Gärten in und vor der Stadt und Geld-, Getreide- und Wachszinsen auf vielen Dörfern der Umgegend. Zur Bewirthschaftung der Grundstücke hielt das Brückenamt zwei Wirthschaftshöfe, die Brückenhöfe genannt, einen an der Stadtmauer beim Kanzleigäßchen, den andern vor der Stadt an der Pirnischen Straße. Dort schaltete ein Hofmann mit zwei Knechten, vier Mägden, zwei Schäfern, einem Kuhhirten und [235] einem Schweinehirten; zum Viehstande gehörten 4 Pferde, etwa 20 Rinder, ebenso viel Schweine und eine Heerde von mehreren Hundert Schafen. Als man aber nach dem Stadtbrande von 1491 Geld zum Wiederaufbau der Kreuzkirche brauchte, wurden die Brückenhofwirthschaften aufgelöst und Aecker wie Häuser verkauft. Damals sah man sich auch genöthigt, die große Monstranz der Kirche zu veräußern, die 32 Mark 44 Loth Silber enthielt und 256 rheinische Gulden brachte.

Die wichtigste Einnahmequelle des Brückenamtes war der Brückenzoll, der sich 1388 auf 43, 1480 auf 73 Schock Groschen belief und der nach Bestreitung des Unterhaltungsaufwandes der Elbbrücke wohl auch noch Mittel für kirchliche Zwecke übrig ließ. Zu den kirchlichen Einkünften gehörte vor allem das Geld aus den Opferstöcken, die zur Aufnahme von Gaben besonders an den hohen Festen Kreuzeserfindung, Kreuzeserhöhung und Johannis des Täufers bei den Kreuzreliquien und bei dem auf dem Altare ausgestellten Johanneshaupte, sowie an den Festen des heiligen Nikolaus und des heiligen Georg bei deren Bildern auf der Brücke aufgestellt waren. Diese Stockgelder brachten zu Zeiten mehr als 100 Schock Groschen jährlich. Beim Johannisfeste 1491 fanden sich in den Stöcken vor dem heiligen Kreuzkämmerlein an Münzen 2 Goldgulden, etwa 650 ganze und halbe Groschen und gegen 16650 Pfennige und Heller im Gesammtwerthe von 271/2 Schock Groschen vor. Dies läßt auf einen ungemein starken Zustrom von Bewohnern der Umgegend schließen, denn die Zahl aller Einwohner von Dresden nebst Vorstädten betrug doch damals höchstens 6000. Beim Johannisfeste 1498 wurden den Stöcken gar 46 Schock Groschen entnommen. – Hierzu kamen die mit der Tafel erbetenen Gelder. Diese „Tafel“, ein Brettchen, an [236] dessen Stelle nach der Reformation das Säcklein oder der Klingelbeutel trat, wurde beim Gottesdienst in der Kirche vom Glöckner herumgereicht. Zum Johannisfeste waren zwei Rathsherren angestellt, die damit in einer vor der Kirche errichteten Bude, sowie unter den Krambuden und in den Herbergen und Schenkhäusern Geld sammelten; in der Bude nahm man von den Bauern auch Flachs und Käse als Spende entgegen. Im Jahre 1388 waren die mit der Tafel erbetenen Gelder noch gering, nur 31/2 Schock Groschen, darunter beim Frohnleichnamsfeste 13 Groschen, wozu die Rechnung bemerkt: Nicht höher, weil die Leute unfleißig im Geben waren! Dagegen erhob sich während des Kirchenbaues 1493 die Jahreseinnahme bis auf 301/2 Schock Groschen. – Nicht unbedeutend waren auch die Gefälle von Begräbnissen. Man pflegte die Leichen in der Kreuzkirche aufzubahren und nach Abhaltung des Trauergottesdienstes in feierlichem Zuge über den Markt und zum Frauenthore hinaus auf den Frauenkirchhof überzuführen. Das Glockengeläute bei dieser Feier bestand je nach Vermögen und Stand des Verstorbenen in 2, 3 und 4 Pulsen: so wurden z. B. 1494 von einem herzoglichen Wagenknecht für 2 Pulse 6 Groschen, von der Tochter der Försterin für 3 Pulse 9 Groschen und vom Herrn Georg von der Sahla für 4 Pulse 12 Groschen Läutegeld entrichtet. Verlangte jemand zu dem Geläute die größte Glocke mit hinzu, so waren für diese allein 21 Groschen zu zahlen. Die weißen oder schwarzen Tücher, mit denen die Bahren beim Hineintragen in die Kirche bedeckt waren, verblieben der Kirche. Der Erlös aus dem Verkaufe dieser Leichentücher, die sogenannten Spoliengelder, gehörte halb dem Pfarrer und halb der Kirche. Im Jahre 1486 klagten die Kirchväter, daß dem heiligen Kreuze keine Spolien [237] mehr zufielen, weil die Bruderschaften ihre Leichentücher, die Trinitatisbruderschaft ein goldenes, die anderen seidene, um Geld ausliehen. – Vermächtnisse an die Kirche bestanden meist in der Stiftung von Seelmessen. Die Kirche übernahm dann für die ihr überwiesenen Grundstücke, Kapitalien oder Zinsen die Verpflichtung, für das Seelenheil des Stifters an dessen Todestage oder bei größeren Vermächtnissen allwöchentlich eine Messe lesen zu lassen. Auch die Stiftung einer „ewigen Kuh“ oder „Immerkuh“ durch eine Edelfrau kommt vor, derart, daß die geschenkte Kuh für jährlich 4 Groschen Erbzins vermiethet wurde und der Miether, wenn sie ihm abging, dafür eine andere zu beschaffen hatte. Nicht selten wurden der Kirche Kleidungsstücke vermacht; so hinterließ ihr 1407 eine Magd, die als Verbrecherin verbrannt wurde, einen rothen Mantel mit 3 silbernen Knöpfen, einen Rock, ein Bett, 2 Kissen, 3 Betttücher, ein Tischtuch und 11/2 Stück Garn, wovon aber die Betttücher „im Brande verdarben“.

Die Geistlichen genossen bis zur Reformation keine Besoldung aus der Kirchenkasse, sondern ihr Einkommen floß im wesentlichen aus den besonderen Erträgnissen der ihnen verliehenen geistlichen Lehen und den Stolgebühren. Das Recht der Vergebung eines geistlichen Lehns stand dem Patron zu, der den von ihm mit der Pfründe Beliehenen nur dem Archidiakon zur Einsetzung zu präsentiren hatte. Das Patronatrecht über die Pfarrkirche zu Unser Lieben Frauen gehörte ursprünglich dem Landesherrn; schon Heinrich der Erlauchte aber überwies es dem von ihm gegründeten Nonnenkloster zu Seußlitz, von dem es 1316 an den Meißner Bischof überging, um endlich 1404 wieder an den Landesherrn zurückzufallen.

[238] Die erste urkundliche Erwähnung eines Pfarrers in Dresden, Namens Ulricus, stammt aus dem Jahre 1240. Im 14. Jahrhundert, so lange die Bischöfe das Patronatrecht besaßen und die Pfarre als Pfründe für Meißner Domherren behandelten, war sie wohl regelmäßig durch bloße Vikare verwaltet. Im 15. Jahrhundert benutzten sie die Landesfürsten gern zur Beförderung ihres geistlichen Kanzleipersonals: so war Johannes Terrembach, der die Pfarre von etwa 1438 bis 1459 innehatte und sich als Gönner des Spitals und der Fremdenherberge am See verdient machte, vorher landgräflicher Schreiber gewesen, sein Nachfolger in den Jahren 1459 bis 1484, Johannes Schriber oder Scriptoris, wird vorher als kurfürstlicher Hofkaplan erwähnt und Lorenz Stumpf, von 1484 bis 1512, als Oberkanzleischreiber; als letzter Pfarrer vor der Reformation, von 1512 bis 1539, wirkte der bekannte Dr. Peter Eyssenberg. Der Pfarrer hielt sich zu seiner Unterstützung und, wenn er auswärts lebte, zu seiner Vertretung in den gottesdienstlichen und seelsorgerischen Verrichtungen vier Kapläne, die er aus den Mitteln des Pfarrlehns besoldete. Außerdem hatte er im 15. Jahrhundert noch einen besonderen „Prediger“ anstellen müssen, der wöchentlich dreimal aus dem Todtenregister die Namen derer, die sich in die angeblich vom Markgrafen Friedrich Clemme gestiftete Bruderschaft aller Seelen eingekauft hatten, öffentlich zu verlesen und die zugehörigen sechs Seelämter zu halten beauftragt war; auch dieser Geistliche, der nach der Reformation als „Stadtprediger“ beibehalten wurde, war vom Pfarrer besoldet und wohnte mit im Pfarrhause. Ueber die ökonomischen Verhältnisse des Pfarrlehns hat Eyssenberg dem Rathe im Jahre 1538, kurz vor Einführung der Reformation, einen Bericht erstattet, der [239] auch Einblicke in die früheren Zustände gewährt. An Zinsen bezog der Pfarrer, namentlich aus dem ihm lehnspflichtigen Dorfe Poppitz, jährlich 42 Schock 5 Groschen, sowie 15 Scheffel Korn, 7 Scheffel Hafer, 2 Kapaunen, 2 Hennen und 1 Schock Eier. Die in Poppitzer Flur gelegenen Pfarräcker hatte er um die dritte Garbe verpachtet, was ihm 1537 einen Ertrag von 42 Scheffeln Korn, 22 Scheffeln Hafer und 20 Scheffeln Gerste brachte. Eingepfarrt waren nach Dresden 22 ganze und 2 halbe Dörfer, von denen zwar meist an die Prälaten zu Meißen, nicht aber an den Pfarrer Zehnten und Zinsen entrichtet wurden. Obwohl er für die Kapläne, die diese Dörfer mit dem Sakrament versahen, ein eigenes Reitpferd und einen Knecht zu dessen Wartung halten mußte, flossen ihm von dort nur geringe freiwillige Opfer zu. Die Kommunikanten, deren er in Dresden in die sechs Tausend jährlich habe, klagt er der Hinterziehung der Opferpfennige an, die ihm höchstens 22 Schock Groschen einbrächten, während, wenn jeder an den vier jährlichen Opfertagen auch nur einen neuen Pfennig entrichtete, wenigstens 34 Schock einkommen müßten. Auch die Einkünfte von den Schutzpatrons- und anderen Festen lägen darnieder, denn wo einer noch vor 20 Jahren den Groschen geopfert habe, gebe er jetzt kaum den Pfennig; selbst die Stolgebühren, wie Taufgroschen, Präsenzgelder für Beiwohnung von Gedächtnißmessen und andere, möchte das Volk den armen Kaplänen entziehen. Der Einkauf in die Bruderschaft der Seelmessen, der für die Person 1 Schock Groschen koste und früher 10 bis 20 Schock jährlich einbrachte, habe fast ganz aufgehört. Dabei seien die Ausgaben nicht geringer geworden. Die vier Kapläne und den Prediger müsse er mit Kost, Wohnung und Heizung versorgen und ihnen zusammen [240] 10 Gulden Deputat geben. Ferner halte er eine Hausmagd mit 3 Gulden Jahrlohn, eine Köchin mit 4 Gulden, einen Knecht zum Pferde mit 3 Gulden und einen Chorsänger für die Frauenkirche mit 4 Gulden. Für dieses Gesinde seien 50 Scheffel Korn erforderlich, wenn anders zu Zeiten für Schüler und sonstige arme Leute noch ein Stück Brod abfallen solle. Weiter berechnet er den Aufwand für das Kaplanpferd, für Brennholz, für Speisung der Kirchen- und Schuldiener bei gewissen Festen, und beziffert seinen ganzen Jahresverbrauch auf 86 Gulden 8 Groschen, sowie 50 Scheffel Korn und 26 Scheffel Hafer. Dem Bischof von Meißen hatte der Pfarrer ein Jahr ums andere 4 Gulden 20 Groschen zu Subsidium zu zahlen. – Die Mehrzahl der in der Stadt vorhandenen Geistlichen bildeten die Altaristen, die Inhaber und Verweser der bei den städtischen Kirchen und Kapellen bestehenden Altäre, die meist von begüterten Bürgern zu ihrem Seelenheil, zum Theil aber auch von den Landesfürsten, dem Rathe und dem Bischof gestiftet und mit Einkünften ausgestattet waren. Nach einem Berichte, den der Herzog im Jahre 1536 über die geistlichen Lehen vom Pfarrer eingefordert hatte, waren damals bei den Dresdner Kirchen 44 Altaristen und 2 Horisten vorhanden, die wöchentlich 174 Messen lasen, wozu noch 20 Messen des Pfarrers, seiner vier Kapläne und des Predigers kamen. Von den Altaristen wohnten nur 18, deshalb „Residenten“ genannt, in der Stadt, alle übrigen, die „Absenten“, verzehrten die Einkünfte ihrer Lehen auswärts und ließen die Altäre durch schlechtbesoldete Vikare verwalten. Die Einkünfte mancher Altäre waren freilich überhaupt nicht ausreichend, um einem Priester den Unterhalt zu gewähren. Mehr als die Hälfte aller Altarpfründen in der Stadt, [241] nämlich 25, hatte der Rath zu vergeben, dem von den Stiftern das Patronat übertragen war.

