Gesetz, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld
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(Nr. 3248.) Gesetz, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld. Vom 3. Juni 1906.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:
§. 1. Teile des Gesetzes.
[Bearbeiten]- Die anliegenden Vorschriften:
- treten, soweit nicht im § 8 ein anderes bestimmt ist, einheitlich zugleich mit diesem Gesetz in Kraft. [621]
§ 2. Anteil des Reichs an der Erbschaftssteuer.
[Bearbeiten]- Die Reineinnahmen, welche auf Grund der im § 1 dieses Gesetzes unter 1 bis 3 bezeichneten Vorschriften aufkommen, verbleiben der Reichskasse.
- Von dem Rohertrage der nach Maßgabe der anliegenden Vorschriften wegen Besteuerung der Erbschaften veranlagten Steuer erhält das Reich zwei Drittel, den einzelnen Bundesstaaten verbleibt ein Drittel ihrer Roheinnahme.
§ 3. Ungedeckte Matrikularbeiträge.
[Bearbeiten]- Soweit die nach Artikel 70 der Reichsverfassung von den Bundesstaaten aufzubringenden Matrikularbeiträge in einem Rechnungsjahre den Sollbetrag der Überweisungen um mehr als vierzig Pfennig auf den Kopf der Bevölkerung übersteigen, wird die Erhebung des Mehrbetrags für dieses Rechnungsjahr ausgesetzt.
- Soweit sich ein solcher Mehrbetrag auch nach der Rechnung ergibt, findet dessen Erhebung im Juli des drittfolgenden Rechnungsjahrs statt.
§ 4. Tilgung der Reichsanleiheschuld.
[Bearbeiten]- Die Reichsanleiheschuld ist vom Rechnungsjahr 1908 ab alljährlich in Höhe von mindestens drei Fünftel vom Hundert des sich jeweils nach der Denkschrift über die Ausführung der Anleihegesetze ergebenden Schuldbetrags zu tilgen. Eine Absetzung vom Anleihesoll ist einer Tilgung gleichzuachten.
- Die zur Schuldentilgung erforderlichen Beträge sind alljährlich durch den Reichshaushalts-Etat bereitzustellen.
§ 5. Erhebungs- und Verwaltungskosten der Brausteuer.
[Bearbeiten]- Die Vorschrift des Artikel 38 Abs. 2 Ziffer 3d der Reichsverfassung wird in Ansehung der Brausteuer aufgehoben. Die den Bundesstaaten zu gewährende Vergütung der Erhebungs- und Verwaltungskosten der Brausteuer wird durch den Bundesrat festgesetzt.
§ 6. Übergangs- und Schlußvorschriften.
[Bearbeiten]- Die von den Königreichen Bayern und Württemberg, dem Großherzogtume Baden und Elsaß-Lothringen an Stelle der Brausteuer an die Reichskasse zu zahlenden Ausgleichungsbeträge sind für die Rechnungsjahre 1906, 1907 und 1908 nach dem Durchschnitte der Rechnungsjahre 1903, 1904 und 1905 zu entrichten. Vom Rechnungsjahr 1909 ab hat die Zahlung der vollen Ausgleichungsbeträge zu erfolgen.
§ 7.
[Bearbeiten]- Bis zum Ablaufe des Rechnungsjahrs 1910 verbleibt den einzelnen Bundesstaaten mindestens der Betrag ihrer Durchschnittseinnahme an Erbschaftssteuer in [622] den Rechnungsjahren 1901 bis 1905. Bei Feststellung der Durchschnittseinnahme bleibt der Rohertrag aus der Besteuerung des Erwerbes der Abkömmlinge und Ehegatten und, soweit in einzelnen Staaten höhere als die in den anliegenden Vorschriften wegen Besteuerung der Erbschaften vorgesehenen Steuersätze in Geltung gewesen sind, der aus dem Unterschiede der Steuersätze sich ergebende Mehrertrag außer Ansatz. Die näheren Anordnungen hierüber trifft der Bundesrat.
§ 8.
[Bearbeiten]- Dieses Gesetz tritt hinsichtlich der Vorschriften über die Besteuerung der Personenfahrkarten mit dem 1. August 1906, im übrigen mit dem 1. Juli 1906 in Kraft.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Neues Palais, den 3. Juni 1906.