Gesetz, betreffend weitere Abänderungen des Krankenversicherungsgesetzes

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend weitere Abänderungen des Krankenversicherungsgesetzes.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1903, Nr. 28, Seite 233 - 239
Fassung vom: 25. Mai 1903
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 29. Mai 1903
Inkrafttreten:
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(Nr. 2970). Gesetz, betreffend weitere Abänderungen des Krankenversicherungsgesetzes. Vom 25. Mai 1903.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:

Artikel I.[Bearbeiten]

Das Krankenversicherungsgesetz wird wie folgt abgeändert:
I. Im § 1 ist der vierte Absatz zu streichen.
II. Im § 2 Abs. 1 ist die Ziffer 5 zu streichen.
III. Der § 3 erhält folgende Fassung:
„Personen des Soldatenstandes sowie solche in Betrieben oder im Dienste des Reichs, eines Staates oder Kommunalverbandes beschäftigte Personen, welche dem Reiche, Staate oder Kommunalverbande gegenüber in Krankheitsfällen Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts oder des Lohnes oder auf eine den Bestimmungen des § 6 entsprechende Unterstützung mindestens für dreizehn Wochen nach der Erkrankung und bei Fortdauer der Erkrankung für weitere dreizehn Wochen Anspruch auf diese Unterstützung oder auf Gehalt, Pension, Wartegeld oder ähnliche Bezüge mindestens im anderthalbfachen Betrage des Krankengeldes haben, sind von der Versicherungspflicht ausgenommen.“
IV. Der § 6 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
„Die Krankenunterstützung endet spätestens mit dem Ablaufe der sechsundzwanzigsten Woche nach Beginn der Krankheit, im Falle der Erwerbsunfähigkeit spätestens mit dem Ablaufe der sechsundzwanzigsten Woche nach Beginn des Krankengeldbezugs. Endet der Bezug des Krankengeldes erst nach Ablauf der sechsundzwanzigsten [234] Woche nach dem Beginne der Krankheit, so endet mit dem Bezuge des Krankengeldes zugleich auch der Anspruch auf die im Abs. 1 unter Ziffer 1 bezeichneten Leistungen.“