Bei dieser abhängigen Stellung konnte die niedere Weltgeistlichkeit im Volke kein besonders hohes Ansehen genießen. Unabhängiger und geachteter standen die Klostergeistlichen da. Ihre Zahl war aber in Dresden immer nur gering: das Barfüßer- oder Franziskanerkloster scheint nur wenige Brüder beherbergt zu haben, an deren Spitze der Guardian stand, ihm zur Seite der Lesemeister und der Vizeguardian. In Verbindung mit dem Kloster stand das gegenüber in der großen Brüdergasse gelegene Regelhaus, in dem eine kleine Anzahl Nonnen nach der Ordensregel der Klarissinnen lebte. Durch das Beispiel ihrer einfachen Lebensweise wie durch Pflege der Beichte und der Predigt wußten die Mönche Beliebtheit und Einfluß beim Volke, namentlich bei den niederen Ständen, zu gewinnen, auch das Recht des Begräbnisses verschaffte ihnen enge Beziehungen zu Reich und Arm, denn auf dem Klosterkirchhofe beerdigt zu werden galt mancher frommen Seele als die sicherste Bürgschaft für baldige Erlösung aus dem Fegefeuer. Nach dem Willen des Ordensstifters sollten die Brüder nur von freiwilligen Gaben leben. Für die Aufnahme von Nahrungsmitteln waren im Kloster „Brodkämmerlein“ angebracht. Zur Einsammlung von Gaben wurden einzelne Brüder als „Terminirer“ auf die Dörfer hinaus und bis in die Nachbarstädte gesandt. An Festtagen fehlte es nicht an Geldspenden von Seiten der Gläubigen, die sich in der Klosterkirche einfanden, um der mannigfachen ihr verliehenen Ablässe theilhaftig zu werden. Die festen Einkünfte aber blieben immer gering, auch nachdem solche von der lockerer gewordenen Ordensregel längst gestattet waren: der größte Posten waren 4 Schock [242] Groschen, die Markgraf Wilhelm I. dem Kloster im Jahre 1401 geschenkt und auf die Jahrrente der Stadt Dresden angewiesen hatte. Seit dem Anfange des 15. Jahrhunderts hatte der Konvent die Verwaltung seiner Einkünfte dem Dresdner Rathe als „Prokurator“ übertragen; die von diesem abgelegten Jahresrechnungen weisen in der Regel eine Einnahme von 50 bis 60 Schock Groschen auf[28].

Das Augustinerkloster zu Altendresden erfreute sich zwar günstigerer Vermögensverhältnisse als das der Barfüßer, seine Einwirkung auf das Volk war jedoch zweifellos geringer. Den Andächtigen, die die Klosterkirche am Tage ihres Patrons, des heiligen Erasmus, und zur Kirchweih besuchen und denen, welche zu ihrer Erhaltung Gaben spenden würden, waren ebenfalls reichliche Ablässe zugesagt, aber die Mönche scheinen sich bei der fortwährenden Zerstörungsgefahr in dem ungeschützten offenen Städtchen mit einem kleinen Kirchlein begnügt zu haben, in dem sie keine große Gemeinde von Gläubigen um sich versammeln konnten. Dieser Mangel war es wohl auch, der die Landesherren im Jahre 1481 veranlaßte, dem Kloster die Pfarrkirche zu den heiligen drei Königen mit allen Nutzungen als Eigenthum zu überweisen, damit die Augustiner dort durch Gottesdienst und Seelsorge eine ausgebreitetere Thätigkeit entfalten könnten. Die Zahl der geistlichen Insassen des Klosters war schon bei dessen Gründung auf sieben festgesetzt worden, einschließlich des Priors, des Lesemeisters und des Subpriors; so viel waren auch noch bei der Aufhebung des Klosters im Jahre 1539 vorhanden und außer ihnen vier Laienbrüder zur Verrichtung der häuslichen Dienste. Zu den Vermögensstücken, mit denen das Kloster von seinem Gründer Markgraf Wilhelm und dessen Nachfolger ausgestattet worden war, gehörten 4 Malter

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Geistliche Siegel.

1 und 2. Guardian und Konvent des Franziskanerklosters 1401.
3 und 4. Prior und Konvent des Augustinerklosters 1413.
5. Pfarrer Joh. Schriber 1452. 6. Pfarrer Lorenz Stumpf 1503.
7. Bruderschaft St. Nikolai 1521. 8. Maternihospital 1521.

[-] [243] Korn aus dem Landgeschoß des Amtes Dresden, namentlich aber das Dorf Weißig, das, abgesehen von dem Ertrag einer Wiese und einer großen Waldparzelle an der Haide, an Geld- und Naturalzinsen 7 Schock Groschen, je 8½ Scheffel Korn und Hafer, 46 Hühner und 10 Schock Eier einbrachte. Im Laufe der Zeit kamen so viele Stiftungen und Schenkungen hinzu, daß sich die Einkünfte des Klosters bei seiner Aufhebung auf 465 Gulden jährlich beliefen. Darunter befanden sich 150 Gulden Zinsen von 3000 Gulden Darlehn an den Herzog Georg, einer Summe, die die Mönche 1525 aus dem Verkaufe des Ritterguts Kosel mit Sella in der Oberlausitz, das von ihnen im 15. Jahrhundert für den gleichen Preis angekauft worden war, gelöst hatten. An Kostbarkeiten verzeichnete man damals mehrere Monstranzen, die eine mit einem Straußenei, neun vergoldete Kelche, einen silbernen St. Erasmus-Arm mit vier goldenen Ringen, ein Marien-, ein vergoldetes Johannes- und ein Katharinen-Bild und anderes im Gesammtgewichte von 110 Mark Silber, ferner eine goldne Chorkappe mit Perlen und Edelstein im Werthe von 300 Gulden, ein goldnes Meßgewand mit schwarzsammetnen Blumen, rothe, blaue, braune, grüne, schwarze und weiße Meßgewänder mit goldnem Kreuz und vieles andere.

Zur Kirchweih der Klöster sowie zu Ordenskonventen mögen sich vielfach auch Mönche von auswärts in Dresden eingefunden haben. Ständigen Aufenthalt hatten hier einige Dominikaner vom Pirnaer Kloster: ihnen war 1315 von Rath und Pfarrer das Gabensammeln in der Stadt und die Erwerbung einer Herberge in der großen Brüdergasse gegenüber dem Franziskanerkloster gestattet worden, doch hatten sie versprechen müssen, in das Haus nie einen Klosterkonvent aufzunehmen und weder [244] Altar noch Glocke darin anzubringen. Sie vertauschten diese ihre „Terminei“ 1523 gegen ein Haus in der Kirchgasse, das jetzige Hinterhaus der Marienapotheke; 1539 kaufte es ihnen der Rath ab. Die bloße Herberge der Pirnaer Predigermönche ist von späteren Chronisten fälschlich als Kloster angesehen worden.

Wer das Bedürfniß nach einer engeren kirchlichen Gemeinschaft empfand, ohne doch den strengen Regeln eines Ordens sich unterwerfen zu wollen, oder wer für sein Seelenheil etwas zu thun wünschte, aber nicht reich genug war, um eigne Seelmessen zu stiften, trat einer der Bruderschaften bei, die gemeinsame Messen für die Seelen ihrer Mitglieder lesen ließen und diesen außerdem ein feierliches Begräbniß gewährten. Eine solche, die „Bruderschaft des heiligen Leichnams“, ward im Jahre 1382 im Anschlusse an den kurz vorher gestifteten Frohnleichnamsaltar in der Kreuzkirche errichtet. Wer die Donnerstagsmesse dieser Bruderschaft andächtig besuchen oder für Schmuck und Beleuchtung dabei etwas spenden würde, sollte auf hundert Tage Vergebung seiner Sünden erhalten. Während ursprünglich bei dieser Messe der Leib des Herrn den Andächtigen nur gezeigt wurde, wies die Bruderschaft 1473 besondere Geldmittel an, um jedesmal mit der Hostie in der Kirche eine feierliche Prozession zu veranstalten. Zu gewissen Festen bewegte sich die Prozession mit großem Prunk durch die Stadt, wobei der Rath den Markt mit Maien bestecken und den Weg mit Gras und Rosen bestreuen ließ; den singenden Laien, „Kantanten“ oder „Kommunikanten“ genannt, sowie der bewaffneten Geleitmannschaft, den „Konstabeln“, wurden hinterher jedesmal einige Faß Bier gespendet. – Weiter bestand bei der Kreuzkirche eine „Bruderschaft unser lieben Frauen Messe“, die ihren Gottesdienst [245] Sonnabends hatte, und eine „Bruderschaft der heiligen Dreifaltigkeit“ mit einer Sonntagsmesse; sie verschmolzen sich zu einer einzigen im Jahre 1444 und stifteten 1451 einen eignen Altar im Chor der Kirche mit vier wöchentlichen Messen. Sodann gab es eine „Bruderschaft St. Nikolai“, auch „Bruderschaft des heiligen Kreuzes und St. Nikolai“ genannt, eine Bezeichnung, in der sich die Verschmelzung der Kreuzkapelle mit der Nikolaikirche ausdrückt. Ihr gehörten namentlich die Fischer an, deren Schutzheiliger St. Nikolaus war, wie denn auch das Siegel der Bruderschaft den Heiligen mit zwei Fischen im Schilde aufwies. Mehrere andere Handwerke, wie die Fleischer und die Steinmetzen und Maurer, bildeten ebenfalls kirchliche Bruderschaften und unterhielten bei der Frauenkirche eigne Altäre. – In Altendresden stifteten die Meister des Schneiderhandwerks in Gemeinschaft mit anderen frommen Leuten eine „Bruderschaft der heiligen vierzehn Nothhelfer und des heiligen Wolfgang“ mit einem Altarlehn in der Dreikönigskirche. Eine andere Handwerkerbruderschaft war die der Kymer (Böttcher), die sich an den Altar aller Heiligen und Apostel anschloß und später als „Bruderschaft der Fleischer und Kymer“ vorkommt. Auch die Schützen besaßen in Neu- und Altendresden eigene Altarlehen und bildeten damit zugleich kirchliche Genossenschaften. Die Leitung jeder Bruderschaft hatten mehrere „Senioren“, die Geschäftsführung ein von ihnen erwählter „Prokurator“. Auch in der Dreifaltigkeitsbruderschaft, die ursprünglich nur aus Priestern bestanden und erst nach und nach auch Laien aufgenommen hatte, machten diese im Anfange des 16. Jahrhunderts darauf Anspruch, zur Vermögensverwaltung hinzugezogen zu werden, was zu lebhaftem Streite mit der ihre Vorrechte behauptenden Priesterschaft führte.

