Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage)/Anhang: Die Apokryphen des A. Testaments

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Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage)
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Anhang.
Die Apokryphen des A. Testaments.


I. Unechte Zusätze zu biblischen Büchern des A. Testaments.

 1. Zu 2 Chr. 33, 12. 13. 18. Das Gebet des Königs Manasse. Ein solches war in den Geschichten der Könige Israels aufbehalten, ist aber mit diesen selber verloren gegangen und durch einen späteren Israeliten in dieser Dichtung ergänzt worden. Auch das Konzil von Trient hat es nicht in die kanonischen Schriften aufgenommen, da es gar keine Gewähr der Echtheit hat. Sein Inhalt ist übrigens der innige Ausdruck eines gebrochenen Sünderherzens.

 2. Zu den Weissagungen des Propheten Jeremiä. Das Buch Baruch und der Brief Jeremiä. Die Geschichte dieses Buches c. 1, 7–11 steht im Widerspruch mit Esra c. 7, 1–14. Schon daraus ergibt sich seine Unechtheit. Der übrige Inhalt zeigt eine vom Wort und Geist des A. Testaments genährte Frömmigkeit. Das Buch gibt 1) ein Bußgebet des gedemütigten Volkes in der Zeit der Gefangenschaft 1, 15–2, 25; 2) ein Gebet um Erlösung aus der verdienten Strafe 3, 1–8; 3) eine Ermahnung an Israel, die rechte Gottesweisheit in dem Gesetze Gottes zu suchen und sich zu ihr zu bekehren 3, 9–4, 4; 4) eine tröstliche Ermahnung Zions an ihre gefangenen Kinder 4, 5–29; 5) eine tröstliche Ermahnung an Jerusalem selbst 4, 30–5, 9; 6) den sogenannten Brief Jeremiä 5, 10–6, 72, der von Jeremiä an die Gefangenen bei ihrer Wegführung gegen Babel gerichtet sein soll, um sie vor dem Greuel und der Thorheit des Götzendienstes kräftig zu warnen.

 3. Zum Propheten Daniel. Die Geschichte der Susanna, worin Daniel als Richter verherrlicht wird, das Gebet des Asarja und der Lobgesang der drei Männer im feurigen Ofen, in welchen beiden Stücken die wunderbare Errettung Daniels und seiner drei Freunde dichterisch ausgemalt wurde. Die Geschichte vom Bel und Drachen zu Babel, welche erzählt, wie Daniel den König Cyrus von der Nichtigkeit der Götzen überführt hat, ist eine Dichtung, welche die Widerlegung des Götzendienstes bezweckt.

 4. Zu Esther. Mehrere Zusätze zur Geschichte von Esther und Mordechai. c. 1 zu Esther 3, 13; c. 2 zu Esther 4, 3; c. 3 zu Esther 4, 17; c. 4 zu Esther 5, 1–2; c. 5 zu Esther 8, 14; c. 6 zu Esther 9, 32. Diese Stücke finden sich in der griechischen und lateinischen kirchlichen Bibelübersetzung, wiewohl mit mannigfaltigen Abweichungen. Verfasser dieser Stücke sind wahrscheinlich ägyptische Juden. Zweck: die Ausschmückung der Geschichte des Buches Esther. Den geringsten Wert haben die Edikte des Perserkönigs; die Gebete atmen einen frommen Geist.

II. Sagenhafte Erzählungen aus alter Zeit.
 1. Das Buch des Tobias. Eine überaus liebliche Schilderung des Lebens einer frommen israelitischen Familie in der assyrischen Gefangenschaft (722 v. Chr.). Der Geist derselben spricht sich in c. 4, 22 aus, doch ist das| Buch kenntlich apokryphisch und von der römischen Kirche mit Unrecht in den Kanon aufgenommen worden.