V. Im § 6a Abs. 1 werden unter Ziffer 2 die Worte: „durch Trunkfälligkeit oder geschlechtliche Ausschweifungen“ durch die Worte: „oder durch Trunkfälligkeit“ ersetzt; ebendaselbst wird die Vorschrift unter Ziffer 3 wie folgt abgeändert:
„3. daß Versicherten, welche von der Gemeinde die Krankenunterstützung ununterbrochen oder im Laufe eines Zeitraums von zwölf Monaten für sechsundzwanzig Wochen bezogen haben, bei Eintritt eines neuen Unterstützungsfalls, sofern dieser durch die gleiche nicht gehobene Krankheitsursache veranlaßt worden ist, im Laufe der nächsten zwölf Monate Krankenunterstützung nur für die Gesamtdauer von dreizehn Wochen zu gewähren ist.“
Im Abs. 1 daselbst wird unter Ziffer 6 am Schlusse hinzugefügt: „Die auf Grund dieser Bestimmung abgeschlossenen Verträge sind der Aufsichtsbehörde mitzuteilen.“
Im Abs. 2 daselbst wird statt der Worte: „zu zwanzig Mark“ gesetzt: „zum dreifachen Betrage des täglichen Krankengeldes für jeden einzelnen Übertretungsfall“.
VI. Der erste Satz des § 8 erhält folgende Fassung:
„Der Betrag des ortsüblichen Tagelohns gewöhnlicher Tagearbeiter wird, nach Anhörung der Gemeindebehörde und nachdem Vertretern der beteiligten Arbeitgeber und der beteiligten Versicherungspflichtigen Gelegenheit zu einer Äußerung gegeben worden ist, von der höheren Verwaltungsbehörde festgesetzt und durch das für ihre amtlichen Bekanntmachungen bestimmte Blatt veröffentlicht.“
VII. Im § 10 Abs. 1 werden die Worte: „zwei Prozent“ durch die Worte: „drei Prozent“ ersetzt.
Der Abs. 2 ebendaselbst erhält folgenden Zusatz:
„So lange Beiträge über zwei Prozent des ortsüblichen Tagelohns erhoben werden, findet eine Rückerstattung von Vorschüssen nicht statt.“
Die ersten beiden Sätze des § 10 Abs. 3 daselbst werden ersetzt wie folgt:
„Ergeben sich aus den Jahresabschlüssen dauernd Überschüsse der Einnahmen aus Beiträgen über die Ausgaben, so hat nach Ansammlung eines Reservefonds im Betrage der durchschnittlichen Jahresausgabe der letzten drei Jahre die Gemeinde zu beschließen, ob eine Herabsetzung der Beiträge oder eine Erhöhung oder Erweiterung der Unterstützungen eintreten soll.“ [235]
VIII. Im § 13 Abs. 1 werden die Worte: „zwei Prozent“ durch die Worte: „drei Prozent“ ersetzt.
IX. Im § 20 Abs. 1 Ziffer 1 wird das Wort: „drei“ ersetzt durch das Wort: „vier“.
Ebendaselbst in Ziffer 2 werden die Worte: „mindestens vier Wochen nach ihrer Niederkunft, und soweit ihre Beschäftigung nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung für eine längere Zeit untersagt ist, für diese Zeit“ durch die Worte: „sechs Wochen nach ihrer Niederkunft“ ersetzt.
Im Abs. 2 daselbst wird das Wort: „vier“ durch daß Wort: „fünf“ ersetzt.
Der § 20 erhält als fünften Absatz folgenden Zusatz:
„In den Fällen, in welchen auf Grund der Reichsgesetze über Unfallversicherung gleichfalls ein Anspruch auf Sterbegeld begründet ist, ist der Kasse bis zur Höhe des von ihr gewährten Sterbegeldes durch Überweisung des auf Grund der Unfallversicherungsgesetze zu gewährenden Sterbegeldes Ersatz zu leisten.“
X. Im § 21 Abs. 1 wird die Vorschrift unter Ziffer 1 wie folgt abgeändert:
„ 1. Die Dauer der Krankenunterstützung kann auf einen längeren Zeitraum als sechsundzwanzig Wochen bis zu einem Jahre festgesetzt werden.“
Ebendaselbst wird folgende neue Ziffer 2a eingefügt:
„2a. Neben freier Kur und Verpflegung in einem Krankenhause kann, falls der Untergebrachte Angehörige hat, deren Unterhalt bisher aus seinem Arbeitsverdienste bestritten wurde, ein Krankengeld bis zur Hälfte des durchschnittlichen Tagelohns (§ 20) bewilligt werden.“
Daselbst wird in Ziffer 3 statt „Achtel“ gesetzt: „Viertel“.
Die Ziffer 4 daselbst wird wie folgt gefaßt:
„4. Schwangeren, welche mindestens sechs Monate der Kasse angehören, kann eine der Wöchnerinnen-Unterstützung gleiche Unterstützung wegen der durch die Schwangerschaft verursachten Erwerbsunfähigkeit bis zur Gesamtdauer von sechs Wochen gewährt werden. Auch kann freie Gewährung der erforderlichen Hebammendienste und freie ärztliche Behandlung der Schwangerschaftsbeschwerden beschlossen werden.“
In Ziffer 5 daselbst fallen die Worte: „im Falle der Entbindung“ fort.
Die Ziffer 6 daselbst erhält vor dem letzten Worte: „werden“ folgenden Zusatz: „, auch kann ein Mindestbetrag von fünfzig Mark festgesetzt“. [236]
XI. Im § 26 Abs. 1 werden die Worte: „dreizehn Wochen“ durch die Worte: „sechsundzwanzig Wochen“ ersetzt.