[246] Eine eigne Art von Bruderschaftsverhältniß gingen die Barfüßermönche ein, indem sie Laien in ihre geistliche Gemeinschaft aufnahmen und der Gnadenmittel ihres Klosters theilhaftig machten. In diese Klosterbruderschaft traten viele vermögende Personen ein, aber auch die Schneider- und Schustergesellen gehörten ihr an. Die Gebühren für Beerdigungen von Bruderschaftsmitgliedern auf dem Klosterkirchhofe bildeten eine sehr ansehnliche Einnahme der Mönche: sie betrugen für Schustergesellen 6, für Schneidergesellen 10 Groschen, für vermögende Leute mehr. Dieses Recht der Beerdigung war den Barfüßern von den Pfarrgeistlichen immer streitig gemacht worden, schon 1372 hatte ein päpstlicher Legat die Mönche in Meißen deshalb in Schutz nehmen müssen. Im Jahre 1518 setzte es aber der Pfarrer Eyssenberg beim Herzoge durch, daß künftig alle Angehörigen seines Kirchspiels, die „aus Andacht und um Ablasses willen“ ihr Begräbniß im Kloster haben wollten, zuvor zum Begängniß in die Kreuzkirche getragen und von da durch Geistliche und Schüler nach der Klosterkirche geleitet werden mußten, nur mit Ausnahme derer, die schon bei Lebzeiten die braune Kutte und Kapuze der Barfüßer angenommen hätten und darin begraben sein wollten.

Das Verhältniß der Geistlichkeit zu Rath und Bürgerschaft war nicht immer frei von Zerwürfnissen, diese spitzten sich sogar wiederholt bis zur Verhängung des Kirchenbannes über den Rath zu. So im Jahre 1410, als der Rath und der Vogt einen Priester, der mit zwei Bürgern im Streit um ein Haus gelegen, verhaftet und eine Nacht gefangen gesetzt hatten; ihre Bitte um Lossprechung vom Banne wurde vom päpstlichen Pönitentiar nicht eher erfüllt, als bis sie dem Beleidigten Genugthuung geleistet und der Pfarrkiche einen [247] vergoldeten Kelch von zwei Pfund Silber gestiftet hatten. Auch die Meißner Domherren, an die ein Theil der von der Stadt zu entrichtenden landesherrlichen Jahrrente verpfändet war, geriethen wegen der Zahlungsbedingungen, besonders wegen der Münzsorten, mit dem Rathe mehrfach in Streit und ließen ihn vom Bischof in den Bann thun. Wenn der Rath die Kirchenstrafe einmal zwei Jahre lang, 1450 und 1451, ein anderes Mal drei Jahre, von 1465 bis 1467, über sich ergehen ließ, ohne nachzugeben, so scheint dies nicht eben darauf hinzudeuten, daß sie ihm große Furcht einflößte. Im Jahre 1475 war sogar das Interdikt über die Stadt verhängt, weil einer in die Kreuzkirche eingebrochen war und eine Monstranz gestohlen hatte; die Einstellung aller kirchlichen Handlungen dauerte so lange, bis der Kirchenräuber gefaßt und hingerichtet war.

Bei allem Einfluß, den die Geistlichkeit vermöge der kirchlichen Gnaden- und Strafmittel auf die Gemeinde ausübte, war sie doch eben von der weltlichen Obrigkeit insofern abhängig, als diese die Stellenbesetzung bei zahlreichen Altarlehen und die Vermögensverwaltung vieler geistlichen Stiftungen in Händen hatte. Geistliche und weltliche Gewalt waren darauf angewiesen, sich gegenseitig zu stützen und zu fördern, kirchliches und bürgerliches Leben durchdrangen einander auf allen Gebieten. Kein wichtiges politisches Ereigniß ging vorüber ohne die Fürbitte und den Segen der Kirche: gegen drohende Gefahr wurden Bittprozessionen veranstaltet, wobei man zuweilen die in der Kreuzkirche aufbewahrte Reliquie vom Kreuze Christi feierlich um die Stadt herum trug; für die von den Landesherren gegen auswärtige Feinde erfochtenen Siege und für geschlossenen Frieden ließ der Rath Dankmessen, für [248] verstorbene Glieder des Fürstenhauses Gedächtnißgottesdienste veranstalten, und jedes Jahr wurde die Einsetzung des neugewählten Rathes durch eine feierliche Messe eingeleitet. Andererseits pflegte der Rath schon bei minder wichtigen kirchlichen Gelegenheiten seinen Antheil zu bekunden, so z. B. wenn er jungen Priestern und Mönchen aus der Stadt bei ihrer ersten Messe einige Faß Bier oder den Franziskanern zu ihrer Kirmeß ein Kalb verehrte. Kein kirchliches Fest vollends durfte des Glanzes der weltlichen Gewalt entbehren.

Von hervorragender Bedeutung im öffentlichen Leben Dresdens waren die drei Hauptfeste der Kreuzkirche: Kreuzeserfindung (3. Mai), Kreuzeserhöhung (14. September) und Johannisfest (24. Juni). Die Reliquie vom Kreuze Christi bildete einen Gegenstand eifriger Verehrung seitens der Bürger ebenso wie einen Anziehungspunkt für die Bewohnerschaft der ganzen Umgegend. Auch ein in der Kirche aufgestelltes hölzernes Kruzifix genoß hohes Ansehen. Der Sage nach sollte es aufrecht stehend einst von Böhmen auf der Elbe angeschwommen und von den Bürgern in feierlicher Prozession durch die Kreuzpforte in die Stadt gebracht worden sein. Es war vermuthlich dasselbe, das man in der Reformationszeit als den „alten Abgott“ oder den „schwarzen Herrgott“ bezeichnete, eine angeblich mit Menschenhaut überzogene, mit silberner Dornenkrone geschmückte Figur des Gekreuzigten, die vom Qualm der Kerzen schwarz geräuchert war[29]. Um die der Stadt aus der Kreuzesverehrung erwachsenden Vortheile zu erhöhen, hatte schon Markgraf Heinrich der Erlauchte den Pilgern am Tage Johannis des Täufers, sowie am Tage vor- und nachher freies Geleit zugesichert, und dazu erwirkte die Geistlichkeit im Jahre 1319 vom päpstlichen Stuhle einen vierzigtägigen Ablaß für alle [249] Gläubigen, die an den Festen des heiligen Kreuzes und am Johannistage die Kirche bußfertig besuchen würden. Das Volk machte von diesem Ablaß lebhaften Gebrauch. An Zulauf gewannen die Feste durch öffentliche Umzüge, bei denen die Ordensleute und die Weltgeistlichkeit in ihren malerischen Trachten mit den Kostbarkeiten der Kirchen, die gesammten Zünfte in ihren Festkleidern mit Kerzen und wehenden Fahnen der herbeigeströmten Volksmenge ein glänzendes Schauspiel boten. Stadtpfeifer oder herzogliche Musikanten bliesen dem Zuge voran. Den Mittelpunkt bildeten die Heiligthümer der Kreuzkirche, die beiden silbernen Kreuze, in denen die Holzreste vom Kreuze Christi eingeschlossen waren. Der Himmel über dem größeren Kreuze wurde von vier mit Kränzen geschmückten Rathsherren, der über dem kleineren von vier ehrbaren Bürgern, geleitet von zwei Rathsältesten, getragen. Die Kreuzkirche selbst war mit Maien geschmückt, der Fußboden mit Gras bestreut, und der Gottesdienst ward mit besonderem Glanze gefeiert. Nachher vereinigte sich die Geistlichkeit mit den Rathsherren, Stadtknechten und geharnischten Bürgern, die die Prozession geleitet hatten, zu einem festlichen Mittagsmahle auf Kosten der Kirche; im Jahre 1467 nahmen daran 62 Priester und 71 andere Personen Theil.

Der Johannistag war von jeher das Hauptablaßfest gewesen, und seine Bedeutung steigerte sich noch in Folge der mit der Prozession in Verbindung gebrachten dramatischen Aufführung, von der wir seit etwa 1480 Nachricht haben und die dann bis zur Einführung der Reformation im Jahre 1539 fortbestanden hat. Wohl 10 bis 20 000 Menschen strömten dazu jedesmal aus der Umgegend herbei.

In der Prozession wurde eine große Anzahl biblischer Gestalten und Begebenheiten durch einzelne Figuren wie durch [250] ganze Gruppen vorgeführt, daran schloß sich eine Darstellung der Enthauptung Johannis des Täufers auf einer zu diesem Zwecke errichteten Bühne. Der Anfangs- und Endpunkt der sich vermuthlich durch alle Hauptgassen bewegenden Prozession war die Kreuzkirche. In dem dicht dabei gelegenen Marstalle fanden die Zurüstungen statt; einige Tage vorher wurden die Maskenfiguren und sonstigen Geräthe von ihrem Aufbewahrungsorte, dem Brückenhofe, dorthin geschafft, um ausgebessert und frisch bemalt zu werden. Die Bretterbühne, „Poghart“ oder „Palast“ genannt, war vor der Kirche in der Marktecke errichtet, wo sie von der auf dem Markte versammelten Volksmenge bequem übersehen werden konnte. Voran schreitet in der Prozession das erste Menschenpaar, Adam und Eva. Von alttestamentlichen Ereignissen wird noch die Anbetung des goldnen Kalbes durch die Juden angedeutet. Man hat für diesen Zweck ein natürliches Kalbshaupt und Kalbfell beschafft und darin ein Fäßchen Bier verborgen, das nachher von den diese Gruppe darstellenden Schülern geleert wird. Eine bedeutende Rolle spielt natürlich Johannes der Täufer; als Prediger in der Wüste trägt er einen zottigen weißen Rock, bei der Enthauptung aber tritt er in rothem Gewande auf. Zu Pferde bewegen sich im Zuge die drei Könige aus dem Morgenlande, in mittelalterlicher Rüstung und mit goldnen Szeptern, unter ihnen der Mohrenkönig mit zahlreichen Begleitern, die der Maler schwarz gefärbt hat und der Barbier hernach wieder weißwaschen muß. Ihnen folgt Herodes mit seinen Knechten, die kleine Kinder aus Holz auf den Spießen tragen. Einen großen Theil der Prozession füllen die Darstellungen aus der Lebens- und Leidensgeschichte Jesu. Dabei sind manche Gruppen bloß aus todten Figuren zusammengesetzt, die nebst den dazu gehörigen geschnitzten [251] und gemalten Dekorationen oder „Gehäusen“ an Riemen getragen werden. Die einzelnen Gruppen sind den verschiedenen Zünften zugetheilt, so das „Abendessen“ den Leinwebern, die Geißelung den Fleischern, die Kreuzigung den Tuchmachern, die Auferstehung den Schneidern. Unter den Aposteln erregt der Verräther Judas besondere Aufmerksamkeit; seine Ausstattung mit gelbem Gewand, einem Geldbeutel und einem Riemen, an dem er sich vor allem Volke aufhängt, kehrt mehrmals in den Rechnungen wieder. Aus der Heiligenlegende führt die Prozession den schwarzen Sankt Mauritius mit seiner Schaar und vor allen den Ritter Sankt Georg vor, hoch zu Roß, einen gewaltigen „Lindwurm“ nach sich schleppend. Engel mit goldnen Flügeln und schwarzberußte Teufel, mit Rechen als Höllengabeln bewaffnet, vollenden das abwechslungsreiche Bild des Zuges. Das eine Mal erscheint der Antichrist als Verführer, indem er Geld unter die Volksmenge ausstreut, das andere Mal schleppt er einen aus Leinwand gefertigten „Backofen“ mit sich, der den Höllenrachen darstellt, in welchen der Verräther Judas hineinbefördert wird.

