Joh. Giehler, Chemnitz, Mechanische Weberei, Färberei und Appreturanstalt für Sonnen- und Regenschirmstoffe

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Titel: Joh. Giehler, Chemnitz, Mechanische Weberei, Färberei und Appreturanstalt für Sonnen- und Regenschirmstoffe
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aus: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil, in: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild.
Herausgeber: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Joh. Giehler, Chemnitz
Mechanische Weberei, Färberei und Appreturanstalt für Sonnen- und Regenschirmstoffe.


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Joh. Giehler, Chemnitz
Mechanische Weberei, Färberei und Appreturanstalt für Sonnen- und Regenschirmstoffe.

Schon in den dreißiger Jahren war Chemnitz der Zentralpunkt für Fabrikation und Einkauf baumwollener Schirmstoffe, während Crefeld das Monopol auf halb- oder reinseidene besaß. Es gab verschiedene große Handelshäuser, die in dem „deutschen Manchester“ ansässig waren und im Inlande wie im Auslande einen wohlbegründeten Ruf in dieser Branche genossen. Bei einem derselben machte der Begründer der obigen Firma, Herr B. Edmund Giehler, seine Lehrzeit als Weber durch. Das Haus ließ in Chemnitz und im Gebirge auf mehreren hundert Handstühlen baumwollene Schirmstoffe fabrizieren und bezog außerdem halbwollene Stoffe (Alpacca) aus England, die es wieder an deutsche Interessenten abgab. Diese geschäftlichen Beziehungen mit England verfehlten nicht, frühzeitig das Augenmerk des jungen Mannes auf den Markt und die Industrie des Inselreiches zu lenken; kaum der Lehre entwachsen, beschloß er, mit eigenen Augen zu schauen und reiste im Januar 1867 hinüber. Einige Monate lang arbeitete er dort in einer mechanischen Weberei, aber bereits im April kehrte er zurück, und als Ergebnis seiner technischen Studien brachte er den ersten englischen mechanischen Webstuhl mit Patentvorrichtung für Schirmstoffe mit ins Vaterland. Blutjung – im Alter von erst 19½ Jahren – unternahm B. E. Giehler das Wagnis, sich zu etablieren. Da er noch nicht mündig war, so mußte dies im Namen seiner Mutter Johanne verw. Giehler geschehen, und die Firma lautet infolgedessen noch heute „Joh. Giehler“. Das junge Geschäft war von seltenem Erfolge begünstigt und blühte schnell empor. Noch im selben Jahre wurden zwei weitere Webstühle aufgestellt, 1868 waren es ihrer acht, und 1869 trat ein Schulkamerad, Herr Otto Müller, als Associé ein und ermöglichte es durch seine Einlage, daß die Zahl der Webstühle auf 16 erhöht werden konnte. Bald darauf aber nahte eine Krisis: der deutsch-französische Krieg brach aus, Herr Otto Müller wurde als Reserveoffizier zur Fahne einberufen, und nach der Schlacht von Gravelotte kam die Botschaft, daß er im Dienste des Vaterlandes auf dem Schlachtfelde geblieben sei. Um die, wenn auch bescheidene Einlage des Verstorbenen herauszahlen zu können, nahm die junge Firma abermals einen Teilhaber auf, Herrn Paul Kühne, der im Oktober 1870 eintrat und noch jetzt Mitbesitzer der Firma ist.

Bis dahin waren die produzierten Schirmstoffe für eigenen Verbrauch angefertigt worden, da 1868 noch eine Schirmfabrik errichtet worden war, deren Waren im offenen Ladengeschäft, auf [Ξ] Märkten und Messen, en gros wie en détail, an den Mann gebracht wurden. Im Jahre 1871 aber wurde das Schirmgeschäft aufgegeben und verkauft. Statt dessen erwarb die Firma Joh. Giehler ein Grundstück, einen Teil ihres jetzigen und begann mit 32 mechanischen Stühlen und eigener Dampfkraft die Fabrikation für den Markt. Zuerst wurden ihre Fabrikate stückweise und fast ausschließlich in Deutschland abgesetzt. Jedoch bereits 1873 schuf sie sich durch Herstellung und Einführung eines zweifarbigen Schirmstoffes, schwarz mit lila Futter, den sogenannten Doubléstoff, eine Spezialität, die ihr im Inlande wie im Auslande einen wohlverdienten Ruf erwarb. Im Jahre 1874 brachte sie als Neuheit die erste halbseidene Ware auf den Markt, die aus Seide und Wolle bestand und unter dem Namen Silk-Zanella in Handel kam. Daraufhin spielte in der Schirmbranche der Gloriastoff sowie Concurrenziastoff, letzterer von der Firma zuerst eingeführt (auch Gloriosa, Austria, Helvetia genannt), eine bedeutende Rolle. Das neueste Produkt der Firma ist Satin de Chine, aus Seide und Baumwolle bestehend, und sind gegenwärtig über 500 Webstühle in 3–4-facher Breite beschäftigt.

Um in jeder Beziehung leistungsfähig zu bleiben, richtete Joh. Giehler im Frühjahre 1889 auch noch eine eigene Färberei mit Appreturanstalt ein, die mit den neuesten Maschinen versehen wurde. Hierzu wurde Herr Rudolf Körner, welcher 16 Jahre lang Leiter der Chemnitzer Aktienfärberei war, als Teilhaber aufgenommen. Er führte ein vollständig farbechtes Anilinschwarz für Schirmstoffe ein und trug damit viel dazu bei, den guten Ruf, den die Firma in allen Ländern besitzt, zu befestigen.

Die Firma Joh. Giehler ist die einzige in Sachsen, welche als Spezialität Schirmstoffe in Halbseide fabriziert und eingeführt hat. Während vorher Baumwolle, sowie Halbwolle ihre hauptsächlichsten Erzeugnisse bildeten, machte in den letzten zehn Jahren die Halbseide weitaus den größten Teil der Produktion aus. Das Etablissement wird zur Zeit mit zwei größeren und fünf kleineren Dampfmotoren, sowie mit ca. 700 Beamten und Arbeitern betrieben. Seide, Wolle und Baumwolle sind die Rohprodukte, die verarbeitet werden. Der Export des Hauses erstreckt sich, obgleich dasselbe jetzt in Chicago zum erstenmal ausstellt, nach allen Weltteilen.

Zum Schluß möge noch Erwähnung finden, daß am 8. April 1892 Herr B. E. Giehler, der Begründer der Firma, gleichzeitig mit Herrn H. Kleiber, dem ersten Arbeiter, den er als junger Anfänger engagierte und der jetzt als Direktor fungiert, das 25-jährige Jubiläum feierte.