Gesetz über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs.
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1892, Nr. 21, Seite 467 - 470
Fassung vom: 6. April 1892
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 12. April 1892
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[467]

(Nr. 2015.) Gesetz über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs. Vom 6. April 1892.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.[Bearbeiten]

Das Recht, Telegraphenanlagen für die Vermittelung von Nachrichten zu errichten und zu betreiben, steht ausschließlich dem Reich zu. Unter Telegraphenanlagen sind die Fernsprechanlagen mit begriffen.

§. 2.[Bearbeiten]

Die Ausübung des im §. 1 bezeichneten Rechts kann für einzelne Strecken oder Bezirke an Privatunternehmer und muß an Gemeinden für den Verkehr innerhalb des Gemeindebezirks verliehen werden, wenn die nachsuchende Gemeinde die genügende Sicherheit für einen ordnungsmäßigen Betrieb bietet und das Reich eine solche Anlage weder errichtet hat, noch sich zur Errichtung und zum Betriebe einer solchen bereit erklärt.
Die Verleihung erfolgt durch den Reichskanzler oder die von ihm hierzu ermächtigten Behörden.
Die Bedingungen der Verleihung sind in der Verleihungsurkunde festzustellen.

§. 3.[Bearbeiten]

Ohne Genehmigung des Reichs können errichtet und betrieben werden:
1. Telegraphenanlagen, welche ausschließlich dem inneren Dienste von Landes- oder Kommunalbehörden, Deichkorporationen, Siel- und Entwässerungsverbänden gewidmet sind; [468]
2. Telegraphenanlagen, welche von Transportanstalten auf ihren Linien ausschließlich zu Zwecken ihres Betriebes oder für die Vermittelung von Nachrichten innerhalb der bisherigen Grenzen benutzt werden;
3. Telegraphenanlagen
a) innerhalb der Grenzen eines Grundstücks,
b) zwischen mehreren einem Besitzer gehörigen oder zu einem Betriebe vereinigten Grundstücken, deren keines von dem anderen über 25 Kilometer in der Luftlinie entfernt ist, wenn diese Anlagen ausschließlich für den der Benutzung der Grundstücke entsprechenden unentgeltlichen Verkehr bestimmt sind.

§. 4.[Bearbeiten]

Durch die Landes-Zentralbehörde wird, vorbehaltlich der Reichsaufsicht (Art. 4 Ziffer 10 der Reichsverfassung), die Kontrole darüber geführt, daß die Errichtung und der Betrieb der im §. 3 bezeichneten Telegraphenanlagen sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen halten.

§. 5.[Bearbeiten]

Jedermann hat gegen Zahlung der Gebühren das Recht auf Beförderung von ordnungsmäßigen Telegrammen und auf Zulassung zu einer ordnungsmäßigen telephonischen Unterhaltung durch die für den öffentlichen Verkehr bestimmten Anlagen.
Vorrechte bei der Benutzung der dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlagen und Ausschließungen von der Benutzung sind nur aus Gründen des öffentlichen Interesses zulässig.

§. 6.[Bearbeiten]

Sind an einem Orte Telegraphenlinien für den Ortsverkehr, sei es von der Reichs-Telegraphenverwaltung, sei es von der Gemeindeverwaltung oder von einem anderen Unternehmer, zur Benutzung gegen Entgelt errichtet, so kann jeder Eigenthümer eines Grundstücks gegen Erfüllung der von jenen zu erlassenden und öffentlich bekannt zu machenden Bedingungen den Anschluß an das Lokalnetz verlangen.
Die Benutzung solcher Privatstellen durch Unbefugte gegen Entgelt ist unzulässig.

§. 7.[Bearbeiten]

Die für die Benutzung von Reichs-Telegraphen- und Fernsprech-Anlagen bestehenden Gebühren können nur auf Grund eines Gesetzes erhöht werden. Ebenso ist eine Ausdehnung der gegenwärtig bestehenden Befreiungen von solchen Gebühren nur auf Grund eines Gesetzes zulässig. [469]

§. 8.[Bearbeiten]

Das Telegraphengeheimniß ist unverletzlich, vorbehaltlich der gesetzlich für strafgerichtliche Untersuchungen, im Konkurse und in civilprozessualischen Fällen oder sonst durch Reichsgesetz festgestellten Ausnahmen. Dasselbe erstreckt sich auch darauf, ob und zwischen welchen Personen telegraphische Mittheilungen stattgefunden haben.

§. 9.[Bearbeiten]

Mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten wird bestraft, wer vorsätzlich entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Telegraphenanlage errichtet oder betreibt.

§. 10.[Bearbeiten]

Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark wird bestraft, wer den in Gemäßheit des §. 4 erlassenen Kontrolvorschriften zuwiderhandelt.

§. 11.[Bearbeiten]

Die unbefugt errichteten oder betriebenen Anlagen sind außer Betrieb zu setzen oder zu beseitigen. Den Antrag auf Einleitung des hierzu nach Maßgabe der Landesgesetzgebung erforderlichen Zwangsverfahrens stellt der Reichskanzler, oder die vom Reichskanzler dazu ermächtigten Behörden.
Der Rechtsweg bleibt vorbehalten.

§. 12.[Bearbeiten]

Elektrische Anlagen sind, wenn eine Störung des Betriebes der einen Leitung durch die andere eingetreten oder zu befürchten ist, auf Kosten desjenigen Theiles, welcher durch eine spätere Anlage oder durch eine später eintretende Aenderung seiner bestehenden Anlage diese Störung oder die Gefahr derselben veranlaßt, nach Möglichkeit so auszuführen, daß sie sich nicht störend beeinflussen.

§. 13.[Bearbeiten]

Die auf Grund der vorstehenden Bestimmung entstehenden Streitigkeiten gehören vor die ordentlichen Gerichte.
Das gerichtliche Verfahren ist zu beschleunigen (§§. 198, 202 bis 204 der Reichs-Civilprozeßordnung). Der Rechtsstreit gilt als Feriensache (§. 202 des Gerichtsverfassungsgesetzes, §. 201 der Reichs-Civilprozeßordnung).

§. 14.[Bearbeiten]

Das Reich erlangt durch dieses Gesetz keine weitergehenden als die bisher bestehenden Ansprüche auf die Verfügung über fremden Grund und Boden, insbesondere über öffentliche Wege und Straßen. [470]

§. 15.[Bearbeiten]

Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für Bayern und Württemberg mit der Maßgabe, daß für ihre Gebiete die für das Reich festgestellten Rechte diesen Bundesstaaten zustehen und daß die Bestimmungen des §. 7 auf den inneren Verkehr dieser Bundesstaaten keine Anwendung finden.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben im Schloß zu Berlin, den 6. April 1892.
(L. S.)  Wilhelm.

  Graf von Caprivi.