Es entspricht ganz der heiteren und lebenslustigen Art unsrer Vorfahren, daß sie mit der religiösen Erbauung ein harmloses weltliches Vergnügen durchaus für vereinbar hielten. So veranstaltete der Rath seit 1489 nach der Johannisprozession jedesmal ein Wettrennen, das gewiß nicht wenig zur Vermehrung der Festbesucher beigetragen hat. Es fand vermuthlich ebenso wie damals die Turniere auf dem Markte statt und zwar in mehreren Gängen, zwischen Fußläufern unter einander und zwischen diesen und einem mit Pferden bespannten Wagen. Die Preise oder „Kleinode“ bestanden ähnlich wie bei Schützenfesten in einem Ochsen, einer Armbrust und einem Ferkel, [252] letzteres als „Spottpreis“ für die schlechteste Leistung. Der Ochse, mit vergoldeten Hörnern, sowie mit schwarz-gelber Leinwanddecke und mit Schellen behängt, wurde von zwei ebenfalls in die Stadtfarben gekleideten Knechten unter Vorantritt des blasenden Kreuzthürmers im Triumphe durch die Stadt geführt. Mit dem Wettlaufe waren vermuthlich noch andre Belustigungen, wie Springen und Klettern, verbunden[30].

So boten diese Kirchenfeste der Schaulust des Volkes reichliche Nahrung, und dazu brachten sie den Besuchern einen hochgeschätzten geistlichen Gewinn in Gestalt der vierzigtägigen Ablässe. Diese mußten freilich den Gläubigen in ihrer Bedeutung etwas herabgedrückt erscheinen, seitdem die Päpste in viel umfassenderer Weise Sündenvergebung zu gewähren anfingen. Die Ablässe des kirchlichen Jubeljahrs nämlich, vermöge deren man sich der Strafe für alle vergangenen und künftigen Sünden entledigte und die früher in der Regel durch eine mühevolle Wallfahrt nach Rom erworben werden mußten, wurden seit den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts für Geld ausgeboten. So sandte Papst Innocenz VIII. seinen Protonotar Raimund Perault, Archidiakon des Domstifts Xaintes, später Bischof von Gurk und zuletzt Kardinal, nach Deutschland, um auf dem Wege des Ablaßhandels Geld, angeblich zur Bekriegung der Türken, zusammenzubringen. Dieser päpstliche Sendling hat für seine zierlich auf Pergament gedruckten Ablaßbriefe, deren Preis freilich wohl nur für vermögende Leute erschwinglich war, auch hier Liebhaber gefunden. Ein solcher Brief, für den Dresdner Bürger Johann Keckstein und seine Eheliebste unterm 19. Dezember 1489 ausgefertigt, wird noch im Rathsarchive aufbewahrt.



[Bild]

Ablaßbrief für Johannes und Brigitta Keckstein in Dresden
vom 19. Dezember 1489.
(Original, auf Pergament gedruckt, im Rathsarchiv, um ein Achtel verkleinert; das mit Bindfaden angehängt
gewesene Siegel ist abgefallen.)

[254]
Bildungswesen.

Ein Mittelpunkt geistigen Lebens, von wo sich weithin hätte Bildung verbreiten können, war Dresden nicht. Die beiden Klöster wird man kaum als Bildungsstätten von Bedeutung betrachten dürfen. Von ihren Insassen sind uns keine Früchte gelehrter Thätigkeit bekannt, außer einer um die Mitte des 14. Jahrhunderts wohl im Franziskanerkloster niedergeschriebenen kleinen Chronik der meißnischen Markgrafen und der Stadt Dresden. Im großen und ganzen beschränkte sich hier wohl die wissenschaftliche Beschäftigung der Bettelmönche auf das Abschreiben von Büchern, auch noch lange nach Erfindung der Buchdruckerkunst, denn die gedruckten Bücher waren anfangs theuer und in Dresden selbst ist erst im Jahre 1524 eine Druckerei eröffnet worden. So kommt als Pflegstätte der Wissenschaft fast nur die Schule in Betracht. Das Bestehen einer solchen in Dresden ist schon in sehr früher Zeit bezeugt: bereits im Jahre 1300 wird ein Rektor Conrad urkundlich erwähnt. Es war zuerst vermuthlich nur eine Pfarrschule zur Ausbildung von Chor- und Meßknaben bei der Kreuzkirche, hernach jedoch eine lateinische Stadtschule. Das Latein hatte im Mittelalter noch die Bedeutung einer lebenden Sprache; es war ebenso wichtig für die Zwecke der Kirche wie die des öffentlichen Lebens und ward bis tief ins 14. Jahrhundert hinein auch in den Schriftstücken der städtischen Verwaltung fast ausschließlich angewendet. Die Aufsicht über die Schule mit dem Rechte, den Schulmeister anzustellen, übte der Rath, im übrigen aber stand sie in enger Verbindung mit der Kreuzkirche. Das Brückenamt führte die äußere Verwaltung und sorgte für die Bedürfnisse der Schule. Wegen ihres Zusammenhangs [255] mit der Kirche ist sie schon früh gewöhnlich als Kreuzschule bezeichnet worden.

Das Schulgebäude, ursprünglich vielleicht in der Schreibergasse gelegen, befand sich schon im 14. Jahrhundert an der jetzigen Schulgasse, jedoch wohl südlich neben dem Eckplatze an der Kirche, auf dem es 1480 neu erbaut und nach dem großen Brande 1493 wieder errichtet wurde. Es enthielt im Untergeschoß eine einzige große Schulstube, in der alle Altersstufen, zum Theil gleichzeitig, unterrichtet wurden, im Obergeschoß die dürftigen Wohnräume des Schulmeisters, unter dem Dache die Kammern für die fremden Schüler.

Die Schule bestand aus drei Klassen: in den beiden unteren wurde das sogenannte Trivium d. h. Grammatik, Logik und Rhetorik getrieben, daneben etwas praktisches Rechnen und die Gesangsübung für den Kirchendienst. Die benutzten Schulbücher waren die allgemein üblichen: das Alphabet, die Regulae pueriles des Remigius, der Donat und die beiden ersten Theile des Doctrinale Alexandri, sowie die Summulae logicales des Petrus Hispanus. In der oberen Klasse ging man zur eigentlichen Philosophie über, sie wurde aber nur von den wenigen Schülern durchgemacht, die sich dem Universitätsstudium widmen wollten. Der Rektor oder Schulmeister, in der Regel ein Geistlicher, der meist zugleich oder nachher als Stadtschreiber beim Rathe wirkte, war mit seiner Besoldung, abgesehen von den Vergütungen für kirchliche Dienste, im wesentlichen auf das von den Schülern zu entrichtende Schulgeld angewiesen. Davon mußte er die Schulgesellen, auch Lokaten, Baccalaureen oder Kollaboratoren genannt, besolden, deren er sich stets mehrere zu seiner Unterstützung hielt. Eine um das Jahr 1413 vom Rektor Nikolaus [256] Thirman aufgezeichnete Schulordnung gibt über den Schulbetrieb, hauptsächlich aber über die Einkünfte der Lehrer Aufschluß. Das eigentliche Schulgeld betrug für wohlhabende Bürgersöhne vierteljährlich 2 Groschen, Arme zahlten nichts. Außerdem hatten die Schüler dem Schulmeister bei mancherlei Gelegenheiten kleine Abgaben zu entrichten: 2 Heller unter dem Namen „Austreibeheller“ aus Anlaß der Unterbrechung des Unterrichts zu Pfingsten, Michaelis, Weihnachten und Ostern, 2 Heller als „Laßheller“ zu Martini, Blasii, Philippi und Bartholomäi, wo sie der Sitte gemäß einen Aderlaß nahmen, 6 Heller als „Kernheller“ zu Margarethä als Entschädigung für die früher gelieferten Kirschkerne zum Würzen des Bieres, und 2 Groschen jährlich zu einem Fuder Brennholz. Die Lokaten erhielten von jedem vermögenden Schüler ihrer Klasse vierteljährlich 1 Groschen und aller drei Wochen 2 Heller, zu Katharinä 1 Groschen „Sangheller“ für den Gesangsunterricht, zu Neujahr und zum Johannisjahrmarkte je 1 Groschen, zu Lichtmeß 2 Heller „Leuchtheller“ anstatt der ihnen zukommenden Kerzenstümpfe von der Prozession, endlich 1 bis 2 Groschen „Anhebegeld“ bei Beginn jedes Unterrichtskursus für den Fall, daß der Schüler die dazu erforderlichen Schulbücher, durch deren Abschreiben und Verkauf sich die Lokaten eine Nebeneinnahme verschafften, nicht von ihnen entnahm. Für besondere Lektionen und Uebungen neben dem gewöhnlichen Unterrichte waren bestimmte Honorare unter dem Namen „Past“ (d. h. eigentlich Nahrung) festgesetzt.

Ueber die Zahl der Schüler ist nichts bekannt, sie war zweifellos sehr schwankend, da die Fremden als „fahrende Schüler“ viel hin und her zogen. In Kriegszeiten verödete die Schule, bei Pestgefahr wurde der Zuzug fremder Schüler [257] ausdrücklich verboten. Die Kreuzschüler hatten an allen Gottesdiensten, Prozessionen, Begräbnissen theilzunehmen. Sechs von ihnen, die sogenannten „Kommunikanten“, mußten sich gemäß einer Stiftung vom Jahre 1380 von Sonnenuntergang bis Mitternacht stets bereit halten, dem Priester, der mit dem Leibe des Herrn zu Kranken ging, auf dem Hin- und Herwege mit Gesang voranzuschreiten. Vom Charfreitage bis zum Ostermorgen waren vom Rathe Schüler angestellt, an dem heiligen Grabe in der Frauenkirche und der Kreuzkirche ununterbrochen Psalmen zu lesen. Für die zahlreichen armen Schüler bildete eine Hauptnahrungsquelle das Thürsingen. Zuweilen verdienten sie sich etwas durch Handarbeit, indem sie beim Heumachen auf der Bürgerwiese oder beim Holzflößen von der Prießnitz nach der städtischen Ziegelscheune oder beim Ziegelsetzen halfen, auch wurden sie benutzt, um den Stadtknechten bei Erhebung der Abgaben und bei sonstigen Rundgängen durch Lesen und Schreiben der Listen zur Hand zu gehen. Als Tummelplatz war ihnen vor dem Frauenthore ein „Schülergarten“ mit einem „Schimpfhaus“ d. h. Spielhaus angewiesen[31].

Von geringerer Bedeutung als die Kreuzschule war die Schule zu Altendresden. Sie ist zweifellos erst nach der im Jahre 1403 erfolgten Erhebung des Ortes zur Stadt entstanden und war eine bloße Pfarrschule bei der Dreikönigskirche, mit der sie 1481 in das Eigenthum des Augustinerklosters überging. Für eine zweite lateinische Stadtschule neben der Kreuzschule wäre damals kein Raum gewesen. Urkundlich nachweisbar ist die Altendresdner Schule im Jahre 1465, wo im Zusammenhang mit der Stiftung eines in der Dreikönigskirche zu singenden Salve regina „Schulmeister und Schüler“ [258] erwähnt werden. In manchen Dingen waren die Einrichtungen denen der Kreuzschule ähnlich, aber als bloße Pfarrschule wird die Altendresdner den auszubildenden Chorknaben nicht viel mehr als Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen gelehrt haben. Der Schulmeister hätte hier von den Schulgeldern, wenn es solche überhaupt gab, nicht bestehen können und erhielt daher von der Stadt eine Besoldung von 8 Schock alten Groschen, abgesehen von seinem Gehalt als Stadtschreiber[32].

