Mäßigkeitsvereine

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Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Mäßigkeitsvereine
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 524–525
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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Mäßigkeitsvereine.

Schon Anno 1524 wurde zu Heidelberg bei einem fröhlichen Armbrustschießen eine solche Verbrüderung von 15 Fürsten und Bischöfen, sammt einer großen Zahl Grafen und Edelleuten geschlossen, wobei sie erklärten, sie selbst wollten sich des vollen und halben Zutrinkens enthalten und ihre Diener verabschieden, die sich dessen nicht enthalten wollten, also, daß diese bei allen verbrüderten Herrn keinen Dienst mehr finden sollten.

Einige Jahre darauf findet sich ebenfalls ein Orden gegen das Saufen zu Heidelberg, vielleicht aus dem ersten entstanden. Die Mitglieder waren theils Ritter, theils nicht ritterbürtig, und trugen zum Wahrzeichen einen goldenen Ring. Wer gegen das Verbot Andern zutrank, mußte den Armen einen Goldgulden geben, und den Ring zurückliefern. Ein Mitglied, Leodius, wurde von seinem Herrn, dem Kurfürsten Friedrich II., in einer Angelegenheit zu dem englischen König, Heinrich VIII., gesendet. Der redliche Mann gefiel dem wunderlichen König so sehr, daß er ihn einer besondern Vertraulichkeit würdigte. Einstmals rief Heinrich nach einen, langen Spaziergang: Mich dürstet, man bringe mir zwei der Riesenbecher, einen voll Wein, den andern voll Bier. Hierauf ließ er dem Leodius die Wahl: Einen aber, setzte er hinzu, mußt du mir zubringen, damit du siehst, daß die Engländer und der König selbst auf gut teutsch trinken, und Deinem Fürsten melden kannst, es werde ihm, wenn er nach England kommen wolle, an Zechbrüdern nicht fehlen. Leodius sträubte sich gegen die Anmuthung, und berief sich auf sein Ordensgelübde. Heinrich aber setzte ihm so heftig zu, daß Leodius endlich in Verzweiflung den ungeheuren Pokal ergriff und in vier schweren Zügen leerte, indessen der König sein Bier in einem Schluck hinabgejagt hatte. Bei seiner Abreise verehrte ihm Heinrich unter andern Geschenken 60 goldene Ringe, welche wider den Krampf gut seyn sollten, und gab ihm für seinen Pfalzgrafen einen goldenen Becher. Sobald Leodius heimgekommen war, erzählte er den Vorfall seinem Herrn, als Ordensmeister, im Vertrauen. Dieser versammelte auf den Abend die Brüderschaft, und trug die Sache [525] vor. Die Mitglieder erklärten ihn einstimmig für schuldlos und leerten, der Ordnung nach, den mitgebrachten Becher. Leodius war für solche Nachsicht dankbar, und schenkte jedem Anwesenden einen Krampfring.

Im Jahr 1600 wurde ebenfalls zu Heidelberg der Hessische Orden der Mäßigkeit gestiftet, jedoch, wohl aus Rücksicht auf die teutsche Trinknatur, nur auf zwei Jahre. Kein Mitglied durfte täglich mehr als 14 Ordensbecher voll Wein trinken. Der kleinere Sünder gegen dieses Gebot wurde ein Jahr von allem Ritterspiel, der schwerere Verbrecher auf zwei Jahr von allem Wein ausgeschlossen, und der Hauptfrevler zahlte zur Strafe 300 Thaler, oder gab zwei seiner besten Rosse. Diesen Strafen unterwarf sich auch Kurfürst Friedrich V.

Alle diese Gegenanstalten halfen wenig und diese Gegensauforden waren von kurzer Dauer. Es wurden fernerhin Trinkgefechte geliefert, und mit lauter Gesundheitstrinken brachte man sich um die Gesundheit.

L. H. B.