XII. Im § 26a Abs. 2 werden unter Ziffer 2 die Worte: „durch Trunkfälligkeit oder geschlechtliche Ausschweifungen“ durch die Worte: „oder durch Trunkfälligkeit“ ersetzt.
In Ziffer 2a daselbst werden die Worte: „zu zwanzig Mark“ ersetzt durch die Worte: „zum dreifachen Betrage des täglichen Krankengeldes für jeden einzelnen Übertretungsfall“.
Der Ziffer 2b daselbst wird folgender Schlußsatz hinzugefügt:
„die auf Grund dieser Bestimmung abgeschlossenen Verträge sind der Aufsichtsbehörde (§ 44) mitzuteilen;“
ebendaselbst wird die Vorschrift unter Ziffer 3 wie folgt abgeändert:
„3. daß Mitgliedern, welche von dieser Krankenkasse eine Krankenunterstützung ununterbrochen oder im Laufe eines Zeitraums von zwölf Monaten für sechsundzwanzig Wochen bezogen haben, bei Eintritt eines neuen Unterstützungsfalls, sofern dieser durch die gleiche nicht gehobene Krankheitsursache veranlaßt worden ist, im Laufe der nächsten zwölf Monate Krankenunterstützung nur im gesetzlichen Mindestbetrage (§ 20) und nur für die Gesamtdauer von dreizehn Wochen zu gewähren ist;“.
In Ziffer 6 daselbst wird das Wort: „vier“ ersetzt durch das Wort: „fünf“.
XIII. Im ersten Absatze des § 31 werden die Worte: „zwei Prozent“ durch die Worte: „drei Prozent“ und im zweiten Absatze desselben Paragraphen die Worte: „drei Prozent“ durch die Worte: „vier Prozent“ ersetzt.
XIV. Der § 35 erhält als dritten Absatz folgenden Zusatz:
„Der Vorsitzende des Vorstandes hat Beschlüsse der Kassenorgane, welche gegen die gesetzlichen oder statutarischen Vorschriften verstoßen, unter Angabe der Gründe mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden. Die Beanstandung erfolgt mittels Berichts an die Aufsichtsbehörde.“
XV. Der § 42 erhält als vierten, fünften und sechsten Absatz folgende Zusätze:
„Ist ein Vorstandsmitglied, ein Rechnungs- oder Kassenführer infolge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt oder ist gegen eine dieser Personen auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter oder auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt oder werden hinsichtlich [237] einer dieser Personen Tatsachen bekannt, welche sich als grobe Verletzung der Amtspflichten in bezug auf die Kassenführung darstellen, so kann der Betreffende, nachdem ihm und dem Kassenvorstande Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, durch die Aufsichtsbehörde seines Amtes enthoben werden.
Ist gegen ein Vorstandsmitglied, einen Rechnungs- oder Kassenführer das Hauptverfahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens eröffnet, das die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann, so kann der Betreffende bis zur Beendigung des Strafverfahrens durch die Aufsichtsbehörde seines Amtes enthoben werden.
Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde kann binnen vier Wochen nach der Zustellung derselben auf dem im § 58 Abs. 3 Satz 2 bezeichneten Wege angefochten werden. Die Anfechtung hat keine aufschiebende Wirkung.“
XVI. Dem § 45 wird folgender Zusatz als Abs. 6 hinzugefügt:
„Die von der Aufsichtsbehörde auf Grund des Abs. 1 oder des Abs. 5 getroffenen Anordnungen können von dem Vorstand oder der Generalversammlung der Kasse oder von dem durch die Anordnung betroffenen Vorstandsmitgliede binnen vier Wochen nach der Zustellung auf dem im § 24 bezeichneten Wege angefochten werden, sofern die Anfechtung darauf gestützt wird, daß die getroffene Anordnung rechtlich nicht begründet und die Kasse oder das Vorstandsmitglied durch die Anordnung in einem Rechte verletzt oder mit einer rechtlich nicht begründeten Verbindlichkeit belastet sei.“
XVII. Im § 47 Abs. 1 Ziffer 2 werden die Worte: „drei Prozent“ durch die Worte: „vier Prozent“ ersetzt.
XVIII. Im § 54 Abs. 2 Ziffer 1 wird das Wort: „vier“ ersetzt durch das Wort: „fünf“.
XIX. An Stelle des § 56 Abs. 2 treten als § 56 Abs. 2, 3, 4 folgende Bestimmungen:
„Die Übertragung der dem Unterstützungsberechtigten zustehenden Ansprüche auf Dritte sowie die Verpfändung oder Pfändung hat nur insoweit rechtliche Wirkung, als sie erfolgt:
1. zur Deckung eines Vorschusses, welcher dem Berechtigten auf seine Ansprüche vor Anweisung der Unterstützung von dem Arbeitgeber oder einem Organe der Kasse oder dem Mitglied eines solchen Organs gegeben worden ist;
2. zur Deckung der im § 850 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Forderungen. [238]
Die Ansprüche dürfen auf geschuldete Eintrittsgelder und Beiträge, auf gezahlte Vorschüsse, auf zu Unrecht gezahlte Unterstützungsbeträge und auf die von den Organen der Kassen verhängten Geldstrafen aufgerechnet werden. Die Ansprüche dürfen ferner aufgerechnet werden auf Ersatzforderungen für Beträge, welche der Unterstützungsberechtigte in den Fällen des § 57 Abs. 4 oder auf Grund der Reichsgesetze über Unfallversicherung bezogen, aber an die Kasse zu erstatten hat; Ansprüche auf Krankengeld dürfen jedoch nur bis zur Hälfte aufgerechnet werden.
Ausnahmsweise darf der Berechtigte den Anspruch ganz oder zum Teil auf andere übertragen, sofern dies von der unteren Verwaltungsbehörde genehmigt wird.“
XX. Der § 57 Abs. 5 erhält am Schlusse den Zusatz: „sofern nicht höhere Aufwendungen nachgewiesen werden.“
XXI. Der § 57a Abs. 4 erhält am Schlusse den Zusatz: „sofern nicht höhere Aufwendungen nachgewiesen werden.“