Das kleine Dresden konnte hervorragenden Geistern wenig Gelegenheit zur Bethätigung bieten, und es ist nicht zu verwundern, daß die Stadt im Mittelalter unter ihren Bürgern keine Männer von allgemeinem Rufe aufweist. Nur ganz vorübergehend tauchen berühmte Namen hier auf. Nächst Peter von Dresden, Hus’ Gesinnungs- und Leidensgenossen, war der hervorragendste Sohn unserer Stadt der 1429 in Altendresden geborene Andreas Proles, der Reformator der Augustinerklöster und Vorgänger Johann Staupitz’ als Generalvikar der Augustiner. Bei seinem lebhaften Verkehr mit den sächsischen Fürsten ist dieser gefeierte Prediger gewiß nicht selten in seine Vaterstadt gekommen und wird auch hier auf das kirchliche Leben anregend eingewirkt haben. Noch ein dritter und größerer Geistesheld ist zu nennen, der zwar nicht von Dresden gebürtig, aber hier gestorben ist: Gregor Heimburg, der berühmteste Staatsmann und Rechtsgelehrte des 15. Jahrhunderts. Dieser kühne Vorkämpfer gegen die Uebermacht des Papstthums fand nach dem Tode seines Beschützers, des Königs Georg Podiebrad von Böhmen, bei dessen Schwiegersohn Herzog Albrecht Aufnahme und traf am 9. August 1471 zu Schiffe in Dresden ein. Da die Geistlichkeit bei der Ankunft des Gebannten sogleich [259] allen Gottesdienst einstellte, ließ ihn der Herzog schon am andern Morgen heimlich nach Tharandt bringen. Auf Bitten der sächsischen Fürsten ertheilte endlich der Papst dem Bischof von Meißen Vollmacht, ihn vom Banne loszusprechen. Seine feierliche Absolution, ein Ereigniß von ungewöhnlicher Bedeutung, erfolgte in Dresden am 19. März 1472 in Gegenwart des Kurfürsten Ernst und des Herzogs Albrecht. Damit fand er die ersehnte Ruhe nach langer Verfolgung. Schon im August 1472 aber fiel er zu Wehlen auf dem Schlosse des ihm befreundeten Meißner Landvogts Nikolaus von Köckeritz in schwere Krankheit und starb kurz darauf in Dresden; in der Kirche des Barfüßerklosters wurde er beerdigt[33].




Schluß.

Wie in dem mittelalterlichen Stadtbilde Dresdens der alles beherrschende Punkt das markgräfliche Schloß ist, so prägt es sich in der ganzen Geschichte der Stadt aus, daß sie ihr Dasein und ihre Bedeutung dem Landesherrn verdankt: sie behielt immer den Charakter eines fürstlichen Wohnsitzes, dessen Blüthe oder Rückgang von der größeren oder geringeren Fürsorge des Herrscherhauses abhing. Als ständige Residenz zwar hat Dresden nur einigen der Fürsten gedient: zuerst Heinrich dem Erlauchten in seinem letzten Jahrzehnt und unmittelbar darauf seinem Sohne Friedrich Clemme, dessen ganzem Herrschaftsgebiete die Stadt sogar den Namen gab, dann aber erst wieder Wilhelm dem Einäugigen und schließlich Albrecht dem Beherzten. Aber auch unter den Fürsten, die nicht ununterbrochen hier wohnten, war die Stadt einer der [260] wichtigsten und festesten Stützpunkte der Landesherrschaft und als solcher hat sie selbst in schweren Zeiten ihre Aufgabe erfüllt. Durch große Aufwendungen für die Stadtbefestigung und opferwillige Stellung von Kriegsmannschaften haben die Bürger Dresdens den Landesherren jederzeit vergolten, was diese ihnen an Rechten und Vortheilen zuwendeten. Dies gab der Bürgerschaft ein lebhaftes Gefühl ihrer Bedeutung, und noch im 15. Jahrhundert war es keine bloße Förmlichkeit, wenn sie sich vom neuen Landesfürsten erst die Aufrechterhaltung aller städtischen Gerechtsame zusichern ließ, ehe sie ihm Huldigung leistete.

In der treuen Unterstützung der Fürstengewalt scheint sich aber die Leistungsfähigkeit der Dresdner im wesentlichen erschöpft zu haben. Ihr eigenes Stadtwesen vermochten sie nie recht vorwärts zu bringen. Langwierige Kriege, in deren Verlaufe wiederholt die Vorstädte zerstört und damit der landwirthschaftliche Erwerb der Bürger unterbrochen wurde, hemmten im 15. Jahrhundert die Entwicklung der Stadt und erschütterten ihren Wohlstand. Die Zahl der jährlich aufgenommenen Neubürger ging gegen das 14. Jahrhundert zurück. Gewerbe und Handel konnten über den Bannkreis der Stadt hinaus keine Bedeutung gewinnen, so daß es auch nicht zur Ansammlung großer Vermögen kam. Der Mangel reicherer Hilfsquellen, aus denen mehr als der tägliche Bedarf der Einwohner hätte fließen können, brachte es mit sich, daß die Stadtgemeinde selbst aus der Hand in den Mund lebte und in Friedenszeiten keine erhöhten Steuern aufzulegen wagte, aus deren Ertrag sich zeitgemäße Verbesserungen der öffentlichen Einrichtungen hätten durchführen lassen. Dresden blieb auf dem Standpunkte einer kleinen Landstadt stehen, auch [261] noch zu einer Zeit, da im Süden, Westen und Norden Deutschlands zahlreiche Handelsstädte, deren Einwohnerzahl nicht sehr viel größer war, sich längst zu Mittelpunkten hohen Wohlstandes und eines regen Geisteslebens aufgeschwungen hatten. Das frische Streben, das im 15. Jahrhundert auf allen Gebieten das deutsche Volk durchdrang, wurde hier durch die furchtbaren Verwüstungen der Husitenkämpfe und des Bruderkrieges und dann wieder durch die Eigenthumszerstörung bei dem großen Stadtbrande seiner wirthschaftlichen Erfolge beraubt. Ueberdies fehlte wohl der zwar tüchtigen und fleißigen, bei aller Lebenslust aber sehr genügsamen Bürgerschaft der unabhängige und unternehmende Sinn, um die engen Verhältnisse der Stadt zu durchbrechen und unter Benutzung der vortheilhaften natürlichen Bedingungen ihren wirthschaftlichen Erwerb auf erweiterte Grundlagen zu stellen. Mit Herzog Georg begann für Dresden eine Aufwärtsbewegung, die sich im Laufe der Jahrhunderte mehrmals zu glänzender Blüthe gesteigert hat. Aber immer ward sie vorwiegend durch den Kunstsinn und die Prachtliebe der Fürsten herbeigeführt, und erst das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts hat einen Aufschwung gezeitigt, den die Einwohnerschaft ihrer eigenen Thatkraft verdankt.



[262]
Anhang.


Liste der Dresdner Bürgermeister, Stadtschreiber, Pfarrer und Schulmeister bis zum Jahr 1500.
(Für die den Namen beigesetzten Jahre ist ihre Amtsführung urkundlich bezeugt. Von den zahlreichen abweichenden Namensformen sind nur die wichtigsten wiedergegeben.)


Bürgermeister.
Hermannus [de Blankenwalde?] 1292.
Theodericus (Ditherich) Berner 1301, 1303, 1307 bis 1309.
Johannes de Lyndech (Hannus vonme Lindech) 1310, 1311.
Theodericus Buling (Tice Bulinc) 1315 bis 1317.
Losemannus 1318.
Nicolaus Monetarius (Monczemeister) 1324, 1328, 1329.
Hannus von Wylansdorf (Joh. de Wilandisdorf) 1332, 1337.
Ticzce Helwic 1354.
Henczil Hoykindorf (Hokendorff) 1362, 1365, 1375, 1380.
Tycze Buling 1371, 1376.
Frantze Kuczinrade (Koczenrode) 1373, 1379.
Heinrich Jokerim 1387.

[263]

Lorenz Busman (Lourencz Bußman) 1392, 1400, 1403, 1406.
Hannus Jockerim (Jogkrim) 1394.
Hannus Buling 1395, 1398, 1401.
Petir Berner 1396.
Nicolaus (Nickel) Hertil 1397.
Nicolaus (Nigkel) Hoykendorff 1399, 1402, 1408, 1410.
Hannus Czugczik (Hanns Czugczk) 1404, 1407, 1411, 1416, 1419, 1423, 1428, 1435.
Mertin Kynast (Kinast) 1405, 1409, 1412, 1415, 1417.
Thomas Statschriber (der alde Stadschriber) 1413, 1429.
Paulus Goudeler (Pauwel Goydeler) 1414, 1418, 1420, 1422, 1425, 1432.
Niclaus Romchin 1421, 1426.
Meister Nicolaus Tiremann (Thirman) 1424, 1427, 1430, 1433, 1437.
Hans Radeberg 1431, 1434, 1436, 1440, 1443, 1448.
Niclaus Munczmeister 1438, 1441, 1444, 1447, 1450, 1453.
Johann Questwicz (Questewicz) 1439, 1442, 1445, 1451, 1454.
Johann (Hans) Munczmeister 1446, 1449, 1452, 1455, 1458.
Hans Kotericzsch (Koderitzsch) 1456, 1459, 1468.
Nickel Proles 1457, 1460.
Nickel Schonyrst (Schonhirst) 1461.
Vincencius Romchen (Romichen) 1462, 1466.
Lorencz Vogil 1463.
Lucas Veist (Veyst, Feist) 1464, 1467, 1470, 1473, 1476, 1479, 1482, 1485.
Johann Francke (Hans Franck) 1465, 1469, 1471, 1474, 1477, 1480, 1483.
Claws von Czyl (Claus von Zciel) 1472, 1475, 1478.
Johanns Huffener (Hans Hufener) 1481, 1484, 1487, 1490.

[264]

Nickel Seidel 1486, 1489, 1492, 1495.
Symon Werchaw (Wercho) 1488, 1491, 1494, 1497, 1500.
Hanns von Karlewitz 1493.
Hanns Smeysser (Schmeysser) 1496, 1499.
Bastian Jost 1498.
Heinrich Kannengisser (Heinrich Quinckow, Quinque) 1501.
(Nach O. Richter, Verfassungsgeschichte Dresdens, S. 398 bis 416.)


Stadtschreiber.
Peter Berner 1380 bis 1395.
Thomas der Stadtschreiber 1396 bis 1412.
Meister Nicolaus Thirman 1413 bis 1424.
Hans Radeberg 1424 bis 1428.
Paul Koppil 1428 bis 1435.
Johannes Wishenz (Wißhencze) 1435 bis 1450.
Johann Francke 1451 bis 1464.
Nicolaus Syfridt 1464 bis 1485.
Matthias Fitzstrohe (Ficstroe, Vitzstro) 1486 bis 1488.
Lorenz Busch 1488 bis 1512.
(Nach O. Richter, Verfassungsgeschichte Dresdens, S. 378 bis 379.)


Pfarrer.
Ulricus 1240.
Bertoldus 1287.
Albertus 1289, 1296, 1299, 1305.
Adolfus 1315.
Ulricus 1317.
Michaelis 1332 bis 1352.

[265]

Ramfoldus de Polenczk 1370, 1371.
Nicolaus Nebildaw 1407 bis 1413.
Dietrich von Goch 1430.
Johannes Terrembach 1438 bis 1459.
Johannes Schriber (Scriptoris) 1459 bis 1479.
Lorenz Stumpf 1484 bis 1512.
(Nach O. Richter, Verwaltungsgeschichte Dresdens II, S. 305.)


Schulmeister.
Cunradus 1300.
Hermannus 1334.
Francze von Dypuldiswalde 1394 bis ca. 1407.
Andreas 1407.
Peter von Dresden um 1412.
Nicolaus Thirman 1413 bis 1424 (?).
Gelfryt Weiße 1430.
Paul Koppil 1440.
Nicolaus Becherer 1447.
Nicolaus Pletner (Platener) 1448 bis ca. 1456.
Johann Geda 1459 (?).
Laurentius Missener (Mißner) 1463 bis 1471.
Anthonius Hondorff 1479.
Ludowicus Gotz (Götze) 1485 bis 1489.
Nicolaus Jhener 1500.
(Nach O. Meltzer, die Kreuzschule zu Dresden, S. 32–41.)



[266]
Quellennachweis.


