Gesetz, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, sowie den Geschäftsbetrieb von Konsumanstalten

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889, sowie den Geschäftsbetrieb von Konsumanstalten.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1896, Nr. 29, Seite 695 - 698
Fassung vom: 12. August 1896
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 18. August 1896
Inkrafttreten:
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(Nr. 2334.) Gesetz, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889, sowie den Geschäftsbetrieb von Konsumanstalten. Vom 12. August 1896.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgten Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Artikel 1.[Bearbeiten]

Das Gesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, vom 1. Mai 1889 (Reichs-Gesetzbl. S. 55) wird durch nachstehende Vorschriften abgeändert und ergänzt:
1. Der Absatz 4 des §. 8 erhält folgende Fassung:
Konsumvereine (§. 1 Nr. 5) dürfen im regelmäßigen Geschäftsverkehr Waaren nur an ihre Mitglieder oder deren Vertreter verkaufen. Diese Beschränkung findet auf landwirthschaftliche Konsumvereine, welche ohne Haltung eines offenen Ladens die Vermittelung des Bezugs von ihrer Natur nach ausschließlich für den landwirthschaftlichen Betrieb bestimmten Waaren besorgen, hinsichtlich dieser Waaren keine Anwendung.
2. Der §. 20 erhält folgende Fassung:
Durch das Statut kann festgesetzt werden, daß der Gewinn nicht vertheilt, sondern dem Reservefonds zugeschrieben wird.
3. Hinter §. 30 werden folgende Bestimmungen eingeschaltet:

§. 30a.[Bearbeiten]

Für Konsumvereine, welche einen offenen Laden haben, hat der Vorstand, um die Beobachtung der Bestimmung des §. 8 Absatz 4 [696] zu sichern, Anweisung darüber zu erlassen, auf welche Weise sich die Vereinsmitglieder oder deren Vertreter den Waarenverkäufern gegenüber zu legitimiren haben. Abschrift der Anweisung hat er der höheren Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat, unverzüglich einzureichen.
Die höhere Verwaltungsbehörde ist befugt, die Mitglieder des Vorstandes zur Einreichung und nöthigenfalls zur Abänderung oder Ergänzung der Anweisung durch Geldstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark anzuhalten.
Gegen die Anordnungen und Straffestsetzungen der höheren Verwaltungsbehörde findet binnen zwei Wochen die Beschwerde an die Landes-Centralbehörde statt.

§. 30b.[Bearbeiten]

Von Konsumvereinen oder von Gewerbetreibenden, welche mit solchen wegen Waarenabgabe an die Mitglieder in Verbindung stehen, dürfen Marken oder sonstige nicht auf den Namen lautende Anweisungen oder Werthzeichen, welche anstatt baaren Geldes die Mitglieder zum Waarenbezug berechtigen sollen, nicht ausgegeben werden.
4. Der Absatz 3 des §. 89 erhält folgende Fassung:
Durch das Statut kann die Vertheilung des Vermögens ausgeschlossen oder ein anderes Verhältniß für die Vertheilung bestimmt werden.
5. Hinter §. 89 wird folgende Bestimmung eingeschaltet:

§. 89a.[Bearbeiten]

Ein bei der Auflösung der Genossenschaft verbleibendes unvertheilbares Reinvermögen (§. 89 Absatz 3) fällt, sofern dasselbe nicht durch das Statut einer physischen oder juristischen Person zu einem bestimmten Verwendungszweck überwiesen ist, an diejenige Gemeinde, in der die Genossenschaft ihren Sitz hatte. Die Zinsen dieses Fonds sind zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden.
6. Der §. 114 wird aufgehoben.
7. Hinter §. 145 werden folgende Bestimmungen eingeschaltet:

§. 145a.[Bearbeiten]

Personen, welche für einen Konsumverein den Waarenverkauf bewirken, werden, wenn sie der Vorschrift des §. 8 Absatz 4 zuwider wissentlich oder ohne Beobachtung der nach §. 30a von dem Vorstande erlassenen Anweisung Waaren an andere Personen als an Mitglieder [697] oder deren Vertreter verkaufen, mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark bestraft.
Gleiche Strafe trifft das Mitglied, welches seine Legitimation, durch die es zum Waarenkauf in einem Konsumverein oder bei einem mit diesem wegen Waarenabgabe an die Mitglieder in Verbindung stehenden Gewerbetreibenden berechtigt wird, einem Dritten zum Zweck unbefugter Waarenentnahme überläßt.
Dritte, welche von solcher Legitimation zu demselben Zweck Gebrauch machen, oder auf andere Weise zu unbefugter Waarenabgabe zu verleiten unternehmen, werden in gleicher Weise bestraft.

§. 145b.[Bearbeiten]

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark wird bestraft, wer Waaren, die er aus dem Konsumverein oder von einem mit diesem wegen Waarenabgabe in Verbindung stehenden Gewerbetreibenden auf Grund seiner Mitgliedschaft bezogen hat, gegen Entgelt gewohnheitsmäßig oder gewerbsmäßig an Nichtmitglieder veräußert.
Diese Bestimmung findet keine Anwendung:
1. wenn ein Mitglied eines Konsumvereins die von ihm bezogenen Waaren in seiner Speiseanstalt oder an seine Kostgänger zum alsbaldigen persönlichen Verbrauch abgiebt;
2. wenn ein Konsumverein, welcher Mitglied eines anderen Konsumvereins ist, die aus letzterem bezogenen Waaren an seine Mitglieder abgiebt.

§. 145c.[Bearbeiten]

Zuwiderhandlungen gegen die Vorschrift des §. 30b werden mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark bestraft.

Artikel 2.[Bearbeiten]

Die im Artikel 1 Nr. 1, 3 und 7 enthaltenen Vorschriften finden auf Konsumanstalten, welche von Arbeitgebern für ihre Arbeiter und Beamten betrieben werden, sowie auf Vereinigungen (Gesellschaften, Korporationen), deren wesentlicher Geschäftszweck es ist, ihren Mitgliedern oder bestimmten Berufskreisen in dem Bezug von Waaren Vortheile zu verschaffen, insbesondere auch auf Beamten- und Offiziervereine mit der Maßgabe sinngemäße Anwendung, daß die hinsichtlich der Mitglieder der Konsumvereine getroffenen Bestimmungen bei den vorbezeichneten Konsumanstalten und Vereinigungen hinsichtlich derjenigen Personen gelten, für welche die Einrichtung bestimmt ist. Jedoch ist es den Konsumanstalten und Vereinigungen der vorbezeichneten Art gestattet, in ihren Speiseanstalten Waaren zum alsbaldigen persönlichen Verbrauch auch an Dritte abzugeben. [698]

Artikel 3.[Bearbeiten]

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1897 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Wilhelmshöhe, den 12. August 1896.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst zu Hohenlohe.