Karl Millöcker (Die Gartenlaube 1889/23)

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Titel: Karl Millöcker
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aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 388
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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[373]

Karl Millöcker.
Nach einer Zeichnung von C. W. Allers.

[388] Karl Millöcker. (Mit Illustration S. 373.) Unter den Operettenkomponisten der neuesten Zeit nimmt Karl Millöcker eine hervorragende Stelle ein; doch in diese erste Linie zu gelangen, ist ihm nicht gleich mit dem ersten Wurf gelungen; er hat lange im Schatten gefochten, ehe ihm der volle Sonnenschein des Glückes aufging. Millöcker ist am 29. April 1842 in Wien als Sohn eines armen Goldarbeiters geboren; er widmete sich früh der Musik und erhielt im Jahre 1864 die Stelle als erster Kapellmeister am Thaliatheater in Graz; 1866 kam er an das Wiener Harmonietheater in derselben Stellung und, als dieses eingegangen war, an das Deutsche Theater in Pest, wo er bis zum Jahre 1869 thätig war. Als Komponist hatte er sich alsbald der Operette zugewendet; doch vermochte er anfangs nicht, über den Kreis einer lokalen Berühmtheit hinaus zu dringen. Als Kapellmeister an das Theater an der Wien berufen, komponirte er Operetten wie „Abenteuer in Wien“ (1870), „Musik des Teufels“ (1875) „Das verwunschene Schloß“ (1877), „Gräfin Dubarry“ (1879), welche aber nur ein schwaches Echo in weiteren Kreisen fanden; einige andere wie „Apajune der Wassermann“ (1880) und „Die Jungfrau von Belleville“ (1881) wurden erst später von den erfolgreicheren Erzeugnissen seiner Muse ins Schlepptau genommen. Das Theater, dessen musikalische Leitung in seinen Händen lag, machte überdies nach einer andern Seite große Ansprüche an seine schöpferische Thätigkeit; er komponirte die Begleitung zu den zahlreichen Possen, die dort in Scene gingen. Das verlangte einen raschen Wurf, die Zahl der Possen, für welche er die erforderliche Musik komponirt hat, soll sich auf mehr als 70 belaufen. Daß bei einer so raschen und massenhaften Produktion für den Tagesbedarf nichts besonders Werthvolles geschaffen werden konnte, ist einleuchtend. Gleichwohl glückte ihm noch in dieser Stellung der große Wurf, durch den er einen in ganz Deutschland wiederhallenden Ruf gewonnen; im Jahre 1881 schuf er die Operette „Der Bettelstudent“, welche am 6. Dezember 1882 zuerst am Theater an der Wien gegeben wurde und dann die Runde über die deutschen Bühnen machte.

„Der Bettelstudent“ bezeichnet die Wendung, welche die deutsche Operette wieder zur komischen Spieloper nimmt. Schon das von Karl Zell und Richard Genée verfaßte Textbuch enthält eine Handlung, welche durch gesünderen Humor sich vortheilhaft von den blasirten, leichtfertigen Parodien der Offenbachischen Texte unterscheidet, und ebenso zeichnet sich Millöckers Musik gegenüber der prickelnden und trippelnden, pikanten Art des ganz zum Franzosen gewordenen Offenbach durch einen gemüthvollen Grundton und eine natürlichere, gesündere Melodik aus, und einzelne seiner Lieder wie z. B. das vom „Himmelblauen See“ im „Verwunschenen Schloß“ sind zu wirklichen Volksliedern geworden.

Nach dem glänzenden Treffer des „Bettelstudent“ komponirte Millöcker die Operetten „Gasparone“ und „Feldprediger“ (1884 und 1885) und „Der Viceadmiral“ (1886). Während „Gasparone“ und „Viceadmiral“ wieder eine bedauerliche Annäherung an Offenbach verrathen, schlagen der „Feldprediger“ und die 1887 komponirte Volksoper „Die sieben Schwaben“ wieder einen volksthümlichen deutschen Ton an.

Mag Millöcker manches geschaffen haben, was nur vorübergehenden Anklang fand und verdiente, sein „Bettelstudent“ sichert ihm einen hervorragenden Rang unter den Komponisten, welche das leichtere Genre gepflegt haben, und das Verdienst, die Alleinherrschaft des französischen Offenbach-Genres auf dem Gebiete der Operette in Deutschland gebrochen zu haben, ist zum guten Theile Karl Millöcker zuzuschreiben, dessen charakteristisches Porträt wir heute unsern Lesern vorführen.