A. Weck, der Residentz- und Haupt-Vestung Dresden Beschreib- und Vorstellung.
Nürnberg 1679.
Urkundenbuch der Stadt Dresden, im Codex diplomaticus Saxoniae
regiae Th. II, Bd. 5. Leipzig 1875.
O. Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden.
3 Bde. Dresden 1885 bis 1891.
O. Richter, Atlas zur Geschichte Dresdens. Mit einem Abriß der
geschichtlichen Ortskunde von Dresden. Dresden 1898.
H. Ermisch, die geschichtlichen Beinamen der Wettiner, im Neuen Archiv
für Sächsische Geschichte Bd. 17. Dresden 1896.




1) J. Deichmüller, Sachsens vorgeschichtliche Zeit, in Wuttke’s Sächsischer Volkskunde. Dresden 1900.
2) E. O. Schulze, die Kolonisirung der Gebiete zwischen Saale und Elbe. Leipzig 1896.
3) O. Posse, Urkunden der Markgrafen von Meißen, im Codex diplomaticus Saxoniae regiae Th. I, Bd. 1. Leipzig 1882.
4) J. Fritz, Deutsche Stadtanlagen. Straßburg 1894.
5) W. R. Nessig, geologische Excursionen in der Umgegend von Dresden. Dresden 1897. S. 19.
6) F. W. Tittmann, Geschichte Heinrichs des Erlauchten. 2 Bde. Dresden und Leipzig 1845 bis 1846.
7) E. Werunsky, Geschichte Kaiser Karls IV. Bd. 2. Innsbruck 1882. S. 144.
8) H. Ahrens, die Wettiner und Kaiser Karl IV. Leipzig 1895.
9) C. Wenck, die Wettiner im 14. Jahrhundert. Leipzig 1877.

[267]

10) F. v. Bezold, König Sigmund und die Reichskriege gegen die Husiten. Abth. 3. München 1877. S. 27 flg. – Codex diplomaticus Lusatiae superioris II, Bd. 1. Görlitz 1899. S. 537 und 577.
11) Kurfürstliche Ausschreiben und Heerfahrtrechnungen im Rathsarchiv.
12) Kämmereirechnung 1452 im Rathsarchiv.
13) O. Richter, der Bußprediger Johannes von Capistrano in Dresden, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 4 (1883).
14) Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 11 (Nürnberger Chroniken). Leipzig 1874. S. 564 und 732.
15) Originalurkunde vom 3. Juli 1491 im Königl. Hauptstaatsarchiv.
16) F. A. v. Langenn, Herzog Albrecht der Beherzte. Leipzig 1838.
17) C. Gurlitt, beschreibende Darstellung der Bau- und Kunstdenkmäler Sachsens. Heft 21. Dresden 1900.
18) C. Gurlitt, Sächsische Herrensitze und Schlösser. Dresden 1886. S. 50 flg. – C. Gurlitt, die Albrechtsburg zu Meißen. Dresden 1895. S. 7.
19) O. Richter, die Stadtgrenze bei Räcknitz, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 1 S. 29.
20) W. Schäfer, Chronik der Dresdener Elbbrücke. Dresden 1848.
21) H. Knothe, der Brückenzoll zu Dresden und die Burggrafen von Dohna auf Königsbrück, im Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 1 (1863). S. 425 flg.
22) Kämmereirechnung 1416 im Rathsarchiv.
23) Kämmereirechnungen 1454 und 1456 im Rathsarchiv.
24) Mittheilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum. Jahrgang 1897. Nürnberg. S. 79.
25) O. Richter, der „Geist“, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 1 S. 251.
26) Dresdner Stadtbuch 1404 flg., Bl. 56b (im Königl. Hauptstaatsarchiv, erst 1892 wieder aufgefunden).
27) M. Flemming, die Dresdner Innungen, Th. 1, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 12 bis 14 (1896). – O. Richter, die ältesten Innungsordnungen der Schuhmacher und Schneider, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 1, S. 69.

[268]

28) G. Müller, das Franziskanerkloster in Dresden, in den Beiträgen zur Sächsischen Kirchengeschichte Heft 5 (1890), S. 91 flg.
29) Nach dem Pirnaischen Mönch bei Mencke, scriptores II, 1544 – Verzeichniß der Kirchenkleinodien in den Rathsakten B.II.12.
30) O. Richter, das Johannisspiel zu Dresden im 15. und 16. Jahrhundert, im Neuen Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 4 (1883), S. 101 flg.
31) O. Meltzer, die Kreuzschule zu Dresden bis zur Einführung der Reformation, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 7 (1886). – O. Meltzer, über die älteste Schulordnung der Kreuzschule, im Neuen Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 14 (1893), S. 291 flg.
32) A. Hantzsch, Geschichte der Neustädter Realschule, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 2 (1875).
33) O. Richter, Gregor Heimburgs Grab, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 2, S. 69.




Berichtigungen.
Seite 137 unten lies: der Groschen hatte 9 Pfennige oder 18 Heller (statt 12).
Se"te 172 lies: Quohren bei Kreischa (statt Bühlau).
[269]
Register
(mit Ausschluß der in den Listen Seite 262 bis 265 aufgeführten Namen).




Ablaß 241 flg. 248 flg. 252 flg.
Ablaßbrief 253.
Achfahrt 182.
Acht 181 flg.
Ackerbau 20. 214. 239.
Adelige 206.
Adelstanz 52. 96.
Albrecht der Beherzte, Herzog 71. 77 flg. 85 flg. 149. 152. 156. 158. 171. 232. 258 flg.
Albrechtsburg 156.
Alexiuskapelle 116.
Almosenstiftungen 199 flg.
Altaristen 240 flg.
Altenburg 146.
Altendresden, Name, 13.
–, Stadtrecht, 47. 117.
Altenzelle 12. 29. 186.
Am See 14.
Amtmann s. Vogt.
Apotheker 197.
Arbeiter 127. 224.
Arbeitslöhne 223 flg.
Armbrustschützen 166 flg.
Armenpflege 199 flg.
Arnold von Westfalen 78. 104. 156. 220.
Aerzte 196 flg.
Auflassung 175.
Augustinerkloster 48. 119. 194. 198. 242 flg. 257.
Aussig 59.
Auswik 20. 114.
Baccalaureen 255.
Bäcker 76. 186. 216. 220 flg. 231.
Badegeld 197.
Bäder 197 flg.
Badergasse 118.
Baderthor 119.
Badestuben 60. 99. 100. 101. 141. 198.
Bannmeile 214. 225 flg.
Barfüßer s. Franziskaner.
Bartholomäihospital 28. 192 flg.
Bartholomäikapelle 102.
Basler Konzil 56. 65.
Bauhütten 219 flg.
Bauordnung 88 flg.
Bede 34 flg. 144. 150.
Begräbnisse 236. 246.
Belehnung 175.
Belgern 211.
Berner, Peter, 139.
Berufsstände 126.
Bettler 187. 199 flg.
Bibrach, Franz, 113. 193. 199.
Bierbrauen 210.
Bierglocke 191.
Bierschank 97. 118. 210 flg. 225 flg.
Bierschrotamt 199. 225.
Bischofsweg 120.
Blankenwalde, Hermann von, 36.
Blasius, Orgelbauer 91.
Boden 120.
Böhmen 8 flg. 30 flg. 49 flg. 69 flg. 162. 229.

[270]

Borngasse 111.
Böttcher 36. 218. 245.
Boxdorf 203.
Brand der Stadt 87 flg.
Brandenburg, Markgrafen von, 31 flg. 39. 161.
–, Bischof von, 161.
Brauer 225.
Braupfannen 210.
Brauwesen 81. 210. 224 flg.
Breite Gassen 101. 118.
Breiter Sand 120.
Breites Thor 119.
Breslau 152.
Briesnitz 6. 230. 234.
Brodbänke 98. 221.
Brücke s. Elbbrücke.
Brückenamt 24. 135. 234. 254.
Brückenhof 88. 90. 234. 250.
Brückenkapelle 112. 116.
Brückenmeister 115. 135.
Brückenthor s. Elbthor.
Brückenzoll 117. 235.
Brüdergassen 102.
Bruderkrieg 68 flg. 148.
Bruderschaften 216. 218 flg. 237 flg. 244 flg.
Brunnen 193. 195.
Buchdruckerei 254.
Büchsen 164. 204.
Büchsenhäuser 107.
Büchsenmeister 164.
Büchsenschützen 167 flg.
Burg s. Schloß.
Burglehnhäuser 206.
Bürgereid 131.
Bürgermeister 22. 29. 36. 95. 134. 162.
Bürgerrecht 130 flg.
Bürgerwiese 20. 109.
Bürgschaftleistung 81. 152 flg.
Bußen 182.
Bußman, Lorenz, 102. 203.
Bußmanskapelle 102.
Büttel s. Frohnbote.
Büttelgasse 100.
Büttner s. Böttcher.
Capistrano, Johs. von, 74 flg. 194.
Caplangasse 100.
Christmarkt 233.
Conrad, Schulmeister 37. 254.
Darlehne 152. 204.
Dienstboten 130. 151.
Dienste s. Hofdienste.
Dietrich, Markgraf 10. 12. 25.
Ding 173 flg.
Dohna, Burggrafen von, 12. 52. 117.
Dohnaische Fehde 52.
Dohnaischer Zoll 117.
Dominikaner 243 flg.
Dörfer 125. 203. 226. 239.
Dreikönigskirche 118. 218. 242. 245. 257.
Dresden, Dorf, 3. 8.
–, Name, 4. 10 flg.
–, Herrschaft, 30.
Drittheilsrecht 177.
Düngerabfuhr 194.
Ebersbach, Heinrich von, 201.
Eifflender, Hans, 91.
Einlager 176.
Einwohnernamen 123 flg.
Einwohnerpolizei 187.
Einwohnerzahl 121 flg.
Elbbrücke 15. 23. 104. 115 flg.
Elbe 14. 110.
Elbgasse 19. 98. 104.
Elbthor 103. 105.
Elendenherberge 202.
Entenpfütze 110.
Epidemien 195.
Erbgerichte 172.
Erbgeld 175.
Erbrecht 177.
Erbzins 175.
Ernst, Kurfürst 77 flg. 85 flg. 156. 259.
Eulengasse 111.
Eyssenberg, Peter, 238 flg. 246.
Fabian, Glockenschmied 91.
Feldmark 20. 214.
Festungswerke s. Stadtbefestigung.
Feuerglocke 95.
Fischer 4. 16. 24. 108. 110. 155. 219. 230. 245.
Fischergasse 16. 111.
Fischersdorf 112.
Fischhandel 229. 231.
Fleischbänke 98. 99. 176. 203. 218 222 flg.