 2. Das Buch Judith. Völlig unbekannten Ursprungs, dessen Geschichte, wenn überhaupt etwas Geschichtliches zu Grunde liegt, vielleicht noch am ersten sich einfügt in die Zeit des Königs Josia, etwa zwischen 641 und 633 v. Chr. (vgl. 2 Chr. 34, 1–3). Inhalt: Sieg der Juden über Holofernes, veranlaßt durch eine fromme Witwe, Judith aus Bethulia. Zweck: zu lehren, daß Gottes Volk, wenn es sich bekehrt und Gott vertraut, aus tiefstem Elend und auch durch die schwächsten Werkzeuge gerettet wird, während die Hoffärtigen ein Ende nehmen mit Schrecken.

III. Jüdische Geschichte aus der Zeit der syrischen Herrschaft über Palästina.

 1. Das erste Buch der Makkabäer. Beschreibt den Krieg der 5 Söhne des Priesters Mattathias gegen die Macht der syrischen Könige während eines Zeitraumes von 40 Jahren (von 175–135 v. Chr.). Es ist sehr wahrscheinlich (cf. 16, 23) bald nach dem Tode des Johannes Hyrkanus († 107) verfaßt, erzählt glaubwürdige Geschichtchen und ist sowohl als Nachweis der Erfüllung danielischer Weissagungen (Dan. 11), als auch zur Ausfüllung der Lücke zwischen der alt- und neutestamentlichen Geschichtschreibung von großem Wert.

 2. Das Zweite Buch der Makkabbäer. Sein Anlaß scheint folgender gewesen zu sein. Die ägyptischen Juden hatten unter dem Hohepriester Onias (151 v. Chr.) sich zu Leontopolis einen Tempel gebaut, der viele unter ihnen vom Heiligtum in Jerusalem abzog: dies hielten die Juden in Jerusalem für verwerflich. Sie suchten ihre Brüder in Ägypten wieder zum Heiligtum in Jerusalem zu ziehen. Zu diesem Zwecke schreibt nun ein Jude etwa 124 v. Chr. einen Brief an die ägyptischen Juden und lädt sie zum Fest der Tempelweihe ein (1, 1–9). Zur Bekräftigung dieser Einladung legt er einen angeblichen Brief des Judas Makkabäus an die ägyptischen Juden zur Feier der ersten Tempelweihe (164 v. Chr.) bei, und eine Schilderung von der Entweihung und Wiederherstellung der priesterlichen Ordnung und des Heiligtums, welche in den Zeitraum von 176–161 v. Chr. fällt und mit der Erzählung 1 Makk. 1, 7–50 parallel geht. Diese Schilderung ist mit Sage verwebt und unzuverlässig.

IV. Lehren der Weisheit.

 1. Jesus Sirach. Das Buch enthält Weisheitsregeln, welche den kanonischen Sprüchen Salomos nachgebildet sind, und einen Anhang über die Männer, welche Jünger der Weisheit waren. Verfasser ist Jesus Sirach (Jeschua ben Sira) von Jerusalem (50, 29) der nach 50, 1–26 ein Zeitgenosse des Hohepriesters Simon des Gerechten (310–291) war und sein Buch hebräisch schrieb. Die griechische Übersetzung, in der es uns aufbewahrt ist, rührt von seinem Enkel her, der sie während seines ägyptischen Aufenthaltes unter Ptolemäus Euergetes I. (246–222) verfaßte (vergl. jedoch § 4, Seite 8).

|  2. Die Weisheit Salomos. Das schönste unter allen apokryphischen Büchern. Sein Verfasser ist wahrscheinlich ein ägyptischer Jude (unter Ptolemäus Physkon (145–116 v. Chr.), der mit griechischer Weltweisheit bekannt war und im Gegensatz gegen die Verirrungen des Heidentums die Weisheit, die aus der Furcht Gottes und aus der Beobachtung des göttlichen Gesetzes und der göttlichen Heilswege folgt, zum Preise Gottes und seines Volkes verkündigen wollte. Während Jesus Sirach ursprünglich nur für die Volksgenossen schrieb, so scheint unser Verfasser (Aristobulus?) auch für die Heiden geschrieben zu haben.




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