XXII. Im § 65 Abs. 2 werden die Worte: „drei Prozent“ durch die Worte: „vier Prozent“ ersetzt.
XXIII. Der § 74 Abs. 3 erhält folgende Fassung:
„Die Vorschriften des § 20 Abs. 5, § 26 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 56 Abs. 2 bis 4, § 56a und § 57a finden auch auf Knappschaftskassen Anwendung, und zwar die Vorschriften des § 56 Abs. 2 bis 4 auch hinsichtlich aller den Knappschaftskassen berggesetzlich obliegenden Leistungen.“
XXIV. Der § 76 wird wie folgt gefaßt:
„Die Bestimmungen des § 20 Abs. 5, § 57, § 58 Abs. 2 finden auf die im § 75 bezeichneten Hilfskassen Anwendung.“

Artikel II.[Bearbeiten]

In dem Gesetze vom 5. Mai 1886, betreffend die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen (Reichs-Gesetzbl. S. 132), werden im § 136 Abs. 1, § 137 Abs. 1 Ziffer 2 die Worte: „dreizehn Wochen“ durch die Worte: „sechsundzwanzig Wochen“ ersetzt.

Artikel III.[Bearbeiten]

In Unterstützungsfällen, bei welchen zur Zeit des völligen Inkrafttretens dieses Gesetzes die Dauer der Unterstützung nach den bisher geltenden Vorschriften noch nicht beendet ist, finden von diesem Zeitpunkt ab die Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, sofern diese für den Unterstützungsberechtigten günstiger sind. [239]

Artikel IV.[Bearbeiten]

Dieses Gesetz tritt, soweit es sich um die zu seiner Durchführung notwendigen Maßnahmen handelt, sofort, im übrigen mit dem 1. Januar 1904 in Kraft.
Insoweit Knappschaftskassen in Frage kommen, kann mit Zustimmung des Bundesrats durch Kaiserliche Verordnung ein späterer Zeitpunkt für das Inkrafttreten von Vorschriften dieses Gesetzes in einzelnen Bundesstaaten oder im Reichsgebiete bestimmt werden.
Sofern bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes die Statuten einer Krankenkasse die nach demselben erforderlichen Abänderungen nicht rechtzeitig erfahren sollten, werden diese Abänderungen durch die Aufsichtsbehörde mit rechtsverbindlicher Wirkung von Amts wegen vollzogen.
Die auf Grund des § 75a des Krankenversicherungsgesetzes den Hilfskassen ausgestellten Bescheinigungen verlieren am 1. Januar 1904 ihre Gültigkeit, sofern sie nicht nach der Verkündung dieses Gesetzes von neuem erteilt worden sind.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Schlobitten, den 25. Mai 1903.
(L. S.)  Wilhelm.

  Graf von Posadowsky.