[271]

Fleischer 218. 221 flg. 245. 251.
Fleischer, Hans, 197.
Fleischmärkte 222.
Fleischpreise 138. 222.
Franziskanerkloster 28. 76. 102. 216. 241 flg. 246. 254. 259.
Frauengasse 99.
Frauenhaus 100.
Frauenkirche 6. 14. 16. 48. 110. 180. 237. 245. 257.
Frauenthor 105. 108. 180.
Freiberg 31. 48. 76. 180. 192. 193. 195. 211.
Freibergischer Keller 97. 211. 226.
Freihäuser 206.
Friedrich Clemme, Markgraf 29 flg. 238.
Friedrich der Freidige, Markgraf 31 flg.
Friedrich der Ernsthafte, Markgraf 37 flg.
Friedrich der Strenge, Markgraf 42 flg.
Friedrich der Friedfertige, Landgraf 54 flg. 145. 152. 158. 161.
Friedrich I., Kurfürst 54 flg. 57. 171.
Friedrich II., Kurfürst 58 flg. 146 flg. 152. 158. 171. 188. 195. 202.
Friedrich I., Markgraf von Brandenburg 161.
Friedrich, Herzog 158.
Friesland 87. 91.
Frohnbote 141. 173 flg. 183. 233.
Fuhrleute 209.
Fürstenbesuche 40. 161.
Garküche 97. 118. 203. 223.
Gasse, Bürgerfamilie 126.
Gassennamen 98 flg. 118 flg.
Gastding 174.
Geburtsanzeigen 159.
Gefängnisse 96. 108. 183. 196.
Gefängnißstrafe 180.
Gehorne 106. 165.
Gehorsam 180.
Geist s. Korbträger.
Geisteskranke 108. 196.
Geistlichkeit 127. 206. 233 flg. 237 flg. 245. 246 flg.
Geißelbrüder 42.
Geldstrafe 182.
Georg, Herzog 87 flg. 150. 159. 195 flg. 202. 243.
Gera 70.
Gerade 177.
Gerber 110. 112.
Gericht 169 flg.
Gerichtsbank 98.
Gerichtsbücher 139.
Gerichtshoheit 54. 55. 170 flg.
Geschenke 158 flg.
Geschoß 205 flg. 225.
Geschoßregister 121. 207.
Geschütze 164.
Gesundheitspflege 192 flg.
Getreidehandel 229.
Getreidepreise 221.
Gewandbänke 23. 46. 97. 203.
Gewandhaus s. Rathhaus.
Gewandschneider 45. 98. 228. 232.
Glocken 91. 236.
Gottespfennig 174.
Grabeheller 165.
Grabenarbeit 165.
Gräberfunde 2.
Gräbermeister 142.
Grimma 149. 221.
Großenhain 33. 51. 61. 73. 76. 211.
Grund 118.
Grundbesitzrecht 27. 174 flg.
Grundstücksleihe s. Belehnung.
Gunstete, Hans von, 60.
Haide 21. 27. 186. 194. 202.
Halbegasse 111.
Handel 228 flg.
Handwerker 79 flg. 90. 127. 166. 214 flg. 230. 232. 251.
Handwerkerunruhen 79 flg. 186.
Haneberg 91.
Harnisch 163. 216.
Harnischkammer 96. 163.
Häuserbau 78 flg. 88 flg. 105.
Häusernamen 105.
Häuserzahl 121 flg.
Hausmann s. Kreuzthürmer.
Hausmannsthurm 103.
Heerfahrten 39. 52. 53. 59. 68 flg. 84. 166 flg. 216.
Heerfahrtwagen 39. 168.
Heergeräth 163. 177.
Heerschau 163.

[272]

Heimburg, Gregor, 258.
Heinrich der Erlauchte, Markgraf 24. 25 flg. 29. 205. 227. 237. 248.
Heinrich, Herzog 87 flg. 158. 159.
Heinrich, Burggraf von Meißen 63.
Heinrich, Arzt 196.
Hellegrund 120.
Henker 141. 180 flg. 196.
Hermann, Bürgermeister 36.
Hermann, Arzt 196.
Hersfeld 30.
Hinrichtung 180. 184.
Hochzeitsgeschenke 159. 190.
Hochzeitsordnung 189 flg.
Hofdienerschaft 127. 154 flg. 158 flg.
Hofdienste 155 flg.
Hofgerichte 171 flg.
Hofhaltung 26. 47. 86. 154 flg.
Holzmarkt 94.
Hörigkeit 6. 16.
Huffener, Johannes, 133. 197.
Huldigung 144.
Hundeführen 155.
Hundeschläger 141.
Hus, Johann, 55 flg.
Husitenkriege 56 flg.
Jagddienste 155 flg.
Jägergäßchen 119.
Jägerhaus 119.
Jahrmärkte 98. 232 flg.
Jahrrente 44. 144. 150. 212. 247.
Jakobshospital 202.
Immerkuh 237.
Innungen s. Handwerker.
Innungsordnungen 216 flg.
Interdikt 247.
Jockerim, Bürgermeister 198.
Johann von Alexandrien 50.
Johannisfest 37. 166. 232. 235. 249 flg.
Juden 41. 62. 109. 132 flg. 195.
Judengasse 99.
Judenhof 98. 99. 232.
Judenordnung 132.
Judenstube 99.
Jüdenteich 14. 36. 109.
Kaffer 164.
Kaitzbach 17. 110.
Kamenz 65. 76. 211.
Kämmerer 96. 135. 139. 213.
Kannengießer, Heinrich, 91. 164.
Kantanten 244.
Kanzleiwesen 139.
Kapläne 238 flg.
Karl IV., Kaiser 39 flg. 49 flg.
Karlowitz, Hans von, 128.
Karlowitz, Botho von, 199.
Kassenwesen 213.
Katharine, Kurfürstin 67.
Kaufhaus s. Rathhaus.
Kaufleute 43. 45. 126 flg. 209. 232.
Kaufungen, Kunz von, 77.
Keckstein, Johann, 252.
Ketzer 180.
– s. a. Husiten.
Kindtaufsordnung 190 flg.
Kirchenbann 246 flg. 259.
Kirchenfeste 248 flg.
Kirchenkleinodien 90. 243. 249.
Kirchgäßchen 118.
Klarissinnen 241.
Kleiderordnungen 187 flg.
Klosterthor 119.
Knüppelwege 18.
Koderitzsch, Hans, 80.
Kohlmarkt 118.
Kollaboratoren 255.
Köckeritz, Nik. von, 259.
Kommunikanten 239. 244. 257.
Königsbrück 117.
Königstein 52. 53.
Konstabeln 244.
Kopfsteuern 151.
Kopfzählung 122 flg.
Körbitz, Hans von, 52.
Korbträger 193.
Kosel 243.
Kötzschenbroda 38. 61. 172. 193. 203. 234.
Kramer 97. 232.
Krankenpflege 196.
Krankheiten 192 flg.
Kreul, Valentin, 197.
Kreuzgasse 100.
Kreuzkirche 24. 37. 48. 88. 90 flg. 100. 224. 234 flg. 244 flg. 247. 254. 257.
Kreuzpförtchen 105. 108. 180. 248.
Kreuzreliquie 24. 37. 235. 247 flg.
Kreuzschule u. Kreuzschüler 37. 55. 88. 134. 138. 195. 199. 207. 250. 254 flg.

[273]

Kreuzthürmer 142. 233. 252.
Kroe, Dietrich, 161.
Kucheler, Bartel, 155.
Kundige, Bürgerfamilie 101. 203.
Kundigengasse 101.
Kürschner 216. 232.
Kuttelgasse 99.
Kuttelhof 99.
Kuttlerin, Dorothea, 201.
Kymer 245.
Landding 26.
Landesschulden 148 flg.
Landestheilung 86. 146 flg.
Landfriedensbündniß 51. 185.
Landgericht 169 flg.
Landstände 145. 149.
Landtage 68. 145 flg.
Landwehr 112.
Lebensmittelpreise 137. 221.
Lehenträger 175.
Leibesstrafen 179.
Leibrenten 205.
Leichenbegängnisse 159.
Leihkauf 174.
Leinweber 218. 251.
Leipzig 145 flg. 152. 159. 171 flg. 185. 196. 205. 211. 221. 231.
Leisnig, Graf von, 158. 161.
Letewitz 152.
Leubnitz, Dorf 29. 120. 182. 194.
–, Bürgerfamilie 113. 199.
Loch, Lochgasse 18. 94. 99. 100. 141.
Lokaten 255.
Lommatzsch 221.
Loschwitz 230.
Ludwig IX., Herzog von Baiern 161.
Magdeburgisches Recht 18. 170 flg.
Mälzer 225.
Margarethe, Kurfürstin 66. 69 flg. 156. 160.
Marienapotheke 197. 244.
Markt (Altmarkt) 19. 94. 194. 223.
– (Neustädter) 4. 117.
Marktgebiet 170.
Marktmeister 233.
Marktwesen 230 flg.
Marktzoll 20. 27. 230.
Marstall 100. 142. 250.
Marterkeller 183.
Maßordnung 36. 227.
Maternihospital 28. 38. 62. 135. 201.
Maurer 186. 224. 245.
Meißen, Stift u. Bischof, 5. 12. 30. 33. 35. 48. 49. 59. 90. 152. 203. 233. 237 flg. 247. 259.
–, Stadt, 8. 9. 51. 54. 61. 76. 80. 91. 146. 158. 172. 221.
Meißnische Gasse 118.
Meißnisches Thor 119.
Minkwitz, Hans von, 90.
Mittweida 211.
Mockritz 203.
Mönche 186. 187. 241 flg. 246. 248. 254.
Mönchswiese 119.
Monhaupt, Familie 112.
Montzer, Laurentius, 197.
Morgensprachen 216.
Mügeln 203.
Mühlgraben 110.
Müller 156. 219.
Münze 32. 128. 224. 268.
Münzmeister, Peter, 113.
Muskaten 190.
Nachtpolizei 191.
Nachtwächter 191.
Namen s. Einwohnernamen, Gassennamen, Häusernamen.
Narren 143. 196.
Narrenhäuslein 108.
Naumburg 34. 211.
Neujahrsgeschenke 158.
Niederlagerecht 35. 73. 154. 229.
Nikolaibruderschaft 219. 245.
Nikolaikirche 24. 245.
Nikolaus, Magister, Schulgehilfe 55.
Nikolaus, Meister, Arzt 196.
Nisani, Gau u. Archidiakonat 5. 6. 9. 233.
Nonnen 201. 202. 241.
Nothding 174.
Nürnberg 87. 88. 211.
Opferstöcke 235.
Orgel 91.
Oschatz 204.
Ostra 112. 120.
Otto, Markgraf 13.

[274]

Palästinareisen 85. 159.
Panzer 163.
Patriziergeschlechter 43. 79. 126 flg.
Patronatrecht 48. 237. 241.
Pempe 95.
Perault, Raimund, 252.
Perner, Peter, 196.
Pest 41. 195.
Pestitz 114.
Peter von Dresden 55 flg. 125. 258.
Pfannenzins 210. 225.
Pfarre 14. 88. 100. 226. 239 flg.
Pfarrer 172. 238 flg.
Pflaster 104. 209.
Pflastergeleite 210.
Pflüger, Konrad, 90.
Pirna 30. 35. 49 flg. 53. 61. 161. 243.
Pirner, Bürgerfamilie 125 flg.
Pirnische Gasse 16. 88. 111.
Pläner 106. 165.
Platow, Nikolaus, 193.
Plauen bei Dresden 38. 194.
– im Vogtlande 84.
Podiebrad, Georg von, 69. 71. 258.
Poghart 250.
Polenz, Hans von, 132. 161.
Polizei 184 flg.
Polizeistunde 191.
Poppitz 14. 111. 172. 202. 239.
Prag, Erzbischof von, 161.
Pranger 98. 180.
Prinzenraub 77.
Privilegien 27. 225 flg. 230.
Proles, Andreas, 258.
Prozessionen 244 flg.
Quedlinburg 84.
Quinque, Heinr., s. Kannengießer.
Quohren bei Kreischa 172. 183. 203. 268.
Rabenstein 184.
Räcknitz 20. 113 flg.
Radeberg 30. 65. 172.
Rähnitzgasse 118.
Rähnitzthor 119.
Rainsteine 113. 136.
Rampische Gasse 7. 16. 88. 111.
Ranvoltitz 7. 111.
Rath 22. 79 flg. 134 flg. 213 flg. 246. 249.
Rathhaus 23. 35. 52. 95 flg. 209.
–, Altendresdner, 117.
Rathhauskapelle 95. 97.
Rathsämter 134 flg. 213 flg.
Rathsbaderei 198.
Rathsdörfer 203.
Rathsgelage 137 flg.
Rathskeller 97. 136. 210 flg. 225 flg.
–, Altendresdner, 117 flg.
Rathsordnung 82 flg.
Rathssitzungen 136.
Rathsstube 95.
Rathswaage 97. 203.
Rechnungswesen 213.
Rechtspflege 169 flg.
Regelhaus 206. 241.
Reichskammergericht 172.
Reinfal 211.
Reinhard, Hans, 90.
Residenz 259.
Richter s. Stadtrichter.
Richterknechte 142.
Riesenburg 59. 167.
Rochlitz 145.
Röhrtrog 194.
Romfahrt 182. 252.
Rosengassen 111. 118.
Roßmühle 59.
Rotholz, Thomas, 197.
Rottmeister 162 flg.
Rudiger von Pirna 125.
Rudolf, Herzog von Sachsen 161.
Sahla, Georg von der, 236.
Salzscheune 209.
Salzverkauf 43. 207.
Sand 120.
Satzung 176.
Scharbock 195.
Scheffel 97. 102.
Scheffelgasse 102. 123.
Schießgraben s. Schützengraben.
Schläge 108. 112.
Schleinitz, Hugold von, 86.
Schleusen 194.
Schloß 12. 17. 26. 78. 88. 103 flg. 158. 259.
Schloßgraben 109.
Schloßkapelle 103.
Schmiede 216.
Schneider 216 flg. 245. 246. 251.
Schöffen 21. 170. 173 flg.

[275]

Schönberg, Kaspar von, 90.
Schreiber 101.
Schreibergasse 101.
Schreiberbadestube 101. 198.
Schriber, Johannes, 238.
Schröter 225.
Schulbücher 255 flg.
Schuldhaft 176. 207.
Schuldkammer 108. 176.
Schule s. Kreuzschule.
–, Altendresdner, 138. 257 flg.
Schulgesellen 255 flg.
Schulmeister 138. 254 flg.
Schulordnung 256.
Schuster 216. 231. 246.
Schützengarten 119.
Schützengesellschaft 169. 202. 245.
Schützengraben 169.
Schützenmeister 164.
Schwabe, Konrad, s. Pflüger.
Schwarzer Tod 41.
Schwarzer Herrgott 248.
Scriptoris s. Schriber.
Seelbäder 198.
Seelhäuser 201. 206.
Seelmessen 237. 244 flg.
Seen 14. 36. 109 flg.
Seegasse 101.
Seethor 105.
Seußlitz 27. 38. 48. 230. 237.
Seydel, Nickel, 128.
Sicherheitspolizei 185 flg.
Siechen s. Bartholomäihospital.
Siegel 140.
Sittenpolizei 187 flg.
Slegil, Franz, 196.
Smeisser, Hans, 130.
Söldner 167.
Sorben s. Wenden.
Speisen 137. 168.
Spielverbote 192.
Spitalmeister 135. 201.
Spolien 236.
Stadtbanner 163. 167.
Stadtbefestigung 19. 43. 59. 105 flg. 164 flg.
Stadtbücher 96. 139. 213.
Stadtfarben 141. 252.
Stadtgericht 170 flg.
Stadtgraben 108. 142. 165.
Stadtgründung 12 flg. 16 flg.
Stadthaushalt 202 flg.
Stadtknechte 142. 167. 227.
Stadtmauer 106. 165.
Stadtpfeifer 142. 163. 249.
Stadtprediger 200. 238 flg.
Stadtrichter 21. 163. 165. 166. 170 flg. 232.
Stadtschreiber 96. 138 flg. 207. 233. 255.
Stadtsiegel 140.
Stadtthore 105. 195.
Stadtthürme 107 flg.
Stadtvermögen 202 flg.
Stadtverweisung 131. 181.
Stadtwappen 140.
Starschedel, Heinrich von, 90. 152.
Stättegeld 232.
Steinmetzen 186. 219 flg. 224. 245.
Steinsetzer 104.
Steinwege 209.
Stock 183.
Stolgebühren 237 flg.
Stolpen 120.
Strafen 141. 179 flg.
Strafrecht 177 flg.
Strafverfahren 183 flg.
Straßburg 220.
Streitwagen s. Heerfahrtwagen.
Striesen 120.
Striezel 202. 233.
Stumpf, Lorenz, 238.
Sürßen 203.
Tafel 235.
Tanzhaus 96. 138. 161.
Tarras 108.
Tarrasbüchsen 164.
Taschenberg 17. 102 flg.
Tatzberge 119. 234.
Taxen 220 flg.
Terminirer 241. 243.
Terrembach, Joh., 202. 238.
Testamente 177 flg. 237.
Tharandt 25. 158. 259.
Thirman, Nikolaus, 256.
Todesstrafen 179.
Tolkewitz 172. 203.
Töpfer 156.
Töpfergasse 17.
Torgau 78. 85. 211.
Trauergeläute 59. 159. 236.
Trinkgeld 159. 198.
Tuchhändler s. Gewandschneider.

[276]

Tuchmacher 35. 45 flg. 206. 215 flg. 231. 251.
Tuchspenden 199 flg.
Türkenkriege 200. 252.
Ulrich, Steinmetz 49.
Ulricus, Pfarrer 238.
Ungeld 151.
Urfehde 131. 176. 180.
Ußewig s. Auswik.
Veme 171.
Verlobungen 181. 189.
Vermächtnisse 237.
Vermählungsanzeigen 159.
Vermögenssteuern 87. 128. 130. 151. 186.
Vermögensverhältnisse 89. 127 flg.
Verzählen 181.
Verzicht 175.
Viehweide 21. 27. 74. 169. 184. 192.
Viehzucht 194. 214. 235.
Viermeister 216.
Viertelseintheilung 106. 162. 166.
Viertelsmeister 162 flg.
Vitzthum, Busse von, 54. 62. 65. 68.
Vogelmarkt 95.
Vogelschießen 169.
Vogt 21. 154 flg. 170. 233.
Vogtding 173.
Vorsprech 181. 183.
Vorstädte 112 flg. 121 flg. 155 flg.
Vorwerke 112. 113 flg.
Wachdienst 165. 217.
Waffen 163.
Waffentragen 136. 191. 217.
Waldow, Herren von, 117.
Wasserleitungen 194.
Wasserthor 119.
Webergassen 87. 101. 223.
Wegegeld 209.
Wehlen 259.
Wehrgang 106.
Weichbild 21. 112. 169.
Weihnachtsmarkt 233.
Weimar 145.
Weinberge 38. 119. 193. 228.
Weinschank 211. 227 flg.
Weißeritz 110. 194.
Weißig 243.
Wenden 3 flg. 6. 16. 18. 99. 126. 156.
Wenzel, König von Böhmen 50 flg.
Wercho, Simon, 128.
Wettrennen 251 flg.
Wetzegrelle 112.
Wiederkaufszinsen 175. 204.
Wilandsdorf s. Wilsdruff.
Wilhelm I., Markgraf 47 flg. 103. 152. 242.
Wilhelm II., Markgraf 145.
Wilhelm III., Herzog 68. 85. 146 flg.
Wilische Gasse 98. 102.
Wilisches Thor 32. 105. 162. 164.
Willküren 22. 185. 231.
Wilsdruff 102.
Windische Gasse 18. 99.
Wirthshausbesuch 191 flg.
Wochenmarkt 222. 230 flg.
Wollenweber s. Tuchmacher.
Wurfmaschinen 164.
Wurfzins 16.
Zahn, Bürgerfamilie 101.
Zahnsgasse 101.
Zechmeister 216 flg.
Zellischer Weg 114. 120.
Ziegelgasse 111.
Ziegelgraben 119.
Ziegelwiese 20.
Ziel, Claus von, 213.
Ziese 146. 151.
Ziegler von Klipphausen, Familie 45.
Zigeuner 187.
Zinsfuß 175. 205.
Zirkeler 166.
Zitzschewig 172. 203.
Zschopau 211.
Zschorwasser 194.
Zünfte s. Handwerker.
Zunftmeister 216 flg.
Zwinger 59. 107. 165.




Druck von Wilhelm Baensch in Dresden.

[-]

[Bild]

Ansicht der Stadt Dresden um das Jahr 1500.
Entworfen auf Grund des Holzmodells aus dem Jahre 1521 im Königl. Grünen Gewölbe.



  1. J. Deichmüller, Sachsens vorgeschichtliche Zeit, in Wuttke’s Sächsischer Volkskunde. Dresden 1900.
  2. E. O. Schulze, die Kolonisirung der Gebiete zwischen Saale und Elbe. Leipzig 1896.
  3. O. Posse, Urkunden der Markgrafen von Meißen, im Codex diplomaticus Saxoniae regiae Th. I, Bd. 1. Leipzig 1882.
  4. J. Fritz, Deutsche Stadtanlagen. Straßburg 1894.
  5. W. R. Nessig, geologische Excursionen in der Umgegend von Dresden. Dresden 1897. S. 19.
  6. F. W. Tittmann, Geschichte Heinrichs des Erlauchten. 2 Bde. Dresden und Leipzig 1845 bis 1846.
  7. E. Werunsky, Geschichte Kaiser Karls IV. Bd. 2. Innsbruck 1882. S. 144.
  8. H. Ahrens, die Wettiner und Kaiser Karl IV. Leipzig 1895.
  9. C. Wenck, die Wettiner im 14. Jahrhundert. Leipzig 1877.
  10. F. v. Bezold, König Sigmund und die Reichskriege gegen die Husiten. Abth. 3. München 1877. S. 27 flg. – Codex diplomaticus Lusatiae superioris II, Bd. 1. Görlitz 1899. S. 537 und 577.
  11. a b c Kurfürstliche Ausschreiben und Heerfahrtrechnungen im Rathsarchiv.
  12. Kämmereirechnung 1452 im Rathsarchiv.
  13. O. Richter, der Bußprediger Johannes von Capistrano in Dresden, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 4 (1883).
  14. Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 11 (Nürnberger Chroniken). Leipzig 1874. S. 564 und 732.
  15. Originalurkunde vom 3. Juli 1491 im Königl. Hauptstaatsarchiv.
  16. F. A. v. Langenn, Herzog Albrecht der Beherzte. Leipzig 1838.
  17. C. Gurlitt, beschreibende Darstellung der Bau- und Kunstdenkmäler Sachsens. Heft 21. Dresden 1900.
  18. C. Gurlitt, Sächsische Herrensitze und Schlösser. Dresden 1886. S. 50 flg. – C. Gurlitt, die Albrechtsburg zu Meißen. Dresden 1895. S. 7.
  19. O. Richter, die Stadtgrenze bei Räcknitz, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 1 S. 29.
  20. W. Schäfer, Chronik der Dresdener Elbbrücke. Dresden 1848.
  21. H. Knothe, der Brückenzoll zu Dresden und die Burggrafen von Dohna auf Königsbrück, im Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 1 (1863). S. 425 flg.
  22. Kämmereirechnung 1416 im Rathsarchiv.
  23. Kämmereirechnungen 1454 und 1456 im Rathsarchiv.
  24. Mittheilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum. Jahrgang 1897. Nürnberg. S. 79.
  25. O. Richter, der „Geist“, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 1 S. 251.
  26. Dresdner Stadtbuch 1404 flg., Bl. 56b (im Königl. Hauptstaatsarchiv, erst 1892 wieder aufgefunden).
  27. M. Flemming, die Dresdner Innungen, Th. 1, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 12 bis 14 (1896). – O. Richter, die ältesten Innungsordnungen der Schuhmacher und Schneider, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 1, S. 69.
  28. G. Müller, das Franziskanerkloster in Dresden, in den Beiträgen zur Sächsischen Kirchengeschichte Heft 5 (1890), S. 91 flg.
  29. Nach dem Pirnaischen Mönch bei Mencke, scriptores II, 1544 – Verzeichniß der Kirchenkleinodien in den Rathsakten B. II. 12.
  30. O. Richter, das Johannisspiel zu Dresden im 15. und 16. Jahrhundert, im Neuen Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 4 (1883), S. 101 flg.
  31. O. Meltzer, die Kreuzschule zu Dresden bis zur Einführung der Reformation, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 7 (1886). – O. Meltzer, über die älteste Schulordnung der Kreuzschule, im Neuen Archiv für Sächsische Geschichte Bd. 14 (1893), S. 291 flg.
  32. A. Hantzsch, Geschichte der Neustädter Realschule, in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte Dresdens Heft 2 (1875).
  33. O. Richter, Gregor Heimburgs Grab, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 2, S. 69.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. indictone nach Leisering, Eckhart: Acta sunt hec Dresdene ... Die Ersterwähnung Dresdens in der Urkunde vom 31. März 1206. Veröffentlichungen des Sächsischen Staatsarchivs; Halle, 2005
  2. siehe auch Fürstenbesuche in Dresden